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Shadowwalkers II

Kampf und Flucht
von

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Am Wasserfall

Nach etwa zwei Stunden Autofahrt, hatte Lily einen Parkplatz in einem Waldgebiet angesteuert. Sie war schließlich ausgestiegen und hatte Ashley aus dem Wagen gebeten. Wortlos war Ashley ihr durch einen Trampelpfad in den Wald gefolgt. Innerlich wog sie ab, ob Lily sie hier her gebracht hatte, um sie an einen Baum gebunden zurück zu lassen.

Aber sie fand, dass sie die Mühe eigentlich sicher nicht wert war. Wenn Lily sie loswerden wollte, hätte sie nicht dieses Theater abgezogen und sie „überredet“ mit ihr zu kommen. Also folgte sie ihr nun schon eine halbe Stunde durch den Wald. In der Ferne hörte Ashley trotz des Dickichts das laute Geräusch eines Wasserfalls. Und es schien als kämen sie immer näher dahin.

Nur wenige Minuten später wurde Ashleys Vermutung bestätigt. Sie standen schließlich auf einer hölzernen Brücke, die direkt über einen Wasserfall gebaut wurde. Ashley blieb stehen und starrte in die Tiefe auf die tausenden von Liter, welche sich mit lautem Getöse in die Tiefe ergossen. Minutenlang beobachte Ashley unbehelligt dieses Schauspiel. Sie schien zu vergessen, mit wem sie hier war und dass sie eigentlich gar nicht hier sein wollte.

Dann hörte sie Lilys Stimme, die den Lärm ohne zu Schreien gekonnt übertönte. „Gefällt es dir hier?“ meinte sie mit einem liebevollen Lächeln auf dem Gesicht. Ashley antwortete nicht. Sie war zu stolz, um zu zugeben, dass Lily Recht hatte. Es war ein außergewöhnlich schöner Ort. „Du hattest immer schon etwas für solche Orte übrig. Schon als Kind war das so.“

Ashley wandte sich nun doch an sie. „Worauf willst du hinaus?“ fragte sie. Lily antwortete ohne Umschweife „Ich erinnere mich an den Schulausflug als du in der zweiten Klasse warst. Du hattest dich mit so ein paar Vollidioten aus meiner Klasse angelegt. Wir waren auch auf einer Wanderung und gingen über eine Brücke wie diese. Aber die Schlucht war noch ein ziemliches Stück tiefer als die hier und da war definitiv kein Wasser.“

Ashley sah sie ungeduldig an. „Ich weiß, ich erinnere mich auch dran.“ Lily lächelte „Jedenfalls bist du zurück geblieben und hast genauso wie jetzt minutenlang in die Schlucht gestarrt. Und diese Mistkerle wollten dich ärgern und ließen dich über das Geländer hängen. Du wärst fast runter gefallen, wenn ein Lehrer nicht dazu gekommen wäre. Er hat dich im letzten Moment nach oben gezogen, sonst wärst du heute nicht hier.“

Ashley verzog das Gesicht. „Das weiß ich, worauf willst du hinaus?“ Lily atmete tief ein. „Als ich davon gehört habe, hatte ich solche Angst. Es wäre um ein Haar schief gegangen. Du hättest an diesem Tag sterben können.“ Ashley verschränkte die Arme vor der Brust und meinte gelangweilt. „Es gibt immer ein paar Idioten, die auf anderen rumhacken und mir ist nichts passiert, also was soll’s.“

Lily streckte die Hand aus und strich Ashley über ihre Narbe an der Stirn. „Ich rede hiervon, Ashley.“ Etwas verdutzt starrte Ashley sie an, sie wusste nicht so recht, was sie dazu sagen sollte, also fuhr Lily fort. „Ich habe dich immer als selbstverständlich angesehen. Du warst immer da und du hast mir nie widersprochen. Und als du bei der Ruine verletzt wurdest, wurde mir zum ersten Mal klar, wie schnell es gehen konnte. Wie schnell ich dich verlieren konnte. Und als du diese Waffe genommen hast… ich hätte das nicht ertragen. Und ich bin froh, dass du noch lebst, aber ich weiß auch, dass du deswegen nicht glücklich bist.“

Ashley starrte sie an. „Was soll das bitte heißen?“ Lily strich ihr sanft durch das Haar. „Ich habe alles falsch gemacht, Ashley. Ich habe dir kaum etwas über mich gesagt, habe dir soviel verschwiegen. Ich habe dich belogen, benutzt und ich habe mich selbst belogen.“

Ashley spürte, dass etwas an Lilys Art ganz anders war. Sie schien den Tränen nah, mit jedem weiteren Wort, dass sie aussprach. „Wenn du mich nicht mehr willst, kann ich das verstehen, ich verdiene es nicht, dass du bei mir bleibst. Aber bitte, wirf nicht dein Leben wegen mir weg. Du bist mir wichtiger, als mein Stolz.“

Ashley verzog das Gesicht. „Ach wirklich, bin ich das?“ Lily rang sich ein schwaches Lächeln ab. „Du bist mir viel wichtiger, als es jemals irgendjemand war. Wichtiger als mein eigenes Leben. Und ich ertrage den Gedanken nicht, dass du wegen mir und wegen meiner Sturheit soviel durchgemacht hast. Aber ich weiß auch, dass ich es nicht wieder gut machen kann. Ich hätte dich damals niemals Duncan überlassen sollen, aber ich konnte nicht. Ich konnte nicht zugeben, was du mir bedeutest. Vor allem nicht gegenüber mir selbst. Aber das hätte ich tun sollen.“

Ashley zitterte inzwischen am ganzen Körper, sie fühlte sich wie in einem Traum. Sie konnte nicht glauben, Lily so zu sehen. So verletzlich und so zutiefst ehrlich. Eine dicke Gänsehaut zog sich über ihre Gliedmaßen. „Du hast mir nie das Gefühl gegeben, dass das so ist.“ Wisperte sie kaum hörbar unter dem lärmenden Wasserfall.

Doch Lily hatte sie verstanden. „Ich weiß und das tut mir leid. Das hast du nicht verdient. Und wahrscheinlich wäre es besser, wenn ich dich einfach gehen ließe, aber das kann ich nicht. Dafür liebe ich dich einfach zu sehr. Viel zu sehr.“ Ashley kamen wieder die Tränen und Lily fürchtete für einen Moment, sie habe etwas Falsches gesagt, doch dann hob Ashley diese Zweifel auf.

„Ist dir klar, dass es das erste Mal ist, dass du mir das gesagt hast? Das erste Mal in all den Jahren? Ich war soweit, dass ich geglaubt habe, du würdest mich ja eh nur als deinen Besitz ansehen und…“ Lily unterbrach sie augenblicklich und zog sie mit einer sanften Umarmung an sich. Sie legte einen Finger auf ihren Mund, um sie zum Schweigen zu bringen.

„Du hast Recht. Ich hätte es dir viel früher sagen sollen, aber ich hatte zuviel Angst und war einfach viel zu stolz dafür. Ich habe noch niemals für jemanden so empfunden, wie für dich. Und das ist angesichts der Tatsache, dass ich fast 2000 Jahre alt bin ziemlich beängstigend und es ist… neu.“ Zum ersten Mal seit Wochen hatte Ashley wieder ein ehrliches Lächeln auf den Lippen und sah Lily tief in die Augen.

„Das glaube ich gern. Aber warum hast du es mir dann immer verboten? Warum durfte ich dir nie sagen, was ich für dich empfinde?“ Lily schloss die Augen. Es war eine unangenehme Frage, aber eine, die beantwortet werden musste. „Weil ich Angst um dich hatte. Hast du eine Ahnung, was die mit dir angestellt hätten, wenn…“ Ashley unterbrach sie ziemlich rüde: „… kann es sein, dass es ungefähr das selbe ist, wie das, was sie jetzt mit mir vorhaben?“

Lily nickte. „Ja, da hast du Recht, wohl ziemlich das Selbe. Ich wollte es nur nicht riskieren. Und wenn auch nur einer von denen auf irgendeine Weise mit angehört hätte, was du für mich empfindest, wäre die Hölle los gewesen. Und dem wollte ich dich nicht aussetzen.“ Ashley sah zu Boden. „Kann es sein, dass du dich auch ein bisschen selber nicht der Tatsache aussetzten wolltest, dass ich dich liebe?“

Lily hob Ashleys Kinn und sah ihr direkt in die Augen. „Das kann durchaus sein. Aber ich bin froh, dass ich es endlich aus deinem Mund hören konnte.“ Ashley sah Lily an und erst jetzt fiel ihr auf, dass das stimmte. Sie hatte es gesagt und Lily hatte sie nicht aufgehalten. Sie hatte ihr zugehört. Nun sahen sich die beiden direkt in die Augen, keiner sagte ein Wort. Langsam kam Lily immer näher, sie rechnete damit, dass Ashley sich wieder zurückzog, doch das tat sie nicht. Und nach einigen Sekunden, die sich wie eine Ewigkeit anfühlten, trafen sie ihre Lippen.

Als sie bemerkte, dass Ashley das zuließ, zog Lily sie näher an sich und intensivierte den Kuss. Es war schon viel zu lange her. Seit jener schicksalhaften Nacht, in der Charon seine Klappe einmal zu oft aufgerissen hatte. Ashley klammerte sich wie eine Ertrinkende an Lily. Über ihre Wangen liefen noch vereinzelte Tränen, die aber langsam versiegten. Schließlich mussten die beiden wieder Luft holen und der Kuss brach ab.

Und damit zog sich auch Ashley wieder etwas zurück. Sie drehte sich um und atmete schwer durch. Lily legte ihre Arme sanft um ihre Hüfte. „Was ist los, Engelchen?“ Ashley lehnt sich nach hinten und schmiegte sich an Lily. „Ich weiß, dass du dir das wünschst und dass du dich geändert hast, aber… es ist noch zu früh, Lily. Ich… es gibt immer noch ein paar Dinge, die wir klären müssen, die ich für mich klären muss, verstehst du das?“

Lily hauchte ihr einen Kuss auf den Hals. „Ist schon okay. Ich bin nur froh, dass du jetzt nicht mehr so übel gelaunt bist, wie vorher. Und es ist sicher besser, wenn wir vorher alles klären, was dir noch im Magen liegt.“ Ashley entkam ein Lächeln. „Du musst das verstehen, all die Jahre hast du dich nicht das mindeste um mich geschert. Und jetzt…“ Lily nahm ihre Ashleys Hand in ihre.

„Ich weiß, dass du das so siehst. Aber die Wahrheit ist, ich habe immer schon sehr viel für dich übrig gehabt. Ich habe es nur nicht gezeigt.“ Ashley schloss die Augen. „Und planst du das zu ändern?“ Ashley konnte es zwar nicht sehen, aber sie spürte, dass Lily nickte. „Ich werde es auf jeden Fall versuchen. Im Moment gibt es nichts Wichtigeres für mich als dich.“ Ashleys Lächeln wurde ein bisschen breiter.

„Scheint, als hätte dein Ausflug was gebracht, oder?“ Lily grinste breit und flüsterte Ashley ins Ohr, was sie gerade noch hören konnte. „Das war nur die erste Etappe, unser Ziel ist wo ganz anders.“

Ashley legte die Stirn in Falten und öffnete die Augen wieder. „Ach ja und wo?“ Lilys Grinsen wurde – sofern das überhaupt möglich war – noch breiter. „Das ist eine Überraschung. Und es ist auch ein kleines, vorgezogenes Geburtstagsgeschenk.“ Ashley murmelte kleinlaut „Ich habe aber erst in einem Monat Geburtstag!“ Lily entließ sie nun aus der Umarmung und zog Ashley auf den Weg zurück, den sie her gegangen sind.

„Genau deshalb ist es auch vorgezogen. Und es ist auch eine Überraschung, also sei geduldig. Wir werden bis zum späten Nachmittag da sein.“ Ashley legte den Kopf schief. „Na schön. Ich versuche, mich zusammen zu reißen.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Angel-of-the-Night
2010-10-20T16:16:01+00:00 20.10.2010 18:16
So nach langer Zeit geb ich auch mal wieder meinen Senf dazu^^
dieses Kapie ist einfach nur wunderschön und toll gewesen!
Das Lily und Ashley sich mal aussprechen und sich endlich wieder nahe kommen sogar noch näher als zuvor finde ich eine tolle Wende bei der deprimierten Stimmung die Kapis davor^^
Ich bin gespannt welche Überraschung auf Ashley wartet^^


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