Zum Inhalt der Seite

Dreams

Sakito x Ray
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kapitel 1

Die aufgehende Sonne strahlte mir ins Gesicht. Der Morgen war also doch gekommen, obwohl ich mir so sehr gewünscht habe, es würde ewig Nacht bleiben. Das Zimmer wurde langsam hell und ich lag immer noch regungslos in dem Bett und starrte an die Decke. Ich wusste, dass der Tag irgendwann kommen würde. Nein, ich wusste wann er kommen würde. Das rote Kreuz am Kalender hat mich jeden Tag verfolgt.
 

Noch fünf Tage ...

Noch vier Tage ...

Noch drei ...

Noch zwei …

Nur noch einer ...

heute...
 

Mit den Minuten, die ich weiter an die Zimmerdecke starrte wurde der Raum immer heller. Das grelle weiße Licht blendete mich mehr als das warme Sonnenlicht. Plötzlich riss mich etwas aus meinen Gedanken.

"Guten Morgen, Ray!"

Langsam drehte ich meinen Kopf zu Tür und starrte die Frau an, die lächelnd auf mich zukam. Wie konnte sie so fröhlich sein?

"Ich hab extra Pfannkuchen mitgebracht. Lass es dir schmecken."

Sie stellte den Teller auf den Beistelltisch und daneben noch eine Tasse mit heißem Kakao. Ich mochte diese Art von Frühstück und oft hatte sie es mir heimlich gebracht. Kurz darauf war sie verschwunden und ich war wieder allein. Langsam stand ich auf und wankte in das kleine Bad. Hier war kein Fenster, und für einen Moment dachte ich darüber nach, das Licht aus zu lassen. Doch alles um mich her rum war schwarz, warum es also zulassen, davon verschlungen zu werden? Das kleine Spiegellicht erhellte den Raum nicht so gut wie es die Sonne getan hätte, aber ich konnte sehen was vor mir lag.

Das Wasser auf meiner Haut war angenehm und warm, es entspannte mich etwas. Aber es erinnerte mich auch an ein Gefühl, an das ich mich nicht erinnern konnte. Ich hätte Ewigkeiten unter der Dusche stehen können. Schließlich drehte ich das Wasser ab und trocknete mich ab. Mit dem Handtuch um die Hüften ging ich zurück in das Zimmer. Im Schrank hingen die Klamotten die sie mir geschenkt hatte. Ich hatte noch keine Gelegenheit sie anzuziehen, warum auch. Eigentlich wollte ich dazu auch keine Gelegenheit haben, doch nun nahm ich sie aus dem Schrank und zog sie an. Mein Blick fiel erneut auf das Frühstück, das sie mir gebracht hatte. Ich sollte wirklich etwas essen, aber ich hatte keinen Hunger. Mir war wirklich nicht nach essen, obwohl das wohl vorerst die letzte Mahlzeit war. Langsam ging ich zur Tür und griff an die Klinge. Noch einmal drehte ich mich um und schaute mir mein Zuhause noch einmal an. Ab jetzt würde ich keins mehr haben. Schließlich wendete ich den Blick ab und ging aus dem Raum. Ich sollte mich vielleicht noch verabschieden, also schlug ich den Weg zum Schwesternzimmer ein. Als ich in der Tür stand, schauten mich alle anwesenden Schwestern an.

"Ray, du siehst gut aus."

Sie stand auf und ging auf mich zu.

"Komm uns doch mal besuchen."

Sie lächelte und machte Anstalten mich zu umarmen, aber das wollte ich nicht. Ich ging einen Schritt zurück und verbeugte mich.

"Leben sie wohl. Danke für alles."

Dann drehte ich mich um und verließ das Krankenhaus in eine ungewisse Zukunft ohne Vergangenheit. Alles was ich hatte war die Gegenwart.

Es war ein schöner Frühlingstag, aber das konnte mich nicht wirklich aufheitern. Wo sollte ich nun hin? Ziellos streunte ich durch die Straßen und suchte mir einen Schlafplatz für die Nacht. Aber die Stunden verstrichen und langsam ging die Sonne unter. Anscheinend war ich im Vergnügungsviertel der Stadt gelandet, denn überall liefen schräg gestylte Menschen herum. Niemand bemerkte mich und das war mir auch recht so. Ich lief mit gesenktem Kopf mit dem Menge. Wo würden sie mich wohl hinführen? Plötzlich spürte ich einen Wiederstand, gegen den ich lief. Ich verlor das Gleichgewicht und fiel nach hinten.

"Autsch ..."

Als ich aufsah, erblickte ich einen Mann, der kühl auf mich herunter sah. Schnell stand ich auf und verbeugte mich vor ihm.

"Entschuldigung ..."

Wieder vom Strom der Menschen mitgerissen, begann ich zu laufen, aber meine Gedanken, waren immer noch bei dem Zusammenstoß. Der Mann sah trotz des kühlen Gesichtsausdrück wahnsinnig gut aus. Langsam schüttelte ich den Kopf. Wie konnte ich den in meiner Situation auch nur eine Sekunde an so jemanden verschwenden. Ich brauchte etwas wo ich heute Nacht schlafen konnte. Dann könnte ich von dem traumhaftschönen Gesicht träumen, dass ich wahrscheinlich nie wieder sehen würde. Plötzlich packte mich etwas am Arm und zog mich aus der Menschenmenge. Ich drehte mich um und erblickte ihn erneut. Meine Wangen wurden heiß und ich wusste, dass ich rot war als ich ihn so anstarrte. Er erwiderte meinen Blick und ich schluckte leicht.

"Bitte entschuldigen Sie, ich hab nicht aufgepasst."

Meine Stimme war leicht zittrig. Er hatte immer noch den kühlen Gesichtsausdruck und irgendwie hatte ich Angst, dass er nichts Gutes wollte.

"Hast du dir wehgetan?"

Seine Stimme war sanft und bei weitem nicht so kühl wie seine Mimik. Schnell schüttelte ich den Kopf.

"Nein hab ich nicht. Ich hoffe, ich hab Ihnen nicht wehgetan."

Als ich wieder nach unten sah, schüttelte er leicht den Kopf.

"Du siehst nicht so aus, als würdest du hier hergehören."

Ohne dass ich noch etwas Weiteres sagen konnte, zog er mich auf die Straße, da die Ampel an der wir standen, gerade grün geworden war. Was sollte ich den jetzt machen? Wo wollte er mit mir hin? Auf der anderen Straßenseite lief er gegen den Menschenstrom und ich hatte Mühe ihm zu folgen.

"Warte ... wo willst du hin."

Aber er antwortete nicht, sondern zog mich weiter hinter sich her. Nach einigen Minuten waren weniger Menschen auf der Straße und ich hatte keine Probleme mehr ihm zu folgen. Allerdings tat mein Handgelenk auch ziemlich weh. Plötzlich stoppte er, öffnete eine Tür und ging hinein. Da er mich immer noch festhielt, musste ich ihm nach Drinnen folgen. Ich schaute mich um. Das musste eine Art Restaurant sein. Überall standen Tische mit Stühlen und an einigen saßen auch Menschen, unterhielten sich und lachten. Keiner achtete auf uns. Der fremde Mann stoppte vor einem Tisch weiter hinten in dem Restaurant. Er ließ mich los und setzte sich.

"Setz dich ..."

Er sah mich an und zeigte auf dem Stuhl direkt gegenüber von ihm. Ich spürte wie meine Wangen langsam wieder rot wurden. Damit die ganze Situation nicht noch peinlicher für mich wurde, setzte ich mich und sah nach unten. Er schaute mich immer noch an, dass spürte ich.

"Ich bin Sakito.", hörte ich ihn sagen.

Langsam blickte ich wieder auf und sah ihn an. Er hatte sich zurück gelehnt und musterte mich.

"Mein Name ist Ray.", sagte ich leise.

Er wirkte irgendwie einschüchternd. Er hatte immer noch diesen kühlen Gesichtsausdruck, der trotz allem sehr sexy aussah.

"Ray, hübscher Name. Was hast du hier in der Gegend gemacht?"

Ich sah ihn immer noch an. Was sollte ich ihm den jetzt sagen? Das ich obdachlos bin und nicht weis wo ich hin soll, das ich mir einen Schlafplatz gesucht habe?

"Ich hab mich verlaufen."

"Aha ... und wo wolltest du hin? Vielleicht kann ich dir helfen."

Der Mann mir gegenüber sah nicht wirklich danach aus, anderen zu helfen. Außerdem konnte ich ihm nicht sagen wo ich hinwollte, denn das wusste ich selber nicht. Was blieb mir also weiter übrig, als ihm die Wahrheit zu sagen. Er konnte schließlich nicht mehr als mich hier sitzen zu lassen. Ich seufze.

"Also ... ich wurde heute aus dem Krankenhaus entlassen und eigentlich war das mein Zuhause für die letzten Wochen."

Sein Gesichtsausdruck änderte sich nicht, er starrte mich nur weiter an. Ich sah wieder nach unten und seufze erneut.

"Wo hast du früher gelebt? Bevor du im Krankenhaus warst?"

Ich hätte nicht erwartet, dass er bleiben würde und blickte wieder auf.

"Ich weis es nicht. Ich kann mich nur an die letzten Wochen erinnern, seit ich aus dem Koma erwacht bin. Man hat mich in einer dunklen Gasse gefunden. Ich kann mich an nichts erinnern. Nicht mal an meinen Namen. 'Ray' hat mir eine Krankenschwester gegeben, da sie meinte ich hätte so ein inneres Strahlen."

Ganz ehrlich, ich wusste nicht warum ich ihm das alles erzählte. Warum war er eigentlich noch nicht gegangen. Plötzlich stand jemand neben unserem Tisch. Der ältere Mann riss mich aus meinen Gedanken, als er fragte was wir den wollen. Ich schaute erst ihn an, dann den Mann der mich hier hergebracht hatte, dessen Name Sakito war. Er schaute mich ebenfalls an.

"Was willst du essen? Ich lade dich ein."

Ich schaute ihn noch einige Sekunden an, dann sah ich den Mann an der immer noch auf unsere Bestellung wartete.

"Habe sie ... Pancakes ... und vielleicht eine heiße Schokolade?", fragte ich ihn leise.

Er nickte und notierte sich etwas auf einem kleinen Zettel. Dann wand er sich meinem Begleiter zu, der dann nur eine Cola bestellte. Ich wusste nicht, was das war und schaute dem Kellner kurz nach, der schließlich hinter einem Tresen verschwand.

"Ich nehme an, du hast keine Unterkunft und hast im Vergnügungsviertel nach einer gesucht?"

Er interessierte sich für mich? Langsam schüttelte ich den Kopf.

"Nein ... ich bin den ganzen Tag herumgelaufen und bin dann dort gelandet. Ich hatte nicht vor mir dort etwas zu suchen."

Ich hatte den Eindruck, dass sein Gesichtsausdruck freundlicher wurde.

"Ist eine wirklich üble Gegend dort."

Ich nickte leicht, auch wenn ich in Wirklichkeit nicht die geringste Ahnung hatte, aber ich glaubte ihm einfach. Ich biss etwas auf meiner Unterlippe und sah dann nach draußen. Es wurde schon dunkel und ich seufze.

"Eigentlich sollte ich nicht hier rumsitzen ...", nuschelte ich.

Ich würde nichts zum Schlafen finden, wenn ich hier weiter herum saß.

"Du könntest in einem Hotel übernachten.", schlug er dann vor.

"In einem Hotel?"

Ich fühlte mich so dumm und sah nach unten. Ich hatte wirklich von nichts eine Ahnung.

"Ja, da bekommt man ein Zimmer und bezahlt dafür."

Ich schluckte. Von bezahlen hatte ich schon gehört und ich wusste das ich kein ... ach wie hieß das noch mal ... Geld hatte. Ich seufzte und schüttelte den Kopf.

"Ich bin vor einigen Wochen aus dem Koma aufgewacht. Ich hab kein Geld.", nuschelte ich leise.

Für eine Weile starrte mich Sakito einfach nur an. Sein Gesichtsausdruck war wieder kühler geworden.

"Dann schläfst du in meinem Gästezimmer."

Jetzt war ich an der Reihe zu starren. Hatte er da gerade gesagt, dass ich bei ihm schlafen könnte? Ich schluckte und nickte dann leicht.

"Wirklich?", hörte ich mich selbst sagen.

"Wenn du nicht willst, dann lass es."

Schnell schüttelte ich den Kopf.

"Nein ich will. Ich werd dafür auch arbeiten ... und Morgen such ich mir dann etwas anderes."

Ich war wirklich froh, dass er mich mitnehmen würde und lächelte etwas.

"Vielen Dank."

"Nichts zu danken."

In diesem Moment kamen meine bestellten Pfannkuchen, die heiße Schokolade und Sakitos Cola. Ich stellte fest, dass es etwas Dunkles zum Trinken war. Es schien als wäre unser Gespräch beendet, den Sakito nahm einen Schluck von seinem Getränk und sah nach draußen. Ich beobachtete ihn noch eine Weile und fing dann an zu essen. Es schmeckt köstlich. Viel besser als im Krankenhaus. Es gab rote kleine Früchte dazu und eine weiße süße Creme. Das war das Beste, das ich je gegessen hatte. Ich trank einen Schluck von der Schokolade - allerdings zu schnell, denn ich verbrannte mir etwas die Zunge, sagte aber nichts weiter, da Sakito keine Notiz von mir nahm. Vielleicht bereute er es schon wieder mich zu sich eingeladen zu haben.

Als ich fertig gegessen hatte und Sakitos Glas leer war, sah er mich wieder an. Es war derselbe Gesichtsausdruck, mit dem er mich auch schon zuvor immer angesehen hatte. Ich fragte mich wirklich, ob dieser Mann auch anders schauen konnte. Er winkte den Kellner heran und bezahlte die Pfannkuchen und die Getränke. Dann stand er auf.

"Kommst du, oder bist du angewachsen?"

Schnell stand ich ebenfalls auf und folgte ihm nach draußen. Den ganzen Weg bis zu Sakitos Haus schwieg er. Ich machte mir wirklich Gedanken darüber, ob er es immer noch für so eine gute Idee hielt.

"Hier wohne ich."

Wir standen vor einer Villa möchte ich fast sagen. Das Haus war riesig und hatte einen gigantischen Garten. Mir rutschte ein "wow" heraus und erntet dafür von Sakito einen seltsamen Blick. Ich konnte ihn nicht ganz deuten. Hatte er versucht böse zu schauen, oder wollte er ein Lachen unter drücken. Wie er wohl aussah wenn er richtig lachte. Nicht aufgesetzte, sondern richtig aus tiefstem Herzen. Während ich mir ausmalte, wie er dabei wohl aussehen würde, folgte ich ihm ins Innere des Hauses. Er zeigte mir alles.

"Hier ist dein Zimmer. Es hat auch ein eigenes Bad."

Er zeigte auf eine Tür, die sich in dem Raum befand, sicher war dort das Bad, von dem er gerade geredet hatte.

"Diese Tür da ..."

Er deutet auf eine weitere Tür auf dem Korridor.

"... das ist mein Schlafzimmer."

Sakito sah mich lange an und musterte mich von oben bist unten.

"Wenn du Alpträume oder so etwas hast, dann kannst du gern rüber kommen."

Für einen kurzen Moment umspielte ein Lächeln seine Lippen, aber es war nicht das, was ich sehen wollte. Es kam nicht aus seinem tiefsten Herzen. Ich nickte leicht.

"Danke ... Gute Nacht."

Damit verschwand ich in dem Zimmer, das er mir für die Nacht überlassen hatte. Zuerst einmal ging ich ins Bad. Natürlich hatte ich schon heute Morgen im Krankenhaus geduscht, aber ich mochte das Gefühl von Wasser auf meiner Haut. Es gab mir ein seltsames Gefühl von "zuhause sein". Ich zog also meine Klamotten aus und legte sie sorgfältig zusammen. Dann stieg ich unter die Dusche und genoss das warme Wasser, wie es meine Haut hinunter lief. Eigentlich hätte ich Ewigkeiten darunter stehen können, aber ich wusste das Sakito dafür bezahlen musste. Im Krankenhaus war das irgendwie etwas anderes. Schnell trocknete ich mich mit einem Handtuch ab und zog mir meine Shorts und das Shirt wieder zum Schlafen an. Ich krabbelte in das weiche Bett. Es war viel gemütlicher als das, in dem ich bis jetzt geschlafen hatte. Ich kuschelte mich also ins Kissen und in die Decke und war wirklich schnell im Land der Träume.

Kapitel 2

Wie lange ich geschlafen hatte, wusste ich nicht, doch nun lag ich schweißgebadet in dem fremden Bett und starrte an die Zimmerdecke. Mein Atem war schnell und unregelmäßig. Ich hatte gehofft diese Träume würden aufhören, wenn ich aus dem Krankenhaus entlassen werde. Aber das war zu schön, um wahr zu sein. Ich war müde, doch gleichzeitig hatte ich Angst wieder einzuschlafen und erneut davon zu träumen. Langsam beruhigte ich mich wieder und versuchte klare Gedanken zu fassen. Plötzlich fiel mir wieder ein, was Sakito gesagt hatte, bevor wir uns zum Schlafen gehen getrennt hatten.

//Wenn du Alpträume oder so hast, dann kannst du gern rüber kommen.//

Ich schluckte etwas. Hatte er gewusst, dass ich an Alpträumen leide? Sieht man mir so etwas an. Ich biss mir auf meine Unterlippe und überlegte, ob ich sein Angebot annehmen sollte. Vielleicht konnte ich besser schlafen, wenn jemand bei mir war und mir das Gefühl von Sicherheit gab. Aber würde ich mich bei Sakito sicher fühlen? Leise seufze ich. Das einzige, das ich tun konnte, war es auszuprobieren, sonst würde ich am Morgen noch hier wach liegen und darüber nachgrübeln was passieren würde, wenn ich es den täte. Ich stand also auf und ging nur mit Shorts und Shirt bekleidet aus dem Zimmer hinüber zu Sakitos. Höfflich klopfte ich an. Zu meiner Überraschung war ein leises "ja" zu hören. Ich öffnete die Tür vorsichtig und sah in den Raum. Es war stockdunkel und ich konnte nichts erkennen, bis eine Lampe angeschaltet wurde. Sakito saß mit nacktem Oberkörper in seinem Bett und sah mich an.

"Entschuldige ... hab ich dich geweckt?? Du hattest gesagt, dass ich rüber kommen könnte wenn ich Alpträume ..."

Ich schluckte. Er starrte mich immer noch an und ich wusste nicht, ob ich nicht einfach wieder verschwinden sollte. Was musste er nur von mir denken? Ich sah nach unten, um meine roten Wangen zu verstecken, denn ich spürte wie mir langsam wieder heiß wurde.

"Willst du da ewig rumstehen, oder was? Nun komm schon her."

Ich sah auf und ging ein paar Schritte auf das Bett zu. Es war riesig und darin hätten sicher drei Leute bequem Platz gehabt. Vorsichtig setzte ich mich auf das Bett und Sakito hielt mir die Decke etwas zurück, so dass ich darunter krabbeln konnte.

"Du hattest also einen Alptraum?"

Ich konnte nicht mehr tun als nicken. Keiner sagte etwas. Sakito starrte mich an, dass konnte ich fühlen und ich starrte an einen Punkt, von dem ich nicht mal wusste, wo er war.

"Es ist immer derselbe ...", sagte ich schließlich leise.

Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, wie Sakito nickte, aber er sagte nichts weiter. Anscheinend wartete er darauf, dass ich weiter sprach.

"Am Anfang sind da zwei Kinder. Das eine könnte ich sein. Dann ändert sich das Ganze. Zwei Männer liegen nackt in einem großen Bett. Ich bin mir sehr sicher, dass ich einer der beiden bin, auch wenn ich eigentlich keine Flügel habe. Und dann kommt etwas das mir immer Angst macht. Ich sitze in einem riesigen Raum, alle starren mich an und beschimpfen mich. Der Mann der zuvor mit mir in dem Bett gelegen hat ist auch da und beschimpft mich. Und dann falle ich ..."

Ich spürte, wie mein Atem wieder schneller ging und ich krallte mich etwas ins Bettlaken. Ich hatte noch nie jemandem davon erzählt. Gut, ehrlich zugegeben, wem hätte ich es sagen können? Sakito lag immer noch regungslos neben mir.

"Vielleicht ist das etwas aus deiner Vergangenheit."

Ich sah ihn an und biss mir auf die Unterlippe. Darüber hatte ich auch schon nachgedacht. Aber ich konnte mir absolut keinen Reim darauf machen.

„Vielleicht.“

Ich schloss die Augen und blieb ganz ruhig liegen. Plötzlich spürte ich wie Sakito mich zu sich zog und mich in den Arm nahm. Schnell öffnete ich meine Augen wieder, als ich feststellte, dass Sakito nackt war.

„Du … du schläfst nackt?“

Meine Wangen glühten wieder.

„Hast du ein Problem damit?“

Er sah mich wieder mit diesem intensiven Blick an. Ich schüttelte den Kopf und schloss meine Augen wieder, um seinen Blick zu entgegen, den ich trotz allem noch spürte.

„Nein …“, meinte ich dann leise.

Damit herrschte wieder Stille und ich war mir nicht sicher ob Sakito vielleicht wieder eingeschlafen war. Genauso wie ich bewegte er sich keinen Millimeter. Eigentlich lag er da wie tot, aber ich hörte leise seinen Atem.

Wenn ich in dieser Nacht überhaupt geschlafen habe, dann immer nur minutenweise. Ich hatte Angst, dass ich mich irgendwie ungünstig bewegen würde. Ich hatte kein Problem damit, dass Sakito neben mir nackt war, aber ich wusste auch nicht, wie er reagieren würde, wenn ich ihn mehr als nötig berühren würde. Als es langsam im Zimmer heller wurde, war ich erleichtert, dass die Nacht vorbei war. Sicher würde es nun nicht mehr lange dauern bis Sakito aufwachte. Und tatsächlich bewegte er sich nach einer Weile. Ich öffnete die Augen und sah ihn an. Er schaute mich ebenfalls an.

„Guten Morgen.“

Seine Stimme war noch etwas verschlafen.

„Guten Morgen.“, erwiderte ich leise.

Dabei rutschte ich etwas von ihm weg und streckte mich. Ich wollte einfach so tun, als wäre ich auch gerade erst wach geworden, aber er achtete gar nicht weiter darauf. Sakito war aufgestanden und stand nun mit dem Rücken zu mir an seinem Kleiderschrank um sich anzuziehen. Langsam stand ich ebenfalls auf und ging aus dem Raum.

„Ich mache Frühstück.“

Zwar hatte ich keine Ahnung, wie man das machte, aber vielleicht war es nicht all zu schwer. Zum Glück hatte Sakito mir letzte Nacht noch eine kleine Führung durch seine Villa gegeben. Nun stand ich also in der Küche und wusste nicht, wo ich anfangen sollte. Was sollte ich eigentlich zu essen machen? Pancakes? Ich hatte nicht die geringste Ahnung wie man die machte. Ich seufze.

„Magst du Rührei und Speck?“

Ich zuckte etwas zusammen, als ich Sakitos Stimme hinter mir hörte. Langsam drehte ich mich zu ihm um. Er hatte ein enges T-Shirt und eine ausgewaschene Jeans an, Socken trug er keine. Jetzt erst bemerkte ich, dass ich nur meine Shorts und mein Shirts an hatte. Eben das was, ich mir zum Schlafen angezogen hatte. Dessen bewusst wurde ich wieder rot. Die kleine Distanz zwischen uns überwand Sakito als ich einmal blinzelte. Und dann spürte ich auch schon seine Hand auf meiner Wange.

„Irgendwie bist du süß, wenn du rot bist.“

Unsere Blicke trafen sich und ich schaute ihm tief in die Augen. Sie hatte eine eigenartige Färbung. In seinen grauen Augen war etwas Indigoblau und ich glaubte auch kleine Sprenkel Violett zu erkennen. So was hatte ich noch nie gesehen. Zumindest nicht so weit ich mich erinnern konnte, und das war nicht besonders viel.

„Also Rührei und Speck?“

Sakito riss mich aus meinen Gedanken. Er war bereits zum Kühlschrank gegangen und hatte diesen geöffnet. Ich nickte nur schnell.

„Kann ich dir irgendwie helfen?“

Ich wollte nicht bedient werde, schließlich war ich ihm sehr dankbar, dass er mich hier für die Nacht aufgenommen hatte. Also wollte ich ihm wenigstens helfen, wenn ich es schon nicht zustande brachte, selbst Frühstück zu machen. Sakito nickte nur und nahm einige Sachen aus dem Kühlschrank.

„Wenn du möchtest kannst du den Speck in Streifen schneiden?“

Ich nickte leicht und sah ihn an. Dann reichte er mir das Messer und den Speck. Als ich ansetzten wollte hielt er mich zurück.

„Nein warte …“

Er nahm den Speck und das Messer wieder. Sakito legte den Speck auf ein Brett und zeigte mir wie er geschnitten werden sollte. Ich nickte wieder leicht und nahm das Messer wieder in die Hand. Kurz sah ich noch einmal zu Sakito, aber dieser war bereits mit dem Rührei beschäftigt. Ich fing an den Speck zu schneiden. Plötzlich spürte ich einen stechenden Schmerz im Finger.

„Autsch …“

Ich biss mir auf die Lippen und sah zu meinem schmerzenden Finger. Es tropfte rote Flüssigkeit hinaus. Ich schluckte hart. Ich blutete. Blitzschnell stand Sakito hinter mir und drückte mir ein Tuch auf den Finger.

„Raus hier … geh ins Bad da ist Verbandszeug.“

Er presste es mehr zwischen seinen Zähnen hervor und als ich ihn ansah waren seine Augen plötzlich rot. Ich war wie angewurzelt, doch sein Knurren machte mir Angst und ich rannte in das Bad, das sich im Erdgeschoss befand. Sakito hatte es mir ebenfalls am Vorabend gezeigt. Ich verschloss die Tür und atmete tief durch und lehnte mich mit dem Rücken dagegen. Das Tuch in meiner Hand presste ich immer noch auf meinen blutenden Finger. Ich war mir sicher, dass Sakito zuvor noch keine roten Augen hatte. Sie waren grau mit Indigoblau und Violett. Ich atmete tief durch und drückte mich von der Tür ab. Der Verbandskasten war neben dem Schrank über dem Waschbecken. Ich öffnete ihn und nahm eine Packung Pflaster heraus. Ich legte das Tuch weg und drehte das Wasser an, um die Wunde zu säubern. Der Schmerz hatte bereits nachgelassen. Ich spülte das Blut ab und wollte mir den Schnitt ansehen, damit ich wusste in welcher Größe ich das Pflaster schneiden musste. Doch da war nichts mehr zu sehen. Ich sah mir den Finger ungefähr fünf Minuten an um nach dem Schnitt zu suchen, doch da war keiner. Ich war verwirrt und starrte weiter auf meinen Finger. Keine Ahnung wie lange ich so da stand, doch plötzlich hörte ich ein Klopfen.

„Ist alles in Ordnung da drin mit dir?“

Sakito klang wieder normal – naja was für ihn eben normal war. Ich räumte schnell alles wieder weg und weichte das Tuch im Wasser ein. Das Blut daran bewies, dass ich geblutet hatte, auch wenn der Schnitt nicht mehr zu sehen war. Ich lief zur Tür und drehte den Schlüssel im Schloss herum und öffnete sie.

„Ja, es ist alles in Ordnung.“

Ich ging an ihm vorbei zurück in die Küche. Zu meiner Überraschung war das Frühstück bereits fertig, was wohl bedeutete, dass ich eine ganze Weile im Badezimmer war. Sakito hatte sogar den Tisch gedeckt.

„Möchtest du Tee oder Kaffee trinken?“

Ich kannte nur Tee und wählte diesen aus diesem Grund. Zwischen uns herrschte wieder Stille. Niemand sagte etwas. Als ich ihn ansah und unsere Blicke sich trafen, bemerkte ich, dass seine Augen nicht mehr rot waren, sondern ihre vorherige Färbung angenommen hatte. Ich wusste nicht so recht, ob ich ihn nach dem Wechseln der Farbe fragen sollte, aber ich war mir sicher, dass ich mir das nicht eingebildet hatte. Auch Sakito musterte mich, während ich aß.

„In dem Verbandskasten waren Pflaster, warum hast du keines benutzt?“

Er hatte es bemerkt und ich schluckte. Vielleicht hätte ich ein Alibi-Pflaster auf meinen Finger kleben sollen. Meine Wangen wurden wieder heiß.

„Es hatte schon aufgehört zu bluten und ich hab keinen Schnitt gefunden.“, sagte ich leise.

Im nächsten Moment spürte ich Sakitos Hand auf meiner. Er zog sie zu sich und untersuchte meinen Finger, in den ich mich zuvor geschnitten hatte. Anscheinend glaubte er mir die Geschichte nicht. Ich war ja selbst überrascht, dass mein Finger in so kurzer Zeit verheilt war. Sakito ließ meine Hand schließlich los und auch er schien nichts gefunden zu haben.

„Die Ärzte im Krankenhaus meinten auch zu mir, dass meine Wunden schnell verheilt waren. Sie hielten es regelrecht für ein Wunder, dass meine Knochen innerhalb von nur wenigen Tagen wieder zusammen gewachsen waren. Nachdem ich aus dem Koma aufgewacht bin, haben sie mich noch zwei Wochen da behalten. Doch das Einzige, das von meinem Unfall übrig geblieben war, ist meine Amnesie.“

Ich wusste nicht wirklich, warum ich ihm das erzählte, vielleicht wollte ich das schnelle Heilen meines Fingers rechtfertigen. Sakito schüttelte leicht mit dem Kopf und aß weiter, so als wäre nichts passiert.

„Blute einfach nicht mehr in meiner Gegenwart.“, sagte er dann doch schließlich.

Mein Gesichtsausdruck war wohl etwas verwirrt, als ich ihn ansah und sich unsere Blicke wieder trafen. Ich nickte dann nur leicht als er nichts weiter darauf antwortete. Vielleicht konnte er einfach kein Blut sehen, was aber nicht das Wechseln seiner Augenfarbe erklärte. Er war wirklich ein Rätsel für mich. Ich aß mein Rührei und meinen Speck auf und nippte immer wieder an dem warmen Tee.

„Ich bin kein Mensch, Ray, ich bin ein Vampir. Und wenn ich Blut rieche, kann ich mich selten kontrollieren. Ich würde dich töten und um ehrlich zu sein, möchte ich das nicht.“

Als Sakito so plötzlich die Stille wieder durchbrach sah ich ihn geschockt an. Es gab so etwas wie Vampire wirklich? Gut ich war selbst der Meinung, dass ich kein Mensch war. Das hatte ich irgendwie im Gefühl, aber ich hatte nicht den Drang Blut zu trinken. Also war ich wohl etwas anderes, kein Vampir. Ich nickte leicht, denn etwas anderes konnte ich nicht sagen. Sakitos Ehrlichkeit verwirrte mich etwas. Er schien doch nicht so kalt zu sein, wie ich noch am Vorabend dachte.

Als wir dann fertig waren zu frühstücken und das Geschirr abgewaschen hatten – alles wieder schweigend, da ich nicht wusste über was ich mit ihm reden sollte – ging ich wieder in das Zimmer, dass Sakito mir am Vorabend gegeben hatte, um mich anzuziehen. Ich wollte ihn nicht länger als nötig belasten und ging wieder nach unten. „Ich werde dann mal gehen. Vielen Dank, das ich heute bei dir schlafen durfte.“

Ich verbeugte mich und sah ihn noch einmal an. Sakito saß im Wohnzimmer auf dem Sofa und streichelte einen seiner Hunde. Ein wirklich seltsames Bild. Er schaute mich an und stand dann auf.

„Ray, was hältst du davon von, wenn du bei mir einziehst. Es hätte für uns beide Vorteile. Du hättest ein Dach über dem Kopf, und ich hätte jemanden, der sich etwas um meinen Haushalt kümmert und um die Hunde, wenn ich nicht da bin.“

In diesem Moment musste wohl mein Gesicht völlig entgleist sein. Hatte ich da gerade richtig gehört? Sakito, der kühle Sakito, der sich bei Blut nicht kontrollieren konnte und mich trotzdem immer so ansah als würde er mich gleich fressen wollen (seit mirbewusste war, dass er ein Vampir ist, deute ich seinen intensiven und kühlen Blick so) bot mir an bei ihm zu wohnen und das Hausmädchen zu spielen? Er wartet immer noch auf eine Antwort, also nickte ich leicht. Was hatte ich zu verlieren? Ich hatte nichts und das Angebot kam mir gelegen, also nahm ich es an. Und wenn ich nicht in seiner Gegenwart blutete war doch alles in Ordnung.

„Ich würde mich sehr freuen, wenn ich bei dir wohnen könnte.“

Ich verbeugte mich vor ihm und lächelte ihn an.

„Vielen Dank.“

Kapitel 3

Es war nun schon einen Monat vergangen seitdem Sakito mich auf der Straße aufgesammelt und mir nach einer Nacht angeboten hatte, bei ihm zu wohnen, wenn ich mich um den Haushalt und seine Hunde kümmern würde, für die Zeit, die er nicht zu Hause war. Wie ich jedoch feststellen musste, war Sakito oft nicht zu Hause. Meistens verließ er am frühen Abend das Haus und kam erst in der Nacht wieder. Es gab auch Tage, an denen er erst bei Morgengrauen das Haus betrat. Dementsprechend schlief er tagsüber. Aber warum wunderte mich das? Sakito war ein Vampir und diese waren für gewöhnlich nachtaktiv, auch wenn er keine Abneigung gegen Sonnenlicht zeigte. Ich hatte ihn nie gefragt, was er nachts alles trieb. Wir redeten kaum miteinander, da wir uns wenig sahen.

Ich saß in der Küche am Tisch und kraulte einen von Sakitos Hunden, der neben mir auf dem Boden saß, etwas verträumt. Wie jeden Abend hatte ich gekocht. Ich wurde immer besser darin, fand ich. Als mir Sakito aufgetragen hatte etwas in die seine Bibliothek für ihn zu suchen, sind mir einige Kochbücher in die Hände gefallen. Natürlich hatte ich ihn gefragt ob ich sie mir mal genauer ansehen dürfte. Er hatte nichts dagegen. Also hatte ich angefangen einige Rezepte nach zu kochen. Ich bereitet das Essen immer für uns zwei vor, aber er aß selten zusammen mit mir. Schon oft habe ich am Morgen die dreckigen Teller weggeräumt, weil er sich das Essen noch einmal warm gemacht hatte, nachdem er nachts nach Hause gekommen war. Ich warte immer so lange mit dem Essen, bis er in die Küche kam und sich verabschiedete. Es war sozusagen unser abendliches Ritual.

„Du hast wieder gekocht? Was gibt es den heute?“

Ich war völlig überrascht, als sich Sakito mir gegenüber an den gedeckten Tisch setzte. Er sah mich an und legte den Kopf schief. Wahrscheinlich hatte ich wieder einen meiner Gesichtsentgleisungen. Leicht schüttelte ich den Kopf und stand auf um das Essen zu holen.

„Ich hab den mit Schinken und Käse gefüllten Schweinelachs noch einmal versucht. Das letzte Mal ist es ziemlich in die Hose gegangen.“

Ich stellte ihm einen Teller hin, auf dem das besagte Fleisch mit angebratenen Champions und Kartoffeln angerichtet war. Auch ich nahm mir einen Teller und setzte mich wieder.

„Dann lass es dir schmecken.“, sagte ich dann leise, mit einem Blick auf Sakito und einem Lächeln auf meinen Lippen.

Langsam begann ich zu essen und achtete dabei mehr auf meinen Teller als auf Sakito. Zum einen weil ich es einfach nicht gewohnt war, nicht allein zu essen, zum anderen wusste ich nicht was ich sagen sollte. Schweigend aßen wir. Ich hätte mich wirklich gern mit ihm unterhalten, wollte ihn etwas mehr kennen lernen. Wir lebten zwar zusammen, aber ich kannte den Mann bei dem ich wohnte nicht. Das Einzige, was ich wusste, war dass er Sakito hieß, ein Vampir war und das er unglaublich gut aussah. Was? Unmerklich schüttelte ich den Kopf. Ich hatte ihn wieder angestarrt, ohne dass ich es bemerkt hatte. In letzter Zeit erwischte ich mich oft dabei, dass ich ihn heimlich beobachtete, wenn er denn mal zu Hause war. Was dachte ich mir nur dabei? Sakito schien es nicht zu bemerken, oder er ignorierte es. Ich war mir nicht sicher.

„Danke, das war wirklich sehr gut. Auch dein letzter Versuch schmeckte übrigens.“

Ich schaute auf. Lobte er da gerade mein Essen? Zum wiederholten Male – und ich wusste nicht wie oft es schon passiert war – glühten meine Wangen.

„Vielen … vielen Dank.“, sagte ich leise und senkte meinen Kopf zu einer kleine Verbeugung.

Wahrscheinlich hatte der Mann mir gegenüber keine Ahnung was mir dies bedeutete. Sakito lächelte nur.

„Du wirst sicher mal ein guter Koch.“

Er stand auf und fing an den Tisch abzuräumen. Natürlich half ich ihm. Zusammen räumten wir die Küche auf und spülten das Geschirr – wie so oft schweigend.

„Also … was wollen wir heute zusammen machen?“

Zum Glück hatte ich den Teller gerade in den Schrank gestellt, sonst wäre er wohl auf den Boden gefallen. Er wollte seine Freizeit mit mir verbringen? Ich sah ihn nur fassungslos an.

„Aber … musst du den nicht … naja … weg?“

Ich wusste nicht, was er tat, wenn er abends das Haus verließ. Vielleicht ging er feiern oder arbeiten. Oder er traf seine Vampir-Kollegen, wenn es den welche gab und dann ging er vielleicht auf die Jagd. Wie viel Blut Sakito wohl brauchte. Er schien meine Gedankengänge zu erahnen und lächelte etwas.

„Nein ich muss heute nicht arbeiten. Ich habe frei. Und ich dachte mir wir könnten die Zeit zusammen verbringen, natürlich nur wenn du möchtest.“

Wieder schenkte er mir ein Lächeln. Er ging also arbeiten. Langsam nickte ich.

„Ich würde sehr gerne“

Immer noch etwas perplex versuchte ich zu lächeln.

„Sehr schön. Und was möchtest du machen? Wir könnten in einen Club gehen, oder ins Kino. Worauf hast du Lust?“

Dass Sakito so viel redete erlebte ich zum ersten Mal. Kurz überlegte ich.

„Können wir vielleicht an den Strand?“, fragte ich leise.

Vor kurzem hatte ich einen Film gesehen und die Akteure waren an einem Strand. Ich wusste, dass Tokio am Wasser lag und einen Strand hatte, ich war nur noch nie da. Sakito schien über meine Wahl etwas überrascht zu sein, nickte dann aber.

„Warum nicht.“

Er nahm meine Hand und zog mich aus der Küche die Treppe hinauf. Als ich seine Hand spürte, kribbelte etwas in meinem Bauch. Dieses Gefühl war so neu und es trieb mir wieder das Blut in die Wangen.

„Du solltest etwas Anderes anziehen.“

Wir betraten sein Schlafzimmer und er öffnete den Schrank. Zum Glück hatten wir dieselbe Größe und so konnte ich alte Sachen von Sakito anziehen, die er nicht mehr trug. Aber er suchte mir etwas von den Sachen aus, die er noch vor kurzem getragen hatte. Das Shirt, das er mir reichte hatte ich erst heute gewaschen und in den Schrank gelegt und die Jeans hatte er letzte Woche gekauft. Ich sah ihn etwas verwirrt an.

„Nun zieh schon an. Ich bin ohnehin der Meinung, dass wir dir eigene Klamotten kaufen müssen. Wir könnten morgen shoppen gehen, wenn du möchtest.“

Wieder lächelte er und ich zog mich um. Ich hatte kein Problem mich ihm nackt zu zeigen. Ich sah ihn oft nackt, wenn er frisch geduscht aus dem Badezimmer kam, und ich gerade den Flur entlang lief – rein zufällig. Das glaubte ich zumindest. Auch Sakito zog sich etwas anderes an und blickte dann wieder zu mir.

„Gut siehst du aus.“

Er nickte anerkennend und nahm wieder meine Hand. Ich fragte mich ernsthaft, warum er plötzlich so nett war. Sonst hatte ich immer das Gefühl er bemerkte mich gar nicht, aber heute war das anderes und ich wusste nicht warum, aber mein Herz schlug schneller.

Zusammen gingen wir zur Tür und ich zog mir meine Schuhe an, die ich von der Krankenschwester bekommen hatte. Sakito ging mit mir zum Auto und hielt mit die Beifahrertür auf.

„Danke.“

Ich stieg ein. Das war meine erste Autofahrt und ich war schon etwas nervös. Neben mir stieg dann auch Sakito ein und band sich einen Gurt um.

„Anschnallen bitte.“, meinte er dann leise, aber mit einem Lächeln.

Schnell nickte ich und schnallte mich auch an.

Die Fahrt zum Strand dauerte vielleicht eine viertel Stunde und die ganze Zeit war ich total aufgeregt. Zum einen weil es meine erste Autofahrt war und es wirklich faszinierend war, wie alles an einem vorbeirauschte, zum anderen weil es meine erster Ausflug an den Strand war. Ich fühlte mich schon immer zu Wasser hingezogen, warum wusste ich nicht. Und zum ersten Mal – soweit ich mich erinnern kann – würde ich das Meer sehen, also mächtig viel Wasser. Mein Herz schlug schneller und ich schob es auf die Aufregung. Als wir dann endlich da waren, sprang ich aus dem Auto und rannte hinunter zum Strand. Da war dieser Drang den ich plötzlich spürte und dem ich nicht wiederstehen konnte. Auf dem Weg zum Wasser zog ich meine Schuhe und Socken aus, und ließ sie da fallen, wo ich gerade war. Erst als meine Füße im Wasser waren und sanft von den Wellen umspült wurden, stoppte ich. Es fühlte sich gut an, das Wasser auf der Haut zu spüren, auch wenn es nur ein kleiner Teil war. Ich hatte nicht mal das Bedürfnis weiter hineinzugehen. Mit den Füßen im Meer zu stehen reichte mir schon. Wenig später stand Sakito dann neben mir. Er hatte zum Glück meine Schuhe und Socken eingesammelt und neben mich in den Sand gestellt, aber so dass sie nicht nass wurden.

„Du hattest es aber jetzt ganz schön eilig.“

Um ehrlich zu sein, kam mir mein kleiner Sprint noch viel zu langsam vor, aber für Sakito muss ich wie eine Rakete davon gerannt sein.

„Ich weiß nicht, ich hab mich so … angezogen gefühlt.“

Ich wusste nicht wie ich den Drang in mir anders beschreiben konnte. Langsam schaute ich vom Meer zu Sakito, der ja neben mir stand. Er sah mich ebenfalls an. Es kam mir so vor als wollte er etwas sagen, tat es aber nicht. Und bevor ich wieder anfing rot zu werden, weil ich ihn anstarrte, schaute ich wieder zum Meer. Da es bereits dunkel war und erste Sterne am Himmel funkelten, spiegelten sich diese im Wasser. Ich hätte wirklich nicht sagen können, wo der Himmel aufhörte und das Meer begann. Es war irgendwie eins und es gab mir das seltsame Gefühl zu Hause zu sein.

Ich seufze etwas, als ich spürte, dass sich meine Hose mit Wasser vollsaugte. Ich hatte bei der ganzen Eile völlig vergessen die Hosenbeine nach oben zu rollen. Nun hingen sie mit im Wasser und waren nass. Der eine Schritt nach hinten, um aus dem Wasser herauszukommen, fiel mir schwer. Es war als würde ich gegen eine unsichtbare Kraft ankämpfen. Als ich dann endlich im trockenen Sand stand, beugte ich mich nach unten und rieb über den Stoff, der bereits bis zu den Knien nass war.

„Toll …“, murrte ich leise.

Doch dann war da etwas Seltsames. Die Stelle, über die ich gerade gewischt hatte, war plötzlich trocken. Verwundert rieb ich über eine zweite Stelle, diesmal auf dem anderen Hosenbein. Wieder geschah das gleiche. Ich schaute zu Sakito, der mich neugierig beobachte, wie ich feststellen musste.

„Sieht interessant aus.“

Er grinste etwas. Ich wollte ihn schon an maulen, was daran den bitte interessant war, aber dann sah ich etwas anderes, das meine Aufmerksamkeit erregte. Um meine Hosenbeine, schwebten kleine Perlen. Wasserperlen. Schnell schaute ich zurück zu Sakito, so als wäre er der Grund für diese komische Erscheinung. Er war der Vampir von und beiden, wer weiß was er alles konnte. Doch er sah mich nur freundlich an und schien meinen Verdacht bemerkt zu haben.

„Als du über die Hose gerieben hast, sah es so aus, als würdest du die kleinen Wassertropfen aus der Hose wischen.“

Ich hatte mal wieder eine meiner Gesichtsentgleisungen. Das was Sakito da erzählte war doch wohl ein Witz. Wie bitte sollte man Wasser einfach so aus Stoff wischen um ihn damit zu trocknen? Aber meine Neugier siegte und ich widmete mich wieder der Hose die ich anhatte. Langsam – und diesmal wesentlich aufmerksamer – wischte ich mir erneut über eine nasse Stelle. Und tatsächlich das Wasser wurde aus dem Gewebe gezogen und schwebte nun neben mir in der Luft. Blitz schnell drehte ich mich zu Sakito um.

„Wie hast du das gemach??“

Es konnte nur Sakito gewesen sein. Wer den sonst. Wir waren allein am Strand. Nur Sakito und … ich. Anscheinend waren meine Gedankengänge wieder mal offensichtlich, den Sakito lächelte mich sanft an. So ein Lächeln hatte ich noch nie bei ihm gesehen und irgendwie hatte es etwas Mitleidiges.

„Ich?“, fragte ich ihn völlig entgeistert.

„Ich kann so was nicht, also kannst nur du es gewesen sein.“

Sakito nickte und sah mich weiter hin freundlich – und vielleicht auch etwas mitleidig an. Mein Blick richtete sich jedoch wieder zurück auf die kleinen Wassertropfen in der Luft. Langsam hob ich den Finger um einen zu berühren. Er schien wie von mir angezogen zu sein und stieß leicht, aber ohne aus der Form zu geraten, gegen meinen Finger.

„Wow …“

Ich konnte es kaum glauben. War das der Grund warum ich mich so von Wasser angezogen fühlte, weil ich es in einem gewissen Maße, das mir noch nicht so ganz klar war, kontrollieren konnte. Das musste ich ausprobieren. Ich konzentrierte mich auf die vielen Wassertropfen um mich herum und stellte mir vor das daraus eine große Kugel werden würde. Es dauerte nicht mal eine Sekunde, da war genau das eingetreten, was ich wollte. Nun hatte ich keine Zweifel mehr. Ich konnte tatsächlich Wasser formen und kontrollieren. Dann konnte es ja eigentlich kein Problem sein, meine Hose und meine Füße vollkommen zu trocknen. Gedanklich sammelte ich jedes Wassermolekül ein und sammelte es in der Kugel, die in der Höhe meiner Brust schwebte. Wenig später fühlte ich mich wieder sehr trocken und zog meine Socken und Schuhe wieder an.

„Was willst du jetzt damit machen?“

Sakito deutete auf die Wasserkugel. Langsam ließ ich sie, Kraft meiner Gedanken zurück ins Meer gleiten. Ich lächelte etwas und fühlte mich gut. Meine Wasserspielchen fühlten sich so an, wie eine Scherbe meiner Erinnerung, die ich zurückbekommen habe.

„Fahren wir wieder nach Hause? Ich bin doch ganz schön müde.“, fragte ich dann leise, als ich einige Schritte auf Sakito zuging.

Dieser nickte. Zusammen liefen wir zurück zum Auto.

„Ich muss vorher noch schnell auf Arbeit vorbei. Hab was vergessen.“, sagte er beiläufig als er neben mir ins Auto einstieg. Ich hatte nichts dagegen. Ganz im Gegenteil, jetzt wo ich wusste, das Sakito arbeitete, wenn er nicht da war, war ich ganz neugierig, mehr über seine Arbeit zu erfahren. Wir fuhren eine Weile und landeten am Ende im Vergnügungsviertel, da wo wir uns kennengelernt hatten. Sakito arbeitet hier? Was machte er den? War er Türsteher oder so was? Sakito hielt vor einem der Clubs und stieg aus.

„Warte kurz hier.“

Im nächsten Moment war er schon über den Gehweg zum Eingang gerauscht. Die Fenster des Clubs waren mit schwarzen Samtstoffen verhängt und soweit ich das lesen konnte, hieß der Laden schlicht und einfach „K“. Aber irgendwie bekräftigte, dass meine Vermutung, das Sakito als so eine Art Türsteher oder Bodyguard arbeiten musste. Was sollte er auch sonst hier tun? Als er nach fünf Minuten wieder aus dem Club kam und während des Einsteigens eine weise Tüte auf dir Rückbank schleuderte, sah ich ihn an und musste meiner Neugier Luft verschaffen.

„Arbeitskleidung?“

Sakito schloss die Tür und sah mich nur etwas verwirrt an. Ich jedoch ließ mich davon nicht abschrecken.

„Musst du viele rausschmeißen? Ich meine, so als Türsteher hast du doch sicher eine Menge zu tun.“

Sakito startete wortlos den Motor und ich hatte das Gefühl, etwas Falsches gesagt zu haben. Langsam sah ich auf meine Knie und biss mir auf die Lippe. Wir fuhren nach Hause und ich war mir nicht sicher, ob Sakito vielleicht wütend auf mich war, weil ich doch zu neugierig gewesen bin. Ich hätte mich am liebsten dafür geohrfeigt. Schweigend liefen wir zum Haus. Sakito öffnete die Tür und ließ mich vorgehen. Als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, und ich schon auf dem Weg nach oben in mein Zimmer war, um ihm besser aus dem Weg zu gehen, hielt er mich an der Hand zurück und ich drehte mich zu ihm um.

„Ich arbeite nicht als Türsteher, Ray.“

Kapitel 4

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Kapitel 5

In dieser Nacht hatte ich keine Alpträume. Ich träumte gar nicht. So ruhig und friedlich hatte ich noch nie geschlafen, zumindest konnte ich mich nicht daran erinnern. Langsam wachte ich auf als die Sonne mich im Gesicht kitzelte. Ich rieb mir über die Augen und öffnete sie. Als ich mein Gesicht vom Fenster wegdrehte, damit das Sonnenlicht mich nicht blendete, sah ich Sakito, der schlafend neben mir lag. Wie ein Blitz kamen die Erinnerungen an die letzte Nacht wieder. Wir hatten miteinander geschlafen. Hitze stieg mir in die Wangen und mein Herz fing wieder wie wild an zu schlagen, während sich in meinem Bauch wieder dieses seltsames Kribbeln breit machte. Ich konnte ihn immer noch auf meiner Haut und in mir spüren. Um ihn nicht zu wecken, stand ich ganz vorsichtig auf und verließ den Raum. Ich hatte das Gefühl nicht atmen zu können. Draußen lehnte ich mich gegen die Wand und atmete tief ein und aus. Was war los mit mir? Ich stieß mich von der Wand ab und ging schnell in mein Zimmer. Ich schnappte mir ein frisches Badetuch aus dem Schrank und lief hinüber ins Bad. Als ich unter der Dusche stand, hoffte ich, dass ich mich etwas beruhigen würde, aber ich bekam ihn einfach nicht aus meinem Kopf heraus. Ob es ihm genauso ging wie mir? Oder war es ihm egal was letzte Nacht passiert war. Was wenn er dachte es war ein Fehler? Ich wusste gar nicht, wie ich mich ihm gegenüber verhalten sollte. Keine Ahnung, wie lange ich unter der Dusche stand, aber ich konnte mich nicht vor Sakito verstecken ... das würde überhaupt nichts ändern. Ich musste ihm sagen was in mir vorging, vielleicht konnte er mir sagen warum ich so aufgewühlt war. Schnell drehte ich das Wasser aus und schnappte mir das Badetuch. Nachdem ich mich abgetrocknet hatte, zog ich mir etwas an und ging wieder zu Sakito. Er schlief immer noch und ich atmete tief durch. Langsam lief ich zum Bett und setzte mich neben Sakito. Dann wartete ich, bis er wach werden würde, ganz egal, wie lange es dauern würde.

Die Sonne schien schon lange nicht mehr durch das Fenster und endlich regte sich Sakito ein wenig. Wenn er schlief, war es immer so, als wäre er tot. Dann endlich öffnete er die Augen und sah mich an, und ich konnte nicht anders und musste lächeln.

"Hey ...", sagte ich leise und sah weiter auf ihn hinab.

Er schien noch etwas benommen zu sein und rieb sich über die Augen. Dieser Anblick war zu süß, Sakito sah wirklich niedlich aus, so total verschlafen.

"Hast du gut geschlafen?", fragte ich leise, als ich nur ein leises Murren vernahm.

Sakito nickte nur leicht und setzte sich auf.

"Und du?", fragte er nur leise.

Ein ziemlich kaltes Gefühl lief mir den Rücken hinunter und in meiner Brust machte sich ein Schmerz breit den ich nicht kannte. Sakito war ganz verändert, so kalt und abweisend. Vielleicht war er aber einfach nur noch ziemlich müde und ich bildete mir das nur ein. Er schaute mich immer noch an und wartete anscheinend auf eine Antwort.

"Ich ... uhm ... ja, ich hab auch gut geschlafen."

Ich versuchte etwas zu lächeln und sah ihn weiterhin an. Eine Weile schwiegen wir uns wieder an. Dieses bestimmte Schweigen hatte sich schon lange nicht mehr zwischen uns breitgemacht. Leicht biss sich auf meine Lippen und sah auf den Fussboden. Plötzlich traute ich mich nicht mehr ihm zu sagen was in mir vorging. Es schien, dass Sakito es tatsächlich bereute.

"Ich ... mach schnell Frühstück, ja?", fragte ich vorsichtig und schaute ihn wieder an.

Aber ohne eine Antwort abzuwarten, stand ich auf und verließ den Raum. Schnell ging ich hinunter in die Küche um das Frühstück vorzubereiten. Aus Sakitos Bad hörte ich die Dusche. Leise seufzte ich und versuchte etwas runter zu kommen. Ich war so nervös und angespannt, dass ich kaum das Rührei ordentlich braten konnte.

Plötzlich stand auch Sakito in der Küche. Ich hatte ihn gar nicht gehört.

"Ich muss los. Bis später ..."

Gleich darauf war er verschwunden. Ich seufze und ließ das Frühstück Frühstück sein. Hunger hatte ich keinen. Durch das Fenster sah ich Sakito noch nach, bis er nicht mehr zu erkennen war, dann ging ich ins Wohnzimmer. Auf dem Sofa sitzend starrte ich auf den Fußboden. Was sollte ich den jetzt machen? Sakito war total auf Distanz gegangen. Es war für ihn also doch ein Fehler. Warum hatte ich mich auch darauf eingelassen? Heiße Tränen rannen über meine Wangen und schließlich verschwamm alles vor meinen Augen. Dieser Schmerz in meiner Brust war kaum auszuhalten. Kurz überlegte ich, ob ich nicht einfach verschwinden sollte. Aber was würde mir das bringen. Überhaupt nichts. Der Schmerz würde bleiben. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass es jemals wieder aufhören würde.

Irgendwann muss ich wohl eingeschlafen sein. Sanft weckte mich Sakito. Anscheinend war er vor kurzem wieder nach Hause gekommen. Ich setzte mich verschlafe auf und er setzte sich neben mich.

"Ist alles okay mit dir?", fragte er mich dann leise.

Erst wollte ich einfach mit 'ja' antworten, aber dann könnte ich nie das los werden, was in mir vorging. Also schüttelte ich leicht den Kopf.

"Nein ... eigentlich nicht."

Ich biss mir auf die Lippen und traute mich nicht ihn anzusehen. Natürlich hatte ich keine Ahnung wie ich ihm das alles erklären sollte. Ein leises Seufzen entwich meinen Lippen und ich spürte wie er mich ansah.

"Du bereust es ... das wir ... naja ... gestern miteinander geschlafen haben ... oder?", fragte ich dann unsicher und schaute ihn kurz an.

Von Sakito kam keine Antwort und ich schaute wieder weg.

"Das tut weh, Sakito, wirklich ... warum hast du das getan, wenn du es nach bereust?"

Ich kämpfte gegen die aufkommenden Tränen und schloss die Augen. Langsam atmete ich tief ein. Plötzlich hatte ich den Mut alles zu sagen, das ich schon seit längerem mit mir herumschleppte.

"Sakito ... du bist wirklich wichtig für mich. Ohne dich wäre ich nichts. Ich hätte kein Dach über dem Kopf. Du hast mir so viel über das Leben hier beigebracht. Durch dich hab ich das Kochen für mich entdeckt. Und immer wenn du in meiner Nähe bist fühle ich mich wohl. Ich mag dieses Kribbeln in meinem Bauch wenn du mich zufällig berührst, oder mich ansiehst. Mein Herz schlägt immer so verdammt schnell und ..."

Ich musste kurz innehalten und Luft holen. Wenn man einmal einen Anfang gefunden hatte, fällt es einem leichter über seine Gefühle zu sprechen.

"Das gestern ... der Sex ... Ich bereue das, nicht Sakito ... Ich warte jeden Abend darauf, dass du nach Hause kommst und ich endlich zu dir rüber schleichen kann. Ich kann ohne dich einfach nicht schlafen."

Jetzt schaute ich Sakito an und plötzlich wurde mir etwas bewusst. Diese Situation erinnerte mich an eine Szene in einem Film den ich vor kurzem gesehen hatte. Ich schluckte hart.

"Sakito ... ich ... hab mich in dich verliebt, oder?"

Ich biss mir hart auf die Lippe und schaute den anderen erwartungsvoll an. Mit seinen indigoblauen Augen schaute er direkt in meine. Wahrscheinlich starrten wir uns mehrere Minuten so an.

"Sieht ganz so aus ..."

Seine Stimme war leise, kaum mehr als ein Flüstern, und ich hatte kaum damit gerechnet, dass er überhaupt etwas sagen würde. Doch er sprach weiter.

"Ray ... hör zu, ich bereue das von gestern nicht. Aber ich bin mir trotzdem nicht sicher ob es gut war. Glaubst du mir ist nicht aufgefallen wie du jeden Abend gewartet hast, bis ich nach Hause komme und du zu mir kommen kannst? Oder die Blicke, deine ständig geröteten Wangen?"

Er sah mich fragend an und mir schoss das Blut in die Wangen. Leicht schluckte ich und sah weg. Sakito hatte also bemerkt, dass da irgendwas zwischen uns war, zumindest von meiner Seite aus. Denn so wie es aussah, fühlte Sakito nicht das gleiche für mich wie ich für ihn. Leise seufze ich und schüttelte den Kopf.

"Schon okay ... ich hab verstanden", sagte ich leise und sah ihn wieder an, "Lass es uns einfach bei dem belassen wie es ist, okay?"

//Und ich behalte die letzte Nacht als gute Erinnerung//, dachte ich noch.

Es würde mir nicht leicht fallen, so zu tun als wäre nichts gewesen, zumal ich ihm gerade meine Gefühle gestanden hatte.

"Hai ... belassen wir es dabei ...", sagte er leise und stand dann auf, um duschen zu gehen.

Ich sah ihm nach und fühlte wieder den Schmerz in meiner Brust und ich spürte wie die Tränen in mir aufstiegen. Langsam stand ich auf und verließ den Raum. Erst als ich in meinem Zimmer war und die Tür geschlossen hatte, konnte ich meinen Tränen freien Lauf lassen. Mir war egal, ob Sakito mich hören würde oder nicht. Ich wollte einfach nur den Schmerz nicht mehr fühlen. Keine Ahnungen wie lange ich dort an der Tür saß und heulte, doch irgendwann hatte ich keine Tränen mehr. Nach gefühlten Stunden stand ich schwankend auf und musste mich erst mal am Schrank festhalten. Langsam ging ich ins Bad und stellte mich unter die Dusche. Es war mir in dem Moment egal, ob Sakito für das bezahlen musste oder nicht. Ich stand so lange unter dem Wasserstrahl bis ich völlig durch geweicht war.

Die nächsten Tage vermied ich es Sakito über den Weg zu laufen. Wenn er in den selben Raum kam, in dem ich mich aufhielt flüchtete ich regelrecht. Ich konnte einfach nicht in seiner Nähe sein. Doch an diesem Nachmittag entkam ich ihm nicht. Ich war gerade im Wohnzimmer und räumte etwas auf als er hineinkam. Ich war schon wieder auf dem Sprung um den Raum zu verlassen, doch diesmal packte er mich am Arm und hielt mich auf.

"Ray, wir müssen reden."

Ich schluckte leicht und folgte ihm widerwillig zum Sofa, zu dem er mich zog, da er meinen Arm nicht wieder los gelassen hatte.

"Setz dich ..."

Ich gehorchte und setzte mich neben ihn. Sakito schien nach Worten zu suchen, da er eine Weile nichts sagte.

"Ray ... Ich bin mit jemandem zusammen.", sagte er schließlich.

In diesem Moment fiel ich in ein tiefes Loch, das anscheinend keinen Boden hatte. Ich schluckte heftig und versuchte die Tränen, die in mir aufstiegen wieder zu unterdrücken.

"Ich verstehe ...", konnte ich nur leicht zwischen meinen Zähnen hervor pressen.

Dann stand ich auf. Ich hielt es nicht eine Minute länger neben ihm aus. Ich lief aus dem Raum und schloss die Tür hinter mir, bevor ich losrannte und mich in meinem Zimmer verbarrikadierte. Was sollte ich den jetzt machen? Ich konnte hier nicht bleiben, in diesem Haus. Ich wollte ihn nicht sehen wie er glücklich mit dem anderen turtelte und ihn küsste, oder sie nachts hören, wenn sie sich liebten. Aber wo sollte ich denn hin? Außer Sakito hatte ich doch niemanden. Er war mein Zuhause. Meine Brust schmerzte unglaublich, noch viel mehr, als vor ein paar Tagen, nachdem wir miteinander geschlafen hatten. Mit einem verschwommen Blick fing ich an einige Sachen in eine Tasche zu packen. Jetzt stand ich wieder bei null. Immer wieder wischte ich mir über die Augen und bemerkte nicht, dass Sakito hinter mir stand.

"Wo willst du hin, Ray?"

Ich erschrak mich halb zu tote als ich seine Stimme vernahm und schluckte dann heftig. Erneut wischte ich mir über die Augen und drehte mich langsam um.

"Kein Ahnung ... aber ich kann hier nicht bleiben ...", sagte ich leise.

"Hai ...", sagte er dann leise und schien das einzusehen.

Einige Zeit herrschte wieder Stille zwischen uns, bis Sakito wieder das Wort ergriff.

"Ich habe ein kleines Apartment, das ich normalerweise vermiete, im Moment steht es leer, also wenn du möchtest kannst du dort wohnen. Kostenlos natürlich."

Ich schluckte leicht und hätte ihm am liebsten einiges an den Kopf geworfen, aber das würde mir überhaupt nichts bringen. Also sah ich ihn tapfer an und nickte.

"Hai ..."

Dann nahm ich meine Tasche und verließ den Raum. Langsam ging ich die Treppe hinunter zur Eingangstür. Sakito folgte mir. Keiner sagte noch ein Wort. Ich hätte auch nicht gewusst, was ich sagen sollte und eigentlich wollte ich nur noch allein sein. Als wir draußen waren, stieg ich ins Auto und er fuhr mich zu meiner neuen Bleibe. Eigentlich konnte ich froh sein, dass ich trotz allem weiterhin ein Dach über dem Kopf hatte. Das Apartment war nicht weit von Sakitos Haus entfernt. Wie fuhren vielleicht fünf Minuten. Das Haus vor dem Sakito hielt war ziemlich groß. Ich musste den Kopf in den Nacken legen um den obersten Stock zu sehen. Aber es schien eine nette Gegend zu sein. Ich folgte ihm zur Haustür und dann in den Fahrstuhl. Er drückte den Knopf für die 13. Etage und wir fuhren schweigend meiner neuen Wohnung entgegen. Als wir aus dem Fahrstuhl ausstiegen, steuerte Sakito eine der Türen an und öffnete sie mit dem Schlüssel. Dann trat er ein und ich folgte ihm. Im schnell Durchgang zeigte er mir alles. Ich hatte eine Wohnzimmer, ein Schlafzimmer, Küche Bad und sogar einen kleinen Balkon. Eigentlich war die Wohnung ganz nett. Sakito überreichte mir den Schlüssel.

"Der Kühlschrank ist voll, wenn du irgendwas brauchst, meine Telefonnummer ist hier ..."

Er reichte mir ein Handy.

"... eingespeichert und auch im Haustelefon. Also ruf einfach an."

Er lächelte kurz und verließ dann die Wohnung. Als die Tür ins Schloss fiel, wusste ich das ich allein war. Eine ganze Weile stand ich einfach nur vor der verschlossenen Wohnungstür und ein Teil von mir hoffte, dass er wieder kommen würde, oder dass ich aus diesem Alptraum aufwachte. Doch es passierte nichts.

Kapitel 6

Die ersten Tage hatte ich mich nur in meinem Bett verkrochen. Ich konnte nicht schlafen, hatte immer wieder Alpträume und wachte schweißgebadet auf. Doch neben mir lag nicht der Mann der mich sonst immer in den Arm genommen um mich zu trösten und zu beruhigen. Ich war allein. Oft saß ich auch einfach nur unter der Dusche, ließ das Wasser laufen und versuchte den Schmerz zu vergessen, der sich so fest an mein Herz geklammert hatte. Aber das konnte ja schlecht ewig so weiter gehen. Ich konnte nicht mein ganzes Leben einem Mann nachtrauern, der mich nicht wollte. Ich musste meinem Leben einen neuen Sinn geben. Also fing ich an das Haus zu verlassen und die Gegend in der ich nun wohnte zu erkunden. Da ich wusste, dass Sakito meist den Vormittag schlief, weil er nachts unterwegs war, war dies meist die Tageszeit in der ich meine Spaziergänge machte, da ich nicht wirklich damit klar gekommen wäre, Sakito über den Weg zu laufen. Dabei entdeckte ich ein kleines Restaurant in der Nähe, allerdings hatte es immer geschlossen, wenn ich daran vorbei ging. Also hatte ich irgendwann beschlossen abends dorthin zu gehen. Sakito hatte mir nicht nur einen vollen Kühlschrank, von dem ich kaum etwas aß, dagelassen, sondern auch einen Briefumschlag mit ein wenig Geld. Das Restaurant war klein, aber herzlich. Es wurde von einem älteren Ehepaar geführt. Nach meinem ersten Abend dort, war ich oft da. Meinst trank ich nur eine Cola und beobachtete die Leute, die kamen und gingen. Sie lachten und unterhielten sich über dies und das. Eines Tages hing ein Zettel an der Tür.

"Suchen Aushilfe."

Als die alte Frau, die den Service machte, meine Bestellung aufnahm, das wie so fast jeden Abend eine Cola war, fragte ich sie, ob ich nicht den Job als Aushilfe haben könnte. Ich hatte schon lange darüber nach gedacht, mir einen Job zu suchen. Nicht nur weil das Geld, das mir Sakito dagelassen hatte, langsam dem Ende zu ging, nein auch weil ich etwas tun wollte. Als sie mir sagte, dass sie gern jemanden in der Küche hätten, der ihrem Mann etwas unter die Arme greifen würde, war ich hell auf begeister. Und nachdem ich für einige Stunden Probearbeiten die beiden so von mir überzeugt hatte, hatte ich den Job. Das war das erste Glücksgefühl, das ich hatte nachdem ich bei Sakito ausgezogen war. Ich hatte einen Job und konnte von dem Mann noch eine Menge lernen. Gut zwei Monate war es nun her, das mich Sakito mehr oder weniger vor die Tür gesetzt hatte. Mein Leben hatte sich allerdings einigermaßen verbesser. Mein Job machte mir Spaß und das ältere Ehepaar, bei dem ich arbeitet, war wirklich nett zu mir. Zwar hatte ich immer noch Alpträume und Tage an denen ich oft an Sakito denken musste, aber es wurde besser.

Eines Abends kam ich relativ spät von der Arbeit. Ich war total k.o. Ich freute mich schon auf eine heiße Dusche und mein Bett. Vielleicht würde ich auch noch das ein oder andere in meinem Kühlschrank finden. Doch als ich meine Wohnungstür hinter mir zu machte, klingelte es. Ich zuckte zusammen und hielt erst einmal den Atem an. Bei mir hatte es in der ganzen Zeit, die ich hier wohnte nicht einmal geklingelt. Vielleicht hatte sich jemand in der Tür geirrt. Doch es klingelte erneut. Ich kannte niemanden weiter als meine Arbeitgeber und Sakito. Also wer sollte den mitten in der Nacht bei mir klingeln? Ich ignorierte auch das zweite Klingeln. Und verschwand in meinem Badezimmer, zog meine Klamotten aus und stellte mich unter die Dusche. Es war toll das warme Wasser auf meiner Haut zu spüren und schloss die Augen. Wie immer stand ich eine ganze Weile unter dem warmen Nass und hing meinen Gedanken nach. Ich grübelte darüber nach wer wohl bei mir geklingelt hatte. Vielleicht war es auch nur ein dummer Jungenstreich. Irgendwann stellte ich das Wasser ab und nahm mir ein Badetuch. Ich trocknete mich ab und wickelte mir das Handtuch um die Hüften. Dann verließ ich das Badezimmer. Ich hatte weiter kein Licht an, da ich mich in der Zwischenzeit recht gut auch im Dunkeln in meiner Wohnung zurecht fand. Doch heute war irgendwas anders. Als ich in den Flur trat um direkt ins Schlafzimmer zu gehen - Hunger hatte ich doch keinen mehr - fühlte ich mich beobachtet. Ich blieb stehen und schaute mich um. Langsam ließ ich meine Hand zum Lichtschalter wandern und schaltete das Licht an. Mir blieb fast das Herz stehen. Wie angewurzelt stand ich an der Stelle und starrte ihn an. Sakito lehnte an meiner Wohnungstür und sah mich mit deinen indigoblauen Augen an. Der zutiefst verletzte Teil in mir, wollte ihn nie wieder sehen und in meiner Brust machte sich schlagartig wieder dieser Schmerz breit, den ich so gut ich konnte in den letzten Wochen verdrängt hatte.

"Hey ...", sagte er leise und stieß sich von der Tür ab.

Es schien als würde er sich in Zeitlupe bewegen. Er kam auf mich zu, schlang seine Arme sofort um mich und drückte mich fest an sich. Ich schluckte heftig und konnte mich keinen Millimeter bewegen.

"Ich hab dich so vermisst ...", flüsterte er leise.

Ich hatte wirklich keine Ahnung, was ich sagen oder tun sollte. Das war doch ein schlechter Traum. War ich unter der Dusche eingeschlafen? War ich so fertig von der Arbeit? Nein. Der Mann der mich im Arm hielt war wirklich Sakito. Er fühlte sich so an und er roch auch nach ihm. Ich schluckte wieder heftig. Nach all der Zeit stand er plötzlich wieder vor mir und brachte mein ganzes Leben, das ich mir mühsam aufgebaut hatte, durcheinander.

"Ich war schon die ganze letzte Woche, jeden Tag hier, aber du warst nicht da. Heute habe ich einfach beschlossen auf dich zu warten. Ich hab geklingelt, aber du hast nicht aufgemacht also hab ich den Zweitschlüssel benutz.", erklärte er sich leise.

"Ich hab es nicht länger ausgehalten. Ich musste dich sehen, wollte wissen wie es dir geht. Ich hatte gehofft du würdest dich nach ein paar Tagen melden, aber du hast nie angerufen."

Ich stand immer noch wie ein Stein im Flur, nur mit einem Handtuch bekleidet und lag in den Armen des Mannes, den ich immer noch liebte, das wusste ich.

"Du hättest anrufen können.", sagte ich leise.

Eine ganze Weile sagte er nichts, sondern stand einfach nur mit mir dort im Flur. Dann ließ er mich los und sah mich an.

"Lass uns ins Wohnzimmer gehen ..."

Ohne mich noch mal anzusehen oder etwas zu sagen ging Sakito ins Wohnzimmer. Kurz sah ich ihm nach und lief dann aber erst einmal ins Schlafzimmer. Ich wollte nicht nur mit meinem Handtuch um die Hüften neben ihm sitzen. Ich zog mir also etwas über und lief erst dann ins Wohnzimmer. Er hatte es sich auf dem Sofa bequem gemacht. Aus irgendeinem Grund setzte ich mich auf den Sessel und nicht neben ihn. Die ganze Zeit über war sein Blick auf mich gerichtet. Er schien nicht ganz zu wissen, was er sagen sollte und ich wusste ehrlich gesagt auch nicht, was er hier machte. Sorgte er sich einfach um mich weil ich mich nicht gemeldet hatte, wie er es erwartete, oder hatte er mich wirklich vermisst, so wie er es sagte. Was war eigentlich mit seinem Freund? Oder Freundin? Er hatte mir schließlich nur gesagt, das er mit jemandem zusammen sei.

"Wie geht es dir so?", fragte er schließlich.

"Was hast du die ganze Zeit getrieben?"

Ich sah ihn an und wusste gar nicht, was ich darauf antworten sollte. Ich hätte ihm sagen können, dass ich einen Job hatte, dass ich versuchte mein Leben irgendwie in den Griff zu bekommen, dass ich aber immer noch keine Ahnung hatte, wer oder was ich war und dass ich jede Nacht schweißgebadet wach wurde und mich nach seinen schützenden Armen sehnte. Überhaupt sehnte ich mich in schwachen Momenten nach ihm. Es gab Stunden in denen ich einfach losheulte und einfach nicht mehr existieren wollte. Aber dass wollte ich irgendwie nicht. Ich wollte ihm nicht zeigen, wie schwach ich war.

Da er keine Antwort bekam, fing er an zu erzählen.

"Die letzten Wochen waren nicht sonderlich einfach. Ich hab mir wirklich Sorgen um dich gemacht. Und ich hab dich vermisst. Ich hab meinen Job aufgegeben, wegen meiner Freundin. Aber sie hatte nichts besseres zu tun, als mit irgend so einem Typen ins Bett zu gehen. Tja, war schneller vorbei, als das Ganze angefangen hatte. Aber so im Nachhinein, ist es besser so. Wir haben einfach nicht zusammen gepasst. Es fühlte sich irgendwie nicht richtig an."

Er seufze leise und sah mich wieder an. Ich erwiderte seinen Blick, sagte aber nichts, da ich nicht wusste was ich hätte sagen sollen. Überhaupt wusste ich nicht, was das Ganze hier sollte. Was erwartete er den von mir?

"Ray ... es tut mir alles so leid. Ich hätte dir das alles viel früher erzählen müssen. Ich hätte viel eher bemerken müssen, das du mich liebst. Aber ich hab deine Blicke genossen. Ich mochte es, wenn ich dich zum erröten brachte. Ich habe jeden Abend darauf gewartet, dass du zu mir kommst. Ich konnte gar nicht mehr allein schlafen. Ich wollte dich beschützen."

Als er das alles sagte, konnte ich nicht mehr anders. Alles brach aus mir heraus. Alles, was ich in den letzten Wochen verdrängt hatte und nur hin und wieder an die Oberfläche kam, brach in mir aus. Mir liefen die Tränen über die Wangen und ich konnte sie nicht aufhalten. Ich schlang die Arme um meinen Körper und zitterte leicht. Ich wollte eigentlich nicht, dass er mich so sah, aber ich konnte es nicht verhindern. Wenig später spürte ich seine starken Arme, die er um mich legte. Ich lehnte meinen Kopf gegen seine Schultern und heulte einfach nur. Keiner sagte etwas. Das einzige, was mach hören konnte, war mein Schluchzen und Weinen und er hielt mich einfach nur im Arm.

Ich weiß nicht, wie lange ich auf dem Sessel gesessen und geheult hatte. Doch irgendwann beruhigte ich mich wieder. Sakito hatte irgendwoher ein Taschentuch gezaubert und hielt es mir nun hin. Dankbar nahm ich es und wischte mir die restlichen Tränen weg. Erst jetzt sah ich das er vor mir auf dem Boden saß und mich ansah. Vorsichtig nahm er meine Hand wieder und hielt sie ganz fest. Es schien als würde er etwas sagen wollen, aber wusste nicht wie.

"Ray ... ich hab dich wirklich vermisst. Es fehlt mir so, dich in meiner Nähe zu haben."

Wollte er mich jetzt etwa, fragen ob ich zu ihm zurück ziehe, bis er den nächsten Freund oder die nächste Freundin hatte? Ich biss mir leicht auf die Lippen, aber bevor ich etwas sagen konnte, redete er schon weiter.

"Ich würde gern wieder mehr Zeit mit dir verbringen. Lass uns doch einfach mal ausgehen, wenn du möchtest."

Er sah hoffnungsvoll aus und ich biss mir immer noch auf die Lippen. Dann nickte ich vorsichtig. Ich wusste nicht, warum ich dem zustimmte. Er hatte mir mein Herz gebrochen und es schmerzte immer noch sehr. Sakito fing an zu lächeln. Es war so ein ehrliches Lächeln, wie ich es nur selten gesehen hatte.

"Danke ...", hauchte er leise und schien irgendwie erleichtert zu sein.

Eine Weile sagte wieder niemand etwas, wir sahen uns nur an und ich spürte, wie mein Herz wieder schneller anfing zu schlagen.

"Was würdest du den gern unternehmen?"

Ich sah ihn etwas ratlos an. Er schien zu merken, dass ich unsicher war und lächelte etwas.

"Mh~ ... ich könnte dich morgen Abend zum Essen einladen."

Schnell schüttelte ich den Kopf.

"Ich muss arbeiten."

Ich konnte deutlich die Überraschung in seinem Gesicht erkenne.

"Was machst du denn?", fragte er dann neugierig.

"Ich arbeite in einem Restaurant hier um die Ecke."

Sakito nickte nur und er schien wieder zu überlegen.

"Ehrlich gesagt, fällt mir auf die Schnelle nichts passendes für ein Date ein. Aber vielleicht fällt dir bis morgen etwas ein."

Ich schluckte. Hatte er da gerade das Wort 'Date' verwendet. Er wollte sich nicht einfach mit mir treffen, sondern ein Date? Sakito schien zu merken, dass ich nun begriffen hatte, worauf er hinaus wollte. Langsam nickte er.

"Hai ... Ray ... ich würde gern mit dir ausgehen ... so richtig. Ich habe so lange darüber nachgedacht und es tut mir so unendlich leid, dass ich dir so weh getan habe. Bitte gib mir die Chance es wieder gut zu machen ... Lass es mich bitte wieder gut machen. Du bist mir sehr wichtig und ich weiß, dass ich dir jetzt vielleicht Hoffnungen mache, aber vielleicht kann ich mich wirklich wieder richtig verlieben ... in dich."

Ich hörte seine Worte und mein Herz fing an zu rasen. Er wollte es mit mir versuchen? Ich musste etwas schlucken und sah ihn immer noch etwas unsicher an. Dann nickte ich leicht. Was hatte ich zu verlieren? Mehr als wieder in dieses tiefe endlose Loch konnte ich nicht fallen. Jetzt wusste ich, wie es war und ich konnte mich darauf vorbereiten, wenn es wieder so kommen würde. Vielleicht war ich ein kleiner Machorist., aber ich wollte diesen Mann so sehr. Deswegen willigte ich ein.

"Okay ...", sagte ich schließlich leise, auch wenn ich keine Ahnung hatte, was auf mich zukommen würde.

Als ich sein strahlendes Lächeln sah, machte mein Herz einen Sprung. Ich liebte ihn immer noch so sehr. Ich hatte die ganze Zeit nicht aufgehört ihn zu lieben. Die ganze Zeit gehörte mein Herz ihm und ich konnte mir nicht vorstellen, dass es irgendwann ein Anderer haben könnte, da war ich mir sicher. Aber ich wusste noch etwas.

"Ich würde ... trotzdem gern hier bleiben ... und erst einmal nicht wieder zu dir ziehen.", sagte ich leise.

Sakito nickte nur.

"Das ist okay."

Ich war froh, dass er nicht versuchte mir das auszureden. Seufzend lehnte ich mich zurück, sah ihn aber immer noch an. Eigentlich war ich ziemlich k.o., aber ich wollte Sakito nicht einfach rauswerfen. Zumal ich mich so freute, dass er da war. Doch er schien es zu bemerken.

"Hattest einen harten Tag, oder? Du solltest schlafen gehen."

Er lächelte sanft und stand dann auf. Ich wollte ihn schon aufhalten. Aber er hatte recht. Ich sollte wirklich schlafen. Leise seufze ich und stand dann auf. Sakito lief vor mir zur Tür und ich folgte ihm. Bevor er ging umarmte er mich noch einmal.

"Ich freu mich auf morgen.", flüsterte er mir ins Ohr und mir lief ein angenehmer Schauer den Rücken hinunter.

Ich nickte nur.

"Gute Nacht ..."

Dann war er verschwunden. Ich war mir nicht sicher, ob das alles wirklich passiert war, oder ob ich das alles nur träumte, aber in diesem Moment war mir das völlig egal. Nachdem ich noch eine Weile regungslos an der Tür gestanden hatte, ging ich ins Wohnzimmer, um das Licht auszuschalten und verschwand dann im Bett.

Kapitel 7

Das penetrante Klingeln meines Weckers, riss mich am nächsten Morgen schließlich aus meinem tiefen Schlaf. Ich stellte das Gebimmel aus und setzte mich auf. Langsam rieb ich mir über die Augen und verließ das Bett. Die vergangene Nacht schien nicht sonderlich erholsam gewesen zu sein, denn ich fühlte mich schrecklich müde. Am liebsten hätte ich mich wieder ins Kissen gekuschelt und weiter geschlafen, aber das ging nicht. Ich musste in ein paar Stunden auf Arbeit sein und bis dahin hatte ich noch einiges zu tun - Haushalt und so. Doch irgendetwas war an diesem Morgen anders und bevor ich mich fragen konnte, was das wohl war, traf mich die Erinnerung wie ein Blitz. Sakito war am Abend zu vor bei mir gewesen. Ich musste mich erst einmal am Türrahmen fest halten. Langsam schloss ich meine Augen und versuchte tief durch zu atmen. So schlimm war es noch nie. Jetzt fing ich auch noch an zu halluzinieren. Sakito konnte unmöglich hier gewesen sein. Ich hatte mir nur eingebildet, dass er hier war. Es war nur ein Traum. Vielleicht hatte ich deswegen das Gefühl, nicht ausgeruht zu sein. Ich brauchte eine Dusche. Langsam lief ich ins Bad und musste mich immer wieder festhalten. Als ich das Wasser auf meiner Haut spürte wurde es besser. Das kühle Nass lief über meinen Körper und ich hatte das Gefühl es kam etwas Leben in meine müden Knochen. Normalerweise stehe ich nicht so lange unter der Dusche, aber an diesem Morgen brauchte ich das einfach. Als ich endlich das Wasser abstellte, nahm ich mir ein Handtuch und band es mir um die Hüften. Ich wollte das Wasser noch etwas auf meiner Haut spüren.

Bevor ich zur Arbeit musste, räumte ich noch etwas auf und machte mir eine Kleinigkeit zu Essen, die ich aufwärmen konnte, wenn ich heute Nacht nach Hause kommen würde. Ich stellte den Teller in den Kühlschrank und sah dann auf die Uhr. Es war Zeit, dass ich mich fertig machte, sonst würde ich zu spät kommen. Sakito hatte ich in der Zwischenzeit in die hinterste Ecke meines Bewusstseins verbannt.

Im Restaurant war ich dann wieder völlig auf der Höhe. Den gestrigen Abend hatte ich in dem ganzen Stress völlig vergessen. Es war viel los an dem Abend und wir hatten viel zu tun. Ich würde heute Nacht sicher besser schlafen und gar nicht erst auf die Idee kommen von Sakito zu träumen. Kurz nach Mitternacht war Küchenschluss. Zusammen mit meinem Chef säuberte ich die Küche und als wir fertig waren konnte ich Feierabend machen. Ich zog mich um und ging in den Gastraum um mich bei dem Ehepaar, das das Restaurant führte, für heute zu verabschieden. Doch sie waren nicht allein. Ein Gast saß noch an einem Tisch und sah mich an. Mein Herz blieb fast stehen, als ich ihn erkannte.

"Oh, da bist du ja, Ray. Da wartet jemand auf dich. Du hättest uns ruhig sagen können das du heute noch was vor hast, wir hätten dich doch früher Feierabend machen lassen."

Die Frau sah mich freundlich an und ich wusste gar nicht, was ich sagen sollte. Mein Blick wanderte zurück zu Sakito, der aufgestanden war.

"Ich hab doch gesagt, dass wir uns heute sehen. Hast du das vergessen?"

Langsam kam er auf mich zu und nahm meine Hand. Ich war völlig durch den Wind. Träumte ich schon wieder? War ich irgendwo vor Erschöpfung eingeschlafen? Leicht schluckte ich und schaute zu meinem Arbeitgeber.

"Na nun geht schon. Und lass dich bloß die nächsten Tage nicht blicken."

"Was?"

Ich sah sie völlig irritiert an. Wollten sie mich jetzt kündigen? Das konnten sie doch nicht machen.

"Wir haben beschlossen dir etwas Urlaub zu geben, den hast du dir wirklich verdient. Wir kommen ein paar Tage auch ohne dich zurecht."

Ich schluckte leicht und nickte dann.

"Okay ... vielen Dank."

Ich verbeugte mich leicht und verabschiedete mich. Mit einem Grinsen auf seinen Lippen zog mich Sakito aus dem Restaurant. Die Besitzerin verschlossen die Tür und winkte uns noch nach. Ich war immer noch total perplex. Nun stand ich mit Sakito auf der Straße und er hielt immer noch meine Hand.

"Mmh~ du siehst ganz schön k.o. aus."

Er sah mich an und schien dann nach zu denken.

"Eigentlich hatte ich etwas anderes vor, aber ich denke es ist besser, wenn wir einfach nur einen schönen Spaziergang machen. Was meinst du, sollen wir zum Strand fahren?"

Noch bevor ich antworten konnte, zog er mich hinter sich her. Eine Seitenstraße weiter stand Sakitos Auto. Wir stiegen ein und nach einer Viertelstunde Fahrt waren wir am Strand. Ich war schon Ewigkeiten nicht mehr hier gewesen. Der Stand lag einfach zu weit weg von meiner Wohnung. Wenn man zu Fuß gehen würde, bräuchte man eine halbe Ewigkeit und ich hatte ja auch kaum noch Zeit, seit dem ich arbeiten ging. Sakito lief neben mir hinunter zum Wasser. Dort zog er seine Schuhe aus und krempelte die Hosenbeine nach oben. Ich tat es ihm nach. Eine ganze Weile liefen - wie sooft schweigend - nebeneinander her. Doch plötzlich ergriff Sakito das Wort.

"Ich kann mich noch gut daran erinnern, als wir das erste Mal zusammen am Strand waren. Du hast deine Begabung, das Wasser zu kontrollieren, entdeckt, weißt du noch?"

Ich schaute ihn kurz an und nickte.

"Ja ... ich kann mich auch noch gut daran erinnern."

Überhaupt erinnerte ich mich sehr gut an alles, was ich mit Sakito erlebt hatte. Einige Dinge waren detaillierter in meinem Hirn eingebrannt, als mir lieb war. Leise seufzte ich.

"Aber unsere Zeit ist immer noch das Einzige an das ich mich erinnern kann."

Ich hatte immer noch keine Ahnung, was in meinem Leben vor meinem Unfall passiert war. Ich kannte meinen richtigen Namen nicht und ich wusste nicht, wo ich her komme. Das Einzige was mir immer bewusster wurde, war dass ich nicht einfach nur ein Mensch war. Ich war etwas anderes, aber was wusste ich nicht.

Das Wasser umspülte meine Füße und ich spürte Sakitos Blick, der auf mir ruhte. Schließlich nahm er meine Hand wieder in seine und stoppte mich, indem er mich in den Arm nahm. Jetzt war er mir so verdammt nahe. Ich traute mich kaum mein Kopf gegen ihn zu lehnen, aber er drückte mich so sehr an sich, dass ich gar keine andere Wahl hatte.

"Wir finden einen Weg, um Licht ins Dunkel zu bringen.", hauchte er mir ins Ohr.

Seine Stimme war immer noch so erotisch wie früher, und sein Duft berauschte mich etwas. Langsam trat ich einen Schritt zurück und sah ihn an. Er hatte eines seiner seltenen Lächeln auf den Lippen. Ich spürte, wie meine Wangen anfingen zu glühen. Sakito hob die Hand und strich langsam über meine Wange, sagte aber nichts weiter. Ich trat einen weiteren Schritt zurück und löste mich völlig aus seinen Armen. Mein Herz wollte sich so gern wieder auf ihn einlassen, aber mein Verstand schrie die Angst hinaus, die ich hatte. Angst das er mich wieder fallen lassen könnte. Ich ging ein paar Schritte von ihm weg und setzte mich in den Sand. Er folgte mir und legte sich neben mich.

"Wunderschön ...", hörte ich ihn plötzlich sagen.

Ich sah ihn an und bemerkte, dass er in den Sternenhimmel schaute. Langsam lehnte ich mich zurück und bewunderte das Funkeln. Es wirklich wunderschön.

Als ich aufwachte lag ich in meinem Bett. Mein müder Blick wanderte auf die Uhrzeitanzeige meines Weckers. Dann realisierte ich wie spät es war, schnellte nach oben und war hellwach. Warum hatte ich mir den Wecker nicht gestellt? Wie konnte ich das vergessen. Doch die Erinnerung kam schneller zurück als mir lieb war. Sie schlug wie ein Brett gegen meinen Kopf. Ich war die letzte Nacht am Strand ... mit ihm. Mit Sakito. Aber wie bin ich nach Hause gekommen? Ich konnte mich nur noch an die Sterne erinnern, die wir zusammen beobachteten. War ich so müde gewesen, dass ich einfach eingeschlafen war? Hatte Sakito mich nach Hause gebracht? Er hatte schon an dem Abend davor bewiesen, dass er ohne weiteres in meine Wohnung kam. Ich ließ mich wieder aufs Bett fallen und starrte an die Decke. Ich war mir immer noch nicht sicher, ob ich das nicht einfach alles nur träumte. Doch diesmal hatte Sakito Spuren hinterlassen. Als ich mich umdrehte, entdeckte ich einen kleinen Zettel auf dem Nachtschrank.
 

Ich hoffe du hast gut geschlafen. Du schienst wirklich sehr k.o. gewesen zu sein.

Unsere gemeinsame Zeit gestern, war wunderschön für mich und ich würde den heutigen Abend gern wieder mit dir verbringen. Ich hol dich später ab.

Sakito.
 

Eine Weile starrte ich den Zettel an und seufze dann leise. Es war also wirklich wahr. Sakito war Single und wollte mich zurück. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf meine Lippen und mein Herz machte wieder einen kleinen Sprung. Er wollte sich mit mir treffen. Ich wusste, dass er Sonnenlicht nicht sonderlich gut vertrug, er war ja ein Vampire. Also rechnete ich nicht vor Sonnenuntergang mit Sakito. Zugegebenermaßen war ich immer noch ziemlich müde, als das Adrenalin aus meinem Blut wieder verschwunden war. Soweit ich mich erinnerte, hatte ich für die nächsten Tage frei, also hatte ich bis heute Abend nichts weiter zu tun. Der Haushalt war gemacht, Essen stand noch im Kühlschrank. Warum sollte ich nicht noch etwas schlafen können? Ehrlich gesagt hatte ich keine Lust wieder ein zu schlafen, während ich mit Sakito zusammen war.
 

Einige Stunden später klingelte es endlich an der Tür. Ich hatte vor lauter Nervosität einen Graben in meinen Teppich gelaufen. Ich rannte schon zur Tür bevor ich mir dessen bewusst war. An der Tür atmete ich noch mal tief durch und öffnete sie dann. Ich schaute in zwei graue Augen und musste leise schluckte. Schon wieder schoss mir das Blut in die Wangen und ein Lächeln trat auf Sakitos Lippen. Langsam hob er die Hand und strich mir damit sanft über die Wange.

"Hast du mich schon erwartet?"

Er musterte mich von oben bis unten und musste wohl festgestellt haben, dass ich bereits meine Straßenschuhe trug. Ich konnte nichts sagen. Zu meinem Glück wartete Sakito auch auf keine Antwort, denn er redete gleich weiter.

"Also ... wollen wir dann? Ich habe einen Tisch in einem Restaurant bestellt."

Er sah mich auffordernd an und ich konnte nichts anderes tun als Nicken. Schnell zog ich den Schlüssel ab, der immer innen an der Tür steckte und folgte Sakito hinunter, wo sein Auto stand, nachdem ich meine Wohnung abgeschlossen hatte. Er hielt mir die Beifahrer Tür auf und ich stieg ein, ganz gespannt darauf, wo es hingehen würde. Nachdem er sich dann auch ins Auto gesetzt hatte, startete er das Auto und fuhr los. Ich stellte schnell fest, dass wir in Richtung Strand fuhren. und ich weiß nicht ob Sakito Gedanken lesen konnte, oder wie er meine Gedanken sonst erraten hatte, vielleicht war es auch einfach nur Zufall, dass er genau in dem Moment das Wort ergriff.

"Am Strand gibt es ein Fischrestaurant. Du magst Fisch doch immer noch so gern, oder?"

Kurz schaute er zu mir hinüber und ich nickte. Er konnte sich tatsächlich noch daran erinnern, was ich mochte? Das ich gern Fisch aß? Ich war wirklich beeindruckt und wieder fühlte ich, dass mein Herz einen kleinen Sprung machte und meine Wangen heißer wurden und. Doch zu meinem Glück bemerkte er das nicht, da er sich bereits wieder umgedreht hatte und nach vorn auf die Straße sah. Einige Minuten später parkte Sakito den Wagen auf dem Parkplatz des Restaurants und stieg aus. Er war so schnell auf meiner Seite und öffnete die Tür, dass ich nicht mal meine Hand zum Griff bewegen konnte.

"Danke ..."

Ich stieg aus und lief mit ihm zum Restaurant, nachdem er das Auto abgeschlossen hatte. Auf dem Weg dahin nahm er meine Hand und grinste breit, sagte aber nichts und ich auch nicht. Am Empfang wurden wir gleich von einer freundlichen Dame begrüßt, die uns zu dem Tisch begleitete, den Sakito reserviert hatte. Ein Zweiertisch, mit einem Strauß roter Rosen direkt am Fenster, so dass man direkt aufs Meer schauen konnte. Da war ich schon beeindruckt. Sakito bedankte sich bei der Frau, die uns auch gleich zwei Menükarten dagelassen hatte, und zog mir den Stuhl zurück. Ich setzte mich und schaute erst mal aufs Meer hinaus. Der Anblick war fantastisch.

"Gefällt es dir?", fragte er als er sich dann auch gesetzt hatte und eine der Karten nahm.

Er saß mir direkt gegen über und ich nickte leicht.

"Es ist wirklich schön hier."

Ich nahm die andere Karte und öffnete sie. Während wir die Karten studierten und nach etwas suchten, das wir bestellen wollten, sagte keiner von uns ein Wort. Ich war ganz in die Karte vertieft und konnte mich gar nicht so recht entscheiden was ich essen sollte. Das klang alles unglaublich lecker. Ich war regelrecht erschrocken als die Kellnerin kam und wissen wollte was wir denn essen und trinken wollen. Zu meinem Glück bestellte Sakito als erster. Er wählte etwas mit Zander und wollte einen passenden Wein und ein Glas Wasser dazu. Dann schaute mich die Dame fragend an. Schnell schaute ich wieder in die Karte und bestellte das erst das ich sah.

"Ich hätte gern den Lachs ... und auch einen passenden Wein dazu.", sagte ich leise und schloss die Karte. Sie nahm uns diese gleich ab und verschwand dann.

"Ich hätte gedacht, du bestellst etwas anderes.", sagte Sakito lächelnd.

"Ich hätte die ganze Karte essen können, weil ich mich nicht entscheiden konnte", gab ich ehrlich zu und spielte an einem Rosenblatt. Sakito lächelte leicht und nickte dann.

"Die Rosen kannst du dann mitnehmen, ich hab sie extra wegen dir bestellt."

Ich sah ihn für einen Moment überrascht an und schaute mich dann um. Unser Tisch war tatsächlich der einzige auf dem Rosen standen. Ich lächelte etwas schüchtern und nickte.

"Danke."

Sein Lächeln zeigte mir, dass ich mich nicht bedanken musste, aber ich tat es trotzdem. Es war einfach höfflicher. Ich lehnte mich etwas zurück und schaute wieder aus dem Fenster. Man konnte den Horizont gar nicht sehen, weil er mit dem dunklen Wasser verschmolz. Es spiegelten sich einige Sterne im Meer und mir fiel auf das heute gar kein Mond zu sehen war.

"Wir haben Neumond." stellte ich fest.

"Scheint ganz so. Aber so sieht man die Sterne besser."

Ich nickte leicht.

"Wenn du möchtest, können wir nach dem Essen noch einen Spaziergang am Strand machen. Gestern sind wir ja nicht sehr weit gekommen."

Ich drehte meinen Kopf schnell wieder zu ihm und wurde wieder rot.

"Tut mir leid."

Ich biss mir etwas auf die Lippen und schaute kurz nach unten. Mir war es immer noch peinlich, dass ich einfach eingeschlafen war.

"Ich wollte mich noch bedanken, dass du mich nach Hause gebracht hast.", sagte ich leise und blickte wieder auf.

Sakito nickte nur leicht, so als wäre es das Normalste auf Erden. Ich wollte lieber gar nicht wissen wie er mich nach Hause gebracht hatte, ich musste ja komplett weggetreten gewesen sein, weil ich überhaupt nichts mehr mitbekommen hatte. In dem Moment kam die Kellnerin und brachte unsere Getränke. Erst jetzt fiel mir auf, dass Sakito auch Wein trank und ja eigentlich noch fahren musste. Als hätte meine Frage in meinem Gesicht gestanden, lächelte er und schüttelte den Kopf.

"Nur ein Glas, und wenn wir dann noch an den Strand gegen bin ich wieder nüchtern, wenn ich dich nach Hause bringe."

Ich nickte nur. Was sollte ich auch dazu sagen? Sakito wusste was er tut, hoffte ich. Ich nahm mein Glas und schwenkte den Wein darin kurz. Dann roch ich kurz daran und nahm einen Schluck. Sakito beobachte mich dabei und ich wurde etwas rot.

"Bin ich von meiner Arbeit so gewöhnt ...", meinte ich leise zu meiner Verteidigung.

Er tat es nur mit einem Lächeln ab und trank auch einen Schluck.

"Eigentlich hätte es mich nicht überraschen sollen, dass du als Koch arbeitest.", sagte er, als er das Glas abstellte.

"Naja ich brauchte was zu tun. Zuhause ist mir nur die Decke auf den Kopf gefallen. Also habe ich angefangen Spaziergänge zu machen und die Gegend zu erkunden, in die du mich untergebracht hattest. Und dann habe ich das Restaurant entdeckt, die eine Aushilfe gesucht haben."

Ich zuckte mit den Schultern und bemerkte, wie Sakitos Mundwinkel für einen Moment zuckten. Er musste wohl an die Zeit denken, als er mich irgendwie aus seinem Haus ausquartieren musste, weil er ja plötzlich vergeben war. Es sah so aus als würde er gern etwas dazu sagen wollen, ließ es dann aber.

"Es ist schön, wenn es dir da gut gefällt. Ich hoffe die bezahlen gut."

Er grinste, anscheinend um sein schlechtes Gewissen oder was auch immer es war zu überspielen. Ich nickte.

"Das Ehepaar ist wirklich sehr freundlich und ich hab einen Menge Spaß in der Küche. Ich kann dort viel lernen."

Sakito lächelte wieder etwas und nahm noch einen Schluck aus dem Glas. Dann kam auch schon das Essen. Beide Teller sahen wirklich zum anbeißen aus. Während wir aßen sagte keiner ein Wort. Ich war viel zu sehr damit beschäftigt die ganzen Geschmacksrichtungen von meinem Essen zu genießen, als dass ich hätte etwas sagen konnte. Als ich fertig mit essen war, trank ich mein Glas Wein aus, an dem ich immer mal wieder genippt hatte und lehnte mich zurück. Ich sah wieder aus dem Fenster und genoss die Aussicht.

"Hat es geschmeckt?", wollte Sakito dann von mir wissen.

Als ich zu ihm schaute wischte er sich gerade mit der Serviette den Mund sauber und sah mich an. Ich nickte.

"Ja sehr gut ..."

Ein leichtes Lächeln flog über meine Lippen. Kurz darauf kam die Kellnerin wieder und räumte unsere leeren Teller ab, während sie auch fragte, ob es geschmeckt hätte. Wir nickten nur und Sakito bat um die Rechnung und sah mich fragend an.

"Oder willst du noch ein Dessert?"

Ich schüttelte den Kopf und sie verließ unseren Tisch. Wenig später kam sie mit einer Rechnung wieder. Sakito gab ordentlich Trinkgeld und stand dann auf.

"Vergiss deine Rosen nicht."



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (6)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Onkel_Hara
2012-01-03T16:08:47+00:00 03.01.2012 17:08
hossa, ich bin beeindruckt!
ein halbes jahr lange hatte ich kein internet und ich komme dennoch wieder super in die story rein ohne ein vorheriges kapitel lesen zu müssen (ein kompliment an dein schreibstil xD)
joa, ich muss sagen Sakito zieht ganz schön register und auf mich wirkt es ein wenig zu viel auf einmal, wär ich ray, wäre ich skeptisch
ich bin gespannt, wie lange sich ray so bezirzen lässt und ich hab das gefühl als hätte sakito noch nen plan im hinterkopf der mehr beinhaltet als sich mit ray zu versönen/mit ihm zusammen zu kommen
is mir grad nich ganz koscher der herr sakito

ansonsten kaum noch schriftfehler xDDD
scherz, als wenn ich mich an sowas ernsthaft stören würde

grüße
Tosh
Von:  Astrido
2011-12-29T23:22:24+00:00 30.12.2011 00:22
das pairing is eine interessante kombi. wird die band auch noch als solche auftauchen?
ich bin auch neugierig, wieso du ihnen diese feähigkeiten gegeben hast. was will ray mit dem wasser anstellen? ich hatte es ganz vergessen, bis sakito ihn darauf angesprochen hat.
lg
mayura
ps. bitte mach weiter!
Von:  Onkel_Hara
2011-03-15T04:04:46+00:00 15.03.2011 05:04
omg, mir is grad bewusst geworden das hier paar kommis von mir fehlen xD""
tut mich sorry!
aber ich hab erst dieses we wieder ne liebe zum ff lesen entdeckt
und nu gerade jetzt kommen auch überall kapitel~~~
feine sache das
allerdings is sakito gerade keine feine sache...
schlimm schlimm das
aber ehrlich gesagt seh ich grad irgendwie mich in sakito ...
nur das ich nich das glück hatte die chance zu kriegen, bzw. bin ich ein vollpfosten und habs wieder vermasselt xD"
ergo, ich wünschte ich würde auch mal an einen wie ray rankommen
würde mir einiges ersparen xD"
ich mag die geschichte wirklich
und ich finds gut dass sich ray nich völlig in seinem herzschmerz gehen lässt und sich sogar den job gesucht hat

achso, da sind hier und da noch paar unschöne tippfehler, da solltest du vllt noch mal drüber lesen, manchmal is das wort zwar richtig geschrieben, aber es is das falsche wort xD"
und hin und wieder fehlt ne endung
aber das sind nur kleinigkeiten und haben auch keinen wirklichen einfluss auf den lesefluss, man guckt dann nur komisch und setzt sich den satz eben selber richtig

na dann
soviel von mir~
grüße
Toshi
Von:  Onkel_Hara
2010-09-28T14:15:01+00:00 28.09.2010 16:15
öhm... irgendwie find ichs echt seltsam, das ich als einziger kommis schreibe Oo
aber egal~
ich steh auf die story
ich hab zwar jetzt bei der geschichte mit ray am strand irgendwie an avatar denken müssen, aber interessant erzählt isses trotzdem
bleibt nur die frage was genau ray jetzt is Oo

was sakito angeht~
ich bin nicht ganz sicher, als was er da denn nu arbeitet
ich tippe darauf, das er den club besitzt

greetz~
der chaotenking
Von:  Onkel_Hara
2010-05-15T21:43:41+00:00 15.05.2010 23:43
jaaaaaaaaaaaaaa xDDD
ich habs mir schon gedacht, als Ray sich geschnitten hat xDDD
Sakito isn Vamp x3333
lange nichts mehr mit Vamps gelesen xD"
Find ich coooooooool ~~ xDDD
und Ray isn Engel >.<
Sag ich jetzt einfach, schließe ich aus seiner Wundheilunsfähigkeit, dem Alptraum, wo er von Flügeln geredet hat und deinem FA zu Ray xD"
muss einfach so sein xD
ich mag das Kapitel xD
die sind irgendwie lustig zusammen xD
ich schätze mal, Sakito is entweder generell nich gesprächig, oder er weiß genauso wenig wie Ray, was er groß sagen soll xD"""
das is son richtiges keine-ahnung-was-ich-sagen-soll-schweigen xD"

freu mich schon aufs nächste KApitel ^^
lg
toto~
Von:  Onkel_Hara
2010-05-07T17:28:39+00:00 07.05.2010 19:28
also ich find die story bis jetzt wirklich sehr schön geschrieben ^^
mir gefällt Ray in seiner Rolle xD
und Saktio würde mir genauso suspekt vorkommen wenn ich Ray wäre Oo
vor allem wird dies durch deine Erzählperspektive unterstrichen
macht aus Sakito ein ziemliches mysterium
ich bin wirklich gespannt wie es weiter geht
und ob Ray es schafft Sakito ein Herzenslachen zu entringen

lg
Toto


Zurück