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In Medias Res

Die Drei Fragezeichen
von

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Teil 6

In Medias Res

Die Drei Fragezeichen
 

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Eigentlich hatte ich irgendwie, glaube ich, geplant gehabt, dass ich den ganzen letzten Block ins eins schmeiße.. Naja, war mir jetzt doch zu lang, also:

Viel Spaß mit dem vorletzten Kapitel :D

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Teil 6
 


 

Es ging auf zwei Uhr nachts zu, als Peter auf die Standuhr blickte. Müde rieb er sich über die Augen und fuhr sich durch die Haare.

Mal wieder war es an ihm hängen geblieben, die erste Nachtschicht zu übernehmen. Aber warum sollte man auch nicht den Angsthasen von ihnen schicken, um einen vermeintlichen Geist auf frischer Tat zu ertappen? Manchmal fragte sich Peter wirklich, was in Justus‘ Kopf vorgehen musste, dass er ihn andauernd vorschob. Wahrscheinlich war er letztendlich einfach nur zu faul.

Er streckte seine Glieder und gähnte leise. Die Ruhe im Haus empfand er dieses Mal als weniger Furcht einflößend als in den Spukhäusern von anderen Fällen. Vielleicht lag es daran, dass die Wohnung insgesamt sehr gemütlich eingerichtet war und er sich hier schon heute Mittag wohl gefühlt hatte. Zumindest soweit man sich in einem sich streitenden Haushalt wohl fühlen konnte, denn Helen und Mrs. Lorence führten gerne lautstarke Wortgefechte.

Einen Blick warf er durch das Wohnzimmer, in dem er sich niedergelassen hatte und beschloss, sich ein Glas Wasser zu gönnen. Helen hatte in Abwesenheit ihrer Großmutter gemeint, er könnte sich hier wie zu Hause fühlen und dem wollte er nun nachkommen. So konnte er sich auch gleich vergewissern, dass es in der Küche ebenfalls noch gespensterfrei zuging. Mit Socken tappte er über den Parkettboden bis in die Küche. Der Mond schien schwach durch das Fenster herein, so dass er davon abließ, das Licht anzuschalten. Justus würde ihn ansonsten wohl am nächsten Morgen dafür rügen, sein Handwerk nicht zu beherrschen und seiner Aufgabe nicht fachgerecht nachgekommen zu sein. Denn Licht bedeutete dem Einbrecher – von dem Justus ausging, dass es einer war und natürlich kein Geist – dass jemand im Hause wach war und höchstwahrscheinlich auf sein Erscheinen wartete. Und eben dies wollte man ja vermeiden.

Ein leises Gluckern verriet, dass das Glas gefüllt wurde und kurz darauf stellte Peter den Wasserhahn ab. Gerade wollte er es zum Mund führen, als er ein Poltern aus dem Wohnzimmer hörte. Vor Schreck hätte er beinahe das Gefäß fallen lassen, fing sich jedoch im letzten Moment wieder.

Sich selbst in Gedanken gut zuredend stellte er das Glas auf die Anrichte und schlich auf leisen Sohlen zur Küchentür. Warum musste eigentlich immer etwas passieren, wenn er Wache hatte?! Das Schicksal war einfach nicht fair.

Das Herz schlug ihm bis zum Hals, als er um die Ecke lugte und versuchte auszumachen, was in dem Raum geschehen war. Zu seinem Leidwesen hatte es sich nicht wie ein heruntergefallener Gegenstand angehört, so dass er nun davon ausgehen musste, dass sich ein Mensch – oder ein Tier? – in dem Zimmer befand. Seine Augen hatten sich schon soweit an die Dunkelheit gewöhnt gehabt, dass er ohne Probleme die hochgewachsene Gestalt ausmachen konnte, die neben dem Beistelltischchen direkt neben der Tür zum Hausflur stand.

Seine Augen wurden größer, als die Person einen Schritt vor und somit in das schummrige Mondlicht trat.

Skinny Norris?! Was tat er denn hier?

Seine Tarnung aufgrund dieser Entdeckung vollkommen vernachlässigend stieß er mit dem Fuß gegen den Mülleimer und erregte somit Skinnys Aufmerksamkeit. Panisch stolperte Peter noch einen Meter zurück, wollte sich umdrehen und in den Flur flüchten. Doch er wurde an seinem Vorhaben gehindert. Skinny hatte ihn am Arm gepackt und zurückgerissen.

„Wer bist du?“, raunte er dunkel, was Peter erschauern ließ. Er wusste nicht, weshalb er auf diese Weise reagierte, wahrscheinlich lag es an dem Schrecken und an der insgesamt unwirklichen Situation.

„P-Peter“, stotterte er, wagte einen kleinen Seitenblick auf den Einbrecher.

„Peter?“, wiederholte Skinny verblüfft und ließ ihn los. Ohne es wirklich bewusst zu tun, stellte sich Peter ins matte Mondlicht und gab dem anderen somit sein Gesicht preis.

„Was tust du hier?“

„Das Gleiche könnte ich dich auch fragen.“, gab Peter zurück. Seine Beine zitterten. Sein Atem ging schwer. Was machte Skinny hier? So plötzlich? Oder – war es überhaupt plötzlich? Wie viel Zeit war seit seinem Verschwinden vergangen? Ein Monat? Zwei Wochen?

Ein Seufzen war zu hören, dann zog Skinny ihn mit sich in das Wohnzimmer zurück und drückte ihn sanft auf das Sofa. Als Peter saß, ließ sich der andere ebenfalls auf die Polster sinken.

„Warum bist du hier? Ich glaube kaum, dass du Helen kennst.“

„Seit heute schon“, erwiderte Peter patzig. Er sah überhaupt nicht ein, weswegen er Rede und Antwort stehen sollte – eigentlich sollte es eher umgekehrt der Fall sein. Skinner verdrehte sichtbar die Augen. „Oh, verzeih, natürlich, wie konnte mir das entgehen. Schließlich übernachtest du sogar schon bei ihr. Da muss euer Verhältnis ja ziemlich gut sein.“

Am liebsten hätte Peter ihm alles Mögliche und Unmögliche an den Kopf geworfen. Doch er fühlte sich schlichtweg zu überrumpelt, um anständig dagegen zu halten. Seit Wochen hatte er versucht, den anderen zu erreichen, aber nie Erfolg damit gehabt. Bis er letztendlich die Hoffnung auf ein weiteres Aufeinandertreffen für unbestimmte Zeit aufgegeben hatte. Und nun? Jetzt saß Skinny hier im Haus von Mrs. Lorence, ganz so als sei überhaupt nichts gewesen.

„Wir arbeiten hier an einem Fall.“, meinte Peter irgendwann leise, als er die Stille nicht mehr ertragen konnte. Er wollte, dass Skinny sprach, damit er seiner Stimme lauschen konnte. Die Telefonate hatten ihm gefehlt.

„Ein Fall?“ Ein Nicken seitens des zweiten Detektivs. „Mrs. Lorence glaubt, hier gehe ein Geist um, der ihr die Haare vom Kopf frisst.“

Skinny lachte leise, lehnte sich zurück. „Überraschung: Der bin ich.“, grinste er und Peter konnte nicht anders, als ihn einfach nur von der Seite anzustarren. Ihm wollte es nicht so wirklich klar sein, dass jener hier körperlich anwesend und kein Trugbild seiner lebhaften Fantasie war.

Auf einmal verschloss sich Skinnys Miene und von der vorherigen Heiterkeit war nichts mehr zu erkennen. Peter ergriff diese Chance – auch wenn er sich nicht sicher war, ob er es als Chance sehen sollte. „Warum hast du dich nicht gemeldet? Ich hatte versucht, dich zu erreichen.“

Skinny wandte sich ihm zu und musterte ihn einen Moment lang. „Ist das etwa eine ernst gemeinte Frage?“, meinte er dann bitter. Daraufhin schwieg Peter. Natürlich war es ihm ernst, sonst würde er es in dieser Situation nicht sagen.

„Was hast du erwartet, Pete? Du hast mich eiskalt abserviert. Sollte ich dir da etwa noch hinterherrennen und einen auf Sonnenschein machen? Würdest du das tun?“

Es war eine rhetorische Frage; schließlich würde das wohl kaum einer machen. Eher würde man versuchen, sich den anderen für einen gewissen Zeitraum vom Hals zu halten und zu sich selbst zurückzufinden. Peter schluckte.

Auch wenn es nicht passend war, rutschte ihm folgende Aussage einfach so heraus: „Kannst du es nochmal sagen? Kannst du mich noch einmal so nennen? Bitte?“ Seine Stimme klang schläfrig und mit einem Mal fühlte er sich auch so. Er schloss die Augen und legte müde den Kopf auf die Rückenlehne. Vielleicht schlief er doch schon und träumte das alles nur.

„Schlaf gut, Pete.“

Ja, ganz sicher.
 

„Peter! Wach auf! Peter!“ Die letzte Nennung seines Namens hatte Justus in diesem Tonfall gezischt, der definitiv keinen Widerspruch oder gar Zeitaufschub duldete. Unsanft wurde an seiner Schulter gerüttelt.

Peter blinzelte verschlafen und richtete sich, so schnell es ihm seine müden Glieder erlaubten, auf. „Ich bin wach.“, murmelte er. Ihm Gegenüber stand der erste Detektiv, der die Arme vor der Brust verschränkt hatte und einen grimmigen Gesichtsausdruck zur Schau trug.

„Das sehe ich jetzt. Aber vorher warst du es nicht. Mrs. Lorence hat dich hier schlafend gefunden und uns angerufen.“ Er klang ziemlich verärgert.

Peter zog die Augenbrauen zusammen. „Was hast du erwartet? Dass ich die ganze Nacht wach bleibe? Ich brauche auch meinen Schlaf.“ Die Müdigkeit nagte noch ein wenig an ihm, aber da er generell ein Frühaufsteher war, war sie leicht zu überwältigen.

Justus schnaubte. „Das spricht nicht gerade für deine Professionalität, weißt du? Wir sind hier, weil wir einen Fall aufklären sollen und nicht, dass du schon im acht Uhr dein Schläfchen hältst.“

Um von dem Thema abzulenken, wollte Peter wissen, wo denn Bob abgeblieben sei. Nur widerwillig ging Justus darauf ein. „Er ist bei Mrs. Lorence im Salon und bespricht mit ihr die weiteren Schritte.“

„Weitere Schritte?“ Peter war kurz davor zu lachen. „Da gibt es doch nichts zu ermitteln.“

Jetzt verdüsterte sich Justus‘ Miene zusehends. „Wie meinst du das?“ Er mochte es nicht, wenn man ihm einen solch interessant erscheinenden Fall madig machte oder ihn ohne weiteres aufklärte. Vor allem ohne ihn.

„Es war Skinny. Skinny ist hier nachts irgendwie reingekommen – scheinbar kennt er Helen – und geht hier ein und aus. Er versorgt sich wohl mit Essen.“ Peter unterstrich diese Banalität, indem er eine wegwerfende Handbewegung machte. Sein Kollege schien das aber anders zu sehen.

„Skinny?“, nahm er den Namen noch einmal auf, wirkte dabei wenig überzeugt und so, als würde er an Peters Verstand zweifeln. Er verlagerte das Gewicht auf das andere Bein. „Meinst du nicht, dass dir das alles ein wenig zu Kopf steigt? Dass du dir über dieses dämliche Liebesgeständnis zu viele unnötige Gedanken machst und nun überall Skinny siehst?“

Empört blickte Peter von seinem Tun – nämlich seine Kleidung zu ordnen und seine Haare in eine einigermaßen ansehnliche Form zu bringen – auf. „Was willst du damit andeuten?“, zischte er. Innerlich war er darüber verblüfft, wie aggressiv er auf dieses Thema reagierte. Was war auf einmal mit ihnen los? Was war mit ihm los?

Bevor Justus auf diesen Vorwurf hätte eingehen können, sah Bob zur Türe herein. „Habt ihr’s bald?“ Beide Köpfe wandten sich ihm zu.

„Geht ihr schon raus, ich klär das mit der Klientin.“, meinte Justus und scheuchte sie raus. Bevor sie jedoch über die Schwellen treten konnten, fügte der Erste noch hinzu: „Und du, Peter, nimmst dir wohl besser doch noch eine Auszeit.“

Peter kniff die Lippen zusammen.

Gemeinsam mit Bob ging er an die frische Luft und sie steuerten auf den Käfer zu.

„Was ist los?“, wollte Bob wissen, doch sein Freund schüttelte nur den Kopf. Ihm war nicht danach, das Thema jetzt vollkommen breitzutreten. Es bereitete ihm so oder so Kopfzerbrechen.

„Du weißt schon, dass Schweigen es nicht besser macht.“ Manchmal empfand er Bobs Kommentare als unpassend.

„Lass es gut sein. Ich will es mir mit dir heute nicht auch noch verscherzen.“ Zwar klang es sehr nüchtern, doch innerlich brodelte er. Peter wollte nur noch nach Hause und erst einmal runterkommen.

Die Fahrt bis zu ihm nach Hause verlief ruhig, was Peter nur bedingt wahrnahm. Eher war er damit beschäftigt, aus dem Fenster zu stieren und seine Gedanken auszublenden.

Für Bob hatte er nur einen knappen Abschiedsgruß übrig – vielleicht hätte er ihm noch fürs Fahren danken sollen. Doch, wie gesagt, war er geistig nicht ganz anwesend.

Im Haus angekommen erwartete ihn seine Mutter mit einem überraschten Gesichtsausdruck.

„Was machst du denn schon hier, Schatz? Wolltet ihr heute nicht an eurem Fall arbeiten?“ Peter grummelte und wollte sich eigentlich sofort ohne weitere Worte in sein Zimmer verziehen. Aber Clarissa wusste dies zu verhindern, indem sie ihm einen Einkaufszettel gab. „Da du jetzt Zeit hast, kannst du ja heute einkaufen gehen. Es ist nicht viel, aber ich bin bisher nicht dazu gekommen. Muss gleich zur Arbeit.“ Sie hauchte ihm einen Kuss auf die Wange, während sie ihn wieder aus der Tür schob.

Es passte ihm überhaupt nicht in den Kram, dass er jetzt noch einmal aus dem Haus musste. Gegen seine Mutter jedoch ankommen zu wollen, war in seinem Zustand schlichtweg unmöglich. Daher schritt er noch einmal kurz in den Flur, griff nach seiner Geldbörse und machte sich auf den Weg.



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