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Tabu

One Shots für Harry Potter RPGs
von

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A Hillwalker Tale

Er war so unendlich verwirrt. Es war dunkel und er war allein – das wusste er. Aber mehr? Wo genau er war … wie er hierhergekommen war … okay, okay, ruhig. Vorsichtig schlug er die Augen auf, doch seine Umgebung blieb in absolute Finsternis getaucht. Es war warm und ruhig, also war er nicht mehr draußen, sondern irgendwo drinnen. Haus? Wohnung? Schiff? War es nur ein kleines Zimmer oder … Er versuchte, die Hände zu heben doch bemerkte, dass sie vor seinem Körper zusammengebunden waren. Panik flatterte durch seinen Brustkorb und machte klares Denken faktisch unmöglich. War er entführt worden? Hatte irgendwer herausgefunden wer er wirklich war? Wollte man Lösegeld erpressen? Verzweiflung griff nach ihm, war ihm doch bewusst, dass niemand auch nur eine Galleone für ihn bezahlen würde und er spürte, wie das Brennen hinter den Augen schlimmer und schlimmer wurde, wie die Angst seinen Brustkorb zuschnürte und das Atmen immer schwerer wurde. Er wollte schreien – doch die Stimme versagte ihm. Er riss Lippen und Augen auf, bog den Rücken auf dem weichen Polster durch, spürte, dass auch seine Füße aneinandergebunden waren und die Fesseln schnitten ihm ins Fleisch, je mehr er sich wehrte. Er weinte bitterlich – was war hier nur los?! Kein Laut drang über seine Lippen, obwohl er sich sicher war, laut und deutlich um H I L F E geschrien zu haben und panisch dachte er daran, dass er verflucht worden sein musste und dass es nun wohl zu Ende war.

Niemand würde ihn vermissen.

Niemand würde ihn suchen.

Er würde in dieser stickigen dicken Finsternis verrecken und-
 

Urplötzlich ging das Licht an. Er kniff die Augen zusammen, wollte die Hände schützend vor die Augen schieben, doch die schmerzenden Fesseln versagten es ihm. Er hätte gewimmert, gebettelt, um sein Leben gefleht, hätte es etwas genutzt – denn noch immer fehlte seiner Stimme jegliche Kraft.

Er wagte es nicht, die Augen zu öffnen, als schwere Schritte immer näherkamen. Sie hallten nicht, wurden von Teppichboden verschluckt und er machte sich immer kleiner, immer schmaler, kroch von den Schritten fort, rutschte von dem niedrigen Möbelstück, auf dem er gesessen hatte und versuchte, zu flüchten.

„Emrys, es ist okay.“

Er riss die Augen auf und starrte seinen Entführer an. Es … war okay?! War er eigentlich vollkommen bescheuert, NICHTS war okay! Er wusste nicht, wo er war – wusste nicht, wer der Mann war, der sich da vor ihm aufbaute – wusste nicht, wieso er nicht reden konnte – wusste nicht, was das hier alles sollte und was der Typ mit ihm vorhatte und der behauptete, es war okay? Okay, dass er ihn gefangen hielt? Gekidnappt hatte? Oh – wenn er nur reden könnte, hätte er ihm Worte an den Kopf gespuckt, die vermutlich sein Todesurteil bedeutet hätten.

Der Mann war nicht besonders groß und auch nicht besonders beeindruckend von der Statur her. Doch seine Augen waren eisblau, stechend und bohrend und sofort hielt er in jeder Bewegung inne. Der Mann machte ihm Angst und instinktiv versuchte er, so wenig Angriffsfläche wie nur irgendwie möglich zu bieten.

„Ich bin Hunter, Emrys, und ich bringe dich zu deiner Familie.“

Bullshit – das hätte er zumindest gerne gesagt, doch wieder kam nichts über seine Lippen. Er bewegte sich nicht einmal, weil jede Bewegung unweigerlich dazu geführt hätte, dass die Fesseln sich enger schraubten.

„Entschuldige bitte meine Vorsichtsmaßnahmen, aber du hast dich ganz schön gewehrt.“ Hunter deutete auf eine Schramme am Kinn und irritiert schüttelte er nun doch den Kopf, weil er sich an nichts erinnern konnte. Erst recht nicht daran, dem Kerl schon jemals begegnet zu sein geschweige denn sich gegen ihn zur Wehr gesetzt zu haben. Das nüchterne Seufzen des Mannes jagte ihm kalte Angstschauer über den Rücken.

„Keine Sorge. Bald schon wirst du verstehen.“ Was vielleicht wie eine beruhigende Zauberformel hätte wirken sollen, klang wie eine Drohung – eine Drohung, die sich schon bald bewahrheiten sollte.
 

Nur einige Stunden später war er f r e i.

Hunter hatte ihn einfach ausgesetzt, irgendwo im Nirgendwo, und Emrys versuchte, sich zurechtzufinden. Es war kühl, winterlich beinahe, und deshalb vermutete er, dass er weit von zu Hause weg sein musste, war es dort doch Sommer und sehr heiß gewesen. Die Flora war auch vollkommen anders … … und je länger er die lange Straße entlangging, desto sicherer wurde er sich: er befand sich nicht mehr in Großbritannien.

Diese ganze Geschichte war so unendlich verstörend. Emrys funktionierte auf Autopilot, wanderte einfach die Straße entlang, auf nackten Füßen in der Hoffnung, schnellstmöglich Zivilisation zu entdecken. Dem nichtmagischen Auge blieb die Zufahrt verborgen, die zum ausladenden Haus der Hillwalkers führte – doch das Schicksal meinte es gut mit ihm. So glaubte er zumindest.

An diesem seltsamen Tag fand er tatsächlich seine neue Familie. Patrick Hillwalker war auf dem Heimweg von der Arbeit und gabelte den verängstigten Zwölfjährigen auf, der vollkommen hilflos in behelfsmäßiger Kleidung vor der Auffahrt zu seinem Haus entlang schlingerte. Die Wärme des Familienvaters stand im krassen Kontrast zu dem, was Emrys in seinem jungen Leben bereits hatte erdulden müssen und schnell ließ er sich von der Hillwalker-Familie einlullen.

Er wurde nicht wirklich zu einem Teil der Familie – und gleichzeitig irgendwie schon.

Er war nicht wirklich ein Diener – und trotzdem nicht viel mehr als ein Butler, der Junge für alles eben.

Und er war auch nicht wirklich willkommen – und dennoch fühlte er sich geliebt.
 

Diese Gegensätze begleiteten ihn von Beginn an; was sich nie veränderte, war der unbedingte Wunsch, Patrick und seinen Kindern von Nutzen zu sein.

Emrys entdeckte, dass er gerne nützlich war und dass er nichts dagegen hatte, ausgenutzt zu werden. Es war weit entfernt von dem Missbrauch, dem er seit jüngster Kindheit ausgesetzt war, aber für einen neutralen Beobachter auch nicht viel besser. Emrys selbst verstand nicht, dass sein Wunsch, der Familie von Nutzen zu sein, schlussendlich sein Todesurteil sein würde.

Oder aber der Beginn eines neuen Kapitels in seinem Leben. Das kam ganz auf ihn an.

Und auf die Rolle, die dem Tüftler vom Schicksal zugeschrieben werden würde. Denn die Schicksale der beiden jungen Männer liefen unweigerlich zusammen – auf die eine oder andere Art.



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