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Kein Zurück

Der Sand der Zeit steht niemals still
von

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Rückfall

Endlich werde ich entlassen.

Seufzend lasse ich mich von Aoi nach draußen tragen.

Ganze acht Wochen war ich hier, habe zwei davon im künstlichen Koma gelegen.

Wer hätte auch gedacht, dass ich an einer Lungenentzündung erkranke?

Wer hätte gedacht, dass mein Herz zu schwach zum weiterleben ist?

Ich wurde ganze drei Wochen lang künstlich am Leben erhalten. Ohne all die Maschinen wäre ich heute nicht mehr hier.

Und das alles, weil mein Geist sich gegen meinen Körper verschworen hat. Weil mein Großvater meine Seele ihn zwei gebrochen hat.

Der Psychologe meint es wäre sicherlich der letzte Ausrutscher für die nächsten Jahre. Ich hoffe er er hat recht, denn mittlerweile habe ich Angst vor mir selbst.

Ich bin immer noch für zwei Wochen krank geschrieben.

Zwischendurch war ich in Tokyo, wurde von Spezialisten untersucht. Sie fanden nichts, rein gar nichts. Sie meinten solche Aussetzer kämen nur noch, wenn ich mich bedroht fühle. Wenn ich Angst um mein Leben habe.

Organische Ursachen gibt es keine, es ist lediglich die Psyche, die mir einen Streich spielt.

„Du hast abgenommen, kleiner“, bemerkt Aoi und setzt mich seufzend auf der Bank ab.

Gleich kommt uns der Psychologe abholen. Er hatte schon Stunden zu vor mein Gepäck nach Hause gebracht.

Momentan wohne ich bei Reitas Großmutter, da seine Mutter Fumiko gemeint hatte, es wäre besser so.

Manchmal frage ich mich, ob es nicht anders herum besser gewesen wäre. Wäre ich bloß dabei gestorben, dann müsste Reita nicht so leiden.

Allgemein frage ich mich, wie es ihm geht. Ich habe ihn jetzt fünf Wochen nicht gesehen. Immer kam Aiko oder Aoi, sonst niemand. Außer meine Mutter und mein Bruder, aber sie können Reita nicht ersetzen.

„Schau mal, da kommt er schon“, versucht mich Aoi abzulenken und schon wieder befinde ich mich auf seinen Armen.

So wirklich gehen kann ich immer noch nicht und wenn der Gips abgemacht wird, dann muss ich wieder alles mit dem Arm erlernen. Mein Arm wird ohne die Therapie nutzlos sein, die Narben werden für immer bleiben. Es wird nie mehr so sein wie es einmal war.

~

Auch die nächsten Tage geht es mir nicht wirklich besser. Aiko geht mit mir jeden Tag ein wenig durch das Haus und gestern war ich auch mit ihr ganz kurz draußen. Reita und Uruha sind immer noch nicht vorbei gekommen, obwohl wir quasi Tür an Tür wohnen.

„Komm wir sind jetzt alleine. Der Lehrer ist da“, informiert mich Aiko und seufzend stützt sie mich auf dem Weg ins Wohnzimmer.

Für die nächsten zwei Wochen bekomme ich Privatunterricht, damit ich den ganzen Stoff nachholen kann für die Schule.

Wenigstens habe ich nicht zu viel passt.

Wenn ich nicht mehr mitkomme breche ich die Schule ab. Denn ohne die anderen will ich nicht sein.

„Ruki, geht es dir wieder schlechter?“, fragt sie besorgt und mustert mich kritisch.

„Es geht schon. Ich vermisse nur die anderen“, antworte ich.

Um die Tränen zu unterdrücken beiße ich mir auf die Unterlippe.

„Ich schicke Reita später vorbei. Anstatt sich hinter Büchern zu vergraben, sollte er dir etwas Gesellschaft leisten“, verspricht sie mir und beruhigend legt sie mir eine Hand auf meine Schulter.

~

Nach der Therapiestunde trägt mich Aoi auf dem Rücken nach Hause.

„Wir gehen gleich erst einmal bei mir vorbei. Reita's Mutter will nicht, dass du mit ihm oder Uruha zu tun hast momentan. Aki-chan übernachtet ja heute bei mir und ihr zwei solltet dringend mal reden“, stellt Aoi fest.

Ich möchte sie aber nicht in Schwierigkeiten bringen.

Seufzend schmiege ich mich näher an ihn.

„Will er mich denn sehen?“, frage ich ängstlich nach.

„Natürlich!“, meint er aufgebracht.

Kurz bevor er oben die Wohnungstür öffnet, klettere ich zitternd von seinem Rücken. Der Boden fühlt sich kalt an, da ich ja nur Socken trage. Aoi wollte mir nicht meine Schuhe zu binden, also hat er mich getragen und meine Schuhe an seiner Tasche befestigt.

„Keine Angst, kleiner. Bleib ganz ruhig, wie der Psychologe meinte“, versucht mich Aoi zu beruhigen und wieder ziert ein Lächeln seine Lippen.

Unsicher folge ich ihm ins Wohnzimmer, verstecke mich hinter seinem Rücken. Ich habe Angst vor Reita. Irgendwie habe ich ein ganz ungutes Gefühl bei der ganzen Sache. Vielleicht mag er mich ja gar nicht mehr? Immerhin habe ich sein Leben zerstört, oder etwa nicht?

„Koi-chan, was ist los?!“, erkundigt sich Reita besorgt und kommt auf mich zu.

Verschreckt weiche ich zurück, spüre die Wand hinter mir.

Ich weiß noch nicht einmal warum ich Angst habe. Aber tief im Inneren weiß ich, es wäre besser für ihn ohne mich.

„Nicht Reita. Lass ihn. Wir sollen ihn nicht verängstigen“, meint Aoi.

Schon wieder verschwinde ich hinter Aois Rücken.

Müde schließe ich die Augen, kralle mich etwas an Aois T-shirt. Lasse langsam meinen Kopf gegen ihn sinken. Um mich herum dreht sich alles. Warum will mein Körper partout nicht leben? Warum muss er immer dann schlapp machen, wenn ich es am wenigsten gebrauchen kann?

Nach gefühlten Stunden lasse ich sein T-Shirt los. Vorsichtig wanke ich Richtung Sofa und lege mich hin. Ich will nach Hause.

„Ru-chan? Was ist los?“, besorgt guckt mich Aoi an.

„Ich will nach Hause“, antworte ich flehend und schaue ihn an.

„Direkt“, verspricht er mir.

Auf einmal wird alles schwarz.

~

Meine Erinnerungen setzen erst ab dem Zeitpunkt wieder ein, wo ich in Uruhas Bett aufwache.

„Wieder wach, kleiner?“, fragt er lachend und piekst mich in die Seite.

Schmollend ziehe ich die Bettdecke über meinen Kopf. Was ist nur passiert?

„Warum bin ich hier?“, frage ich neugierig.

„Aoi hatte angerufen, damit wir dich abholen kommen. Und da ich ja alleine seit eben bin“, beängstigend lacht er.

„Uru-chan? Warum?“, hacke ich nach und schaue ihn ängstlich an.

Hatte ich wieder einen Aussetzer?

„Kleiner, hast du heute genug gegessen und getrunken? Du hattest einen Kreislaufzusammenbruch“, seufzend streicht er mir durch die Haare.

Kopfschüttelnd umarme ich ihn. Es tut gut seine Nähe nach so langer Zeit wieder zu spüren.

„Wir gehen gleich etwas runter, ich habe Essen gemacht. Und dann füttere ich dich fett“, wieder lacht er beängstigend.

Das Vibrieren in meiner Hosentasche lässt mich zusammen zucken.

Als ich mein Handy in den Händen halte, runzele ich die Stirn. Was will der denn? Seufzend gehe ich an das Handy.

„ReiRei?“, frage ich vorsichtig nach.

„Ich bin kein Spinner, Zwerg!“, lacht Aoi.

„Entschuldigung, Aoi-chan. Hat es irgendeinen Grund, warum du uns beide störst?“, ich klinge genervt, obwohl ich mich über seinen Anruf freue...

„Wir haben uns halt Sorgen gemacht! Außerdem wollte ich fragen, was los war? Ist irgendetwas vorgefallen?“, erkundigt sich Aoi.

Seine Sorgen kann ich irgendwo verstehen.

„Nein, es ist nur ein wenig stressig. Weil ich ja momentan so viele Termine habe und nebenbei noch alles für die Schule erledigen muss. Außerdem tut die Einsamkeit weh“, verzweifelt beiße ich mir auf die Unterlippe, versuche die Tränen zurück zuhalten.

„Nicht weinen, Kobito. Sollen wir zwei nachher vorbeikommen? Dann unternehmen wir noch irgendetwas“, schlägt Aoi vor.

„Hai“, hauche ich noch ins Handy, bevor es mir Uruha weg nimmt.

Direkt trällert er fröhlich los, von dem alten Uruha ist nichts mehr zu sehen. Allgemein hat er sich sehr verändert. Er ist noch geschminkter und alles wie vorher. Ob er wieder Drogen nimmt?

„Uru-chan? Mir ist schlecht“, jammere ich.

Langsam lege ich mich wieder hin, schließe die Augen.

„Ach kleiner“, meint er und wieder streicht er mir durch die Haare.

„Ich gebe dir jetzt ein paar Tropfen und dann gehen wir kurz etwas spazieren. Ich glaube deine Tabletten zeigen kaum noch Wirkung“, stellt Uruha fest.

Verwirrt gucke ich ihn an.

~

Auch später als ich neben Aoi im Wohnzimmer sitze, geht es mir nicht besser. Am liebsten würde ich immer weiter weinen, bis keine Tränen mehr kommen.

Erschrocken drücke ich mich mehr in die Sofalehne, als Reita näher kommt.

„Koibito? Willst du nicht kuscheln?“, fragend schaut er mich an.

Ich zucke nur mir den Schultern und lasse mich widerstandslos von ihm in eine Umarmung ziehen.

Eben hat mir Uruha einige von seinen Tropfen gegeben. Direkt hat er Aiko angerufen und sie kommt auch gleich. Und das nur, weil die Tabletten einfach nicht wirken wollen. Das einzige was ich spüre sind die Nebenwirkungen, nicht mehr und auch nicht weniger.

Ich habe Angst. Ich möchte nicht wieder Krankenhaus, nicht jetzt. Ich möchte wieder normal leben können ohne Angst und Tabletten.

„Ruki? Ich bring dich jetzt in mein Zimmer. Und dann versuchst du erst einmal etwas zu schlafen“, schlägt Reita vor und hebt mich seufzend hoch, trägt mich aus dem Wohnzimmer.

Ein wenig schmiege ich mich an ihn und schließe dann die Augen. Er ist schön warm.

Leise wimmernd kralle ich mich an seinen Pullover, sauge seinen Geruch ein.

„Nicht Ruki, entspann dich wieder. Du musst ganz ruhig sein, in Ordnung?“, versucht er mich zu beruhigen und zaghaft streicht er mit dafür mit einer Hand über meinen Rücken.

Ich quieke leise auf, als er mich schließlich auf seinem Bett absetzt und mir kurz in die Seite piekst. Immer noch kralle ich mich an ihm fest.

„Lass los, bitte“, Aoi löst ganz langsam meine Finger von Reitas Pullover, „der Psychologe möchte dich gerne noch einmal sehen.“

„Jetzt?“, verwirrt gucke ich Aoi an.

„Natürlich jetzt! Ziehe dir Jacke und Schuhe an, dann bring ich dich mit Aiko dort hin“, er klingt gernervt.

Ich wusste es, ich bin eine Last für euch alle.

Seufzend zieht mich Aoi hoch und den Flur entlang. Kurz bevor wir die Tür erreichen wird mir kurzzeitig schwarz vor den Augen, ein ganz flaues Gefühl macht sich breit.

Erschrocken reiße ich mich los und stürme ins Badezimmer, lasse mich vor der Kloschüssel fallen. Zitternd halte ich mir die Haare aus dem Gesicht. Egal wie oft ich würge, es passiert nichts.

Nach kurzer Zeit spüre ich Reitas Hände an meinen, wie sie meine sanft von meinem Kopf wegziehen.

„Komm steh auf, kleiner“, bittet er mich lieb.

Unsicher nicke ich und lasse mir von ihm aufhelfen. Etwas schwach auf den Beinen schlinge ich die Arme um ihn und ziehe ihn so näher an mich heran. Mir ist immer noch ein wenig flau, aber die Übelkeit an sich hat nachgelassen.

Leise lachend hebt mich Reitas mühelos hoch. Ich kann gerade noch so meine Arme um seinen Hals und meine Beine um seinen Rücken schlingen.

Es ist ungewohnt, obwohl mich die letzte Zeit so viele Leute herum getragen haben. Die erste Zeit auf der normalen Station hat mich mein Bruder wie oft in das Besucherzimmer getragen. Es war schön, obwohl ich immer eine Gesichtsmaske an hatte.

Schmunzelnd lässt mich Reita neben Aoi auf dem Sofa runter.

„Wenn das nicht unser entlaufener Kater ist“, stichelt Aoi.

Böse funkelnd schaue ich ihn an. Wieso bin ich jetzt ein entlaufener Kater?

„Aoi-chan, muss ich immer noch hier weg? Ich glaub meine Magen würde den ganzen Weg nicht überstehen“, ich lege einen flehenden Unterton in meine Stimme.

Verstehend nickt Aoi und steht auf, verlässt den Raum.

Als sich Reita neben mich hinsetzt, setze ich mich direkt auf seinen Schoß und schmiege mich an ihn. Er ist richtig schön warm.

„Keine Angst, ich hau schon nicht ab“, witzelt Reita.

Kopfschüttelnd spiele ich mit seinen Haaren, zwirbel sie immer wieder zwischen meinen Fingern. Ich habe Reita ziemlich vermisst die letzte Zeit. Das Schweigen zwischen uns ist nicht unangenehm sondern eher das komplette Gegenteil. Ich mag es mit ihm die Zeit zu verbringen und einfach nichts zu tun.

Schmunzelnd kommt Aoi wieder und wirft uns beiden eine Decke über.

„Damit ihr zwei mir nicht erfriert. Du bekommst gleich Besuch, Ru-Chan“, flötet Aoi.

Wer will mich bitte schön jetzt noch besuchen?!

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Disclaimer: keine der oben genannten Personen gehört mir. Auch werde ich hierfür nicht bezahlt



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