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Lunacy of the bloodmoon

von

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Das Mädchen

Das Rauschen des Windes in den ersten Blättern des Jahres und den größtenteils noch kahlen Ästen. Das Knarren von Holz unter der Last einer dicken Schneedecke. Das einsame Krächzen eines Rabens – so hoch im Norden fand man kaum Singvögel, und vor allem nicht um diese Jahreszeit. Das leise Knirschen von Schnee, auf das Gewicht traf, jedoch nicht allzu viel. Und irgendwo, weit entfernt, die fröhlich durcheinander rufenden Stimmen von Kindern.

Das Mädchen zog den Mantel fester um die Schultern und hielt in seinen Schritten inne, warf einen kurzen Blick über die Schulter zurück. Es sollte nun bei den anderen Kindern sein. Eigentlich. Nach dem Glauben der Erwachsenen war es das auch. Es war faszinierend, wie blind Erwachsene doch für die Welt von Kindern sein konnten! Man sagte ihnen, es sei alles in Ordnung, und dann war es das auch. Niemand machte sich die Mühe, auf die Zeichen zu achten. Denn würde ein Kind es jemals wagen, sie anzulügen?

Es war nicht, dass sie anders gewesen wäre als andere. Nur war es bei Kindern immer so, dass es ein Opfer für alle geben musste. Und in diesem Fall hatte es Eleandessa getroffen. Der Grund? Der war schnell gefunden. Neid. Nicht, dass es nicht noch andere gegeben hätte.

Sie war erst vor kurzem zwölf Jahre alt geworden und war recht klein und zerbrechlich für ihr Alter. Damit war sie körperlich zwar relativ schwach, dafür aber umso schneller und gewandter. Lange goldene Locken fielen um ihre Schultern, während ihre Augen in derselben Farbe beinah leuchteten und Fremde im Dorf oftmals dazu brachten, sie im ersten Augenblick für einen Engel zu halten – oder einen Dämonen. Sie war hübsch für ihr Alter, schon fast eine kleine Lady. Die Anziehpuppe und das Ausstellungsstück ihrer ach so stolzen Mutter. Und damit auch leider nicht zu selten – immer öfter in letzter Zeit – Opfer der lüsternen Blicke ihres Vaters, wenn er erst ein paar Schlucke von der Flasche genommen hatte. Wenn es nur bei den Blicken geblieben wäre. Die Frau ließ ihn nicht mehr in ihr Bett, die älteste Tochter war aus dem Haus und die Jüngste wurde noch oft für einen Jungen gehalten. Also musste ’Dessa herhalten. Und so war in dem jungen Herzen schon mehr als genug Hass und Angst gesät.

Der heutige Tag stellte keine Ausnahme dar. Das Mädchen war sich nicht sicher, was das Gefühlschaos in ihrem Inneren bedeutete, und es interessierte sie mittlerweile auch nicht mehr. Einsamkeit tat irgendwann zwar noch genauso weh wie anfangs, aber es war normal. Man gewöhnte sich an alles. Und sie war sich sicher, dass sie eines Tages die Möglichkeit haben würde, sich zu rächen. Keine Träne rann mehr über die reine Haut, kein Schrei kam aus den blassen Lippen. Sie beklagte sich nicht. Niemals.

Im Dorf derweil waren die Erwachsenen momentan voller Geheimniskrämerei. Als wüssten die Kinder nicht, dass morgen die Wintersonnenwende begangen würde. Der Abschied von den langen Nächten und das vorfreudige Begrüßen des Frühlings. Es bedeutete ein großes Fest, das von allen begeistert begangen wurde.

Nun ja. Fast allen.

’Dessa setzte sich wieder in Bewegung, behutsam einen Fuß exakt vor den anderen setzend. Sie achtete nicht darauf, wohin sie ging, Hauptsache, es war weg. Weit weg. Sie war leider zu jung, um fortzulaufen… die einzige Art, auf die sie sich ihr Brot hätte verdienen können, war eine, die sie nach Möglichkeit nicht nehmen wollte.

Nach einer Weile kamen leise Töne über ihre Lippen, wurden lauter und klarer, als die Blonde in einen alten Gesang verfiel. Eigentlich eine Schlafweise, die sie einmal von ihrer Mutter vernommen hatte, und die ihr jetzt in den Sinn kam.

Und irgendwo, gar nicht so weit entfernt, antwortete ihr Wolfsgeheul.



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