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Forgivable Sinner II

to turn the wheel of fortune
von

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Part 30

Part 30:
 

3 Monate später...
 

/Ich denke so oft an diesen Tag zurück... So oft an jenen Wintertag, der unser Leben so plötzlich veränderte.../
 

"Kim, oniichan... wieso bleibst du denn stehen? Wir sind schon spät dran! Papa und Mama werden verärgert sein, wenn wir erst mit dem Glockenschlag in der Kirche ankommen... Kim?"

"Geh' schon vor, Sophie. Ich möchte noch einen Augenblick hier bleiben..."

Kim sah seine Schwester bei diesen Worten nicht an, wusste auch nicht, dass die junge Frau seinen Blicken folgte, dann bitter lächelte und die Augen niederschlug.

/Ich kann dich nicht alleine lassen, Kim. Es ist dir nicht gestattet, ohne Begleitung zu sein, so sehr du es dir auch wünschst.../

Doch sie drängte ihn nicht, stellte sich stattdessen etwas abseits und wartete, verbarg sich für einen kurzen Augenblick hinter einem dicken Baumstamm. Schützend hielt sie sich ihre behandschuhten Finger vor die rosigen Lippen, musste ihr heimliches Schluchzen verbergen, das ihre Brust erbeben ließ.

/Ich will... dich nicht länger leiden sehen, mein Bruder. So oft gehen wir durch diesen Park und jedes Mal... verebben deine Schritte an der kleinen Brücke, bleibst du stehen, wo du auch jetzt innehältst. Es zerreist mir das Herz, dass ich dir nicht helfen kann. Du musst... vergessen. Irgendwann einmal... musst du endgültig vergessen.../

Ihr Seufzen erlosch und es war nur noch das sanfte Wehen des Windes zu hören, der den warmen Duft der Abendsonne mit sich trug, die die wenigen Wölkchen am Himmel in zartes Rosarot tauchte.

Kim zog seinen Kragen fester zusammen, abwesend die hellen Augen in den fahlen Horizont gerichtet.

/Es wird Frühling.../

Langsam, dennoch gezielt, bewegten sich seine Pupillen nach links, blieben an dem Wipfel eines Kirchturms haften, dessen graue karge Mauern mit der Umgebung verschwammen.

Regungslos.

Stumm.

/Es wird Frühling.../

Ungewollt füllten sich seine Augen mit glitzernden Perlen. Er wischte sie nicht hinfort, ließ sie einfach hinab stürzen.

/Auch der Wind vermag sie nicht zu trocknen./

Kim konnte die Blicke der Menschen um sich herum spüren. Wie Schatten zogen sie an ihm vorbei.

/Sie wundern sich, weshalb.../

Einige von ihnen beobachteten den Jungen für eine Weile, folgten seinem leblosen Starren zum Kirchturm.

/Sie fragen sich, weshalb ich... es nicht kann. Weshalb ich meine Augen niemals abwende... Vermag ich es nicht? Vielmehr will ich doch nicht. - Denn ich weiß, dass...

Wird es Frühling?

Ich weiß, dass Ihr da oben seid. So weit von mir entfernt, eingesperrt in einem Kämmerchen der Kirche. Eine prunkvolle Kirche... Ein wunderschönes Gefängnis für einen wunderschönen Mann.

Und ich bin frei. Wieso...? Heinrich erzählte mir, dass Ihr gestanden hättet. Ihr hättet mich verführt. Mich, der ich in der Jugend noch naiv und ungefestigt war. Hat man Euch diese Lüge tatsächlich geglaubt? Hat Euer Wort meinen Freispruch erlangt? Was musstet Ihr aufgeben, um mich von Eurem Schicksal freizukaufen, obwohl ich es verflucht noch mal nicht wollte?! Geteiltes Leid ist halbes Leid. Warum nehmt Ihr dann alle Schuld auf Euch allein?!/

Ein leichtes Lächeln schlich sich über Kims Gesicht, verdeckt von den einzelnen Haarsträhnen, die ihm der Wind über die Augen blies.

"Komm' jetzt, Kim!" erklang Sophies Stimme. Der Junge hatte seine Schwester nicht kommen hören, ließ sich nun wortlos von ihr mitziehen.
 

/Steht Ihr am Fenster und seht hinaus? Erfreut Ihr Euch an den ersten Knospen der Bäume, von Kalau?

Vor kurzem fand ich ein Buch... als ich es aufschlug, las ich ein Gedicht auf der ersten Seite,... wie damals.

Ich mag keine Gedichte.

Leere Worte für... leere Menschen.
 

An den Frühling
 

Wie ein heller Schatten fließt du über's Land

Dein Seufzen hinter Masken uns'res Glücks gebannt;

Und niemand weiß, du trauerst.
 

Aus blauer Dämm'rung Fröhlichkeit,

Flieh'n weiße Pferde voller Leid,

Umzäunt von lieblichem Geflüster.
 

Sie schwinden unter warmer Hand,

Bis wach geküsst das öde Land

Vertrieben friedlich, ohne Hast
 

Wenn Vögel zieh'n

Und Bäume voll in Blüte steh'n,

Wirst du vergessen Jahr für Jahr

Und niemand weiß, du trauerst.
 

Wenn unsere Trennung richtig war... warum... fühle ich mich dann so verloren ohne Euch?.../
 

Sophie schlug ein schnelles Schritttempo an und Kim musste sich dem ihren anpassen, da sie ihn noch immer fest am Arm hielt.

Doch es war ihm egal... und wenn sie rannten, flogen... was auch immer... die Abscheu, die er gegen die Kirche der Stadt hegte, würde immer in ihm aufkeimen, sobald er sie von Nahem erblickte. Zu einer massiven alten Eichentür führten wenige Stufen. Sie waren grau, leblos, zeugten von vielen Menschenfüßen, die sie im Laufe der Zeit abgetreten hatten und spröde erscheinen ließen. Hier und da durchstieß ein Riss das steinerne Grau, wurde von Jahr zu Jahr größer, nährte sich am Alter der fliehenden Zeit.

So viele Male war Kim diese Stufen schon hinaufgeschritten. - So oft in den letzten zweieinhalb Monaten und jeden Tag fiel es ihm von Neuem schwer, einen Fuß vor den anderen zu setzen, denn seine Gliedern schienen in Fesseln gelegt.

Der Junge schluckte, wischte sich sanft einzelne Haare aus der Stirn. Am liebsten wollte er die Hände nicht mehr aus seinem Gesicht nehmen, sich stattdessen dahinter verbergen, damit er die boshaften Blicke der Kirchenbesucher nicht ertragen musste. Wenigstens nicht heute. Aber wie verbirgt man sein Innerstes, wenn jeder weiß, dass einem niemals vergeben werden kann...?

Kim zuckte zusammen, als das hohle Geräusch, welches seine Schuhe auf dem glänzenden Marmorboden hinterließen, an seine Ohren drang. Es klang wie ein Lachen, ein höhnisches Spotten, gegen das er sich nicht wehren konnte.

Er achtete nicht darauf, wohin er ging. Es war ihm so gleichgültig, in welche Dunkelheit er sich begab. Sophie führte ihn sicher, wohin... war nicht von Belang.
 

/Ich will fort von hier. Die erzwungene Stille in diesen Hallen lässt mich ersticken. Und niemand bemerkt es.../
 

Stumm, lediglich mit einem Kopfnicken, grüßten seine Eltern. Ihre Mienen waren eisern, lieblos wie Masken. Ihre Griffe lösten Sophies Umklammerung ab, zogen Kim in eine der Bankreihen.
 

/Man behandelt mich wie ein Kind. Als könne ich nicht selbst stehen, als müsste ich das Laufen neu erlernen... Lasst mich doch endlich in Ruhe. Zerrt nicht an mir, als hieltet ihr eine Puppe in Händen, die euch bedingungslos gehorcht!/
 

Die Orgel spielte auf. Laut und dröhnend füllten zitternde Klänge den Raum, prallten auf eherne Götzenbilder, schwollen mächtig an, bis sie allmählich in Stille vergingen. Und eine Ruhe kehrte ein, als hätten die anwesenden Menschen aufgehört, zu atmen.

Kim schloss verzweifelt die Augen, krampfte die Hände in seinen Schoß. Die aufkeimende Übelkeit wollte er unterdrücken, doch es schien sinnlos, dagegen anzukämpfen. Wie er diesen Ort verabscheute und doch... musste er hier sein. Der Pfarrer begann mit seiner Predigt. Wie jeden Tag würde er mit den gleichen Worten anfangen und mit den selben enden. Und Kim würde nicht hinhören, würde nur alles an sich vorbei rauschen lassen. Unruhig wanderten seine Augen durch die Menschenmenge. Alle hielten die Köpfe gesenkt, flüsterten leise ein Gebet, hielten die Hände gefaltet.

/Von Kalau.../

Verstört blickte Kim zu Sophie, hatte Angst, man könne seine Gedanken gelesen haben. Oder vielleicht hatte er sie auch laut geäußert... Doch niemand sah auf, niemand regte sich, nur ein kleiner Junge grinste ihm breit zu, verzog dann seine Miene zu einem garstigen Schmollen, als Kim nicht darauf reagierte.

Immer wieder zwang er sich, nicht zu seiner Rechten zu blicken, nicht nach oben zu sehen... in die endlose Dunkelheit der Kirchenempore, deren Geheimnis hinter einer fein verzierten Holzwand vor den Blicken der Gläubigen verborgen war. Aus der Entfernung konnte Kim nicht viel erkennen. Der dumpfe Schein der wenigen Kerzen, die in der Kirche flackerten, verlor sich in starrer Finsternis, kroch fast unsichtbar über die Unebenheiten der Wand.

/Kälte umgibt mich in diesem Gebäude. Als kleiner Junge war ich oft hier. Damals wirkten die goldenen Kruzifixe neben den erhabenen, toten Statuen beruhigend auf mich, roch das dunkle Holz der Bänke und des Altars angenehm, anders als... in diesem Augenblick. Unterdrücktes Gemurmel prallt leblos an den hohen Wänden ab, erstickt im Stuck der gewölbten Decke, die sich mit Dunkelheit umgibt.../

Erneut wanderten Kims Augen zur Empore, füllten sich mit Tränen, die er schnell mit dem Ärmel seiner Jacke wegwischte. Sophie hatte es vermutlich bemerkt, denn sie legte ihre liebevolle Hand heimlich auf den Arm ihres Bruders, wollte ihm Trost spenden, auf irgend eine Art und Weise, auch wenn sie nur zu gut wusste, dass ihre Versuche fruchtlos bleiben würden.

/Ich weiß, dass Ihr da oben seid, von Kalau! Obwohl ich nichts erkennen kann, bin ich mir so sicher, dass... Habt Ihr nicht gemerkt, wie ich die letzten Male wieder und wieder meine Blicke zur Empore erhob? Wieso gebt Ihr Euch nicht zu erkennen,.... irgendwie?!

Eure Blicke ruhen auf meinen Schultern. Die ganze Zeit über. Man verbirgt Euch vor mir... vor anderen Menschen. Man zäunt Euch ein, wie ein wildes Tier, das man von der Gesellschaft fern halten muss, weil es nur Unruhe verbreitet und die Gemüter der ach-so-frommen Bürger vergiftet.

Der Pfarrer sagt es so oft. Ich glaube ihm... glaube ihm nicht. Und innerlich muss ich lachen, denn... Welch Wahnsinn ist es, einen für gottlos erklärten Menschen mit der Autorität der Kirche richten zu wollen! Kommt zu mir zurück, von Kalau... Kommt zurück, denn... /

Er biss fest die Zähne aufeinander, richtete seine Blicke auf die Empore. Sein Schluchzen ließ selbst den Pfarrer in seinem Singsang verstummen.

"Eduaaaaaaard!" schrie er mit zitternder Stimme, ballte unbewusst die Hände zu Fäusten, dass weiß seine Fingerknöchel hervortraten.

"Ich weiß, dass Ihr da oben seid! Eduard, verdammt! Soll es so enden?! Soll es denn wirklich so mit und zu Ende gehen?! Sagt doch e...t...wa...s..."

Kim stockte, denn hinter den schmalen Spalten und Ritzen der Holzwand, die die Empore abschirmte, gerieten Schatten in Bewegung.

"E-d-u-a-r-d..." Lautlos formten seine Lippen den Namen.

Die Stille füllte sich mit energischen Stimmen, doch Kim achtete nicht auf sie, wendete seine Augen niemals ab, stemmte sich wild gegen die Umklammerungen und festen Griffe seiner Eltern, die ihn versuchten, zurück auf die Bank zu ziehen, ihren Sohn zur Vernunft zu bringen.

/Es ist mir egal, ob ich in den Himmel komme oder in die Hölle!/

"Mit Euch würde ich doch überall hingehen!!!" Eine Hand über seinem Mund ließ ihn verstummen.

"Sei still, Kim! Du machst es so nur schlimmer..." vernahm er eine ihm bekannte Stimme an seinem rechten Ohr. Er wusste nicht, wie ihm geschah, als er mitgezogen wurde. Fest, doch... sanft... in Richtung Kirchentor, auf dumpfes Tageslicht zu, das die Tränen in seinen Augen silbrig glänzen ließ.
 

"Das war dumm von dir, Kim!"

Der Junge schluckte, versuchte sich zu fassen, was ihm aber erst gelang, als er einige Meter abseits der Kirche stand. Er keuchte noch immer, wischte sich verkrampft über die geröteten Wangen.

"Ich halte das nicht mehr aus, Heinrich! Sie... quälen uns!" brachte er nach sekundenlangem Schweigen schließlich hervor, blickte dabei schüchtern in Heinrichs graue Augen, erkannte ein liebes Lächeln in ihnen. Eduards Bruder nickte stumm, strich sich eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht und steckte beide Hände in die Taschen seines schwarzen Mantels, der sich in seinen Bewegungen geschmeidig dem wehenden Wind anpasste.

"Gehen wir ein Stück?"

Kim zögerte, schüttelte betrübt den Kopf."

"Du weißt, ich darf nicht ohn..."

"Ohne Begleitung gehen. Ich bin mir dessen bewusst. Aber sag mir, Kleiner... Bin ich denn niemand?"

"Du bist nicht dazu berechtigt..."

Heinrich verdrehte genervt die Augen, seufzte kurz amüsiert. Er legte seine rechte Hand auf die Schulter des Jüngeren, führte ihn mit sich.

"Ich übernehme die Verantwortung. Jetzt komm! Ich warte schon lange auf eine Gelegenheit, ungestört mit dir reden zu können!"

"Ich weiß, dass Eduard da war!... Ich hab'... seine blasse Haut gesehen. Du hältst mich jetzt vielleicht für verrückt, aber..."

"Keineswegs!" fiel ihm Heinrich ins Wort, sprach jedoch nicht gleich weiter, sondern zögerte erst kurz, betrachtete den Jungen heimlich von der Seite aus den Augenwinkeln.

"Er war tatsächlich auf der Empore... Sieh mich nicht so verwundert an!... Ich hab's dir nicht gesagt, weil ich fürchtete..." Er führte den Satz nicht zu Ende, grinste nur breit, wurde wenige Augenblicke später steinern ernst.

"Man zwingt ihn an den Gottesdiensten teilzunehmen. So wie man dich... dazu zwingt! Nur hält man ihn im Verborgenen..."
 

Sie kamen an einem weiten Platz an, dessen sandiger Boden bald mit Pflastersteinen gesät war und in dessen Mitte ein kleiner edler Brunnen stand, der noch kein Wasser führte. Kim lief weiter voraus, Heinrich blieb unerwartet stehen, sah ihm mit zusammengekniffenen Augen nach.

"Wieso fragst du nie, Kim?" Seine Stimme klang lebendig und warm und dennoch lief dem Jüngeren ein kalter Schauer über den Rücken. Seine Schritte verebbten, doch er wendete sich Heinrich nicht zu, senkte stattdessen den Kopf.

"Dich fragen... wonach?" flüsterte er, war sich nicht einmal sicher, ob sein Gegenüber ihn verstanden oder ob der Wind seine Worte hinfort getragen hatte.

"Wieso fragst du mich nie, wie es ihm geht? Interessiert es dich nicht? ... Du schweigst?"

"Wie soll es ihm schon gehen..."

"Deine harten Worte zerreißen dir doch selbst das Herz. Warum tust du dir selber damit weh?"

/Welches Herz... Welches Herz...?/

"Man wird ihn ins Gefängnis stecken!"

"Dort ist er doch schon lange!"

"Nicht die Kirche. Sie haben entschieden, dass... Sie sagen, seine Seele könne nur noch auf eine Art und Weise gerettet werden."

Kim zuckte bei diesen Worten zusammen und fasste sich abwesend an die Stirn.

"Er hat dir die Freiheit geschenkt, Kim! Wie kannst du so teilnahmslos sein? Wie... Er fragt so oft nach dir. Warum besuchst du ihn nie?!"

"Weil ich es nicht kann, verflucht! Weil mir die Hände gebunden sind! Er hat mir die Freiheit geschenkt?! Darüber lache ich! Nennst du mein Leben etwa frei?! Warum hat er es getan?! Ich wollte nicht, dass er... ich habe ihn nicht darum... also weshalb?!"

"Er liebt dich!"

Leise atmete Kim aus, spürte eine fesselnde Enge in der Brust. Traurig schlug er die hellen Augen nieder, hauchte ein stilles "Ich weiß!" und wendete sich dann Heinrich zu.

"Ich muss zurück. Wir bekommen sonst ernsthafte Schwierigkeiten!"

Ohne von Kalaus Bruder anzusehen, lief er wortlos an ihm vorbei, zurück in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
 

/Versucht du, vor deinem eigenen Schatten zu fliehen, Kim? Begreifst du denn nicht... dass es vergebens ist? - Schon immer vergebens war, weil er dich... bereits eingeholt hat?/

"Mit dem Glockenschlag in sechs Tagen ist es soweit, Kim! Du weißt dass..." rief Heinrich dem Jungen hinterher.

"Wieso verhinderst du es nicht?"

"Wie sollte ich das deiner Meinung nach tun?"

"..."

"Ihr wusstet beide, welche Strafe euch erwartet und seid dennoch geflohen. Ich kann nichts... für ihn tun. Nicht dieses Mal!"

Kim sah kurz zurück, krampfte die Finger in den Stoff seiner Jackentaschen.

"Also nehmen wir es hin..."

"Lass ihn nicht allein, Kim! Lass nicht zu, dass Eduards Opfer sinnlos scheinen!"

"Wieso begreifst du nicht? Wenn ich es könnte, wäre ich bei ihm! Aber... man lässt mich nicht! Ich bäume mich in unsichtbaren Fesseln, gegen die ich niemals ankommen kann!"

Seine Stimme hallte laut, doch zerbrechlich gläsern durch die melancholische Stille der Dämmerung. Er winkte energisch ab, war froh... so froh... als sich der Wind in seinen Haaren verfing und sie ihm über die Augen warf, damit seine Tränen verbarg. Er konnte sie nicht zurück halten. So sehr er es auch versuchte... sie versiegten nicht.

Er zögerte nicht länger, warf Heinrich noch einen scheuen Blick zu, bevor er verzweifelt die Augen nieder senkte und in Richtung Kirche zurücklief, wo Sophie bereits lächelnd auf ihn wartete.
 

"Tu das nicht wieder, oniichan! Lass nicht zu, dass..." Winzige Tränen füllten ihre blauen Augen, tropften hinab auf den kalten Boden, der sie gierig in sich aufnahm.

"Gib ihnen keinen Grund, dich doch noch von uns zu nehmen. Dann hätten wir... vergebens um dich gekämpft... mein Bruder!" Liebevoll und behutsam drückte sie Kims Kopf an ihre Stirn, umhüllte ihn schützend mit beiden Armen und küsste ihn sacht, leise.

"Mein armer Bruder..." zitterten lautlos ihre Lippen. Sie wagte die Worte nicht auszusprechen. Der herrische Blick ihres Vaters, ebenso das leblose Starren ihrer Mutter, ließen sie verstummen und ihre Gefühle verbergen.

/Ich wünschte, ich könnte für immer bei dir sein, Kim! Doch verzeih' mir, ich kann es nicht, so sehr ich es auch ersehnte. Ich war bei dir, so lange es mir möglich war, doch jetzt muss ich zurück. Ich habe Pflichten als Frau... und auch als Mutter.../ Ein liebliches Lächeln schlich ihr über das Gesicht.

/Mama und Papa werden auf dich aufpassen, bis du... wieder vollkommen gesund bist. Und dann... dann wird alles wie früher sein (Wird es das?). Wir werden fröhlich lachen in lustigem Beisammensein. Wir alle!/
 

Heinrich sah Kim lange hinterher, beobachtete die gleichmäßigen, doch unsicheren Schritte des Jungen auf dem knirschenden Sandboden. Unter einem leisen Seufzen zog er sich den Kragen seines Mantels fester um den Hals, meinte so, seinen Körper besser vor dem Wind abschirmen zu können, doch kalt fraß er sich auch jetzt noch durch seine Kleider. Er verschmälerte die Augen, starrte in die Leere des weichen blauen Himmels, der sich dem Abend übergab.

"Wenn ich es könnte... mein Gott... dann hätte ich ihn doch schon längst..." drang es verzweifelt über seine Lippen. Starr fixierte er seine Hände, ballte sie zu Fäusten.

"Aaaargggghhhh!" gellte durch die Dämmerung, zog die Aufmerksamkeit einiger Menschen auf sich, die gerade an dem jungen Mann vorbei liefen.

"Gott verfluche mich, dass mir keine andere Wahl bleibt, als..."

Kleine Rinnsäle krochen über seine Wangen. Er blinzelte sie hinfort, setzte ein breites Grinsen auf.

Er steckte die Hände in die Taschen, lief langsam weiter, obwohl es ihm widerstrebte, diesen Weg zu gehen. Die Beine trugen ihn voran und dennoch kam es ihm so vor, als müssten sie jeden Moment unter ihm nachgeben.

/Mir bleibt keine andere Wahl.../



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  Di-chan
2004-03-28T08:33:32+00:00 28.03.2004 10:33
Hallo ihr Lieben^^!
@Van17: Wai... ich find's wirklich immer superlieb, dass du mich auf meine Fehlerchen aufmerksam machst *knuff*. Da kann ich die dann schnell ausbessern *^.^*. Das mit dem Stuhl ist mir wieder einmal gar nicht aufgefallen, aber hast schon recht, dass es ja eigentlich doch nur Bänke sind ;)!
Was Heinrich meinte mit /Mir bleibt keine andere Wahl/ weißt du ja inzwischen^^! Tja... alle Wege führen zu Minsk... früher oder später *fg*...
Danke für deine lieben Kommis *verbeug*!
@Mistery:Mhm, langsam will ich auch endlich mal wieder etwas gediegenere Szenen verfassen. War bloß bis jetzt leider nicht möglich, da die Ereignisse Schlag auf Schlag folgten... Mal sehen, was die kommenden Parts bringen. Bin ja eh bald am Ende mit der Geschichte^_^!
@shinjia-chan: Jaaa... ich hoffe auch, dass ich das Ende noch in den Ferien schaffe. Will nicht schon wieder eine so große Pause einlegen müssen. Außerdem brennt's mir dann während des Studiums immer so unter den Nägeln, dass ich mich manchmal gar nicht auf meine Bücher konzentrieren kann und ständig nur daran denke, meine Geschichte endlich fertig zu schreiben. Aber ich glaube, es sieht ganz gut aus, was mein Vorhaben anbelangt^^! *durchknuff*
@Loal:Vielen Dahaaank^^! Hab' aber die neuen Parts auch noch gar nicht an OBishi geschickt. Gut, dass du mich daran erinnerst^^! Werde ich nachher gleich tun...
@Tama-chan: Alle Kapitel in einem Zug?! O_o... Wie lange hast du daran gesessen^^? Ich hab' die eine e-mail geschrieben... Ist die überhaupt angekommen oder passt was mit deiner angegebenen Adresse nicht?
Liebe Grüßchen,

Di-chan
Von: abgemeldet
2004-03-24T18:02:25+00:00 24.03.2004 19:02
omg...*schnüff* +_+ *mir das alles kapitel in einem ritt durchgelesen hab, hab jezz noch vom vorrigen kapitel nen klos im hals...weiter...;_;
Von:  Loal
2004-03-23T05:44:42+00:00 23.03.2004 06:44
Lang habe ich gesucht nach der Vorsetzung der Story nachdem auf Bishounennur noch selten Updates gemacht werden, doch so dumm zu sein und bei ANimexx als letzte zu gucken kann ur ich sein -__-

Auf jedenfall kann ich wieder nur sagen *sniff* und einfach nur...hach...
Ich liebe diese Story auch wenn die beiden nur leiden müssen *sniffl* sie tun mir so leid, ist die Story einfach klasse und supertoll von dir geschrieben, ich hoffe es geht bald weiter denn ich warte immer ganz sehnsüchtig auf die Fortsetzung.

liebe grüße Loal/Miril
Von:  shinjia
2004-03-13T21:37:57+00:00 13.03.2004 22:37
Wah, ich bin wieder total begeistert. Du schreibst wahrlich göttlich ^_^
Ich dachte eigentlich meine Freundin und Lysander wären gut in Quälen, aber du steigerst dich wirklich immer mehr^^
Ich sterbe wirklich fast vor Spannung.
Hoffentlich schaffst du das Ende noch vor Vorlesungsbeginn.

*knuffz*
Von:  Mistery
2004-03-12T19:52:16+00:00 12.03.2004 20:52
hi^^
wieso müssen die beiden eigentlich immer leiden?? das ist so gemein und unfair... *grummel* ich hoffe doch, die beiden schaffen das irgendwie... *schnüff* wer traurig wenn nicht, ich hab die beiden doch so lieb gewonnen...
ich freu mich schon auf den nächsten teil.. der kommt doch bal oder??
bis denn
*wink*
Von: abgemeldet
2004-03-12T19:40:52+00:00 12.03.2004 20:40
Hi Di-Chan,
uff, ich bin doch schon ziemlich froh, dass ich es geschafft haben, dieses Chapter zu lesen.
Es ist ganz schön hart, was die beidne immer wieder wiederfährt. Welches Schicksal sie ereilt.
Ich bin der Meinung, dass man alles in seiner Macht stehende tuen sollte um seinen Liebsten zu retten und ich weiß nicht, ob Kim ALLES schon getan hat. Ich glaube schon, dass es noch eine Möglichkeit gibt...
Heinrich hat mich zu Letzt etwas verwirrt, seinen letzten Satz kann man zweideutig sehen:
[Zitat: /Ich habe keine andere Wahl.../]
Entwerder er kann wirklich nichts für seinen Bruder tun, oder es gibt doch noch eine Möglichkeit, die aber wohl die Letzte sein wird und, so scheint es mir, viel als Opfer verlangt.
Ich bin immer wieder von dir begeistert, wie spannend du einen Teil schreiben kannst...Es fesselt mich jedes Mal aufs Neue.
Ich denke aber auch jedes Mal, nachdem ein Abenteuer von den beiden überstanden ist, dass jetzt nichts noch Schlimmeres geschehen kann und sie endlich in Ruhe leben können...
Pustekuchen: Dir fällt immer wieder etwas Neues ein um die beiden zu quälen - erfolgreich zu quälen. Ich fiebere jedes Mal aufs Neue mit Kim und Eduard, wenn das Schicksal wieder grausam auf sie hinabblickt.

Ach ja, mir ist da nen Fehler aufgefallen:
Wie uns aus Kirchen allen bekannt ist, haben die ja da überwiegend (immer?) Bänke, auf denen sich Menschen zu den Andachten niederlassen, oder? - Wie du es so schön beschrieben hast...
Als Kim jedoch durchdrehte , das kann man mal so nennen, hattest du geschrieben, dass er auf seinen "Stuhl" zurück gezogen wurde... Weiß ja nicht ob es so beabsichtigt war, aber ich wollte es nur mal gesagt haben.

Ansonsten fand ich den Teil einsame Spitze und freue mich schon riesig wieder auf den nächsten Teil...
Ich kann es jezt schon kaum aushalten, was nun mit Eduard passieren wird *Angst bekomm*

Also, biba, bis zum nächsten Chapter,
deine Van^.^


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