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Nakama sind unantastbar

Ace x Marco
von

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Alles oder nichts

Marcos Geständnis hallte noch immer in Ace Gedanken nach, aber er sah sich außer Stande darauf zu reagieren. Es war als hätte er die Worte zwar gehört, aber gleichzeitig ihren Sinn nicht erfasst.
 

Das war einfach so surreal.
 

Unter allen von Ace halbherzig zusammengesponnen Szenarien gab es keine einzige, in der ihm Marco nur annähernd so offen gegenüber stand. Oder in diesem realen Fall gegenüber saß.
 

Es wunderte den jungen Mann gewaltig, dass sein Vize auf einmal all seine unnahbare Vorsicht fallen ließ. Er fragte sich, ob der Blonde es wohl endlich ernst meinte. Doch im selben Moment begriff der Feuerbändiger, dass er nur zu bereit war, zu glauben, was auch immer Marco ihm erzählen würde. Das ärgerte ihn. Nach allem was vorgefallen war, wäre es doch legitim gewesen, dass er ihm misstraute – aber das komplette Gegenteil war der Fall.
 

Vielleicht lag es daran, dass sie trotz allem im selben Boot saßen und es kaum noch Ausweichmöglichkeiten gab, überlegte Ace. Oder es war schlicht das Urvertrauen in die Flammen des anderen. Erwartungsvoll sah er wieder zu Marco herüber, der nur auf diese Geste gewartet zu haben schien. Denn sofort begann er zu sprechen:
 

„Es ist nicht so, dass ich es nicht versucht habe. Es gibt tausend Gründe, warum ich mich auf gar keinen Fall zu dir hingezogen fühlen dürfte. Abgesehen davon, dass es verboten und gefährlich ist, bin ich zu alt. Dazu noch dein Mentor. Ein solches Verhältnis ist weder moralisch vertretbar, noch gesund. Für keinen von uns. Ich habe wirklich lange versucht die ungeheuerliche Anziehung, die du auf mich ausübst, zu ignorieren. Aber vom ersten Moment an, als du unseren Käpt’n an den Kragen wolltest, war ich fasziniert von dir und deinem Feuer.“
 

Marco holte tief Luft und spürte, wie die Barriere, die ihn bisher davon abgehalten hatte Ace oder jemand anders ins Vertrauen zu ziehen langsam zerbrach, wie ein Deich, dessen Kapazität erschöpft war und von dem nun eine Katastrophe ausgehen würde. Der blonde Mann verstand, dass er sein Limit erreicht hatte. Er hatte weder eine Wahl noch die Möglichkeit seine Gedanken danach zu bewerten, ob sie für Ace Ohren bestimmt waren und ob dieser damit umgehen konnte. Sein Kleiner und auch er würden mit der harten Wahrheit und ihren unsäglichen Konsequenzen leben müssen.

Alles oder nichts.
 

„Der Junge sitzt da und hört dir zu. Er hätte längst gehen können, aber er hat es nicht getan und wird es nicht tun. Also reiß dich zusammen! Erklär ihm, wie sich unsere Gefühle entwickelt haben!“, befahl der Phönix in gewohnt geschäftsmäßiger Art. Einerseits war Marco für den Halt dankbar, andererseits war es nur recht und billig, schließlich war das Feuertier an der Situation nicht unschuldig. Das protestierende Fauchen ignorierte er gekonnt und sucht den offensichtlich gespannten Blick des Feuerbändigers.
 

„Den ersten handfesten Beweis für meine hoffnungslose Lage bekam ich, als du fast ertrunken wärst. In diesem Augenblick stand für mich alles auf Messers Schneide. Es war so lächerlich, verstehst du? Ein paar Wochen zuvor kannte ich dich nur aus Zeitungen, dann plötzlich hing meine eigene Existenz völlig von deinem Überleben ab. Salmac war so wütend, dass ich die Wiederbelebung allein durchgeführt hatte und auch nachdem du wieder begonnen hattest zu atmen, niemand an dich heranließ. Jetzt glaube ich, dass ich damals schon verloren hatte.“
 

„Marco hat mich damals wiederbelebt?“, fragte sich der Feuerteufel überrascht in Gedanken. Vor seinem inneren Auge erlebte der junge Mann die schrecklichen Sekunden im Meer erneut. Er war immer tiefer gesunken und hatte währenddessen begriffen, dass ihn niemand mehr retten wollte. Kurz darauf hatte er das Bewusstsein verloren. Das nächste, woran Ace sich erinnern konnte, war, dass er mit trockener Kehle und diesem fauligen Geschmack auf der Zunge aufgewacht war. Er musste zuvor viel Wasser geschluckt und wieder ausgespuckt haben.
 

Man hatte ihn zwar in eine Decke gehüllt, doch wie jedes Mal wachte er allein auf. Diese Einsamkeit war schmerzhaft gewesen, denn zumindest von seiner vormaligen Crew, hatte er erwartet, dass sie sich um ihn sorgten. Erst viel später hatte er die Zusammenhänge begriffen, nachdem ihm seine ehemalige Mannschaft ihre Sicht der Dinge offenbart hatte. Die Abmachung lautete, dass niemand den Feuerbändiger überreden oder anderweitig Druck auf ihn ausüben sollte. Whitebeard hatte darauf bestanden, dass Ace von allein zur Vernunft kommen sollte und die Spade-Piraten waren einverstanden gewesen.
 

Dafür war Marco da gewesen und manchmal auch Thatch.
 

Aber der blonde Mann hatte ihm Essen gebracht und zumindest versucht mit ihm zu reden. Obwohl dem Vize wenig Erfolg beschieden war, hatte er ihn nicht aufgegeben. Zunächst hatte Ace geglaubt, dass seine Fürsorge zur niederträchtigen Taktik der fremden Mannschaft gehörte, um ihn zu demütigen.
 

„Hast du mir deswegen immer Essen gebracht und dich in meiner Nähe aufgehalten?“, fragte der junge Kommandant leise, völlig in sich gekehrt und konnte sich nicht entscheiden, ob er die Antwort überhaupt hören wollte. Die Bedeutung seiner Frage schockierte ihn sehr. Schließlich hatte er es nicht verdient. Abwartend sah er Marco an und erkannte das kleine Lächeln auf seinen angespannten Gesichtszügen. Er hat vor diesem Gespräch ebenso viel Angst wie ich, erkannte Ace.
 

„Ja, ich wollte bei dir sein und dir helfen. Natürlich habe ich es damals noch als meine ehrbare Pflicht abgetan, obwohl ich keinen direkten Befehl von Pops hatte. Doch jetzt weiß ich, dass ich dich einfach nicht aufgeben wollte. Leider konnte ich es damals nicht einsehen. Deswegen habe ich mir wenig später – als du mein Bruder wurdest - eingeredet, dass es besser wäre nicht in deiner Nähe zu sein, was wiederum eine irrationale, fiebrige Sehnsucht nach sich zog. Ich war die ganze Zeit getrieben von den widersprüchlichen Gefühlen für dich und meiner Scham Whitebeard sowie der Crew gegenüber und der Angst einsehen zu müssen, dass ich versagen und nicht nur mich selbst abgrundtief enttäuschen würde. Wieder.“, fuhr der Ältere mit gefasster Stimme fort und hoffte inständig, dass er seinem Kameraden seine Misere begreiflich machen konnte.
 

Ace schwirrt der Kopf. Er hatte nie erwartet, dass Marcos Gefühle, oder wie auch immer er das nennen sollte, für ihn so früh aufgekeimt waren. Für ihn war bisher viel wahrscheinlicher gewesen, dass der Vize aus einer überheblichen Laune heraus gehandelt hatte. Währenddessen hatte er sich seit seinem Beitritt insgeheim gefragt, wie er wohl Marcos Anerkennung ernten konnte. So absurd der Gedanke auch gewesen war, mochte er es in der unmittelbaren Nähe des anderen zu sein und er hatte zweifelsohne darunter gelitten, als sein Mentor sich von ihm zurückzog. Dies hatte aber gleichzeitig dazu geführt, dass er sich erst recht zu dem älteren Mann hingezogen gefühlt hatte und praktisch alles für dessen Aufmerksamkeit getan hätte, überlegte der Feuerbändiger.
 

Dabei fiel ihm sein Ausflug mit Zangoy und Birdie ein. Schon lange brannte - sozusagen - eine Frage zu einem Bild in seinem Kopf auf der Zunge, die er bisher nicht hatte stellen wollen. Hatte er Marco wirklich an Deck geküsst?
 

„Bei meiner Efeupilzvergiftung…“, unsicher sah er zum Blonden hinüber und beobachtete, wie sein gequälter Blick auf den Boden fiel, bevor er ohne Aufzusehen antwortet:
 

„Bitte hör auf. Das waren die schlimmsten Stunden der letzten Jahre. Ich dachte wirklich, du würdest diesmal sterben. Du kannst dir nicht vorstellen, was wir alle durchgemacht haben. Nachdem du an Deck zusammengebrochen warst, war das reinste Chaos ausgebrochen. Als das Rätsel gelöst war, war ich heilfroh eine Ausrede gefunden zu haben, bei dir bleiben zu dürfen. Denn ich wäre weder psychisch noch physisch in der Lage gewesen, dich allein zu lassen. Ein paar Stunden später sollte mich Birdie für eine Weile ablösen und ich hätte ihm am liebsten dafür Kielholen lassen. Der Junge hat einiges aushalten müssen.“
 

Der Feuerbändiger fühlte sich bei diesem weiteren Geständnis richtig merkwürdig. Sein Herz schien sich nicht mehr beruhigen zu können. Ihm war tatsächlich nicht klar gewesen, wie sehr sein Vizekäpt’n unter den lebensbedrohenden Situationen gelitten hatte. Dem war ganz offensichtlich so, schließlich las Ace in dem mitgenommenen Blick seines Gegenübers keine Lüge, sondern nur eine aufrichtige Resignation.
 

Um bei der Wahrheit zu bleiben, Ace hatte nie im Leben damit gerechnet, dass Marco bis dahin auch nur einen zweiten Gedanken an ihn verschwendet hatte und geglaubt, dass der Ältere ihn mehr als Hindernis betrachtet hatte. Gleichzeitig konnte er nicht leugnen, dass es ihn auf irgendeine absurde Art glücklich machte. Schuldbewusst rückte er näher zu seinem Gegenüber, der die Geste überrascht verfolgte. Es kostete Ace einige Überwindung den Vize direkt anzuschauen, als er leise sagte:
 

„Es tut mir leid, dass du wegen mir so viel Ärg-…“
 

Mit einem energischen Kopf schütteln unterbrach Marco ihn:
 

„Jetzt hör aber auf. Die Vergiftung hast du dir ja keineswegs mit Absicht zugezogen. Dasselbe gilt für alles andere, was vorgefallen ist. Also brauchst du dich auch nicht schuldig zu fühlen.“
 

„Ach, aber du darfst das?“, provozierte Ace plötzlich mit angriffslustiger Stimme und die Atmosphäre zwischen ihnen schlug mit einmal um. Dem Feuerbändiger reichte es jetzt. Er hatte es so satt, dass Marco ihn nicht ernst nahm. Seine Worte zeigten die gewünschte Wirkung. Denn der Ältere zog verärgert die Augenbrauen zusammen, aber er ließ ihm keine Gelegenheit um zu Wort zu kommen:
 

„Du hast mir den ganzen Kram, von wegen wir dürfen das nicht, schon einmal erzählt und zwar nachdem wir auf Tyross die Nacht zusammenverbracht hatten. Für einen winzigen Augenblick habe ich dir sogar geglaubt und war versucht meine…Wünsche…zum vorgeblich Besten zu ignorieren. Dann hast du mich wieder geküsst und einfach stehen gelassen. Es hat dich mit Nichten interessiert, wie es mir dabei ging oder wie ich klarkommen sollte.“
 

Marco schluckte hörbar, so deutlich war Ace noch nie geworden. Das stimmte, der Jüngere war kein Freund der großen Worte, sondern eher der Taten. Umso mehr irritierte der Ausbruch den Vizekäpt’n.
 

Der Feuerbändiger hingegen fühlte sich scheußlich, weil gerade der letzte Vorwurf ihn so unglaublich schwach hatte klingen lassen. Er atmete tief durch und bemühte sich abzuwägen, wie er sein Gesicht wahren konnte. Nur wenn er dem blonden die Möglichkeit gab ihm alles offen zu legen, konnte dieser umgekehrt ebenfalls mit der Wahrheit umgehen. Vielleicht würde ihm das endlich begreiflich machen, dass seine herablassende, kontrollierende Art fehl am Platz war.
 

Wiederum, wenn Ace ihm aufzeigte, wie sehr er unter den jeweiligen Situationen gelitten hatte, konnte Marco im schlimmsten Fall darüber lachen und sich von ihm abwenden. Wollte Ace also wirklich das Risiko dieser möglichen Demütigung eingehen?
 

Sein Stolz riet ihm davon ab, aber dafür war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. Es stand schließlich schon alles auf Messers Schneide. Er hatte kaum etwas zu verlieren, daher fuhr er fort:
 

„Ich war hin und hergerissen zwischen Trauer und Wut darüber, dass ich dir nichts bedeutete, obwohl ich mir keinen Reim darauf machen konnte, was wirklich los war. Verdammt! Sogar unsere Feuer reagieren auf einander! Ich habe mir geschworen nie etwas in meinem Leben zu bereuen und daran halte ich fest, auch wenn du es mir nicht einfach machst.“
 

Ace machte eine Pause, als ihm klar wurde, dass seine Stimme ziemlich kindisch und trotzig klang. Aber was sollte er denn noch vor Marco verbergen? Außerdem sollte der Ältere verstehen, dass der Feuerbändiger auch andere Seiten hatten. Trotzdem fuhr er in einem gemäßigteren, vernünftigeren Ton fort:
 

„Jeden Versuch mit dir zu reden hast du abgeblockt. Dazu kam noch mein Versagen bei dem Zusammenstoß mit den Sonoheckpiraten. Doch du hast mich nicht mal richtig angesehen und mich wieder wie ein Kind behandelt. Davon abgesehen, dass du mich nie in meine Divisionspflichten eingewiesen hattest. Dein ständiges ‚Such dir ein Mädchen‘-Mantra hat für mich erst dann einen Sinn ergeben, als mir Thatch gesagt hat, dass Juliette deine Geliebte wäre. Was glaubst du wie es war, zu glauben, dass du mich nur für eine schnelle Befriedigung gebraucht hast? Was denkst du, wie nah ich dran war an ihr meine Enttäuschung und den ganzen Frust auszulassen? Ich habe ihre Sachen in meiner Kajüte verbrannt! Du siehst, ich habe genug Dreck am Stecken. Also tu bitte nicht so, als wäre ich nur ein Statist in dieser Misere.“
 

Das war wahrscheinlich die längste Rede, die der der junge Kommandant jemals gehalten hatte. Weder die Wortwahl noch die Art, wie er sie hervorbrachte, waren wirklich bemerkenswert und für jeden anderen Zuhörer wären sie nichts als überzogen vorwurfsvoll gewesen. Doch für Marco bedeuteten sie viel mehr. Allein der verletzte Ausdruck in den dunklen Augen zeigte ihm die tiefe Verzweiflung seines Schützlings über sein vorgegebenes Desinteresse auf.
 

Aber das war nicht alles, da war noch mehr. Marco hatte diesen leeren Ausdruck schon öfter gesehen. Als Ace Tag für Tag allein an der Reling saß, um sich die Wunden seines erneut gescheiterten Angriffs auf Whitebeards Leben zu lecken, immer dann wenn er oder Thatch mit ihm zu sprechen versuchten oder als der Junge viel später noch einmal nachhakte, wenn Marco ihn bereits abgewiesen hatte.
 

Zum wiederholten Mal kam es dem Vize vor, als würde sich Ace diese emotionalen Schmerzen selbst zufügen wollen. Wenn er es recht bedachte, war dieses Zeichen seines stillen Unglücks mit der Zeit weniger geworden oder der Junge war einfach nur geschickter geworden, seinen Kummer zu verbergen.
 

Was konnte ihn nur so quälen?
 

„Das ist deine Chance es herauszufinden.“, flüsterte der Phönix und wandte sich aufgeregt in Marcos Brust. Endlich wurde es wieder spannend. Einem kleinen Impuls folgend ließ sich der Ältere vom Bett auf die Knie sinken, sodass er direkt neben Ace war und zu ihm aufsehen konnte. Er wollte versuchen ihm so etwas wie Demut zu suggerieren und trotzdem wieder ein bisschen Nähe zwischen ihnen aufkommen zu lassen.
 

„Hey Ace, sieh mich an. Kann es sein, dass es egal ist, wie oft ich mich entschuldige oder wie sehr ich mich bemühe zu erklären, wie viel du mir bedeutest?“, fragte Marco leise und ganz sanft.
 

Ace Kiefer begannen zu mahlen und er kämpfte offensichtlich mit seiner Fassung. Doch er wehrte sich nicht als der Ältere damit begann seine Haarsträhnen aus dem sommersprossigen Gesicht zu streichen. Die leichte Berührung tat gut. Sie erinnerte ihn daran, wie schön es gewesen war, wenn sie allein waren. Besonders nachdem Jules wieder weg war und sie trotzdem weiter ein Zimmer teilten. Aber reicht das, um ihn ins Vertrauen zu ziehen?
 

Natürlich vertraute der Feuerbänder Marco auch jetzt noch. Trotzdem hatte er Angst, was passieren würde, wenn er sein schlimmstes Geheimnis preisgab. Er hatte es lange gut in den Abgründen seines Seins versteckt und verschwiegen. Doch wie damals, als er Pops davon unterrichten musste, weil er sich schämte sich in die Crew als Feind eingeschlichen zu haben, wuchs der Druck und der Wunsch es seinem Mentor einfach zu sagen. Sich seine schwere Last von der Seele zu reden – nicht mehr damit allein umgehen zu müssen - ohne Rücksicht auf Verluste, aber es stand zu viel auf dem Spiel, oder?
 

Andererseits, was erwartete er sich wirklich davon? Trost? Hatte er das überhaupt verdient? Resigniert unterbrach er die destruktiven Gedanken. Sie hatten ihm gerade noch gefehlt.
 

Jetzt galt alles oder nichts.
 

Ace holte tief Luft, was er seinem Freund offenbaren würde, konnte alles zerstören.
 

Nach kurzem Zögern nahm er allen Mut zusammen:
 

„Ich bin der Soh-…“
 

„Ich weiß.“, unterbrach Marco ihn fast schon ungeduldig, als er endlich begriff, was mit seinem Schützling los war. Verständnislos starrte der Feuerbändiger ihn seinerseits an. Woher wollte er das wissen? Manchmal war die Arroganz des Vizekäpt’ns nicht zu ertragen. Eben dieser schien seine stumme Frage verstanden zu haben, denn er fuhr fort:
 

„Als du nach einiger Zeit als Crewmitglied Pops um eine private Unterhaltung gebeten hast, dachte ich, du wolltest dich über mich beschweren. Es tut mir leid, dass ich auch noch gelauscht habe, als ich begriff, dass es nicht um mein distanziertes Verhalten ging.“, betroffen sah der Ältere zu Boden, ließ jedoch seine Hand auf der Schulter der Feuerfaust und wartete insgeheim auf eine Reaktion seines Gegenübers.

Fassungslos starrte Ace auf Marcos schuldbewusste Haltung. Er verstand die Welt nicht mehr. Warum beunruhigte es den Vize mehr, gelauscht zu haben, als von seiner Herkunft zu erfahren? Für was entschuldigte er sich denn?
 

„Hör mir bitte zu, Kleiner.“, verlangte der Phönixmensch mit eindringlicher Stimme und schien dabei auf eine Reaktion auf den Spitznamen zu warten. Da der Junge nicht protestierte, wertete Marco das als Erlaubnis wieder so vertraulich mit ihm zu sprechen. Dieses Wissen tat gut. Sogleich besann er sich auf seine eigentlichen Gedanken und sprach sanft, aber eindringlich weiter:
 

„Du bist für mich und die Welt Feuerfaust Ace. Es ist vollkommen egal, wo du herkommst und von wem du abstammst. Hier auf See zählt nur, wer du bist und das zeigt sich nur in deinem Handeln. Du hast die Wahl, wer du sein möchtest. Die Vergangenheit ist egal. Mir vor allem. Ich mag dich genau so.“
 

Fast wäre Marco auch ein Ich liebe dich genau so herausgerutscht. Doch eine unbestimmte Warnung seiner Feuerbestie hatte ihn innehalten lassen.
 

„Warte mit diesem Geständnis. Du überforderst ihn sonst. Er kann dieses Gefühl bestimmt noch nicht von Freundschaft und Loyalität unterscheiden. Du weißt nicht, ob er damit umgehen kann.“, erklärte der Phönix leise.
 

„Du verstehst mich nicht. Ich bin ein Monster. Das Blut eines Däm-..“, setzte Ace erneut an, als glaubte er, dass sein Gegenüber die Situation nicht richtig erfasst hatte. Anstatt die Erleichterung zu zulassen, sah er sich gezwungen, weiter blind zu versuchen, klar zu stellen, für welchen Abschaum er sich hielt. Leider wurde er mit einer wegwerfenden Geste unterbrochen:
 

„Hör endlich auf, dich unter Wert zu verkaufen. Mein Vater hat sich das Leben genommen. Am selben Tag bin ich als knapp Zehnjähriger auf der Straße gelandet. Ich habe fast zehn Jahre in der Gosse und dann später im Namen des ortsansässigen Militärs geplündert, geraubt, gemordet und mich verzweifelten Frauen für ein paar Berries aufgedrängt. In meinem Leben gab es nur Gewalt, Wut und Zerstörung. Sieh mich an und sag mir ins Gesicht, was davon du mutwillig oder im Auftrag getan hast. Wer von uns beiden ist das Monster?“
 

Mit forschendem Blick suchte der Blonde Augenkontakt und registrierte, dass der junge Mann nun völlig perplex war. Es war in vielerlei Hinsicht eine Premiere aus Ace Sicht. Ersten sprach Marco ausnahmslos nie über seine Vergangenheit. Zweitens konnte er beim besten Willen nicht die ganzen Schandtaten, die er aufgezählt hatte, begangen haben.
 

Schließlich war er der verantwortungsbewusste, loyale, gewissenhafte Vize, der niemals die Kontrolle über sich verlor. Das ergab alles keinen Sinn. Wahrscheinlich wollte der blonde Mann ihn nur mit Lügen von seinem eigenen Problem ablenken, also schüttelte Ace den Kopf und erwiderte:
 

„Das kann nicht sein. Du bist nicht so.“
 

„Ich bin vielleicht jetzt nicht mehr so. Damals war ich es. Du wirst es vielleicht nicht ganz nachvollziehen können, aber ich war stolz darauf skrupellos und unantastbar zu sein. Allem gewachsen, über alles erhaben. Aber mit der Zeit begann mich das Leid, dass ich über die Betroffenen brachte, in meinen Gedanken und Träumen heimzusuchen. Es machte mich aggressiv und blind für das Geschehen um mich herum. Als mich letztlich meine früheren Arbeitgeber verjagten, verlor ich meine Existenzgrundlage, auf die mein ganzes Sein basierte.“
 

Der Feuerbändiger hörte gebannt zu und obwohl sich Marco alle Mühe gab mit fester Stimme zu sprechen, bekam er eine Ahnung davon, wie sehr ihn das alles zu schaffen machte. Er hatte niemals erwartet, dass die Vergangenheit des anderen noch trostloser und grausamer verlaufen war. Sicher, seine eigene Kindheit war alles andere als rosig gewesen, aber er hatte sie wenigstens einen großen Teil mit Freunden verbracht und mit der hoffnungsvollen Aussicht auf eine glorreiche Zukunft als Pirat. Dieser Lichtblick schien dem Älteren völlig gefehlt zu haben. Der schmerzvolle Gesichtsausdruck seines Mentors veranlasste den jungen Kommandanten seine Vorsicht fallen zu lassen und neugierig zu fragen:
 

„Wie bist du zu Pops Crew gestoßen?“
 

Halb rechnete er damit, dass ihm Marco die Antwort verweigern würde, da er lange abzuwägen schien. Dann begann er unvermittelt mit leiser, zum Teil zitternder Stimme zu erzählen.
 

Zuerst beschrieb er sein trostloses Leben auf der Straße und dann beim Militär. Er sparte keinen seiner ganz persönlichen Tiefpunkte aus und bemühte sich redlich alles sachlich zu schildern. Doch seine Stimme wurde lebendiger, als er von der einmaligen Chance, die ihm Lyana gegeben hatte, sprach. Eigentlich bedurfte es keiner Worte um Ace begreiflich zu machen, dass ihre Liebe, die erste schöne Zeit in seinem Erwachsenenleben darstellte. Die Tatsache, dass sich der Vize seiner Frau so verbunden gefühlt hatte und zweifelsohne immer noch fühlte, versetzt dem Jüngeren eifersüchtige Stiche, wie die Sache mit Jules damals.
 

Seine stumm gestellte Frage, was aus ihr geworden war und was ihn dann in die Piraterie verschlagen hatte, beantwortete der blonde Mann erst etwas später. Es fiel ihm sichtbar schwer über den plötzlichen, tragischen Tod seiner Geliebten und ihrem ungeboren Kind zu sprechen. Marco schwieg sogar für ein paar Minuten, um sich zu sammeln. Seine Stimme war zwar gefasst, als er weitererzählte, doch seine vor Kummer geweiteten Augen waren ins Leere gerichtet.
 

Ace konnte das beschriebene Leid kaum ertragen. Er hatte immer daran geglaubt, dass das eigene Schicksal oder das Glück eines jeden Menschen – irgendwie vorher bestimmt war.
 

Dabei hatte er auch akzeptiert, dass es für ihn so etwas niemals geben konnte. Aber mit dieser Logik konnte er nicht einmal ansatzweise erklären, warum der Ältere dieses entsetzliche Elend durchleben musste.
 

Schließlich berichtete Marco von seiner Rekrutierung durch Whitebeard und dem neuen, hoffnungsvolleren Leben, dass er ihm bot. Die Schatten seiner Vergangenheit hatten ihn aber über Jahre verfolgt, bis zu dem Moment als aus ihm der Phönix-Marco wurde, der er jetzt war. Vieles hatte sich ab dem Zeitpunkt durch die Feuerbestie gebessert. Marco hatte die Verantwortung, die ihm Pops übertrug dankbar zu dem Zentrum seines Seins gemacht und sich ganz darauf konzentriert.
 

Doch im Gegensatz zu seinem Kameraden konnte er die Einsamkeit der See nicht bei Landgang mit weiblicher Gesellschaft vertreiben. Obwohl er kaum über sein Unvermögen bei einer anderen Frau Trost zu finden, sprach, bekam Ace einen guten Eindruck davon, wie entsetzlich allein er sich gefühlt haben muss. Fast teilnahmslos beschrieb der blonde Mann, das Gefühl der tiefen Depression, das ihn überkam, wenn er Pärchen beobachtete, Pops nach seinem Frauengeschmack fragte oder wenn einer der Jungs über seine unzähligen Eroberungen zu prahlen begann.
 

Denn für einen Phönix gab es keine Hoffnung auf einen Seelenverwandten, keine irdische Nähe, die ihn geben konnte, wonach er und die Bestie sich sehnte. Damit hatten sie sich mit der Zeit abgefunden und andere perfektionistische Zerstreuung gesucht. Sie hatten sich ihre kleine perfekte Welt gebaut und in ihr eingelebt und dann war plötzlich alles anders.
 

Marco lachte trocken über die Metapher, die er verwendete:
 

„Plötzlich stand meine heile, kleine Welt, in der ich alle Gelüste und Sehnsüchte unter Kontrolle hatte, in Flammen. Du warst, nein bist, die Naturgewalt schlechthin. Was ich zunächst für ein Strohfeuer hielt, wärmte mich und brannte sich schmerzlos in meine Seele. Du bist der einzige Mensch in unserer Welt, der dazu im Stande ist. Meine Gefühle für dich drängte, die die ich liebte und immer noch liebe in meinem Herzen zur Seite und stellte alles, woran ich über zwanzig Jahre fest geglaubt und wofür ich gelebt hatte in Frage. Ich kann das immer noch nicht ganz begreifen. Es war oder besser ist immer noch das reinste Chaos.“
 

Langsam fügte sich für Ace alles zu einem Bild zusammen: Marcos grenzenlose Loyalität Pops gegenüber, seine strenge, unnahbare Art, die Isolation und sein kompromissloser Kontrollzwang. Das waren alles Folgen der traumatischen Jahre. Der Vize reagierte und handelte nach den Grundsätzen, die ihm die Umstände gelehrt hatten. Wahrscheinlich war ihm dies nicht einmal bewusst, überlegte der sommersprossige Junge. Er bemerkte auch, wie sein Respekt für den anderen weiter stieg. Für seine Vergangenheit konnte er ihm kaum einen Vorwurf machen, aber vielleicht konnte er sich mit ihm über alles Zukünftige einigen. Schließlich hatte Marco suggeriert, dass er auch kein Problem mit Ace Abstammung hatte.
 

Sobald er diesen hoffnungsvollen Gedanken gefasst hatte, fiel eine andere unerwartete Empfindung über ihn her. Es schnürte ihm die Kehle zu. Irgendetwas war anders als sonst. Es war nicht das erste Mal, dass ihm jemand verständlich machen wollte, dass sein Blut und seine Herkunft keinerlei Rolle spielte. Er hatte von Ruffy und Whitebeard gelernt, sich ihrem Urteil zu unterwerfen, ohne jedoch seine Zweifel zu besiegen.
 

Jetzt, da Marco ihm so liebevoll zu sprach, sehnte er sich zum ersten Mal danach, ihm glauben zu können und seine eigene Abscheu abzulegen. Es war bei weitem nicht nur die Erleichterung über das blinde Verständnis des anderen, sondern auch die Gleichgültigkeit mit der er es kundgetan hatte.
 

„Die Vergangenheit ist egal.“, hatte der Ältere vorhin gesagt.
 

Unbewusst nickte Ace in voller Zustimmung. Er wollte es versuchen, an sich und Marco zu glauben ohne dem bereits Geschehenen, was sie nicht mehr rückgängig machen konnten, Raum zu gewähren. Der junge Mann hatte sich entschieden sich und ihnen eine Chance zu geben. Ein leichtes Lächeln umspielte seinen Mund, als er sich zu Marco hinunter beugte und seine warme Hand an dessen Wange legte.
 

Wie in Zeitlupe lehnte sich der Ältere zu ihm vor und ganz langsam trafen ihre Lippen aufeinander. Der Kuss war sanfter und vorsichtiger, als die meisten, die sie bisher geteilt hatten. Dafür war er etwas ganz Besonderes. Er besiegelte ihr beider Einverständnis für ihre gemeinsame Zukunft zu kämpfen und signalisierte ebenfalls, dass sie einander verzeihen wollten.
 

Trotz der aufkeimenden Lust zwischen ihnen, waren liebevolle Küsse das Einzige, was sie in jener Nacht miteinander tauschten, als hätten sie Angst, dass die versöhnliche Magie zu schnell erlöschen würde.
 

Während sich draußen der tobende Sturm zu einem ausgewachsenen Hurrikan entwickelte, genossen die beiden Feuerteufel ihre kostbare Nähe in vollen Zügen, bis sie engumschlungen einschliefen.
 

Ende Kapitel 42
 

~*~*~*~*~
 

Hallo meine lieben Leser,
 

soweit so gut. Zumindest an einer Front gab es eine positive Entwicklung. Es bleibt abzuwarten, ob alles andere ebenso glimpflich ablaufen wird.
 

Ich bedanke mich recht herzlich für ihre tollen Kommis bei Loveless-Eclair, Inu-Yashagirl88, Hiraya, schnullerbabe, Monkey-D-Setsuna, DasAlien und LuxusDrake .
 

Vielen lieben Dank samiya für das Betalesen.
 

Wir lesen uns hoffentlich bald!
 

Liebe Grüße
 

Eure ceres



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Kommentare zu diesem Kapitel (8)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Eustass_Chino
2012-12-01T21:16:33+00:00 01.12.2012 22:16
hab die story erst vor kurem entdeckt und begeistert.
allen voran weil es eine wiklich gut marco/ace ist, was hier wirklich selten ist. zum anderen ist dein schreibstil sehr flüssig und angenehm zu lesen. auch wie du alle deine ideen umsetzt und in die geschichte einfließen lässt ist super. es passt alles zusammen.
am anfang fand ich es ein bisschen verwirrent mit den zeitsprüngen... vor... zurück... gegenwart... aber man hat sich schnell wieder hereingefunden wo man sich befindet :D
ich hoffe auf jedenfall das es weiter geht, es würde mich sehr freuen <3

lg
-c-
Von:  Loveless-Eclair
2012-10-11T19:49:38+00:00 11.10.2012 21:49
wirklich niedlich, zumal, wie ace marco erklären will, wer er 'wirklich' ist, und marco es schon weis xDDD
böse, man belauscht andere doch nicht *lach*
Von:  schnullerbabe
2012-10-03T03:51:35+00:00 03.10.2012 05:51
*____*
echt ich bin sprachlos...
echt schönes kap.

jetzt bin ich noch gespannt wie es mit *unseren* zwei weiter geht =)
und vor allem bin ich gespannt was WB noch macht :3
Von:  Inu-Yashagirl88
2012-09-30T22:24:44+00:00 01.10.2012 00:24
wieder ein sehr schönes kapitel =)
Von:  Hiraya
2012-09-28T22:24:25+00:00 29.09.2012 00:24
danke dir...
das kapitel hat mir grad sehr geholfen
mir gings nicht so gut

danke, süße
Von:  Monkey-D-Setsuna
2012-09-27T15:21:10+00:00 27.09.2012 17:21
Hi. =D
Sry, heute leider ein kürzeres Kapitel, muss noch einiges machen für morgen. =)
Aber erst mal vorab, schön,dass sie sich endlich ausgesprochen haben. =D
Allerdings, auch wenn ich nicht weiß, warum,freue ich mich irgendwie schon darauf, zu lesen, wie Marco reagiert, wenn er von Luffys Existenz erfährt. >D
Ohne Witz, ich würde gerne wissen, wie alle darauf reagieren. >D
Mh, ich würde nicht sagen, dass beide eine leichte Vergangenheit hatten, aber es ist auch schwer zu sagen, welche schlimmer ist. O.O
Ich für meinen Teil bin der Meinung, dass Ace Vergangenheit schlimmer ist, weil er einfach immer und immer wieder damit zu kämpfen hat, dass sein Vater eben Roger war. -.-
Das kann man nicht einfach auslöschen. -.-
Was Marco angeht, ich freue mich, dass er sich Ace endlich richtig geöffnet hat. =D
Ich glaube, jetzt können sie den nächsten Schritt wagen. =)
Und da beide ja dieses Einverständnis gegeben haben, können sie nun auch Whitebeard gemeinsam gegenüber treten und das richtig klären. =)
Denn ich sehe weiterhin nicht ein, wieso die beiden nicht zusammen kommen können, nur weil es so ein dämliches Gesetzt so verlangt. -.-
Dann muss man die eben ändern oder irgendwie in eine Grauzone rein. -.-
Die beiden haben es verdient, zusammen zu kommen und keiner darf ihnen das nehmen. -.-
Also, ich hoffe wirklich, dass alles gut wird und das Whitebeard sich beruhigen lässt. =)
Ich freu mich aufs nächste Kapitel. =D

LG
Monkey-D-Setsuna =) ^^
Von: abgemeldet
2012-09-27T14:48:34+00:00 27.09.2012 16:48
MAH!!!
Ich liebe diesen Phönix! *-*
und MarcoxAce erst Recht :)
sonst würde ich ja nicht die FF lesen :D
Und endlich können die beiden für ein paar Stunden entspannt sein ;D
Von:  Merylex
2012-09-27T13:37:43+00:00 27.09.2012 15:37
das ist ein echt schönes Kapitel.
Es hat mich gefreut soviel über Maros beweggründe und dessen Vergangenheit zu erfahren.
Auch Ace ist mal ein wenig aus sich herraus gekommen und ich fand das toll.
Ich hoffe jetzt bleibt es dabei, nicht das Marco wieder ein Rückzieher macht!
Und auch Pops der es ja schon weiss, ich bin mal gespannt auf seine Reaktion.
;)
Besonders den Schluss finde ich toll, sie gehen es langsam an, weil irgendwie klar ist das alles doch noch kippen kan.
Tolles Kapi weiter so! <3


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