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kyoosha - learning by doing

AoixKanon
von

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Wie man zerbricht

Nach einem bösen Cliffhanger diesmal ein kleines Melodrama-Kapitel.

Viel Spaß ^^
 

Kapitel 51

Wie man zerbricht
 


 

Sein Bass lag neben dem Sofa. Und dessen Weg auf den Boden schien alles andere als sanft gewesen zu sein.

Kanon konnte genau erkennen, dass einer der Wirbel am oberen Ende des Griffbretts abgebrochen war und er betete, dass der dunkle Strich, der quer über das Griffbrett verlief, nur ein Schatten war. Woher er auch immer kommen sollte.
 

Er hörte Aoi schreien.

Er hörte Reita schreien.

Doch wirklich verstehen tat er keines der Worte. Der Gitarrist war noch weiter auf sie zugegangen und gab dadurch einen noch besseren Blick auf den Bass frei. Wobei „besser“ vielleicht das falsche Wort war. Kanon schluckte schwer und machte einen Schritt in Richtung seines Basses, die Augen immer auf den „Schatten“ gerichtet.

Es musste einfach ein Schatten sein.

Das war sein Lieblingsbass.

Es musste ein Schatten sein.
 

„Scheiße!“ Es war Reitas Stimme, die er jetzt hinter sich hörte. Kurz danach war der Blonde an ihm vorbeigestürmt und kniete sich neben Kanons Bass. Vorsichtig umfasste er das Griffbrett.

Kanon schluckte erneut. Der unheilvolle Strich verschwand teilweise unter Reitas Hand und nahm Kanon damit den letzten Funken Hoffnung.

Er war kein Schatten. Natürlich nicht.

Es war ein Riss.

„Oh nein…“ Aoi tauchte in Kanons Blickfeld auf, doch blieb auch einige Schritte vor Reita und dem Bass stehen. Scheinbar war er genau wie Kanon in eine Schockstarre verfallen.

Der Blonde richtete sich kopfschüttelnd wieder auf und funkelte seinen Bandkollegen böse an. „Tickst du eigentlich noch ganz richtig? Du hast seinen Bass kaputt gemacht!!!“

„Ich… ich wollte nicht… Das war ein Versehen“, stotterte Aoi ungewohnt beschämt. Sonst reagierte er immer ganz anders, wenn Reita ihn so anschnauzte. Allerdings registrierte Kanon weder das Verhalten noch die Worte des Gitarristen wirklich. Dafür nahm Reitas Aussage zu viel Platz in seinem Kopf ein. Und die Stimme in ihm schien es viel lauter zu schreien als es der Blonde jemals gekonnt hätte:

Du hast seinen Bass kaputt gemacht.

Kaputt.
 

Nur am Rande bekam er mit, wie Reita den Gitarristen mit technischen Einzelheiten des nun defekten Instrumentes und weiteren unwichtigen Fakten bombardierte. Es war Kanon egal wie hoch der Ladenpreis für seinen Bass war und er dachte gerade auch garantiert nicht darüber nach wie selten er war, weil er inzwischen nicht mehr zu den neusten Instrumenten gehörte. Die ganzen Daten erschienen nicht in seinem Kopf.

Vor seinem inneren Auge tauchten hingegen die wichtigen Momente auf, bei denen er auf diesem Bass gespielt hatte. Ihre ersten Konzerte. Bous Abschiedskonzert. Europa. Amerika. All diese wertvollen Momente.

Und jetzt war er einfach kaputt.
 

„Fass ihn nicht an!“, hörte Kanon Reita zischen. Aoi hatte sich neben den Bass gehockt und die Hand danach ausgestreckt. „Du machst ihn nur noch mehr kaputt!“

Endlich schaffte es der Jüngste, sich aus seiner Starre zu befreien und machte die zwei Schritte zu seinem Instrument, um sich dann ebenfalls daneben zu hocken. Er sah aus den Augenwinkeln, wie Aoi ihn entschuldigend ansah. Aber er hatte keine Lust zurückzusehen. Momentan interessierte es ihn nicht.

Es war ihm egal, dass Außenstehende wahrscheinlich sagen würden, er sollte sich nicht so anstellen. Immerhin war er ja „nur“ ein Instrument. Es war ersetzbar.

Aber für Kanon war es das eben nicht.
 

Vorsichtig strich er über den vermeintlichen Schatten, nur um sich schmerzhaft bewusst zu machen, dass es wirklich kein Schatten war. Der abgebrochene Wirbel war ersetzbar, aber ein Sprung im Griffbrett?

„Vielleicht kann man das irgendwie reparieren?“ Aois Stimme war leise und zurückhaltend.

Es veranlasste Kanon dazu, den Blick zu heben und den anderen anzusehen, der neben ihm hockte. Ja, vielleicht konnte man das wirklich reparieren. Vielleicht würde es niemand bemerken. Aber in dem Moment, in dem ihm dieser Gedanke durch den Kopf ging, fiel ihm auch auf, dass es nicht nur der unersetzbare Wert war, den sein Bass für ihn hatte.

Etwas anderes bohrte in seinem Herzen.
 

Aoi hatte ihn fallen lassen.

Einfach so.

Er hatte es noch nicht mal wirklich bemerkt. Kanon hatte ihm einen seiner wertvollsten Schätze – wahrscheinlich sogar seinen wertvollsten Schatz – anvertraut und Aoi hatte ihn einfach so fallen lassen.

„Kanon…“ Der Gitarrist sah ihn entschuldigend an. Mehr als entschuldigend. Er wusste, was er getan hatte. Und Kanon hoffte, dass er es auch nur ansatzweise begriff. Nicht mit seinem Kopf, sondern mit seinem Herzen. Der Ältere schien nach den richtigen Worten zu ringen, doch Kanon wollte sie nicht hören.

„Ich geh eine Weile aufs Zimmer“, flüsterte er leise. Vorsichtig legte er seine Arme um das Instrument und stand langsam auf – immer darauf bedacht, nicht noch mehr Schaden anzurichten als ohnehin schon entstanden war. Keiner der beiden anderen sagte ein Wort.

Plötzlich stand Reita neben ihm und legte etwas auf seinen Bass. Es war der abgerochene Wirbel. Kanon schluckte. Er merkte nicht, wie der Blonde ihm noch die Hand auf seine Schulter legte und auch Aois fast schmerzvollen Blick nahm er nicht wahr. Schweigend drehte er sich um und ging in Aois Zimmer.
 

Kanon saß auf dem Bett und starrte das Instrument neben sich an. Er hatte den Bass mit einer Behutsamkeit auf die Matratze gelegt, mit der man sonst nur einen Verletzten behandeln würde. Der Schwarzhaarige wusste, dass er gerade etwas melodramatisch war, aber das störte ihn nicht weiter. Der Bass war ihm einfach zu wichtig, als dass er sich für sein Verhalten schämen würde. Sanft fuhr er über das Griffbrett und seufzte. Er hatte das Gefühl, dieses Ritual schon tausendmal wiederholt zu haben und trotzdem schmerzte es jeden Mal vom Neuen, wenn einer seiner Fingerkuppen den Riss berührte. Dennoch konnte er nicht damit aufhören. Und selbst wenn, wusste er nicht, was er sonst machen sollte.

Er wollte das Zimmer nicht verlassen. Er hatte sich immer wieder selbst gesagt, dass so kleine Missgeschicke ständig passierten. Aoi hatte seinen Bass schließlich nicht mit Absicht fallen lassen. Und der Ältere hatte sich deshalb ja auch schlecht gefühlt und hatte sich sicher auch entschuldigen wollen. Nur wusste Kanon nicht, ob er diese Entschuldigung tatsächlich hören wollte. Es war nicht so, dass er sauer auf den Gitarristen war. Er war eher enttäuscht. Aber hatte er ein Recht dazu? Aoi war auch nur ein Mensch und hatte auch seine Fehler.

Eine Wahrheit, die Kanon gerne ausblendete.
 

Er hörte nur Reita schreien. Hörte, wie er Aoi Dinge an den Kopf warf. Dass das nicht wieder gut zu machen sei und dass er jetzt den Salat hatte. Und dass er Schuld an allem war.

Es war nichts Neues, dass der Blonde so schrie, aber es war etwas Neues, dass er keine Antwort bekam.

Kanon hörte kein Ton von Aoi. Nichts. Ließ sich der Gitarrist gerade wirklich da draußen einfach so beschimpfen ohne irgendwelche Widerworte zu geben? Das hatte er noch nie erlebt. Immer war es ein Streit gewesen, der von beiden Seiten ausgegangen war. Noch nie hatte sich einer von den beiden ohne ein Wort der Verteidigung so anschreien lassen.

Es war ein merkwürdiges Gefühl, dass Reita plötzlich auf seiner Seite stand. Dass er Aoi versuchte klar zu machen, wie sich Kanon gerade fühlte, auch wenn dieser das wahrscheinlich in nicht ganz so drastische und beschuldigende Worte verpackte hätte.

Trotzdem war es seltsam, wie schnell sich so etwas ändern konnte. Eben noch hieß es Aoi und er gegen den Rest der Welt und eben noch hatte er selbst Reita angeschrien und jetzt hatten sich die Fronten völlig verschoben.

Er war nicht wütend auf Aoi. Er wollte ihm dieses… Missgeschick verzeihen. Es war schließlich Aoi! Aber es schaffte es nicht nach draußen zu gehen. Schaffte es nicht, Reita von den Beschuldigungen abzuhalten.
 

Ein paar Minuten später war es still. Kanon konnte keinen Laut hören.

Bis ihn ein paar Augenblicke später ein leises Klopfen zusammenzucken ließ. Es war an seiner Tür. Entweder Reita oder Aoi.

Aber nur dem Klopfen nach zu urteilen, war es der Gitarrist. Es war leise und zögernd. Fast so, als wollte es gar nicht gehört werden.

Kanon atmete tief durch und fasste sich ein Herz. Er konnte nicht hier sitzen und ewig über den Riss streichen so als würde er davon verschwinden. Er konnte nicht ewig Trübsal blasen.

„Ja?“, fragte er leise, aber die Tür wurde erst nach kurzem Zögern geöffnet.

Und wie erwartet blickte ihn der Schwarzhaarige durch den kleinen Spalt an. „Darf ich reinkommen?“

„Es ist immer noch dein Zimmer.“ Kanon merkte erst, wie kalt diese Worte geklungen haben mussten, als er Aois unsicheren Blick sah. Der Ältere hatte sich immer noch nicht weiter bewegt. Natürlich nicht. Für ihn war die Tatsache, dass es sich im Grunde um sein Zimmer handelte, nie eine Ausrede dafür gewesen in Kanons Privatsphäre einzudringen. Nur der Gedanke an diese eine gute Eigenschaft des Gitarristen sorgte schon dafür, dass der Jüngere sich weiter entspannte.

„Komm schon rein“, seufzte er. Wahrscheinlich konnte er sich selbst tausendmal sagen, dass er Aoi nicht sehen wollte. Wenn der Ältere dann doch vor ihm stand, war von diesem Wunsch nichts mehr übrig.

Fast schüchtern betrat Aoi den Raum, der ja eigentlich ihm gehörte, und kam zögernd auf das Bett zu. Verwirrt stellte Kanon fest, dass der Ältere eine Gitarre dabei hatte. Stumm sah er den Gitarristen an und wartete, bis dieser das Wort ergriff.
 

„Das ist für mich ein sehr wichtiges Instrument“, meinte der Schwarzhaarige dann schließlich und sah verträumt zu der schwarzen Akustikgitarre in seinen Händen. „Ich habe auf ihr schon viele Lieder komponiert, hatte sie bei entscheidenden Bandproben dabei. Sie war auf Touren dabei, auf wichtigen Konzerten, im…“

„Budokan“, vollendete Kanon den Satz.

Aoi musste ihm nichts über dieses Instrument erzählen. Er hatte schon oft genug fasziniert beobachtet, wie das bildhübsche Instrument scheinbar mit seinem noch hübscheren Besitzer verschmolz, wenn dieser darauf spielte. Er kannte das als DVD Version und hatte es in den letzten Wochen auch live erleben dürfen.

Aoi sah den Jüngeren kurz überrascht an, als ihm dieser ins Wort fiel und lächelte daraufhin fast wehleidig. Er schien sich ein bisschen darüber zu freuen, dass Kanon überhaupt noch mit ihm sprach.

„Jedenfalls ist mir diese Gitarre sehr wichtig.“ Liebevoll fuhr der Ältere das Griffbrett entlang und schien sich einen kurzen Moment in Erinnerungen zu verlieren.

Kanon war schon kurz davor dem Gitarristen mitzuteilen, dass das Vorführen eines intakten Instrumentes nicht wirklich die Aufmunterung war, die er gerade brauchte, als der Ältere ihm plötzlich die Gitarre entgegenstreckte.

Verwirrt sah er von dieser auf und Aoi an, aber sonst rührte er sich nicht. Was sollte er denn jetzt mit der Gitarre? Die ersetzte seinen Bass doch auch nicht.

Der Ältere sah ihn auffordernd an und legte ihm das Instrument schon halb auf den Schoß. „Nimm schon!“ Erst auf Aois Worte hin nahm ihm Kanon die Gitarre ab. Sie fühlte sich merkwürdig schwer an. Nicht wirklich schwer, was das Gewicht betraf, sondern eher aufgrund der Verantwortung.

Vorsichtig, fast so als bestünde sie aus Glas, strich er über den schwarzen Lack. Er mochte das Gefühl irgendwie. Lag es einfach daran, dass er zum ersten Mal eins von Aois Instrumenten in der Hand hielt? Und noch dazu eins seiner Wichtigsten?
 

Fragend sah er wieder auf und erhaschte einen kurzen Blick auf das Gesicht seines Gegenübers. Dieser biss sich auf die Unterlippe und betrachtete die Gitarre mit besorgtem Ausdruck, bevor er Kanon ansah und sich ein bitteres Lächeln auf sein Gesicht schlich. „Ich weiß, dass dir dein Bass wichtig ist. Ich weiß nicht genau wie wichtig, aber ich hoffe, das ist ein fairer Tausch.“

Dem Jüngeren dämmerte so langsam, was Aoi mit dieser Aktion bezwecken wollte. Er bot ihm seine Gitarre als Ausgleich für den Bass! „Tausch?“, fragte er trotzdem nochmal nach. Nicht, dass er hier noch etwas falsch verstand und sich dann ziemlich blamierte.

„Du kannst damit machen, was du willst.“ Aois entschlossene Antwort löste eine Art Glücksgefühl in ihm aus. Ganz egal, dass diese Aktion keinen praktischen Sinn hatte… Kanon erkannte den Wert, der darin steckte. Und wieder einmal hatte es der andere geschafft, ihn allein durch eine Geste und ein paar Worte zumindest ein wenig aufzumuntern. Ein wenig abzulenken.

Ein Lächeln hatte sich auf seinen eigenen Lippen gebildet, als er wieder auf das Instrument hinuntersah. Aois Gitarre, die ihm dieser anvertraut hatte. Weil er wieder gut machen wollte, was Kanon so getroffen hatte. Was dem Vertrauen einen Riss gegeben hatte. Und eine bessere Wiedergutmachung fiel dem Jüngeren momentan gar nicht ein.

Er konnte mit dem Instrument machen, was er wollte. Er konnte es fallen lassen, so wie Aoi seinen Bass hatte fallen lassen. Er könnte es auch einfach zur Seite legen und weiter Trübsal blasen. Oder aber, er…
 

Mit leichtem Druck ließ er die Fingerkuppen über die Saiten streichen und entlockte dem Instrument damit Klänge, die ihm in den letzten Wochen so wichtig geworden waren, dass er wusste, sie niemals zerstören zu können.

Weil sie zu Aoi gehörten.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  klene-Nachtelfe
2011-07-10T06:06:04+00:00 10.07.2011 08:06
Oh man das war sou dramatisch und sou süß und fast schon romantisch!!!
Sehr berührend!!!
Wirklich schön geschrieben!!
Freu mich auf den weiteren Verlauf!
LG -^.^-
Von: abgemeldet
2011-07-10T00:21:49+00:00 10.07.2011 02:21
Schon leicht melodramatisch :D
Aber passend. Kanon's Bass, man! Wie konnte er nur! ^-^

Da ich eure Fanfic immer so gern lese und die beiden total knuffig find, hab ich heute mal ein kleines Video gemacht. Ich hoffe es gefällt euch beiden :)

http://www.youtube.com/watch?v=lvc1DahpPis
Von:  Serejane
2011-07-08T21:08:46+00:00 08.07.2011 23:08
UH erste :'D
dieses Drama war irgendwie schon lustig irgendwie. xD
Reitas Reaktion fand ich toll :'D in dem Moment fand ich ihn wirklich cool XD
Ich find es süß, dass Aoi ihm die Gitarre gibt... Hach die sind so knuffig ^^
freu mich aufs nächste ^^


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