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Elementary Basics

Trilogie - Staffel 1
von

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Regentropfen


 

„Viki, meine heilige Botin... Dies wird der letzte Befehl sein, den du von mir erhalten wirst.“ „Was kann ich für Euch tun, meine Herrin?“ „Suche die vier Steine der Elemente auf der Erde, denn ohne sie wird die Menschheit dem Untergang geweiht sein.“ sprach eines der vier mächtigsten Kinder Gottes zu ihrer treuesten Dienerin, ehe diese sich ohne Widerworte auf die Erde begab um die vier heiligen Steine der Elemente zu suchen....
 

Kapitel 1 ~ Regentropfen ~
 

Es war wieder einmal November und immer noch schön warm, denn in Orlando Florida, wo ich wohne, ist es das ganze Jahr angenehm. Nächstes Jahr sollte ich endlich 18 Jahre alt werden, was ich kaum noch erwarten konnte. Dann wäre ich endlich unabhängig von meinen Geschwistern die mich bei sich aufgenommen hatten. Es waren mein ältester Bruder Rico und meine Schwester Kosheen, die für mich ein Elternersatz wurden, nachdem ich nicht mehr bei meinem Großvater leben wollte.

Rico ist 22 Jahre alt und wohnt in der kleinen Ein-Zimmer Wohnung im Erdgeschoss. Mein Bruder war ein kleiner Aufreißer. Eine feste Freundin hatte er nie, dafür jeden Tag eine Andere die er abschleppte. Seine Hobbys bestehen daraus sich ein faules Leben zu machen, viel feiern zu gehen, Frauen und seine kleinen kriminelle Machenschaften mit denen er gut Geld verdient. Das was er als Kfz-Mechatroniker verdient, ist ihm vermutlich nicht genug.

Meine Schwester Kosheen, oder auch Koshy genannt ist hingegen fast wie eine richtige Mutter für mich mit ihren 21 Jahren. Sie ist ordentlich, achtet immer auf den Einkauf, gutes Essen und saubere Kleidung. Wenn sie mich nicht gerade bemuttert verdient sie ihr Geld als Maklerin. Ihre Wohnung ist im ersten Stockwerk. Und ich durfte die Wohnung unterm Dach beziehen. Mein Leben ist relativ Erlebnisreich derzeit. Morgens bin ich Schülerin der Evans-High School, während ich abends in einer kleinen Bar in der Nachbarschaft arbeite. Es war klasse dort! Immer gute Musik, nette Leute, Männer ohne Ende und gute Laune. Die Bezahlung stimmte auch und somit konnte ich meinen Mietanteil finanzieren.

Mein Tag fing wie immer an... Schnell frische Klamotten anziehen, ein Brötchen in den Mund stopfen und nichts wie los zum Schulbus, den ich wie jeden Tag mal wieder fast verpasste. Ein Grinsen machte sich in meinem Gesicht breit als ich meine drei besten Freundinnen in der letzten Reihe sitzen sah.

Naga, Rachel und Sheela – ich könnte sie mir nicht mehr weg denken! Rachel, die Brünette, war die kleine Zicke unter uns, während Sheela, eine Blondine, alles sehr locker sah und eher cool drauf war. Naga, der Rotschopf, hatte einen sehr anspruchsvollen Charakter. Selten konnte man ihr was recht machen, trotzdem hatte sie irgendwas, das mich einfach an ihr hielt. Vielleicht weil sie die Erste war mit der ich mich angefreundet hatte, nachdem ich in Amerika ankam. Sie gab mir Tipps und half mir. Mit der Zeit fand ich allerdings heraus, dass Naga viele Ähnlichkeiten mit Rico hatte – sie schleppte auch jeden Tag nen Anderen ab.

„Na Chann? Siehst müde aus…“, bemerkte Rachel mit einem hämischen Grinsen. Genau wie Sheela hatte ich große Augenringe, da es bei der Arbeit recht spät wurde. „Hast endlich nen Kerl abgeschleppt und ihn mit nach Hause genommen, Kleine?“ „Haha.. Sehr lustig, Naga.“ „Chann und ich waren nur lang arbeiten gestern Abend.“ brummte Sheela aus ihrem Migränekopf heraus.

Trotz Müdigkeit und Morgenmuffeligkeit amüsierten wir uns prächtig, guckten uns die vielen verschiedenen Typen unserer Schule an und zogen über sie her. In der Pause standen wir gemeinsam auf dem Hof herum und gingen wieder unserem liebsten Hobby hinterher, als auf einmal ein Typ mit schwarzen Haaren her gelaufen kam. Es schien als wäre es selbstverständlich, dass zumindest eine von uns ihn gleich in den Arm nehmen und küssen würde. Sheela und ich warfen uns fragende Blicke zu kurz bevor Rachel ihn in den Arm nahm und küsste. Mann, wie fiel uns das Kinn zu Boden bei dem Anblick.

„RACHEL!!! Was machst du da!?!“ platze es aus Naga heraus, doch gerade sie müsste doch am besten wissen nach was es aussah. Rachel unterbrach ihren spontanen Flirt und guckte uns leicht benebelt an. ehe sie sich wieder in die Realität begab: „Oh!! Ich hab euch ja noch gar nicht meinen neuen Freund vorgestellt! Chad, das sind meine Freundinnen. Mädels, das ist Chad.“ „Hi Chad..“, sagten wir im Chor und waren immer noch verwirrt. Da hat die Funsel uns einfach nichts von ihrem neuen Freund erzählt, obwohl wir uns geschworen hatte alles Neue sofort zu berichten und wenn es 3 Uhr nachts am Telefon war!

Ich musterte Chad genauer... Groß war er – bestimmt so 1,86 Meter. Schlank und muskulös. Er trug ein ärmelloses Shirt, dass seine Arme nochmal betonten. Ich fragte mich wie grade Rachel an so einen geilen Typen geraten ist und verfluchte mich im selben Moment auch gleich, weil ich eine schlechte Freundin war und sowas über sie dachte. Plötzlich bemerkte er meine Blicke und zwinkerte mir zu, was mir verdammt unangenehm war, denn er gehörte ja meiner besten Freundin.

Mit einem leichten Rotschimmer um die Wangen wandte ich mich ab und versuchte mit irgendwem aus der Runde ins Gespräch zu kommen um mich abzulenken. Zu meinem Glück musste er gleich zu seiner Basketball-Mannschaft und kam nur um seiner Freundin kurz Hallo zu sagen.

„Hach, er ist ja so sexy...“, schwärmte sie und faltete die Hände dabei. „Ja wirklich! So einen hätte ich auch gern mal in meiner Kiste.“ „NAGA! Er ist MEINS!“ „Jaja… Ist ja gut. Und du, Sheela? Haste uns auch etwas zu verheimlichen?“ „Willst du mir tatsächlich unterstellen nen Freund zu haben? Sowas ist das Letzte, dass ich jetzt gebrauchen könnte... Ich bin froh wieder Single zu sein.“

Ihr letzter Kerl war ein richtiges Arschloch, das sie tagelang betrogen hat während er ihr noch eine Liebeserklärung nach der Anderen vorsülzte. Als sie es erfahren hatte verschlug sie ihn bis er anfing zu heulen. Das fanden wir dann auch schon wieder erbärmlich von so nem Typen.

Großartig zu erleben gab es an diesem Schultag nichts und so freuten wir uns schon auf unser Wiedersehen am Abend, denn Rico hatte mal wieder etwas geplant um Geld zu verdienen. Ja, wir erledigten manchmal ein paar Aufträge für ihn, denn erstens machte es Spaß und zweitens war der Lohn auch immer gut. Mit meinem geistigen Auge sah ich schon mein überfülltes Süßigkeiten-Lager vor mir, dass ich mir von dem Geld kaufen würde.

Vor unsrem Haus stieg ich aus dem Bus und lief die Treppe hoch, wo ich an Koshy's Haustür vorbei kam. Rico stand schon parat und freute sich mich zu sehen: „Channy, süßes Schwesterlein! Warst du heute nicht dran mit fragen?“ „Was?! Ich dachte du seist an der Reihe. Ich könnte schwören ich hatte sie gestern gefragt.“ „Mann… Kannst du nicht nochmal heute?! Du weißt, dass sie mich wieder umbringen wird.“ „Mach lieber selbst. Ich mach das auf keinen Fall heute nochmal! Sei ein Mann, Brüderchen! Los, klingel!“

Er schluckte und klingelte an der Tür von unserer Schwester, ehe er sich mit einem eleganten Satz hinter mir versteckte. Ich konnte es nicht fassen...

„Rico… Du bist so ein Heuchler!“ „Aber du! Als ob du keinen Hunger hättest!“ „Sich hinter seiner jüngsten Schwester zu verstecken ist peinlich.“ „Halt die Klappe! Oh Gott, sie kommt!!!“

Er duckte sich ein wenig, als die Tür auf ging und unsere völlig genervte und schlechtgelaunte Schwester vor uns stand. Sie würdigte uns keines Blickes: „Ihr beide schon wieder. Lasst mich raten! Ihr habt Hunger und erwartet, dass ich was für euch gekocht habe.“ „Ehm... Wenn man es wirklich direkt ausdrücken will… Ja!“ antwortete ich, woraufhin Rico gleich zusammenzuckte aus Angst. In der Tat hatte Koshy eine mörderische Ausstrahlung, die beängstigend war.

„Nun… Das hab ich ja schon kommen sehen. Deshalb hab ich für Rico schon mal eine leckere Gemüsesuppe gekocht.“ „Iiih“ hörte ich ihn leise hinter mir meckern und danach nahm ich ein Würgen wahr. Um sie allerdings nicht noch mehr zu reizen, nahm er die Suppe dankbar an und verschwand. Toll... Und ich!? Ich hätte mich auch über eine Suppe gefreut.

„So.. Und du Chann kannst gerne reinkommen. Ich hab einen fetten Schweinebraten für uns gekocht! Mit lecker Knödel und Salat!“, sagte sie zu mir und wirkte wie ausgewechselt. Fröhlich mit leuchtenden Augen. Sie sah zu nett aus in diesem Augenblick. Doch ich kam gerne rein und warf meinen Rucksack mit den Schulsachen in die Ecke.

„Armer Rico… Bekommt nur eine Suppe. Dabei hasst er Gemüse.“ „Das hat er sich verdient. Kommt davon. Er meinte doch mein Arsch sei zu fett und deshalb würde ich keinen Kerl bekommen. Ich kann sehr wohl auch nen Freund haben!! Ich hasse Rico!“

Da war sie wieder... Diese fette schwarze Wolke um ihren Kopf und so konnte ich nichts anderes als ihr zustimmen, da mir mein Leben wirklich lieb war. Ja... Sie rächte sich an Rico. Auf ihre eigene grausame Art und Weise. Der Braten brauchte noch eine viertel Stunde und so konnte ich mich noch gemütlich auf Koshy's Sofa breit machen.

„Wie war die Schule heute?“, fragte sie, während sie mir ein Glas Cola hinstellte und meine Schuhe wegbrachte. Wirklich wie eine richtige Mutter. „Ach, es ging... Rachel hat nen neuen Freund und wir wussten nichts davon.“ „Wolltet ihr euch nicht alles sofort erzählen?“ „Ja. Deswegen hat es uns ja gewundert.“ „Sieht er gut aus?“ „Oooh ja… Aber ich zweifel irgendwie an seiner Treue.“ „Wieso?“ „Er hat mich so komisch angeguckt. Naja, vielleicht auch nur Einbildung.“ Koshy lachte auf einmal: „Ach Chann, jeder Kerl der dich anguckt will in deinen Augen mehr von dir. War das nicht schon immer so?“ „Pöh! Die wollen doch alle auch nur Sex!“

Kichernd schritt Koshy wieder in die Küche und ließ mich beim TV alleine. Ich zappte ein wenig durchs Programm und stieß auf die Teletubbies die einen neuen Wahn ausgelöst hatten. Mir wurde schlecht.

„Oh Gott!!! Du hast doch wohl nicht die Tubbies am Laufen!“, rief meine Schwester aus der Küche. „Öhm... Doch. Ich find die so Scheiße, dass ich sie wieder rum geil finde. Alter, das grenzt doch schon voll an Pornografie!“

In dem Moment kam Koshy mit dem Braten wieder ins Zimmer und stellte ihn auf den Esstisch. Ihr Blick haftete versteinert auf dem TV. „Man könnte meinen die treiben es alle miteinander.“ „Boah Chann, schalt bitte um. Da sind selbst Gerichtssendungen ja besser. Und die sind schon derbe langweilig.“ „Jaja. Ich schalt die Nachrichten ein. Wann musst du heute arbeiten?“ „Ich hab in ner Stunde ne Vermittlung. Heute Abend muss ich ja auch fit sein. Da trete ich Ricolein in sein Hinterteil! Ehrlich mal... Ich hasse Männer. Am besten wechsle ich das Ufer und werd da glücklich.“ „Und ich werde mich niemals entjungfern lassen! Ich verschwende mich nicht an einen Mann!“ „Genau! Bleib am Besten für dich, da hast du keinen Kummer.“

Endlich was zu Futtern und die Gespräche waren auch echt gut. Ich liebte es bei Koshy zu sein. Sie kümmerte sich so gut um mich. Sie war Schwester, Mutter und gute Freundin gleichzeitig für mich. In diesen Momenten fühlte ich mich echt total geborgen und glücklich. Ja, ich konnte sagen, ich genoss mein Leben derzeit.

Nach dem Essen hatte ich noch etwas Zeit und konnte mich ein wenig aufs Ohr hauen. Wenn Rico alle zu einem Auftrag zusammen rief, dann würde das ein langer Abend bedeuten.

Heute Abend hatte ich frei in der Bar und konnte somit um 23 Uhr wie ausgemacht zur alten Turnhalle der Schule kommen. Rico hatte vor einem Jahr die Möglichkeit gefunden die Tür aufzuknacken. Seither benutzen wir sie als kleine Trainingshalle um dort Kampfsportübungen zu machen. Einmal ging Rico sogar mit mir in den Wald um mir Schießen beizubringen. Das war sehr aufregend! Er schenkte mir eine Waffe, damit ich mich immer verteidigen könnte. Nur finden dürfte sie keiner. Und ich dürfte nur im absoluten Notfall Gebrauch von ihr machen.

In der Halle war schon etwas los. Rico, Naga und Rachel waren schon da. Ich traute meinen Augen kaum, als ich jedoch sah was sie gerade machten... Eher was Rico da tat. Er verteilte Koshy's Gemüsesuppe unter meinen Freundinnen. Wenn sie das sieht… Ich setzte mich auf den Boden und wartete ab.

„Rico, gehste heute Nacht noch in den Club?“, fragte Naga herausfordernd. „Jop.. Warum? Bist du auch wieder dort?“ „Klaro… Wie immer. Wer die meisten Leute abschleppt bis morgen früh um 6, okay?“ „Als ob ich da verlieren würde. Wenn du verlierst musst du mit mir ne Nacht verbringen“, forderte mein Bruder gleich, weswegen ich mir die Hand auf die Stirn schlug. Auch Rachel guckte skeptisch, doch Naga ging darauf ein mit einem Handschlag.

Einige Minuten später kam auch Koshy endlich an und startete sofort einen handfesten Streit mit unserem Bruder, als sie sah was er mit der Suppe anstellte. Wenigstens hatte er sie nicht weggekippt. Rachel hatte sie fast komplett alleine gegessen.

„Fehlt nicht noch Eine?“ fragte Rico, als wir im Kreis beieinander saßen. Die Frage beantwortete sich praktisch von selbst, denn im nächsten Moment kam Sheela durch die Tür geplatzt. Sie erschreckte uns alle fast zu Tode und war ziemlich außer Puste. „Tut mir Leeeeid!! Ich musste mich rausschleichen“, erklärte sie und kam zu uns gerannt. Auf dem rutschigen Boden verlor sie in der Eile natürlich den Halt und flog mit den Armen voraus die letzten Meter zu uns. Wir warfen uns alle weg vor Lachen, was sie gar nicht witzig fand.

„Nun gut… Jetzt wo Sheela auch da ist, kann ich ja für unseren lieben Rico den Auftrag verkünden. Wir haben uns vorhin noch abgesprochen – ausnahmsweise im Frieden – und...“ „Warum bist du eigentlich zu spät, Sheela? Warst du noch mit jemandem beschäftigt?“ Koshy warf giftige Blicke auf Naga, die sie unterbrochen hatte. Mit einem lauten Räuspern setzte sie ihren Satz fort: „Jedenfalls sind es zwei Missionen und ihr werdet euch in Zweiergruppen aufteilen. Wir haben alles schon erkundet und geben euch einen Plan mit, damit ihr euch nicht verlauft. Also Chann und Sheela sind in einer Gruppe und…“ „Wieso denkst du eigentlich immer nur ans Ficken, Naga!? Es gibt auch noch andere tolle Dinge auf der Welt“, tuschelte Sheela zu Naga, womit Koshy schon wieder unterbrochen wurde. Sie bekam wieder diese dunkle Ausstrahlung, die Rico und mir Gänsehaut brachte.

„KÖNNT IHR BEIDEN BITCHES EURE SEXUELLEN THEMEN EIN ANDER MAL DURCHFÜHREN!?!! DANKE!! UND JETZT FRESSE HALTEN!“, schrie sie die Beiden in ihrer Wut an und kam auch sofort wieder zur Ruhe – als sei nichts gewesen. Mit einem geduldigen Lächeln setzte sie wieder fort.

„Chann und Sheela, ihr werdet nun ins Hotel hier zwei Ecken weiter gehen und versuchen in ein reserviertes Zimmer von einem Typen namens Kelvin Jaspar zu kommen. Von zuverlässigen Quellen weiß ich, dass sein Besitz sich schon in den Räumlichkeiten befindet. Er hat massig Kohle, die uns verdammt reich machen wird, wenn ihr nicht versagt.“

Da war sie wieder... Meine Ecke voll mit Süßigkeiten, die ich mir allesamt von diesem Geld kaufen würde... Oh Herr! Erhöre meine Gebete!! Ich will Schoki!!!

„Chann denkt mal wieder nur ans Fressen, das seh ich an ihren Augen“, bemerkte Naga und hatte mich damit peinlich ertappt. „Gar nicht! Ich will mir ein Auto davon kaufen!“

„So, ihr Beiden könnt schon mal durchstarten. Wie ihr es genau macht werdet ihr unter euch ausmachen müssen. So und nun ab mit euch. Rachel und Naga, ihr bekommt euren Auftrag jetzt auch.“

Diesen bekamen Sheela und ich allerdings nicht mehr mit, denn wir liefen unauffällig die Straße entlang Richtung Hotel. Sheela legte die Arme über ihren Kopf und war am Grübeln: „Wie stellen die sich das vor!? Wenn wir jetzt in dieses Hotel gehen und fragen wo das Zimmer von diesem Jaspar ist, bekommen wir doch nie im Leben ne Auskunft. Selbst wenn.. Das Ding wird verschlossen sein…“ „Eine von uns wird wohl den Rezeptionisten verführen müssen, damit die Andere Schlüssel und Infos herausfinden kann. Am besten machst du das, ich hab ne Sexphobie wie du weißt.“ „Angsthase.. Aber gut, machen wir es so.“

Zum Glück würden wir sicher einen Kerl erwischen denn hier hatten meist Typen die Nachtschicht. In der Hotellobby war um diese Uhrzeit auch nicht wirklich was los. Sheela ging alleine vor. Sie hatte ihr Oberteil so präpariert dass es extrem knapp aussah und noch erotischer wirkte. Sie wusste wohl wie man so etwas am besten macht. Von Draußen sah ich, dass der Kerl alleine war und sich keine Kollegen in der Nähe befanden.

Schon nach wenigen Minuten schaffte sie es. Eng umschlungen küssten sie sich und verschwanden nach oben. Wahrscheinlich in irgendein Zimmer, wo sie ihn so lang wie möglich aufhalten könnte ohne gleich mit ihm mehr zu machen, als nur ein paar Küsschen austauschen.

Kaum waren sie weg schlich ich mich unauffällig rein und versicherte mich, dass dort wirklich sonst niemand mehr war. Auch nach Überwachungskameras hielt ich Ausschau. Zu meiner Überraschung fand ich jedoch keine. Schlüssel und Datenbank waren für mich frei zugänglich und ich wollte keine Zeit verlieren. Ich suchte nach Kelvin Jaspar und fand gleich raus, welches Zimmer er beziehen sollte. Er war für 24 Uhr angemeldet. Was will der denn so spät noch einchecken? Und seine Sachen wurden auch schon alle vorgeliefert... Unter den vielen Schlüsseln verlor ich den Überblick, fand jedoch zumindest einen Bund. Mich beunruhigte nur, dass es irgendwo dort noch den Ersatzschlüssel gab und ich jederzeit überrascht werden könnte. Ich redete mir Mut und Geld ein um weiter zu machen. Sein Zimmer war im dritten Stock. Es war alles, wie Koshy erwähnte noch unbewohnt und leer. Nur im Flur standen bereits mehrere Koffer und ein Tresor. Den Code davon wusste ich leider noch nicht und so hoffte ich in den Koffern Informationen zu finden.

Schon beim Öffnen wurde mir unwohl. Der Koffer war voller Reizwäsche... Was will der Kerl mit dem ganzen Kram? Ein Transvestit!?

Ich musste dringend Infos zu dem Tresor finden und wühlte mich überall durch. Erfolglos! Sollte das hier am Ende alles umsonst gewesen sein!? In meiner Verzweiflung versuchte ich per Zufall und Glück das Teil auf zu bekommen, doch nichts funktionierte – und dann blieb mein Herz fast stehen. Die Zimmertür ging auf und jemand kam rein.

Der Rezeptionist war es nicht... Der sah anders aus. Eine Uniform trug er auch nicht. Mit einem halben Herzstillstand wusste ich nicht was ich nun tun sollte, als der Fremde vor mir stand und mich skeptisch musterte.

„Na so was.. Nächstes Mal buche ich mir ein anderes Hotel. Hier bekommt man ja nicht einmal einen Empfang. Gut, dass ein paar Schlüssel bereit lagen. Zumindest haben sie scheinbar an das Freudenmädchen gedacht, das ich bestellt hatte.“ Scheiße! Dann hatte ich also den Ersatzschlüssel und er hatte den Richtigen gefunden!! Und... Freudenmädchen!?

Er beachtete mich nicht weiter und hielt mich für selbstverständlich... Gemütlich ließ er sich mit einem Glas Wein in den Sessel vor dem Bett sinken.

„Na los, Kleine... Oder muss ich noch länger warten!?!“ „Ehm...“ Unsicher folgte ich in den Wohnbereich und blieb weiter neben ihm stehen. „Zieh dir endlich was Geiles an und mach mich an! Wozu werde ich sonst hier sein!?!“

Oh Gott!!! Der denkt tatsächlich ich wäre beruflich hier um es ihm zu besorgen oder wie!?!! Nun wurde mir auch klar warum Kelvin Jaspar so viel Reizwäsche in seinen Koffern hatte.

„He, he, das ist ein Missverständnis. Ehm… Ich bin auch gleich wieder weg...“ „WIE BITTE!?! MISSVERSTÄNDNIS!? WAS GIBT ES DENN HIER FALSCH ZU VERSTEHEN!?! DU ZIEHST DICH VOR MIR AUS, WIR TREIBEN ES UND DU BEKOMMST DEIN GELD, SCHLAMPE!“, schrie er mich an und packte mich grob an den Schultern. Wehren konnte ich mich im ersten Schock nicht einmal.

Ich machte nun gar nichts mehr. Ich war wirklich zu sehr geschockt und baff zugleich, als reagieren zu können – was ihn noch viel aggressiver machte. Er schnaufte laut, packte mich nochmal um mich Richtung Bett zu zerren und riss mir mein rosa Shirt vom Leib. Das andere weiße Oberteil, dass ich unten drunter trug blieb dabei zum Glück heil. Uff! Langsam wurde es wirklich ernst... Ich befreite mich aus seinem Griff und flüchtete in die andere Ecke, wo ich erst mal auf eine Reaktion wartete. Sein Mund stand weit offen.

„Meine Fresse!! Ich hab hier für Sex bezahlt und den hole ich mir auch!!“ „Aber nicht von mir, Arschloch!!!“ „Wie bitte!?!!“ Wieder versuchte ich zu flüchten, doch er schnitt mir den Fluchtweg zur Tür jedes Mal wieder ab. Von Sheela war weit und breit keine Spur... Ich müsste es alleine schaffen. Hinter mir stand nur die Balkontüre offen. In der Hektik flüchtete ich mich auch noch nach draußen – ein dummer Fehler, denn nun hatte ich keinerlei Ausweichmöglichkeit mehr. Er stellte sich wutentbrannt in den Türrahmen und grinste mich an.

Der Blick hinter mich verriet mir, dass es hier nicht weiter ging und so blieb mir nichts mehr übrig außer mich gegen das Balkongitter zu drücken und abzuwarten. Wie ich mir schon dachte, kam er auf mich zu, legte seinen Arm um mich und mit der anderen Hand griff er mir an die Brust… Widerlich!!

„Was hast du eigentlich für ein Problem, Mädchen!?! Wieso lässt du dich buchen, wenn du dann ein Problem damit hast!?!“ „Das ist ne Verwechslung, verdammt!!!“ „Natürlich.. Ist mir jetzt auch egal.“

Seine Hand wanderte weiter runter zwischen meine Beine, was mir nun wirklich zu viel wurde. Mein Herz raste tierisch und so versuchte ich ihn mit all meiner Kraft von mir wegzutreten. Ich schaffte es tatsächlich ihn einen Meter von mir weg zu bekommen, doch durch den Rückstoß meiner Kraft hob ich ab und fiel rückwärts über das Gitter.

Dass ich nun wirklich von dritten Stock runter fiel – und das auch noch Kopf über – realisierte ich in dem Moment gar nicht wirklich. Es ging so schnell und kam so plötzlich! Doch hier konnte noch nicht Schluss sein, auch wenn ich gleich mit dem Kopf auf den Asphalt aufschlagen würde... Ich kniff nur noch reflexartig die Augen zusammen und wartete... Doch... Es passierte nichts!! Es kam kein schmerzhafter Aufprall der mich aus dem Leben reißen sollte... Es fühlte sich nur alles plötzlich warm um mich herum an. Vorsichtig öffnete ich die Augen...

„Chann Hiwatari... Ich erwähle dich zur Trägerin meines Geistes und des Element Wassers.“ „WAA?!“ Ich stand an einem völlig anderen Ort... Um mich herum war alles dunkel und schwarz… Da stand eine Frau mit leuchtend blauen Haaren und eisblauen Augen in einem hübschen Kleid. In ihren Händen hielt sie einen kleinen blauen Stein. Er war das Einzige weit und breit, dass der Gegend Licht spendete. Es schien, als würden die Frau und ich auf Wasser stehen.

„Wer... Wer sind Sie!?“ „Ich bin die Hüterin des Element Wasser. Trage die Kraft weiter und verwende sie weise. Du wirst sie noch brauchen.“ „Ich versteh nur noch Bahnhof!“

Doch da verschwand auch schon wieder diese ganze Gegend und im Nu stand ich wieder vor dem Hotel. Weit über mir der Balkon mit dem wütenden Kelvin Jaspar, der mir von oben die übelsten Beleidigungen entgegenwarf. Was war passiert!? Warum lebte ich nach dem Sturz noch!? Und warum hatte ich keinen einzigen Kratzer davon getragen?? Ich guckte an mir herunter und sah diesen kleinen blauen Stein, der an einem Lederband um meinen Hals befestigt war.

Verwirrt schüttelte ich den Kopf. Es war mir gerade egal, was es damit wirklich auf sich hatte, was mit Sheela sein würde und was passieren würde, wenn Rico erfährt, dass ich es verhauen hatte. Hauptsache ich käme hier so schnell wie möglich weg. Leicht torkelnd vor Verwirrung und Herzklopfen flüchtete ich ein paar Straßen weiter. Ich sah nicht wohin ich eigentlich rannte. Mein einziger Gedanke: Schnell weg von dort!! Keine Ahnung wie viel Zeit verging seit ich mich in eine dunkle Ecke verkrümelt hatte, doch es war noch dunkel als Rico plötzlich vor mir stand.

„Chann!! Bin ich froh, dich endlich gefunden zu haben! Gott, du bist ja völlig durch gefroren und verängstigt!! Komm her, was ist passiert!?“ Er setzte sich neben mich und hielt mich fest im Arm, als ich ihm erklärte was genau vorgefallen war. Durch seine starken Arme hatte ich nun keine Angst mehr und fühlte mich gleich etwas besser. Im Huckepack trug er mich nach Hause, wo auch Koshy sich um mich kümmerte.

Beiden wurde klar wie gefährlich dieses kleine Spiel eigentlich inzwischen wurde. Viel Geld, schön und gut... Aber das war ehrlich zu viel für die paar Scheine. Und ich hatte von Anfang an klargestellt, dass ich mit niemandem ins Bett gehen würde, nur für irgendeinen Job. Dass ich gleich auf einen potenziellen Vergewaltiger treffen würde, konnte natürlich keiner wissen. Es sollte ja eigentlich nur ein kleiner Raub sein. Diese Nacht blieb ich bei Rico, der ausnahmsweise Mal nicht feiern war und für mich zu Hause blieb. Für ihn hieß das jedoch auch die Wette gegen Naga verloren zu haben. Wer weiß was er dafür zahlen muss...

Am nächsten Morgen fragte er mich ob ich wirklich zur Schule gehen wollte in meinem Zustand, doch ich hatte irgendwie keine Angst. Da ich nun wieder klar im Kopf war guckte ich mir die ganze Zeit nur meinen neuen Stein an und fragte mich, ob das mit der Frau wirklich passiert ist oder nur ein Traum war. Aber es musste wirklich passiert sein. Denn sonst wäre nun nicht dieser Stein da... Und ich hätte den Sturz nicht einfach so überlebt. Ich spürte nur, dass der Stein irgendeine magische Kraft besaß, die mich selbstbewusster machte. Ich hatte das Gefühl vor nichts Angst haben zu müssen. Ja, ich fühlte mich richtig beschützt...

Wortlos und grübelnd setzte ich mich in den Bus, wo wie immer meine Freundinnen auf mich warteten. Sie sahen alle miteinander etwas mitgenommen aus. Gar nicht so laut lästernd und fröhlich wie sonst immer. Sie blickten mich ernst an und hatten ebenso dieses Grübeln in den Augen.

Sheela jedoch, freute sich: „Geht es dir gut, Chann!? Wir hätten es anders machen müssen! Ich hätte dich nicht alleine lassen dürfen!! Oh Gott, wenn dir was passiert wäre!!!“ „Es ist ja grade noch mal gut gegangen. Aber es ist was komisches passiert...“ „Hast du... Auch so einen komischen Stein bekommen?“, fragte Rachel auf einmal zögerlich und holte einen grünen Stein heraus. Auch Naga hatte einen in der Hand. Ihrer schimmerte in einem grellen Rot. Was war hier nur im Gange!? Wieso bekommen wir drei solch seltsame Steine!? Und warum war Sheela die Einzige die keinen bekam? Ich berichtete von meinem Erlebnis mit der mysteriösen Frau und meine drei Freundinnen erzählten von einem ähnlichen Erlebnis. Bei Naga war es eine Rothaarige... Um sie herum war auch alles schwarz, nur Feuer brannte überall. Und Rachel traf auf eine Brünette, zwischen Blumen und anderen Pflanzen. Alle sprachen sie von Elementen... Und so fingen wir an Theorien aufzustellen was das für seltsame Dinge waren, die uns da passiert sind. Vor allem was wir mit den Steinen machen sollten. Sie hatten etwas mit den Elementen zu tun... Aber wie sollten wir Gebrauch davon machen? Zudem rätselten wir warum Sheela die Einzige von uns Vieren war, die keinen Stein bekommen hatte. Sie wirkte nun wie eine Außenseiterin, obwohl sie uns helfen wollte das Rätsel aufzuklären.

„Also unsere Steine stehen offensichtlich für die 4 Elemente. Chann hat das Element Wasser, Rachels Element ist Erde und ich hab Feuer“, grübelte Naga während, sie ihren Stein durch ihre Finger gleiten ließ. „Das sind aber nur drei! Wo ist Luft abgeblieben!?“ fragte Sheela nun leicht beleidigt. „Ja ehrlich. Das ist doch blöd, dass wir nun alle so einen Stein haben, nur Sheela nicht“, stimmte Rachel zu und sank mit dickem Schädel in ihren Stuhl. Ich überlegte: „Irgendwo MUSS es einen Stein zum Element Luft geben! Wir sollten wachsam sein... Vielleicht muss Sheela ihren Stein erst finden oder so. Schien ja alles sehr zufällig passiert zu sein.“ „Es gibt keine Zufälle, Chann“, ermahnte mich Rachel, worauf hin wir weiter grübelten...

Heute kamen wir auf keinen Schluss... Nichts was wir uns ausdachten schien einen größeren Sinn zu machen. Die gesamte Schulzeit befassten wir uns damit – Erfolglos. Zu Hause war ich müde und kaputt... Eigentlich hatte ich vor mich etwas hinzulegen, doch ich fand einen Brief in meinem Briefkasten. Natürlich wusste ich gleich, von wem und bekam schlechte Laune.

Absender: Danny Verone… Mein über alles „geliebter“ Herr Vater, der sich mal wieder herab ließ sich zu melden. Immer nur per Post und natürlich auch nur einmal im Monat. Manchmal vergaß er es auch einfach und schickte erst nach zwei oder drei Monaten wieder einen Brief. Auch Rico und Koshy bekamen immer wieder welche. Rico war inzwischen so weit und zerriss die Briefe gleich. Koshy legte sie ungeöffnet in eine Schublade. Von uns war ich die Einzige, die doch noch so barmherzig war um das eine Stück Papier, das sich meist darin befand, zu lesen.

Ich hasste meinen Dad. In meinem ganzen Leben hatte er sich nie die Mühe gemacht einmal vorbei zu kommen – zu fragen ob ich Hilfe oder einfach nur einen Vater bräuchte. Alle meine Geschwister und auch ich hatten kaum Bedeutung für ihn. Er zahlte fleißig Unterhalt an uns beide Jüngsten… Damit meinte ich meinen älteren Bruder Kyle und mich. Durch Geld konnte er allerdings nichts bei uns gut machen. Wir hassten ihn eigentlich alle samt.

Mit meiner schlechten Laune setzte ich mich auf mein Sofa und öffnete den Brief unsanft…
 

„Liebe Chann... Ich hoffe, es geht dir gut. Falls du irgendwas brauchst, kannst du dich gerne melden.“ Den Rest überflog ich leicht, denn dort stand nur Kram über ihn.. Seine Arbeit als Arzt und sein Leben in Japan. Alles uninteressant... Der letzte Teil des Briefs schlug dem Fass den Boden aus: „Ich werde mich nächsten Monat zu Weihnachten wieder melden. Viel Glück! Ich hoffe Rico und Kosheen passen gut auf dich auf. Sag ihnen einen Gruß von mir. Gruß, Danny.“

Nicht ein Wort von wegen, er würde mich vermissen oder lieben... Gruß Danny.. Unpersönlicher geht’s ja wohl nicht! Wieder ärgerte ich mich in Grund und Boden. Und als sollte es nicht schlimmer kommen, fing eine ganz bestimmte Person den tollen Moment ab um mich anzurufen. Als ich ans Telefon ging hörte ich die Stimme von Mum, die wenigstens noch Geld fürs Telefon ausgab und nicht nur einen dämlichen Brief schickte.

„Channy!! Schatz! Wie geht’s dir!? Kochen die auch immer genug für dich!? Ich hoffe, Rico verschandelt nicht deinen Charakter!“ „Tut er nicht. Mir geht’s gut... Ja, ich bin wohl ernährt, hab sogar leider zwei Kilo zugenommen.“ „Naja, tut dir auch gut, wenn du nicht ganz so abgemagert bist.“ „ABGEMAGERT!!?! ICH BIN FETT, MANN!!“ „... Okay. Hast du schlechte Laune?“ „Ja! Ich frag mich, wie du dich von so nem Arschloch wie Dad schwängern lassen konntest!! Und das auch noch fünfmal! Ich hasse ihn! Und dich auch! Tschüss!“

In meiner Wut legte ich auf, zerriss den Brief von meinem Alten und warf mich mit lauter Musik ins Bett, wo ich mich nach einer Stunde in den Schlaf heulte. Dabei war ich vor kurzem noch so glücklich mit meinem Leben.

In meinem Schlaf hatte ich einen seltsamen Traum... Ich träumte ich sei auf der Flucht vor irgendjemanden. Ich hatte panische Angst und rannte nur noch. Mein Weg führte mich in eine Sackgasse – ein großes Zimmer, das geschmückt war wie die Zimmer eines mittelalterlichen Schlosses. Schwere rote Vorhänge zierten die riesigen Fenster durch die allerdings kein Licht strahlte. Alles war schwarz draußen. Panisch fiel ich zu Boden und lehnte mich schreiend gegen die Wand, als auch schon ein Mann mit schwarzen Haaren und Augen vor mir stand. Er hatte einen Dolch in der Hand und stach auf mich ein…
 

Ich wachte schreiend und schweißgebadet auf und guckte auf meinen blauen Stein, der schwach leuchtete...
 

~ Kapitel 1 ~ Regentropfen ~ Ende ~ Fortsetzung Folgt ~
 

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So, das war also Kapitel 1 :) Ich hoffe Chann ist einiger Maßen gut angekommen bei euch. Vielleicht erinnert sich so mancher Leser von Syndicate's Slave an die Hiwatari Kinder x) Ist für mich derzeit gar nicht so einfach die alte Version umzuschreiben mit neuen Charas und neuen Handlungen! Kapitel 1 musste ich mittags nochmal komplett umändern weil mir was Neues einfiel, aber ich werd mich beeilen euch bald ein neues Kapitel zu liefern. Bis dahin viel Spaß beim Rätseln :D

Spiegelbild


 

Chann... Du bist die Frau meines Lebens, ich möchte für immer mit dir zusammen sein. Ich will dich so akzeptieren wie du bist – mit all deinen Fehlern und guten Seiten. Dennoch... Will ich auch irgendwann mal mit dir schlafen!“ „NEEEEEEEEEEEEEEEEEEIN!!!!“
 

Kapitel 2 ~ Spiegelbild ~
 

...Ja, so würde es aussehen – mein Horrorszenario. Ein gut aussehender Mann, der mich liebt so wie ich bin. Und dann würde alles nur zerbrechen weil meine Angst vor dem ersten mal mich immer wieder erneut besiegt.Und je älter ich wurde, desto größer wurde der Druck! Welcher Kerl würde schon eine 30 Jährige Jungfrau wollen!?!

Mist!! Und zu spät war ich auch schon wieder! In höchster Eile stürmte ich aus meinem Schlafzimmer in die Küche wo ich noch ein trockenes Brötchen fand und es mir in den Mund stopfte. Draußen vor der Tür wartete schon wieder der Schulbus. Zum Glück zum letzten mal diese Woche. Meine Freundinnen saßen schon wieder lachend und tuschelnd da und ich erkannte sofort dass ich ihr Opfer war.

„Mädels? Hattet ihr es gerade etwa über mich?“ fragte ich misstrauisch. „Ehm...“ stotterte Sheela. „Ja, wir fanden es lustig dass du mal wieder zu spät kommst.“ antwortete Naga offen und lachte wieder. Mit einem beleidigten Seufzen setzte ich mich zu ihnen: „Hey, immerhin hab ich den Bus noch bekommen. Zudem hab ich echt schlecht geschlafen.“

Wieder und wieder wurde ich von diesen Alpträumen heimgesucht. Es kam mir fast so vor als hätte ich das erst seit dieser Stein bei mir ist.

„Naja... Was soll ich sagen? Ich hatte heute Nacht auch gruselige Alpträume.“ erklärte Rachel nachdenklich. Auch Naga gab zu, heimgesucht worden zu sein. Nur Sheela blieb verschont, sie hatte ja auch keinen Stein. In dem Moment wäre ich froh auch keinen zu haben. Vielleicht sollte ich ihn weg werfen?

„Naga, was hast du denn geträumt?“ fragte Rachel neugierig. „Uff... Das wollt ihr gar nicht wissen! Grausam.“ „Doch erzähl mal! Das interessiert mich jetzt!“ drängte ich auch noch.

„Na gut... Ich hab geträumt, dass mir ein Mann mit schwarzen Haaren gefolgt sei und... Er fasste mich an... Er vergewaltigte mich zwar nicht, erstach mich aber zum Schluss. In dem Moment wachte ich auf.“ erklärte sie und damit stellten Rachel und ich fest, dass wir genau das Selbe träumten nur mit kleineren Unterschieden. Wieder fingen wir an uns zu fragen was es mit den Steinen auf sich hatte und was das für seltsame Träume waren.

Die arme Sheela fühlte sich wieder ausgeschlossen und lehnte sich schweigend Richtung Fenster. Es machte mir Sorgen, dass sie nun überhaupt nicht mehr mitreden konnte.

„Chann! Wär's für dich okay wenn mein Freund und ich heute Mittag zu Besuch kommen? Wir können uns nirgendwo treffen wegen unseren Eltern. Die sind so streng! Können ja dann zusammen Mittagessen. Was meinst du?“ fragte Rachel auf einmal mit leuchtenden Augen. Was solle ich denn nun sagen? Nein, Rachel... Es passt mir überhaupt nicht, dass du mit deinem hammer geilen Freund bei mir auftauchst weil er wahrscheinlich auf mich steht und eh nur Sex mit mir will...

„Ja ist schon okay. Könnt ruhig kommen.“ Ich hasse mich!! Warum kann ich einfach nicht nein sagen!? Sie drückte mich im Freudenrausch und und gab mir nen Kuss auf die Wange.

Noch mehr hasste ich mich selbst als ich heute Mittag um kurz vor 3 auf meinem Sofa saß und mir dachte, dass meine heiß geliebte Ruhe gleich vorbei sein würde.

Ich hätte mich gerne schlafen gelegt, denn ich war ziemlich müde. Diese Nacht hatte ich kaum Schlaf und die Schule war auch wieder so langweilig dass ich beinahe eingeschlafen wäre. Mein Herz schlug zudem heftig, denn ich war nervös wegen Chad. Wer weiß was der nun wirklich vor hatte. Und kaum malte ich mir aus wie er mich anmachte, klingelte es.

„Hi Chann!! Danke nochmal, dass wir kommen durften. Chad kennst du ja schon.“ „Hehe, ja.“ „Hiho!“ begrüßte er mich gelassen. Wie er wieder aussah... Die Haare mit Gel gestylt und wieder so ein Shirt dass seine Muskeln betonte. Ich mochte seinen Stiel sich zu kleiden und auch seinen Geruch. Es machte mich echt neidisch, dass Rachel so einen Typen hatte.

„Setzt euch doch... Macht was ihr wollt, außer Sex, so was läuft hier nicht.“ „Hm... Schade, aber du bist die Herrin hier, also mach ich mal ne Ausnahme.“ „Zu gütig von dir, Chad! Hihi.“ kicherte Rachel. Um mich von den Beiden abzuschotten lief ich in die Küche um zu kochen. Oder wie man das bei mir auch nennen konnte. Kochen war meine absolute Schwäche. Am liebsten nahm ich mir dazu diverse Gewürzmischungen wo der Kochvorgang genau beschrieben stand. Da konnte selbst ich nichts falsch machen.

Heute hatte ich mich für einfaches Chili entschieden. Ein bisschen Hackfleisch und diese Mischung. Kein Problem! Doch gerade als ich das Hackfleisch anbraten wollte, kam Chad in die Küche und lehnte sich an meinen Schrank. Er beobachtete mich weswegen ich nicht wusste was ich nun sagen sollte.

Richtig versteinert versuchte ich weiter zu kochen. Es war so unangenehm mit ihm in einem Raum alleine zu sein. Irgendwas müsste ich mir überlegen um ihn loszuwerden.

„Willst du Rachel da drüben denn alleine lassen?“ „Ach... Die ist grade auf Klo. Und du? Was kochst du denn schönes, Süße?“ „SüßE!?“ „Klar! Bist ja ne ganz Hübsche.“ „Ehm... Nein eher nicht. Nicht so hübsch wie deine Freundin zu der du so was eher sagen solltest.“ stotterte ich aufgebracht und wich ein paar Schritte zurück als er auf mich zu kam und seinen Arm um mich legte.

„Komm schon... Rachel ist doch auch gar nicht wirklich meine Freundin. Das redet sie sich nur ein.“ „Eh... Aha?“ „Immerhin gibt es noch so vieles das mir mit Rachel entgehen könnte. Zum Beispiel eine attraktive Blauhaarige. Das ist was richtig Ausgefallenes.“ „Ausgefallen... Danke auch.“

Ich wollte mich unter seinen Armen durchmogeln und davon laufen, doch er hielt mich fest. Nach Rachel rufen wollte ich auch nicht, denn das hätte den größten Streit gegeben.

„Chad, lass das bitte, ja? Selbst wenn Rachel nicht deine Freundin ist, wie du gerade sagst, bin ich trotzdem nicht an derartigen Dingen interessiert!“ „Warum denn so verkrampft, Kleine?“ „Maaann! ICH BIN NICHT VERKRAMPFT!! LASS MICH IN RUHE!“

Endlich schaffte ich es mich aus seinen Armen zu befreien und die Flucht zu ergreifen. Gerade als ich die Tür ins Treppenhaus raus rennen wollte, lief mir Rachel über den Weg. Sie hielt mich fest und guckte mich an.

„Chann! Was ist los? Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen!“ „Nein hab ich nicht! Aber du solltest deinen Kerl mal mehr unter Kontrolle halten. Ich bin weg! Wehe ich finde irgendwelche Flecken!“ „Eh!?! Chann!! Warte doch!“

Es half nichts... Ich rannte hinunter zu Koshy, wo ich hektisch gegen die Tür hämmerte, doch es machte auch nach wenigen Minuten niemand auf. Stimmt, sie musste ja arbeiten!!! Dann eben Rico! Er empfing mich mit offenen Armen als er seine Haustüre aufmachte und ich rein gestürmt kam.

„Chann, Schätzele! Was'n mit dir los?!“ „Nix! Ich will einfach grade nicht alleine sein.“ „Achso... Naja, ich hab aber grad Besuch, ne.“ „Oh... Stör ich?“ Sicher wieder Weiberbesuch! Bestimmt hab ich ihm gerade voll die Nummer versaut. Doch im Wohnzimmer saß niemand anderes als Diego! Rico's bester Freund. Klasse! Oben flüchte ich vor dem einen Perversen und hier sitzt gleich der Nächste! Über Diego González musste man nicht vieles wissen.

Er war ein hoch gewachsener, gut gebauter Spanier, der nur Chicas im Kopf hatte. Seine orangenen Wuschelhaare waren eher untypisch für einen Spanier, aber was soll ich bei meinen blauen Haaren schon sagen. Rico und er hingen fast immer zusammen, machten ihren Job und ihre Ausbildung zusammen. Sie lernten sich damals schon in der Schule kennen. Leider machte ich auch noch die Bekanntschaft mit ihm, kurz nachdem ich hier ankam. Seit dem wollte er schon immer mal mit mir ausgehen. Doch ich vermutete, dass er sich nur mit Essen gehen nicht zufrieden geben würde.

„Oh!! Die kleine Chann! Lange nicht gesehen, Süße!“ „Haha... Letzte Woche. Nicht lange genug, Alter.“ „Diego, mach meine Sis net an!“ „Jaja, ist ja gut, großer starker Beschützer.“

Ich setzte mich zu den Beiden aufs Sofa und fragte mich ernsthaft was nun besser gewesen wäre... Von Rachel mit Chad erwischt zu werden, oder mir DAS zu geben! Die Beiden unterhielten sich über Themen, die mich kaum interessierten oder von denen ich keinerlei Ahnung hatte. Größtenteils redeten sie übers Kiffen und die Frauen in den Clubs.

Diese Art Frauen die mich auf meiner Arbeit immer am meisten störten. Tanzten halb nackt, bis irgendein Kerl schon anbeißen würde. Und sie hatten immer wieder Erfolg. Naga gehörte auch zu der Sorte, doch anders als die Anderen konnte ich sie sogar noch leiden. Da war ich immer wieder froh Sheela mit auf der Arbeit zu haben, denn mit ihr konnte ich dann immer über diese Weiber lästern.

„Schwesterchen, willst du was trinken?“ fragte Rico. Wenn ich mir die Bude hier so anschaue, vergeht mir sämtlicher Appetit und alles was damit zu tun hatte. Ich wollte mich ja kaum aufs Sofa setzen. Am besten erst gar nicht die Wohnung betreten. Ein einziger Saustall!!

„Äh... Nein danke.“ „Na gut. Ich geh mal grade schnell telefonieren. Hatte was mit Dalleen ausgemacht aber ich glaube ich geh doch lieber mit Layla aus. Die hat so dieses gewisse etwas.“ „Verstehe schon, Alter! Haha! Du hast es echt drauf.“ bemerkte Diego mit einem fetten Grinsen. Mir wurde unwohl als Rico das Zimmer verließ. Ob Diego genauso aufdringlich ist wie Chad?

Ich versuchte ihn möglichst nicht zu beachten damit er erst gar nicht auf den Gedanken kam ein Gespräch mit mir anzufangen. Doch er guckte mich dauerhaft an und er würde mich sicherlich gleich ansprechen.

„Soso, Chann... Und? Hast du denn nun endlich mal einen Freund gefunden?“ „...Nein.“ „Kann ich gar nicht verstehen. Dir müssten die Kerle doch hinterher rennen.“ „Lustig bist du heute wieder Diego, ich könnte mich wegwerfen vor lachen.“ „Echt? Nur zu. Nun aber mal ehrlich! Ist da echt keiner in Aussicht?“ „Um ehrlich zu sein: Nein! Aber das ist auch ganz gut so. Ihr Kerle nervt in letzter Zeit nämlich nur.“ „Och, Schätzchen! Man muss nur an die Richtigen geraten! Soll ich dir zeigen, dass ein Kerl auch nicht immer nerven muss?“ „Du hast mir schon genug gezeigt.“ antwortete ich abfällig mit einer hochgezogenen Augenbraue. Er lehnte sich zu mir rüber und guckte mich völlig ernsthaft an: „Ich zeig dir das! Lass es mich beweisen!“

Und was sollte ich nun sagen? Einerseits war ich schon interessiert, wie Diego so sein könnte, immerhin sah er gut aus und konnte sicher auch charmant sein. Andererseits war er mir von Anfang an immer etwas unsympathisch. Ich würde mich wahrscheinlich wieder dafür hassen...

„Na gut... Dann zeig es mir halt mal. Und was hast du vor?“ „Wollen wir heute Abend in ein schickes Restaurant essen gehen?“ „Sowas kannst du dir leisten!?!!“

Er fand den Spruch irgendwie nicht lustig und guckte mich leicht beleidigt an, doch dann stimmte ich zu.

„Mann! Stellt euch vor! Dalleen und Layla sind beste Freundinnen und haben sich längst gegen mich verbündet... Ich hasse Frauen! Muss ich mir halt heute Abend ne Andere suchen. Hast du auch schön die Finger von meiner Sis gelassen, Diego?!“ „Klar doch. Mag ja nicht von dir getötet werden, Süßer!“ „Iiih!“

...

Weil wir in ca. zwei Stunden los wollten, kehrte ich wieder in meine eigene Wohnung zurück wo Rachel und Chad noch saßen. Allerdings waren sie grade am Streiten.

„So Leute! Wenn es euch nichts ausmacht, dann streitet doch bitte draußen weiter! Chann hat gleich ein Date und braucht keinen Besuch!“ „Und das Essen!?“ fragte Chad entsetzt. „Kauf dir was bei Burger King!“ „Und ich?“ „Du, meine liebe Rachel, kannst von mir aus hier bleiben oder mit ihm gehen... Aber die Bude ist nun Kerlfreie Zone!“

Da Rachel eh gerade Zoff mit ihrem Kerl hatte, ließ sie ihn alleine gehen und blieb bei mir. Aufgeregt fragte sie mich was es für ein Date sei und mit wem ich es hätte. Nur dass ich mit Diego ausgehen würde, schockte sie etwas.

„Chann! Wie Niveaulos bist du eigentlich, dass du ausgerechnet mit dem weg gehst!? Der legt dich doch im nächst besten Moment flach.“ „Er meinte, er wolle mir zeigen, dass Männer auch keine Idioten sein können.“ „Grade er!?“ „Ja, hab ich mir auch gedacht. Aber ich schau es mir mal an.“ „Schatz? Bist du verzweifelt?“

„Etwas! Und jetzt sag, ob mir die Klamotten stehen!“

Während unseres Gesprächs zog ich ein Oberteil nach dem anderen an in der Hoffnung es würde mir passen und stehen. Doch leider passten mir fast meine ganzen Klamotten nicht mehr, was mich ziemlich frustrierte.

„Sag mal... Hast du zugenommen!?!!“ fragte Rachel hysterisch. „Ja! Verdammt ich hab zu viel Süßkram gefuttert!“ „Ja, wer träumt denn immer von nem ganzen Lager?! Selber Schuld!“ „Gibst du mir was von dir? Wenn ich noch etwas zunehme dürften deine Klamotten perfekt passen.“ „...Was willst du mir damit sagen?“ „Nichts! Ich glaube dieses hier passt! Sag mal, warum hattest du Streit mit Chad?“ fragte ich, während ich mich ins nächste Oberteil quetschte.

„Ach... Er ist im Grunde ja auch nur ein Arsch und sucht sich wohl gleich die nächst Beste. Er meinte, er wüsste gar nichts davon dass wir überhaupt zusammen seien und könne sich nicht erklären warum die vorhin die Wohnung fluchtartig verlassen hast. Hat er dich angemacht, Chann?“

Argh!! Dieses Oberteil!!! Ein paar Fäden rissen ein als ich es versuchte über meine Brust zu bekommen. Dabei war die gar nicht so groß! Verdammt, ich muss dringend abnehmen! Oder mir neue Teile kaufen... „Chaaaann?“ „Was?“ „... Boah. Ihr regt mich heut alle auf. Das da steht dir! Liegt zwar ein bisschen eng an, aber sieht von allen am besten aus. Ich geh jetzt heim. Bis morgen.“

Ohne typische Umarmung und Küsschen auf die Wange machte sie sich vom Acker und ließ mich hier vorm Spiegel zurück. Oh Gott... Wie schrecklich ich doch aussah. Und da soll ich ein Date haben!?

Mich leicht schämend stand ich um 8 Uhr Abends vor unserer Haustür und wartete.

Diego kam recht pünktlich in einem chicen Sportwagen angefahren. Nun musste alles schnell gehen, denn Rico dürfte uns auf keinen Fall zusammen sehen. Sonst würde er wahrscheinlich durchdrehen. Ich war doch die kleine süße Schwester die er beschützen musste. Schnell stieg ich ein und noch bevor ich mich anschnallen konnte fuhr er los.

„Chann, du siehst klasse aus!“ „Nee... Und du mal nicht wie ein Penner!“ „Danke auch...“ „Wo hast du das Auto geklaut?“ „Hab ich mir gekauft... Rico hat auch so nen Schlitten rumstehen. Von seinem kriminellen Hobby finanziert.“ „Oh Mann. Egal, lass uns einfach mal so tun als würden wir uns heute das erste mal sehen. Ich glaube, sonst endet das im Desaster!“ „Gute Idee.“

Diego fuhr uns in ein nobles Restaurant wo alles ziemlich teuer war. Hier hatte ich noch nie gegessen. Die Preisklasse überstieg mein finanzielles Limit um weiten. Ich war ja froh meinen Mietanteil bezahlen zu können und dass es mir täglich für eine Tafel Schoki reichen würde. Die sollte ich vielleicht erst mal weg lassen...

Während unseres Dates war ich recht schweigsam, da ich nicht wirklich wusste was ich so mit Diego reden sollte. Er fragte mich immer mal wieder über verschiedene Dinge aus. So entdeckte er zum Beispiel auch meinen blauen Stein und interessierte sich wahnsinnig dafür.

Ich konnte es nicht wirklich verstehen wie ein Typ wie er sich derartig für ein kleines Stück Schmuck interessieren konnte. Er fragte mich, wo ich den gekauft hätte, wie viel er gekostet hatte und all diese Dinge. Nicht einfach sich so viele Ausreden auf einmal einfallen zu lassen, aber ich schaffte es.

Ca. Zwei Stunden blieben wir dort und kamen gegen Ende doch gut ins Gespräch. Leicht angetrunken war ich vom vielen Wein, den der Kellner uns brachte. Dabei dürfte ich noch gar kein Alkohol zu mir nehmen in meinem Alter. Wer achtet hier aber schon auf Jugendschutzgesetze?

„Chann, ich bring dich besser mal nach Hause. Du bist ja richtig angetrunken.“ „Och... Nööö! Mir geht’s... Priiiima!“ „Ja, ich merke es. Komm.“

Er bezahlte noch unsere unmenschliche Rechnung ehe er seinen Arm um mich legte und mich mit der anderen Hand stützte. So weit ich noch denken konnte, fragte ich mich ernsthaft ob er mich hat abfüllen lassen, denn auch zu Hause begleitete er mich noch bis in meine Wohnung.Dort warf ich den Schlüssel erstmal auf meinen Wohnzimmertisch und ließ meine Jacke einfach auf den Boden fallen. Er guckte mich richtig verblüfft an.

„Süße, das war heute ein richtig schöner Abend. Und, meinst du, ich kann nur nervig sein, oder wie findest du meine andere Seite?“ „Sexy...“ lallte ich heraus und ließ mich fallen. Er konnte mich gerade noch auffangen und drückte mich an sich. Ja, ich glaube in dem Moment hatte er mich da wo er mich wollte. Auf einmal küsste er mich und ich in meinem Wahn machte auch noch mit, bis wir vor Leidenschaft vor das Sofa torkelten und uns fallen ließen. Ich genoss es wie er auf mir lag und mich am Hals entlang abwärts küsste. Er arbeitete sich vor zu meinem BH, den er spielend leicht öffnete und mich streichelte.

Gut! Diesmal, Chann Hiwatari, hast du keine Angst davor!! Einfach genießen und es passieren lassen! Scheiß auf die Schmerzen... Und es ist immerhin auch nur Diego! MOMENT MAL!!! MIT DIEGO!!?! War ich denn von allen guten Geistern verlassen!?!!!! Plötzlich drückte ich ihn von mir weg und versuchte wieder abzuhauen.

„Ey, was is'n nun los!?!“ „Du!! Du wolltest mich abfüllen, damit du mich zu deiner Sammlung zählen kannst! Aber nicht mit mir! Los! Geh halt runter zu Rico oder da hin wo der Pfeffer wächst! Echt clever von dir, aber bei mir klappt deine Masche nicht!“ „Oh Mann... Mädel, du hast mich heut ein Haufen Geld gekostet! Meinst du ich will da ohne ausgehen?“ „Hättest du dir vorher überlegen sollen! Das Essen war gut, du warst nett, aber Sex gibt es heut sicher nicht! So was mache ich nicht beim ersten Date.“

Geduldig lächelte er und legte seine Hand auf meine Wange, die er kurz darauf zärtlich küsste: „Gut, dann eben nicht heute. Vielleicht können wir uns ja öfter sehen und irgendwann weißt du dann, dass ich es ernst mit dir meine. Ich lass dir alle Zeit die du brauchst.“ „Wirklich?“ „Ja, ich verspreche es dir.“

Dann verließ er meine Wohnung. Mein Gesicht wurde knallrot – war er vielleicht doch ein guter Kerl der mir Zeit lassen würde? Wieso wurde mir gerade so warm als wäre ich in ihn verliebt!? Ich musste mich erstmal kurz hinsetzen und das alles kurz überdenken.

Diego González und Liebe? Es schien irreal... Immerhin war er der Playboy schlecht hin. Aber vielleicht findet auch ein Playboy mal eine Frau bei der er bleiben will? Wie heißt es doch so schön? Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn!

Am besten würde ich mal zu Koshy runter gehen und sie fragen was ich davon halten soll. Sie würde es jedoch eh wieder skeptisch sehen. Sie sah immer nur das Schlechte im Manne ~

Immer noch leicht betrunken wackelte ich die Treppe hinunter und stellte fest, dass die Türe leicht offen stand, als ich klopfen wollte. Untypisch für Koshy. Sie war immerhin immer vorsichtig und achtete auf Sicherheit. Wie oft ermahnte sie mich, die Türe auf jeden Fall Nachts abzuschließen?

„Koshy?? Bist du da?“ fragte ich vorsichtig während ich durch die halb dunkle Wohnung schlich. Mir war flau im Magen und Angst hatte ich auch etwas. Ihr war doch nichts zugestoßen? Langsam überprüfte ich Zimmer für Zimmer und rief nur leise nach ihr. Was, wenn hier ein Mörder in der Wohnung war!?! Ich wollte mir den Anblick gar nicht erst ausmalen.

Ein Zimmer blieb noch übrig! Das Schlafzimmer, aus dem ich ein lautes Stöhnen hörte und das Schlimmste erahnte! Koshy wie sie verletzt in einer Blutlache liegt und nur noch ein schmerzvolles Stöhnen raus bekommt!!! Ich musste ihr helfen!! Egal was passieren würde! Es war meine Pflicht den Einbrecher daran zu hindern meine Schwester umzubringen! Und so nutzte ich mein Körpergewicht und warf mich gegen die Holztür, die einschlug...

„LASS MEINE SIS IN RUHE ODER ICH MACH DICH...“

Der Anblick war schlimmer als ich erwartet hatte... Da lag nicht Koshy in einer Blutlache und um Hilfe schreiend... Es war Diego der es gerade mit meiner Schwester trieb obwohl er mir vor nicht mal zehn Minuten versprochen hatte mir Zeit zu lassen... Beide guckten mich entsetzt an – klar, ich hatte sie beim Sex erwischt. Es war mir so peinlich, dass ich mit Tränen in den Augen aus der Wohnung rannte, hoch in meine.

Mit voller Wucht schlug ich die Tür hinter mir zu, wovon sie auch gleich wieder aufging. Dies bemerkte ich allerdings nicht. Mir war in dem Moment einfach alles egal. Wieder einmal landete ich heulend auf meinem Bett. Wie so oft die letzten Tage.

Wie konnte ich nur so naiv sein und glauben dass gerade er anders sein könnte!?! Ich hasste mich selbst für meine Naivität und beschloss nicht länger hier liegen zu können. Ich brauchte unbedingt frische Luft, denn ich hatte das Gefühl mir würde hier die Decke auf den Kopf fallen.

Der Mensch braucht immer eine Sache auf die er sein Unglück schieben kann. Ich in meinem Falle konnte in dem Moment nur meinem Stein die Schuld geben. Seit er hier war schien alles nur noch schief zu laufen! Die Alpträume, diese dummen Kerle, die mich jetzt andauernd anmachen. Von vorne bis hinten fühlte ich mich verarscht. Obwohl es schon so spät war, machte ich mich auf die Socken und versuchte einen klaren Kopf zu bekommen. Mein Weg führte mich an den Hafen, wo ich in den schwarzen Himmel hinaus blickte und mich seufzend ans Geländer lehnte. In meiner Hand lag die Kette mit dem Stein, der mir nichts als Ärger zu bescheren schien. Ich schenkte ihm letzte grimmige Blicke, bevor ich ihn einfach ins Wasser fallen ließ. Wenn er wirklich ein magischer Stein sein sollte, dann müsste er ja wohl auf sein eigenes Element reagieren...

Dummes Ding! Wahrscheinlich war es besser ihn schnell los zu werden und hoffentlich könnte ich bald mein normales Leben wieder führen. Seufzend drehte ich mich vom Geländer weg und erschrak halb zu Tode als ich auf einmal dieses Mädchen vor mir stehen sah!

Wo kam die auf einmal her? Sie sah seltsam aus. Obwohl die Umgebung kaum beleuchtet war, funkelten ihre weißen Haare hell und auch ihre Augen stachen sofort heraus. Sie schien in etwa mein Alter zu haben, doch irgendwas stimmte nicht mit ihr.

„Wer bist du!? Was willst du von mir!?“ rief ich aufgebracht zu ihr rüber. Sie kicherte etwas: „Warum versuchst du ihn loszuwerden?“ „Wen? Sag wer du bist!!“

Fast schwerelos sprang sie in die Luft und landete mit leichten Füßen wieder neben mir. Erst jetzt fielen mir ihre Augen noch mehr auf! Sie leuchteten Knallrot...

Gerade als ich sie mir genauer anschauen wollte, wurde ich von etwas Anderem abgelenkt. Die Stelle im Wasser, auf die ich meinen Stein fallen ließ, leuchtete in einem grellen Blau auf. Es verging vielleicht gerade mal eine Sekunde als mein Anhängsel mit voller Wucht aus dem Wasser geschossen kam und sich wieder zu mir drängte. Ich konnte es nicht fassen... Er verfolgt mich!

„Was soll das denn?!“ fragte ich aufgebracht und versuchte ihn wieder weg zu werfen, doch jedes mal kam er zurück geflogen wie ein treues kleines Hündchen.

Das fremde Mädchen grinste mich selbstgefällig an:

„Siehst du? Es bringt nichts... Wenn du erstmal so ein Ding hast, dann bist du an es gebunden.“ „Du redet ja gerade so, als hättest du schon Erfahrung damit.“ „Oh ja...“

Sie griff auf einmal zu ihrem Hals und hob einen kleinen schwarzen Stein hoch. Er war kaum erkennbar in der Dunkelheit hier, dennoch strömte er eine ganz besondere Kraft aus. „Wieso... Ist der schwarz? Ist das etwa auch ein Elementstein? Aber es fehlt doch nur noch Luft. Ich kann mir kaum vorstellen dass der Stein des Elementes Luft schwarz ist.“ „Das ist er auch nicht. Dieser Stein gehört zu keinem der vier Elemente. Er ist der Stein der Dunkelheit. Mit ihm kann ich alle dunklen Künste beherrschen.“ „Dunkle Künste beherrschen?! Mit den Steinen kann man etwas anfangen?“ „Aber klar doch... Sag bloß du hast ihn noch nicht ausgetestet, Dummerchen?“

Leicht beleidigt fiel mir keine Antwort dazu ein. Was hätte ich schon groß damit anstellen sollen? Das fremde Mädchen mit den roten Augen demonstrierte mir, was sie meinte. Sie setzte ihre Kräfte mit ihrem puren Willen ein. Ein schwarzer Blitz kam aus ihrer Hand geschossen und prallte gegen die Straßenlampe. Das letzte bisschen Licht in der Straße erlosch.

„Stell dir mit aller Kraft vor was du mit deinen Kräften machen möchtest. Ich garantiere dir, du schaffst es, einen Wasserstrahl abzufeuern.“ „Ja klar...“

Sie machte es mir noch einmal vor, dann versuchte ich es selbst. Wie schon vermutet klappte es nicht. Ich setzte kein Vertrauen in diese Kräfte, denn ich hielt es für puren Schwachsinn. Wieso sollte ich so was tun können? Wasser aus meiner Hand abfeuern... Wasser beherrschen. So etwas kann man nicht!

„Dir fehlt einfach die Übung, meine Liebe!“ „Ich bin nicht deine Liebe! Sag mir lieber endlich wer du bist!“ „Ich bin Aysha, der Vampir.“ „Ein Vampir? Willst du mich verarschen?“ fragte ich ungläubig. Doch ohne große Worte zu verschwenden, ließ sie ihre Zähne zum Vorschein kommen. Die roten Augen sagten schon alles... Dann noch das weiße Haar. Ich glaubte, ich müsste im nächsten Moment tot umfallen, denn eigentlich glaubte ich nicht an Vampire. Man las davon in Büchern oder sah sie in guten Gruselfilmen... Aber nun einen vor mir stehen zu haben?! Unglaublich! Mir drehte es fast den Magen um.

„Wehe du beißt mich! Ich will als Normalsterbliche weiter leben!“ „Normalsterblich bist du doch eh nicht mehr seit du diesen Stein bei dir trägst. Aber keine Sorge, ich werde dich nicht beißen. Ich habe das Gefühl, dass wir an einem Strang ziehen müssen. Unsere Steine verbinden uns.“

Ich schwieg... Ja, es stimmte. Ich fühlte mich automatisch zu dem anderen Stein hingezogen. Auch zu Naga's und Rachel's. Es kam ganz automatisch und ohne dass ich etwas dagegen tun konnte. Aysha legte eine Hand auf meine Schulter, wovon ich erneut erschrak: „Wie heißt du?“ „Mein Name ist Chann.“ „Gut, Chann... Ich möchte dir etwas zeigen. Der Grund warum ich mich überhaupt in der Gegend herumtrieb.“

Unsere scheinbar Schicksalhafte Begegnung führte uns in ein Lagerhaus nicht weit von hier entfernt. Dort drinnen wurden Container für Schiffe gelagert. Aysha führte mich hinter das Gebäude, das schon leicht drohte einzufallen und stellte sich vor ein kleines Loch in der Mauer. Auch für mich war noch genug Platz zum durchgucken.

Drinnen war es nur leicht beleuchtet, so dass man nur die Umrisse der vier Personen erkennen konnte.

„Also gibt es anscheinend wirklich noch andere Assistants mit den selben Kräften, wie die Chefin bereits gesagt hatte“ , sprach eine der Personen mit nachdenklichem Tonfall. „Ich mag die Chefin nicht. Aber gut, Auftrag ist Auftrag“ , antwortete eine Andere Stimme. „Mädels! Wir müssen die anderen Assistants finden und auslöschen! So lautet der Auftrag und das machen wir auch. Mir ist mein Leben lieb.“ „Oh Leute... Kommt auf den Punkt! Ich will hier weg und noch Party machen. Kerle anflirten und so!“ meckerte die Vierte. Allesamt waren es Mädels. Ihre Stimmen klangen noch recht jung, als seien sie etwa so alt wie ich.

„Aysha... Wovon reden die? Wer sind die und was sind Assistants?“ „So nennt man scheinbar Leute, die solche Steine wie wir haben. Ich versuche selbst herauszufinden was es damit auf sich hat. Ich vermute jedoch, dass diese Mädchen da nicht auf unserer Seite sind.“ flüsterte sie mir zu. „Meinst du also, es hat wirklich mehr auf sich mit diesen Steinen? Und wir müssen gegen die da Drinnen kämpfen?“ „Ich vermute es.“

Drinnen ging das Gespräch weiter: „Ich denke mal, die Mädels die wir suchen gehen auf eine der Schulen im Umkreis. Am besten wir suchen dort erstmal“ , schlug eine von ihnen vor. Aysha und ich beschlossen lieber abzuhauen bevor uns noch jemand entdecken würde. Sollten sie wirklich alle vier die selben Kräfte haben wie wir, wären wir an diesem Abend in der Unterzahl. Das konnten wir nicht riskieren.

Aysha ging mit mir zurück nach Hause, wo sie sich auf dem Sofa breit machte.

„Ich muss Rachel und Naga warnen!“ „Rachel und Naga? Haben die auch solche Steine?“ „Ja... Naga hat Feuer und Rachel hat den Stein der Erde. Allerdings weiß keine von uns was man damit anfangen soll.“ „Nun... Was genau du damit machen kannst, habe ich dir vorhin gezeigt.“ „Das wird doch nie funktionieren!!“ „Glaub an dich! Übrigens... Kann ich heute Nacht hier bleiben? Ich brauche einen Platz zum Ruhen.“ „Meinetwegen. Es ist eh schon spät und ich leg mich gleich hin... Falls ich überhaupt schlafen kann. Ständig diese Alpträume. Das nervt.“ „Du hast Alpträume? Seltsam...“ „Ich glaube sie kommen von dem Stein.“ „Ich schlafe nicht wirklich. Hab auch keine Träume. Äh... Muss ich auf dem Sofa schlafen? Hast du keinen Sarg wo ich ruhen kann?“

Ich fragte mich in dem Moment ob Aysha das wirklich ernst meinen konnte. Doch ihr Blick verriet mir, dass es ihr bitterer Ernst war.

„Seh ich aus wie der örtliche Friedhof? Oder als ob ich hier Särge halten würde?“ „Irgendwie... Schon, ja! Also?“ „Wenn du willst kannst du in dem Sarg der im Keller steht schlafen. Er besteht aus feinstem Buchenholz. Wirklich angenehm dort drinnen. Der Geruch lässt dich schlafen wie ein Baby!“

Ihre Augen leuchteten! Sie kaufte es mir tatsächlich ab und stürmte in den Keller. Allerdings verfluchte sie mich dort dann, weil sie merkte dass ich sie nach Strich und Faden verarscht hatte. Leicht frustriert legte sie sich dann doch auf mein Sofa und ich schloss mich in meinem Schlafzimmer ein.

Noch einmal ließ ich den Tag an mir vorbei ziehen. Ich müsste unbedingt mit Koshy über Diego sprechen und meine beiden Freundinnen vor diesen vier Mädels warnen! Das mit den Steinen scheint tiefgründiger zu sein als zu erst angenommen. Warum nur gerade ich? ...
 

~ Kapitel 2 ~ Spiegelbild ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~

Die mysteriöse Frau


 

… Kann ein Wesen der Dunkelheit auch das Licht kontrollieren?... Und kann die Kraft der Liebe und Zuneigung wirklich alles Dunkle vertreiben?
 

Kapitel 3 ~ Die Mysteriöse Frau ~
 

Diese Nacht war wieder einmal die Hölle für mich! Ich träumte, wie ich bewegungslos da stand, zwar alles um mich herum sehen und hören konnte, jedoch brachte ich kein Wort heraus, so sehr ich es auch versuchte! Ich konnte nicht reden. Auch meine Arme und Beine gehorchten mir nicht. Es war als sei ich versteinert. Aus Verzweiflung fing ich an zu weinen und als eine der Tränen auf meiner Hand landeten sah ich, dass es Blut war...

Kaffeeschlürfend und mit zitternden Händen saß ich an meiner kleinen Küchentheke. Aysha schlief noch seelenruhig. Ich fragte mich, sowieso sie die über Nacht schlief. Waren Vampire nicht eigentlich nachtaktiv und tagsüber müde?

Sie hatte also den Stein der Dunkelheit, wie wir ihn mal eigensinnig genannt hatten. Ob diese Steine nun einen Namen hatten oder nicht konnten wir ja nicht wissen. Wenn es also einen Stein der Dunkelheit gab... Wäre es dann nicht zu vermuten, dass es auch das Gegenstück – also den Stein des Lichtes gab? Irgendwo!

Und wenn, wer hat ihn dann? Eine Heilige aus dem Kloster? Zudem waren alle Besitzer solcher Steine des weiblichen Geschlechtes. Wirklich seltsam dieser ganze Verlauf.

Ich grübelte weiter, während ich verschlafen frühstückte. Endlich Wochenende und kein nerviger Schulbus, der mir Zeitdruck machen würde. Doch ich musste unbedingt meine Freundinnen sehen – sie warnen vor dem, was ich gestern gehört hatte. So beschloss ich sie gegen 11 Uhr morgens anzurufen um sie zu mir einzuladen.

„Kommen die Besitzerinnen der anderen Steine etwa heute vorbei?“, fragte Aysha mich neugierig. Sie hatte sich auch eine Tasse Kaffee genommen, was mich wieder einmal wunderte. Dieser Vamp war für mich ein einziges Rätsel.

„Ja, meine Freundinnen sollen erfahren, was wir gestern entdeckt haben.“ „Vielleicht besser so.“ „Aysha? Gibt es eigentlich auch einen Stein des Lichts? Und dazu eine Besitzerin?“ „Ja, ich glaube, die gibt es. Ich werde eine alte Bekannte von mir suchen gehen und sie auch mit zu unserem Treffen bringen. Ich verspreche – ich bin bald wieder zurück.“

Ich war sehr neugierig auf ihre „Bekannte“, denn so wie es schien gab es diesen Stein des Lichts wirklich.

Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als es gegen meine Haustür klopfte, was mich schon wieder ziemlich nervte. Ich lag mit meiner Vermutung richtig, denn meine große Schwester Koshy stand davor. Na toll! Ich konnte ihr kaum in die Augen sehen.

„Hi Chann...“ „Hi... Und bis dann“, antwortete ich kühl und machte die Tür einfach wieder zu. „Heeey!! Das ist nicht fair, warte doch mal!“, rief sie von Draußen und klopfte weiterhin hartnäckig dagegen. Es brachte ja nichts sie nun einfach zu ignorieren, daher riss ich die Tür erneut und genervt schnaufend auf.

„Was?! Hat es Spaß gemacht!?“ „Dass du uns beide gerade in so einer Situation erwischt hast tut mir leid, Chann!“ „Ja sicher... Erst meckerst du über jeden Typen hier auf der ganzen Welt und dann machst du es gerade mit Diego!?!“ „Ja, Sorry, ich hab es halt auch mal gebraucht.“ „Bist du mit ihm zusammen?“ „Naja... Nicht wirklich.“ „Gut, du weißt nämlich bestimmt nicht, dass der liebe Diego mir grade mal zehn Minuten zuvor schwor mir alle Zeit der Welt zu lassen und dieses ganze Gelaber?“ „Was!? Der hat uns beide verarscht!?! Na warte, wenn ich den erwische!!“, drohte sie mit ihrer schwarzen Wolke über dem Kopf und machte sich mit geballten Fäusten auf den Weg zu Rico.

Endlich war ich nun wieder alleine in meiner Wohnung. War ja auch schon zuuu lange her! Naja, gestern eben... So beschloss ich in aller Stille meinen Kaffee weiter zu trinken. Es war zu schön! Keine Nervensägen um mich herum.

Doch wieder wurde ich dazu verführt über diesen Stein und das Geschehene nachzudenken. Aysha sagte, ich sollte die Energie mit Kraft meines Willens steuern und freisetzen. Aber wie!? So was kann doch gar nicht klappen! Jedoch war ich gerade eh alleine hier und niemand würde mich beobachten.

Mein Blick fiel auf die Blumenvase, die vor mir auf dem Tisch stand. Ihr Glas war durchsichtig und so konnte ich mir das Wasser darin genau anschauen. Etwa fünf Minuten starrte ich die klare Flüssigkeit einfach nur an, ehe ich meinen Zeigefinger darauf richtete und mir vorstellte, wie es zu einer Fontäne werden würde. Ich war so fest entschlossen dieses Wasser aus der Vase herausspringen zu lassen, dass ich alles um mich herum vergaß.

Plötzlich bekam ich das Gefühl dieses Wasser vollkommen unter meiner Kontrolle zu haben und ich schnipste reflexartig mit dem Finger. Umso mehr war ich daher überrascht, als das Wasser mit meinem Schnipsen anfing zu springen!

Wahnsinn! Total begeistert spritze ich auf und lachte die Vase an.

„Gleich nochmal!!!“

Wieder und wieder versuchte ich das Wasser zum Tanzen zu bringen. Und je öfter ich es versuchte, desto höher sprangen die Tropfen. Bis hin zur Decke, die letztendlich tropfte.

„Wow! Chann hat es echt drauf!“, bemerkte auf einmal eine Stimme, die von meiner Küchentür aus kam. Ich bekam einen halben Herzinfarkt, als ich mich umdrehte und Aysha mit ihrem fetten Grinsen sah.

„Wie bist du denn hier rein gekommen!?!“ „Tja, Süße... Du solltest die angewöhnen deine Tür abzuschließen, dann brauchst du dich auch nicht mehr wundern, wenn unerwarteter Besuch in der Wohnung steht“, erklärte sie hochmütig und zwinkerte mir dabei zu. Diese... Ihr Blick verriet mir jedoch, dass wir nun genug gescherzt hatten und es Zeit war für ernstere Dinge.

„Komm mit! Im Wohnzimmer wartet meine Bekannte schon. Man, hat die sich wieder angestellt, als ich sie herbringen wollte“, meckerte sie, als ich ihr ins Wohnzimmer folgte. Dort saß eine junge Frau auf meinem Sofa. Sie hatte blaue Augen und orangene Haare, fast so wie Diego. Könnte doch glatt als seine Schwester durchgehen.

„Können wir es bitte schnell hinter uns bringen? Ich will wieder nach Hause. Es ist mir heute verdammt noch mal zu sonnig, Aysha!“ „Ja und? Stell dich nicht so an! Ich verkrafte es immerhin auch. Das ist übrigens Chann. Sie hat den Stein des Wassers.“ „Hi Chann“, murrte die Fremde. Ich musste sagen sie war mir äußerst unsympathisch mit ihrem Gemecker. Dennoch versuchte ich freundlich zu bleiben und begrüßte sie ebenso.

„Chann, das ist Angel. Sie ist ein Vampir, genau wie ich.“ „Was!? Aber sie hat doch blaue Augen und ihre Zähne sehen auch völlig normal aus!“, platze es aus mir heraus. Diese Angel verschränkte die Arme.

„Eigentlich bin ich ein Vampir, ja... Aber seit ich vor Kurzem diesen dämlichen Stein bekommen hab, sind alle Merkmale die mich zum Vampir machen verschwunden! Ich könnte kotzen!!!“ „Verstehe... Vampir aus Leidenschaft...“ „Ich liebe mein Vampir-Dasein! Warum konnte Aysha nicht diesen blöden Stein bekommen!? Sie ist doch Diejenige, die nie ein Vampir sein wollte!“

Ich guckte mir Angels Stein genauer an. Er schimmerte leicht rosa, was ja überhaupt nicht zu ihr passte. Ich hob meine Augenbraue an.

„Sicher dass das nicht ein einfacher Rosenquarz ist?“ „Klar ist er ein Rosenquarz! Ein Rosenquarz mit dem ich so etwas machen kann...“ Angel riss mir den Stein aus der Hand und erschuf eine kleine Lichtkugel in ihrer Hand. Wie wunderschön sie aussah! Nun war ich doch richtig neidisch nicht selbst so etwas machen zu können!

„Ich gehe davon aus, dass Angel den Stein des Lichts kontrollieren kann, weil sie vor ihrem Leben als Vampir eine Nonne war.“ „MUSST DU ALLES VERRATEN?!?!“, schrie sie beschämt heraus und wirkte total aufgebracht. Es war ihr offensichtlich sehr peinlich.

Angel hatte also durch ihren Status als frühere Nonne und Dienerin Gottes die Kraft den Stein des Lichts zu benutzen. Und Aysha kann ihren Stein der Dunkelheit nur benutzten, weil sie ein Wesen der Dunkelheit ist. Ich fragte mich, ob Angel eventuell auch Aysha's Kräfte nutzen könnte. Sehr rätselhaft das alles.

Nun klingelte es auch schon an meiner Tür. Naga und Rachel waren sehr pünktlich! Sie musterten die beiden neuen Mädels in der Runde skeptisch.

„Licht und Dunkelheit also?“, fragte Naga nachdenklich, als sie sich längst schon auf dem Sofa breit gemacht hatte mit einer Dose Cola. Rachel saß auf dem Sessel mit überschlagenen Beinen. Sie hörte einfach nur zu.

„Wozu das alles, frage ich mich“, überlegte sie weiter. „Niemand von uns weiß es. Aber ich gehe davon aus, dass wir nicht umsonst mit diesen Dingern gesegnet wurden.“ „GESEGNET!?!“, schrie Angel Aysha ins Wort. Sie ließ sich davon nicht stören. „Feuer, Wasser, Erde, Luft, Dunkelheit und Licht... Das ergibt einen Sinn, aber da bleibt wirklich nur noch das große "Warum"? Und ein Element fehlt in unserer Runde! Luft!“ „Die Einzige, die noch zu unserem Quartett gehört, heißt Sheela, hat jedoch keinen Stein bekommen“, erklärte Rachel. Naga legte ihre Hand nachdenklich auf ihr Kinn. „Vielleicht bekommt sie ihn auch erst noch? Vielleicht muss sie ja erst irgendein Ereignis auslösen.“

Wir stimmten ihr mit ihrer Theorie zu. Aber dann wäre es wirklich mal Zeit dafür. Aysha und ich erklärten den Mädels, was wir gestern in der Lagerhalle vom Hafen gehört hatten. Nun wurden sie schon etwas unsicher.

„Vielleicht... Kann ich euch ja weiter helfen“, hörten wir auf einmal eine hallende Stimme sagen. Doch von woher kam sie!?

Hektisch schauten wir uns alle im Raum um, doch es war niemand zu sehen, weswegen wir uns allen fragende Blicke schenkten. Nach einigen Sekunden des Schreckens, erschien auf einmal eine Frau vor uns. Aus dem Nichts!!! Sie war relativ freizügig gekleidet und hatte lange braune Haare. Ihre Augen schimmerten Violett. Eine wirklich hübsche Frau! Fast wie ein... Engel!'

„WER SIND SIE!?!“, fuhr Angel sie aufgebracht an. Auch alle Anderen hielten sich bereit zum Kämpfen. „Keine Angst! Ihr braucht mich nicht anzugreifen, ich werde euch nichts tun. Ja, ich stehe sogar auf eurer Seite. Ihr habt viele Fragen und ich habe eventuell die Antworten. Mein Name ist Viki und ich bin eine heilige Gesandte.“ „Ja, sicher“, widersprach Naga arrogant, worauf diese Viki nur sanftmütig lächelte. „Ihr, die Trägerinnen der heiligen Elemente seid dazu auserkoren, den Kampf gegen die dunklen Mächte aufzunehmen. Ihr tragt die Geister der heiligen Göttinnen in euch. Jedoch – was sehe ich? Element Luft scheint zu fehlen?“ „Ja... Leider“, antwortete ich ruhig. Sie hatte so eine riesige Ausstrahlung die einfach nur respekteinflößend war.

„Was soll das heißen "Kampf gegen die dunklen Mächte aufnehmen"?“, fragte Rachel unbeeindruckt und mit verschränkten Armen. Viki setzte wieder ihr liebliches Lächeln auf. „Ihr habt vielleicht schon Bekanntschaft mit vier Frauen gemacht, die ebenfalls die Kraft der Elemente nutzen können. Sie handeln jedoch nicht mit reinem Herzen und können für euch zu harten Gegnern werden. Sie suchen euch... Ihr müsst dringend das Mädchen mit dem vierten Element finden! Nur mit ihrer Hilfe und gemeinsam seid ihr dem Feind gewachsen! Zudem gibt es noch eine Person, die über diesen vier Frauen steht. Sie hat ihre Seele der Dunkelheit verschrieben und muss dringend vernichtet werden, bevor die Welt dem Untergang geweiht ist!“

Wir alle staunten über so viele erschreckende Informationen. Ehrlich gesagt waren diese Worte alle zu hoch für mich... Dunkle Mächte, Feinde, heiliger Krieg...? Und wir mitten drin? Wir waren doch alle nur normale junge Mädchen...

„Was sollen wir jetzt als nächstes tun?“ fragte Aysha skeptisch. „Nun... Ihr müsst lernen eure Fähigkeiten zu benutzen und zu stärken. So lang ihr eure Kräfte als Assistants habt, werden eure Körper niemals das Alter von 25 Jahren überschreiten... Seid gewarnt! Das klingt für junge Mädchen wie euch vielleicht sehr anziehend, jedoch kann es schnell zu einer Last werden, Normalsterbliche die zu eurer Familie gehören langsam sterben zu sehen. Zudem solltet ihr euch vor den vier Gegenstücken in Acht nehmen. Sie sind stark und weitaus besser mit ihren Fähigkeiten trainiert als ihr es seid. Sucht das fehlende Element, dann werde ich euch erneut den Weg weisen.“

Mit ihren letzten Worten wurde ihre Stimme wieder hallender und sie verschwand schließlich wieder im Nichts. Wir hatten zwar noch viele Fragen, doch nun war erstmal unklar, ob wir ihr überhaupt vertrauen sollten.

„Oh Mann! Ich fühl' mich von der ganzen Welt verarscht!“ „Ich auch!“, stimmte Angel Naga zu. Sie hatten fast dieselbe Haltung angenommen und auch der Gesichtsausdruck ähnelte sich. Die Beiden passten wirklich gut zusammen.

„Ich glaube ihr.“ sagte Aysha selbstsicher. „Wieso?“ „Nun, Rachel... Ich spüre es! Ich vertraue ihr und versuche ihren Anweisungen zu folgen. Ich habe diese Mädchen gehört. Sie wollen uns finden und töten. Das dürfen wir nicht zulassen. Daher brauchen wir alle Hilfe die wir bekommen können. Also lasst uns die Besitzerin des Steines der Luft finden.“

Wir tauschten alle unsere Kontaktdaten aus, um einander immer schnell erreichen zu können im Notfall. Naga blieb bei mir, nachdem Aysha und Angel sich zurückzogen und Rachel noch eine Verabredung mit Sheela hatte. Ehrlich gesagt war ich richtig froh, dass Aysha nicht bei mir einziehen wollte. Naga nahm den letzten Schluck ihrer Cola und guckte mich herausfordernd an.

„Chann, lass uns mal diesen ganzen Elementkram vergessen! Es ist Samstag! Kommste mit mir in den Club?“ „Reicht mir schon, dass ich da immer arbeiten muss.“ „Heute wird einfach nur Party gemacht. Das würde dir auch mal gut tun! Mensch, Süße! Du brauchst endlich nen Kerl. Oder willst du mit 50 noch Jungfrau sein?“ „Ja setz mich doch unter Druck! Ich komm ja schon mit!“, antwortete ich trotzig, weil es mir peinlich war, dass meine Sexphobie so öffentlich behandelt wurde.

Sie hatte es mal wieder geschafft mich in den Club mitzuschleifen. Dabei wusste ich genau, wie das wieder enden würde! Letztes Mal als ich mit dabei war, stand ich letztenendes alleine da, weil Madame einen Typen nach dem Anderen aufriss.

Worauf hatte ich mich nur wieder eingelassen?

Meine Freundin ging über Mittag noch einmal nach Hause um ihr Make-Up aufzufrischen, so konnte ich auch erstmal etwas essen, es mir gemütlich machen und mich ausruhen.

Ich wollte nicht mehr über die Steine, diese Frau und unsere Aufgaben nachdenken, doch ich kam einfach nicht davon los. Ich hatte Angst vor dem, was mich erwarten würde. Kampf gegen die dunklen Mächte... Das klang nach gefährlichen Dingen auf die ich keine Lust hatte.

Vertieft in meine Gedanken bekam ich nicht mal mit, dass das Telefon mal wieder klingelte. Erst nach dem dritten Klingeln erschrak ich davon und nahm es hektisch an mein Ohr. „Hiwatari, im Irrenhaus, wie kann ich Ihnen helfen?“ „Lustig, Chann!! Meine Kleine, du warst ja nicht so gut drauf letztes Mal! Geht es dir denn wieder besser?“, fragte meine Mutter, die am anderen Ende der Leitung saß. Ich hasste es wenn sie anrief. Es klang immer so scheinheilig. Sie tat immer so, als würde sie sich so sehr für uns interessieren, jedoch war ihr jeder Schritt Richtung Flughafen zu viel. Die Wut kochte in mir hoch...

„Nein, mir geht es nicht wieder besser! Ehrlich gesagt geht es mir scheiße! Ma, ruf doch einfach lieber Koshy oder Rico an. Aber lass mich bitte in Ruhe, ja?“ „Aber Chann! Schatz! Ich liebe dich doch, du bist doch mein kleines Mädchen.“ „Ein Scheiß bin ich! Ich muss jetzt los. Tschüss.“

Und wieder stand ich kurz davor mein Telefon einfach gegen die Wand zu werfen, doch das hätte wiederum die Folge, dass ich keine endlosen Telefonate mehr mit meinen Freundinnen führen könnte. So ließ ich es bleiben und suchte mir hübsche Klamotten für den Abend raus. Die restlichen zwei Stunden verbrachte ich im Bad mit Schminken und Haare zurecht machen.

Diesmal kam ich sogar pünktlich! Naga wartete schon am Eingang des Club's auf mich. Mann, war die wieder aufgetakelt. Ausschnitt bis fast zum Bauchnabel, dafür bauchfrei, damit man ihr Bauchnabel-Piercing ja sehen konnte. Dazu knappe Hotpants.

„Chann!! Da bist du ja endlich! Bist du bereit für den Kampf?“ „Welchen Kampf...“ „Den Kampf gegen die Jungfräulichkeit! Heute finden wir einen Kerl für dich!“ „Im Club lernt man keinen Mann für die Ewigkeit kennen – nur Typen für eine Nacht.“ „Na, das wäre ja zumindest etwas. Aber wie du wieder aussiehst. Wie eine Klosterschülerin... Kein Ausschnitt, das geht ja mal gaaar nicht!“ „Süße... Lass einfach rein gehen.“ „Naaa gut“, , seufzte sie und dackelte voraus. Wie sie ihren Hintern schwang – sie war die geborene Lolita!

Ich folgte ihr genervt, denn eigentlich hatte ich weder Lust auf sie, noch auf den Club. Diese oberflächlichen Leute waren doch einfach nur zum Kotzen. Und unter der Woche musste ich eh oft genug hierher zum Arbeiten. Drinnen kannte mich natürlich jeder.

Verzweifelt hielt ich Ausschau nach Sheela, zu der ich flüchten wollte, jedoch konnte ich sie nicht finden und so versuchte ich bei Naga zu bleiben, was sich als schwierig erwies. Meine Freundin tanzte bereits nach fünf Minuten um einige Männer herum. Zwar gab sie mir Handzeichen, dass ich zu ihnen kommen sollte, doch ich ignorierte sie und setzte mich wütend an die Theke, wo ich mir ein Frustgetränk bestellte. Mit Naga würde ich nie wieder hierher kommen!!

„Na, Kleine? Siehst aber nicht wirklich nach Partylaune aus.“ „Ach... Lass mich in Ruhe, Typ“, antwortete ich barsch und wagte einen kurzen Blick zu dem Kerl, der auf dem Barhocker neben mir saß. Dieser Anblick... Hätte ich ihn doch nicht so dumm angemacht!!!

Er sah wirklich sexy aus! Ein locker sitzendes Hemd, kombiniert mit einer Sonnenbrille, die er auf seinen glänzenden hellbraunen Haaren trug. Seine Augen funkelten im Scheinwerferlicht Blau. Dieser Kerl hatte einen sportlichen Körperbau, der vermuten ließ, dass er mindestens vier mal die Woche trainiert. Wahnsinn! Er lächelte mich trotz meines gemeinen Umgangstones an.

„Ich wollte nicht unhöflich sein! Es sollte nicht wie eine dumme Anmache klingen. Entschuldige... Mein Name ist Yoshihiro Kanzaka.“ „Ehm... Chann Hiwatari.“

Wow!!! Er unterhält sich mit mir!!! Am liebsten hätte ich vor Aufregung einen Freudenschrei abgegeben, doch das wäre peinlich gewesen.

Yoshihiro und ich kamen nach anfänglichen Schwierigkeiten total gut ins Gespräch und wir beide tankten einen Drink nach dem Anderen ab. Wir tauschten schließlich sogar unsere Handynummern aus und tanzten miteinander. Mit ihm blühte ich richtig auf und bekam nicht das Gefühl, dass das gleich wieder mit Sex enden würde. Als die Nacht eintrat brachte er mich anstandshalber nach Hause, wo ich ihn mit rein bat.

Begeistert schaute er sich in meiner Wohnung um.

„Wow! Die ist ja viel sauberer als meine! Die ist ein richtiger Müllberg, haha!“ „Scheint bei euch Männern ja typisch zu sein“ , antwortete ich etwas sarkastisch und drückte ihm noch ein Glas Cola in die Hand. „Setz' dich ruhig noch etwas, bevor du nach Hause musst.“ „Danke. In dem Zustand kann ich echt nicht mehr fahren. Mal sehen, ob noch eine Bahn kommt.“

Mit Hilfe seines Handys rief er einen Fahrplan auf, doch ich hatte einen ganz anderen Drang. Er war so nett und charmant... Am liebsten wäre es mir ja gewesen, wenn er hier bleiben würde.

„Yoshihiro? Wenn du magst... Kannst du auch hier bleiben über Nacht.“ „Echt? Keine Angst, dass ich dich heute Nacht nicht irgendwie überfallen könnte?“ „Nein... Aus irgendeinem Grund vertraue ich dir einfach mal“, antwortete ich mit einem fetten Grinsen. Ja, vielleicht hätte ich an diesem Abend mehr von ihm gewollt, doch ich hatte mir fest vorgenommen mich nicht gleich am ersten Abend auf irgendetwas einzulassen!

So legte ich mich mit etwas Kopfweh alleine in mein Bett und ließ Yoshihiro auf meinem Sofa zurück. Ich träumte wieder... Wieder von Tränen aus Blut und meiner Bewegungslosigkeit. Ich träumte, wie ich auf dem Boden lag – in einer Blutlache. Das Blut war jedoch nicht Rot, wie es sein sollte, sondern rabenschwarz. Ich schrie und schrie... Doch niemand hörte mich, denn meine Schreie blieben stumm.

Ein grauenhafter Traum, der mich schweißgebadet und schreiend aus dem Schlaf riss. Noch während ich schwer schnaufend versuchte es zu verarbeiten, kam Yoshihiro aufgeregt ins Schlafzimmer geplatzt.

„Chann?! Was ist los?! Wieso schreist du so?“ „Oh... Äh... Ich hatte einen Alptraum. Hab ich leider oft in letzter Zeit. Alles in Ordnung!“ „Wirklich?“ „... Ja...“ „Na komm, du bist ja richtig durch den Wind. Beruhige dich erstmal“, antwortete er mit sanfter Stimme, als er sich neben mich aufs Bett setzte und seinen Arm um mich legte. Eigentlich wäre es mir unangenehm gewesen, doch der Traum nahm mich immer noch stark mit. Dennoch genoss ich es nach ein paar Minuten so in den Armen von ihm zu liegen. Ich kuschelte mich ängstlich an ihn und versuchte wieder ruhig zu atmen. Mit seiner einen Hand streichelte er mir übers Haar, was mir auch half mich zu beruhigen.

„Du musst ja einen echt schlimmen Traum gehabt haben. Was ist denn passiert?“ „Ich weiß es selbst nicht genau...Es war einfach gruselig.“ „Hmm... Dann brauchst du einfach etwas Ablenkung“, antwortete er und lehnte sich über mich. Ich wusste nicht genau wie mir geschah, als seine Lippen bereits auf meinen lagen. Mir wurde brennend heiß im Gesicht und mein Bauch kribbelte durchgehend. Ich konnte nicht anders – meinem Drang folgend legte ich meine Arme um ihn und küsste ihn leidenschaftlich.

Einige Minuten lang kam uns nichts Anderes in den Sinn, als uns wild und leidenschaftlich zu küssen, doch als er auf mir lag kehrte dieser eine Punkt zurück, an dem ich einfach nicht weiter gehen konnte.

Verzweifelt hielt ich mich an seinen Schultern fest und drückte ihn etwas weg.

„Hör auf!“ „Was?... Warum?“ „Bitte noch nicht jetzt...“ „... Verstehe. Noch Jungfrau, was? Haha. Kein Problem. Wir müssen das nicht unbedingt tun. Versuchen wir weiter zu schlafen, ja? Ich beschütze dich auch“, antwortete er zuversichtlich. Es wunderte mich, dass er das ohne Probleme hinzunehmen schien. Doch es machte mich auch glücklich, denn nun sah ich wirklich, dass nicht jeder Kerl gleich ein Arschloch sein muss.

Glücklich küsste ich ihn noch einmal, ehe ich mich an ihn schmiegte und wieder einschlief. Diesmal wurde ich endlich einmal von den Alpträumen verschont und so konnte ich richtig gut ausschlafen.

Sonntagmorgen, die Sonne schien, ich machte die Augen auf und es roch nach frischem Kaffee. Neugierig folgte ich dem tollen Geruch bis in die Küche, wo Yoshihiro schon mit einer Tasse saß.

„Guten Morgen, Kleine! Konntest du noch gut schlafen? Ich dachte, ich wecke dich besser nicht, damit du mal genug Schlaf bekommst.“ „Wow... Du bist echt klasse“, antwortete ich und rieb mir die Augen. Womit hatte ich ihn nur verdient? Doch ich fragte mich, wie es nun weitergehen sollte mit uns beiden.

„Ich werde nach der Tasse hier nach Hause gehen. Muss heute noch total viel lernen fürs Studium! Ich hoffe das ist okay.“ „Eh... Ja, klar! Du?... Sehen wir uns denn bald mal wieder?“, fragte ich hoffnungsvoll. „Hmm... Von mir aus gerne, ich mag dich. Allerdings muss ich noch vor Neujahr leider nach Japan ziehen... Wegen dem Studium halt.“

Unter mir schien die Welt zusammen zu brechen!!! Da fand ich schon einen richtig tollen Typen und dann müsste er auch gleich wieder weg!?! Was war das nur für eine grausame Welt?!!

Ungewollt schossen mir ein paar Tränen in die Augen, was er peinlicher Weise auch noch bemerkte.

„Süße, es tut mir so leid! Mist, was ich hab ich nur wieder angestellt?! Ich wollte nicht, dass du nun verletzt bist.“ „Wie lange bist du weg?“ „Zu lange, leider... Die nächsten zehn Jahre mit Sicherheit. Eigentlich wollte ich auch ganz dort bleiben... Doch nun kamst du und... Naja, ich kann das Studium nicht einfach aufgeben.“ „Ich verstehe das. Schade... Ich mag dich nämlich echt sehr.“

Mit einem leidenden Lächeln stand er auf und umarmte mich.

„Ich muss erst nächsten Monat weg. Wollen wir die restliche Zeit noch gemeinsam genießen?“ „Oh ja!! Gerne!“, antwortete ich glücklich und küsste ihn ein weiteres Mal. Durfte ich ihn nun als meinen Freund bezeichnen? Zumindest einen Monat lang? Trotz der kurzen Frist beschloss ich die Zeit zu genießen.

'Yosh ging nun aber erstmal nach Hause um für sein BWL-Studium zu lernen. Mir fiel ein, dass ich gestern überhaupt nicht nach Post geschaut hatte und so wagte ich mal einen Blick in den Briefkasten, in dem tatsächlich ein Brief lag. Von Dad konnte er diesmal nicht sein, denn der schrieb nur einmal im Monat.

Neugierig guckte ich mir den Absender an und musste diesmal grinsen. Mein Bruder Kyle aus Japan schrieb mir.
 

„Halli hallo, liebstes Schwesterlein! Ich weiß, ich hab euch schon lange nicht mehr besucht. Aber nächsten Monat ist ja Weihnachten und da werde ich euch doch glatt mal belästigen kommen! Jaja, du wirst jetzt die Augen verdrehen und mir den Arsch verfluchen, aber weißt du was? Nicht mein Problem, haha! Übrigens hab ich seit kurzem eine neue Freundin, die ich dir gerne vorstellen mag. Ihr werdet euch bestimmt super verstehen. Bis nächsten Monat! Dein geliebter und über geiler Bruder, Kyle!“
 

Yeah!!! Kyle würde zu Besuch kommen!!! Ich konnte es kaum erwarten!! Mit dem Brief in der Hand stürmte ich runter zu Koshy, bei der auch Rico gerade zu Besuch war.

„Juhuuuu!!!“ „Chann...? Was ist denn mit dir los? Zu viel Cola und Alkohol gestern?“, fragte Rico belustigt. „KYLE KOMMT HIERHER!!! NÄCHSTEN MONAT!!! WUHUU!“, jubelte ich und rannte dabei durch die ganze Wohnung. Meine beiden Geschwister guckten sich ausdruckslos an, doch dann verstanden sie endlich auch, was ich eigentlich meinte und fingen ebenfalls an sich zu freuen.

Ich liebte Kyle! Zwar hassten wir uns in unserer Kindheit, doch kurz bevor wir getrennte Wege gingen, waren wir ein eingefleischtes Team! Endlich könnte ich jemandem von allem erzählen was mich so bedrückte. Kyle war von meinen Geschwistern der mir Nahestehenste. Vor ihm brauchte ich keine Geheimnisse zu haben.

Koshy und Rico erzählte ich zum Beispiel auch nicht, dass ich mich in einen jungen Mann verliebt hatte, den ich gestern erst kennen lernte. Koshy würde mich für wahnsinnig erklären und Rico würde Yosh totschlagen wollen. Er akzeptierte keinen Kerl, der Interesse an mir zeigte, denn jeder Typ in meiner Nähe wäre immerhin ein potenzieller Herzensbrecher. Daher schwärmte ich den ganzen Tag still vor mich her. Es war ein typischer langweiliger Sonntag.

Meine ganzen Freundinnen waren anderweitig beschäftigt und keine von ihnen hatte Zeit etwas zu unternehmen. Nicht einmal zum Telefonieren hatten sie Zeit, weswegen ich mir ein paar Stunden nahm um meine Kräfte wieder einmal zu trainieren. Wie Yoshi wohl reagieren würde, wenn er von meinen Kräften wüsste?

Ob er es verstehen würde?

Gegen Abend bekam ich einen Anruf von ihm. Er fragte mich, ob er noch einmal bei mir schlafen könne, was ich natürlich niemals abgewiesen hätte! Am liebsten hätte ich nun jede freie Minute mit ihm verbracht. Als wir abends zusammen auf meinem Sofa lagen, erzählte ich ihm von meinem Leben, von meinen Geschwistern und von meinen Freunden. Und auch ihn durfte ich etwas besser kennenlernen. Seine Hobbys waren Feiern gehen und Faulenzen, denn das Studium beanspruchte ihn sehr. Meist lenkte er sich damit dann etwas ab.

Ich genoss den Abend sehr, denn er drängte mich zu absolut gar nichts. Ich wollte mir noch etwas Zeit lassen und ihn besser kennenlernen, bevor da mehr liefe. Doch zumindest bevor er abreisen würde, wollte ich ihm noch eine richtige Nacht mit mir schenken, das nahm ich mir fest vor.

Mit Erleichterung durfte ich ebenfalls feststellen, dass die Alpträume wegblieben, so lange er bei mir schlief. Für mich ein kleines Wunder, denn endlich konnte ich wieder richtig schlafen, im Gegensatz zu meinen beiden Freundinnen Naga und Rachel, denen ich am nächsten Morgen wieder im Schulbus begegnete. Auf Naga war ich etwas sauer, doch ohne ihre Hartnäckigkeit hätte ich Yoshi nicht kennen gelernt. Allerdings beschloss ich die Sache mit ihm für mich zu behalten – zumindest vorerst.

Beide Mädels sahen sehr verschlafen aus, als hätten sie das ganze Wochenende über kaum ein Auge zu bekommen. Wahrscheinlich auch wieder Alpträume! Sheela hingegen war hellwach und beäugte die Beiden skeptisch. Praktisch schwiegen wir den gesamten Weg über, doch unser Schweigen wurde gebrochen in der ersten Schulstunde... Als uns plötzlich eine neue Mitschülerin vorgestellt wurde, die genauso aussah wie ich! …

„Leute, darf ich vorstellen? Kaze Arroused, mein Name. Freut mich euch kennen zu lernen.“
 

~ Kapitel 3 ~ Die mysteriöse Frau ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~

Abschied und Wiedersehen

… mit welchem Sinn betrügt man einen Menschen? Wieso tut man sich nur immer wieder weh? Und warum muss die Liebe überhaupt manchmal so schmerzhaft sein? Kann man seinen Prinzipien wirklich streng folgen, oder machst auch du irgendwann einen Fehler, den du bereuen wirst?
 

Kapitel 4 ~ Abschied und Wiedersehen~
 

Seit Kaze in unsere Klasse kam waren nun einige Tage vergangen und nun dauerte es gar nicht mehr lange bis Weihnachten vor der Tür stand. Koshy, Rico und ich waren schon am planen wie wir diesen Tag feiern würden und beschlossen zu warten bis Kyle und Marisha eintreffen würden. Morgen ist es soweit! Dann sehe ich meinen großen Bruder zum ersten mal seit Jahren endlich wieder.

Was unsere Steine betraf machten wir keinen großen Fortschritt, jedoch konnten wir allesamt unsere Kräfte besser kontrollieren, da wir anfingen zu trainieren. Wir wussten, dass uns ein harter Kampf bevorstehen würde, darauf bereiteten wir uns täglich vor. Zudem fühlten wir uns beobachtet... Diese Kaze war äußerst komisch! Sie hielt sich fast immer in unserer Nähe auf – hörte Gespräche mit und hielt sich meist verdeckt.

So hörten wir auf uns in der Schule über die Elemente, Kräfte und Steine zu unterhalten. Statt dessen nervten wir Kaze mit Schwärmereien über Kerle aller Art.

Über Yoshi erzählte ich niemanden etwas. Sie wussten nicht, dass ich einen Freund hatte.

Doch an diesem Abend war ich traurig. Heute war unser letzter Tag zusammen und noch diese Nacht müsste er an den Flughafen. Schweigsam lag ich in seinen Armen auf meinem Sofa und auch er brachte kaum ein Wort raus. Wir hatten viel Spaß zusammen, feierten, gingen miteinander essen und ins Kino. Doch miteinander geschlafen hatten wir in der ganzen Zeit nie, obwohl ich mich noch bevor er gehen würde überwinden wollte.

Er machte keinerlei Andeutung mich zu etwas drängen zu wollen, also war ich krampfhaft am überlegen, ob ich ihm meine Jungfräulichkeit schenken wollte oder nicht. Das Einzige was mir auffiel, waren seine müden Augen die schon dabei waren zu zufallen. „Du solltest schlafen gehen, Yoshi. Du musst immerhin früh raus.“ „Aber Chann... Das ist unser letzter Abend zusammen. Da kann ich doch nicht jetzt schon pennen gehen. Ich will dir so viel Zeit wie möglich schenken.“ „Ach, du bist so ein toller Mensch. Es ist so schade dass, du wirklich gehen musst. Ich werd dich ganz schön vermissen, weißt du das?“ „Ich dich auch, Chann. Die kurze Zeit mit dir war so wunderschön.“ „Ja, die schönsten Tage meines Lebens...“

Er lehnte sich zu mir rüber und küsste mich lange und innig. Ich schloss die Augen und genoss seine Zärtlichkeit. Ab morgen würde ich wieder alleine hier sitzen und mit den Tränen kämpfen. Es war ein Fehler mich auf ihn einzulassen, obwohl ich wusste, dass unsere Beziehung keine Chance hätte. Dennoch konnte ich ihm nicht widerstehen. Einerseits weil er einfach ein toller und charmanter Mensch ist, andererseits sehnte ich mich nach dem was meine Freundinnen alle schon erlebt hatten – eine richtige Beziehung.

Ich wurde jäh aus meinen Gedanken gerissen, als ich auf einmal spürte, wie seine Hand immer weiter zu meiner Brust wanderte. Mein Herz blieb fast stehen! Nun dürfte ich nicht zögern und abhauen und das, wo ich am liebsten sofort weg gerannt wäre und mich im Bad eingeschlossen hätte! Durch meine Nervosität konnte ich nun überhaupt nicht mehr entspannen und genießen, für mich zählte nur nicht zu versagen und irgendeinen Fehler zu machen. Plötzlich hörte er auf und ging nicht weiter, was mich ziemlich verwunderte.

„Hehe, ich merk schon dass du sehr verspannt bist, Kleine.“ „Naja... Ich hatte noch nie...“ „Ist schon okay. Spar es dir für den richtigen Mann in deinem Leben auf und nicht für jemanden, den du ab morgen lange Zeit nicht wieder siehst.“

Traurig guckte ich zu Boden. „Ich weiß, das klingt blöd... Aber es wäre sinnlos, oder?“ „Vielleicht... Tut mir leid.“ „Sei nicht traurig. Wir hatten ne schöne Zeit.“

Während ich weiterhin zu Boden schaute und mit meinen Tränen kämpfte, ging er ins Schlafzimmer und packte die paar Sachen ein, die er bei mir herumliegen hatte. Den Gedanken, dass ich gleich hier alleine sitzen würde ertrug ich nicht – doch ich blieb stark und wollte zumindest die restlichen Stunden mit ihm genießen, allerdings kam er mit seiner Reisetasche aus dem Schlafzimmer und stellte sie vor der Tür ab, ehe er zu mir kam und mich noch einmal küsste.

„Chann... Ich bin kein Freund von langen, traurigen Abschieden. Es ist besser ich schlafe heute nicht hier.“ „Was!? Aber Yoshi... Bitte... Ich dachte, wir hätten noch ein paar Stunden...“ „Das würde nur in Tränen und Depressionen enden. Ich kann es nicht oft genug sagen. Es war eine wunderschöne Zeit mit dir! Danke dafür. Ich werde dich nicht vergessen.“

Fassungslos blieb ich sitzen und bekam alles nur wie in Zeitlupe mit. Wie er zur Tür ging, wie er mir noch ein warmes, liebevolles Lächeln schenkte... Ich musste mich dazu zwingen ein paar Worte rauszubekommen. „Ich... Ich werde dich auch nicht vergessen... Vielleicht sieht man sich... Ja irgendwann wieder.“ „Hoffentlich! Mach's gut!“

Dann schloss er die Haustüre hinter sich und ich war konfrontiert mit dem Moment, den ich seit Tagen fürchtete... Es brach aus mir heraus, denn es drohte mir die Kehle zu zerdrücken – meine Tränen hatten keinen Halt mehr und so fing ich an bitterlich zu weinen mit meinem gebrochenem Herzen. Oh – Was ein Fehler ich da begangen hatte!!!

Die restliche Nacht verbrauchte ich einen Maxi-Pack an Taschentüchern und stopfte alle auffindbaren Süßigkeiten in mich rein, was ich im Nachhinein wieder bereute. Ich bekam erst gar nicht mit wie die Stunden an mir vorbei zogen, wie die Vögel zwitscherten und der Himmel langsam von der aufgehenden Sonne erleuchtet wurde. Es war ein Samstag und somit fand heute auch kein Unterricht statt, was auch gut so war. Ich hätte wahrscheinlich eh geschwänzt.

Irgendwann mittags klingelte es auf einmal an der Tür und endlich konnte ich mich aufrappeln und mal aufstehen. Schwindelig war mir und mein Kopf drohte zu platzen vom vielen Heulen.

„Ja?“ fragte ich matt in die Sprechanlage. „Channy, Baby!! Ich bin's!! Dein geiler Bruder!“ „Oh...“ Scheiße, den hatte ich ja ganz vergessen!!! Ich drückte auf den Türöffner und rannte wie von ner Wespe gestochen ins Bad um mich zu überschminken! Denn wenn Kyle sehen würde, dass ich geweint hab, und das auch noch wegen nem Kerl, dann rastet er aus und würde diesen Kerl verfolgen bis ans Ende der Welt und danach zu Tode quälen. Das wollte ich Yoshi nicht antun! Ein Schminkrekord vom Feinsten legte ich hin und erreichte die Tür noch vor Kyle und seiner Freundin die er dabei hatte.

Meine Trauer war wie weg geblasen als ich meinen großen Bruder endlich wieder sah. Gut sah er aus!! So erwachsen! Er ähnelte Rico inzwischen äußerlich noch mehr wie eh und je. Kyle musterte mich leicht skeptisch weswegen ich schon dachte, er hätte meine Tränen doch bemerkt, doch dann fing er an zu strahlen und breitete seine Arme aus in die ich gleich fiel.

„Du bist ja ne Frau geworden, Schwesterchen!“ „War ich je ein Kerl – Sag jetzt nichts falsches!“ „Ich war eigentlich immer fest davon überzeugt nur Brüder zu haben... Nun! Um auf ein anderes Thema zu kommen, dass ist Marisha, meine geliebte Freundin. Marisha, dass ist mein kleiner Bruder... Eh, meine Schwester!“

Ich warf ihm kurz tödliche Blicke zu, wollte bei Marisha aber keinen schlechten Eindruck gleich am Anfang erwecken, also widmete ich meine Aufmerksamkeit sofort ihr.

Bei der hübschen Blondine mit den dunkelblauen Augen hatte ich jedoch gleich ein merkwürdiges Gefühl im Bauch als ich ihr ins Gesicht sah. Sie kam mir so seltsam vertraut vor, obwohl ich sie noch nie gesehen hab. Aber auch sie musterte mich genau, als schien sie dasselbe Gefühl zu haben. Besonders als sich unsere Hände berührten kam es mir vor als würde eine große Kraft meinen Körper durchströmen. Ich fühlte mich auf einmal frisch und erholt.

Beide zogen wir jeweils unter entsetzten Blicken unsere Hände zurück zu uns. Die Situation wirkte angespannt und auch Kyle verstand nicht was plötzlich mit uns los war. Er seufzte: „So Mädels, keine Abneigung bitte! Ich will noch ne Weile hier bleiben.“ „Eh... Ja... Und wie war euer Flug?“, fragte ich um vom Thema abzulenken, wobei ich genau merkte dass Marisha mich weiterhin von oben bis unten musterte. Ich würde sie ebenfalls gut im Auge behalten. Irgendwas stimmt da nicht und ich werde schon herausfinden was.

„Naja... An sich war der Flug in Ordnung aber neben uns saß so ein alter fetter Kerl der nen ziemlich strengen Geruch hatte. Der sah aber lustig aus! Nur sein Bauch war dick! Der Rest nicht... Haha!“

Mit einem matten und erzwungenem Lächeln reagierte ich auf seine Erzählung. In meinem Hals bildete sich ein riesiger Kloß, der mich zu erwürgen drohte, wenn ich nicht endlich meinen Tränen freien Lauf lassen würde. Hoffentlich klingt die Situation bald ab, dachte ich mir. Doch es sollte noch schlimmer kommen. Schon im nächsten Moment klingelte es erneut an meiner Haustüre, weswegen ich erstmal anfing zu Fluchen und sie öffnete. Vor mir stand Naga, die mich mit ihrem breiten Grinsen empfing.

„Chann!!! Meine Liebe! Na, wie war deine Nacht? Wie geht es dir? Du siehst nicht gut aus. Deine Augenringe sind unübersehbar. Warst du feiern? Ohne mich!? Schäm dich! Oh! Ich sehe du hast Besuch! Hui, sieht gut aus! Huuuhuu! Ich bin Naga Iwanov! Und du?“, fragte sie und drängte sich auch schon an mir vorbei rüber zu Kyle, dem sie die Hand reichte. Marisha beachtete sie erst gar nicht und auch ich war beim Anblick meines Bruders längst vergessen.

Diese Gelegenheit nutzte ich und erwähnte nebenbei, dass ich kurz aufs Klo müsste. Kaum hatte ich die Tür hinter mir zu, konnte ich mich nicht mehr zurück halten und ließ die Tränen laufen. Was würde ich nur ohne Yoshihiro machen?! Wie soll ich die Zeit ohne ihn überstehen? Und wie soll ich den Anblick eines glücklichen Paares ertragen bei meinem Leid?

Liebeskummer war ein schreckliches Gefühl. Mein Leben hatte für mich zu diesem Augenblick kaum einen Sinn mehr. Doch ich müsste durchhalten! Es würde irgendwann weg gehen, bestimmt!!! Trotz aller Versuche mir die Welt schön zu reden, ließen die Tränen nicht nach und ich rutschte wieder in meine depressiven Gedanken ab. Gar nichts würde wieder gut werden! Nicht ohne ihn...

„Chann? Alles in Ordnung da Drinnen bei dir?“ hörte ich zirka eine Viertelstunde später von Draußen rufen. Die Stimme kam mir nicht bekannt vor, also ging ich davon aus dass es Marisha war. Mein Gesicht war schon wieder ganz rot vom vielen Heulen. So kann ich ihr doch nie im Leben unter die Augen treten.

„Chaaann! Sag halt was sonst muss ich die Tür eintreten, ich warne dich!“ Was ein Brutalo-Weib... „Mir geht’s gut...“ antwortete ich matt und klatschte mir eine Ladung voll kaltem Wasser ins Gesicht. Etwas besser...

„Alles okay bei dir? Hast du geheult? Du siehst so blass aus.“ meinte die Blondine sofort, als ich raus kam und schnurstracks an ihr vorbei lief. Was interessierte sie das überhaupt? Und wo waren Kyle und Naga auf einmal? „Wo ist denn mein Bruder hin? Und der Rotschopf?“ „Äh... Bei dem Mädel hab ich keine Ahnung. Kyle wollte eigentlich nur kurz zu seinen Geschwistern runter um ihnen Hallo zu sagen. Aber egal, was ist los? Sag ruhig.“ „Nichts besonderes... Liebeskummer eben.“ „Oh je. Wieso?“ „Ist egal, ich geh mal nach Kyle schauen.“ „Okay, dann erzähl es mir halt nicht...“

Ich ignorierte sie und dass sie nun eingeschnappt war. Dass Kyle und Naga auf einmal beide weg waren machte mich nur ziemlich skeptisch. Und wie befürchtet war Kyle nie bei Rico oder Koshy. Rico meinte nur die Beiden zusammen weg gehen gesehen zu haben.

Seufzend kehrte ich zurück in meine Wohnung wo Marisha gelangweilt auf dem Sofa saß und sich freute endlich wieder Gesellschaft zu haben.

„Wo ist Kyle denn nun?“ „Ehm... Bei Rico und Koshy jedenfalls nicht. Egal, muss nichts heißen. Der kommt schon wieder. Ich denke mal der ist auf eigene Faust abgehauen um sich die Stadt mal anzugucken. War schon lange nicht mehr hier. Willst du nen Kaffee?“ „KAFFEE!?!?! JAAAA!!... Ehm... Gerne!“ „Noch ein Kaffee-Junkie.“ seufzte ich, fand es jedoch ziemlich lustig.

So unsympathisch wie sie mir anfangs erschien war sie mir nach einer Weile gar nicht mehr. Wir unterhielten uns gut! Über unsere Probleme mit den Männern, darüber dass ich meinen Freund gerade erst verloren hatte und auch über Kyle, der nicht gerade der treueste Freund zu sein schien. Als ich hörte, dass er Marisha schon öfter mal betrogen hatte dachte ich, ich höre nicht richtig.

Ich wunderte mich jedoch wie gut sie das scheinbar alles aufnahm und mit sich trug. Wie es in ihrem Inneren aussieht, wollte ich gar nicht erst wissen. Vielleicht ist dies nur eine Fassade?

„Ich versteh das nicht... Wieso bist du mit ihm zusammen wenn er dir immer wieder weh tut?“ „Chann... Keine Ahnung. Ich liebe ihn einfach. Ich nehme es hin... Hauptsache ich verliere ihn nicht.“ „Willst du nicht irgendwann mal anfangen zu kämpfen und ihn für dich zu beanspruchen? Mach ihm klar, dass er entweder dich oder keine nimmt!“ „Das kann ich nicht... Er würde sich eh nicht für mich entscheiden.“ „Oh man...“

Ich seufzte und ehe sie niedergeschlagen sein konnte, nahm ich sie mit zu Koshy, zu der wir uns an den Küchentisch setzten. Rico war auch da, jedoch nicht wirklich erwünscht, das konnte ich von Koshys Augen ablesen. Sie waren so verengt und brannten vor Wut. Rico beachtete unsre Schwester gar nicht, sondern ließ seine Blicke über die Blondine schweifen. Koshy setzte sich zwischen die beiden.

„So Kinder, ihr wisst ja dass nächste Woche Weihnachten ist und dass wir das diesmal so richtig feiern wollen, jetzt wo die Familie ausnahmsweise mal versammelt ist.“ „Die Familie? Sind doch nur wir vier Geschwister.“ nuschelte Rico teilnahmslos. „Du hast nichts zu melden! Mehr als wir vier zählen für mich eh nicht dazu. Außer Marisha, du gehörst ja so gut wie dazu.“ „Ooooh ja.“ „RICO!“

Sie klatschte ihm eine auf den Hinterkopf. Die Kommentare nervten aber auch wirklich.

„Wir kochen was schönes und setzen uns alle zusammen an Weihnachten.“ „Dürfen auch Freunde kommen, Mami?“ „Haha Rico, alle außer Diego.“ „Och Mann. Spielverderberin.“

So verbrachten wir den restlichen Mittag damit den Weihnachtsabend zu planen und Vorbereitungen zu treffen.

Koshy nahm Marisha mit zum Einkaufen um sie besser kennen zu lernen. Ich setzte mich nach Hause und wartete auf Kyle, der sich endlich herabließ wieder zurück zu kommen. Er sah gestresst aus.

„Kyle!? Wo warst du? Wieso warst du auf einmal weg?!?“ „Chann! Hör zu, du darfst mir aber nicht böse sein, ja!?“ „Oh, das überlege ich mir danach. Also? Dann setz dich mal.“ „Gut... Vorhin war doch diese Naga da.“ „Ja... Ich ahne nichts Gutes.“ „Die hat mich total heiß gemacht.“ „In wie fern?“ „Na... Wie sie aussieht... Ihre Oberweite. Ihr Auftreten... Die Frau ist der Wahnsinn.“ „Kyle, die Frau ist ne Schlampe, die treibts mit Jedem und jetzt sag bitte nicht dass ihr es auch getan habt!!!“ „... … ...“ „KYLE!!! DU HAST NE FREUNDIN!!!“ „Die braucht das ja nicht zu wissen... Und wenn dann verzeiht sie mir eh wieder.“

Ich hatte gehofft, dass dies nicht sein Ernst sein würde, doch er meinte es wirklich so wie er es gesagt hatte. Marisha ist für ihn nichts mehr als ein „Besitz“... Mein Bruder war zu einem Trophäensammler mutiert. In diesem Moment war ich derartig von ihm enttäuscht, dass ich nicht wusste wie ich darauf reagieren sollte. Fremd gehen... Das könnte ich niemals. Entweder man liebt einen oder niemanden.

„Chann? Was ist denn auf einmal mit dir los? Oh Mann, ich hab das Gefühl du freust dich gar nicht über meinen Besuch.“ „... Doch, doch... Ich komm nur noch nicht hinter den Sinn deiner Einstellung. Und du bist nun mit Naga in der Kiste gewesen?“ „Ja, ich bin mit ihr zusammen.“ „WAS?! KYLE DU KANNST NICHT ZWEI FREUNDINNEN HABEN!!!“ „Klar, stell dich doch nicht so an.“ „Boah, nein ey! Du bist ein zweiter Rico geworden! Ich bin so enttäuscht von dir! Und ich dachte dieser Tag kann nicht schlimmer werden!!!“

Heulend rannte ich aus dem Wohnzimmer und schloss mich in meinem Schlafzimmer ein. Über eine Stunde saß ich auf meinem Bett und guckte mich selbst im Spiegel an. Warum machen manche Menschen so etwas? Plötzlich klopfte es gegen die Tür. Marisha war wieder zurück. Ich ließ sie rein und schloss wieder ab.

„Warum schließt du dich in deinem Schlafzimmer ein? War Kyle gemein zu dir? Wo war der überhaupt den ganzen Tag?“

Sollte ich es ihr sagen? Soll ich nun meinen Bruder verraten an ein Mädchen, dass ich heute zum ersten Mal gesehen hab? Für jemanden den ich gar nicht wirklich kenne?

„Er... Er hat ein paar alte Bekannte besucht“, log ich und hasste mich dafür. Sie glaubte mir die Sache und redete nicht weiter darüber. Sie erzählte mir wie ihr Abend mit Koshy war und was sie alles für Weihnachten gekauft haben. Zum Glück würden sie und Koshy kochen und nicht ich...

Marisha musterte mich in der Stille wieder eindringlich, was mir unangenehm war. Ständig versuchte ich ihren Blick mit meinem zu treffen, doch ich wandte mich immer wieder ab. „Dein Anhänger... Wo hast du ihn her?“ „Äh... Den habe ich von einem Freund geschenkt bekommen.“ „Ach so... Ich dachte schon...“ „Was denn?“ „Naja, schau mal.“ Sie kramte an einer Silberkette die um ihren Hals hing und zog einen Anhänger aus ihrem Dekolleté.

Der Stein schimmerte gelb und hatte eine mystische Aura. Das war kein einfacher Anhänger. Vor Erstaunen stand ich auf und guckte Marisha mit großen Augen an: „Das ist... Das ist doch... Kannst du damit was Spezielles?“, fragte ich mutig ohne an Konsequenzen zu denken, falls es doch ein gewöhnlicher Stein sein sollte.

„Ich kann damit Stürme erzeugen, Wind entfachen, alles eben was mit dem Element Luft zu tun hat. Ich frage mich seit Längerem ob ich die Einzige mit so einem Ding bin und warum ich ständig diese Alpträume habe.“

Meine Augen strahlten plötzlich und mein Grinsen ging bis über meine Wangen hinaus. Sie war die Lösung!!! Nicht Sheela war die Besitzerin des Element Luft, sondern Marisha. Das Schicksal hat sie zu uns geführt!

„Marisha! Du bist es! Dich haben wir gesucht... Du hast uns noch gefehlt!“ „Wie?“ „Ich hab den Stein des Wassers. Und die Rothaarige von heute Mittag ist die Besitzerin des Elementes Feuer. Es gibt bei uns auch noch Erde, Licht und Dunkelheit.“ „Ich... Verstehe nicht... Die ganze Zeit bin ich alleine am rätseln und du sagst mir nun dass ihr alle die ganze Zeit hier wart?“

Es war wie ein Wunder! Nun fing sie auch an zu grinsen und sprang mir in die Arme. Wie ein richtiges Erfolgserlebnis. Wir haben die fehlende Person gefunden, die uns im Kampf gegen die Feinde helfen muss. Und sie war so toll... Ich glaub, wir könnten noch beste Freundinnen werden. Sie lächelte mich mit ihrem warmherzigen Blick an und wünschte mir eine gute Nacht, die ich garantiert eh nicht haben würde, dank diverser Alpträume.

Dennoch versuchte ich eine Viertelstunde später meine Augen zu schließen und reiste mit meinen Gedanken zu Yoshi. Ich stellte mir vor was wir so alles jetzt miteinander tun könnten, wie wir uns zärtlich küssen würden. Ich vermisste ihn so sehr.

Wieder träumte ich... Ich saß an einem Seeufer umgeben von den schönsten Blumen. Die Vögel sangen ihre Lieder in den höchsten Tönen und ich ließ den Wind durch meine Haare streifen. Ich hatte lange Haare, die zu zwei Zöpfen gebunden waren und fast den gesamten Boden um mich bedeckten. Ein weißes Kleid schützte meinen Körper vor den kühlen Windzügen. Es sah aus wie ein Hochzeitskleid. Ich guckte mich um – diesmal schien es echt nichts Böses hier zu geben. Kein seltsamer Kerl der mich umbringen wollen würde.

Doch mein Blick fiel Richtung Wald. Dort sah ich einen Schatten stehen. Die Umrisse eines Mannes, der mir nun doch etwas Angst einjagte.

„Wer bist du!?! Willst du mich wieder töten!?“ „... … Ich bin schon bald bei dir und werde dich beschützen.“ „Was!?! Wer bist duuu!?“ „Warte auf mich, Schatz.“ „Wie?“

Schlagartig verschwand er und ich war wieder alleine. Aus dem strahlendblauen Himmel war wie aus dem Nichts eine schwarze Wolkenfront geworden und der Wind wehte viel kräftiger! Ich wollte aufstehen um Schutz im Wald zu suchen, doch dann merkte ich, dass dicke Ranken meine Beine umgaben und mich fest hielten. Egal was ich machte, ich konnte nicht aufstehen um vor dem nahenden Gewitter Schutz zu finden.

Es blitze und donnerte kurze Zeit darauf. Kein Vöglein war mehr zu hören. Der See war sehr unruhig, es entstanden richtig hohe Wellen, die meine Beine berührten. Es war kalt und ich fing an zu Zittern. Warum? Warum wurde aus diesem scheinbar schönen Traum schon wieder so ein Alptraum!?! Ich kniff meine Augen zusammen als eine ganz besonders starke Windböe kam und sah nur noch die riesige Welle die drohte auf mir einzuschlagen...
 

Ich wurde wach und riss meine Augen auf. Mal wieder lag ich schweißgebadet in meinem Bett und sah mich mit rasendem Herzen um. Das wars wohl mit schlafen und so führte mich mein Weg in die Küche um einen Schluck Wasser zu trinken. Den Gedanken hatte ich nicht alleine, an der Theke saß mein Bruder.

„Was ist los, Schwesterlein? Kannst du nicht schlafen?“ „Nee... Hab schlecht geträumt. Und du?“ „Ich bin am Überlegen. Aber ich wollte dir noch sagen, dass es mir Leid tut, dass du nun enttäuscht von mir bist.“ „Warum tust du das deiner Freundin nur an? Sie ist so hübsch und ist nett. Sie würde alles für dich tun. Und du tust ihr so weh.“ „Ich kann halt nicht anders. Ich liebe sie schon, aber ich kann keine feste Bindung eingehen. Ach, es ist alles so kompliziert... Übrigens, will ich morgen bei Naga übernachten.“ „Och nee...“

Ich hatte keine Lust mehr mich weiter mit ihm zu unterhalten. Ich verstand ihn einfach nicht. Naga würde noch was von mir zu hören bekommen..

Ich konnte auch in den folgenden Tagen nichts tun um meinen Bruder von seiner blöden Einstellung runter zu bringen. Marisha fand es zwar nicht gut, dass er selten da war, gab sich aber damit zufrieden. Wir trainierten fast täglich unsere Kräfte zusammen und wurden richtig gute Freundinnen über die paar Tage verteilt. Ich war jedoch verwirrt – sollte ich ihr sagen wo Kyle wirklich ist? Dass er jeden Tag mit Naga zusammen ist?

„Chann, was ist denn los mit dir, dich beschäftigt irgendwas.“ stellte die Blondine nun einen Tag vor Weihnachten und unserer Familienfeier fest. „Ich kann darüber noch nicht reden. Ich muss noch nachdenken.“ „Hmm… Okay.“

Ich ließ sie ahnungslos zurück und drehte eine Runde um die Häuser mit den Händen in den Hosentaschen. Plötzlich spürte ich eine mir bekannte Energie, weshalb ich nicht überrascht war, als Aysha neben mir landete.

„Netter Sprung.“ „Danke Channybaby! Und, wie geht’s? Alles klar?“ „Nee überhaupt nicht.“ „Wieso? Ich lauf ein Stück mit dir.“ „Mein großer Bruder ist zu Besuch hier. Ich hab ihn eigentlich echt gern, aber er ist ein Arschloch ehrlich gesagt. Er hat ne total liebe Freundin und trotzdem betrügt er sie... Mit Naga...“ „Mit der Schlampe!?! Ohh man, misch dich da besser nicht so ein. Wir müssen uns auf unsere Aufgabe konzentrieren und das fehlende Element finden!“ „Aysha... Die Freundin von meinem Bruder ist die fehlende Person.“ „WAS!? Ist ja Hammer! Soll ich Naga beißen?“ „Lass mal... Kyle bleibt ja nicht ewig. Ich hoffe nur so lange bis sich das Rätsel um die Steine geklärt hat.“ „Wenn nicht muss uns etwas einfallen damit sie länger bleiben. Und was bedrückt dich noch? Ich sehe, dass es dir nicht gut geht. Und dein Bruder ist nicht der einzige Grund.“ „... Du bist gut. Also...“

Ich erzählte ihr als Erste meiner Freundinnen von Yoshihiro und wie sehr ich unter der Sehnsucht litt. Sie wirkte sehr verständnisvoll und machte keinerlei Anzeichen sich über mich lustig machen zu wollen, was mir noch mehr Vertrauen in sie gab. Ich hatte eine seltsame Beziehung zu der Vampirin. Sie gab mir Kraft durch ihre eigene Stärke, bei ihr hatte man das Gefühl in Sicherheit zu sein da sie sehr Verantwortungsvoll und erwachsen war.

Bevor ich nach Hause ging nahm sie mich in den Arm und guckte mich selbstbewusst an: „Wir schaffen das schon alles, okay? Und der Liebeskummer geht bestimmt auch wieder weg wenn du wen Neues gefunden hast. Jetzt feier du morgen erstmal schön mit deiner Familie Weihnachten und dann sehen wir weiter.“ „Okay... Danke, dass du für mich da bist.“ „Selbstverständlich. Keine Ahnung warum, aber irgendwie fühle ich mich mit dir verbunden...“, sagte sie während sie auf ihren Stein guckte.

Ich wusste nicht was sie damit meinte, nahm es jedoch erstmal hin ohne weiter darüber nachzudenken. Sie verschwand genauso schnell wie sie vorher erschienen war und ich ging wieder zurück.

Durch das Gespräch mit Aysha hatte ich neue Hoffnung geschöpft die jäh zerbrochen wurde, als ich zurück nach Hause kam.

Eigentlich hatte ich vor nur einen kurzen Abstecher zu Rico zu machen bevor ich wieder meine eigene kleine Hölle betreten würde, doch dies hätte ich besser lassen sollen. Ein neugieriger Mensch zu sein, hatte seltenst seine Vorteile und so tat sich vor mir ein Anblick auf den ich gerne hätte verzichten können.

Als ich durch Rico's Haustür schritt und die Wohnung nach ihm absuchte, endete mein Weg in seiner Küche... Wo Marisha splitterfasernackt auf der Theke saß und es sich grade von meinem Bruder besorgen ließ. Jedoch vom falschen Bruder...

„Unfassbar...“ nuschelte ich enttäuscht und rannte nach Oben. Die Beiden hatten mich bemerkt, das konnte ich noch sehen. Fünf Minuten später war Marisha mir gefolgt. Sie hatte sich nichtmal wirklich Zeit zum Anziehen genommen. Völlig außer Puste und sich nebenbei anziehend stellte sie sich vor mich.

„Chann! Versteh das bitte nicht falsch...“ „Weißt du wie scheiße es mir die ganze Zeit ging!?! Ich überlege die ganze Zeit ob ich dir sagen sollte dass Kyle es mit Naga treibt weil du mir so leid getan hast und du?!! Du machst es im nächst besten Moment mit Rico!“ „Ja und ich brauch halt auch manchmal etwas Zärtlichkeit!“ „Dazu solltest du doch aber eigentlich Kyle haben!“ „KYLE LIEBT MICH ABER NICHT!! ER BESITZT MICH NUR! ABER ER LIEBT MICH NICHT! ICH BRAUCHE AUCH AUFMERKSAMKEIT UND WENN NUR EIN BISSCHEN AB UND ZU!“ „DANN TRENN DICH DOCH VON KYLE! ER IST EIN ARSCHLOCH, WAS HÄLT DICH AN DEM!?“ „ICH LIEBE IHN VERDAMMT!! UND ICH HASSE ES IHN ZU LIEBEN! Ich kann einfach nicht anders...“ „Ich versteh euch alle einfach nicht...“ „Musst du auch nicht. Es war schon immer komisch. Aber... Danke, dass du dir solche Gedanken um mich machst“, fügte sie noch leise hinzu und umarmte mich. Ich hasste Kyle in diesem Moment, obwohl er mein Bruder war.

Auch am nächsten Tag an unserer Familienfeier war die Stimmung sehr gedrückt. Kyle und Marisha spielten ihr Glück vor allen vor und Rico tat so, als sei nie etwas gewesen. Ein falsches Wort hätte wohl alle dazu gebracht aufeinander los zu gehen und ich saß mittendrin – dachte nach... Soll es das sein?

„Noch mehr Soße, Kyle?“ fragte Koshy höflich und schöpfte ihm noch etwas auf seine Nudeln, die sie gekocht hatte. Der saftige Braten duftete einfach herrlich, doch ich konnte es nicht genießen, ich sah auf mein Umfeld wie ein Geist den keiner wahrnehmen kann.

Nur die Klingel riss mich aus meinen Gedanken. Alle schauten sich verwundert an und Koshy seufzte: „Hat noch jemand von euch wen eingeladen? Wehe es ist Diego, Rico! Dann töte ich dich!“

Sie ging die Tür öffnen, doch man hörte nichts... Wer war das nur?

Einige Sekunden die mir wie eine Ewigkeit vorkamen starrten wir zur Türe, die in den Flur führte. Diese ging endlich auf – ich traute meinen Augen nicht. Lange Beine, Lederstiefel bis zu den Knien, ein knapper Minirock und ein Oberteil das grade so ihre Brüste bedeckte. Ran's rosa Haare waren noch viel länger geworden, sie reichten bis hin zum Steißbein und ihre eisblauen Augen taten beim Anblick weh. Ja, meine Halbschwester war ein seltsamer Mensch. Wir hatten kaum Kontakt zu ihr, da wir uns nicht wirklich mit ihr vertrugen, umso mehr wunderte es uns also, dass sie hier vor uns stand und uns freundlich anlächelte.

„Halli, hallo, meine lieben Geschwister. Ich habe gehört ihr habt heute ein Familienessen... Und ich bin nicht eingeladen? Na, ihr habt es sicher vergessen, kann ja mal passieren, also dachte ich, ich komme einfach so vorbei. Ich störe doch hoffentlich nicht?“, fragte sie scheinheilig und aufgesetzt. Wir Anderen guckten uns skeptisch an und wussten nicht was wir antworten sollten. Sie störte, ja. Niemand von uns wollte sie eigentlich bei sich haben. Die Situation war eh angespannt genug. Und nun auch noch das.

Koshy bewahrte ihre Höflichkeit: „Natürlich störst du nicht! Wir freuen uns, dich endlich mal wieder zu sehen. Das mit der Einladung war ein Fehler meinerseits. Ich bin untröstlich. Setz dich doch, wir essen gerade. Magst du auch was?“ „Gerne doch.“

Sie setzte sich zwischen Rico und Kyle und machte sich richtig breit. Ich konnte meinen Blick nicht von ihr abwenden. Sie sah so billig aus... Was sie wohl derzeit so treibt? Wie befürchtet wurde die Stimmung durch ihr Erscheinen nicht besser – alles wurde nur schlimmer. Nun redete keiner mehr und alle saßen nur noch stumm am Esstisch. Zu erzählen traute sich auch niemand, denn Ran sollte nicht wissen was es bei uns aktuelles gab. Sie würde es nur für ihren eigenen Vorteil nutzen. Erpressung und hinterlistige Spielchen gehörten bei ihr dazu. Je weniger sie wüsste, desto besser.

Diese Ruhe wurde unerträglich, ich dachte schon es würde niemals enden, bis es erneut klingelte.

„Und wer ist das schon wieder?“, fragte Koshy richtig genervt und schenkte Rico vorwurfsvolle Blicke. Er zuckte nur mit den Schultern und grinste. Es war sicher Diego, was mir allerdings ganz recht war. Der labert so viel, dass es nicht mehr langweilig sein würde. Und wie geahnt! Es war wirklich Diego. Koshy war stinksauer bei seinem Anblick, doch er ignorierte es.

„Hey Leute! Danke für die Einladung, dabei dachte ich, man wäre hier sauer auf mich. Naja, hey Chann, Süße! Siehst ja richtig heiß heute aus! Du auch Kosheen! Und wer ist die geile Blonde?“ „Finger weg...“, drohe Kyle leise. „Oho! Schon gut. Ich bediene mich mal“, kicherte er belustigt und nahm sich ein Stück vom Braten, Nudeln und Soße. Ran ignorierte er komplett, was mich skeptisch machte. Vielleicht mochte er auch einfach keine rosa Haare.

„Was is'n los mit euch? Ihr redet gar nichts! Erzählt, wie geht’s euch so, was macht ihr?“ „Nichts Besonderes...“, antwortete Koshy knapp. Kyle antwortete erst gar nicht, Marisha tat es ihm nach. „Dasselbe wie immer Kumpel.“ „War klar.“ „Ich geh mich schnell frisch machen. Ihr kommt ja bestens klar.“, sagte ich um mich aus der Sache raus zu reden.

Fast fluchtartig verließ ich Koshy's Wohnung und ging nach Oben in mein Bad, wo ich mir Wasser ins Gesicht warf und mein Make-Up neu auftrug. Endlich mal Ruhe. Wie kann man nur so nervige Verwandtschaft haben? Wenigstens waren unsere Eltern nicht anwesend. Trotzdem... Große Feste wie Weihnachten, Geburtstage und solche Dinge waren noch nie mein Fall. Eigentlich hatte ich mich auf diesen Tag gefreut. Ich freute mich meinen Bruder wieder zu sehen, seine Freundin kennen zu lernen... Stattdessen schläft jeder mit Jedem und dann tauchen auch noch Ran und Diego auf was grade noch fehlte.

„Ach, hier her bist du abgehauen. Nervig die da unten oder?“ , fragte Diego, der plötzlich im Türrahmen stand und mich fast zu Tode erschrak. „Boah! Wieso folgst du mir?! Ich will nichts mehr von dir wissen! Ich sollte mir angewöhnen hinter mir abzuschließen.“ „Sei doch nicht so abweisend. Das mit deiner Schwester tut mir leid. Ich wollte dir ja nicht weh tun...“ „Hast du aber, du Arsch!“ „Gib mir noch ne Chance.“ „Ne Chance willst du!?!“ „Ja...“

Skeptisch wich ich ein paar Schritte zurück, als er auf mich zukam und seine Arme um mich legte. Mir zog es in dem Moment durch den Bauch. Was soll ich nun tun? Ihm nochmal eine Chance geben? Meiner Sehnsucht nachgehen und irgendwas tun damit zumindest Yoshi einen Moment vergessen ist? Diego war ein undankbarer Idiot und wahrscheinlich würde er sich im nächsten Moment wieder an eine Andere ranmachen. Lieber würde ich weiter ohne einen Kerl an meiner Seite leiden als mit ihm.

„Nein! Lass mich in Ruhe! Ich will nichts von dir und nun hau ab!“, schrie ich ihn an und schubste ihn davon, weswegen er mich schockiert anguckte. Durch das alles wurde er jedoch noch viel aufdringlicher. Wieder drückte er mich an sich und fasste mir an die Brust – drückte seine Lippen auf meine was mir Angst machte. Ich war ihm total unterlegen und schaffte es nicht mich zu lösen.

„Komm schon, ich weiß doch dass du es auch willst! Stell dich nicht so an kleine Chann.“ „Hau aaab!!“ „So gefällst du mir noch mehr!“, sagte er herausfordernd und grinste mich an. Er schubste mich gegen die Wand und riss mein Oberteil einfach so auf. Ich war kurz davor ihn mit meinen Kräften anzugreifen, aber das dürfte ich nur wenn ich keine andere Möglichkeit mehr hätte.

„So, und nun wird sich nicht mehr gewehrt, genieße es einfach.“ „NEIN!“ … „EY FASS SIE NICHT AN DU PENNER!!“ , schrie Kyle, der auf einmal auch gerannt kam. Er schlug ihm eine rein und befreite mich von seinem Griff. Mit aller Kraft packte er Diego und schlug ihn ein paar mal gegen die Wand wovon ihm schwindelig wurde. „Ist alles klar bei dir, Chann? Kam ich auch nicht zu spät?“ „... Gerade richtig. Man, hat der mir Angst gemacht!“ „Komm her, jetzt bist du in Sicherheit. Ich pass auf dich auf.“

Mit Tränen in den Augen rettete ich mich in die Arme meines großen Bruders und ließ meinem ganzen Kummer freien Lauf. Von dem ganzen Lärm kamen auch Rico und Koshy, die fassungslos waren, als sie sahen was hier los war. Rico warf seinen „Kumpel“ im hohen Bogen nach Draußen und machte ihn noch einmal zur Sau.

„Jetzt wird dir nichts mehr passieren, kleine Chann! Ich beschütze dich, was immer kommen wird, so lange ich da bin“, flüsterte Kyle mir zu als ich in seinen Armen saß und weinte. Dabei wollte ich nicht von ihm beschützt werden... Ich wollte nur zu Yoshihiro, der für immer unerreichbar blieb...
 

~ Kapitel 4 ~ Abschied und Wiedersehen ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~

Ein Hauch von Schicksal


 

… Stell dir vor es gibt einen ganz besonderen Menschen, den du noch gar nicht kennst, doch du spürst ein seltsam vertrautes Gefühl und weißt dass, dir mit dieser Person nichts passieren kann... Fühlt sich das gut an?
 

Kapitel 5 ~ Ein Hauch von Schicksal ~
 

„Und, erzähl mal, Chann! Wie war eure Weihnachtsfeier?“, fragte Sheela mich aufgeregt, als wir am Montag drauf auf dem Weg zur Schule waren. Ja, ich hatte den Schulbus verpasst, sowie meine Freundin auch. „Ach... Total langweilig. Ich würde dir raten die Finger von Diego zu lassen. Der ist ein richtiges Ekel.“ „Wieso das?“ „Der hat mich einfach angefasst, dieser Idiot. Mein Bruder konnte grade so dazwischen gehen.“ „Oh man. Das ist hart. Aber dir ist nichts passiert?“ „Nee.“ „Dann ist gut.“

Als wir um die Ecke kamen, konnten wir schon die Schule sehen auf deren Schulhof Naga und Rachel rumstanden.

„Aha! Endlich kommt ihr auch mal an, wir haben schon auf euch gewartet!“, meckerte die Brünette aufgebracht und stemmte die Fäuste in die Hüfte. Mit Naga hatte ich noch ein Wörtchen zu wechseln. Ich zog sie mir zur Seite.

„Was geht'n mit dir ab!?!“ „Spinnst du eigentlich!?! Wie kannst du es nur mit Kyle treiben, wo du doch genau weißt, dass er eine Freundin hat!?“ „Ach, die hässliche Kuh... Interessiert doch keinen. Zudem muss er ihr ja nicht fremdgehen. Wenn er mich anbaggert, dann ist er selbst schuld.“ „Mädel, du hast ne Einstellung... Lass die Finger von Kyle oder du lernst mich kennen.“ „Ich zittere vor Angst.“ „Wie kam es überhaupt dazu?!“ „Wie es dazu kam? Öhm... Ich hab ihn gefragt, ob ich ihm den Club zeigen soll, da haben wir uns gut unterhalten, merkten dass uns mehr verbindet und hatten bisher unglaubliche Nächte.“

Ich konnte es nicht fassen... Kopfschüttelnd ließ ich sie stehen und kehrte zurück zu den anderen Beiden, die uns verwundert ansahen. Trotz der Fragen sagte ich ihnen nicht was eigentlich vorgefallen war.

„Hey, habt ihr auch schön für die Prüfung heute gelernt?“, fragte Rachel plötzlich, weshalb mir fast das Herz stehen blieb. Prüfung!?!! Ich war so mit meiner Familie und mit Yoshihiro beschäftigt, dass ich gar nicht mehr an die Schule dachte. Mist!!! Naga grinste mich an.

„Du siehst blass aus, Süße.“ „Halt die Klappe! Sheela! Bitte, du sitzt neben mir – lass mich abschreiben! Rette mich!“ „Ehm... Wenn du es schaffst dann schreib eben ab.“ „Daaanke!“

Dankbar fiel ich ihr in die Arme und bangte um meine Note. Vor allem weil es auch noch Mathe war. Grade Mathe! Das war so gar nicht meine Stärke, egal wie viel ich lernen würde.

„Guten Morgen. Habt ihr fleißig gelernt?“, fragte auf einmal eine unbekannte Stimme. Als wir uns umdrehten, stellten wir jedoch fest, dass es sich dabei um Kaze handelte. Sie nutzte auch echt alles um mit uns ins Gespräch zu kommen. Allesamt antworteten wir nur kurz und knapp und beschlossen ohne Absprache hoch ins Klassenzimmer zu gehen. Es dauerte nicht lange, bis auch unser Lehrer kam und die Prüfungsbögen austeilen ließ.

Schon beim ersten Blick auf den Stapel Papier war mir bewusst: Ich war geliefert!!! Mir war das alles viel zu hoch und so saß ich an einer Aufgabe mindestens zwanzig Minuten. Ehrlich gesagt konnte ich mich auch gar nicht aufs Rechnen konzentrieren. Meine Gedanken waren mal wieder bei Yoshi. Was er wohl tat? Vielleicht dachte er ja auch an mich – oder er hatte mich längst vergessen... Nein! Oder doch? Auch über Kyle und Marisha dachte ich nach, ebenfalls über Naga's gleichgültige Einstellung.

Die paar Momente in denen ich mich wirklich auf meine Aufgaben konzentrieren konnte, nutzte ich um ein paar Blicke auf Sheela's Blätter zu werfen. Sie war schon ziemlich weit und so musste ich mich ranhalten mit Abschreiben. Immerhin durfte ich nicht erwischt werden.

„Man war die Prüfung einfach! Findet ihr nicht?“, schwärmte Sheela, die mit Mathe ja nie Probleme hatte. Wir antworteten nur mit einer runtergezogenen Miene. Ich freute mich gar nicht auf zu Hause. Seit Marisha und Kyle hier waren, musste ich mit allem rechnen wenn ich nach Hause kam.

Doch diesmal blieb ich zum Glück verschont. Beide lagen zusammen auf dem Sofa und guckten miteinander TV. Ein seltener Anblick, die beiden mal so zu sehen. Ich freute mich.

„Na, Channy? Wie war die Schule?“, fragte mein Bruder hämisch. Mit einem lauten Seufzen ließ ich meinen Rucksack fallen und setzte mich auf den Sessel, der neben der Couch stand. „War die Hölle. Erst den Bus verpasst, dann noch Prüfungen, von denen ich gar nichts mehr wusste und heute Abend muss ich auch noch arbeiten gehen. Klasse! Wenigstens ist Sheela auch da.“ „Ach, du arbeitest in diesem Club, den Rico und Naga so toll finden, oder?“ „Genau der. Ich find ihn gar nicht toll, aber das Geld brauche ich trotzdem.“ „Glaub ich dir. Übrigens geb ich dir was für die Zeit wo wir hier zu Besuch sind. Ich will dir ja nicht auf der Tasche liegen, Schwesterlein.“ „Danke, das wäre gut. Ich hab nämlich noch ein paar Rechnungen zu bezahlen. Ich geh mal runter zu Koshy und frag ob sie was gekocht hat.“ „Brauchst du nicht, Chann. Ich hab vorhin gekocht“, bemerkte Marisha mit einem warmherzigen Lächeln, ich hätte siw küssen können. Ich hatte solchen Hunger und hatte mir nun das Betteln bei meiner Schwester erspart. Und ich musste sagen, die Blondine konnte sehr gut kochen! Sie wäre irgendwann bestimmt eine gute Mutter und Hausfrau.

Um die Beiden nicht bei ihrer Zweisamkeit zu stören, setzte ich mich etwas abseits an den Esstisch und beobachtete sie heimlich. Sie wirkten wie ausgewechselt, als seien sie glücklich miteinander. Ich verstand nicht, was sie für Probleme hatten. Sie lagen wie ein frischverliebtes Paar beisammen in den Armen und kuschelten miteinander. Doch warum sagt Marisha er liebt sie nicht? Und warum sagt er, er kann sich nicht binden?

Grade mal ein paar Stunden hatte ich Zeit, bis ich wieder arbeiten gehen müsste. Ich nutzte die Zeit zum lernen und etwas auszuruhen. Der Haushalt wurde diesmal nicht von Koshy gemacht. Marisha erledigte einfach alles – sie spülte das Geschirr, sie kochte, sie räumte auf, putzte und wusch unsere Wäsche. Es hätte meinetwegen immer so sein können. Meinetwegen könnte Kyle auch alleine wieder zurück gehen und mir die Blondine hier lassen... Hach!

„So, Leute, ich muss nun arbeiten gehen. Macht keine Schweinereien in meiner Wohnung!!!“ „Ach, ich geh eh mit dir“, antwortete Kyle gleich, was mich verwunderte. „Guck nicht so, Schwesterchen. Ich will feiern! Und da du eh in den Club musst und es genau die richtige Uhrzeit ist, komm ich mit. Rico kommt auch!“ „Willst du deine Freundin nicht wenigstens mitnehmen?“ „Lass mal, Chann. Ich mag Clubs und feiern nicht so“, redete Marisha gleich dazwischen und winkte ab. Dabei setzte sie ihren fröhlichen Blick auf der ausdrücken sollte, dass ihr das überhaupt nichts ausmacht und dass sie prima damit klarkommen würde. Mir persönlich war es nicht wohl dabei, sie hier alleine zu lassen. Wahrscheinlich würde sie den ganzen Abend heulen.

Jedoch hatte ich keine andere Wahl – ich musste los und durfte nicht zu spät kommen. Doch ich konnte meinen Bruder nochmal unterwegs darauf ansprechen, auch wenn es nur ein paar Minuten Fußweg waren.

„Hast du nicht gesehen, dass es ihr wohl was ausmacht, dass du heute schon wieder feiern gehst?“ „Wenn sie nicht mitkommen will und das so sagt, dann zwinge ich sie doch nicht. Also ehrlich... Sie hatte die Wahl. Ich hätte auch nicht Nein gesagt, wenn sie mitkommen wollte.“ „Ihr seid unmöglich. Kommt Naga auch feiern?“ „Klar. Ist schon seit gestern ausgemacht.“ „Na dann...“

Ich hatte ihr ja gesagt, sie sollte die Finger von ihm lassen, sonst passiert was. Wehe sie hielt sich nicht dran!

Im Club angekommen ließ ich mich überraschen. Hinter meiner Theke hatte ich alles gut im Blick. Zwar war der Raum wenig beleuchtet, doch die bunten Lichter die über die Tanzfläche fegten reichten schon aus. Ganz hinten hatten sie die Nebelmaschine angeworfen, die machte es mir dann doch etwas schwerer, den Überblick zu behalten. Doch ich sollte mich eh besser auf meine Arbeit konzentrieren.

„Was guckst du denn so angestrengt durch die Gegend, Chann? Suchst du jemanden?“, fragte Sheela, die gerade ein paar Gläser abtrocknete. „Ich gucke ob Kyle und Naga wieder zusammen rumstehen.“ „Achso, ich hab Naga gesehen, aber nicht mit Kyle. Ich glaub die ist mit Rico unterwegs.“ „Mit Rico...“

Wieder ließ ich meine Blicke schweifen und entdeckte die Beiden diesmal tatsächlich! Sie standen miteinander in der letzten Ecke und redeten. Reden!? Die Beiden? Sie haben einen ähnlichen Charakter und würden prima zusammen passen. Aber im Grunde mögen sie sich überhaupt nicht.

Kyle schien sich in der Menge verloren zu haben, oder er hatte schon längst wen gefunden, mit dem er die Nacht verbringen könnte. Mir war es ehrlich egal, Hauptsache ich würde ihn nicht mit Naga sehen.

Je später es wurde, desto ruhiger wurde auch die Musik und die Leute die Anfangs so energisch und ausgelassen getanzt hatten, lagen sich nun ruhig in den Armen und versuchten das bisschen Energie, dass sie noch hatten gut einzusparen. Sheela war am Gähnen und ich freute mich schon auf meinen Feierabend, der in einer guten Stunde sein würde.

Mir fiel ein Gast auf, der zu der Zeit noch den Club betrat und sich still und leise zu uns an die Bar setzte. Er schien noch jung zu sein, etwa in meinem Alter. Müde sah er auch aus.

„Was darf's sein?“, fragte ich ihn, da es unsere Pflicht war jeden Gast nach etwas zu Trinken zu fragen. Er guckte kurz verwundert auf und überlegte.

„Ähm... Für mich nur ne Cola.“ „Okay, kommt sofort.“ „Danke.“

Im Nu machte ich ihm seine Cola fertig und stellte sie ihm vor die Nase. Er hatte seinen Kopf zwischen seinen verschränkten Armen versteckt, wodurch er mit ach und Krach auf sein Trinken aufmerksam wurde. Für mich gab es nichts zu tun, also ging ich zu Sheela und half ihr beim Abtrocknen der Gläser.

„Bin ich froh wenn ich gleich zu Hause bin.“ seufzte sie. „Ja, ich auch. Der Abend zieht sich heute total. Ich bin müde.“ „Ja, und morgen haben wir schon wieder Schule. Ich verfluche diesen Job.“ „Ich verfluche eher diese ganzen glücklichen Paare und vor allem das Paar, das bei mir zu Hause abhängt die nächste Zeit noch.“ „Wieso das? Neidisch?“ „Etwas. Wobei ich niemals so nen Kerl wie Kyle haben wollte.“ „Hmm... Du brauchst endlich mal einen Freund. Hier findest du alles an Kerlen, was das Herz begehrt. Ist da nichts für dich mit dabei?“, fragte sie und guckte sich nochmals in der Menge um.

Ich war zu müde um überhaupt irgendwen attraktiv zu finden und schnaufte angestrengt. Sheela wurde plötzlich auf etwas aufmerksam.

„Und was ist mit dem jungen Mann, dem du eben die Cola gemacht hast?“ „Der?! Wie soll ich das denn machen? Hingehen und fragen ob er mein Freund sein will? Haahaa!“ „Quatsch! Er sieht gut aus, scheint nicht so der Party-Typ zu sein und ist anständig. Er macht mir nun nicht den Eindruck, als würde er die nächst Beste verführen wollen.“ „Hmm... Stimmt. Und du meinst echt...“ „Ja laber den an!“

Grinsend schubste sie mich wieder zu ihm rüber. Er guckte sich inzwischen gelangweilt die Menge an und schlürfte seine Cola weg.

Und was sollte ich nun sagen? Ich war in solchen Sachen total schüchtern und würde es garantiert wieder vermasseln. Langsam setzte ich mich in seine Nähe auf den Hocker, der bei uns hinter der Theke stand.

„Willst du dir niemanden zum Tanzen suchen?“ „Ich?! Tanzen? Oh je, da hättet ihr aber alle was zu lachen.“ „Also nur zum Entspannen hier?“ „... Entspannen weniger. Ich bin eben einfach hier gelandet.“ „Magst du Clubs nicht?“ „Nee, ich bin nicht so einer. Aber ausnahmsweise hat es mich hierher verschlagen. Ich denke, ich werde gleich wieder gehen.“ „Achso...“

Chann!!! Lass ihn nicht einfach so gehen! Mein Gott, wenn du ihn jetzt gehen lässt, dann siehst du den Typen nie wieder und verfluchst dir den Arsch bis an dein Lebensende!!!

Sprachlos und mit offenem Mund starrte ich ihn an, was ich nicht bemerkte. Er gefiel mir. Seine dunkelbraunen Haare schimmerten im Disco-Licht wodurch seine blonden Spitzen noch besser zum Vorschein kamen. Seine Augenfarbe erkannte ich nicht wirklich, aber ich tippte auf blau oder etwas ähnliches.

Ohne es zu bemerken guckte ich mir seinen ganzen Körper an, was mein Herz zum Pochen brachte. Gutgebaut war der Typ, als würde er regelmäßig trainieren. Nein, den dürfte ich nicht gehen lassen. Mit allem Mut sprach ich weiter mit ihm, als er gerade aufstand.

„Kommst du wieder?“ „Öh... Mal sehen, ne? Gute Nacht noch, hier das stimmt so.“

Er reichte mir einen 50 Dollar Schein und verließ den Club ohne weitere Worte. Unglaublich... Der Kerl hat mich reich gemacht! Sheela starrte mir fassungslos auf den Schein.

„Wow... Wenn der öfter auftaucht, kannste demnächst richtig shoppen gehen.“ „Eh... Ja...“, antwortete ich knapp und starrte weiter zum Ausgang durch den er verschwunden war. Endlich!!! Ich hatte wieder ein Ziel und war wieder motiviert! Ich wollte wissen, wie er hieß und wer er war. Innerlich hoffte ich ihn morgen bei der Arbeit wieder zu sehen. Ich konnte es kaum erwarten.

Ich war mit den Gedanken völlig hin und weg. So sehr, dass ich nicht mal einschlafen konnte an dem Abend. Ich lag im Bett, sah zur Decke und überlegte mir, was ich zu ihm sagen könnte, wenn ich ihm wieder begegnen würde. Mein Herz raste.

So ging es auch weiter die folgenden Tage. Den ganzen Tag tat ich nichts weiter als mich auf die Arbeit zu freuen.

Die Tage vergingen – doch ich gab die Hoffnung weiterhin nicht auf. Aysha war schon richtig nervös, weil ich meinem Training nicht nach ging und auch nicht wirklich wachsam war. Mir war der ganze Element-Kram derzeit so egal. Ich hatte ganz andere Dinge im Kopf. Selbst wenn ich nicht arbeiten musste, ging ich in den Club um ihn vielleicht wieder zu sehen. Sieben Tage lang... Neujahr stand kurz vor uns und ich war kurz davor die Hoffnung doch aufzugeben. Kurz vor Arbeitsbeginn saß ich mit Marisha auf einer Parkbank, die einige Meter vom Club entfernt stand.

„Wenn er heute nicht kommt, dann geb ich auf.“„Ach Chann, das klappt bestimmt noch. Vielleicht habt ihr euch ja auch immer verpasst?“ „Denke ich nicht. Ach, ich weiß ja auch nicht... Ich will nicht so ins neue Jahr starten.“ „Blöd nur, dass du echt gar nichts über ihn weißt.“ „Ja... Ich werd wohl weiterhin einsam bleiben, dass ist wohl mein Schicksal.“ „Sei nicht so niedergeschlagen. Nun geh da rein, zeig den Kerlen wo es lang geht und genieße dein Leben.“

Mit einem fetten Grinsen schubste sie mich Richtung Eingangstür und lief davon. Sie hatte echt die Ruhe weg.

Mit einer deprimierten Miene betrat ich meinen Arbeitsplatz und fing an meine Aufgaben zu erledigen. Sheela warf mir ab und an besorgte Blicke zu und streichelte mir mitleidig über die Schulter, weil ich jedes Mal, wenn die Tür aufging hoffnungsvolle Blicke rüber warf – jedes Mal eine neue Enttäuschung. Eine halbe Stunde vor Ladenschluss tat sich jedoch endlich was. Diesmal wurde ich nicht enttäuscht... Zumindest nicht sofort.

Als ich sein Gesicht sah, ging mein Herz auf. Ich freute mich innerlich wie ein kleines Kind ihn endlich wieder zu sehen. Doch irgendwas stimmte nicht. Er wirkte gehetzt und guckte sich um als würde er jemanden suchen.

„Hey, suchst du wen?“, rief ich ihm zu um wieder mit ihm ins Gespräch zu kommen. Er reagierte und kam zu mir. „Hör zu! Wenn jemand fragt, du hast mich hier nicht gesehen!“ Und schon flüchtete er durch die Menge zum Hintereingang. Was... War... Das?!

Vor wem lief er davon? Der Vermutung lag nahe, als eine Blondine durch die Tür kam. Sie sah ebenfalls so gehetzt aus. Sicher suchte sie ihn, weshalb ich mich demonstrativ weg drehte damit sie erst gar nicht auf die Idee kam mich nach ihm zu fragen.

Aus dem Seitenwinkel sah ich nur, dass sie auch zum Hintereingang lief. Wieso taten unsere Türsteher eigentlich nichts dagegen? Auf eigene Faust beschloss ich selbst mal danach zu sehen. Ich schlich der Blondine unauffällig hinterher, hinaus in die Seitengasse, wo der Hinterhof zu unserem Club war. Dort gab es eigentlich nur Mülltonnen, nichts Besonderes. Ganz genau ließ ich mein Gehör schweifen um Schritte oder Stimmen zu hören. Stimmen hörte ich nicht – Schritte eben so wenig. Doch ich hörte einen Schuss!!! Er kam von der nächsten Seitengasse.

Vorsichtig lief ich an der Wand entlang, wo ich nur schwer zu erkennen war. Die „Ausbildung“ bei Rico machte sich mal wieder bezahlt. Gruselig fand ich das Geräusch von den hohen Absätzen dieser Blondine.

Es wurde leiser... Doch wo war dieser Typ nun?! Hatte sie etwa auf ihn geschossen? Was, wenn er verletzt ist und ich ihn nicht finden kann!?! Mist! Zu allem Übel sah ich auch noch kaum etwas.

Ich erschrak fast zu Tode – hinter den Mülltonnen hörte ich auf einmal etwas klappern. Vorsichtig ging ich dort hin und guckte durch den Spalt zwischen Tonne und Mauer. Endlich fündig!

„Sag mal was soll das Versteckspiel hier?“, fragte ich und musste mich zurückhalten ihn nicht auszulachen, weil er zwischen der Tonne und Wand steckte.

„Ach... Die geht mir auf die Nerven und sollte mich nicht finden.“ „Hab ich da grade wirklich einen Schuss gehört?“ „Einen Schuss? Nein, von uns hat doch niemand eine Knarre“, antwortete er mit leicht angehobener Stimme. Ich glaubte ihm nicht. Doch erstmal half ich ihm da wieder raus. Mit einem festen Ruck schaffte ich es ihn weg zu ziehen und fiel selbst gegen die Wand.

„Hast du dir weh getan?“, fragte er besorgt und reichte mir die Hand damit ich leichter aufstehen konnte. Seufzend klopfte ich mir den Schmutz von meinen Klamotten.

„Und nun? Wie heißt du überhaupt?“ „Ich heiße Rick Coldfire.“ „Ich bin Chann Hiwatari. Und ich frage mich immernoch, warum du vor einer Blondine mit Lederstiefeln flüchtest.“ „Ist ne lange Geschichte. Ich werde wohl zurück nach Chicago müssen. Die findet mich hier zu leicht. Also dann...“ „Ehm.. Äh... Willst du nicht erstmal mitkommen? Bei mir findet sie dich bestimmt nicht. Und wenn sie sich doch dort hinwagen sollte, wird sie von meinen Brüdern aufgemischt.“ „Na, wenn deine Brüder das schaffen.“, seufzte er und überlegte, bevor er tatsächlich zustimmte mit mir nach Hause zu kommen.

Ich war stolz auf mich und der komischen Blondine in einer Weise auch irgendwo dankbar. Denn ohne diesen Zwischenfall hätte ich ihn garantiert nicht so schnell dazu gebracht zu mir nach Hause zu kommen. Doch nun war ich wieder nervös. Und... Kyle dürfte ihn auf keinen Fall sehen.

Bevor wir zu Hause ankamen weihte ich Rick noch ein, damit er sich versteckt halten würde. Wenn Kyle einen Kerl bei mir erwischen würde, dann würde er Kleinholz aus ihm machen. Kyle hasste es immerhin, wenn sich ein Typ in meine Nähe traute. Er und sein Beschützerinstinkt. Bewahren könnte er mich eh nicht vor einem festen Freund.

Ich ging vor um die Lage zu peilen. Mein Bruder war noch nicht zu Hause, nur Marisha. Sie guckte uns mit großen Augen an.

„Mari! Kyle darf auf keinen Fall wissen, dass ich heute jemanden mit dabei hab, okay? Sonst rastet er aus.“ „Ist gut, von mir erfährt er nichts.“ „Danke, hast was gut bei mir. Komm, Rick!“

Ich brachte ihn ins Schlafzimmer, wo er sich auf mein Bett setzte. „Und das ist wirklich okay für dich, wenn ich heute Nacht erstmal hier bleibe?“ „Ja, kein Ding. Willst du was essen oder trinken? Ich bring dir was rüber.“ „Wenn es dir wirklich keine Umstände bereitet.“ „Quatsch! Ich komme gleich wieder.“

Freudestrahlend kam ich zurück ins Wohnzimmer zu Marisha, die grinste.

„Ist er das?“ „Jaaa! Und der Zufall... Hammer! Aber das ist ne lange Geschichte, die ich dir grade nicht erzählen kann. Mach ich morgen. Versuch Kyle bitte vom Schlafzimmer fernzuhalten.“ „Mach ich. Ich freu mich so für dich! Hihi!“

Fix machte ich Rick und mir was in der Mikrowelle warm und nahm noch eine Ladung Eistee mit rüber ins Schlafzimmer. Wenn ich ihn nicht nur so flüchtig kennen würde, wäre das sicher total gemütlich, aber nervös war ich schon sehr wegen ihm. Wir machten uns erstmal übers Essen her, wobei er sich ziemlich viel Zeit nahm und ich mich fragte ob es wirklich so schrecklich schmeckte. Scheinbar bemerkte er meine Blicke.

„Oh... Keine Sorge, es schmeckt schon. Aber ich muss immer ein bisschen langsam machen beim Essen, weil mein Magen nicht der Beste ist.“ „Achsoo, verstehe. Ich dachte schon... Hehe.“ „Mich wundert´s, dass ein Mädchen wie du einfach einen Unbekannten wie mich mit nach Hause nimmt.“ „Das mach ich normalerweise nicht. Aber irgendwie... Ich weiß auch nicht warum. Ist doch egal, das Wichtigste ist, dass du einen Platz zum Schlafen hast.“ „Danke nochmals.“ „Kein Problem... Wie alt bist du eigentlich? Das frage ich mich schon seit ner Weile.“ „Ich bin 18. Komme eigentlich aus Chicago.“ „Echt? Was treibst du dann hier?“ „Ach, ich hab's bei meiner Mutter nicht ausgehalten und bin auf eigene Faust abgehauen.“ „Kenne ich irgendwie...“

Es war ein schöner Abend. Schon nach kurzer Zeit war ich überhaupt nicht mehr nervös, weil ich merkte, dass er keine bösen Absichten hatte, sondern wirklich einfach nur einen Platz für die Nacht brauchte. Toll, nun nehm ich auch noch Straßenjungs auf... Straßenjungs die einfach so mit 50 Dollar um sich werfen? Hmm... Irgendwas war faul an der Sache.

Doch nun wollte ich einfach nur versuchen zu schlafen. Zumindest etwas bis ich wieder schweißgebadet aus meinen Alpträumen aufwachen würde. Nachdem wir uns gute Nacht gesagt hatten, machte ich das Licht aus und schloss die Augen... Ehe ich mich versah befand ich mich wieder dort, wo ich nicht sein wollte. Wieder in diesem Zimmer, das mich an ein altes Schloss erinnerte... Es war das Haus von diesem komischen Mann, der mich seit meinem ersten Alptraum umbringen wollte. Ich konnte mir schon denken, dass ich auch ihn gleich wieder treffen würde. Meine Arme konnte ich wie so häufig in diesen Träumen nicht bewegen. Sie waren angekettet.

Nervös blickte ich mich um und sah wie die Tür aufging und wie erwartet kam dieser Mann mit den schwarzen Haaren zu mir.

„Kleine Schlampe... Es wird Zeit für dich zur Hölle zu fahren“, flüsterte er mir ins Ohr und gab mir dann eine sehr schmerzhafte Ohrfeige, die mir Tränen in die Augen trieb. Sein hämisches Grinsen machte mich wütend, doch ich konnte absolut nichts tun, ich fühlte mich so machtlos. Auch als er mich weiter bedrohte nicht. Und als er einen silbernen Dolch zückte, wurde meine Angst noch schlimmer. Ich schrie aus vollen Kräften und hoffte aufzuwachen, doch es passierte nichts.

„Schrei nur so laut du kannst... Dir kann nun niemand mehr helfen.“ „Was... Was willst du eigentlich von mir? Ich habe dir nichts getan.“ „Du Schlampe widersetzt dich meinem Willen. Du hast eine Entscheidung getroffen. Du willst lieber ihr dienen und verwährst mir deine Kräfte? Also musst du büßen! Langsam... Qualvoll...“ „Ich hab mich für gar nichts entschieden! Wer bist du!?“

Auf meine Frage bekam ich keine Antwort, er konzentrierte sich viel zu sehr darauf, was er gleich mit seinem Dolch tun könnte. Genüsslich drückte er ihn gegen meinen Hals und fuhr langsam damit an meiner Brust entlang runter zum Bauch. Würde er fester dagegen drücken, würde ich anfangen zu bluten.

„Lass das, du Perverser! Ich will nicht mehr!!“ „Ooooh, gleich bist du erlöst.“

Wieder hielt er seinen Dolch gegen meinen Hals, aber diesmal noch viel fester. Vor Schmerzen fing ich an zu schreien, als ich das Blut fließen sah und dachte schon diesmal wirklich sterben zu müssen, doch dann hörte ich eine Stimme. Sie rief mich… „Chann! Chann, wach auf!“

„AAAAAAAAAAAAAAAAAHHHH!!!!!“, schrie ich als ich mich endlich wieder in meinem Körper wieder fand und sicher in meinem Schlafzimmer saß. Diese Träume wurden wirklich immer schlimmer.

„Hey! Was ist los? Du warst so unruhig, da dachte ich, ich wecke dich besser mal“, sagte Rick, der mich besorgt anguckte. Ich war ihm dankbar, denn ich wusste nicht, was passiert wäre, wenn ich nicht rechtzeitig wach geworden wäre. Traumatisiert und zitternd guckte ich Rick an. „Stirbt man eigentlich wenn man träumt, man würde umgebracht werden?“ „Ähm… Glaube nicht. Was hast du denn geträumt?“ „Ach… Egal. Die Nacht ist mal wieder gelaufen… Klasse!“

Müde lehnte ich mich zurück und seufzte. Ich traute mich bald nicht mehr zu schlafen, denn jedes Mal wurden diese Träume schlimmer. Inzwischen fürchtete ich sogar um mein Leben und mir war bewusst, dass ich das nicht mehr lange so durchhalten könnte.

Seufzend schaltete ich den kleinen Fernseher ein, der bei mir im Schlafzimmer stand und eigentlich so gut wie immer aus war. Das Nachtprogramm was stinklangweilig, aber wenigstens hatte ich gute Gesellschaft, denn Rick wollte nicht eher schlafen, bis es mir wieder besser ging.

„Hast du öfter solche Träume?“ „Hmm… Ja schon länger. Aber sie werden immer schlimmer und ich weiß nicht, wie ich sie wieder los werde.“ „Vielleicht solltest du mal zu jemand Professionellem damit gehen.“ „Spinnst du? Ich bin doch nicht psychisch gestört.“ „Das hat doch damit nichts zu tun.“ „Mhh… Ich werde noch drüber nachdenken“, antwortete ich, weil es mir unangenehm wurde und ich nicht wollte, dass er noch weiter drauf rumbohrt. Dass ich das erst hab, seit dieser Stein bei mir ist, konnte ich ihm ja nicht erzählen.

„Warum wohnst du hier eigentlich alleine? Wo sind deine Eltern?“, fragte er mich weil er merkte, dass es mir unangenehm wurde. Doch diese Frage war auch nicht viel besser…

„Die kümmern sich leider nicht richtig um uns. Meine Geschwister kümmern sich um mich. Und was ist mit dir? Deine Mutter nervt dich, sagtest du. Was ist mit deinem Vater?“

Dass ich ihm diese Frage stellte war mir bei seiner Reaktion total peinlich, denn er sah mich richtig schockiert an und schien zu überlegen was er nun sagen könnte.

„Den kenne ich nicht. Hat Mama sitzen lassen kurz nach meiner Geburt.“ „Achso... Tut mir leid, dass ich gefragt habe. Ich wusste nicht dass…“ „Woher hättest du es wissen sollen? Wir kennen uns ja noch gar nicht wirklich.“ „Wirst du morgen die Stadt verlassen?“, fragte ich mich leicht traurigem Blick. Mit ihm konnte man gut reden und endlich fühlte ich mich nicht mehr alleine. Plötzlich legte er seinen Arm um meine Schultern und zog mich nach hinten aufs Kopfkissen, wo ich mit knallrotem Kopf gegen die Decke starrte.

„So, du versuchst jetzt nochmal zu schlafen, ich pass auf dich auf.“ „Aber…“ „Augen zu! Wenn was ist wecke ich dich wieder.“ „Na gut… Okay.“

Ich ließ meinen Kopf auf seine Brust sinken und entspannte. Ich war so müde, dass es gar nicht lange dauerte, bis ich wieder einschlief… Doch diesmal war alles ganz anders. Zwar träumte ich, aber es gab nichts, was mir Angst einjagen könnte. Ich lag in meinem Traum in einem Himmelbett, das komplett weiß überzogen war. Auch ich trug einen weißen Satin-Anzug, der sich einfach klasse anfühlte. Ich schaute mich um.

Alles war weiß, so dass ich nichts erkennen konnte. Doch eines gab mir Sicherheit.

Um mich und das kuschelige Bett befand sich eine bläulich schimmernde Schutzblase, die mich an die Farbe meines Elementes erinnerte. Dies war das erste Mal, dass ich so etwas in meinem Traum hatte. Ob es was mit Rick zu tun hat? In dieser Nacht schlief ich seit Langem mal wieder durch. Es ging mir fantastisch, als ich die Augen auf machte. Neben mir lag Rick, der seine Arme um mich gelegt hatte. Mein Bauch kribbelte bei dem Gefühl und so genoss ich es noch ein Wenig, bevor auch er wach wurde. Verschlafen guckte er mich an.

„Konntest du besser schlafen?“ „Ja, viel besser. Ich wüsste zu gern, warum es diesmal anders war. Ist ja auch egal. Danke, dass du für mich da warst, obwohl du mich gar nicht kennst.“ „Kein Problem… Siehst auch sehr viel besser aus nun. Als du nach ner Stunde immer noch ruhig schliefst dachte ich, ich könnte mir auch ein paar Stunden Schlaf gönnen.“

Ich lächelte ihn an, ehe ich mich langsam ins Wohnzimmer schlich um zu schauen ob Kyle und Marisha zu Hause waren. Wir hatten Glück, denn beide waren außer Haus und so konnte Rick endlich das Schlafzimmer verlassen.

Ich machte uns einen Kaffee, während Rick sich kurz unter meine Dusche stellte. Bei dem Gedanken so nen gutaussehenden Typen bei sich unter der Dusche zu haben, spielten die Fantasien natürlich wieder verrückt, ich hielt mich allerdings zurück und versuchte mich abzulenken.

In dem Moment platzte die Tür auf, wodurch ich fast vom Stuhl fiel vor Schreck. Es war Rico. Hoffentlich würde Rick noch eine Weile brauchen! Rico dürfte ihn hier nicht sehen!!!

„Hi Schwesterlein! Ui, du siehst gut aus. Als hättest du tausend Jahre Schlaf nachgeholt. Weswegen ich hier bin - Hast du noch ne Flasche Cola?!! Ich hab so nen „Heißhunger“ auf Cola!“ „Eh, ja klar. Ich hol dir eine, Moment.“

So schnell ich konnte sprintete ich in die Küche, an den Kühlschrank und wieder zurück zu meinem Bruder um ihn schnellstmöglich wieder los zu bekommen.

„So, viel Spaß damit und nun raus hier ich muss gleich los.“ „Na, du hast es aber eilig… Egal… Vielen Dank bis…“ „Uuuah, das tat nun gut!“, seufzte Rick, der total unpassend aus dem Bad kam. Er hatte sich nur ein Handtuch um die Hüfte gewickelt und stand ansonsten splitterfasernackt vor uns… Oh mein Gott! Der hat ja ein Sixpack!!! Mist, Chann konzentrier dich!

„Oh! Chann, sag doch dass du Männerbesuch bekommst, dann wär ich früher abgehauen“, sagte Rick verblüfft und guckte Rico an. Rico hatte nun denselben Blick wie Koshy angenommen, wenn sie rasend wurde.

„Chann? Wer ist der Kerl? Hast du nen Freund?“ „Jungs, beruhigt euch. Rick, das ist nicht mein Männerbesuch sondern mein Bruder. Rico, das ist Rick. Er ist nicht mein Freund, sonder nur ein Bekannter, den ich heute Nacht hier schlafen ließ.“

Rico guckte ihn unbeeindruckt an… Ja richtig abfällig sogar.

„Hör mal Junge! Wenn du dich an meine Sis ran machst oder gar ihr Herz brichst, dann brech ich dir was ganz Anderes, okay?“ „Hehe… Ähm, ja, ich werde ihr schon nichts tun… Ich hab ja nicht mal die Absicht mich an sie ranzumachen“, antwortete Rick, dem das ganze peinlich war. Aber auch mir war das so peinlich, dass ich rot anlief. Rico hatte mir den Tag versaut!!! Was allerdings noch schlimmer war, war die Tatsache, dass Rick wohl nichts von mir wollte, so wie er sagte. Deprimiert drängte ich meinen Bruder aus meiner Wohnung.

„Rick… Das tut mir leid. Man ist das peinlich.“ „Schon okay… Geschwister können ziemlich nervig sein, haha. Ich zieh mich dann mal wieder an und mach mich vom Acker.“ „Okay…“, antwortete ich traurig. Er hätte meinetwegen sofort hier einziehen können, aber das würde er sicher nicht machen. Ich müsste mich damit abfinden ihn wahrscheinlich nie wieder zu sehen, denn er würde die Stadt genauso verlassen wie Yoshi auch. Wieso treffe ich eigentlich immer nur Männer, die mich gleich wieder alleine lassen?

Als er angezogen war nahm er mich noch einmal flüchtig in den Arm, bedankte sich und verschwand mit seinem Lächeln, an das ich mich schon gewöhnt hatte.

Zeit zum Trauern blieb mir allerdings nicht, denn mein Telefon klingelte. Genervt ging ich dran und musste entsetzt feststellen, dass meine Mutter mal wieder dran war.

„Huhu, meine kleine Chann!! Na wie geht’s dir heute?“ „Schlecht, immerhin hab ich dich grade am Telefon.“ „Haha! Ich bin ja nicht dein Vater, ich glaub das wäre schlimmer! Nun sag mal, was treibst du so?“ „Hmm… Hast du ein Mittel gegen Liebeskummer?“ „Nam wäre schön wenn es sowas gäbe, hm? Wie heißt denn der Angebetete?“, fragte sie belustigt.

Ich überlegte, ob ich mich ihr wirklich anvertrauen sollte… Ich hatte kein gutes Verhältnis zu ihr und redete nie mit ihr über solche Themen, jedoch sprang ich mal über meinen Schatten.

„Ach ist so ein Junge, den ich vor einer Weile kennen gelernt hab. Rick Coldfire heißt er.“ „WAS!?!?!!!“ „Wie „WAS“!?!“ „Oh Gott, Schätzchen! Ich will nicht, dass du dich nochmal mit ihm triffst.“ „WIESO!? Kennst du ihn?“ „Ähm… HALT DICH VON IHM FERN!!! Ich muss ein wichtiges Telefonat führen und melde mich wieder. Hab dich lieb.“

Und schon legte sie auf… Warum soll ich mich nicht mehr mit ihm treffen? Und woher kannte meine Mutter Rick?! Wieder fühlte ich mich so ausgeschlossen… Als wüsste ich nichts und dürfte nichts wissen. Ich war wütend auf meine Mutter… Warum gönnt mir niemand was? Es war mir egal, was sie sagte, wenn ich die Chance hätte ihn wieder zu treffen, würde ich es tun!
 

~ Kapitel 5 ~ Ein Hauch von Schicksal ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~
 

Dies ist die erste längere Schreibphase die ich endlich mal wieder hab. 2 Monate hab ich Pausiert :) Während mir Kapitel 4 noch sehr schwer von der Hand ging, fiel mir dieses Kapitel relativ leicht. Ich hoffe ich konnte trotz der langen Pause gut an die vorigen Kapitel anknüpfen ^^ lg eure Kiroya

Verrat


 

… Der Kampf gegen einen unbekannten Gegner. Er steckt voller Überraschungen und selbst wenn du meinst, dass der Kampf vorüber ist – so kann dich jeder Zeit ein neuer Schlag treffen. Lass dich nicht täuschen. Ruhe dich niemals aus und glaube niemals du seist in Sicherheit. Er sieht dich... Immer und überall!
 


 

Kapitel 6 ~ Verrat
 

Passend zum Start ins neue Jahr machten wir alle aus uns zu einem „Kriegsrat“ zu treffen. Wir hatten die Sache mit den Elementen die letzte Zeit nicht mehr wirklich ernst genommen und uns auch keinerlei Gedanken mehr darüber gemacht – ein Fehler! Doch wir waren allesamt junge Mädchen, die ihren eigenen Problemen nachgingen. Vor allem in der Liebe. Wie sollten wir da noch den Kopf für so außergewöhnliche Dinge wie die Steine und Elemente haben?

Naga, Marisha, Angel, Aysha und ich saßen schon in der kleinen Sporthalle, die Rico und klar machen konnte und wir als Treffpunkt vereinbart hatten. Nur Rachel fehlte noch. Sie war nun schon eine halbe Stunde zu spät und wir fragten uns ob sie unser Treffen wohl vergessen hatte. Naga schlug die Beine übereinander und zündete sich eine Zigarette an, während sie seufzte.

„Ich hab heut eigentlich noch was Anderes vor. Ich hoffe die Alte kommt bald, sonst geh ich Party machen.“ „Sie wird schon noch kommen, reiß dich mal zusammen, es gibt auch noch wichtigere Dinge als Partys“, ermahnte Aysha, die genervt war von Nagas Verhalten. Für Aysha war der Besitz eines Elementes eine sehr ernste Sache. Sie vernachlässigte ihr Training nie und ermutigte uns Andere stets daran zu denken und zu arbeiten.

Mit ihrem Element der Dunkelheit war sie praktisch wie eine Führerin für uns. Eine Chefin. Naga dagegen war das krasse Gegenteil. Sie spielte zwar gerne mit dem Feuer, was dies jedoch zu bedeuten hatte, interessierte sie recht wenig. Die Treffen mit uns nervten sie und auch Aysha konnte sie nicht leiden. Einmal sagte sie, Aysha sei eine Wichtigtuerin die nur durch diese Steine Aufmerksamkeit bekommen könnte und dies ausnutzt.

Marisha sah die ganze Sache ähnlich wie Aysha und ich. Sie stand sowieso in großer Verbundenheit mit ihrem Element. Während wir Anderen unsere Kräfte einfach nur zum Spaß nutzten oder eben weil wir es konnten, fand sie den kompletten Einklang mit ihrem Element. Sie hörte was der Wind erzählte und Gewitter konnte sie schon einen halben Tag vor Ankunft voraus ahnen.

Angel beschäftigte sich bei der niederschmetternden Stille mit Nägel feilen... Das fand ich ja so angebracht, dass ich mich fragte wie wir gegen einen unbekannten Feind kämpfen sollen, wenn der größte Teil von uns sich nicht mal leiden kann. Der andere Teil hat einfach keine Lust sich damit zu befassen.

Endlich wurde unser Schweigen gebrochen, doch unter anderen Umständen als erhofft. Zwar war es Rachel, die endlich kam, doch ihr Gesichtsausdruck ließ nichts Gutes sprechen. Völlig hysterisch und mit verzweifelten Augen fiel sie fast durch die Tür und schnaufte schwer. Da wir ahnten, dass etwas passiert sein muss, spritzten wir auf und Aysha trat vor.

„Was ist passiert?“ „Sheela!!! Sheela ist entführt worden!!!“ „WAS!?!“, schrien wir alle auf. „Hier! Das hier hab ich in meinem Briefkasten gefunden! Ein Brief von unseren Feinden!“

Sie hob uns den Zettel vor die Augen, den wir allesamt begutachteten. Angel riss ihn ihr aus der Hand und fing an für uns alle laut vorzulesen.
 

„Wir haben eure Freundin. Das Element Luft ist unser. Gebt uns eure Steine oder eure Freundin wird sterben...“
 

Ein skeptischer Blickaustausch folgte und ich überlegte.

„Sie haben das Element Luft? Aber Marisha ist da... Wahrscheinlich halten sie Sheela für die Sechste, weil die mit uns immer in der Schule rumhängt!“ „Chann hat Recht! Das kann gut sein! Sie haben die Falsche! Und jetzt?“, fragte Rachel aufgebracht. Marisha schossen die Tränen in die Augen. „Es... Es ist alles meine Schuld. Sie sollten mich haben und nicht dieses unschuldige Mädchen.“ „Allerdings, dann hätten wir jett keine Arbeit und könnten in den Club gehen.“ „NAGA!!!“, fuhr ich den Rotschopf an und klatschte ihr dabei eine. Es war zu viel! So eine Bemerkung hatte uns nun grade noch gefehlt! Entsetzt guckte sie mich an.

„ES GEHT HIER UM EIN MENSCHENLEBEN!! UM DAS UNSERER FREUNDIN!!! UND DU!?! DU DENKST NATÜRLICH NUR WIEDER AN DICH UND DEINE PARTYS DU EGOISTISCHE KUH! KOMM MAL WIEDER VON DEINEM EGOTRIP RUNTER, MÄDEL ODER ES PASSIERT WAS!!!“ „Gut gesprochen, Chann“, lobte mich Aysha die völlig meiner Meinung war. Naga schien sichtlich gekränkt und wütend. „Wisst ihr was? Macht eure Element-Kacke doch alleine! Ich hab mir das nicht ausgesucht und will nichts davon wissen! Dass das mein Leben so beeinträchtigt ist mir die Sache echt nicht wert! Leckt mich, Leute!“

Mit erhobenem Mittelfinger kehrte sie uns den Rücken und zog davon. Na Prima! Um etwas erreichen zu können bräuchten wir doch jedes Element und nun lässt sie uns im Stich. Mal wieder war ich sehr enttäuscht von ihr und wandte mich zu Aysha, weil ich keinen Rat mehr hatte. Die Vampirin überlegte.

„Scheiße... Egal ob mit oder ohne die Tussi, wir müssen das Mädel retten gehen. Rachel, steht auf dem Zettel irgendwas, wo wir hin sollten um unsere Steine abzugeben?“ „Du willst doch nicht etwa...“ „Nein Chann, ich will nicht dass wir unsere Steine abgeben. Jedoch werden wir uns dem Kampf stellen!“ „Ooooh Gott, ich bin noch zu jung zum Sterben“, seufzte Angel, die von der ganzen Sache ebenso wenig hielt wie Naga. „Angel, wir müssen zusammen halten! Vor allem wir beide mit den stärksten Elementen.“ „Nein Aysha! Ich will mein Leben nicht für ein normalsterbliches Mädchen, dass ich nicht mal kenne opfern! Das sehe ich nicht ein!“ „... Angel... Bitte“, flehte Aysha sie an. Sie verschränkte die Arme und verdrehte sie Augen genervt. „Naaa gut, aber sobald die Sache zu gefährlich wird, mach ich den Abflug. Wir sind zu wenig! Fünf! Was soll das bringen?“

Hoffnungslosigkeit machte sich in der Gruppe breit, doch mir fiel noch jemand ein der uns helfen könnte. „Leute! Mein Bruder Rico hat mit so Sachen doch Erfahrung! Ich kann ihn fragen ob er uns helfen wird!“ „Einer mehr... Klasse...“ „Einer ist besser als keiner, Angel.“, mahnte Aysha und stimmte meinem Vorschlag zu. Rachel las den Brief noch einmal und las heraus, dass der Treffpunkt in einem alten Bürogebäude sein sollte. Dieses Gebäude stand abseits der Stadt und eignete sich perfekt als geheimes Versteck für solche „Organisationen“.

So schnell ich konnte machte ich mich auf den Weg zu Rico und hoffte dass er nicht wieder auf irgendeiner Party abgetaucht war. Doch ich hatte Glück – er saß zu Hause gelangweilt auf seinem Sofa.

„Chann, was ist denn los? Siehst so aus als seist du im Stress“, meinte er während er einen genüsslichen Zug an seinem Joint machte. „Lust auf ein bisschen Action Bruderherz?“

Noch auf dem Weg zur Halle zurück weihte ich ihn in das Geschehene ein. Natürlich sagte er nicht Nein bei so einer Aktion und half uns gerne. Zu Hause hätte er sich eh nur gelangweilt, sagte er. Er ging schon mal vor, weil ich noch eine Minute Ruhe und frische Luft brauchte. Das war alles schon wieder zu viel für mich. Ich machte mir Sorgen. Was, wenn ich das neue Jahr erst gar nicht erleben würde? Wenn mir dort was passieren würde? Oder einer meiner Freundinnen? Die Gegner haben sicher starke Waffen – Und ihre Elemente.

Diese Viki sagte damals, dass die „Gegenstücke“ wesentlich besser trainiert seien als wir. Viki... Ich fragte mich wann sie uns eigentlich nochmal erscheinen will, denn wir haben das vierte Element gefunden. Sie sagte, sie würde uns den Weg weiter weisen, sobald wir das fehlende Element bei uns haben – doch das war nun eine ganze Weile her und es passierte nichts.

Noch einmal ließ ich alles Revue passieren. Kaze Arroused, unsere seltsame Mitschülerin die uns hinterher spioniert. Ich könnte meinen Hintern drauf verwetten, dass sie auch eine der Gegenstücke ist. Sie hat alles genau wie ich... Blaue Haare, braune Augen, dieselbe Körpergröße, dieselben Schulnoten und denselben Kleidungsstil. Ja, sogar fast dieselbe Frisur. Ich ahnte, dass sie mein ganz persönliches Gegenstück war. Und ich ahnte auch, dass ich ihr heute Abend wohl noch begegnen würde und zwar garantiert nicht im friedlichen Sinne.

Ein Seufzen brach aus mir heraus. Dann war da noch eine kritische Sache. Laut Viki steht eine noch viel mächtigere Person über den vier Gegenstücken. Wir würden wohl alle Hände voll zu tun haben.

„Chann? Was machst du denn hier um die Uhrzeit?“, fragte jemand, der hinter mir stand. Ich erschrak mal wieder fast zu Tode, vor allem bei diesen gruseligen Gedanken, doch als ich mich umdrehte spürte ich alles Andere als Angst. Es war Rick! Mein Herz machte Freudensprünge.

„Rick! Hehe... Du bist ja doch noch in der Stadt.“ „Jah, mich hält es hier irgendwie aus irgendwelchen Gründen, die ich noch herausfinden muss. Und nun sag mal, was ist los?“

Sollte ich es ihm sagen? Er hatte ja im Grunde nichts mit uns zu tun und in Gefahr wollte ich ihn auch nicht bringen. Wenn er mitkommen würde, dann würde er wahrscheinlich auch von unseren Elementen erfahren. Doch es ging um Sheela und wir konnten wirklich jede Hilfe gebrauchen.

„Ist ne lange Geschichte, Rick. Und ich hoffe, du erklärst mich danach nicht für verrückt. Ich werde dir alles in Ruhe erklären, aber jetzt zählt nur, dass eine Freundin von uns entführt wurde.“ „Entführt!?! Oh Mist!“ „Ja, sie wird in einem Bürogebäude festgehalten und die Entführer erpressen uns. Wir machen uns gleich auf den Weg dorthin um dagegen zu kämpfen.“ „... Soll ich mitkommen und dich beschützen?“ „Mich beschützen?“

Ich glaube, dort würde eher er Schutz brauchen als Normalsterblicher. Ob er überhaupt Erfahrungen mit solchen Dingen hatte, wusste ich nicht, doch er grinste mich selbstsicher an. „Ich kann sehr gut auf mich selbst aufpassen, Kleines. Und auf dich auch. Also soll ich mitkommen?“ „Ehm... Ja... Dann, dann... Würde ich mich bestimmt auch besser fühlen.“ „Hehe, na dann. Wohin geht’s?“ „Komm mit rein in die Halle, dort warten die Anderen.“

Ich nahm ihn mit rein und fühlte mich plötzlich total geborgen, als würde mir nichts zustoßen können, egal was da heute Abend passieren würde. Rico war erst leicht schockiert den „halbnackten Typen von Letzt“ wieder bei mir zu sehen, doch auch er wusste, dass es nicht schaden konnte.

„Also Mädels, wir fahren da nun alle gemeinsam hinter und stürmen die Burg! Danach befreien wir Sheela und schauen was auf uns zukommt. Vor allem zählt aber eure Sicherheit! Passt gut auf euch auf, verstanden?“ „Jawohl!“, antworteten alle im Chor und folgten meinem Bruder nach Draußen. Aysha legte beim Laufen einen Arm um mich. „Weißt du... Irgendwie hab ich ein ganz seltsames Gefühl. Ich will, dass du überlebst, egal was passiert.“ „Was meinst du?“ „Egal... Ich sag dir ja, wir schaffen das, egal was kommt. Hab keine Angst.“

Dann löste sie sich von mir und lief alleine weiter. Rico nahm die Mädels mit in sein Auto, wo sich Marisha, Rachel und Angel nach hinten quetschten. Aysha saß vorne. Nun fing ich schon automatisch an zu rätseln wo Rick und ich uns hinsetzen sollten, doch meine Frage wurde schneller beantwortet, als ich gucken konnte, denn Rick nahm mich mit zur nächsten Seitengasse, wo ein schwarzes Motorrad stand.

„Sag nicht, dass das geile Ding da dir gehört!“ „Doch, ist mein Baby. So, Helm auf und rauf mit dir, damit wir den Anschluss nicht verpassen.“

Er drückte mir den Helm auf meinen Kopf und setzte sich zu erst drauf. Ich ging nach Hinten und klammerte mich an ihm fest. Aufregend! So konnte ich die Gelegenheit nutzen mich an ihn zu kuscheln ohne dass es auffallen würde. Ich bin so genial!

Eine Viertelstunde hatte ich den Genuss, dann waren wir da. Auto und Motorrad stellten wir etwas Abseits ab, damit wir nicht gleich entdeckt werden würden.

Zweifelnd standen wir da und schauten die Straße herab auf das Bürogebäude, in dem gleich nichts mehr ruhig sein würde.

„Seid ihr bereit die kleine Blonde zu retten?“, fragte Rico entschlossen. Ich schluckte. „Ja, lasst reingehen!“

Dabei blieb ich jedoch immer hinter Rick. Auch der Rest folgte.

„Wahrscheinlich wissen die eh längst, dass wir im Anmarsch sind“, motzte Angel, womit sie nicht ganz unrecht haben würde. Die Eingangstüre war bereits offen und schon im Eingangsbereich wurden wir „herzlich“ empfangen von keiner Anderen als Kaze, was mich nicht mal überraschte. Ich fühlte mich bestätigt.

„Soso, da seid ihr ja endlich alle. Mehr als erwartet, zu wenig um etwas zu erreichen hier. Wobei ich euch ernsthaft viel Glück wünsche.“ „Kaze!!! Du hast uns die ganze Zeit also doch verfolgt!“, fuhr Rachel sie an. „Natürlich, so lautete mein Befehl von Oben... Aber ganz ehrlich... Macht was ihr wollt, dass ist nicht mein Ding.“ „Wie jetzt?“, fragte ich neugierig. Sie seufzte und legte ihre Hände auf meine Schulter. „Ich hab mir diese Rolle genauso wenig ausgesucht wie du, oder die Anderen hier. Manche können damit leben – ich nicht. Chann, du als die Trägerin des Element Wasser, sollst meine Kraft bekommen.“ „Wieso sollte ich dir vertrauen!?! Du gehörst zu den Feinden und erzählst mir hier was von wegen du würdest das nicht wollen! Klingt faul! Und wo ist der Rest von euch?!!“

Sie wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als sie auf einmal anfing nach Luft zu ringen. Qualvoll hob sie sich die Hände an ihren Hals, als müsse sie jemanden davon abhalten sie zu erwürgen. Starr vor Schock blieb ich stehen und starrte sie an.

„Chann… nimm bitte mei…ne Kraft! Sonst geht sie… verloren… “

Mit letzter Kraft streckte sie ihre Hand nach mir aus, worauf ich reflexartig reagierte und sie annahm. Ich spürte wie die Kraft meinen Körper durchströmte kurz nachdem unsere Hände sich berührten. So stark und unbezwingbar fühlte ich mich schon lange nicht mehr. Es war, als wäre eine Batterie aufgeladen worden.

Die Anderen starrten uns verwundert an und schien kurz auf, als Kaze zu Boden fiel und sich nicht mehr rührte. Ich kannte sie zwar nicht, fing aber trotzdem an vor Schreck zu weinen und legte mir entsetzt die Hände vor den Mund. Rick packte meinen Arm. „Komm weg da.“

Tröstend zog er mich an sich und legte seine Arme um mich damit ich nicht weiter zu Kaze hinstarren konnte. Was war passiert!? Wer hatte sie auf einmal umgebracht!??!

„Tjaaa, wer nicht hören will muss fühlen, würde ich mal glatt sagen.“

Eine weitere unbekannte Person stand am Ende der ersten Treppe zum höheren Stockwerk. Das Gebäude hatte scheinbar vier Stockwerke. Diese Fremde sah aus wie das Gegenstück zu Rachel. Lange, braune Haare, grüne Augen und eine enorm große Klappe.

„Wer bist du?!“, rief Rachel gleich zu der Fremden hoch. Auch sie schien die Bindung zu spüren. „Ich bin Karen, Besitzerin des Element Erde und nun werde ich euch aufhalten und euch eure Kräfte abnehmen. Was gibt euch überhaupt das Recht zu meinen, ihr seid die wahren Assistants?“ „Meinen wir doch gar nicht du dumme Nuss“, antwortete Angel matt und unbeeindruckt, was Karen rasend machte. Sie ging gleich in die Offensive und beschoss uns mit Ranken. Zu ihr kam noch eine Person... Diese hatte rote Haare und schien das Gegenstück zu Naga zu sein. Doch sie könnte lange warten, bis sie Bekanntschaft mit unsrer eingebildeten Tussi machen würde. Sie stellte sich als Edira vor, was mir eigentlich ziemlich egal war. Der Kampf begann – Karen und Edira beschossen uns mit Flammen und Ranken. Die Flammen wehrte ich gezielt mit Wasserstrahlen aus meinem Zeigefinger ab. Es fiel mir schwer meine Kräfte das erste Mal in einem Kampf zu benutzen weil ich mich kaum konzentrieren konnte. Durch den Aufprall meines Wassers und Edira's Feuer entstand eine dichte Dampfwolke, die uns die Sicht raubte. Es dauerte nicht lange bis ich den Anschluss zu meinen Freunden verlor. Das Einzige was ich sehen konnte war die Treppe nach oben, was ich nutzte, denn die Wahrscheinlichkeit Sheela ganz oben zu finden, war sehr hoch. Am oberen Ende der Treppe hörte der Nebel auf und ich konnte den Korridor entlang laufen. Hektisch folgte ich den Stufen noch eine Etage höher in den dritten Stock. Dort wartete eine erneute Überraschung auf mich in Form einer Blondine.

Diese war sehr aufreizend gekleidet. Ihr Oberteil überdeckte gerade so ihre Brüste und ihre Hotpants waren sehr knapp geschnitten. Die dunkelblauen Augen funkelten mich regelrecht an.

„Na aber Hallo. Ich dachte, hier hoch schafft es keiner von euch. Wo ist der Rest?“ „Keine Ahnung. Ist auch egal, ich mach dich auch ohne Hilfe fertig.“ „Bist du dir da sicher kleine Wasserhüterin?“ „Wieso nicht?“ „Nun... Das Element Luft ist vielfältig. Unter Anderem könnte ich auch Elektrizität erschaffen... Verstehst du? Das würdest du nicht überleben.“

Scheiße!!! Sie hatte einen ordentlichen Vorteil, den ich nicht ausgleichen könnte. Mit meinem Element hätte ich keine Chance gegen sie, denn Wasser würde ihr nichts ausmachen. Rachel wäre nun praktisch. Sie könnte durch ihre Erdkräfte einen Blitzableiter schaffen. Doch sie war nicht da... Also könnte ich auch nicht mit ihr planen. Die Blondine grinste.

„Sieht schlecht aus, nicht? Ich zeig dir was...“ Selbstsicher hob sie ihren Zeigefinger und schoss einen Blitz nach meinen Füßen, dem ich grade so ausweichen konnte, indem ich sprang. Dies wiederholte sie immer und immer wieder, bis ich richtig außer Atem war und kaum noch eine Chance sah ihr zu entkommen oder sie zu schlagen.

„Diese Blitze machen dir gut zu schaffen oder? Dabei war das doch längst nicht alles was ich drauf habe. Soll ich dir mehr zeigen?“

Mit ihrem rechten Arm schwang sie einmal heftig um sich und erzeugte damit immer mehr Windböen. Nun konnte ich noch schlechter ausweichen. Dort wo sie mich trafen entstanden tiefe Fleischwunden, die heftig schmerzten.

„Bitte... Warum arbeitest du für die „Bösen“? Warum tust du das?!“ „Nenn so was Schicksal oder keine Ahnung was... Nein, Spaß bei Seite. Was glaubst du, was ich an Geld bekomme für den Job hier? So einen prallgefüllten Geldbeutel würde ich nicht aufgeben.“ „Oh Mann... Wie heißt euer Boss?“ „Tja, das wirst du leider nie erfahren, denn ich bringe es nun zu Ende.“

Gerade als sie ausholte und ich die Augen zusammenkniff, hörte ich wie jemand mit einem angestrengten Keuchen und Husten zu uns gerannt kam. Es war Rico der neben mir in die Hocke ging und seine Arme schützend um mich legte. Er warf der Blondine vorwurfsvolle Blicke zu.

„Scarlett!?! Du arbeitest hier? Sag, dass das nicht wahr ist. Wenn du meine Schwester umbringen willst, musst du erst an mir vorbei!“, sagte er mutig und stellte sich vor mich. Kannten die Beiden sich etwa? Ich war überrascht. Wobei Rico wahrscheinlich eh jede Frau der Stadt kannte.

„Rico... Du bist ihr Bruder?“ „Ja. Hör auf mit der Scheiße, Scarlett! Komm schon, du hast den Job doch gar nicht nötig, ich weiß doch dass du viel lieber mit feiern kommen würdest.“

Sie ließ ihren Arm sinken und lächelte ergiebig: „Da hast du Recht... Aber wenn ich mich widersetze, dann sterbe ich genauso wie Kaze.“ „Dann... Kämpfe mit mir!“ „Chann, du musst weiter hoch! Erst wenn unsere Chefin besiegt ist, hört es auf und wir sind wieder frei! So lange halte ich mich mit Rico auf!“, sagte sie zu mir. Ich nickte erleichtert und war froh, dass er sie doch umstimmen konnte. Rico hatte mein Leben gerettet, doch nun hätte ich es mit der Chefin zu tun.

Mutig lief ich ins oberste Stockwerk, wo der Korridor an einer einzigen Tür endete. Ich hatte Angst davor, was mich dort drinnen erwarten würde, doch nun hingen einige Leben von mir und meinen Kräften ab. Zudem war es in meinem eigenen Interesse endlich zu erfahren was, es für Gegner sind und dann war da noch die wage Hoffnung, dass diese Alpträume enden würden, sobald diese Sache hier abgeschlossen war.

Mit zitternden Händen machte ich langsam die Bürotür auf und musste feststellen, dass der Raum leer war. Hier stand nur ein alter eingestaubter Schreibtisch und ein Aktenschrank, dessen Türen lose rumhingen. Vorsichtig sah ich mich um. Am Ende des Raumes gab es noch einmal eine Tür, die mich wohl endlich zu meinem Ziel führen würde, wäre nicht auf einmal die Tür hinter mir zugeknallt. Vor Schreck zuckte ich herum und konnte meinen Augen nicht trauen... Es brach mir fast das Herz zu sehen, dass alles bisherige scheinbar ein einziges Schauspiel war...

„DIEGO!!?!?! Was machst du hier? Willst du... Uns etwa helfen?“ „Helfen?... Hahaha! Du bist ja naiv... Ich gehe nur meiner Arbeit nach. Und liebe Chann, ich habe es langsam satt ständig von dir abgewiesen zu werden. Diesmal ist kein Bruder von dir da um dir zu helfen.“ „Du hast Rico, deinen besten Freund, die ganze Zeit belogen! Du arbeitest für unsere Feinde, willst mich vergewaltigen und spielst noch den guten Kumpel oder was!?!“ „Klaro, ist das nicht eine vielfältige Rolle? Ich habe alles was ich will – oder nein! Noch nicht ganz... Eins fehlt mir noch. Komm her, ich bin auch ganz zärtlich.“

Mit einem Grinsen kam er auf mich zu und packte mich an den Armen, noch bevor ich einen Angriff starten konnte. Ich war einfach zu geschockt. Alles war eine Lüge... Dass er mich liebt... Dass er Koshy liebt... Wir waren nur Mittel zum Zweck. Um seinen Trieb auszuleben oder wie? Und dann meinem Bruder eine Freundschaft vorzuspielen. Die Beiden machten doch seit Jahren alles miteinander. Sie feierten gemeinsam, verbrachten Tage vor der Spielkonsole und teilten sich sogar die Frauen, die sie aufgerissen hatten...

Wir waren wieder dort angekommen, wo wir zuletzt aufgehört hatten. Meine ganze Kraft reichte nicht aus um mich von seinem Griff zu lösen, dafür war er einfach zu stark in den Armen. „Och komm schon, Süße. Wehren bringt nun auch nichts mehr. Spar dir deine Kraft lieber um es zu genießen.“ „Maaan! Warum überhaupt ich!? Du hast doch ne riesen Frauensammlung.“ „... In der du fehlst.“

Er leckte mir an der Oberlippe entlang, was mich zugegeben schon etwas erregte, doch ich wollte es nicht – nicht mit ihm!!!

„Diego... Hast du sie nun doch endlich bekommen“, sagte auf einmal eine Person, die durch die letzte Bürotür gelaufen kam. Ich öffnete die Augen und bekam den nächsten Schock!!! Diego ließ von mir ab und grinste sie an. „Ach Ran... Mein Herz schlägt doch eh nur für dich.“ „RAN!!! DU BIST DIE CHEFIN VON DEM LADEN HIER!?! DU BIST DAFÜR VERANTWORTLICH FÜR ALL DAS, WAS PASSIERT IST!?“ „Klar, du kleine Schlampe! Einer muss doch dafür sorgen, dass der Dreck aufgeräumt wird, hahahaha!“

Mit ihrer dreckigen Lache fiel sie Diego elegant in die Arme und küsste ihn leidenschaftlich. Er küsste sie sogar den Hals entlang und fasste ihr hemmungslos an die Brust. Diego war wie weg getreten bei ihrer Anwesenheit und interessierte sich nicht mehr für mich. Er war nur damit beschäftigt sie zu streicheln und zu küssen. Ja, ich glaube er hätte sie auch an Ort und Stelle flachgelegt. Ab und zu streichelte er ihr über den Bauch und fasste ihr in den Schritt, was sie sehr genoss, doch er wirkte als sei er in Trance.

„Du... DU HAST ALLE HYPNOTISIERT NICHT WAHR!?!! DU BIST DOCH PERVERS! WAS HAST DU EIGENTLICH FÜR FANTASIEN!? FINDEST DU SONST KEINEN KERL, DASS DU DIEGO SCHON DURCH PSYCHOSPIELCHEN DAZU BRINGST DICH SO ANZUFASSEN!?“, schrie ich sie entsetzt an, doch sie grinste nur noch mehr. „Warum sollte ich mir die Mühe machen, wenn es auch einfach geht? Ich bin auch nur eine Frau und brauche auch mal etwas Zärtlichkeit. Ganz normal, oder? Ohh ja, Diegolein, etwas fester.“, befahl sie ihm als er ihr unter den Minirock fasste. Sie trug nicht mal was drunter... Ich wusste schon immer, dass Ran ekelhaft war.

Sie hatte kein bisschen Schamgefühl... Es sich vor meinen Augen von seinen Fingern besorgen zu lassen machte ihr Spaß und sie genoss meine entsetzten Blicke.

„Warum guckst du so? Möchtest du auch mal?“ „Nein danke!“ Doch sie ignorierte meine Worte einfach, legte ihre Arme um mich und küsste mich auf den Mund mit Zunge.

„BAH RAN!!! GEH WEG!!!“, schrie ich sie an und stieß sie von mir. Sie kicherte nur. „Du bist sooo langweilig, kleine Schwester. Diego, mach ruhig weiter.“ „Ey, er soll das jetzt lassen vor meinen Augen!!! Sag mir lieber was das eigentlich alles soll! Warum tust du uns das an und was hast du eigentlich mit den Elementen zu tun?“

Ihr amüsiertes Grinsen wandelte sich plötzlich in eine ernste wütende Miene. „Warum ich das tue?!! Weil... ICH EUCH HASSE! Und zwar restlos alle... Meinetwegen könntet ihr alle, aber auch wirklich ALLE auf der Stelle tot umfallen! Mama, euer Alter, Rico, Koshy, Kyle und Du... Und eure ganze Sippschaft! Ich finde euch widerlich. Euer aufgesetztes Beisammensein – ekelhaft! Ihr könnt euch doch gegenseitig nicht mal leiden!“ „Natürlich nervt man sich öfter mal! Trotzdem lieben wir uns alle aufrichtig! Und du hättest auch was davon abhaben können, doch du grenzt dich ja freiwillig aus!“

Sie kam ein Stück auf mich zu und klatschte mir eine. „Du weißt ja gar nicht was du da redest, Mädchen! Mein Hass ist nicht unbegründet! Seit ich denken kann, werde ich von euch verachtet! Sogar meine eigene Mutter meldet sich nicht bei mir... Und wer mein Vater ist, weiß ich sowieso nicht. Aber das ist mir jetzt egal! Ich habe mir Rache geschworen... Ich will euer Glück zerstören und dabei kann mich niemand aufhalten, denn ich habe meine Seele dem Teufel verkauft und im Gegenzug die Macht über alle vier Elemente bekommen!“ „WAS!?“

Sie grinste und zeigte mir stolz einen Elementstein, der zwar aussah wie unsere, jedoch in allen Farben schimmerte. Allerdings erkannte man gleich, dass er aus leicht brüchigem Glas bestand und der Pakt alles andere als fest zu sein schien.

„Aber...“ „Ich habe mir die vier Mädels ausgesucht, weil sie leicht käuflich waren und allesamt kein standhaftes, glückliches Leben führten. Aber weißt du was? Für den unwahrscheinlichen Fall, dass du mich töten solltest - ich bin noch lang nicht euer letzter Gegner... Und nun meine liebe Chann, werde ich dich leider töten müssen, denn du weißt zu viel.“

Ich versuchte mich aus dem Raum zu flüchten, doch die Tür, die in meiner Nähe war, war verschlossen und an ihr vorbei kam ich nicht, auch wenn sie sich noch kurz mit Diego beschäftigte. Sie war komplett verrückt geworden und in Dunkelheit und Perversitäten gehüllt.

Bevor sie mich töteten wollte, ließ sie sich von ihm noch genüsslich zum Orgasmus bringen... Vor meinen Augen... Ich beachtete die Beiden nicht, sondern rüttelte wie blöde an der Tür rum, um sie auf zu bekommen. Jedoch aussichtslos.

Noch stöhnend vor Glück und Spaß zog sie sich ihren Rock zurecht und schritt auf mich zu. Sie hob ihren Finger und schoss Blitze auf mich, so wie Scarlett zuvor. Vom letzten Kampf war ich so kaputt, dass ich jetzt schon kaum ausweichen konnte. Die Schnittwunden bluteten und schmerzten dazu auch noch. Ich sah mich eigentlich jetzt schon chancenlos.

Ran hatte natürlich ihren Spaß. Sie hetzte mich mit jedem Element, das sie kontrollieren konnte durch ihr Büro. Diego saß inzwischen stumm in der Ecke und starrte ins Leere. Wie eine Puppe auf Abruf.

„RAN, WERD WIEDER NORMAL!!!“ „STIRB!! Was...!?“ Wir wurden von mehreren lauten Schlägen gegen die Bürotür unterbrochen. Ehe meine Halbschwester mir den letzten Schlag verpassen konnte, war die Tür auch schon eingebrochen und Aysha und Rick fielen regelrecht in den Raum.

„DU!!!“, schrie Aysha das Teufelsweib an und schoss einige Strahlen aus schwarzer Energie auf sie. Denen konnte sie spielend ausweichen und lachte nur. Ich flüchtete mich zu Rick, der seine Arme nach mir ausgebreitet hatte. Wir konnten nichts machen, während Aysha und Ran sich einen Kampf boten. Doch trotz Aysha's überlegenem Element konnte sie nichts ausrichten, was sie nicht verstand. Ran grinste wieder überlegen.

„Sei froh, dass du den Stein überhaupt nutzen kannst, kleiner Vamp. Denn eigentlich gehört dieser Stein gar nicht dir.“ „Was?“ „Die Person, der der Stein der Dunkelheit gehört, existiert einfach noch nicht. Dass nun gerade du den gefunden hast ist Zufall...“ „Das glaub ich nicht...“, antwortete Aysha, die mit dieser Aussage nicht klar kommen wollte. Für sie waren die Kräfte und Elemente ein neuer Ansporn weiter zu machen... Ein Lebensziel. Und nun? Nun soll es gar nicht ihre Kraft gewesen sein?

„AYSHA PASS AUF! KONZENTIER DICH!!!“, schrie ich sie von hinten an, denn sie rührte sich auch nach zwei Minuten noch nicht von der Stelle und ließ den Kopf sinken. Ran nutzte diese Gelegenheit und ließ mit ´Hilfe ihrer künstlichen Kräfte einen Holzpfahl erscheinen, den sie blitzschnell nach meiner Freundin warf. Aysha hatte ihren Kampfgeist derartig stark verloren, dass sie stehen blieb... Ich schrie und hielt mir die Hände vors Gesicht, als der Pfahl sie direkt durchs Herz traf und das Blut spritze.

„Große Klappe, nichts dahinter. So und nun zu euch beiden. Dein Kerl ist ja sexy, kleine Chann... Ich sollte ihn auch mal hypnotisieren, hihi.“ „Aysha... Oh Aysha...“, drückte ich qualvoll heraus und fing an zu weinen. Ran's Gekicher machte mich aggressiv und sie war gerade dabei mittels Elementstein die Kontrolle von Rick zu übernehmen. Das lasse ich nicht zu!!! Wenn sie es mit Diego treibt ist es mir egal, aber nicht mit Rick!

Noch einmal versuchte ich meine letzten Energiereserven zu mobilisieren, stand auf und schubste sie mit aller Kraft weg, wodurch Rick wieder wach wurde und sich erstmal an die Stirn fasste.

„Rick!!! geht’s dir gut?!“, fragte ich ihn aufgebracht und stürmte zu ihm, dabei bemerkte ich jedoch nicht, wie Ran mir hinterher hechtete mit einem Dolch aus Blitzen. Rick bemerkte es, packte mich und zerrte mich im letzten Augenblick zur Seite.

Wie versteinert starrte ich auf Aysha, deren Stein auf einmal anfing grell zu leuchten. Er schwebte in die Luft und zog damit alle Aufmerksamkeit auf sich. Was passiert nun? Er dürfte auf keinen Fall wegfliegen, darum fasste ich meinen Mut und sprang reflexartig hin bevor Ran es tun würde. Würde sie den Stein der Dunkelheit zu fassen bekommen, wäre sicherlich alles zu spät.

„Komm her!!!“, schrie ich den Stein an und streckte meine Hand danach aus. Umso verwunderter war ich dann, als er auf mich hörte und sofort in meine Hand flog. Es fühlte sich komisch an ihn in meiner Hand zu halten. Diese Energie übte einen richtigen Druck auf meinen Körper aus und Ran... Sie starrte mich noch wütender als je zuvor an und verengte die Augen! „Gib ihn mir! ER GEHÖRT MIR!!! WAS WILL EINE EINFACHE WASSERHÜTERIN VON UNTERSTEN RANG MIT SO EINEM MÄCHTIGEN STEIN!?! GIB!!“, fuhr sie mich an und holte wieder mit ihrem Dolch aus. Ich ließ mich auf die Knie fallen und Rick war auch schon zur Stelle. Schneller als Ran ausholen konnte, hockte er sich schützend vor mich und kniff die Augen zusammen. Ich schrie vor Angst. Doch... Es passierte nichts. Als ich meine Augen auf machte, sah ich wieder diese blaue Barriere, die uns beide umgab und durch die Ran nicht durch kam. Ich wusste nicht mehr weiter und der Anblick von Aysha machte mich fertig... Es platzte auf einmal alles aus mir heraus – die ganzen Emotionen formten sich in einer riesigen Wassersäule, die uns nun umgab und bis in den Himmel ragte. Sie zerstörte das Dach des Gebäudes spielerisch.

„VERSCHWINDEEEE UND LASS UNS FÜR IMMER IN RUHE RAN!!!“, schrie ich so laut und wütend ich konnte und ließ meine Säule zu einer Flut zerbrechen. Durch unsere Schutzbarriere passierte uns selbst nichts, doch ich konnte erkennen, wie sie Ran packte und mit ihr durch die Wand brach. Dann schwammen sowohl meine Halbschwester, als auch das ganze Wasser davon. Die Gegend war klatschnass und ich zitterte.

Rick packte mich an den Schultern während ich noch verwirrt das Loch in der Wand anstarrte. „Chann, alles klar?!! Geht es dir gut? Was war das?“ „Das war... Krass... Wusste gar nicht... Dass ich so was kann... Ehm... SHEELA!!!“, schoss es mir auf einmal in den Kopf und eilte ins Nebenzimmer, wo sie gefesselt auf einem Holzstuhl saß mit einem Stück Klebeband auf dem Mund.

„Oh Sheela, du lebst!!“, seufzte ich erleichtert und befreite sie, worauf hin sie mir heulend in die Arme fiel. „Ich dachte, sie bringen mich um! Aber ich wusste, dass du kommen würdest um mich zu retten.“ „Nicht nur ich, Süße. Auch Rachel und Marisha... Und Rico und Rick... Angel und... Aysha.“

Ich schaute traurig zu Boden als ich ihren Namen aussprach. „Was ist mit Aysha?“ „Sie hat den Abend nicht überlebt. Alles was ich hab ist ihr Stein, den ich komischerweise anfassen kann.“ „Oh nein...“, sagte sie Traurig und sah ebenfalls mit Tränen in den Augen zu Boden, obwohl sie kaum etwas mit Aysha zu tun hatte. „Chann, lass die Anderen suchen und gucken ob sie noch leben.“ „Ja Rick, du hast Recht. Komm Sheela... Wo ist Diego eigentlich ab geblieben?“, fragte ich mich und schaute mich noch einmal um. Da er nirgends auffindbar war, ging ich davon aus, dass er mit Ran zusammen weggespült wurde. Wir Drei rannten nach unten und suchten das Gebäude nach unseren Freunden ab, die wir nicht fanden. Mit großen Sorgen rannten wir raus wo wir geparkt hatten, wo sie zu meiner Erleichterung alle standen.

„Ooooh Gott, ihr lebt alle!!! Ich bin so froh!“, rief ich ihnen zu und sprang Rico in die Arme. Bei ihm stand Scarlett, die mich anlächelte. „Ich bin dir zu Dank verpflichtet. Du hast mich befreit aus den Klauen dieser Irren. Ich wusste ja nicht, dass es so ein gefährlicher Pakt war. Mein Element konnte ich behalten, doch die anderen Mädels haben das leider nicht überlebt.“, sagte sie traurig. Marisha stellte sich auch zu uns. „Chann, kam diese riesige Flut von dir?“ „Ähm... Ja irgendwie schon. Die hab ich reflexartig erschaffen weil ich so wütend war.“ „Woow!“, schwärmten sie alle im Chor. „Leute, ich will euch ja nicht unterbrechen... Wisst ihr vielleicht wo Aysha ist?“, fragte Angel besorgt und blickte sich hoffnungsvoll um. Rick, Sheela und ich warfen uns traurige Blicke zu. „Angel... Aysha hat es nicht geschafft.“ „WAS?! Neeeeein!!! Nicht Aysha! Mit wem soll ich denn jetzt abhetzen!!!?“

Sie war der erste Vampir, den ich weinen sah, doch zum Trauern hatten wir kaum Zeit. Vor uns bildete sich plötzlich eine kleine Lichtkugel aus dem Nichts. Sie wurde immer größer und nahm die Umrisse einer Frau an. Die langen Haare und das Outfit erkannte ich sofort.

„Ich bin stolz auf euch, obwohl ich euch euren Weg alleine gehen ließ, habt ihr eure Aufgaben bestanden. Leider auch mit einem Verlust.“ „Viki! Wie soll es nun weiter gehen? Ran meinte, sie sei nicht der letzte Gegner!“, meinte ich aufgebracht. Rico wurde bei ihrem Namen hellhörig. „RAN!?“ „Ja... Ran war das Übel. Ich erzähl es dir nachher, Brüderchen.“ „Ja, eure Halbschwester hat Recht. Sie war nicht der letzte Gegner. Eure Gegenstücke sind fast alle vernichtet. Scarlett, du hast ein gutes Herz, auch wenn du noch vieles lernen musst. Ich erlaube dir dein Element zu behalten und damit bist du ein vollwertiger Assistant.“ „Klasse, dann gibt es ja zwei Lufthüter!“, schwärmte Marisha. Scarlett freute sich über Viki's Barmherzigkeit. Sie hätte ihr auch die Kräfte nehmen können, dann würde sie auf der Stelle totumfallen, weil sie durch den Pakt ihre Lebenskraft aus ihrem Stein zieht.

„Was jetzt passieren wird steht noch offen. Der Gegner muss sich erst regenerieren und wird einen neuen Angriff planen. Bis dahin vergesst nicht zu trainieren und euch zu stärken. Der Kampf wird noch härter. Aber ihr werdet auch stärker werden. Vergesst eure Aufgabe nicht und haltet zusammen.“ „Viki, was ist mit Aysha's Stein?“, fragte ich sie traurig, doch sie lächelte warmherzig und drückte meine Hand mit Aysha's Stein darin wieder an mich. „Der Stein der Dunkelheit sucht sich seinen Weg und befindet sich schon am richtigen Platz. Wo er hingehört werdet ihr noch sehen. Pass auf ihn auf und verliere ihn nicht. Ich werde euch wieder erscheinen sobald es nötig ist.“

Und damit verschwand sie schneller, als wir es realisieren konnte. Immer diese Geheimnisse! Ich wollte nicht weiterkämpfen und noch mehr Freunde verlieren... Doch es musste sein, denn das Schicksal hatte für uns etwas ganz Bestimmtes vorgesehen.

Leicht geknickt verließen wir den Ort des Geschehens. Ich wollte diesen Abend einfach nur vergessen. Die Anderen fuhren wieder mit Rico im Auto und ich stand mit Rick vor seinem Motorrad, weil er mich nach Hause fahren wollte.

„Hier, dein Helm, Kleine.“ „Danke...“ „War ein heftiger Abend, nicht?“ „Oh ja... Ich bin müde, traurig... Ach, keine Ahnung.“ „... Soll ich bei dir bleiben?“ „Bei mir... bleiben?“ „Ja, soll ich heute Nacht bei dir bleiben damit du dir zu Hause alleine keinen Kopf machst?“ „Kyle und Marisha sind doch... Nein, komm mit“, berichtigte ich schnell, um mir die Chance nicht entgehen zu lassen.

Mein Bruder und die Blondine waren gar nicht zu Hause. Rico meinte, die beiden seien miteinander weggegangen, weil es ihr nicht gut ginge. Der Abend hatte auch sie unheimlich mitgenommen. Mein ältester Bruder setzte sich noch eine Stunde zu mir aufs Sofa um zu fragen was das mit Ran nun auf sich hatte. Ich erklärte ihm was genau vorgefallen war und dass auch Diego beteiligt war. Für meinen Bruder brach eine kleine Welt zusammen, weswegen er erst mal Zeit für sich alleine brauchte und eine rauchen ging. Auch Rick zündete sich ne Zigarette an. Ich setzte mich zu ihm mit leicht roten Wangen.

„Danke...“ „Wofür?“ „Na ja, wir kennen uns kaum und trotzdem bist du mitgekommen um mich zu beschützen. Du hättest dort sterben können.“ „Ich mag Herausforderungen und es war eine Freude so eine tolle Frau wie dich beschützen zu dürfen.“

Ich wusste nicht was ich darauf antworten sollten, doch ich war hin und weg. Wollte er etwa doch mehr von mir? Mum meinte, ich solle die Finger von ihm lassen... Doch seine Art reizte mich...

„Ähm... Was ich noch fragen wollte...“ Oh Gott!!! Jetzt würde die Frage der Fragen kommen!!! Chann, willst du meine Freundin sein und mit mir gehen? Gespannt und mit schmerzendem Magen wartete ich auf seine Frage. „Darf ich noch mal deine Dusche benutzen?“

Dieses kleine... Ich fühlte mich leicht veräppelt und erlaubte ihm hier zu duschen. Er wartete keine fünf Sekunden, bis er sich ins Bad verzog und ich hier saß. Es war gruselig hier zu sitzen und Aysha zu denken... An überhaupt alles zu denken. Ran... Der Gegner der noch auf uns warten würde... Die vielen Opfer die der Kampf gefordert hat. Und auch an Naga, von der ich so grenzenlos enttäuscht war. Ich hatte einen richtigen Groll gegen sie.

Und dann war da noch dieser Stein von Aysha, den ich in meiner Hosentasche hatte und heraus holte. Er hatte sein Funkeln verloren und schien matt. Ob er seinen Glanz wieder finden würde? In Trauer beschloss ich ihn in meiner Schmuckschatulle ganz unten im Kleiderschrank einzuschließen.

Grade als ich aus dem Schlafzimmer kam, hörte ich Rick aus dem Bad rufen. Ich verstand kaum was er eigentlich wollte und drückte mein Ohr gegen die Badtür.

„CHANN!“ „Was ist denn!?!“ „Kannst du... Kannst du mir ein Handtuch bringen, bitte!?! Das hab ich total vergessen!“

Dieser Idiot! Wie peinlich mir das war. Ich wollte ihn nicht nackt sehen, oder schon – aber doch nicht jetzt schon und... Waaah!!! Ich war verwirrt und ließ mir viiiel Zeit zu überlegen, wie ich ihm schnell das Handtuch ins Bad werfe ohne ihn zu sehen. Mein Herz klopfte wie blöd, als ich die Badtür einen Spalt auf machte um ihm das Handtuch rüber zu reichen. Ohne ihn zu sehen, nahm er es durch den Spalt ab und ich verzog mich mit Erleichterung.

„Dank dir... Hast mich gerettet, haha!“, lachte er als er ein paar Minuten später mit dem Handtuch um die Hüfte gebunden nach Draußen kam. Ich spürte richtig wie mein Gesicht pochte vor Schamgefühl. Ich mit meiner Verklemmtheit und meiner Sexphobie...

Doch ich fühlte mich so zu ihm hingezogen, dass ich einfach nicht mehr anders konnte. Noch bevor er verstehen konnte, was passiert, lief ich auf ihn zu, stellte mich auf die Zehenspitzen und küsste ihn. Meine Angst abgewiesen zu werden verflog zum Glück, als er seine starken Arme um mich legte und mitmachte. Wir waren so in unserer Leidenschaft versunken, dass wir alles um uns herum vergaßen. Nicht mal, dass wir durch die Schlafzimmertür auf mein Bett fielen nahmen wir richtig wahr. Ich fühlte nur den Drang nach mehr.

„Rick... Ich will dich...“ „Kannst mich geschenkt haben, Kleine!“, antwortete er gehetzt und küsste mich am Hals entlang nach unten. Trotz meinen Ängsten machte ich keinen Rückzieher, als er anfing mir mein Oberteil auszuziehen. Doch kurz bevor es zur Sache ging wurde mir das zu doll, was er bemerkte und weshalb er aufhörte.

„Was ist denn los?“ „Ehm... Äh... Du bist sozusagen... Der Erste... Na ja...“ „Oha... Oookay. Sag das doch vorher, du doofe Nuss!“ „Ja sorry, das ist mir peinlich!“ „Muss dir doch nicht peinlich sein. Das ändern wir nun einfach“, sagte er mit einem Grinsen und machte ganz langsam und zärtlich weiter. Rick ließ mir dabei alle Zeit die ich brauchte und erlöste mich schließlich endlich von meiner Phobie...
 

~ Kapitel 6 ~ Verrat ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~
 

Wuuusa! An diesem Kapi saß ich wieder ne ganze Weile weil ich nicht wusste wie ich genau meine Vorstellungen ausdrücken soll >< Zudem hoffe ich dass ihr mich nu nich für noch gestörter haltet wegen Ran und ihren perversen Eigenschaften xD Nu, ich hoffe ihr konntet euch das Kapitel dennoch gut bildlich vorstellen.
 

Bis zum nächsten Kap ^_^/

Lebenswandel


 

… Dein Leben ändert sich mit der Zeit und nichts ist mehr so wie es einmal war. Zurück bleiben nur Erinnerungen an vergangene Tage. Nun... Jeder geht einmal seinen Weg wenn die Zeit gekommen ist. Was du daraus machst bleibt dir überlassen...
 

Kapitel 7 ~ Lebenswandel
 

Nach diesem Abend war alles irgendwie anders. Es war das erste Mal, wo wir live miterleben konnten wie gefährlich der Kampf mit den Elementen sein konnte. Die Wunden, die Scarlett mir zugefügt hatte, schmerzten auch ein paar Tage danach noch. Seit Rick und ich miteinander geschlafen hatten, kam er mich täglich besuchen. Ich war glücklich endlich einen Freund zu haben der mich nicht gleich wieder verlassen würde, denn er versprach bei mir zu bleiben.

Leider hatte ich jetzt wo das neue Jahr angefangen hatte viel zu tun und kaum Zeit für ihn. Die Prüfungen standen an und auch arbeiten musste ich wieder. Kyle hatte diesen Monat Geburtstag und Rico kündigte an Amerika verlassen zu wollen, um sich in Japan mit Scarlett zusammen etwas Neues aufzubauen. Sie waren ein Paar und das scheinbar schon vor dem besagten Abend.

Sheela und ich arbeiteten wieder in unserem Club und verfluchten wieder unsere Arbeit. Das gespannte Warten auf Rick hatte sich ja inzwischen auch gelegt, denn ich wusste, dass er gerade bei mir zu Hause vorm TV saß.

Sheela saß mit ihrem Trauma, dass sie von der Entführung hatte recht alleine da. Sie könnte niemals zu einem Psychologen damit gehen, denn kein Sterblicher dürfte sonst von unseren Elementen erfahren. Die aus unserem näheren Umfeld waren noch erlaubt, aber keiner der die ganze Sache öffentlich machen würde. Sie tat mir Leid, doch was sollte ich tun? Wir litten alle unter dem Geschehen.

Wachsam wie immer hatte ich die Tanzfläche im Auge, während ich Getränke zubereitete.

Doch beim Anblick einer ganz bestimmten Person fiel mir schier das Glas aus der Hand und zerbarst am Boden. Übrig blieben Scherben und eine Bierlache.

„Chann!“, rief Sheela ängstlich und versteckte sich hinter mir. Es war Diego, der den Abend entgegen meiner Vermutungen überlebt hatte und nun vor uns stand. Ich machte mich bereit zum Kämpfen, und wenn ich ihm hier an Ort und Stelle kaputt schlagen müsste.

„Was willst du!?!“, fragte ich ihn aufgebracht. Er hingegen schien nicht vorzuhaben uns irgendetwas zu tun. Mit einem lauten Seufzen setzte er sich vor uns an die Theke.

„Mädels, beruhigt euch... Ich tu euch schon nichts.“ „Wieso sollten wir dir glauben!? Du hast zweimal versucht mich zu vergewaltigen! Ich hätte dich locker anzeigen können!“ „Ich stand unter Kontrolle von dieser Wahnsinnigen, Chann. Es... Es tut mir leid... Ich wollte dich weder vergewaltigen, Chann, noch dich entführen, Sheela“, sprach er mit aufrichtiger Reue und blickte nach seiner Rede beschämt zu Boden. Ich hatte wirklich das Gefühl er würde kontrolliert werden.

Ratsuchend wandte ich mich an Sheela, die sich auch nicht ganz sicher war, ob sie das glauben sollte. Doch dann setzte meine grenzenlose Barmherzigkeit und Naivität wieder ein.

„Wie hat das angefangen? Wie bist du an sie geraten und warum hast du mit ihr zusammen gearbeitet?“, fragte ich ihn ernst. „Du weißt, dass ich nicht das beste Leben führe. Ich verdiene kaum Geld, Familie hab ich auch keine mehr... Was hab ich sinnvolles? Nichts... Was „besseres“ kann nicht aus mir werden, da stimmt meine Ausbildung einfach nicht. Und welcher seriöse Arbeitgeber will schon einen Kiffer? Dann kam Ran in mein Leben... Ich traf sie auf einer Party. Sie sprach mich direkt an. Wir kamen ins Gespräch – ich erzählte ihr was ich so sinnloses tue und da bot sie mir an für sie zu arbeiten... Sie versprach mir einen gut bezahlten, seriösen Job... Doch ich merkte schnell, dass das absolut nicht seriös war. Ich wollte gehen, aber sie ließ es nicht zu... Ihr Stein, den sie um den Hals trug fesselte mich und meinen Willen. Ja, und so tat ich Dinge, die ich sonst niemals tun würde.“

Was Diego passierte machte mich endlos traurig. Sie hatte ihn schon eine Weile unter Kontrolle. Auch als ich ihn mit Kosheen erwischte.

Sheela guckte ihn traurig an und wandte sich ab, ehe sie für eine halbe Stunde die Bar verließ. Ich unterhielt mich noch eine Weile mit Diego, dem ich allerdings klar machte, dass einfach zu viel passiert sei um die Dinge, die er getan hat – ob absichtlich oder nicht – zu vergessen.

Auch mit Sheela versuchte ich noch vor Feierabend zu reden. Sie war verwirrt und weinte, als ich zu ihr kam.

„Hey, er wird dir nichts mehr tun, Süße!“ „Das ist es doch gar nicht... Warum? Warum musste diese Kuh so viele Leben zerstören? Wenn ich mir das so anhöre... Diego tut mir leid.“ „Er hat sich selbst für diesen Job entschieden.“ „Ja, aber er wusste doch gar nicht was dort eigentlich vor sich geht.“ „Schon... Aber bei einem solch unseriösen Jobangebot muss man damit rechnen, dass nicht alles glatt läuft.“ „CHANN!! Wieso sprichst du gegen ihn!?! Das hätte dir auch passieren können! Oder bist du inzwischen zu vertieft in dein perfektes Leben mit deinem Sunny-Boy!?“

Ich starrte sie entsetzt an, weil ich nicht verstehen konnte was auf einmal das Problem war und warum sie so gereizt war.

Ein Moment des Schweigens... Dann wandte ich mich einfach ab und ging nach Hause. Vielleicht war der Abend auch einfach zu viel für sie? Ich würde sie noch einmal darauf ansprechen zu gegebener Zeit.

Nun freute ich mich einfach nur noch auf Rick, der mich freudig empfing. Ich fiel ihm erschöpft in die Arme. Natürlich erzählte ich ihm auch gleich von unserer Begegnung mit Diego und wie Sheela sich diesen Abend benahm. Marisha, die auch bei uns saß, konnte Sheela verstehen, aber auch meine Meinung konnte sie nachvollziehen. Es war kompliziert...

„Rick?“, fragte ich ruhig, als wir beide nebeneinander in meinem Bett lagen. Es gab da eine Sache, die mich brennend interessierte. „Was denn?“ „Was ist eigentlich nun mit dieser Verrückten, die dich immer verfolgt hat?“

Ich vermutete schon, dass er immer noch nicht über dieses Thema sprechen wollte, auch jetzt nicht, wo wir zusammen waren. Er schwieg kurz.

„Die...“ „Wer ist sie?“ „Eine Bekannte von früher, die sich in mich verliebt hat und mich nun überall hin verfolgt.“ „Eine Stalkerin... Kannst du da nicht Rechtlich irgendwas gegen tun?“ „Mit welchem Sinn? Das bringt doch alles nichts... Ich mag da auch nicht genauer drauf eingehen, denn scheinbar lässt sie mich derzeit ja in Ruhe.“ „Hoffentlich bleibt das so...“

Der Gedanke an diese Stalkerin machte mir Angst. Wenn sie ihm aus Liebe folgt, dann wird es ihr nicht passen, dass er mit mir zusammen ist. Vielleicht würde sie mich dann umbringen wollen!?

Mit unwohlem Gedanken schlief ich ein... Seit Ran weg war ließen die Alpträume nach. Ich träumte sehr selten noch von seltsamen Momenten mit dem fremden Mann. Und wenn Rick bei mir war, dann musste ich mich sowieso nicht vor diesen Träumen fürchten. Jedoch... Warum? Allein seine Nähe konnte es nicht sein...

Die Tage zogen rasend schnell an uns vorbei. Sheela und ich vertrugen uns wieder, doch sie versuchte alles besser zu verstehen... Indem sie sich öfter mit Diego traf. Ich ahnte nichts Gutes, doch es war ihre Entscheidung und die müsste ich akzeptieren. Beschützen könnte ich sie eh nicht.

Auch Kyles Geburtstag fand statt. Wir feierten ihn im Kreise unserer Freunde und hatten eine Menge Spaß. Den Abend ließen Rick und ich alleine unter der Dusche ausklingen. Ich war froh inzwischen auch beim Arzt gewesen zu sein, wegen der Pille zur Verhütung. Wir konnten uns nicht mehr bremsen, doch die neuen Erfahrungen machten zu viel Spaß um sie sein zu lassen.

Bevor ich in die nächste aufregende Phase meines Lebens starten könnte, fehlte nur noch eins: Die Abschlussprüfungen! Diese fanden zwei Wochen später – am Ende des Januars - statt. Ich war sehr aufgeregt. Zwar hatte Rick oft mit mir gelernt, doch ich hatte immer noch das Gefühl nicht alles richtig zu können. Am Morgen hatte ich ein sehr mulmiges Gefühl im Magen. Mir war total schlecht, als ich mit meinen Freundinnen im Schulbus saß. Einfältig wie Naga war, setzte sie sich einfach zu uns.

„Morgen Mädels!“ „Was ist? Verschwinde...“ „Seid ihr immer noch böse, weil ich euch nicht geholfen hab, damals? Mein Gott, mein Leben is mir eben lieb!“ „Du bist einfach nur ne Egoistin!“, motzte Rachel den Rotschopf an. Naga machte sich nichts draus. Hochmütig schlug sie die Beine übereinander, holte einen kleinen Spiegel und nen Lippenstift raus und fing an sich zu schminken.

„Wisst ihr eigentlich schon das Neuste?“, fragte sie auf einmal herausfordernd. „Wir sind gespannt.“ „Das könnt ihr sein, Sheela. Ich hab euch noch gar nicht erzählt, dass ich schwanger bin.“ „WAS?!?!“, platzte es aus uns allen raus. Ich war entsetzt... Sie war noch so jung und hatte noch nicht mal die Schule hinter sich... Eigentlich sollte jetzt die Uni kommen und sie? Lässt sich schwängern... Nun kam das nächste ungute Gefühl. Ich konnte mir gut vorstellen, WER der Vater zu dem Kind war und der Gedanke Tante zu werden gefiel mir überhaupt nicht.

„Naga? Kann es zufällig sein, dass Kyle etwas damit zu tun hat?“ „Kyle? Dein Brüderchen? Ach... Klar!“ „Ich hab dir gesagt, dass...“ „... Jaaja, dass ich die Finger von ihm lassen soll. Aber weißt du was, Chann du kleine Bitch? Von dir lass ich mir meine Beziehungen nicht verbieten.“ „Beziehung...? Der Kerl ist mit Marisha zusammen. DAS ist eine Beziehung. Was hat er denn zu deiner Schwangerschaft gesagt?“ „Nichts... Er weiß es nicht und wird es nie erfahren.“ „NAGA!!!“, brüllten Rachel und Sheela, weil sie es einfach nicht glauben konnten, was sie da abzog. Mir fiel erst recht das Kinn zu Boden. „Wie ist das denn passiert? Habt ihr nicht verhütet?“ „Doch... Zumindest glaubt Kyle das“, antwortete sie frech und zwinkerte uns zu, als der Bus stehenblieb und wir alle aussteigen durften.

Ich blickte ihr hinterher und musste würgen vor Übelkeit. Gerade so konnte ich mich zurückhalten mich nicht an Ort und Stelle zu übergeben. Rachel legte mitfühlend eine Hand auf meinen Rücken.

„Gehts?“ „Ja... Kommt bestimmt vor Nervosität wegen den Prüfungen.“ „Oder wegen stinkenden Rothaarigen, haha!“, ergänzte Sheela lachend und verließ ebenfalls den Bus. Den ganzen Morgen hatte ich mit meiner Übelkeit zu kämpfen, doch egal was ich tat, es wurde nicht besser. Selbst als Rachel mir Medikamente besorgte, nichts. Während der Prüfungen saß ich da mit klatschnasser Stirn und zitterte vom Schüttelfrost. Ich hatte alle Mühe mich auf die Aufgaben zu konzentrieren und war heilfroh, als der erste Prüfungstag vorbei ging und ich zu Hause ankam. Meine beiden Freundinnen brachten mich nach Hause, damit mir unterwegs nichts passieren würde. Marisha kam mir mit besorgtem Blick entgegen und stützte mich gleich. Auch Kyle war zu Hause. Ihm konnte ich nicht in die Augen schauen...

„Wo... Wo ist Rick?“ „Der meinte, er geht auf Jobsuche... Kommt später wieder“, antwortete meine besorgte Freundin, die mich ins Bett legte, mir beim Umziehen half und einen kühlen Lappen auf meine Stirn legte. „Du hast Fieber, Kleines. Am Besten rufe ich mal einen Arzt an.“ „Nee... Das ist nicht nötig, Mari. Ich werd wieder fit sein. Übermorgen steht doch die nächste Prüfung an.“ „Na gut... Wenn du meinst. Danke ihr Beiden, dass ihr sie Heim gebracht habt.“ „Kein Problem, bei ihrer Mami ist sie doch sicher“, kicherte Sheela. Rachel stemmte mit mitleidigem Blick die Hände in die Hüfte.

„Werd bloß schnell wieder fit, ja? Wir gehen jetzt. Müssen noch lernen.“ „Ja okay, lernt für mich mit, hehe“, seufzte ich ihnen hinterher. Marisha setzte sich neben mich aufs Bett. „Hast du was Falsches gegessen?“ „Nein... Ich versteh selbst nicht was auf einmal los ist. Das fing heute morgen so richtig schlimm an.“ „Hmm... Na ja, könnte auch sein, dass die Prüfungen dich zu sehr stressen. Stress kann ja alles Mögliche entfachen. Schlaf einfach ne Runde. Ich mach derweil das Essen“, sagte sie liebevoll und verließ den Raum. Traurig dachte ich darüber nach, was sie wohl sagen würde, wenn sie von Naga's Schwangerschaft erfuhr.

Nach ein paar Stunden kam Rick endlich wieder nach Hause. Er wirkte sehr glücklich, jedoch auch besorgt, bei meinem Zustand.

„Chann, was machst du denn für Sachen?“ „Ach, ich muss dir was erzählen. Aber sag, wie lief deine Jobsuche?“ „Sehr gut! Ich darf nun eine Ausbildung als Koch anfangen.“ „Echt? Das ist ja super!...“

Wieder kam es mir beinahe hoch, ich hing schon fast über einem Eimer, den ich neben dem Bett stehen hatte. „Du Arme... Was musst du mir denn erzählen?“ Wachsam versicherte ich mich, dass die Tür geschlossen war und auch keiner zuhören konnte.

„Naga meinte heute... Sie ist schwanger“, flüsterte ich ihm zu. „WAS!?!“ „Psst! Ja und rate mal von wem.“ „Von... Deinem Bruder!?“ „Sicher!“ „Na klasse.“

Er legte sich neben mich und wir fingen an uns leise darüber zu unterhalten und über Naga abzulästern. Im welchem Monat war sie überhaupt? Das hätte ich gern gewusst. Spätestens wenn das Balg käme, wüsste ich es. Abwarten... Ich nahm mir vor, mich da nicht einzumischen und war umso glücklicher wenn Kyle bald wieder abreisen würde. Er machte mir nur Kummer und Stress mit seiner Anwesenheit. Nicht mal Rico war so schlimm.

Mit schweren Augen guckte ich Rick an und machte mir lieber Gedanken über mein eigenes Leben. Wie toll er aussah... Und ich hatte das Glück einen solchen Kerl zu bekommen. Zu oft hatte ich ihn mir haargenau angeguckt und mich glücklich geschätzt, doch erst jetzt fiel mir etwas auf... Er hatte ein Lederband um den Hals an dem etwas befestigt war... Ein Anhänger, den er unterm T-Shirt versteckt trug?

Neugierig griff ich danach, was ihm etwas unangenehm schien. Dennoch ließ er mich den Anhänger angucken... Seltsam... Sah aus wie ein Saphir, aber auch irgendwie wie mein Element-Stein!

„Wo hast du den her?“, fragte ich und begutachtete den Stein weiterhin bis ins kleinste Detail. „Der... Ach, der war auf einmal da. Leider kann ich nichts damit anfangen. Ich weiß, dass er irgendeine Kraft besitzt – er hat mich schon oft gerettet. Aber zu was ich ihn nun nutzen könnte, weiß ich nicht. Und ob er was mit euren Steinen zu tun hat kann ich auch nicht sagen.“ „... Kann es sein, dass dieser Stein mit seiner Kraft dafür verantwortlich ist, dass ich ruhig schlafen kann, solange du in der Nähe bist...? Und dass der Stein das Schutzschild gegen Ran ausgelöst hat?“ „Ehm... Vielleicht!“ „Ja, wäre doch gut möglich. Bisher hatte ich solche Momente nur wenn du da warst. Vielleicht ist dein Stein ja zum Schutz da und nicht zum Kämpfen.“ „Auch gut... Kämpfen kann ich auch ohne komische Kräfte.“ „Hmm... Wir können ja mal versuchen, ob du auch mit dem Element Wasser umgehen kannst. Das wär toll!“, antwortete ich begeistert und schmiegte mich in seine Arme, ehe mich ein leichter Schüttelfrost überkam – dabei schwitzte ich wie ne Blöde wegen der Hitze...

„Werd erst mal gesund, Schätzchen.“

Mit einem liebevollen Lächeln legte er seinen Arm um mich und ließ mich einschlafen. Diese Ruhe hatte ich bitter nötig. Doch selbst nach drei Wochen und einem Arztbesuch gab es keine Aussicht auf Besserung. Mein Arzt tippte auf eine schwere Magen-Darm-Verstimmung und verschrieb mir alle möglichen Mittelchen, die mir nicht halfen. Koshy war so lieb und kümmerte sich um einen Nachschreib-Termin der Prüfungen für mich.

Als Kyle und Marisha vergangene Woche wieder nach Hause flogen, wurde alles noch schlimmer für mich. Ich mochte Marisha inzwischen sehr und vermisste sie mehr, als meinen Bruder. Zudem verkündete Naga stolz ihre Schwangerschaft nachdem er weg war.

Der letzte Termin für die Prüfungen war gekommen, nun gab es kein Entrinnen mehr. Diesmal konnte ich nicht absagen, denn es gäbe keine andere Möglichkeit mehr das nachzuholen. Müde und mit einem ekelhaften Gefühl im Magen wurde ich von Rick in die Schule gefahren. Bevor ich rein ging nahm er mich noch einmal in die Arme.

„Du schaffst das, Chann. Ich warte hier, bis du wieder raus kommst, dann kannst du wieder nach Hause in dein Bett.“ „Okay... Ich werd mich beeilen“, antwortete ich laut seufzend und ging rein um meine Prüfung zu schreiben. Es war nicht einfach für mich.

Je länger ich dort saß, desto öfter wurde mir schwindelig und ab und zu fing ich an alles doppelt zu sehen, weswegen ich leicht Panik bekam. Kämpfend löste ich eine Aufgabe nach der Anderen und war froh als ich nach einer guten Stunde endlich fertig war. Die Symptome wurden wieder schlimmer – auf dem Weg nach Draußen zu Rick konnte ich teilweise nicht mehr gerade laufen vor Schwindel. Als ich ihn da stehen sah, war ich erleichtert und wollte zu ihm laufen, doch dann... Wurde mir plötzlich schwarz vor Augen...

Als ich wieder wach wurde, ging es mir etwas besser, doch ich war sehr verwirrt. Was war passiert? War ich wieder zu Hause? Mit leicht verschwommenem Blick guckte ich mich um und rieb mir die Augen. Tatsächlich – ich war zu Hause.

Da kam zum Glück auch schon Rick ins Schlafzimmer mit einer Tasse Tee in der Hand.

„Ah, du bist wach! Das ist schön. Geht es dir besser, Schatz?“ „Ja... Was ist passiert? Ich kann mich nur noch an meine Prüfungen erinnern...“ „Na ja... Du kamst grade auf mich zu, dann bist du plötzlich zusammengebrochen. Ich hab dich gleich ins nächste Krankenhaus gebracht.“ „Oh... Und was wurde festgestellt!? Und wieso haben die mich nicht dort behalten?“ „Die meinten auch, dass es nichts Schlimmes ist. Ein Sonnenstich, hehe. Siehste, warst einfach nur zu lange Draußen“, antwortete er mit einem Kichern. Sonnenstich...? Ein Sonnenstich der schon so lange andauert? Und warum ging dann mein Hausarzt erst von Magenverstimmung aus? Ach, egal... Wenn Rick das sagt, dann stimmt das sicher.

Ich blieb auch die folgenden zwei Tage in meinem Bett bis, es mir endlich ansatzweise besser ging. Ich bekam natürlich wieder einen Anrug von meiner heißgeliebten Mutter.

„Chann, Schätzchen! Wie geht’s dir?“ „Äh... Geht so. Hattest es ja letztes Mal ziemlich eilig aufzulegen.“ „Natürlich, ich musste sofort was klären. Kyle hat mit mir telefoniert und rate mal, was er mir schönes erzählt hat.“ „Keine Ahnung... Dass er fleißig Pipi gemacht hat und nun endlich „A-A“ sagen kann?“ „Hahahahaha!!! Lustig. Nein, er hat mir erzählt, dass du nun doch mit Rick zusammen bist. Obwohl ich es dir verboten hab!“ „Och je... Das Einzige was ich von dir bekomme ist ein lächerlicher Anruf ab und zu... Und da denkst du echt noch, dass ich mir von dir etwas verbieten lasse? Er gibt mir zumindest die Aufmerksamkeit, die ich von dir und schon gar nicht von Dad bekomme.“

Diesmal hatte ich es eilig sie loszuwerden und legte einfach auf. Schnell wollte ich Rick von meinem Telefonat berichten, doch der saß in der Badewanne und so wartete ich. Um mir die Langeweile zu vertreiben, beschloss ich den Esstisch aufzuräumen. Da komm ich einmal nicht zum Aufräumen und schon sieht es überall aus wie Sau!

Auf dem Tisch lag noch Rick's Jacke, die er einfach dorthin geworfen hatte. Ich ärgerte mich und nahm sie hoch, wo mir auf einmal ein Blatt Papier in die Hände fiel. Neugierde machte sich breit... Die Jacke legte ich noch einmal auf den Küchentisch und setzte mich auf einen der Stühle.

„Befund der Untersuchung von Chann Hiwatari am 2. Februar... Die Patientin wurde eingeliefert ohne Bewusstsein mit starken Kreislaufbeschwerden und Übelkeit. Entnahme einer Blutprobe und Entlassung der Patientin auf Wunsch des Partners noch am selben Mittag. Bei der Untersuchung wurde eine... Schwangerschaft... festgestellt. Die Schwangerschaft ist in der vierten Woche fortgeschritten.“

… OH... MEIN... GOTT!!!

Völlig baff legte ich den Zettel vor mich und las es noch zwei mal, ehe ich glauben konnte, was darauf stand... Dann fing ich an mir Gedanken zu machen. Rick hat es sicher auch gelesen – die Ärzte hatten es ihm bestimmt auch gesagt. Und... Er tut einfach so als wüsste er von nichts!?! WIE KANN DAS SEIN!!! ICH HAB DOCH DIE PILLE GENOMMEN!!! In mir stieg eine unzähmbare Wut hoch, in der ich zum Bad stürmte und gegen die Tür klopfte.

„Rickylein?“ „Ja, mein Schatz? Ist irgendwas?“ „Och, Nein... ICH BIN JA NUR SCHWANGER, NE!!!“, schrie ich und trat die Badtür ein, er erschrak dadurch. Mit großen Schritten kam ich auf ihn zu und hob ihm den Zettel vor die Nase. „WANN SOLLTE ICH ES DENN ERFAHREN!?!!“ „Chann! Es ist nicht so wie du denkst... Ehm... Ich wollte es dir schonend beibringen. Ich dachte, du bleibst im Bett und findest den Zettel nicht.“ „DENKST DU ICH BIN SO DUMM!?! NA WARTE!!!“

Ich warf mich schier auf ihn und drückte ihn ein paar mal unter Wasser, ehe er sich retten konnte und klatschnass vor mir durch die ganze Wohnung floh.

„ICH KRIEG DICH RICK COLDFIRE!!! DAS IS DOCH ECHT DAS LETZTE!!! ICH HAB KEIN BOCK AUF KINDER! BOAH, WIE ICH DICH HASSE!!!“, schrie ich ihm hinterher und warf alles was ich finden konnte auf ihn.

Nach einer halben Stunde Fangen durch die Wohnung, konnte er sich ins Schlafzimmer einschließen und ich gab es auf. Aufgebracht beschloss ich zu meiner Schwester zu gehen und mich bei ihr auszulassen.

„Chann! Bist du wieder gesund? Siehst fit aus“, begrüßte sie mich verwundert. Ich schritt schweigend an ihr vorbei und setzte mich aufs Sofa, wo ich letztendlich in Tränen ausbrach. Total verblüfft und ratlos fragte Koshy mich, was los sei und warum ich so drauf war.

„Ich bin schwanger, verdammt! Dabei hab ich erst letzt noch über Naga gelästert, weil sie so jung ein Kind bekommt!“ „DU BIST... WAS?!!“ „SCHWANGER!!! BALD BIN ICH NE DICKE FETTE KUGEL, JA!!“ „Ja, aber... Wir waren doch erst vor ner Weile beim Frauenarzt, um dir die Pille zu verschreiben. Hast du vergessen sie regelmäßig zu nehmen?“ „Nein! Ich hab sie immer genommen, egal wie es mir ging. Bevor ich diese Übelkeit hatte, hab ich sie auch nicht wieder ausgekotzt oder sonstiges. Sie MUSS gewirkt haben! Verdammt!“ „Oooh Mann... Jetzt heul nicht rum, du schaffst das schon. Und mit Naga darfst du das nicht vergleichen, immerhin hast du ja verhütet und niemandem still und heimlich ein Kind untergeschoben.“ „Stimmt... Trotzdem... Die Uni kann ich jetzt voll vergessen. Wahrscheinlich bin ich bald nur noch ne Hausfrau die Mann und Kind versorgt.“

Ich ließ den Kopf hängen und es dauerte eine Weile, bis ich mich traute es Sheela, Rachel und Marisha zu verkünden. Sie reagierten allesamt unterschiedlich. Während sich Marisha für mich freute und mein Glück fast wie ihr eigenes feierte, war Sheela entsetzt und hatte Lust Rick ebenfalls zu ermorden.

Rachel freute sich und fing ebenfalls an Kinder zu planen. Sie setzte sich mit einem verschwärmten Blick neben uns auf die Treppe und ließ die Sonne in ihr Gesicht strahlen. „Kinder von Chad sehen bestimmt ultrasüß aus! Wir sind ja so ein tolles Paar. Ich liebe ihn über alles.“ „Ja, ihr seid echt ein tolles Paar, wenn man sich mal anguckt, wie viel Zeit ihr in den vergangenen paar Wochen miteinander verbracht habt“, bemerkte Sheela mit sarkastischem Unterton. „Na und? Man muss als glückliches Paar doch nicht immer beieinander rumhängen.“

Rachel verschränkte beleidigt die Arme, während ich meine Blicke über den Sportplatz, der vor uns lag, schweifen ließ. „Äh Rachel...? Ist das Chad, der da hinten mit unsrer Rotschopf-Schlampe rumknutscht?“ „WAS!?!! ACH DU SCHEIßE!!!! CHAD!!!!!“, brüllte sie regelrecht rüber und stampfte zu den Beiden hinter. Sheela und ich staunten wie stilvoll sie Naga verschlug und Chad den Laufpass gab. Ja, sie schienen wirklich sehr, seeehr glücklich zu sein.

Leicht außer Puste kam die Brünette zurück. Ihre Augen leuchteten vor Wut.

„Wie ich diese Schlampe hasse!!! Alles und Jeden macht sie an! Pass bloß gut auf deinen Rick auf. Das mit dem glücklichen Paar nehme ich zurück. Ab heute bin ich Single!“ „Hehe“, entgegnete Sheela bestätigt. „Themawechsel! Was werdet ihr nun eigentlich tun, jetzt wo die Schule fertig ist? Geht ihr Studieren? Arbeiten? Ausbildung?“ „Ich habe vor in Texas zu studieren“, antwortete Sheela. „Wieso geht ihr alle so weit weg?“ „Diego und ich wollen uns ein bisschen absetzen.“ „DIEGO UND DU!?“, platzte es aus Rachel und mir heraus. Ich glaub die vielen Gespräche mit ihm taten der Blondine nicht gut. „Sag bloß...“ „Ja, Chann... Ich glaube zwischen uns hat es gefunkt. Wir haben Texas gewählt, weil Diego dort bessere Chancen hat, beruflich was zu erreichen und studieren kann ich dort auch.“

Ich konnte sie ja irgendwie verstehen, aber mit Diego hatte ich solche schlechten Erfahrungen gemacht... Wieso sucht sie sich gerade so einen heraus?! Rachel legte die Hände hinter den Kopf und lehnte sich mit einem lauten Seufzen zurück.

„Ich denke, ich werde meinen Traum verwirklichen.“ „Der wäre?“, fragte ich neugierig. „Ich will nach Japan gehen. Die Kultur interessiert mich. Ich möchte sie studieren und die großen Tempel sehen. Mir die heißen Quellen angucken und die Sprache lernen.“ „Also noch eine, die so weit weg geht. Ihr habt's echt mit eurem Japan, oder?“, fragte ich kopfschüttelnd. Der Gedanke, dass all meine Freundinnen demnächst auf dem gesamten Erdball verstreut sein würden, gefiel mir überhaupt nicht und machte mich sehr traurig. Sie würden die Geburt von meinem Kind nicht mitbekommen und – wenn es dazu kommen sollte – meine Hochzeit mit Rick auch nicht. Und wie sollen wir gegen die dunklen Kräfte kämpfen, wenn wir so weit voneinander entfernt wohnen?

Mitleidig legten sie ihre Arme um meine Schulter.

„Mach dir keinen Kopf. Wir werden den Kontakt auf jeden Fall halten und wenn was ist, setzen wir uns schnell in den nächsten Flieger und kommen zu dir“, sagte Sheela optimistisch. „Genau! Immerhin müssen wir doch gegen das Böse kämpfen, haha!“, bemerkte Rachel sorglos. Deren Zuversicht hätte ich gerne... Und so wurden die folgenden Monate nicht einfach für mich. Fast mein gesamter Freundeskreis verabschiedete sich im Laufe meiner Schwangerschaft. Ich hatte niemanden mehr außer Rick und Koshy. Die Anderen waren nur noch telefonisch für mich erreichbar, was mir abends oft Tränen in die Augen trieb. Ich vermisste sie sehr und dachte oft an die gute alte Schulzeit zurück. Als wir uns täglich zu viert trafen, miteinander über andere Leute herzogen und abends für Rico Aufträge erledigten um Taschengeld zu verdienen. Die Arbeit im Club zusammen mit Sheela fehlte mir ebenso sehr.

Für mich gab es nur noch die Frauenarztbesuche, die jedes mal quälender wurden. Drei Wochen nachdem ich von meiner Schwangerschaft erfuhr, kam der nächste Schlag... Es sollten Zwillinge werden! Ich wusste nicht was ich dazu noch sagen sollte – ich wollte die Kinder eh nicht.

Zumindest am Anfang... Im späteren Verlauf fing ich an eine gewisse Bindung zu ihnen aufzubauen. Jeder Tritt ihrer kleinen Füße war ein persönliches Highlight für Rick und mich. Sofern er mal zu Hause war. Seine Arbeit als Koch strapazierte seinen Zeitplan sehr.

Eines der Babys machte mir ganz besonderen Kummer. Der Arzt stellte fest, dass eines von ihnen ein sehr schwaches Herz hat und die Geburt wahrscheinlich nicht überleben würde. Ich fragte mich warum ich so gestraft war. Aber wenigstens gab es keinerlei Zeichen von den dunklen Kräften.

Am Abend des 16. Septembers saß ich auf meinem Sofa und machte mir wie immer Gedanken. Ich fragte mich wie es in der Zukunft weiter gehen sollte. Ich wäre finanziell komplett abhängig von Rick, mit dem ich nicht mal so lange zusammen war und der immer noch sehr viele Geheimnisse vor mir hatte. Ich durfte ihn nicht auf seine Vergangenheit ansprechen, denn entweder wurde er abweisend, oder er dachte sich irgendetwas aus.

„Chann! Schon wieder am nachdenken?“, fragte Rick, der auf einmal aus dem Bad kam und mich erschrak. Ich war zu sehr im Gedanken versunken.

„Ja... Ist doch alles blöd. Nur weil du mich geschwängert hast, hab ich im Leben keinerlei Chancen mehr auf Selbstständigkeit!“ „Gibst du jetzt mir die Schuld daran?“ „Sicher! Es war dein Sperma!“ „Ja, und deine Pille, die nicht funktioniert hat.“ „REG MICH NICHT AUF! ICH KÖNNTE KOTZEN! VON WAS SOLLEN WIR LEBEN WENN DU DICH IRGENDWANN VERPISST UND UNS ALLEINE LÄSST!?“ „FRAG DICH SOWAS NICHT, DASS WERD ICH NÄMLICH EH NICHT TUN!“ „ACH KLAR, DAS SAGEN SIE ALLE! UND DANN HAUEN SIE... Ahhh...“ „Was ist los?“ „Ach du Scheiße... Diese Schmerzen. Ich glaub, die Babys kommen...“ „WAS?! JETZT SCHON! OH MEIN GOTT! NEIN!! NEEEIN!! UND WAS NUN!?!! CHANN, WAS MACHEN WIR DENN JETZT!?!“, schrie er panisch und rannte mit den Händen an der Stirn durch die Gegend. „Äh... Ich geh zu Koshy und sag ihr Bescheid, dann gehen wir ins Krankenhaus.“ „Puh... Durchatmen! Tiiief durchatmen und keine Panik schieben.... AAAAAHHHHH!!!!!!“ „RICK!!! KLAPPE JETZT, DU MACHST MICH NERVÖS!“

Ich schlug ihm kurz eine rein und klopfte bei Koshy, die mir verschlafen entgegen kam. „Chann? Irgendwas passiert?“ „Koshy, die Babys kommen!“ „WAS!?!? Jetzt schon?“ „Ja... Zwillinge kommen meist früher... Und mein Mann ist total in Panik.“ „Okaaay... Ich verprügel ihn noch, bevor wir fahren. Ich pack grad schnell ein paar Sachen.“

Sie brauchte keine fünf Minuten, bis sie sich angezogen hatte, Essen und Trinken in die Tasche packte und mit mir nach Oben zu Rick ging. Ja, Koshy war immer eine sehr voraus schauende Person.

„REIß DICH ZUSAMMEN DU KLEINKIND UND KOMM JETZT!“, schrie meine Schwester ihn an und klatschte ihm auch nochmal eine. Dann schleppte sie uns in ihr Auto und fuhr uns ins Krankenhaus, wo ich herzlich aufgenommen wurde und mich hinlegen durfte. Es dauerte nicht lange bis die Babys kamen. Ich bekam einen Kaiserschnitt gemacht wegen dem Risiko das eine Kind zu verlieren.

Sehen konnte ich nichts, außer Rick, der neben mir saß und kreidebleich wurde. Ihm schien es schlechter zu gehen als mir. Selbst die Hebamme, die im Stress durch die Gegend düste, bemerkte seinen Gesichtsausdruck.

„Herr Coldfire, geht es Ihnen gut?“ „N...N... Nee...“ „Wollen Sie was trinken?“ „N...Nee.“ „Beruhigungstablette?“ „N...“

Dann kippte er einfach um... Waaah! Dieser Idiot lässt mich einfach alleine in meinem schlimmsten Moment. Er wurde natürlich gleich von den restlichen Ärzten versorgt und in ein Krankenbett gelegt. Sie brachten ihn schon mal in mein Krankenzimmer. Wenigstens blieb Koshy standhaft bei mir.

Auf einmal spürte ich einen leichten Druck und schon hörte ich den ersten Schrei meines einen Babys. Die Hebamme legte es gleich auf meine Brust und lächelte mich liebevoll an. „Es ist ein Mädchen.“

Natürlich freute ich mich über den Anblick des kleinen Mädchens, doch ich machte mir Sorgen. Beim zweiten Kind schienen sie Probleme zu haben. Ich höre kein Schreien und ich bekam es auch nicht zu sehen. Sie holten es und brachten es auch gleich wieder weg. Ein Ärzteteam kümmerte sich um das Baby, ein Anderes machte mich wieder ganz. Die Hebamme nahm inzwischen die Kleine und badete sie.

„Chann, nicht aufregen, da passiert bestimmt nichts.“ „Ja, aber... Was wenn doch etwas passiert ist?! Die Ärzte sagten von Anfang an dass eines der Babys wahrscheinlich stirbt wegen einem Herzfehler!“

Schier unerträgliche Minuten für mich. Selbst eine Stunde später, als ich im Krankenzimmer lag und Rick endlich wieder wach war, hörten wir noch nichts Neues von dem anderen Baby.

„Wenigstens geht’s der Kleinen schon mal gut. Bleiben wir nun eigentlich bei den Namen, die wir ausgesucht hatten?“ „Ja... Sie gefallen mir immer noch. Also dann... Willkommen, kleine Jill.“

Endlich kam ein Arzt zu uns um uns zu berichten was mit unserem anderen Baby los war. Besorgt guckten wir drei zu ihm.

„Was ist nun!?“ „Es war schwierig. Wir mussten den Kleinen zweimal zurückholen und seine Lunge ist ziemlich mitgenommen. Ehm... Frau Hiwatari... Herr Coldfire... Wir können für nichts garantieren. Im besten Fall geben wir dem Jungen 20 Jahre Lebenszeit.“ „Nur!?“

Wieder kamen mir die Tränen. Nur 20 Jahre... Wie es wohl ist den Tod des eigenen Kindes zu erleben? Es machte mich fast wahnsinnig – ich konnte es kaum realisieren. Ich fragte mich, was wir wohl noch durchmachen würden mit einem derartig kranken Kind. Die ständigen Sorgen, Arztbesuche und Einschränkungen?

„Dürfen wir ihn denn nun endlich mal sehen?“, fragte ich ungeduldig. Zu unsrer Freude stimmte er zu und holte den Kleinen rein. Er lag in einem Brutkasten und war an alle möglichen Geräte angeschlossen. Ein furchtbarer Anblick.

„Habt ihr für ihn auch nen Namen?“, fragte Koshy, um uns ein bisschen abzulenken. „Clyde soll er heißen.“ „Süß... Jill und Clyde. Macht euch keinen Kopf, die dramatisieren so was doch nur.“

Leider schaffte es Koshy diesmal nicht mich zu beruhigen oder mich aufzubauen. Ich müsste mich erst an diesen Gedanken gewöhnen. Mein Leben entwickelte sich immer mehr zu einem Drama...

Auch eine Zeit später, als wir alle wieder zu Hause waren und auch Clyde endlich stabil genug war, kam ich mit der Situation nicht klar. Die Wohnung wurde langsam zu klein für uns alle und ich war meist mit den Kindern alleine. Sie schrien beide, doch vor allem Clyde war ein richtiges Schreikind. Egal was man mit ihm machte – er schrie. Und das machte mich wahnsinnig.

Koshy bot sich oft als Babysitterin an, doch selbst sie war geschafft, wenn sie den Kleinen nur zwei Stunden bei sich hatte. Er war der Erste, der Koshy aus der Fassung bringen konnte und das in dem Alter.

Abends als Rick nach Hause kam war ich fertig mit den Nerven. Jill schlief bereits wie ein Engel, doch Clyde machte mit seiner Lautstärke große Probleme.

„Da! Nimm du ihn! Ich ertrag das nicht mehr! Bin die nächsten zwei Stunden nicht erreichbar. Wo sind meine Ohrstöpsel!?!! WAAAAAH!!!!“ „Oookay... Na, dann komm mal her du kleine Heulsuse.“, sagte er belustigt zu dem Kleinen und kümmerte sich um ihn.

Und ich war sauer, als ich wieder aus dem Bad kam. Ja, extrem sauer. Denn Rick besaß die Unverschämtheit sich einfach mit Clyde auf die Couch zu legen. Das Schlimmste daran war, dass er endlich die Klappe hielt! Sauerei! Da versuch ich ihn den ganzen Tag ohne Erfolg ruhig zu bekommen und Rick schafft es in ein paar Minuten...
 

~ Kapitel 7 ~ Lebenswandel ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~

Antisympathie

Kapitel 8 ~ Antisympathie
 

Die erste Zeit mit den beiden Babys strapazierte uns weiterhin sehr, doch nach zwei Monaten fanden wir endlich einen Einklang und Rhythmus. Ich wunderte mich, wie viel Zeit inzwischen vergangen war. Schon wieder war ein Jahr vergangen... Ein Jahr seit Yoshi abgereist ist und fast ein Jahr seit unser Kampf mit Ran statt gefunden hatte. Ja, es war wieder Dezember und wieder würde sich ein Jahr dem Ende neigen.

Jill und Clyde waren nun 3 Monate alt und ich war heilfroh, dass es mit Clyde noch keine ernsthaften Zwischenfälle gab. Rick und ich hatten vor einer Woche endlich unsere erste gemeinsame Wohnung gefunden, ein paar Straßen weg von der Alten. So konnten wir Koshy immer die Kleinen geben - vorausgesetzt sie hatte mal frei.

Ich nutzte die zwei Stunden, die ich noch Zeit hatte bis zu dem Kinderarzt Termin von Clyde, um mit Rick zu trainieren. Trainieren? Man könnte es eher als verzweifelten Versuch, Wasserkräfte zu aktivieren, bezeichnen. Bisher hatten wir keinen Erfolg.

„Chann, lass es uns endlich aufgeben... Ich kann kein Wasser erzeugen.“ „Doch, ich weiß dass du das mit deinem Stein kannst. Du willst nur nicht genug und vertraust nicht in deine Kräfte.“ „Stimmt ja gar nicht... Ich musste nur die Nacht durch arbeiten und bin total müde, da ist es doch eigentlich verständlich, dass ich gerade keine Kraft hab für überhaupt irgendwas.“

Ich seufzte... Manchmal verstand ich Rick nicht. Gut, wir waren nun schon länger ein Paar, fast ein Jahr immerhin. Aber da gab es Dinge, die mich manchmal skeptisch machten. Oft blieb er lange weg oder musste irgendwelche Dinge erledigen. Dann wirkte er wiederum oft lustlos oder gezwungen. Manchmal stand er stundenlang vor unserem Fenster und beobachtete unsere Umgebung und dann muss er stets diese Tropfen nehmen wegen seinem Magen. Nun schlief er fast im Sitzen ein, weil er diese Nacht angeblich durcharbeiten musste. Als Koch kann das zwar vorkommen, aber da steckten sicher noch andere Dinger dahinter.

Selbst nach fast einem Jahr wollte er mir immer noch nichts über seine Vergangenheit erzählen. Kein Wort!

Wenn ich versuchte etwas zu bohren, wurde er sogar leicht aggressiv. Ich hatte keine Angst vor Rick, dennoch wollte ich mich lieber nicht mit ihm anlegen. Mit etwas Wut auf Rick nahm ich Clyde und wickelte ihn, was er überhaupt nicht toll fand.

Müde stellte sich Rick in den Türrahmen vom Kinderzimmer.

„Bist du jetzt sauer, weil ich heute keine Lust zum Üben hab?“ „Nö... Eigentlich sollte es mir egal sein. Ist ja auch egal ob ich allein dastehe, wenn wieder irgendwas auf uns zu kommt. Die Anderen sind alle nicht da. Angel ist verschollen und der Stein der Dunkelheit liegt hier unbrauchbar rum ohne Besitzer. Klasse, aber hey, warum sich Sorgen machen, Chann schafft das ja auch alleine!“ „Seh das doch nicht so. Es wird schon nichts passieren. Und du weißt ganz genau, dass du nicht alleine bist. Damals konnte ich dich auch beschützen ohne gleich irgendwelches Wasser erschaffen zu können...“ „... Du kannst mich aber auch nicht 24 Stunden am Tag beschützen. Wann bist du schon mal zu Hause?“ „Jetzt zum Beispiel.“ „Lustig... Wir gehen.“

Behutsam legte ich Clyde in seinen Kinderwagen und ließ Rick stehen. Wenn ich mit den Kindern unterwegs war, machte ich mir immer große Sorgen. Was wäre, wenn wir auf einmal angegriffen würden? Ich müsste die Babys beschützen und gleichzeitig kämpfen. Zumal ich gar nicht wusste mit wem oder was wir es zu tun hatten. Wir wussten, dass der Kampf noch nicht zu Ende ist. Wir wussten auch, dass wir uns vorbereiten müssten. Doch wann passiert etwas und in welcher Form? Seit damals herrschte Totenstille um die Elemente, was nicht heißt, dass wir uns in Sicherheit wiegen könnten.

Zum Glück stresste Clyde mich nicht zu sehr und ich konnte mich in Ruhe mit ihm ins Wartezimmer setzen. Hier musste man immer lange warten, dennoch wollte ich den Arzt nicht wechseln – er war der Beste in der Stadt.

Als ich ihn auf dem Arm hielt und ihm seine Flasche gab, bemerkte ich aus dem Seitenwinkel, dass sich jemand neben mich setzte.

„Chann?“ Erst jetzt beachtete ich diese Person und guckte nicht schlecht, als ich merkte um wen es sich handelte. Einerseits zog es mir etwas in den Magen wegen den Erinnerungen, die ich hatte, andererseits fühlte ich mich irgendwie sicher und in bekannter Gegenwart.

Es war Naga, die neben mir saß, mit ihrer Tochter, die wohl auch gerade einen Arzttermin hatte. Groß war sie geworden. Sie dürfte inzwischen ein Jahr alt sein.

Ich wusste nicht was ich zu ihr sagen sollte, daher verhielt ich mich relativ neutral.

„Hey, wie geht’s?“ „Gut... Aber ich wunder mich dich hier zu sehen“, antwortete sie überrascht und guckte auf den kleinen Clyde. „Ist es nicht zu dir vorgedrungen, dass ich schwanger war?“ „Nee... Ich war ja auch genug mit Maya beschäftigt. Guck mal, Maya, du kennst deine Tante ja noch gar nicht, haha!“

Das kleine Mädchen, das aussah wie ihre Mutter guckte mich mit großen Augen an und fing an zu heulen, weil ich ihr nicht ganz geheuer war. Es wunderte mich wirklich, dass sie nichts davon wusste. Ich hätte Gift drauf nehmen können, dass Kyle es ihr erzählt hat. Gut... Gesehen hatte ich Naga in der ganzen Zeit auch nicht mehr und anders als sie, hatte ich meine Schwangerschaft nirgendwo offen verkündet.

„Und wie geht’s den Anderen? Hab seit dem Abschluss keine mehr von euch gesehen.“ „Rachel und Sheela sind weggezogen.“ „Oooh, dann bist du bestimmt ziemlich einsam.“

Welch gespieltes Mitleid... Ich ging drauf ein um die Wartezeit noch so gut es ging vorüber zu bekommen.

„Na ja, ich telefoniere oft mit ihnen und mein Freund ist ja auch da.“ „Ach dieser... Rick, oder?“ „Ehm, ja.“ „Der ist echt noch mit dir zusammen? Wow.“ „Was soll denn das heißen?“ „Nichts. Männer verziehen sich doch meist einfach, sobald sie erfahren dass ihre Freundin schwanger ist.“ „Rick ist scheinbar nicht so. Weiß Kyle eigentlich inzwischen, dass er Papa ist?“ „Och... Joa...“ „Wie hat er reagiert?“ „Hat sich gefreut.“ „Das glaub ich nicht.“ „Du bist gut. Klar fand er es scheiße, aber hey, mir kann es egal sein, ich kassiere fleißig und demnächst sehe ich ihn sogar wieder öfter.“ „Echt?“ „Jap! Maya und ich ziehen zu ihm nach Japan.“

Mir zog es in die Magengegend... Arme Marisha. Wieso drängt sich Naga derartig in deren Leben?

„Trotz Kind ist der Idiot immer noch mit der Blonden zusammen. Aber egal, das wird sich ändern, wenn Maya sein Herz erobert hat und er seine Familie bevorzugt.“ „Oookay...“

Ich nahm mir vor gleich wenn ich nach Hause käme zu telefonieren und Marisha zu warnen. Endlich kam ich auch dran und musste mir Naga nicht mehr geben. Mit einem Zwinkern wünschte sie mir viel Glück mit Rick... Irgendwie war ich ja froh ihr bald nicht mehr begegnen zu können. Doch für Marisha tat es mir leid.

Bei Clyde war alles in Ordnung und so konnte ich wieder nach Hause gehen, worauf ich ja irgendwie keine Lust hatte. Das Zusammenleben mit Rick und den Kindern war wirklich schwierig und ich wäre froh, wenn ich mein altes Leben wieder leben könnte – doch das wird nicht zurückkommen.

Seufzend kam ich nach Hause, wo Rick auf dem Bett lag und schlief. Wenigstens ging es Jill gut. Sie schlief ebenfalls und ich beschloss, Clyde auch einfach in sein Bettchen zu legen und die Beiden in Ruhe zu lassen. Mein Plan ging auf – Clyde gab Ruhe und machte auch die Augen zu. Endlich ein Moment für mich in dem ich entspannen konnte – glaubte ich zumindest.

„Ah ihr seid ja wieder zu Hause“, sagte Rick, der scheinbar wach wurde und nun verschlafen vor mir stand. Ich hatte grade keine Lust auf ihn...

„Ja“, antwortete ich daher knapp. „Bist du immer noch sauer?“ „Nein. Ich bin bloß gestresst und schlecht gelaunt wegen so ner dummen Rothaarigen.“ „Rothaarige? Bist du Naga begegnet?“ „Erraten... Die hat nun vor nach Japan in Kyles Nähe zu ziehen wo sie ihn mit Maya, der Kleinen, rumkriegen will.“ „Oh mein Gott, was ne Kuh. Marisha kann einem Leid tun. Aber ich glaube, wir haben erstmal unsere eigenen Probleme. Du bist so komisch in letzter Zeit.“ „Wundert dich das? Was weiß ich schon über dich!? Wenn ich dich was über deine Vergangenheit frage, reagierst du gleich aggressiv und dann bist du kaum zu Hause!“ „Ja, da kann ich nichts für, ich muss arbeiten und Geld verdienen. Und über meine Vergangenheit rede ich einfach nicht gerne. Akzeptier das.“ „Ich bin deine Freundin... Und vielleicht irgendwann auch deine Ehefrau! Wieso darf ich es dann nicht wissen?“ „Weil es einfach nichts ist, dass ich gerne erzählen will. Niemandem! Auch nicht dir.“ „Danke...“, antwortete ich enttäuscht und fühlte mich wieder nicht respektiert und verarscht. Es tat weh, dass er mir scheinbar nicht genug Vertrauen entgegen brachte, um mir diese Dinge zu erzählen. Er bemerkte meinen traurigen Blick und legte seine Hand auf meine Wange.

„Hey, das ist nicht wegen dir. Glaub mir einfach. Vielleicht kann ich es irgendwann erzählen, aber das geht jetzt eben halt nicht.“ „... Okay“, antwortete ich leise und schmiegte mich an ihn, was der Idiot schamlos ausnutzte um mich gleich zu befummeln und zu küssen.

„Aber Rick...“ „Komm schon, die Geburt von den Kleinen ist doch schon ne Weile her. Seitdem lief nichts mehr zwischen uns.“

Unsicher musste ich erstmal überlegen ob das wirklich so gut war. Gut, es fehlte mir irgendwo auch, also wehrte ich mich nicht weiter gegen meine Zweifel und vergaß sie. Eher genoss ich es endlich mal wieder ein paar zärtliche Momente mit meinem Freund verbringen zu können. Es hätte so schön sein können... Doch grade mittendrin, als er auf mir lag, fing sein Handy an zu klingeln.

Er ließ sich natürlich gleich ablenken, was mich etwas wütend machte.

„Ignorier es einfach. Kannst doch nachher zurück rufen.“ „Und wenn es was Wichtiges ist?.... Ja?“

Na klasse... Er grinste mich herausfordernd an und machte einfach weiter um mich zu ärgern. Wer war überhaupt am Telefon? Während ich damit kämpfte nicht zu laut zu sein, hörte ich gespannt zu um ergründen zu können wer da dran ist.

„Ach echt? Was? Du willst vorbei kommen?.... Eh, ja klar warum nicht... Ich freu mich, dich mal wieder zu sehen.... Wie, was ich grade mache? - Sport. Du weißt doch, dass ich mich fit halte, hehe.“

Sport... Aha! Vorbei kommen... Wer will vorbei kommen? Es interessierte mich brennend wer uns demnächst besuchen wollte, ich musste mich richtig zurückhalten nicht zwischenrein zu fragen. Jedes Mal wenn Rick merkte, dass ich zu nachdenklich wurde, legte er sich mehr ins Zeug um mich weiter zu ärgern. So ein Idiot!

„... Ja den Kindern geht’s gut. Die schlafen gerade... Nein, Chann ist eine sehr gute Mutter... Nein... Nein... Ja... Mhm... Ne... Doch, doch... BIST DU BEKLOPPT!?... Nein... Okay, ich leg nun wieder auf. Bis dann, Ma.“

MA!?!?! DER FICKT HIER RUM WÄHREND ER SICH MIT SEINER ALTEN UNTERHIELT!?!!?

Fassungslos starrte ich ihn an, als er sein Handy zur Seite warf.

„Was?“ „Deine... Wieso telefonierst du mit deiner Ma, während wir Sex haben!?! Du bist doch bescheuert! Boah, nein eh! Geh runter! Und was meinte die?! Sie will vorbei kommen?“ „Jop, die will die Kinder mal sehen.“ „Oh mein Gott... Ich brauch... Beruhigungstabletten...“

Aufgebracht suchte ich meine Klamotten zusammen und rannte durch die Gegend weil ich nicht wusste wie ich mich seiner Mutter gegenüber verhalten sollte.

„Chann, was ist los?“ „Wann!? Wann kommt sie? Oh Gott, da muss ich doch was Gutes kochen und... Und die Wohnung muss sauber sein. Ich kenn die Frau doch gar nicht.“ „Hehe... Ja also... Morgen schon... Ich hoffe ja sie bleibt nicht lange. Mum ist ein echtes Nervenbündel. Sie kann schnell lästig werden.“ „Na klasse. Morgen...“ „Jo... Und sie wird wohl meine kleine Schwester mitbringen.“ „Auch noch... Wo sollen die denn schlafen?“ „Auf'm Boden, hahaha!“

Der hatte gut reden... Verzweifelt versuchte ich mir auszudenken was ich kochen könnte wenn die kommt und rief Marisha an, um mir Rat zu suchen. Das Gespräch mit ihr brachte aber auch kaum etwas, denn alles, was sie mir vorschlug, konnte ich nicht kochen. Ich konnte es einfach nicht – ich hasste kochen. Noch verzweifelter als vorher legte ich wieder auf und schnaufte tief durch.

„Komm runter, Kleine... Wer sagt denn, dass du unbedingt kochen musst? Ich kann ja auch kochen und behaupten, du hättest es gemacht.“ „Okay... Puh... Klingt gut.“ „Logo klingt das gut, ist ja auch meine Idee.“ „Arschloch...“ „Ich lieb dich auch. Gut, du passt auf die Teufel auf – ich geh einkaufen für morgen. Und telefonier nicht so viel durch die Gegend.“ „Jaaaja.“

Kaum war Rick aus der Tür raus, setzte ich mich an den Computer und eröffnete ein Gruppengespräch mit Sheela und Rachel, die sich erstmal über mich lustig machten. Sheela war immer noch sehr glücklich mit Diego. Er hatte sich zumindest etwas zum Guten verändert. Und Rachel hatte einen neuen Freund, dessen Namen sie uns aber nicht verriet.

„SHEELA!?!! War das da grad ein Schuss im Hintergrund?!“, keifte Rachel entsetzt in ihr Mikrofon. „Ahjo! Diego versucht sich mal wieder im Dosen-Treffen! Hahaha! Er ist so ein Held. Texas halt, er darf das. Er freut sich schon auf die ersten unbefugten Leute, die unser Grundstück betreten...“ „Oh... Mein... Gott...“, kommentierte ich dies nur. „Ach Mädels, ich hab Naga getroffen beim Kinderarzt.“ „Sieht sie immer noch so billig aus?“, fragte Rachel gleich. „Jap! Die meinte, dass sie nach Japan in Kyle's Nähe ziehen will.“ „Och nee...“ „Die hat ja Nerven.“, seufzte Sheela. „Dann werden Mari und ich die ja bald auf dem Hals haben“, meckerte Rachel... Und meckerte... Und meckerte...

Nach fast einer Stunde Lästereien musste ich leider auch schon wieder aufhören und mich um Jill kümmern, die aufgewacht war und nun Hunger hatte. Durch ihr Geschrei weckte sie Clyde gleich dazu, was mich leicht in Panik versetzte. Erstmal nahm ich meine Ohrstöpsel und wickelte Jill, danach legte ich sie aufs Bett und wickelte ihren Bruder. Zuletzt legte ich sie beide vor mich und hatte in jeder Hand eine Flasche – praktisch!

„So kommt schon, schön essen, Mami nicht ärgern und gleich wieder schlafen! Ihr seid doch liebe Kinder! Gaaanz liebe Kinder... Lalala... Kinderheim...“, trällerte ich verzweifelt vor mich hin und musste dann schon wieder über mich selbst lachen. Endlich kam auch Rick wieder nach Hause. Er hatte zwei Einkaufstaschen voll mit Zeug, dass er für morgen zum Kochen verwenden würde. Ich war wirklich gespannt auf seine Mutter und hoffte, dass sie mich leiden könnte.

Ich wollte alles geben um beim ersten Eindruck zu punkten und dass sie mich nicht gleich für unfähig hält. Von Rick wusste ich ja nur, dass sie schwierig ist. Um nicht ganz durchzudrehen beschloss ich einfach alles auf mich zukommen zu lassen.

Die Nacht über sah ich das allerdings ganz anders, denn mein Magen schmerzte vor Nervosität.

Der Morgen erst... Ich fragte Koshy ob sie auf die Babys aufpassen kann, um mich auf Rick's Mutter vorzubereiten. Bis sie kommen würde hatten wir noch vier Stunden Zeit, in denen ich erst mal die Wohnung aufräumte. Dann gesellte ich mich zu Rick, der das Essen zurecht machte.

„Was kochst du überhaupt?“ „Kaninchen mit Kräuter-Senfsoße und Zuckerschoten.“ „Was für'n Zeug!?“ „Guck zu, damit es nicht auffällt, dass du das gar nicht gemacht hast.“ „Okay, ist ja gut. Ich hab von solchen Dingen halt keine Ahnung.“

Ich stellte mich neben ihn und beobachtete wie er das ganze Zeug zusammen würfelte und etwas Leckeres daraus machte. Auf einmal holte er eine Wodkaflasche aus dem Kühlschrank und fing an den Alkohol in die Soße zu kippen... Erst dachte ich ja, das sei normal, aber dann wurde es immer mehr und mehr...

„Ehm, Schatzi? Wie viel soll das noch werden?“ „Och, glaub mal, bei meiner Ma kann es nie genug sein.“ „Ist sie Alkoholikerin?“ „Nein, aber erträglicher, wenn sie schläft“, sagte er belustigt und zwinkerte mir zu und ich musste lachen.

Eine halbe Stunde bevor es so weit war brachte Koshy die beiden Babys zurück, denn Ricks Mutter kam ja immerhin extra um sie zu sehen. Meine Eltern hatten sich bisher nie die Mühe gemacht ihre Enkelkinder zu besuchen. Wir stellten uns bereit und warteten auf das Klingeln, von dem wir zusammen zuckten, obwohl wir es erwarteten.

„Hi Mum... Gut siehst du aus.“, begrüßte Rick seine Mutter, als sie und seine kleine Schwester zu uns rein kamen. Ich streckte ihr höflich meine Hand entgegen, doch sie schenkte mir nicht mal einen Blick, ehe sie entzückt zu Jill und Clyde lief.

„Oh nein, sind die niedlich! Aber so hübsche Kinder können ja nur von meinem kleinen Jungen sein.“ „Riiiick!!“, rief seine kleine Schwester vor Freude und sprang ihm erstmal in die Arme. „Na Kathy? Du wirst ja auch immer schwerer.“ „Ich finde dich auch fett!“ „Das ist kein Fett, das sind die Muskeln, mein Schatz“, ermahnte Rick's Mutter ernsthaft getroffen, was mich leicht entsetzte. „Ja, ja, Mum... Ich bin kein kleiner Junge mehr. Das ist übrigens Chann, meine Freundin. Die Mutter meiner Kinder. Magst du ihr nicht Hallo sagen?“, fragte er mit verschränkten Armen und machte ihr damit klar, dass er ihr Verhalten mir gegenüber nicht gut fand. „Ach ja... Chann... Stimmt. Wie die Mutter... Ziemlich unordentlich, eure Wohnung. Rick, sag mal, kann deine Frau nicht aufräumen?“, fragte sie entnervt und setzte sich an den Esstisch, wo sie ihren Kaffee erwartete. Es war wie ein Stich ins Herz, so wie sie mit mir umging. Frustriert stellte ich mich an den Herd und machte das Essen fertig, so wie Rick es mir erklärt hatte.

Nebenbei hörte ich zu wie Rick und Celia miteinander redeten. „Hör mal Cedric...“ „Nenn ich nicht Cedric, Ma!“ „Ist ja gut. Hör mal Rick, meinst du wirklich, dass sie die richtige Frau für dich ist? Ich halte sie wirklich für unfähig. Kann sie sich denn wirklich um eure Kinder kümmern? Sie geht ja nicht mal arbeiten.“ „Ma, wie sollte sie? Wir haben zwei Kinder, auf die jemand aufpassen muss. Und wie ich schon sagte, sie macht das gut“ „Ja, aber... Du siehst mager und müde aus. Sie kann bestimmt nicht richtig kochen.“ „Doch, wirst du gleich sehen. Ich schau mal nach ihr.“

Es zog mir ein weiteres Mal in den Magen... Unter keinen Umständen dürfte ich nun weinen, auch wenn es mir noch so sehr zu Mute war. Vor Rick und seiner ekelhaften Mutter wollte ich stark wirken. Würde ich jetzt resignieren, wüsste sie, dass sie Recht hätte.

„Schatz, alles im Griff?“ „Ja...“, antwortete ich matt und richtete die Teller mit gesenktem Blick. Wie sollte ich das nur überleben? Diese Person um mich zu haben machte mich krank.

„Da! Bring ihr das. Haben wir zufällig Gift im Schrank?“ „Sie meint das bestimmt nicht so. Sie macht sich immer unnötig Sorgen um mich.“ „Sie meint das nicht so? Ja klar, ich find es nur toll wie du zu mir stehst.“ „Ich steh doch zu dir.“ „Vergiss es...“

Lieblos drückte ich ihm Celia's Teller in die Hand und schickte ihn damit weg. Kathy bekam die extra angerichtete Portion ohne Alkohol, immerhin war sie viel zu jung für so was. Auch Rick und ich verzichteten auf Alkohol. Das Einzige was mich motivierte den Kopf aufrecht zu halten, war der lustige Gedanke die Alte gleich ordentlich betrunken zu erleben.

Vorher ging ich jedoch erst noch mal durch die Hölle.

„Also, Chann... Die Uni abgeschlossen und gleich Kinder. Hast dir ja ganz schön was vorgenommen. Noch nichts von Verhütung gehört?“ „Mum!“ „Doch, ich nahm die Pille, trotzdem ging es schief“, antwortete ich kühl um mich zu rechtfertigen. Warum tat ich das überhaupt? Sie zog eine Augenbraue hoch und grinste schadenfroh.

„Ja, das kommt mir bekannt vor. Von einer alten Freundin... Die hatte auch jedes Mal... „verhütet“.... Und am Ende war sie gestraft mit fünf Plagen.“ „Die Arme. Nein, soweit wird es bei uns nicht kommen.“

Bitte, iss schneller, Alte!

Sie nahm sich viel Zeit beim Essen und quetschte mich weiter über alles Mögliche aus. Ich war zunehmend gestresst, was sie merkte und sie noch sicherer machte. Ich hoffte inständig, dass Rick mich nicht mit ihr allein lassen würde. Leider wurde meine Hoffnung zerstört...

„Bruuuuder? Ich hab Duuurst!“ „Sollen wir dir was zu trinken machen, Kleine?“ „Jaaa!“ „Hehe, na dann komm.“

Er nahm sie mit in die Küche und ließ mich tatsächlich mit der Furie alleine, was mir gar nicht behagte. Sie nahm mich wie erwartet sofort ins Visier und trank einen Schluck von ihrem Wein. Langsam sollte das Zeug doch echt anschlagen!

„Ich hätte da mal eine Frage, Kleines. Liebst du Rick? Liebst du ihn wirklich bedingungslos?“ „... Ja.“, antwortete ich leicht stockend, da diese Frage wirklich unerwartet kam. „Okay Kleines... Wenn du Rick wirklich liebst dann tust du ihm lieber den Gefallen und überlässt ihn einer Frau die ihm wirklich... Aber wirklich was zu bieten hat. Verstehst du? Er sollte nicht bei einem kleinen Mädchen leben, dass nichts kann als ihm Plagen an den Hals zu hängen und sich finanziell von ihm abhängig macht. Findest du nicht auch, er sollte lieber seine Freiheit haben?“ „Ja aber... Er lebt doch gern... hier...“ „Er hatte es schon immer gut drauf seine wahren Gefühle hinter einer Fassade zu verbergen. Vielleicht hast du das ja schon gemerkt? Beherzige meinen Ratschlag. Zieh lieber Leine, wenn er dir was bedeutet. Du bist kein guter Umgang für ihn und wenn ich mir das anschaue... Die Wohnung ist unordentlich, das Essen hat einfach miserabel geschmeckt. Du kannst deinen eigenen Mann ja nicht mal ernähren. Kein Wunder, dass er so mager aussieht.“

Mir blieb fast der Atem stocken von ihren bitteren Worten, die sich in meinem Kopf fest brannten. Das Essen miserabel? Daran konnte ich gut sehen, dass sie wirklich alles gegen mich verwenden wollte.

Ich war an einem Punkt angekommen, wo ich meine Wut einfach nicht mehr halten konnte... Ich nahm das Glas Wasser, das vor mir auf dem Tisch stand, stellte mich hin und kippte es ihr ins Gesicht.

„Ich kann dich auch nicht leiden – Furie. Und MEINE Kinder sind keine PLAGEN!“

Völlig baff wie sie war, ließ ich sie stehen und rannte aus der Wohnung ohne bestimmtes Ziel. Ich rannte lange und heulte mir die Augen aus, bis ich unter einer Brücke stehen blieb und völlig außer Puste war.

Warum sagt sie so was zu mir? Wäre es wirklich besser für ihn, wenn ich nicht mit Rick zusammen wäre? Sie hatte ja Recht... Ich kann nicht mal kochen. Was hab ich ihm schon zu bieten, außer ein Leben mit zwei Kindern und Sorgen. Ich erwarte von ihm, dass er mich beschützt, dabei tut er doch eh schon alles für uns.

Ich unterstelle ihm, nie zu Hause zu sein, dabei arbeitet er täglich bis zum Umfallen um Geld ins Haus zu bringen...

Er hat mich wirklich nicht verdient...

Verzweifelt ließ ich mich an der Wand herabsinken und versteckte den Kopf vor meinen Knien.

Nun hatten wir gerade unsere erste eigene Wohnung gefunden und dann so was. Ich sollte Jill und Clyde nehmen und ausziehen, damit wir ihm nicht weiter zur Last fallen.

Es regnete inzwischen und der Boden war im Wasser getränkt. Ich vermisste meine besten Freundinnen, die nun nicht für mich da sein konnten. Früher hätte ich mich mit Sheela und Rachel getroffen und mir bei ihnen Trost und Rat gesucht. Doch nun konnten sie nicht da sein und am Telefon war es einfach nicht das Gleiche. Es war niemand da, der mich in den Arm nehmen konnte. Nicht mal Koshy, denn sie musste als Immobilienmaklerin sehr viel arbeiten und war kaum zu Hause. Ich konnte schon sehr froh sein, dass sie zumindest ab und zu mal die Kleinen zu sich nahm.

Plötzlich kam mir mein Leben so trüb und sinnlos vor. Alles was ich mir aufgebaut hatte wurde jäh zerbrochen. Was nun auf mich zukommen würde stand derzeit offen – ein Stillstand.

Nach ein paar Stunden unter der Brücke sitzen im strömenden Regen war man selbst in dieser Gegend durchgefroren. Zitternd hatte ich meine Arme um meine Knie gelegt und fragte mich ob ich nicht langsam nach Hause zu den Kindern gehen sollte. Doch der Gedanke an Celia hielt mich davon ab.

Ich spielte auch mit dem Gedanken über Nacht bei Koshy zu bleiben um dem Ganzen aus dem Weg zu gehen, doch meine Kinder im Stich zu lassen wäre nicht meine Art. Letztendlich müsste ich mich für eine Lösung entscheiden, denn die Nacht könnte ich nicht hier verbringen ohne mir den Tod einzufangen. Unmotiviert stand ich auf um die Brücke zu verlassen, doch dann stand auf einmal Rick vor mir – völlig außer Puste und durchnässt bis auf die Knochen.

„Chann, verdammt ich hab dich überall gesucht!!! Wieso bist du weggelaufen?!“ „Du hast mich... gesucht? Wieso?“ „Na ja, weil ich mir Sorgen mache, wenn meine Freundin auf einmal weg ist?!“ „Du weißt ja auch nicht was deine dumme Mutter zu mir gesagt hat.“ „Was hat sie denn gesagt?“ „Nichts Besonderes“, antwortete ich abweisend und lief an ihm vorbei, weil es mir immer noch durch den Kopf ging, es sei besser für ihn wenn ich nicht da wäre. Doch er ließ nicht locker, packte mich an den Schultern und drehte mich wieder zu sich.

„Ich will jetzt sofort wissen was los ist! Was hat sie gesagt!?!“ „VERDAMMT, LASS ES EINFACH!!!“ „NEIN!“, schrie er zurück und schüttelte mich ein wenig. „WAS HAT SIE GESAGT!!!“ „Ich solle mich doch lieber von dir trennen, wenn ich dich lieben würde und das Beste für dich will... Ich könnte dich ja nicht versorgen und wäre finanziell abhängig von dir und würde dich mit den Kindern an mich binden wollen... Sie hat ja Recht. Was hab ich zu bieten... Ich geh jetzt nach Hause und hol die Kinder, dann bist du uns los.“ „Spinnst du!? Es ist mir doch egal was sie denkt. Und es ist ja wohl meine Entscheidung mit wem ich zusammen bin. Für sie wäre keine gut genug. Komm, morgen ist sie wieder weg und dann ist alles wieder normal.“

Er legte einen Arm um meine Schultern und führte mich weg von der Brücke und lief mit mir durch den Regen. Doch ich war weiterhin skeptisch. Celia meinte, Rick hätte es drauf, sich hinter einer Fassade zu verstecken. War dies alles nur Fassade? Das ganze Gerede von wegen Liebe, miteinander glücklich sein... Die Kinder... Ich blieb abrupt stehen.

„Rick? Liebst du mich eigentlich wirklich?“ „Ja natürlich. Und jetzt komm nach Hause, oder willst du dass meine Ma die Spielzeuge findet, die wir in unserem Schlafzimmerschrank liegen haben?“ „Ach du Scheiße!!! Los, beeilen wir uns lieber!!!“

Zu Hause herrschte Eiseskälte. Celia schaffte es gerade so mit Kathy's Hilfe auf die Kleinen aufzupassen, denn der Alkohol wirkte endlich und sie fiel fast durch die Gegend. Noch bevor sie mich irgendwie dumm anmachen konnte, fiel sie zu Boden und schlief. Rick ließ sie dort einfach liegen und Kathy lachte sie aus. Welch Schadenfreude. Kathy durfte ausnahmsweise bei uns im Bett schlafen, weil sie ihren großen Bruder so vermisste und traurig war, weil sie morgen wieder abreisen würden. Ich machte mir noch viele Gedanken über das, was Celia mir an den Kopf gedrückt hatte, doch Rick hatte Recht. Morgen würde sie wieder weg sein und alles würde ganz normal weiter gehen... Er würde jeden Tag stundenlang arbeiten und ich würde meinen Zwillingen eine gute Mutter sein. Ich würde weiterhin meine Freundinnen vermissen und wäre oft einsam. Ja – es würde ganz normal weiter gehen...
 

~ Kapitel 8 ~ Antisympathie ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~

Ein neuer Angriff

Kapitel 9 ~ Ein neuer Angriff
 

Viel zu viel Zeit war inzwischen vergangen... Nichts hatte sich verändert seit damals. Gut, vielleicht stimmt das nicht ganz. Einiges war doch anders geworden. Meine Kinder waren nun sieben Jahre alt und nervten fast noch mehr als früher. Wenigstes brauchten sie keine Flasche mehr... Mit Rick war ich inzwischen verheiratet. Trotz meiner diversen Zweifel, nahm ich seinen Antrag an und lebte immer noch mit ihm zusammen. Nun war ich also schon 25 Jahre alt...

Einen Angriff gab es immer noch nicht und langsam spielte ich mit dem Gedanken meinen Stein einfach abzulegen und es gut sein zu lassen. Wahrscheinlich würde eh nichts mehr passieren. Vielleicht wirkte das was mit Ran passierte zu abschreckend und wir machten uns umsonst Sorgen.

Mit meinen Freundinnen hatte ich noch weniger Kontakt als je zuvor. Sie hatten immerhin auch alle viel zu tun... Naga war damals mit dem Plan, Kyle durch Maya rumzukriegen nach Japan gezogen, doch sie rechnete nicht damit, dass er und Marisha nicht auseinander zu bekommen waren. Im Gegenteil – 2 Jahre nach dem wir Jill und Clyde bekamen, kam Hailey zur Welt. Die kleine Tochter von Kyle und Marisha war wirklich gut erzogen und ähnelte ihrer Mutter sehr. Und das nicht nur vom Aussehen.

Von Rachel hörte ich noch weniger. Das Einzige was ich wusste war, dass sie auch ein Kind bekam ca. ein Jahr nach meinen Beiden.

Nur Sheela blieb mit Diego kinderlos. Neben Marisha war sie die Einzige mit der ich ab und zu noch telefonierte. Einen Besuch in Japan konnten wir uns bisher nie leisten und zeitlich ging es auch nicht. Mit den Zwillingen hatten wir alle Hände voll zu tun und Rick konnte sich kaum mal einen Tag frei nehmen. Ich verstand nicht wo der ganze Lohn geblieben war monatlich. Er verdiente inzwischen so viel – trotzdem hatten wir kaum einen Dollar um uns mal etwas zu gönnen.

Und selbst nach fast acht Jahren Beziehung wusste ich immer noch nicht welches Geheimnis ihn umgab. Er sagte damals irgendwann würde er es mir erzählen – doch auf den Tag wartete ich noch immer.

Gerade war ich dabei unsere Wohnung in Ordnung zu bringen und fragte mich insgeheim ob es mir heute mit Yoshihiro besser gehen würde. Ob ich mit ihm glücklicher wäre... In einer Stunde müsste ich Jill und Clyde von der Grundschule abholen, danach etwas zu Essen zu Stande bringen und mich darum kümmern, dass sie ihre Hausaufgaben machen.

Die Wäsche war auch wieder fällig und natürlich regelmäßig Arzttermine wegen Clyde. Wie ich dieses ganze Leben manchmal hasste und es verfluchte. Und Rick war mir absolut keine Hilfe.

Koshy war nach wie vor ausgebucht durch ihren Job. Und seit sie endlich mit jemandem zusammen war, hatte sie noch weniger Zeit. Vor zwei Jahren brachte sie auf einmal Tyra mit nach Hause – ihre neue Freundin. Ich wusste ja immer, dass sie Männer hasst aber dass sie es wirklich mit einer Frau durchziehen würde, überraschte mich.

Um nicht weiter in meine Gedanken ab zu schweifen, machte ich mich noch etwas zurecht und fuhr langsam mal los Richtung Schule um die Zwillinge zu holen.

Die Beiden hatten derzeit eine schwierige Phase. Um Clyde machte ich mir stets Sorgen und Jill fühlte sich vernachlässigt und war eifersüchtig auf ihren Bruder. Es tat mir leid, dass es für sie so wirkte, als würde ich sie nicht genauso lieben wie Clyde, doch er hatte laut den Ärzten nur noch knapp 13 Jahre zu leben, das machte mich immer wieder fertig.

Und schon wieder verfluchte ich mich dafür in meine Gedanken zu fallen, so beschloss ich mich auf die Straße zu konzentrieren und guckte mich fleißig in der Gegend um, was ich auch gleich wieder bereute... Als ich einen flüchtigen Blick in eine Seitengasse warf, war ich schockiert was ich da sah. Schon dieser kurze Augenblick hatte gereicht meinen Mann zu erkennen. Er stand da mit einer Frau! Da war ich mir ganz sicher! Also drehte ich ab, fuhr ein paar Meter um den Block und schlich mich um die nächste Ecke um nicht bemerkt zu werden. Von hier konnte ich bestens hören was sie sagten.

Einerseits wollte ich es irgendwie nicht hören aus Angst verletzt zu werden. Mein Herz klopfte wie verrückt und meine Hände zitterten. Zudem musste ich aufpassen mich nicht gleich an Ort und Stelle zu übergeben. Die Frau kam mir bekannt vor... Rick stand mit dem Rücken an die Wand gelehnt und hatte beide Hände in der Hosentasche und ne Zigarette im Mund.

„Schön, dass du gekommen bist, hätte ich nicht erwartet.“ „Was gibt’s?“, fragte er abgeneigt. „Ich wollte dich nur mal wieder sehen. Immerhin hast du monatlich immer schön das Geld überwiesen, aber gesehen hab ich dich ja ewig nicht mehr.“ „Einfach so? Na toll, als ob ich dafür Zeit hätte. Hör mal, Vanessa. Meine Frau denkt grade ich bin arbeiten und ich belüge sie ungern, also geh ich jetzt wieder.“ „Jaja, deine tolle Frau. Und wie ist es so mit den beiden Plagen? Erzähl mir nicht die waren gewollt.“ „Ach... So lange ich mit ihr verheiratet bin und zwei Kinder mit ihr hab bin ich leider vergeben, Süße! Tja, Pech gehabt, was?“ Selbstsicher drehte er sich weg und lief ein paar Schritte davon.

„Aaaah so ist das also. Hehe, du hältst dich aber für ziemlich schlau, Schatz. Suchst dir ne beliebige Frau, bindest sie an dich und meinst du könntest mich damit loswerden?“ „Ein ziemlich dämlicher Plan, einer Frau die Pille auszutauschen gegen harmlose Tabletten ohne Wirkung, was? Nun, ich war jung und dumm. Heute hätte ich es vielleicht anders gemacht.“

Schon wieder fühlte ich mich derartig enttäuscht und verarscht, dass es mir ein Stich ins Herz versetzte. Er hatte es mit Absicht getan... Nur wegen dieser... … Verzweifelt musste ich mit meinen Tränen kämpfen, hörte aber weiter zu. Diese Vanessa legte ihre Arme um ihn und lehnte sich mit ihm an die Wand.

„Liebst du sie überhaupt? Was weiß die denn schon über dich... Ich weiß dass du niemals von mir los kommen wirst – ich kenne jedes kleine dreckige Detail deiner Vergangenheit. Und ich liebe dich trotzdem.“ „Ich hätte dich geliebt, wenn du nicht mit deinen scheiß Drogen angefangen hättest...“ „Scheiß Drogen? Damals konntest du nicht genug davon bekommen.“ „Damals... Du hängst scheinbar immer noch dran.“ „Ich hänge nur an dir... Sag, liebst du sie?“, drängte sie sich auf und küsste ihn, was mir zu viel wurde.

Mit starrem Blick setzte ich mich zurück in unser Auto und legte meinen Kopf auf das Lenkrad. Es war alles eine Lüge... Er hat mich nie geliebt und die Kinder wollte er nur mit mir um sie loszuwerden...? Und was reden die von Drogen? Allen Anschein nach war Rick mal süchtig... Meine ganze innere Intuition hatte Recht. Ich hätte schon damals gehen sollen, als das mit seiner Mutter war. Ich hätte ihn niemals heiraten dürfen. Und... Wofür überweist er ihr jeden Monat Geld? Ich dumme Kuh frag mich jedes mal warum wir so wenig Geld haben. Nun hatte ich meine Antwort. Und doch - trotz allen miesen Gefühlen und der Enttäuschung die ich spürte müsste ich vor den Kindern gleich so tun als wäre alles in Ordnung. Als wäre das alles nicht passiert und als würde ich Rick noch immer so bedingungslos lieben wie sie es eigentlich kennen. Am liebsten wäre ich auf diese Blondine losgegangen... Und auf ihn auch. Ich wusste nicht, wie ich auf ihn heute Abend reagieren würde.

Den ganzen restlichen Weg über hegte ich meine Mordtheorien an Rick und seine Schlampe und setzte vor der Schule ein scheinheiliges Grinsen auf. Ich war eh schon etwas zu spät. Jill und Clyde würden sicherlich schon auf mich warten. Komisch... Am Eingang standen sie nicht. Dort warteten sie sonst eigentlich auch immer.

Beunruhigt wartete ich noch ein paar Minuten und starrte pausenlos auf meine Armbanduhr.

„Hey! Habt ihr Jill und Clyde gesehen?“ ,fragte ich zwei ihrer Klassenkameraden, die gerade aus der Schule kamen und mich mit großen Augen anguckten. „Äh... Ja, die sind drinnen, aber ich glaube Clyde geht es nicht gut.“ „WAS?“

Was sollte heute eigentlich noch alles passieren!?! Hektisch stürmte ich in das Gebäude und suchte nach meinen beiden Kindern. Ich hatte panische Angst, dass Clyde etwas schlimmes passiert sein könnte. Was, wenn er es wieder am Herz hat? Oder einen Asthmaanfall bekam!? Endlich kam ich zum Ort des Geschehens – der Krankenstation der Schule.

„Jill! Wo ist dein Bruder?“, fragte ich meine Tochter, als ich sie erleichtert vor mir stehen sah. „Er... Er liegt da hinten. Die Ärzte sind schon da.“ „Was ist mit ihm passiert?“ „Ich weiß es nicht genau... Äh... Ihm ging es eben noch gut... Und auf einmal ist er umgefallen.“ „Bleib hier stehen.“, befahl ich ihr und stürmte hinüber zu den Ärzten, die mich nicht durchlassen wollten.

„LASST MICH DURCH IHR IDIOTEN!!! ICH BIN SEINE MUTTER!“ „Das könnte jeder behaupten. Kein Zutritt für Unbefugte.“ „Okay... Entweder – du Pissnelke lässt mich jetzt sofort zu meinem Jungen, oder du bekommst gleich nen „Zutritt“ vom Feinsten! VERSTANDEN!?!!?“ „... Ja! Ja, ist schon gut!!!“

Endlich ließen er und seine Kollegen mich durch zu Clyde, den sie auf eine Trage gelegt hatten. Er war nicht bei Bewusstsein und hatte eine Atemmaske auf.

„Was hat er?“, fragte ich aufgebracht und rang nach Luft. „Nun, der Kleine hatte einen Fieber-schock. So was kann bei Kindern in seinem Alter schon mal vorkommen. Wir müssten sie allerdings noch ein paar Dinge fragen um ihn richtig behandeln zu können.“

Ich musste ihnen erklären welche Krankheiten er hat und auf was er anfällig reagieren könnte. Der ganze Kram eben. Ich versprach ins Krankenhaus nach zu kommen und war erleichtert, dass es nicht vom Herz kam und dass er auch wieder gesund werden würde. Als der Trubel vorbei war musste ich erstmal tief Luft holen und mir die Hände über die Stirn reiben.

„Mama? Stirbt Clyde jetzt?“, fragte Jill, die sich neben mich stellte und an meinem Oberteil zog. „Neeein, er stirbt nicht. Wir fahren jetzt zu ihm ins Krankenhaus.“ „Och man... Muss das sein?“ „Ja!“ „Kann ich nicht zu Papa oder Tante Koshy? Ich will nicht ins Krankenhaus.“ „Ob du willst oder nicht – wir müssen da jetzt hin. Ich hatte mir den Tag auch anders vorgestellt. Und weder Papa noch Tante Koshy haben gerade Zeit für dich.“

Trotzig und motzend folgte sie mir zum Auto und setzte sich hinten auf den Kindersitz. Als wir dann bei Clyde im Krankenzimmer saßen reichte es mir langsam mit ihrer schlechten Laune.

„Jill, ich will jetzt kein Wort mehr von dir hören! Dein Bruder ist krank, akzeptiere das.“ „Ja sicher und wenn ich hier liegen würde statt er? Wer würde nun bei mir sitzen und auf mich aufpassen? Du bestimmt nicht! Für dich gibt es ja nur Clyde. Oh mein Gott, er ist ja sooo krank und er ist so zerbrechlich! WEIßT DU WAS!? ICH KANN ES KAUM ERWARTEN ENDLICH ZWANZIG ZU SEIN! DANN BIN ICH NÄMLICH ENDLICH EINZELKIND UND KANN MEIN LEBEN GENIEßEN! ICH HASSE DICH UND CLYDE!“ „JILL! PASS AUF WAS DU SAGST!“ „ICH REDE KEIN WORT MEHR MIT DIR!“

Beleidigt setzte sie sich auf einen der Stühle, verschränkte die Arme und sagte kein Wort mehr. Das hielt sie durch bis wir wieder zu Hause waren. Clyde schlief sowieso und mehr konnte ich nicht mehr für ihn tun.

Noch mehr als auf Jill's schlechte Laune freute ich mich auf meinen noch Mann der auch endlich seinen Arsch nach Hause bewegte. Ich wollte mir gar nicht ausmalen war er den restlichen Tag noch mit dieser Vanessa trieb.

„Hallo Family! Ich bin zu Hause!“, rief er scheinheilig und fröhlich vom Flur aus. Jill rannte gleich zu ihm und sprang ihm in die Arme. Klar – ich war ja auch die Böse in ihren Augen. Völlig verwundert kam er nun auch zu mir ins Wohnzimmer mit der Kleinen auf dem Arm.

„Hi Schatz. Da fehlt doch was. Sonst fühl ich mich beladener.“ „Clyde hatte heute in der Schule einen Fieber-schock und ist im Krankenhaus.“ „Was!?! Wieso hast du mich nicht sofort angerufen? Dann hätte ich früher Schluss gemacht und wäre vorbei gekommen.“ „Ach... Ich dachte mir du bist sicher beschäftigt und hast keine Zeit für so was.“ „Was ist bitte wichtiger als mein Sohn der im Krankenhaus liegt?“ „... Ich weiß ja nicht? Sag du es mir.“ „Nichts natürlich! Oh man! Wie geht es ihm?“ „Den Umständen entsprechend gut, nur Madame zickt seit dem rum.“, bemerkte ich leicht abfällig und guckte dabei Jill an.

„Oh, warst du etwa nicht lieb, Maus?“ „Pff!“, gab sie darauf zurück, rannte in ihr Zimmer und schlug die Tür hinter sich zu. Eigentlich wollte ich ihr wütend hinterher hechten um ihr einen weiteren Anschiss zu verpassen, doch Rick legte seine Arme von hinten um mich und hielt mich fest.

„Komm, es ist nicht einfach für sie... Lassen wir sie einfach in Ruhe.“ So wie er sich an mich schmiegte, spürte ich nichts als Abneigung und befreite mich ganz schnell aus seinen Armen um ihn dann stehen zu lassen. Er folgte mir in die Küche.

„Mach dir keinen Kopf, Schatz. Clyde wird wieder fit. Der kommt bestimmt in ein paar Tagen wieder nach Hause...“

Wenn du nur wüsstest, dass das mit Clyde nichts zu tun hat... Elender Lügner... Wieder setzte ich mein Lächeln auf und drehte mich zu ihm: „Wie war dein Tag, mein Schatz? Hattest du viel Spaß auf der Arbeit?“ „Ach... Nee... Es war ziemlich anstrengend heute.“ „Ja, das glaube ich dir...“, antwortete ich mit gespieltem Mitleid und fragte ihn ob er was zu Essen haben will. Sein Rührei mit Speck wurde natürlich versalzen als Zeichen meiner Liebe. Mit verzogenem Gesicht würgte er das Essen runter und tat so, als würde es ihm schmecken.

Unbemerkt zog ich meine Schuhe und Weste an und schnappte mir das Handy. Ich musste mir nun einfach ein bisschen Luft machen und Marisha anrufen.

„Gehst du noch mal weg, Schatz?“ „Ja, ich halt das hier nicht aus.“ „Hmm... Willst du reden?“ „Mit dir? Nein, danke.“ „Okay...“, antwortete er als wäre er sich keiner Schuld bewusst und ich schlug die Tür hinter mir zu.

Draußen auf der Straße setzte ich mich erst mal auf die nächst beste Parkbank und rief Marisha an. Ob die Uhrzeit nun passte, wusste ich nicht. Ich achtete nicht auf die Zeitverschiebung. Aber scheinbar hatte ich Glück – sie ging ran und klang nicht müde.

Geduldig hörte sie sich an was ich zu erzählen hatte und reagierte geschockt auf Rick's Treffen mit Vanessa. Sie selbst wusste zu gut wie es war solche Probleme mit dem Partner zu haben. Trotz allem hält sie es schon Jahre mit Kyle aus und ist sogar glücklich mit ihm. Ich könnte das nicht... „Was soll ich denn jetzt tun, Mari? Ich kann nicht weg, aber ich ertrage es nicht bei ihm zu sein.“

„Konfrontiere ihn damit... Das wäre das Einzige was mir grade einfallen würde. Frag ihn was es zu bedeuten hatte und wenn er nicht will – bedränge ihn. Es kann ja nicht sein, dass er dich so verarscht. Jetzt lass dich nicht runter ziehen. Vielleicht war es ja auch nur ein Missverständnis.“ „Oh Marisha... Du bist zu gut für die Welt, was?“, fragte ich belustigt und fühlte mich schon etwas wohler. Manchmal tut so ein Gespräch mit der besten Freundin wirklich gut und wenn sie noch so weit weg ist.

Spät Abends fasste ich endlich wieder genug Mut um nach Hause zu gehen. Rick schien schon auf mich zu warten, was ich nicht verstehen konnte. Immerhin war ich ja eh nur eine Nutzbeziehung...

„Wo warst du denn jetzt noch so spät?“ „Hab mit Marisha telefoniert.“ „Und das kannst du nicht zu Hause machen?“ „Nein. Die frische Luft tat mir auch gut. Ist viel passiert heute – ich werd mich mal hinlegen.“ „Sicher, dass du nicht mit mir darüber reden willst?“ „Ja.“

Abweisend drehte ich mich weg und lief zum Schlafzimmer... War ich mir wirklich sicher nicht mit ihm darüber reden zu wollen? Was hatte ich noch zu verlieren... Ich drehte mich auf der Stelle wieder und lehnte mich mit verschränkten Armen gegen den Türrahmen.

„Doch, da gäbe es wirklich etwas worüber ich mit dir reden müsste.“ „Okay, gut. Was denn?“ „Ich hab dich heut gesehen, weißt du?“ „Achso?...“, fragte er überrascht, doch das Entsetzen war ihm auf die Stirn geschrieben. „Ja... Grade als ich die Kinder von der Schule abholen wollte. Weißt du, ich frage mich ernsthaft was du mit einer Blondine in einer Seitengasse treibst.“ „Ach du...“ „...Scheiße? Das dachte ich mir auch als ich ausgestiegen bin und so ein bisschen hörte, was ihr miteinander zu reden hattet.“ „Was... Was hast du denn gehört?“ „Och... So diverse Dinge... Wie zum Beispiel, dass du meine Pille manipuliert hast... Dass du seit Jahren ne Nutzehe mit mir führst um dich vor irgendwelchen alten Geschehnissen zu schützen... Ooooder, dass du fleißig Geld an sie überweist... Wie viel bezahlst du denn für ihre Dienste?“ „Chann, nein. Ich hab nichts mit ihr!“ „Ach übrigens. Dass ihr euch geküsst habt, hab ich auch gesehen. Und dass du mich nicht liebst und mich auch nie geliebt hast ist mir klar.“

Er versuchte sich verzweifelt raus zu reden und wollte mir näher kommen, doch ich machte jedes mal einen Schritt zurück um ihm klar zu machen dass er nicht an mich heran kommt.

„Du musst mir glauben! Die hat mich einfach geküsst! Hast du nicht gesehen, dass ich sie danach weg geschubst hab!?“ „... Nein, da saß ich wahrscheinlich schon heulend im Auto und machte mir klar, dass mein Leben soeben zerstört wurde. Wie ein Glas, das man auf den Boden schmettert. Dankeschön. Wie man jemandem das Herz bricht, scheinst du zu wissen. Also wer ist die Nutte? Die, die dich damals auch schon verfolgt hat, nehme ich an.“ „Ja, sie war das. Aber ich bezahle sie nicht für Sex!!! Ich hasse diese Frau!“ „WOFÜR BEZAHLST DU SIE DANN!?! WIESO TRIFFST DU DICH MIT IHR!? UND WIESO BIST DU ÜBERHAUPT SEIT ACHT JAHREN MIT MIR ZUSAMMEN WENN DU MICH NIE GELIEBT HAST!?!“ „ICH LIEBE DICH!!!“ „TUST DU NICHT! LÜGNER!“ „CHANN, ICH LIEBE DICH! JA AM ANFANG WARST DU FÜR MICH EIN MITTEL ZUM ZWECK! Ich hab deine Pille manipuliert um ein Kind mit dir zu bekommen... Um endlich was Neues zu beginnen – das Alte hinter mir zu lassen und diese Frau endlich vom Hals zu bekommen! Du weißt ja nicht was ich mit dieser Schlampe verbinde!“ „WOHER AUCH!? DU ERZÄHLST MIR JA NICHTS! GROßE LIEBE!? DA SCHEIß ICH DRAUF!“, brüllte ich ihn an und schmetterte ein Paar Teller und Tassen vor seine Füße.

Er wich mit einem Sprung aus und guckte mich fassungslos an: „Chann, beruhig dich! Die Wohnung jetzt kurz und klein zu schlagen bringt nun auch nichts!“ „Ach wieso!? Wir wohnen doch eh bald nicht mehr zusammen!“ „Willst du ausziehen...?“ „Offensichtlich... Ich bin dir eh nur lästig.“ „Bist du nicht! Schatz! Ich will nicht, dass wir uns trennen. Wie ich bereits sagte, am Anfang warst du für mich eben nur von Nutzen. Aber ich hab angefangen mich bei dir wohl zu fühlen! Hier hab ich endlich ein zu Hause! Das hatte ich noch nie! Und jemand der mich wirklich liebt. Warum sollte ich das nun wegen dieser Drogensüchtigen aufgeben!?“

Ich wusste nicht was ich dazu sagen sollte. Mein Vertrauen war stark angeschlagen, doch er brachte das so aufrichtig rüber. Ob ich ihm nun glauben sollte? Irgendwie konnte ich es nicht. Die ganze Situation überforderte mich und trieb mir die Tränen in die Augen.

„Rick...?“ „Ja?“ „Hast du mal Drogen genommen?“ „... Ja. Als ich vierzehn war fing ich damit an. Vanessa brachte mich drauf. Wir wuchsen quasi zusammen auf – sahen beide keine Zukunft.“ „Und dann? Nimmst du immer noch Welche?“ „Nein, schon lange nicht mehr. Damals erpresste sie mich. Ich hatte kein Geld um ihr den Kram abzukaufen, daher bezahlte ich mit Sex. Die war ja hoffnungslos in mich verliebt – was sie auch heute noch ist. Dann lebte ich eine Weile auf der Straße, wo ich versuchte ohne Drogen klar zu kommen. Naja... Aber Vanessa fand mich immer wieder und brachte mich immer wieder dazu was zu nehmen und mit ihr zu schlafen... Tja, dann hab ich das Land verlassen...“ „Wie?“ „... Ich hab ne Kreditkarte geklaut... Hab dann meine Mutter und Schwester wieder gefunden und bin auf Entzug gegangen. Seit dem lebe ich ohne das Zeug.“ „... Das klingt... Oh mein Gott... Was hast du nur durchgemacht...“

Ich wusste, dass dies noch lange nicht die ganze Wahrheit war, denn warum er sich immer noch mit ihr traf und wofür er ihr Geld gab, erzählte er mir nicht. Dass er sich weiterhin Drogen bei ihr kauft, vermutete ich eher weniger, denn er machte mir nie den Eindruck nicht klar im Kopf zu sein...

Doch nun fiel ich ihm einfach nur mit Tränen in die Arme und heulte mich bei ihm aus. Ich liebte ihn so sehr... Und ich war erleichtert, dass er mir zum ersten mal überhaupt etwas aus seiner Vergangenheit anvertraute. Das bewies mir, dass er es doch irgendwo ernst mit mir meinte. Zum Glück half Marisha's Rat mit ihm darüber zu reden und ihn damit zu konfrontieren. Beruhigter und mit weniger Wut im Bauch kuschelte ich mich mit ihm aufs Sofa und futterte Schokolade für die Nerven zum TV-Programm.

„Geht's dir wieder besser, Schatz?“, fragte er und streichelte mir dabei über den Kopf. „Ja, etwas. Auch wenn ich noch viele Fragen hätte. Aber belassen wir es dabei. Meinst du Clyde geht es wirklich bald wieder gut? Es ist so komisch wenn es einem der Kinder nicht gut geht. Das macht mich wahnsinnig.“ „Er ist ein Coldfire, der ist hart im Nehmen, haha.“ „Ach, du Depp! Ich find das nicht lustig! Was, wenn er doch wieder irgendwas hat und vielleicht sogar...“ „Schatz, er stirbt nicht. Morgen nehm ich mir frei und wir gehen ihn alle zusammen besuchen. Dann besteche ich die Zicke mit einem Eis und schon ist wieder alles in Ordnung.“

So locker wie er würde ich gerne mal alles sehen. Aber ich fand es schön, dass er sich mal Zeit für uns nehmen wollte und endlich mal einen Tag frei machte.

„Du solltest öfter mal einen Tag frei machen... Ich bin oft einsam.“ „Naja, die beiden Kinder kosten viel. Das Auto und unsere Versicherungen auch. Wie sollen wir uns das leisten?“ „Hmm... Ach ich weiß ja auch nicht.“

Bis spät in die Nacht führten wir unser Gespräch fort und lösten damit ein paar Verspannungen, die zwischen uns herrschten. Zum Ende lachten wir sogar miteinander, weil ich Rick erzählte was Celia mir seit Neustem unterstellte. Angeblich hätte sie mich mit einem anderen Mann zusammen gesehen... Nur zu seltsam, dass sie das von Chicago aus schlecht sehen konnte. Die Frau war nur noch lächerlich. Was die die letzten Jahre versucht hat um uns auseinander zu bringen. Es kannte fast keine Grenzen mehr.

Nach drei Tagen durfte Clyde endlich wieder nach Hause. Er war noch sehr geschwächt und sollte das Bett hüten. Jill redete nach wie vor kein Wort mit mir. Sie ignorierte mich und reagierte nur auf Rick, der aus dem freien Tag eine ganze Woche Urlaub machte. Damit er seine Ruhe hatte und es ihm nicht so langweilig war, durfte sich Clyde auf das Sofa im Wohnzimmer legen.

Wir hatten eine große Wohnküche und so konnte ich ihn beim Kochen im Auge behalten. Rick war gerade am Duschen und Jill saß in ihrem Zimmer und lernte. Freiwillig sogar!

„Mamaaa? Wann ist das Essen fertig?“ „Gleich, mein Schatz. Hast du etwa endlich wieder Appetit?“ „Neee... Aber darf ich Papa wieder lecker Spülmittel ins Essen mischen?“ „Wenn's dich glücklich macht.“ „Jaaaa!!!“

Überglücklich rappelte er sich auf und kroch vom Sofa runter. Mit der Kuscheldecke im Arm schlich er fast wie ein Gespenst an die Spüle und holte die Flasche mit dem gelben Spüli hoch. „Zitrone! Ich mag Zitrone! Schmeckt das auch so gut, wie es riecht, Mama?“ „Eher nicht, mein Schatz. Nur ganz wenig drauf machen, sonst sind wir Papa los.“ „Ooooke!“

Ich hob ihm sogar den Teller entgegen damit er seiner Kreativität freien Lauf lassen konnte. Diese großen leuchtenden Augen... Es war schön, solche Momente mit Clyde zu erleben. Er war einfach ein goldiger kleiner Junge. Mit einem breiten Grinsen legte er sich zurück auf das Sofa und verfolgte gespannt mit einer Tasse Tee in der Hand das Kinderprogramm. Als der Reis mit der Fertig-Soße endlich fertig war, versammelten wir uns am Tisch.

Clyde und ich warteten gespannt auf Rick's ersten Bissen. Clyde brachte das schon öfter, daher war Rick schon von vornherein skeptisch. Grade als er den Mund auf machte um die Gabel rein zu stopfen, stockte er und guckte uns beide an.

„Clyyyyde? Chaaann? Warum guckt ihr so?“ „Ach, nur so. Ich will wissen ob ich gut gekocht hab, Schatz.“ „Das ist ein Fertiggericht. Es wär schon traurig, wenn du das verhauen würdest.“ „Haha...“

Er wusste praktisch schon, was auf ihn zukommen würde, doch für Clyde und seine strahlenden Augen nahm er es in Kauf. Qualvoll schluckte er die Portion runter und brachte unseren Sohn damit zum Lachen. Jill gucke sich das alles kritisch und mit verschränkten Armen an.

„Was hast du denn, Jill?“, fragte Rick, der einen Schluck Wasser nahm um den ekelhaften Geschmack los zu werden. „Was ich hab!? Wenn ich dir so was ins Essen mischen würde, dann würdet ihr mich umbringen, weil man sich dadurch immerhin vergiften könnte! Aber egal... Clyde darf das ja! Clyde darf alles. Er ist ja auch was ganz Besonderes.“ „Du willst ja nie mitspielen.“, entgegnete Clyde verständnislos. „Mit dir eh nicht! Du bist mir viel zu kindisch! Dummes behindertes Kleinkind!“ „JILL!! AB AUF DEIN ZIMMER! DENK DARÜBER NACH WAS DU DA GRADE GESAGT HAST!“, brüllte ich sie an und schickte sie weg. Seufzend setzte ich mich wieder und suchte die Blicke von Rick um mir Sicherheit zu holen ob ich nun richtig gehandelt hatte. Er blickte unserer Tochter ratlos hinterher und Clyde ließ den Kopf hängen.

„Mama, Papa... Wieso hasst sie mich? Ich bin doch nicht freiwillig so krank...“ „Lass den Kopf nicht hängen, mein Kleiner. Du kannst nichts dafür. Es ist unsere Schuld. Geh wieder TV schauen und werd schnell gesund, okay?“, sagte ich so warmherzig ich konnte, damit er sich keinen Kummer machte.

„Was sollen wir nur mit ihr machen?“, fragte ich Rick. „Du, ich weiß es nicht... Ihr mehr Aufmerksamkeit schenken... Sie nicht so oft anmotzen. Am besten du bleibst bei unsrem Pflegefall und ich frag sie mal ob sie ins Kino will.“ „Ja, mach das.“ „Aber Chann... Sie braucht auch ihre Mutter. Du solltest auch öfter was mit ihr unternehmen. Wir sollten mal unsere Kinder tauschen, haha!“ „Klasse...“

Er hatte ja recht. Für Jill war meist er zuständig... Sie war einfach „Papa's kleines Mädchen“ und Clyde war „Mama's kleiner Liebling“. Vielleicht sollte ich mal wieder mit beiden raus gehen, wenn Clyde wieder fit ist.

Zumindest konnte Rick Jill etwas besänftigen und dazu bringen etwas mit ihm zu unternehmen. Sie gingen zusammen ins Kino und brachten noch was von Mc Donald's mit, was Clyde und ich natürlich super fanden. Wir als der verfressene Teil der Familie.

Mit den Burgern und unseren Colabechern machten wir uns alle auf dem Sofa breit und guckten die Abendnachrichten. Zu wissen was auf der Welt so vor sich geht, musste einfach sein. Gerade als ich genüsslich in meinem Big Mac beißen wollte, kam eine Sondermeldung rein.

» Gerade erhalten wir eine Meldung aus Tokyo in Japan! Aus unbekannten Ursachen sind heute einige Gebäude eingestürzt!!!«

Ich ließ vor Schreck meinen Burger fallen und starrte in den TV... Was... War... DAS!? Sie zeigten gerade ein Amateurvideo auf dem festgehalten wurde, wie ein Hochhaus einstürzte. Sie sagten unbekannte Ursache... Aber sahen sie nicht, dass... Dass sich irgendwelche Lebewesen an den Gebäuden zu schaffen machten?!!

„Rick!!! Siehst du diese Wesen da auch!?!!“ „Ja!... Was ist da los!? Was sind das für Viecher!? Und wieso können die Anderen sie nicht sehen???“

»Eines der wichtigsten Bürogebäude explodierte an der Fassade aus dem Nichts. Sprengkörper wurden nicht gefunden.« … Diese Explosionen aus dem Nichts... Sie wurden fabriziert von diesen komischen Viechern. Sie schossen mit Strahlen aus dunkler Energie um sich und zerstörten damit die Gebäude. Sie... Sie waren überall...

„Rick... Oh mein Gott...“

Wie in Trance stand ich auf und griff zum Telefon um Marisha anzurufen. Ich machte mir große Sorgen. Fast alle meine Freunde wohnten in Tokyo!!! Und auch meine Familie... Kyle, Rico... Meine Eltern...

„Hiwatari...“ „Mari!!! Oh Gott, Mari! Ich hab's grade im TV gesehen! Ist alles okay bei euch?!“ „Chann! Irgendwas stimmt hier nicht. Wir werden angegriffen von irgendwelchen Wesen der Dunkelheit! Ich würde sie mal als Dämonen bezeichnen.“ „Ist jemand verletzt worden?!“ „Nein, aber wir haben hier gut zu tun. Zum Glück ist Rachel auch hier. Sogar Naga hilft uns! Chann... Ich glaube das war die Ruhe vor dem Sturm. Sie greifen uns wieder an...“ „Und ich dachte... Wir hätten endgültig Ruhe nach acht Jahren ohne Probleme.“ „Das hatte ich auch gehofft. Aber Viki hatte Recht... Es ist so weit. Wir müssen wohl doch wieder kämpfen und unsere Kinder beschützen.“ „Ich pack meine Sachen, und nehme das nächst beste Flugzeug um euch zu helfen.“ „Okay! Pass bitte auf dich auf.“ „Ja, und ihr auf euch!“ Aufgebracht legte ich auf und stürmte ins Schlafzimmer, wohin mir Rick gleich folgte.

„Gehts allen gut!?“

Ich nahm mir einen Koffer und stopfte alles Mögliche rein. „Ja... Noch! Ich muss zu ihnen. Meine Kräfte sind wieder gefragt. Schatz, ich will nicht, dass euch was passiert. Bleib mit den Kindern zu Hause.“ „... Auf keinen Fall.“ „Doch! Wie willst du dich denn gegen diese Viecher wehren?“ „Ich hab Hausaufgaben gemacht...“, antwortete er selbstbewusst und schoss einen kleinen Spritzer Wasser auf mich, was mein Kinn zu Boden fallen ließ.

„Was... Seit... Wann kannst du das!??“ „Schon ne Weile, aber ich wollte nicht, dass du dich wieder mit dem Thema befassen musst. Aber jetzt ist es wohl wieder Zeit. Ich packe unsere Sachen, du die von den Kindern.“

Ich wurde nervös... Clyde war noch immer sehr krank und dürfte eigentlich gar keine Reise unternehmen, aber wir müssten sofort los. Rick rief schnell auf der Arbeit an und bettelte um weitere unbezahlte Urlaubstage. Zum Glück hatten wir unsere Ersparnisse, die eigentlich für das College der Zwillinge gedacht waren. Doch der Flug nach Japan war nun wichtiger.

„Mama? Papa? Was ist eigentlich los?“, fragte Clyde unbeholfen. „Ja, rückt raus und haltet uns bloß nicht für dumm!“, motzte Jill, die neben ihrem Bruder stand und die Hände in die Hüfte stemmte, so wie ich es schon von Rachel zu gut kannte. „Wir gehen nach Japan um unseren Freunden zu helfen.“ „Wegen den Viechern da im TV?“ „Genau, Jill.“ „Ich hab Angst.“, jammerte Clyde nun und ließ sich aufs Sofa fallen.

„Was sind das für Dinger?“, fragte mich meine Tochter, als ich die Klamotten aus dem Schrank riss.

„Das sind... Ach das ist ne lange Geschichte. Du hast doch schon oft meinen blauen Stein gesehen und weißt ja, dass ich damit Wasser erschaffen kann.“ „Ja.“ „Das kann ich um gegen genau solche Wesen zu kämpfen. Damit den Menschen nichts passiert und vor allem damit euch nichts passiert.“ „Mir passiert schon nichts. Ich kann gut auf mich selbst aufpassen.“, antwortete Jill beleidigt. „Ohne irgendwelche Kräfte wirst du nichts ausrichten können.“ „Wer sagt denn, dass ich keine hab?“ „Was?“

Unbeeindruckt hielt sie mir einen blauen Stein entgegen, der an einem Lederband fest gemacht war, wie bei Rick.

„Woher... Seit wann hast du den!? Hat Clyde auch so einen?“ „Ja, wir haben beide einen. Die haben wir noch nicht so lange. Irgendwann als ich aufgewacht bin, war er um meinen Hals gebunden und ich dachte, er wär vielleicht ein Geschenk von euch. Naja, dann fand ich heraus, dass man damit mehr anstellen kann. Immerhin wusste ich von dir, dass du das auch kannst.“ „... Wo hast du eigentlich deinen hohen IQ her, Mädchen? Von Rick und mir sicher nicht...“ „Was ist bitte ein IQ!? Oh Gott, ihr stresst mich.“, fluchte sie plötzlich und half ein paar Sachen zu packen. „Ich nehme alles zurück.“, flüsterte ich verdutzt.

Rick telefonierte durch die Gegend und konnte gleich einen Flug für uns alle buchen. Die Sachen waren gepackt und die Wohnung gesichert. Ich achtete auf alles ein paar mal um nichts vergessen zu haben. Da ich nicht wusste, was kommen würde, nahm ich den Stein der Dunkelheit , den Aysha damals trug mit.

Ja, wir standen erneut vor einer unbekannten Prüfung und wussten nicht womit wir es nun zu tun hatten. Ich hoffte nur, dass Clyde es mit seiner Krankheit überstehen würde...
 

~ Kapitel 9 ~ Ein neuer Angriff ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~

Freunde der Vergangenheit

Kapitel 10 ~ Freunde der Vergangenheit
 

Kurz vor Nachteinbruch fuhren wir in unsrem Van zum Flughafen. Kurz vor ein Uhr. Um Drei sollte unser Flieger gehen und so hatten wir noch genug Zeit, um zum Flughafen zu kommen. Clyde und Jill saßen hinten und schliefen, während ich auf dem Beifahrersitz saß und die Umgebung beobachtete. Was in Japan wohl auf uns zukommen würde?

Einerseits freute ich mich auf die Reise, denn ich würde meine Freunde und Familie wieder sehen. Andererseits warteten dort auch unbekannte Feinde, die mir Angst machten. Ich hoffte unseren Kindern würde nichts zustoßen und ich hoffte, dass zwischen mir und Rick auch bald alles wieder ins Reine kommen würde. Er wirkte ziemlich müde und rieb sich die Augen. Eigentlich würde er nun längst schlafen, doch dazu hatten wir im Flugzeug noch genug Zeit.

Bis zum Flughafen herrschte bei uns im Auto Stille. Wir wussten nicht worüber wir reden sollten und wollten zudem die Kleinen nicht wecken. Zumindest bis zur Ankunft nicht, denn nun mussten sie aussteigen und mitkommen. Ein kühler Wind wehte durch das Parkhaus und ließ uns, bis wir am Eingang ankamen, frieren. Rick trug Clyde huckepack, denn er war immer noch sehr schwach auf den Beinen. Er machte mir wirklich große Sorgen. Jill trottelte müde an meiner Hand neben uns her.

Die Hallen waren ruhig und ziemlich leer. Nur wenige Leute hatten sich an den Schaltern versammelt.

Rick gab unser Gepäck ab und erledigte die Formalitäten, bevor wir uns endlich in die Wartehalle setzen durften. Bald würde es los gehen... Ich war schon ewig nicht mehr geflogen und total nervös. Während Jill, die müde, aber auch neugierig aus der Fensterfront guckte und den Flugverkehr beobachtete, lag Clyde mit dem Kopf auf meinem Schoß und schlief weiter.

Er war sehr unruhig und drehte den Kopf hin und her. Kleine Schweißtropfen sammelten sich auf seiner Stirn, auf die ich meine Hand legte und etwas Panik bekam.

„Rick, sein Fieber ist wieder schlimmer geworden.“ „Mist, das hat uns gerade noch gefehlt. Warte, ich hol ein Handtuch aus dem Handgepäck und geh kurz auf Toilette. Hast du den Fiebersaft dabei?“ „Ja. Hol du ein kühles Tuch und ich geb ihm den Saft.“

Rick machte sich gleich auf den Weg und ich holte die Medizin raus und bereitete eine Portion vor. Clyde sprach leise irgendwas vor sich hin... Er träumte...

„Nein... Nicht... Töten... Bitte...“

Was träumt der da!?! Um ihn von seinem Traum zu erlösen, weckte ich ihn sanft und gab ihm seine Medizin. Rick kam auch schnell zurück mit dem Handtuch. Hoffentlich würde es Clyde bald wieder besser gehen.

„Na, Jill? Interessant, die ganzen Flugzeuge, oder?“, fragte Rick, der sich zu der Kleinen gesellte, damit sie nicht so alleine war. „Ja, schade, dass es dunkel ist. Tagsüber hätte man mehr gesehen.“ „Ach Kleines, bis wir in Japan ankommen ist es hell, dann kannst du dir alle Flugzeuge noch mal anschauen.“ „Eeeecht!?“ „Ja, klar“, antwortete er mit einem warmen Lächeln und streichelte ihr über den Kopf, ehe er sie auf den Arm nahm und mit ihr zusammen wieder zu den Sitzen kam. Er setzte sie auf seinen Schoß.

„Fliegen wir bald?“ „Ich hoffe. Aber es müsste bald so weit sein... Maaal schauen! Viertel vor drei. Ja, nicht mehr lange. Im Flugzeug schlafen wir alle noch mal eine Runde, dann wird es nicht so langweilig. Immerhin fliegen wir fast 22 Stunden.“ „SO LANGE!?“, schrie Jill entsetzt. „Muss leider sein.“

Endlich mussten wir nicht mehr warten und durften einsteigen. Jill durfte ans Fenster, während wir Clyde in unsere Mitte nahmen. Da wir allesamt müde waren, beschlossen wir erst mal zu schlafen. Danach hieß es Zeit absitzen und die Kinder beschäftigen.

Clyde zu beschäftigen war einfach. Er hatte seine PSP und spielte vor sich hin. Ab und zu schlief er wieder ein wegen dem Fieber. Jill hingegen musste man richtig fordern. Sie wollte malen, Karten spielen, Filme gucken und der ganze Kram. Allesamt waren wir heilfroh als wir wieder heil landeten und endlich raus durften. Zum Glück hatten diese Wesen den Flughafen nicht angegriffen. Das war ebenfalls eine meiner Befürchtungen. Nicht landen können wegen den Dämonen.

Wir hatten einen ordentlichen Jetlag und kaum eine Peilung von unserer Umgebung. Jill hatte sogar vergessen, dass sie eigentlich die Flugzeuge ansehen wollte. Es war nun fast 15 Uhr hier in Tokyo.

Rick guckte sich aufmerksam in seiner Umgebung um. Fast als würde er etwas Bestimmtes suchen. Ich hingegen hielt auch Ausschau – nach Dämonen um schnell meine Kinder beschützen zu können.

„Hier war ich ja schon ewig nicht mehr...“, nuschelte Rick kaum hörbar. Ich nahm es jedoch trotzdem wahr. „Du warst schon mal hier, Rick?“ „Äh... Ja, ist schon lange her.“ „Cool, wusste gar nicht, dass du auch schon mal in Japan warst. Scheint ja echt im Trend zu sein. Hast du hier gewohnt?“ „... Egal...“ „Oh man...“, seufzte ich, weil er schon wieder so abweisend auf meine Fragen reagierte. Es gab echt keine Chance mal an ihn ran zu kommen.

Mit Clyde auf Ricks Rücken und Jill an meiner Hand verließen wir den Flughafen und hielten nach einem Taxi Ausschau. Dieses fanden wir ziemlich schnell und wurden zu Kyle und Marisha gefahren. Fast hatten wir es geschafft und die Reise überstanden. Das Taxi hielt kurz vor dem Haus und Rick holte die Koffer aus dem Kofferraum. Als er sich umdrehte wurde er auf eine Frau aufmerksam, die gerade an uns vorbei lief. Es war ein seltsamer Moment... Diese Frau und er warfen sich eindringliche Blicke zu, wobei seine Blicke schon wieder aussagten sie solle einfach still weiter gehen – irgendwie drohend eben. Aber was hatte Rick mit einer Blondine zu tun, die auch noch zwei kleine Kinder an der Hand hatte?

Ein blöder Moment, den ich zu gerne unterbrechen wollte.

„Kommst du nun, Schatz?“ „Äh... Ja, Sorry. War grade vertieft.“ „Hab ich gemerkt. Wuhu!!! Mari, ich komme!!!“

Ich konnte es kaum erwarten sie und meinen Bruder endlich wieder zu sehen. Darum lief ich immer schneller zu der Haustüre und klopfte dagegen. Endlich!!! Mein Herz klopfte wie wild. Umso toller war dann der Moment, in dem sie die Tür öffnete und vor mir stand. Sie hatte sich kaum verändert.

Ihre großen blauen Augen fingen an zu leuchten bei meinem Anblick und sie sprang mir mit lautem Jubeln in die Arme.

„IHR SEID DA!!! JAA! OH MEIN GOTT, ICH FREU MICH SO!!!“, jubelte sie laut und ließ mich gar nicht mehr los. Rick stand hinter mir und lächelte sie zur Begrüßung nur freundlich an. Jill und Clyde hingegen, hatten gar keinen Plan mehr von dem was hier vor sich ging und schauten verdutzt drein.

„Kommt rein!!! Oh, wie geil! Kyle müsste auch gleich zu Hause sein. Ich hab gekocht! Ich hoffe ihr habt Hunger! Flugzeug-Fraß ist eh nicht gesund. Geht es euch gut? Wie war der Flug und seid ihr müde? Ihr könnt im Gästezimmer schlafen!“ „Mari! Ganz die Ruhe. Lass uns erst mal die Koffer ablegen“, antwortete ich mit einem Lachen und folgte ihr ins Gästezimmer, wo Rick die Koffer aufs Bett legte.

„Clyde, du legst dich am besten gleich mal ins Bett! Du musst gesund werden“, ordnete ich ihm an und machte ihm den Platz bereit. „Was hat er denn?“ „Ach, er hatte vor ein paar Tagen nen Fieberschock und muss sich nun auskurieren.“ „Da hab ich ein gutes Mittel! Ich werd Kyle nachher sagen, dass er es kaufen gehen soll. Ich sag dir, da wird der Kleine ganz schnell wieder fit! Rick, willst du ein Bier? Siehst ziemlich verspannt aus.“ „Oh ja, so was kann ich jetzt echt gebrauchen“, antwortete er mit einem erleichterten Seufzen. Als wir aus dem Zimmer kamen, erwarteten uns noch zwei Überraschungen in Form von einem kleinen Mädchen und einem Jungen.

„Mama, sind das unsere Gäste, von denen du gesprochen hast?“ „Ja, mein Schatz“, antwortete Marisha ihrer Tochter. Wow! Hailey ist so groß geworden. Sie war nun fünf und total neugierig.

„Hallo, Tante Chann und Onkel Rick“, begrüßte sie uns beide höflich und verbeugte sich wie es in Japan Tradition war. Bei Jill hingegen war sie sehr schüchtern. Jill hatte nur Augen für den kleinen Jungen.

„Wer ist denn der Kleine?“, flüsterte ich Marisha zu. „Er heißt Shinji. Ist der beste Freund von Hailey und ein ziemlicher Frechdachs. Na ja, wie sie mit sechs Jahren halt so sind“, lachte Marisha und führte uns ins Wohnzimmer, wo ich meinen Augen wieder nicht trauen konnte. Meine Augen wurden groß.

„Rachel!?!“ „Chann! Na endlich! Ihr habt ja auf euch warten lassen. Mari sagte, ihr würdet heute irgendwann ankommen. Ich sitz schon seit heute Morgen hier.“ „Rachel! Oh, wie schön dich zu sehen! Na ja, der Flug dauert. Weißt du ja.“ „Mhm! Wow... Das ist ja echt lange her, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben. Komm her!“

Wir nahmen uns erst mal in die Arme und Marisha brachte Rick sein Bier. Ich setzte mich zu den Mädels und Rick aufs Sofa. „Du hättest dich ruhig mal öfter melden können, Rachel.“ „Haaach, ich weiß. Ich hatte immer sehr viel um die Ohren und jedes Mal wenn ich mir vornahm dich anzurufen, kam doch wieder was dazwischen.“ „Trotzdem.“ „Tut mir ja leid...“, sagte sie leicht beschämt und richtete ihre Aufmerksamkeit auf den kleinen Shinji, der grade zu uns gesprungen kam und sich zu Rachel setzte. Meine fragenden Blicke wechselten zwischen ihr und dem Kleinen hin und her, was sie bemerkte.

„Ach, stimmt ja, ich hab dir meinen kleinen Sohn noch gar nicht vorgestellt!“ „Er ist dein Sohn!?! Wow... Du hast ja nie mehr von deiner Familie erzählt. Nicht mal den Namen von deinem Kerl hast du bisher genannt.“ „Jaaa, ich hab kaum Jemandem davon erzählt, hat nichts mit dir zu tun.“

Irgendwie fand ich es echt mies von Rachel vor ihren Freundinnen alles so geheim zu halten. Was wäre denn so schlimm daran gewesen uns zu sagen, wie ihr Sohn heißt und mit wem sie zusammen ist?

Während wir Erwachsenen zusammen in der Runde saßen und uns miteinander unterhielten, spielten die Kinder zusammen im Garten. Jetzt wo sie nicht da waren, konnten wir endlich Kriegsrat halten.

„Also, es scheint ja ziemlich ruhig zu sein hier“, bemerkte ich verblüfft. „Ja, das kommt Schubweise, wie wir schon beobachten konnten. Einmal kommen ganz Viele von diesen „Dämonen“, dann ist wieder alles eine Weile still“, antwortete Rachel. Marisha nahm einen Schluck Kaffee. „Jedenfalls können wir nichts tun als sie zu vernichten. Wir kennen den Verursacher nicht und können damit das Übel noch nicht an der Wurzel packen.“ „Sozusagen also machtlos...“, meinte Rick. „Leider ja. Wir sollten die Augen offen halten und vor allem auf die Kinder Acht geben“, sagte Marisha besorgt und guckte aus dem Fenster, von dem aus man die Kleinen beobachten konnte. „Hoffentlich ergibt sich das bald. Wir können nicht ewig hier bleiben. Es sei denn, Rick findet hier erst mal ein Job.“ „Wie soll ich das machen, Chann? Was ist mit unserer Wohnung in Florida? Ein Umzug hierher ist ganz schön gewagt.“ „Ja, stimmt schon Rick. Aber wir müssen vorerst bleiben.“ „Abwarten. Dann gucken wir weiter.“ „Also von unserer Seite aus könnt ihr so lange bleiben wie ihr wollt“, sagte Marisha mit ihrem warmherzigen Lächeln. Irgendwie wäre ich gerne richtig lang geblieben. Ich erinnerte mich an die Zeit damals, als Marisha und Kyle bei uns zu Besuch waren. Wo ich nicht kochen musste und nicht alleine war. Wo sich jemand um mich gekümmert hat und mich bemuttert hat, wenn etwas war. Ja, ich fand Gefallen daran, diese Zeit noch einmal erleben zu dürfen.

„Ich geh kurz in die Küche und hol mir noch was zu trinken, wenn es dir nichts ausmacht, Mari“, sagte ich mit einem anschließenden Seufzen und stand auf. Noch immer erledigt von der Reise und dem Trubel hier in dem Haus war ich froh kurz einen Moment für mich zu haben und schloss erleichtert die Küchentür hinter mir. Leider war ich aber selbst in der Küche nicht ganz alleine.

Irgendein unbekannter Kerl saß am Küchentisch mit einer Zeitung und war richtig ins Lesen vertieft. Als er bemerkte, dass noch jemand im Raum war, erschrak er erstmal, was mir peinlich war.

„Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken, hehe. Einfach nicht beachten.“ „...Schon okay... Moment mal...“ Er guckte mich genauer an, was ich nicht ganz verstehen konnte. Er war so fasziniert von mir, dass er aufstand und ganz langsam Schritt für Schritt näher kam. Ich war wirklich sehr verwirrt. Nun, wo er so nah vor mir stand, meinte ich auch ihn zu kennen, doch woher nur?

„Oh man, ich kenne nur eine Frau mit blauen Haaren... Chann?“ „Ähm... Ja. Leider kenne ich viele Männer mit braunen Haaren.“ „Hehe... Kannst du... Kannst du dich noch an deinen Freund erinnern, der dich leider schon nach einem Monat verlassen musste?“ „... Oh mein... Gott! Yoshihiro!?!“ „Ja genau!“ „Ich... Oh man... Ich musste so oft an dich denken“, stotterte ich raus und konnte meine Freudentränen kaum halten. Wir nahmen uns voller Wiedersehensfreude in den Arm. „Wie geht’s dir so, kleine Chann? Ich hab auch oft an dich gedacht.“ „Bei mir geht derzeit alles drunter und drüber. Nicht ganz so glücklich im Moment.“ „Warum das denn? Klingt gar nicht gut.“ „Ich hab mich in letzter Zeit öfter gefragt wie es wohl wäre, wenn wir heute zusammen wären. Ob ich dann glücklicher wäre.“ „Das kann ich dir leider nicht sagen. Vielleicht – vielleicht aber auch nicht. Es ist ja schon so viel Zeit vergangen.“ „Ja...“

Doch trotz aller Zeit... Jetzt, wo ich vor ihm stehe... Alle alten Gefühle kamen mit einem Schlag wieder zum Vorschein. Doch ich fragte mich, was er bei Marisha machte und woher die Beiden sich kennen. Und ich fragte mich, ob er denn inzwischen eine Freundin hat. Er guckte mich wieder lange an und mir kamen erneut die Tränen.

„Mensch... Du hättest niemals gehen dürfen. Ich hab dich so vermisst.“ „Ich dich auch“, sagte er leise, lehnte sich auf einmal zu mir runter und küsste mich, was ein heftiges Kribbeln in meinem Bauch auslöste. Ich hätte ihn nicht küssen dürfen! Ich war eine verheiratete Frau mit zwei Kindern! Was tat ich da nur?! Doch trotz aller Gewissensbisse, konnte ich nicht aufhören und legte meine Arme um ihn, während wir uns weiterhin innig küssten. Ein Moment in dem ich mein normales Leben und meinen Alltag vergaß...

Ein Moment in dem ich Rick und seine Lügengeschichten vergaß. Für mich gab es in diesem Moment nur Yoshihiro und mich. Und den Gedanken, dass dieser Moment niemals enden dürfte. Leider wurden wir viel zu schnell wieder von unserer Realität eingeholt und schauten uns schockiert an.

„Oh Gott, was machen wir da?!!“ „Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass wir das nicht hätten tun dürfen! Scheiße! Chann, das ist nie passiert, ja?! Sonst bin ich so was von tot!“ „Nicht nur du...“, seufzte ich, schnappte mir was zu trinken und kam erst mal runter. „Okay... Yoshi... Lass uns normal miteinander umgehen und Freunde sein.“ „Gut. Einverstanden.“ „Was machst du eigentlich bei Marisha? Das frage ich mich die ganze Zeit.“ „Öh... Ich bin mit meiner Familie hier. Meine Frau meinte, Mari und sie würden heute Besuch erwarten.“ „Moment mal... Deine Familie!? Deine Frau!?! Jetzt sag mir bitte nicht, dass Rachel deine Frau ist und Shinji dein Sohn.“ „Doch, ja.“ „Aber... Aber... Oh mein Gott!!! Wieso küsst du mich, wenn du mit meiner Freundin zusammen bist und mit ihr sogar ein Kind hast!?!“ „Weil du mir viel bedeutest... Aber ich liebe Rachel, das darf nicht noch mal passieren.“ „Ja, schon. Oh man, das muss ich erst mal verarbeiten.“

Schweigsam lehnte ich mich aus dem offenen Fenster und dachte darüber nach was hier geschehen war. Wieso muss Rachel gerade hier auf Yoshihiro treffen? Und dann sind die schon so lange zusammen ohne, dass ich etwas davon weiß. Für extra konnte sie es nicht gemacht haben. Sie wusste nicht, dass ich jemals mit ihm zusammen war. Dennoch hasste ich sie ein wenig dafür. Es war, als hätte man mir den Kerl ausgespannt. Grundlose Eifersucht? Es lag gar nicht in meinem Recht eifersüchtig zu sein. Die Beiden hatten sich unabhängig von mir kennen gelernt und wurden zu einem Paar. Dieses Glück dürfte ich nun auf keinen Fall zerstören.

„Chann, geht’s wieder?“ „Ja, alles klar. Dann hast du Marisha also durch Rachel kennen gelernt?“ „Jop... Schon lustig, dass wir dich alle kennen, aber gegenseitig nichts davon wussten. Wir haben da irgendwie nie drüber geredet.“ „Ach... Auch gut. Ich geh mal wieder rüber, bevor mein Mann auf falsche Gedanken kommt.“ „Dein Mann?“ „Ja, ich bin verheiratet. Und wie gesagt, derzeit nicht wirklich glücklich.“ „Wenn du willst, können wir da demnächst noch mal drüber reden.“ „Ja gerne. Aber nun lass mal rüber gehen.“

Ich versuchte lässig zu wirken und mir nichts anmerken zu lassen, als wir wieder raus kamen. Natürlich haben sich schon alle gefragt, was ich so lange in der Küche gemacht habe.

„Ah, du hast unsren Yosh schon kennen gelernt“, sagte Marisha fröhlich und legte eine Hand auf seine Schulter. „Hehe, wir kannten uns schon von früher, Mari“, entgegnete er mit seinem typischen Grinsen, wovon Mari ein Licht aufging. Sie war damals die Einzige, der ich von Yoshi und meinem Liebeskummer erzählte und war nun geschockt. Um der Situation aus dem Weg zu gehen, ging ich zu Clyde ins Gästezimmer und guckte mal ob er wieder Fieber hatte. Marisha folgte mir zu meinem schlafenden Kleinen.

„Chann! Ich hoffe doch, dass nun nicht wieder mehr zwischen euch laufen wird! Was habt ihr die ganze Zeit in der Küche gemacht? Ihr seid beide verheiratet!“ „Mari, ich weiß, dass ich verheiratet bin! Mein Ring erinnert mich jeden Tag daran. Wir haben uns nur unterhalten. Hatten uns immerhin viel zu erzählen nach der langen Zeit.“ „Also habt ihr wirklich nicht mehr getan?“ „Nein“, log ich um sie nicht zu beunruhigen, denn für Marisha gab es nichts Schlimmeres als Ehebruch. Ich wollte ihr die Traumvorstellung von mir nicht zerstören.

Ich fühlte nebenbei auf Clyde's Stirn und musste feststellen, dass sein Fieber schon wieder gestiegen war. Der Fieberthermometer bestätigte mir dies nur. Umso glücklicher war ich, als Kyle endlich in der Tür stand.

„Ah, hallo Schatz. Du, ich hab gleich ein Attentat auf dich vor.“ „Oh ne, was denn? CHANN!!! Schwesterchen! Endlich bist du mal zu Besuch! Wurde mal Zeit.“, rief er gleich an Marisha vorbei und breitete die Arme für mich aus. Freudestrahlend nahm ich die Gelegenheit wahr und sprang meinem großen Bruder in die Arme, auch wenn ich wusste, dass wieder einiges passieren würde, das ich nicht verstehen könnte.

„Kyle! Kannst du noch Medizin für den kleinen Clyde kaufen gehen? Er hat so schlimmes Fieber. Du weißt schon, das was wir für Hailey auch immer kaufen.“ „Ach das. Ja, ich geh noch mal schnell.“ „Gut, danke. Aber du weißt ja. Pass gut auf dich auf, okay?“ „Jop, mach ich.“

Mit nem flüchtigen Kuss verabschiedeten sie sich voneinander und wir guckten ihm hinterher die Straße herab. Marisha und Kyle wohnten eher abgelegen am Stadtrand und hatten somit kaum Trubel in der Nachbarschaft. Ich machte mir Sorgen was da Draußen auf uns lauern würde.

„Komm wieder rein, Chann.“ „Irgendwie hab ich Angst.“ „Na ja, diese Viecher sind schnell klein zu kriegen. Es sind nur... Immer so viele, wenn sie angreifen.“ „Mhh... Na klasse.“

Drinnen hatten sich Rick und Yosh schon gut ins Gespräch verwickelt. Zum Glück wusste Rick nicht in welcher Verbindung ich zu Yosh stand. Ich wollte auch nicht riskieren, dass er es erfährt. Nun, so lange wir uns zurück halten würden und nur Freunde bleiben, ist ja alles okay. Wir unterhielten uns prächtig, obwohl es derzeit nicht so gut aussah. Stets lief nebenbei der Nachrichtensender, damit wir mitbekommen würden, wenn es einen neuen Angriff gäbe. Jedoch war gerade alles ruhig. Die Anspannung hingegen umso größer.

Kyle war schnell wieder zurück und somit konnten wir Clyde schnell helfen. Er schlief weiterhin, doch sein Fieber wurde schon nach kurzer Zeit wesentlich schwächer. Zumindest etwas, das mich erleichterte. Nun brach auch schon der Abend ein und wie immer wenn es Abend wurde, wurde ich unruhiger. Wir kämpften gegen Wesen der Dunkelheit. Ich würde schätzen, dass nachts verstärkt etwas passieren könnte. Daher riefen wir die drei Kinder wieder nach Drinnen, wo sie weiter spielten. Für Jill war es ein echtes Paradies und sie war im Begriff sich mit ihrer kleinen Cousine anzufreunden.

Gegen neun klingelte es an der Haustüre, wovon ich erschrak. So spät waren Rick und ich kein Besuch mehr gewöhnt.

Marisha seufzte, als wüsste sie schon wer es sein würde und ging zur Tür hin. Wir knieten in einem Kreis um den Tisch herum wovon mir langsam die Knie weh taten. Doofe japanische Traditionen...

Gespannt horchte die Runde Richtung Haustüre und auf einmal kam ein kleines Mädchen mit roten Haaren in den Raum gerannt. Sie sprang direkt zu Kyle und wirkte glücklich.

„Och nein“, stöhnte Rachel und verschränkte die Arme. „Papa, ich hab dich vermisst.“ „Ich dich auch, mein Schatz. Alles okay? War deine Mama brav?“ „Jaa!“ „Hehe, gut.“, antwortete Kyle mit einem Grinsen. Nun kam Marisha zurück mit keiner Anderen als Naga im Schlepptau. Naga nahm mich gar nicht wahr, sondern fixierte sich sofort auf Kyle.

„Naaa Kyle, Schatzi? Wie sieht's aus? Unterhalt...?“ „Man ey, Naga! Du hast erst letzte Woche Geld für Maya bekommen.“ „Tja, die Tasche, die ich mir letzt gekaufte habe war nicht günstig. Also brauche ich mehr Geld.“ „Naga? Das Geld, dass Kyle dir gibt ist aber schon für Maya gedacht und nicht für Shoppingtrips“, mahnte Marisha mit verschränkten Armen. „Ja, ehrlich mal“, stimmte Rachel mit einem abfälligen Blick zu. Yoshi enthielt sich und Rick warf Naga vorwurfsvolle Blicke zu. „Ihr geldgeilen Frauen immer mit eurem Unterhalt. Wollt auch nur Kinder bekommen um uns Männer abzuzocken.“

Alle starrten ihn verwundert an – auch ich. Yosh grinste.

„Klingt so, als hättest du Erfahrung.“ „... NEIN! Es ist ne Tatsache...“, dann guckte er weg, trank weiter an einer neuen Flasche Bier und tat so, als würde es ihn nicht mehr jucken. Naga machte sich nichts draus. Sie streckte fröhlich die Hände aus und wartete auf Geldscheine, die Kyle auch noch raus rückte!!! Ich war fassungslos! Wie kann man nur so dämlich sein!? So lernt sie es doch nie!

Selbstgefällig und trampelig wie sie war, setzte sie sich einfach zwischen Kyle und Marisha und fühlte sich voll im Recht.

„Tja, da seht ihr mal. Meinem Kyle ist es eben wichtig wie ich aussehe.“ „Ehm... Kyle? Findest du das grade in Ordnung?“, fragte Rachel mit erhobener Augenbraue. „Ich sag dazu gar nichts mehr. Mari kann sich ja auch auf die andere Seite setzen.“

Meine Freundin setzte ihr typisches genügsames Lächeln auf und setzte sich auf die andere Seite neben Kyle. Sie tat so, als wäre es ihr Recht zumindest die Überreste der „Sahnetorte“ zu bekommen. Dennoch merkte ich, dass es ihr schwer zu schaffen machte.

Maya benahm sich auch komisch. Während die anderen Kinder spielten, schaute sie nur schüchtern zu und klammerte sich an ihren Vater. Sie dachte wohl nicht mal im Traum daran mit den Anderen spielen zu gehen.

Den ganzen Abend so einen Trubel zu erleben machte mich ziemlich müde und ich sehnte mich danach endlich in mein Bett zu kommen, doch daran war noch lange nicht zu denken. Mit schweren Augen zog ich mich erstmal ins Bad zurück, wo ich mir kaltes Wasser ins Gesicht klatschte. Selbst von hier waren die Anderen laut und deutlich zu hören. Sie unterhielten sich in einer enormen Lautstärke, lachten und grölten. Ja, ja, der Alkohol. Vor allem die Jungs hatten gut getankt. Ich hoffte, sie würden bald alle nach Hause gehen mit ihren Kindern.

Eine Weile betrachtete ich mich im Spiegel und fühlte mich unwohl... Ich sehnte mich nach Yosh, trotz meines schlechten Gewissen Rick gegenüber. Wann immer ich die Augen schloss, sah ich die Szene vor mir, als wir uns in der Küche küssten. Ich stellte mir vor wie es wohl weiter gegangen wäre und genoss den Gedanken, ehe ich mich dabei ertappte und mein Gewissen wieder siegte.

Was war nur mit mir los!?! Seit jeher verachte ich Fremdgehen und Seitensprünge. Das war einfach gegen meine Prinzipien. Ich verstand nie wie Kyle zwei Frauen begehren konnte...

Doch nun... Nun sah die Sache plötzlich anders aus und ich stand mitten in einer Situation, die für mich völlig neu und verwirrend war. Ich wollte Rick nicht betrügen und Yosh durfte Rachel nicht wegen mir verletzen. Immer wieder redete ich mir ein – nur Freundschaft! Noch so ein Ausrutscher würde uns nicht wieder passieren!
 

~ Kapitel 10 ~ Freunde der Vergangenheit ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~

Verhängnisvoll

Kapitel 11 ~ Verhängnisvoll
 

Es gab kein Weg drum herum... Ich musste wieder raus ins Wohnzimmer gehen und mich den Anderen stellen. Yoshihiro's Anwesenheit ertragen und um Himmels Willen nicht anmerken lassen, dass ich noch etwas für ihn empfinde. Vor allem nicht weil Rick auch dort saß. Die Tatsache, dass sich die Beiden inzwischen gut verstanden machte es mir nicht einfacher. Sie unterhielten sich gut miteinander und tranken zusammen ihr Bier.

„Hehe, Rick! Wir müssen öfter was miteinander unternehmen, solange ihr hier seid! Bist'n guter Typ.“ „Danke, du auch. Von mir aus können wir gern mal was zusammen trinken gehen.“ „Gut! Haha! So, liebe Leute. Frau, Kind und ich werden uns nun mal verabschieden.“ „Ja, das ist eine gute Idee, Shinji ist ja schon ganz müde.“, stimmte Rachel zu und sah zu ihrem kleinen Sohn, der inzwischen im Halbschlaf auf dem Sofa hing. Yosh nahm ihn auf die Arme und verabschiedete sich von uns.

„Also Chann, wir sehen uns“, sagte Rachel und gab mir zwei Küsschen auf die Wangen. Ich tat mich schwer, nicht auf sie eifersüchtig zu sein – allgemein nicht auf sie sauer zu sein. Erst meldet sie sich ewig nicht und dann angelt sie sich auch noch meinen Traummann.

Diese Nacht wollte Jill unbedingt bei Hailey im Zimmer übernachten, so hatten wir nur Clyde bei uns, der immer noch schlief wie ein Stein. Rick und ich lagen nebeneinander und beide konnten wir nicht einschlafen.

„Ob hier immer so viel Trubel ist?“, fragte er. „Ich hoffe doch nicht... Das ist echt anstrengend.“ „Es geht. Abends so zusammen zu sitzen macht Spaß.“ „Sich abends so zu besaufen meinst du wohl.“ „Ich bin nicht besoffen!“ „Nicht? Genug getrunken hast du ja.“ „Willst du mich jetzt als Säufer hinstellen?“ „Nee... Sei es drum. Ich bin mal gespannt was die nächsten Tage so auf uns zu kommt. Ich könnte mich glatt dran gewöhnen meine Freunde wieder um mich zu haben.“ „Deine Freundinnen, oder einen ganz Bestimmten?“, fragte Rick mit seinem sarkastischen Unterton. Ich war froh, dass um uns herum alles dunkel war und er mein Gesicht nicht erkennen konnte. Denn darin könnte man gut erkennen, dass ich mich ertappt fühlte.

Ich räusperte und tat auf unschuldig.

„Wie, was meinst du?“ „Na, wenn man mal guckt wie lange du heute mit diesem Yoshihiro in der Küche verschollen warst.“ „Wir haben nur geredet.“ „Und euch vielleicht auch an schöne Zeiten erinnert, hm?“ „Ach Rick, lass die Scheiße. Ich weiß mit wem ich verheiratet bin und wen ich liebe.“ „Hoffentlich...“, antwortete er betrübt und drehte mir den Rücken zu. Wusste ich es wirklich? Klar, wusste ich mit wem ich verheiratet war, doch wen liebe ich? Rick nervte mich derzeit wirklich nur noch mit seinen abweisenden Reaktionen und seiner schlechten Laune. Seinen grundlosen Unterstellungen und seinen Geheimnissen.

Ich beschloss nun nichts mehr darauf zu antworten und endlich die Augen zu schließen um es doch mal zu schaffen einzuschlafen.

Die erste Nacht im Gästebett war grauenhaft und neben Rick fühlte ich mich derzeit eh nicht so wohl. Darum fiel es mir nicht schwer gleich früh morgens aufzustehen und mir in der Küche einen Kaffee zu machen. Kyle war auch schon wach. Er wirkte verwundert mich zu dieser Zeit schon zu sehen.

„Was machst du denn um diese Zeit schon hier? Du bist doch eigentlich total die Langschläferin.“ „Ach, mir geht’s nicht so gut. Und schlafen konnte ich auch nicht mehr.“ „Dass es dir nicht gut geht merkt man.“

Er nahm sich auch eine Tasse und setzte sich zu mir an die Küchentheke.

„Magst du mir vielleicht erzählen was dich bedrückt?“ „Ich weiß nicht ob ich das wirklich hier machen sollte.“ „Na, dann trinken wir nun unsere Tassen leer und gehen ein bisschen am Strand spazieren.“ „Okay, klingt gut.“

Irgendwie freute ich mich, dass Kyle an meinen Problemen Interesse zeigte. Wir tranken noch schnell unseren Kaffee aus und liefen in aller Früh an den Strand, der noch total leer war. Ein frischer Windzug streifte den Strand entlang, doch Kyle und ich setzten uns trotzdem auf eine verlassene Liege.

„Also, sprich Sklavin! Eh... Schwesterlein. Was bedrückt dich? Ist dieser Rick scheiße zu dir?“ „Nein... Sag mal, wie ist das denn mit Marisha, Naga und dir? Wie kann man zwei Frauen lieben und trotzdem nicht dran kaputt gehen?“ „Ach... Eigentlich ist das für mich ziemlich einfach. Für mich ist Marisha meine liebevolle Frau, die mir alles an Liebe und Aufmerksamkeit schenkt, was ich brauch. Naga hingegen ist einfach... Geil! Wenn's mal was Ausgefallenes sein soll, oder ich Lust auf hemmungslosen Sex hab, dann geh ich zu ihr!“

Und das erzählte er mir ohne ein Funken Schamgefühl oder Ähnliches. Als wäre dies die Natürlichste Sache der Welt. Ich versuchte das mal zu verstehen.

„Also, du liebst Naga nur auf sexueller Basis und Marisha liebst du so richtig?“ „Eigentlich schon, ja. Aber manchmal... Mh... Da wird mir Marisha im wahrsten Sinne des Wortes zu... Langweilig! Sie will nicht feiern, sie will keine wilden Nächte. Sie ist manchmal grenzenlos naiv und hält immer an ihren Prinzipien fest. Und sie ist so was von gar nicht spontan.“ „Öhm, aber warum bist du dann mit ihr zusammen?“ „Weil sie liebevoll und verständnisvoll ist. Die perfekte Frau wäre ein Mix aus Mari und Naga! Haha!“ „Scheint wohl so“, antwortete ich leise und guckte aufs weite Meer hinaus. „Aber warum fragst du mich das überhaupt? Was ist denn nun bei dir los?“ „Kyle... Irgendwie... Liebe ich zwei Männer. Nur der Eine ist tabu für mich. Der ist verheiratet.“ „Wenn du geil auf Yosh bist, dann spann ihn Rachel aus. Die Zicke ist eh total nervig!“ „KYLE!“, schrie ich entsetzt auf weil seine Worte so direkt kamen. Er nimmt echt kein Blatt vor den Mund.

„Ja, was denn!? Ist doch so!“ „Er ist ein verheirateter Mann und hat ein Kind mit ihr! Wenn ich das mache, komm ich in die Hölle... Zudem sagte er schon, dass er sie liebt und dass es unmöglich ist noch mal was mit mir anzufangen. Ich bin immerhin auch verheiratet und hab sogar zwei Kinder...“ „Was stört dich denn an Rick!? Er ist ziemlich still, aber du bist doch damals so auf ihn abgefahren.“

Ich erzählte ihm was die letzte Zeit so zwischen mir und Rick ablief. Dass er sich mit Vanessa getroffen hat und dass er mir so ziemlich alles verschweigt, was auch nur annähernd mit seiner Vergangenheit zu tun hat. Und ich erzählte ihm noch was ich in den letzten Jahren so alles mit Celia erlebt hatte.

„Okay, nun kann ich schon verstehen, dass du dir derzeit nicht wirklich sicher bist. Hmm... Wie gesagt, mein Motto kennst du – Nimm dir was du willst und so viel davon wie du kannst.“ „Dein Motto ist aber auch ziemlich leichtsinnig und verantwortungslos. Mal davon abgesehen, dass es einfach unehrenhaft und mies ist, jemandem den Mann auszuspannen.“ „Rachel und dich verbindet doch eh keine großartige Freundschaft mehr.“ „Nein, aber trotzdem. Das wäre doch abartig von mir, mich weiterhin an ihn ranzumachen. Voll unmoralisch und so.“ „Da kann ich dir leider auch nicht weiter helfen.“ „Na ja, wenigstens hast du mir zugehört... Danke.“ „Für mein Schwesterlein doch immer.“

Das Gespräch mit Kyle hat wie vermutet kaum geholfen. Es machte mir sogar alles noch schwerer, weil ich inzwischen gegen meine eigene Moral ankämpfte. Fast ne ganze Stunde saßen wir am Strand. Als wir gehen wollten, kam uns auf einmal eine Blondine entgegen.

„IHR!!!“ Eine ziemlich wütende Blondine... „Oh mein Gott! Nicht Scarlett...“, fluchte Kyle. „Kyle! Und Chann! Habt ihr Rico gesehen?!“

Das war Scarlett!? Ich erkannte sie kaum wieder. Sie sah gar nicht mehr so aufgetakelt aus wie früher. Kyle lächelte gleich unschuldig.

„Nein! Woher soll ich wissen wo der Alte schon wieder aushängt?“ „Und ich hab ihn seit gut acht Jahren nicht mehr gesehen. Wüsste selbst gern wo er ist.“ „Ich sag dir, Scarlett, wenn du mit mir in die Hecken verschwindest, verrate ich es dir vielleicht.“, bot Kyle ihr an, was mir den Boden unter den Füßen wegschlug. Das meint der doch hoffentlich nicht ernst!

Die Blondine verschränkte ungläubig die Arme.

„Aber du sagtest doch eben noch, dass du es nicht weißt.“ „Ja, danach fiel mir aber ein, dass ich es doch weiß. Vorausgesetzt du verbringst ein paar schöne Momente mit mir.“ Wenn sie das nun glaubte, dann war sie ja ganz schön blöd...

„Okay, komm! Ich will wissen wo der Idiot ist, dann mach ich ihn kaputt!“ „Was hat er überhaupt gemacht?“, fragte ich verwundert über ihre Wut. „Er war die Nacht über nicht zu Hause! Das Schwein! Komm jetzt, Kyle!“

Sie zerrte ihn sogar richtig hinter sich her. Nun stand ich also wieder alleine da und hoffte den Rückweg zu Marisha zu finden. Kyle ist echt schrecklich! Er lässt doch wirklich echt keine Gelegenheit aus nen Treffer bei irgendwem zu landen. Nicht mal bei Scarlett schreckt er zurück. Dabei sollte er sich besser nicht mit Rico anlegen, wenn der das raus bekommt.

Auf dem Heimweg fragte ich mich, wo Rico eigentlich stecken könnte, dass nicht mal seine Freundin weiß wo er sich aufhält. Na ja, die würden den bestimmt wieder finden. Besser wäre es wenn ich den richtigen Weg finden würde. Der Strand war schon ein ganzes Stück von dem Haus entfernt.

Unterwegs kam ich durch eine Einkaufsstraße, wo so früh nur eine Bäckerei offen hatte. Mein Magen knurrte, also beschloss ich mir dort etwas zu kaufen von den paar Yen, die ich einstecken hatte. Ein Glück, dass wir am Flughafen noch daran dachten uns etwas Geld umzutauschen.

„Hehe, so sieht man sich wieder“, hörte ich auf einmal jemanden hinter mir sagen, als ich mir gerade einen Croissant kaufen wollte. Als ich mich umdrehte rutschte mir mein Herz bis in die Hose runter. Das hatte mir gerade noch gefehlt. Wieso treff ich DEN schon wieder?! Mit aller Mühe setzte ich mein nettestes Grinsen auf.

„Oh Hey! Guten Morgen Yoshi.“ „Ich hol grad Frühstück für die Family. Wie ich sehe, hattest du dieselbe Idee.“ „Na ja, nicht wirklich. Ich wollte mich nur verpflegen, bevor ich mich komplett verlaufe.“ „Ach so! Wenn du willst, kann ich dich nach Hause bringen. Tokyo ist schon etwas verwirrend, wenn man die Stadt nicht kennt.“

Völlig schüchtern und schweigsam lief ich neben ihm her. Wie ein Teeny, der neben seinem Schwarm her läuft und sich nicht traut irgendein Wort zu verlieren. Ehrlich gesagt wusste ich nicht was ich mit ihm reden sollte. Doch zum Glück hatte er wohl genug Gesprächsstoff für zwei.

„Und, hast du gut geschlafen?“ „Nein, überhaupt nicht. Die Nacht war furchtbar. Ich schlafe eigentlich nicht gern auswärts. So weit weg von zu Hause. Auch wenn ich mich daran gewöhnen könnte hier zu leben.“ „Hier ist immer viel los.“ „Das hab ich gestern gemerkt. Die ganze Bude war voll.“ „Haha, ja, das ist sie oft! Vor allem bei Marisha. Sie ist unser „zentraler Treffpunkt“. Da findet alles statt.“ „Da haben wir uns ja die richtige Bleibe ausgesucht. Und du kommst prima mit Rick klar, hab ich gestern gesehen.“ „Oh, ja ich finde ihn schon in Ordnung. Ich versteh gar nicht, warum du so unglücklich mit ihm bist.“ „Ach... Viele verstehen es nicht...“ „Erzähl mal... Vielleicht verstehe ich es.“

Ich wollte ihm nicht wirklich erzählen, was zwischen Rick und mir so schief lief. Und dass er ein wichtiger Faktor war, sollte er auch nicht wissen. Wir hatten uns immerhin auf Freundschaft geeinigt... Doch was sollte ich tun? Wenn es so weiter gehen würde, dann müsste ich erstmal in die Klapse, sobald ich wieder in Florida war. Nachdenklich blieb ich stehen.

„Ich kann es dir nicht erzählen...“ „Warum? Ist es denn so schlimm!? Schlägt er dich, Chann?!“ „Nein! Um Gottes Willen, das würde Rick nicht tun.“ „Aber was ist es dann?“ „Es ist... Einiges... Aber auch... Du halt...“ „Was hat das denn mit mir zu tun!?“, fragte er verwirrt und stellte sich mit fragenden Blicken vor mich. Ich traute mich kaum es auszusprechen, doch es musste endlich raus.

„Wir sagten gestern, dass wir Freunde bleiben...“ „Ja, willst du nicht mit mir befreundet sein?“ „Doch! Aber... Aber ich kann es nicht. Ich kann nicht „nur“ mit dir befreundet sein, weil ich nie wirklich aufgehört hab dich zu lieben und es immer noch tue!“ „Ja, aber... Du hast doch nen Mann und deine beiden süßen Kinder! Wir waren nicht mal lange zusammen. Warum sagst du dann, dass du mich immer noch liebst?“ „Das ist das Problem... Ich lieb auch Rick... Aber auch dich. Ach, ich weiß ja auch nicht. Tut mir leid, dass ich dich nun mit so was konfrontiere...“ „Und was erwartest du nun von mir? Mein Leben verlief die ganze Zeit ganz normal... Ja, ich hab dich damals sehr geliebt. Aber nun kommst du nach Jahren wieder und bringst das alles durcheinander. Erwartest du nun, dass ich deswegen alles aufgebe was ich mir die letzten sechs Jahre aufgebaut hab?“

Er hatte ja Recht. Ich komm hier nach Jahren an und mach mir Hoffnungen irgendwas zu bekommen, das eigentlich unmöglich ist. Wir beide haben Familien und längst was Anderes aufgebaut. Beschämt guckte ich zu Boden...

„Du hast Recht... Wirklich, es tut mir leid! Ich werde in Zukunft versuchen das schnell zu vergessen und eine Freundschaft zu akzeptieren.“

Zu meiner Überraschung legte er seine Arme um mich und drückte mich an sich. Keine Ahnung was das nun wieder zu bedeuten hatte. Dann ließ er plötzlich ab, nahm mich an der Hand und zog mich um die Ecke in eine Seitengasse. Dort drückte er mich gegen die Steinmauer und küsste mich leidenschaftlich. Ich war echt verwirrt, darum drückte ich ihn etwas von mir weg.

„Yosh, was soll das denn auf einmal? Ich dachte...“ „Ja, ich weiß... Aber mir geht es kaum anders als dir... Vielleicht machen wir hier auch einen Fehler. Aber ich kann grad nicht anders. Immerhin... habe ich auch nie aufgehört, dich zu lieben.“

Es war wirklich mehr als überraschend, dann doch diese Worte von ihm zu hören. Entgegen aller Moral und Vernunft ließen wir uns vollkommen gehen und küssten uns immer weiter. In der letzten Ecke von Strand legten wir uns auf eine verlassene Liege, die zwischen zwei Büschen stand.

„Oh man, ich hätte echt nicht gedacht, dass es zwischen uns doch noch irgendwann mal so weit kommt.“, sagte Yosh mit einem leichten Grinsen und streichelte mich. Ich fühlte mich richtig wohl und vergaß alles um mich herum. Währenddessen fing es auch noch an zu regnen und wurde richtig kalt, doch das störte uns gar nicht. Uns war eh warm genug.

Erst als wir fertig waren bemerkten wir, was wir da eigentlich getan hatten und somit kam auch das schlechte Gewissen und die Reue. Ich lag mit einem unwohlen Gefühl im Bauch in seinen Armen und schaute aufs Meer. Nur seine Jacke bedeckte unsere durchnässten und durchgefrorenen Körper. Erschöpft streichelte ich ihn über die Brust und wollte ihn nicht mehr loslassen.

„Wieso fühle ich mich jetzt nicht besser?“, fragte ich ihn leise. „Weil du deinen Mann betrogen hast... Und ich meine Frau... Das ist Scheiße.“ „Und wie soll es jetzt weitergehen?“ „... Puh, gute Frage... Ich liebe Rachel trotzdem und will meine Familie nicht aufgeben. Ich denke, dir geht es da ähnlich.“ „Ja, schon... Jetzt alles hinzuschmeißen wäre falsch.“ „Also wird es bei diesem einen mal bleiben, hm?“ „Besser wäre es... Aber ob wir das packen?“ „Denke nicht“, antwortete er und fing wieder an mich zu küssen. Wir konnten kaum genug voneinander bekommen und hätten es am liebsten schon wieder getan, wäre da nicht auf einmal dieser laute Knall gewesen, den man aus der Ferne hören konnte.

Ich schreckte auf. Meine Wachsamkeit und die Dämonen hatte ich ja völlig vergessen!!! Vielleicht ein Angriff!? Hektisch sprang ich auf und zog meine durchweichten Klamotten an. Mir war so eiskalt und am liebsten wäre ich nun erst mal nach Hause und hätte meine Klamotten gewechselt und ein heißes Bad genommen.

„Was war das?!“, fragte Yosh entsetzt und zog sich ebenfalls an. „Ich weiß es nicht. Deswegen will ich ja schauen.“ „Mach das lieber nicht! Was ist, wenn das wieder diese Viecher sind?!“ „Dann werd ich eben kämpfen und sie alle vernichten.“ „Das sagst du so einfach! Ich kann dir nicht wirklich helfen und sonst ist grad keiner mit Kräften da!“ „Geh nach Hause, Yosh. Ich pack das schon.“ „Du doofe Kuh! Denkst du, ich seh zu, wie du in dein Verderben rennst!? Wenn, dann komme ich mit.“ „Damit ich dich beschützen muss, haha!“ „Pöh! Auf jetzt!“

Als wir auch den Rest unserer Kleidung an hatten stürmten wir die Treppe hinauf um vom Strand wieder auf die Hauptstraße zu kommen. Und tatsächlich war ein gutes Stück weiter ein Hochhaus am einbrechen. Man konnte die Schuttwolke bis hier sehen.

Irgendwie wurde mir ja doch bei der Sache mulmig. Immerhin hatte ich es noch nie mit diesen Viechern zu tun. Ich hatte zwar Ran besiegt mit meinen Kräften, aber das waren weitaus mehr Gegner und stärker waren sie sicher auch. Es könnte ja ruhig mal wieder Viki erscheinen und uns über diese Wesen aufklären! Aber nein – alles muss man selbst machen!!

Yosh und ich waren ziemlich außer Puste, als wir am Schauplatz ankamen. Zirka zehn von diesen Dingern schwebten um die noch heile Fassade des Hochhauses herum und schossen immer wieder dunkle Strahlen dagegen.

„Oh mein Gott...“, pustete ich atemlos und entsetzt über diesen Anblick. Sie hatten uns noch nicht bemerkt. „Yosh, bitte geh nach Hause. Ich hab Angst um dich!“ „Nein!“ „Aber du siehst sie ja nicht mal!“ „Doch, ich kann sie sehen!“ „Wie das!? Die Nachrichtensprecher haben doch auch keine gesehen...“ „Vielleicht kann jeder Sterbliche sie sehen, der in Verbindung zu euch Assistants steht? Könnte doch sein!“ „Vielleicht... Aber wie willst du mir dabei helfen?“ „Mir wird schon was einfallen! Los, wir müssen sie erledigen, bevor das ganze Haus einstürzt! Und bevor die Bullen kommen, sonst werden wir nur ausgefragt.“ „Stimmt... Oh Scheiße... Ich verfluche diesen Tag jetzt schon!“, schrie ich durch den Lärm und beschloss endlich was zu tun. Ich käme eh nicht dran vorbei. Zögernd kniff ich die Augen zusammen und schoss einen Wasserstrahl auf einen der Dämonen.

Der Strahl hatte so einen hohen Druck aufgebaut, dass ich alle Mühe hatte standzuhalten. Den Dämon zerfetzte es sofort. Doch seine Kumpels wurden auf uns aufmerksam und kamen gleich geflogen.

„Ach du Scheißem sind die schnell!!! Los! Renn!“, schrie ich Yosh an und packte ihn am Arm. Ich konnte schneller rennen als er, doch diese Viecher hatten einen ordentlichen Speed drauf. Immer wenn ich zurück blickte, waren sie uns wieder ein Stück näher gekommen. Verzweifelt schoss ich immer wieder Wasserstrahlen nach hinten, die kaum trafen. Im Gegenzug schossen sie ihre schwarzen Blitze auf uns, die jedes mal nur ganz knapp verfehlten. Auf was hab ich mich da nur eingelassen!!?

Yosh wurde mir als Normalsterblicher zu viel Ballast. Ihn schubste ich einfach unerwartet zur Seite, so dass er hinfiel und liegen blieb. Die Dämonen folgten wie erwartet nur mir. Endlich konnte ich meinen Kräften freien Lauf lassen. Ich lief noch ein paar Ecken weiter und strengte mich an noch schneller zu laufen, damit ich einen Vorsprung aufbauen konnte.

Als ich dann endlich das Gefühl hatte genug Vorsprung aufgebaut zu haben, blieb ich stehen und drehte mich um. Ich hob meine rechte Hand in die Luft und sammelte meine Wasserkräfte so wie damals, als ich Ran mit einer riesigen Flut besiegt hatte. Nur, dass ich es diesmal bewusst machen konnte. Meine Kräfte waren um einiges besser geworden und trotzdem fehlte mir noch sehr viel Erfahrung.

Wie erwartet sammelten sie sich alle in ihrer Selbstsicherheit vor mir und ich führte sie direkt in die Falle. Meine riesige Flutwelle zerfetzte sie alle und verteilte sich in den Abwasserkanälen.

Leider machte ich einen kleinen Fehler und war sehr unachtsam, weswegen ich nicht einen letzten Dämon hinter mir in der Luft bemerkte. Ich spürte nur wie mich auf einmal etwas von hinten am Arm streifte und zu Boden riss.

Unter Schock packte ich meinen Arm und sah das Blut, das an meiner Hand klebte. Doch zum fassungslos sein hatte ich keine Zeit. Rasch drehte ich mich um und konnte das dumme Grinsen dieses Dämons sehen.

„Was seid ihr für Dinger!?“ „Wir sind euer schlimmster Alptraum.“ „Klasse... Und was seid ihr wirklich? Und was wollt ihr?“ „Wir wollen etwas mit euch spielen, bevor wir euch vernichten. Unser Boss will es so.“ „Wer ist euer Boss?!“ „Denkst du, das verrate ich dir? Hehehe!“

Wieder schoss er einen seiner schwarzen Blitze auf mich. Ich konnte gerade so ausweichen indem ich mich zur Seite kugelte, was meinen Arm noch mehr schmerzen ließ. Ich müsste es schaffen einen Wasserstrahl auf ihn zu schießen! Doch er war viel zu schnell. Ich war so sehr mit Ausweichen beschäftigt, dass ich zu keinem Angriff kam. Schon wieder wurde ich getroffen und wieder am selben Arm. Er wollte es wirklich langsam und qualvoll machen, denn sonst hätte er mich längst töten können.

„Du! Hat dein Boss vielleicht schwarze Haare?!“, fragte ich und erinnerte mich an den Kerl, von dem ich so oft träumte damals. Die Träume hatten etwas mit meinem Stein zu tun... Warum also nicht? Vielleicht war genau dieser Typ die Quelle des Übels und vielleicht waren diese Träume Erinnerungen von dem was der vorigen Besitzerin meines Steins passiert ist!? Falls dies wirklich der Wahrheit entsprechen sollte, so wurde mir nun einiges klarer. Der Dämon war erst mal abgelenkt und guckte dumm.

„Was soll die Frage?“, wollte er mit seiner schrillen Stimme wissen. Ich richtete mich auf und hielt meinen Arm, von dem inzwischen das Blut tropfte. Mir wurde leicht schwindelig. „Das ist doch egal... Ich will das nur wissen.“

Er war sichtlich verunsichert, weil er mit so einer Frage überhaupt nicht gerechnet hatte. „Ja...“ „Gut, danke für die Info!“, rief ich ihm zu und nutzte seine Verwirrtheit um ihn fertig zu machen. Dass ich noch die Kraft besitzen würde um anzugreifen, hätte er nicht gedacht und so konnte ich auch diesen letzten Dämon besiegen. Ich schwor mir eines - Ich würde nie wieder alleine eine Gruppe Dämonen angreifen! Doch nun musste ich erst mal schnell handeln. Von Weitem konnte ich schon eine Front Sirenen hören.

Polizei – Feuerwehr – Krankenwagen! Alles war vertreten. So schnell ich konnte schwankte ich zu der Stelle zurück, an der ich Yoshi zurückgelassen hatte. Er war grade dabei wieder wach zu werden und rieb sich den Kopf, den er sich beim Sturz gestoßen hatte. Als er mich sah wirkte er erleichtert und verwirrt.

„Chann!!! Was ist mit deinem Arm passiert!? Und wo sind die Viecher?! Geht es dir sonst gut? Du siehst sehr blass aus! Komm her!“, rief er mir gleich zu und kam mir entgegen. Ich musste mich erst mal hinsetzen, schwindelig wie mir war. Yosh band sein Hemd fest um meinen Arm und riet mir ins Krankenhaus zu gehen. Doch was sollte ich dort sagen?

Also gingen wir langsam zurück zu Marisha, wo uns dann schon was einfallen würde. Unterwegs erklärte ich ihm, was ich mit den Dämonen gemacht hatte. Ich freute mich überhaupt nicht auf zu Hause. Kaum war der erste Schock über die Dämonen verflogen meldete sich wieder mein schlechtes Gewissen Rick gegenüber. Ihm müsste ich gleich vor die Augen treten. Ob ich es ihm einfach beichten sollte!? Nein! Um Gottes Willen, er würde durchdrehen!

Ich beschloss alles auf mich zu kommen zu lassen und abzuwarten. Marisha war natürlich entsetzt, als sie meine Verletzungen sah. Aber auch Rick kam sofort besorgt gerannt und nahm mich in den Arm.

Während Marisha Rachel anrief und Yosh ins Bad ging um sich aufzuwärmen und frisch zu machen, saß ich mit Rick alleine im Wohnzimmer. Noch bevor wir auf irgendwas Anderes zu sprechen kamen, erkundigte ich mich nach Clyde und ob sein Fieber besser wurde. Die Kinder wurden von Marisha alle zu Rachel gebracht, wo sie miteinander spielten.

„Was hast du eigentlich so früh morgens getrieben? Und vor allem - Was triffst du dich mit Yoshihiro!?“ „Ich hab mich nicht mit ihm getroffen! Ich war mit Kyle spazieren, aber der ist auf einmal abgehauen. Yosh hab ich beim Bäcker getroffen. Na ja und dann haben wir die Dämonen gehört, als sie ein Gebäude zerstörten.“ „Du bist dumm... Warum legst du dich mit denen alleine an!? Unsre Kinder brauchen ihre Mutter!“ „Aha... Wenigsten zwei, die mich brauchen.“ „Oh, was soll das denn nun wieder heißen?!“ „Nichts... Ach, ich kann das nicht... Rick, liebst du mich eigentlich überhaupt noch?“ „Das fragst du mich so oft und jedes mal sag ich dir wieder! Ja! Ich liebe dich!“ „Warum merk ich davon nichts...?“ „Weil du nie genug bekommen kannst, würde ich sagen.“ „Du bist immer so abweisend zu mir. Rick... Ich... Ich hab mit Yosh geschlafen...“ „Eh, wie bitte?“, fragte er verdutzt und guckte mich an, als würde ich ihn verarschen wollen. „Was hast du!?!“ „Es ist halt so passiert...“ „Ach... Einfach so passiert, ja?! EINFACH SO PASSIERT!?! SAG MAL, WAS BIST DU EIGENTLICH FÜR NE SCHLAMPE!? KAUM SIND WIR HIER, TREIBST DU ES MIT DEM NÄCHST BESTEN ODER WAS!?! MIT WEM HAST DU ES NOCH SO GETRIEBEN IN DER ZEIT WO WIR HIER SIND!?!!“ „Nur... Nur mit ihm.“ „ACH UND DAS SOLL ICH DIR NOCH GLAUBEN!?“ „Ja! Es war nur Yosh!“ „Und morgen ist es der Nächste.“ „NEIN! ABER WÜRDEST DU MIR MAL MEHR LIEBE UND AUFMERKSAMKEIT SCHENKEN, DANN WÜRDE ICH'S MIR NICHT IRGENDWO ANDERS SUCHEN!“ „JA SICHER, JETZT BIN ICH WIEDER SCHULD, NE!? BEI DIR SIND EH IMMER DIE ANDEREN SCHULD! DU BIST JA AUCH DIE UNSCHULD VOM LANDE! ALLE SIND GEMEIN ZU DIR UND ALLE HASSEN DICH! ARME KLEINE CHANN!“, schrie er mich an und wandte sich erst mal ab. Inzwischen kam auch Marisha wieder rein und fragte entgeistert was hier eigentlich los sei, doch weder Rick noch ich antworteten ihr darauf. Schlimmer wurde es, als Yosh aus dem Bad raus kam – nicht ahnend, dass ich dumm genug war es Rick zu beichten.

„Mensch, warum schreit ihr denn hier so rum?“ „DU! NA WARTE DU KLEINER WICHSER, ICH MACH DICH KALT!“, schrie Rick rüber zu Yosh und ging auf ihn los. Yosh brachte nur ein leises „Ach du Scheiße“ raus, ehe er durch die ganze Wohnung rannte, um nicht von Rick erwischt zu werden. Ich wusste gar nicht, dass Rick immer noch so sportlich und beweglich war. Er war selbst nach einigen Minuten Verfolgungsjagd noch nicht außer Atem. Yosh dagegen wurde langsamer. Ich wusste nicht, was ich tun sollte und brach erst mal in Tränen aus.

Marisha setzte sich neben mich und legte ihren Arm um meine Schulter.

„Was ist denn passiert?“ „Ich hab mit Yoshi geschlafen und es eben Rick gesagt... Und... Mir ist immer noch schwindelig... Mein Arm... Was mach ich denn jetzt? Wenn ich nicht ins Krankenhaus gehe, verblute ich innerhalb der nächsten Stunde. Aber wenn ich dort hin gehe, fragen sie mich woher ich die Verletzung hab.“ „... Ooookay... Erstmal wird Rachel gleich kommen. Ich denke sie kann deine Verletzung durch ihre Kräfte heilen. Aber... WIE DU HAST MIT YOSH GESCHLAFEN!?!“ „Ja so halt! Man trifft sich – gesteht dem Anderen die Liebe – ist total scharf auf den Anderen - und wird dann von ihm flachgelegt...“ „Spinnst du!?“ „Ich weiß, es war ein Fehler. Aber man, ich liebe ihn halt!“ „Und Rick!? Guck mal, der ist richtig mordlustig. Ehm, muss man das ernst nehmen?“ „Weiß ich nicht... Ich weiß gar nichts über Rick. Ich lieb ihn trotzdem. Aber auch Yosh...“ „Ja, aber Yosh ist verheiratet! Warum macht er so was. Oder liebt der dich genauso?!“ „Äh... Ja, sagte er.“ „Oh Gott, Leute ihr habt doch alle ein Knall!!! Könnt ihr nicht einfach wie ganz normale Leute bei einem Partner bleiben, statt eine Beziehung nach der Anderen zu zerstören?“ „Mari, reg dich bitte nicht auf. Es tut mir ja leid. Das war gedankenlos von uns beiden.“ „Absolut! Wir reden da noch mal drüber. Ich geh grade mal deinem Lover sein Leben retten, bevor dein anderer Lover ihn umbringt.“

Seufzend stand Marisha auf und stellte sich zwischen Rick, der unbeherrscht durch die Gegend schrie und Yosh, der völlig außer Atem war und um sein Leben bangte.

„Marisha, geh aus dem Weg! Ich bring ihn um!“ „Was hast du davon, außer ne Strafanzeige wegen Mord?“ „Niemand legt meine Frau flach, ohne mit dem Tod bestraft zu werden! IRGENDWANN ERWISCH ICH DICH EH!“ „Reg dich ab, Junge! Die Frau brauchte mal wieder guten Sex!“, erwiderte Yosh, worauf hin die Verfolgungsjagd von Vorne begann. „Oooh, leckt mich doch am Arsch, Jungs. Wenn ihr es so nötig habt.“

Ich hätte es ihm nicht sagen dürfen! Ich bin so blöd! Ob er Yosh ernsthaft umbringen will!? Ich war schockiert, als Rick ihn erwischte und mit voller Wucht gegen die Wand schlug. „Wag es dich noch einmal meine Frau anzufassen! Ich hetze die gesamte Yakuza auf dich! Und das ist kein Scherz! Ich hab gute Kontakte!“ „Dummes Geschwätz...“, keuchte Yosh zurück.

Endlich ließ Rick von ihm ab. Rachel stand nun auch vor der Tür und wollte rein, um nach meinem Arm zu schauen. Ich hoffte, dass Rick nicht auf die Idee kam ihr zu sagen, was ich mit ihrem Mann getrieben hab. Es herrschte Eiseskälte unter uns.

Ein Glück, dass die Kinder gleich in den Garten gerannt sind und nicht sehen konnten, was hier los war.

„War's so schlimm, oder warum schweigt ihr alle.“, fragte sie ernüchtert, während sie meinen Arm anguckte und ihre Hände drauf legte. Auf ihre Frage bekam sie von keinem eine Antwort, so konzentrierte sie sich erst mal auf ihre Kräfte und schaffte es tatsächlich meinen Arm zu heilen.

„Na, der sieht doch schon mal wie neu aus! Haha!“ „Danke, Rachel.“ „Kein Problem. Und was ist nun los?“

Ungeduldig guckte sie durch die Runde und ich wartete nur darauf, dass Rick endlich aussprach, was er zu sagen hatte. Doch es kam nichts... Sie wandte sich nach einigen Sekunden der Sprachlosigkeit ab und kümmerte sich um ihren Mann. Sie dachte natürlich er wäre durch den Kampf mit den Dämonen so zugerichtet worden. Dass es tatsächlich Rick war, erfuhr sie nicht. Ich wusste nur, dass die Beiden sich so schnell nicht mehr unter die Augen kommen sollten. Gegen Rick hatte Yosh echt den Kürzeren gezogen.

Mari verschwand auf einmal in die Küche, wo das Telefon klingelte und kam mit genervten Blicken wieder zurück: „Sagt mal, habt ihr Rico gesucht? Ich hab grad nen Anruf für Kyle bekommen. Rico ist irgendwie im Krankenhaus oder so. Arbeitsunfall, meinten die.“ „WAS?! ICH MUSS DA SOFORT HIN!“, schrie ich auf und zog mir trockene Sachen an. Gerade als ich meine Jacke nehmen und zur Tür raus gehen wollte, fing Rick mich mit einem falschen Grinsen ab und nahm die Schlüssel von Marisha's Auto.

„Ich darf doch, oder Mari?“ „Ehm... Klar.“ „Danke. Warum die Umstände, Liebling. Ich fahr dich gerne ins Krankenhaus.“ „Ach, mach dir nicht die Mühe, Schatz. Ich kann auch laufen. Und jemand muss auf unsere Kinder aufpassen.“ „Quatsch. Komm, die spielen eh, und hier sind genug Erwachsene.“

Mir schwante Übles... Eigentlich wollte ich gerade ungern mit Rick alleine sein, denn ich wusste nicht, was ich ihm zutrauen sollte, wenn er derartig wütend war. Und nach dem was er mit Yosh gemacht hatte, bekam ich es nun doch leicht mit der Angst zu tun...

Leicht eingeschüchtert lief ich neben Rick her zu Marisha's Auto. Er hatte doch bestimmt irgendwas geplant um seine grausame Rache an mir auszuführen. Zögerlich machte ich die Autotür auf.

„Beweg dich, Chann. Oder willst du in fünf Tagen noch hier stehen?“, maulte mich Rick an. „Es hat dich keiner gebeten mich dort hin zu fahren.“ „Nein, ich mach das gerne. Also rein jetzt!“

Ich schluckte noch einmal und setzte mich ins Auto. Diese unangenehme Stille die zwischen uns lag war wirklich nicht mehr schön. Ich wusste aber auch nicht, was ich mit ihm reden sollte. Am liebsten hätte ich noch mal über das geredet, was ich mit den Dämonen erlebt hatte, doch ich glaubte, dass Rick derzeit kein Wort mit mir wechseln wollte. Verständlich... Ich wäre wohl auch total sauer.

Mitten auf der Autobahn verstand ich warum Rick mich fahren wollte... Er fuhr wie eine besenkte Sau – wechselte die Spur immer wieder. Hin und her! Bis mir kotz schlecht wurde. Am Ende parkte er das Auto vorm Krankenhaus und guckte mich an.

„Was ist denn los, Schatz? Du siehst total blass aus. Ist dir vielleicht schlecht?“ „N-Nein... Es... Uark... Es geht schon.“ „Hehe...“

Dieses unschuldige Getue!!! Ich hätte ihn am liebsten erschlagen. Er wollte im Auto warten und nicht mit reinkommen, so ging ich alleine weiter und traf zum Glück auch schon Kyle an der Rezeption. Kyle wusste ja noch gar nicht was alles passiert war den Morgen über.

„Kyle! Du weißt also auch schon über Rico Bescheid!“ „Ah! Chann! Ja, Marisha hatte mich vorhin angerufen, da bin ich gleich hier her.“ „Was ist mit Scarlett?“ „Die hab ich abgewimmelt, nach dem wir fertig waren.“ „Du Idiot!“ „Haha!“ „Gut, fragen wir, wo Rico's Zimmer ist.“

Ich wandte mich an die Frau, die an der Rezeption saß.

„Wir wollen Rico Hiwatari besuchen. In welchem Zimmer finden wir ihn?“ „Sind Sie Angehörige?“ „Ja! Wir sind seine Geschwister.“ „Moment... Ich guck in der Datenbank.“

Sie fing an auf ihrer Tastatur rum zu tippen... Und tippen... Fast zehn Minuten, was Kyle und mich ordentlich ankotzte! „Ehm... Was ist denn nun!? Geht das etwas schneller?!“ „Nur keine Hektik, junge Dame!“ „Nur keine Hektik!?! Mein Bruder liegt irgendwo hier drin! Ich weiß nicht wie es ihm geht! Zu Hause warten meine beiden Kinder auf mich und Sie sagen mir irgendwas von Nur. Keine. Hektik?!!“ „Chann, ganz ruhig. Hören sie, wie meine Schwester schon sagte, wir können nicht so lange bleiben. Immerhin muss ich heute noch eine Begleitung für zum Tanzen heut Abend suchen... Hätten Sie Lust?“

Was baggert der denn nun die hässliche Rezeptionistin an!?! Ich guckte ihn leicht schockiert an, doch er hatte nur ein charmantes Grinsen drauf, das wirklich anziehend auf sie wirkte. Sie machte große Augen.

„Wirklich? Ja, gerne! Moment, ich such schnell fertig, dann können wir ja die Nummern austauschen.“ „Danke!“

Und plötzlich ging es wirklich schnell... Innerhalb weniger Sekunden hatte sie Rico doch noch gefunden und konnte uns den Weg zu seinem Zimmer erklären. Kyle blieb noch kurz bei ihr stehen und schrieb ihr seine Nummer auf einen Zettel. Ich konnte es nicht glauben...

„Sag mal, hast du der nun wirklich deine Nummer gegeben!?!“, fragte ich, als er fertig war und wieder neben mir her lief. „Spinnst du? Natürlich nicht... Ich hab ihr die Nummer von nem Arbeitskollegen gegeben, hihi!“ „Oh man, du bist echt ein Idiot!“ „Danke!“

Als wir an Rico's Zimmertür ankamen, war ich sehr aufgeregt. Ich hatte ihn schon lange nicht mehr gesehen und freute mich total auf ihn. Schade nur, dass unser Wiedersehen im Krankenhaus statt fand. Schüchtern machte ich die Tür auf und guckte ins Zimmer, wo er tatsächlich im Bett lag und ziemlich gelangweilt aussah.

Meine Freude hatte kein Halt mehr! Ich rannte direkt auf ihn zu und wäre ihm am liebsten in die Arme gefallen.

„Rico!!! Was machst du denn für Sachen!?“ „Chann? Was machst du hier?! Wow... Du hast dich aber schon etwas verändert.“ „Na jaaa... Aber dir sieht man dein Alter an! Haha!“ „Danke!“ „Erzähl mal, was hast du gemacht?“ „Ach, in der Werkstatt ist ein Stapel Reifen umgefallen... Und einer ist mir eben an den Kopf geknallt. Fazit, leichte Hirnerschütterung. Egal, hab ich mal ein bissel Ruhe vor Scarlett. Hehe!“ „Nervt sie dich so sehr?“, fragte ich verwundert, weil ich die Beiden eigentlich als ein Herz und eine Seele in Erinnerung hatte. Rico seufzte. „Oooh ja, die Frau ist schlimm. Kümmert sich größtenteils um ihr Aussehen, kann nicht kochen und ist einfach nur dumm... Hallo, die weiß doch echt gar nichts!“ „Wer weiß gar nichts?“, fragte die besagte Person, die gerade auch ins Zimmer kam. „Och, nur eine Bekannte von mir.“ „Ach so! Endlich hab ich dich gefunden, mein Schatz! Ich hab mir ja schon solche Sorgen gemacht, als du heute Nacht nicht nach Hause kamst.“ „Sorgen? Heute Morgen klang das anders“, erwähnte ich beiläufig und dachte daran, dass sie Rico unterstellte fremdgegangen zu sein die Nacht. Scarlett bemerkte nun auch Kyle und warf ihm böse Blicke zu.

„Du schon wieder!!! Wieso hast du mich heute Morgen einfach so hocken lassen!? Erst nehmen und nichts geben oder was!?“ „Jaa, weißt du, Scarlett... Mir ist dann doch nicht mehr eingefallen wo Rico sein könnte.“ „DU SAGTEST, DU WEIßT ES!“ „Ja, aber ich wusste es danach dann doch nicht mehr.“ „Wo nach? Wovon redet ihr?“, fragte Rico verwundert. Kyle und Scarlett waren aber auch echt dämlich dieses Thema vor Rico auszufechten.

Scarlett setzte schon an um alles aus zu plaudern, doch ich zog sie vorher am Arm nach draußen vor die Tür.

„Du willst ihm doch nicht ernsthaft erzählen, dass du es heute morgen mit seinem Bruder getrieben hast!?“ „Öhm...“ „Oh Mann! Er liegt nicht umsonst im Krankenhaus! Ich denke, wenn er sich jetzt aufregt, wird ihm das nicht gut tun mit seiner Hirnerschütterung! Schon mal daran gedacht?“ „Eigentlich nicht...“ „Oh mein Gott. Nein, ey, Scarlett! Wenn du willst, dass es deinem Mann nicht ganz so schlecht geht und dass er bald wieder gesund wird, dann wechselst du gefälligst sofort das Thema und redest nicht mehr von dir und Kyle!“ „Jaaaja, ist ja gut! Gehen wir wieder rein.“

Ich folgte der Blondine nach drinnen und konnte nur noch den Kopf schütteln.

„Was war das jetzt Scarlett? Was geht hier ab?“, fragte mein Bruder verwirrt. Ich war gespannt, welches Thema sie sich nun aussuchte. Plötzlich warf sie sich höchst dramatisch zu ihm ans Bett.

„Rico! Mein Schatz... Tut mir Leid, dieses Chaos hier! Eigentlich wusste ich nur noch nicht wie ich dir sagen soll... dass ich schwanger bin!“ Dann heulte sie voll los... SCHWANGER!!?

„WAS BIST DU!?! Schwanger..!?! Bedeutet... Baby... Und...“

Weiter kam Rico nicht, denn er verlor vor Schock erstmal sein Bewusstsein...
 

~ Kapitel 11 ~ Verhängnisvoll ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~

Beziehungskrise

Kapitel 12 ~ Beziehungskrise
 

Nun hatten wir den Salat... Scarlett sollte Rico eigentlich nicht aufregen, da er mit seiner Gehirnerschütterung keinem Stress ausgesetzt sein sollte. Aber was macht sie? Sie sagt ihm, sie sei schwanger!

Entsetzt zeigte Kyle auf mich.

„Scarlett hat Rico kaputt gemacht!“ „Das weiß ich auch und warum zeigst du dabei auf mich?“ „Ups!“

Er wechselte auf Scarlett. „Scarlett hat Rico kaputt gemacht!“ „Kyle... Halt die Klappe! Scarlett, was soll das denn jetzt? Ich sag dir, er darf sich nicht aufregen und du bringst so was. Hättest du ihm das nicht ein anderes Mal sagen können!?“ „Was hab ich denn jetzt schon wieder falsch gemacht? Du sagtest doch zu mir, ich solle mir ein anderes Thema einfallen lassen.“ „Ja und da sagst du ihm einfach so, dass ihr bald ein Kind bekommt!? Wie weit bist du überhaupt?“ „Wie?“ „Im wievielten Monat bist du?“, fragte ich ernüchtert mit verschränkten Armen. „Ach, ihr seid dumm! Ich bin doch gar nicht schwanger... Das hab ich doch nur gesagt, weil ich ein anderes Thema nehmen sollte.“ „BITTE?!“, schrien Kyle und ich aus einem Mund. „Das darf doch jetzt wohl nicht wahr sein! Wie doof bist du eigentlich, Mädel!?“ „LASST MICH IN RUHE!!! ALLES MACH ICH FALSCH!!!“, schrie sie und verließ heulend das Zimmer. Ich seufzte... Was ist nur aus dieser Frau geworden? Erst mal beschloss ich, Rico wieder unter die Lebenden zurück zu holen. Eine links und Eine rechts – schon wurde er wieder wach. Jedoch schien er ziemlich verwirrt zu sein.

„Rico? Alles klar?“ „... Ich bin der Engel der Liebe!“ „Oh mein Gott...“ „Ich sagte doch, Scarlett hat ihn kaputt gemacht.“, sagte Kyle selbstsicher. „Hat... Hat die mir grade wirklich gesagt, dass ich Vater werde?“ „Ehm... Ja, aber... Da muss ich dir noch was zu sagen.“ „So richtig mit Baby und das alles? Aber... Wo ist die Frau denn!? Schon wieder weg? Sie hätte ja auch gleich hier bleiben und unser Kind gebären können.“ „Oah... Rico, wenn sie sagt, dass sie schwanger ist, dann dauert das ein paar Monate, bis sie das Kind bekommt. Das solltest du eigentlich wissen, als fast 30-Jähriger...“, antwortete ich entsetzt über die Dummheit meines Bruders. „Oh... Ach so. Wusste ich gar nicht. Und wo ist sie nun?“ „Die vögelt bestimmt wieder irgendwo in der Gegend rum“, bemerkte Kyle abfällig, was er besser nicht gesagt hätte. „Wie bitte!? Wie redest du denn über meine Frau!?!“ „Ich hab nichts gesagt.“ „DU BEHAUPTEST, DASS MEINE FRAU EINE SCHLAMPE IST!!“ „Ist sie auch... Die vögelt ja sogar mit deiner Verwandtschaft.“ „... Was?“ „Oh Scheiße... Tschö, Chann! Ich hatte dich wirklich lieb!“ „Na warte!!!“, schrie Rico Kyle hinterher und folgte ihm aus dem Zimmer raus. Ob es wirklich gut war, gleich nach Bewusstlosigkeit und mit einer Gehirnerschütterung durch das Krankenhaus zu rennen? Meine Brüder hatten echt einen Knall und ihre Frauen mit dazu.

Das wurde mir schon wieder zu blöd, also verließ ich das Krankenhaus mit dem Gedanken mir erst mal wieder Rick geben zu müssen. Und als ob heute nicht schon alles dumm genug gelaufen wäre – Rick stand nicht mehr da... Was hatte ich eigentlich an mir? Stand auf meiner Stirn zufällig „Verarsch mich!“ ?! Seufzend ging ich zu Fuß weiter. Irgendwie müsste ich ja wieder zurück nach Hause kommen.

Wenigstens fand ich unterwegs einen Stadtplan, der auf mich einen wirklich komplexen Eindruck machte. Ich brauchte knapp zehn Minuten bis ich mal herausfand wo ich eigentlich gerade war. Dann musste ich feststellen, dass ein großer roter Pfeil auf meinen Standpunkt zeigte. Dummheit muss bestraft werden... Und dann fing es auch noch an wieder zu regnen.

Um die zwei Stunden lief ich durch den Regen zurück zu Marisha, wo Rick im Wohnzimmer saß und es sich gut gehen ließ.

„Warum... fährst... du... einfach weg und lässt mich zwei Stunden... durch den Regen latschen!?!“ „Huch! Jetzt weiß ich wieder was ich vergessen hatte. Sorry, Schatz. Kommt nicht wieder vor.“ „Oh man, du bist echt ein Arschloch. Tut mir leid, dass ich dich verletzt hab, aber wie lange hast du nun vor dich an mir zu rächen?“ „Weiß nicht.“ „Vor allem weil du dazu nicht mal das Recht hast. Wenigstens hab ich den Mumm dir zu gestehen, dass ich dich betrogen hab! Wer weiß, wie oft du mich schon mit Vanessa hintergangen hast, ohne es mir zu sagen.“ „Ich hab während unserer Ehe niemals mit Vanessa geschlafen!“ „Das soll ich dir glauben? Haha! Scherzkeks!“

Ich legte es echt drauf an mit ihm den größten Stress zu bekommen. Er kam inzwischen zu mir und schubste mich leicht gegen die Wand.

„Treib es nicht zu weit, Chann! Ich liebe dich, aber zwing mich nicht dazu, dir zu zeigen, wie ich noch sein kann.“ „Meinst du, ich hab nun Angst vor dir? Leg eine Hand an mich und du wirst Rico und Kyle kennen lernen!“ „Oooh, Rico und Kyle... Die Beiden sind so lächerlich. Ohne deine Geschwister bist du nichts, Schatz.“ „Rick, lass mich jetzt bitte in Ruhe, das wird mir zu blöd.“ „Blablabla! Okay, ich lass dich schon in Ruhe. Wenn ich mich nun nicht mal mehr mit dir unterhalten darf. Schon okay. Ich werd nichts mehr zu dir sagen.“ „Gut so, ich lass mich eh scheiden, sobald wir wieder zurück in Florida sind.“

Hab ich das nun wirklich gesagt?! Keine Ahnung ob mir das nun nur so raus rutschte oder ob ich es ernst meinte. Schnell bereute ich meine Aussage, doch zurück ziehen konnte ich nichts mehr, denn unsere Zweisamkeit wurde von Kyle und Marisha unterbrochen, die gerade ins Wohnzimmer kamen.

„Kyle! Jetzt sag mir was im Krankenhaus passiert ist! Woher hast du das blaue Auge?! Und wieso fehlt dir ein Zahn?“ „Das ist egal!“ „NEIN, IST ES NICHT! SAG ES MIR!!!“ „Mari, ich sag es dir ein letztes Mal! Nein!“ „Was ist denn so schlimm daran mir zu erzählen was dir passiert ist?“

Kyle ignorierte sie und kam zu mir, weil er bemerkte, dass Rick eine leicht drohende Wirkung auf mich hatte. Er stellte sich schützend neben mich und legte einen Arm um meine Schultern.

„Alles klar?“ „Ja...“ „Kyle! Chann, du warst doch auch da! Was war dort los!?“ „Chann wird es dir auch nicht verraten, Mari!“ „Sagt mal, warum streitet ihr euch deswegen? Kyle, warum erzählst du es nicht einfach?“ „Haha, du bist lustig, Chann!“

Erst jetzt fiel mir ein... Wenn Kyle Marisha erzählen würde, dass er sich mit Rico geschlagen hat, würde sie wiederrum fragen wieso sie das gemacht haben... Dass Kyle aber mit Scarlett geschlafen hat, könnte er unmöglich erzählen. Marisha legte plötzlich ihr liebevolles Lächeln auf...

„Chann... Hehehe... Wollen wir nicht zusammen einen Kaffee trinken gehen? Du siehst sehr gestresst aus... Wir haben uns bestimmt viel zu erzählen.“ „Ehm...“ „Na?“ „Nein, Chann“, drängte Kyle. Alle starrten mich an und erwarteten eine Reaktion, was mich überforderte. „Also gut! Kyle und Rico haben sich geprügelt! Deswegen sieht er so aus!“ „WAS!?“ „CHANN!“ „UND WARUM!?“, schrie Marisha. „Weil die Beiden einfach einen Schaden haben... Okay? Könnt ihr nun bitte einfach abhauen und mir meine Ruhe lassen?“

Leider wurde daraus nichts... Im selben Moment platzte die Haustür auf und Naga stand im Flur. Sie zögerte nicht, einfach herein zu latschen und sich meinem Bruder an den Hals zu werfen.

„Hi Schatz! Hey, was ist passiert? Du siehst ja schrecklich aus. Komm, ich werde dich erstmal verarzten.“ „Das ist lieb von dir. Weißt du! Ich habe mich in einem Kampf um Leben und Tod mit Rico behauptet!“ „Was? Ehrlich? Wie mutig von dir!“, hauchte sie fasziniert und bekam leuchtende Augen. Vor Naga tat Kyle so, als sei er der große Held der einen richtig heftigen Kampf hinter sich hatte... Marisha seufzte und ging in die Küche, wo sie den Anblick von Kyle und Naga nicht ertragen musste. Wie gerne hätte ich meinem Bruder grade eine rein gehauen.

„Ein Haufen Idioten... Ich bin mal ein bisschen weg... Was trinken... Ruhe haben. Tschüss.“, sagte Rick und verließ ohne weitere Worte die Wohnung. Ich schnaufte durch, ging erst mal duschen und setzte mich dann auf die Wohnzimmercouch um mal endlich durchzuschnaufen.

„Mama! Mama!!! Shinji nervt total!“, meinte Clyde, der auf einmal angesprungen kam. Oh man, durch den ganzen Trubel um Rick, Yosh und Rico hatte ich mich kaum um meine Kinder gekümmert. Zum Glück waren die gut mit den anderen Kindern beschäftigt und hatten immer wen hier, der auf sie aufpassen konnte.

„Warum? Was ist denn mit ihm?“ „Er will mit mir befreundet sein!“ „Ja und? Er ist doch ein total lieber Junge.“ „Nein! Er ist der Sohn eines Säufers, der sich an verheiratete Frauen ran macht!“ „Was? Wer sagt das?“ „Papa!“ „Oooh Clyde... Shinji ist nicht der Sohn eines Säufers. Wie ich schon sagte, er ist ein ganz lieber Junge. Glaub nicht immer das, was Papa dir erzählt.“ „Lügt Papa etwa?“ „Manchmal! Also glaub mir und spiel schön mit deinem Freund.“ „Mhh... Ich weiß nicht.“

Mit gesenktem Kopf ging Clyde zurück zu den anderen drei Kindern und spielte dort mit ihnen weiter. Ich konnte es nicht fassen, dass Rick inzwischen schon die Kinder derartig beeinflusst und ihnen so einen Müll erzählt. Egal was wir für einen Streit hatten, die Kinder sollten wir da raushalten. Ich hoffte, dass Clyde nun nicht mehr so über Yoshis kleinen Sohn denken würde.

„So, ich gehe wieder nach Hause. Die keine Maya wartet schon auf mich.“, hörte ich Naga auf einmal sagen. Ich nutzte die Gelegenheit und rannte ihr hinterher: „Naga!“ „Ui, hi Chann! Du auch in Japan?“ „Danke... Wir saßen letzt schon den Abend zusammen.“ „Oh! Sorry, hab ich gar nicht richtig bemerkt. Ich war zu sehr von Kyle abgelenkt.“ „Ehm ja. Du, wäre eure Wohnung groß genug, dass ich mit den Kindern heute Nacht bei dir schlafen könnte?“ „Oh! Na klar, wenn du willst. Wir haben genug Platz. Die Kinder können ja auch bei Maya schlafen, die freut sich eh über Freunde. Davon hat sie nämlich keine, worüber ich mich nicht mal wundere.“ „Wie redest du denn über dein Kind?“ „So halt... Kommt ihr dann gleich mit?“ „Ja, ich sag bescheid und pack ein paar Sachen.“ „Okay, ich warte.“

Jill und Clyde waren ziemlich verwirrt, als es auf einmal hieß, dass wir die Sachen packen und schon wieder wo anders schlafen würden. Es tat mir auch Leid ihnen das schon wieder anzutun, aber ich würde es auf keinen Fall diese Nacht neben Rick aushalten. Er ist sicher eh wieder betrunken bis der heute Abend heim kommt.

Unsere Sachen waren schnell gepackt, ich hatte ja auch nicht mehr als eine Nacht eingeplant.

Naga wohnte gar nicht so weit von Marisha und Kyle weg. Die Wohnung war dennoch recht groß. Clyde und Jill begrüßten Maya sofort und animierten sie zum Spielen, obwohl sie wirklich sehr schüchtern war. Zum Glück waren Jill und Clyde da ein wenig anders. Die fanden immer und überall Freunde und verursachten Chaos, wo sie nur hin kamen.

„Nun... Erzähl mal, Chann. Warum willst du hier schlafen? Ist es bei Marisha nicht gut genug? Die haben doch ein riesen Haus.“ „Oh, ja es ist schön dort... Aber mein Mann nervt.“ „Dieser Rick? Ach, ich wusste von Anfang an, dass er komisch ist.“ „Jaaa, ich hätte eh nicht auf dich gehört.“ „Genau! Na ja, jetzt trinkst du erst mal nen guten Wodka und dann bleibst du erst mal hier. Entspannen wir einfach mal ohne die Männer.“

Privat gab sich Naga schon etwas anders als sonst. Ich war richtig überrascht. Dennoch vertraute ich ihr nicht genug, um ihr alles zu erzählen was passiert war. Ich erzählte ihr Oberflächliches und Bruchstücke. Ich wusste, dass sie alles sofort gegen mich verwenden würde, wenn es ihr passt. Ich hatte mir schon richtig den gemütlichen Abend ohne Rick und irgendwelche anderen Kerle ausgemalt, doch so gemütlich wurde es dann doch nicht.

Jill, Clyde und Maya kamen auf einmal angerannt und fingen aus dem Nichts an zu heulen, was Naga und ich nicht ganz verstehen konnten und weswegen wir erstmal verzweifelte Blicke austauschten.

„Was ist denn los, Kinder?“, fragte ich verunsichert und nahm zumindest meine Beiden auf den Schoß. Naga tat es mir gleich und nahm ihre kleine Maya auch zu sich. „Wir vermissen unsren Papaaaaa!!!“, heulte Jill laut raus. Clyde kam nicht mal dazu ein Wort zu sagen, vor Tränen und Schluchzen. Stimmt, sie hatten noch nie eine Nacht wirklich mit dem Wissen verbracht, dass ihr Papa nicht da sein würde. Er war zwar öfters über Nacht arbeiten, doch für sie war er trotzdem immer da.

„Und was ist mit dir, Maya?“ „Iiiich will auch zu meinem Paaaapa!!!“ „Och, Schätzchen, du weißt doch, dass dein Papa nur Hailey im Kopf hat.“ „Neeeeein!“ „Naga! Wieso erzählst du ihr so was?“ „Weil es wahr ist! Dein Papa hat dich gar nicht lieb, Maya! Deswegen darfst du auch nicht wegen ihm weinen!“ „Aber... Mama!“ „Und was ist mit unserem Papa?“ „Den seht ihr doch morgen wieder. Er ist nicht weg“, erklärte ich Jill und Clyde, die beide nicht aus dem Heulen raus kamen. Selbst nach einer Stunde konnten wir die Kinder nicht beruhigen und so blieb Naga nichts Anderes übrig, als Kyle anzurufen und ihn zu drängen Rick zu suchen, damit die beiden kommen würden.

„Na super! Ich hasse Kinder... Das war es wohl mit unserem gemütlichen Frauenabend“, nörgelte Naga. Ich konnte ihr nur zustimmen. In diesem Moment nervten mich Jill und Clyde auch total.

Es dauerte fast ne Stunde bis Kyle vor der Haustür stand und Rick dabei hatte. Es wunderte mich, dass er ihn gefunden hat in der riesigen Stadt. Alle drei Kinder kamen auf einmal gerannt und sprangen ihren Vätern in die Arme. Naga und ich gönnten uns noch ein Glas Wodka.

„Hattet viel Stress mit den Kleinen, was?“, fragte Kyle mit einem sarkastischen Grinsen. „Stress? Es war grausam! Na ja, jetzt wo ihr schon mal hier seid. Wollt ihr auch noch bleiben?“, fragte Naga erledigt. „Warum nicht, ich werd Marisha nachher Bescheid sagen.“ „Und ich hab keine Lust alleine dort zu pennen.“, bemerkte Rick. Bis in den späten Abend rein saßen wir zusammen da und unterhielten uns wobei Rick und ich uns eigentlich nur ignorierten. Doch dann gingen Kyle, Naga und die Kinder schlafen und ließen mich mit Rick allein im Wohnzimmer. Wir durften auf der ausgezogenen Couch schlafen. Ich legte mich schon mal hin, musste aber feststellen, dass Rick sich auf den Sessel gequetscht hatte.

„Willst du nicht hier schlafen?“ „Schon, ich dachte nur, du würdest dich vielleicht an meiner Anwesenheit stören.“ „Rick... Lass uns heute nicht mehr streiten, okay? Ich will einfach nur schlafen. Und jetzt komm unter die Decke.“ Er legte sich dazu und drehte sich gleich mit dem Rücken zu mir. Lange blieb ich wach liegen und wusste genau, dass er auch nicht schlief.

„Wie soll das nun eigentlich mit uns weiter gehen, Rick?“ „Wie?“ „Sollen wir uns nun jeden Tag streiten und Vorwürfe machen?“ „Ach, keine Ahnung... Am Besten wären wir nie hierher gekommen. Dann wäre noch alles gut.“ „Wäre es das? Bei uns hat doch schon vorher einiges nicht gestimmt.“ „Ja, aber jetzt ist es noch schlimmer geworden. Ich hasse Japan... Ich hasse die Leute hier und das, was ich mit diesem Land verbinde.“ „Was verbindest du denn mit diesem Land? Woher soll ich wissen was mit dir los ist, wenn du es mir nicht sagst! Okay, du scheinst schon mal hier gewesen zu sein, dass würde auch erklären, warum du perfekt japanisch sprechen kannst und wieso du dich in der Stadt so auskennst, aber was genau nun los ist kann ich nicht wissen!“

Er schwieg erst mal, doch ich bohrte weiter drauf rum.

„Zum Beispiel diese Blondine mit den beiden kleinen Kindern, die wir bei unsrer Ankunft gesehen hatten! Du kennst sie! Aber ich wette, du sagst mir nicht woher... Da könnte ich locker behaupten es sei ne alte Affäre von dir.“ „Die!? Haha...“ „Ja toll, haha! Wer ist sie?“ „Chann, du nervst. Ich will da nicht drüber reden.“ „Das ist mir grade scheiß egal!“

Er drehte sich auf einmal mit einem richtig genervten Blick zu mir.

„Warum respektierst du nicht einfach, dass ich das nicht erzählen mag!?“ „Weil ich deine Frau bin und wir eigentlich keine Geheimnisse voreinander haben sollten!“ „Dann fang mal bei dir an...“ „Oh man, dann lass es einfach sein... Wenn wir erst mal geschieden sind, brauchst du es mir eh nicht mehr zu erzählen. Kannst deine Geheimnisse ja mit Vanessa teilen.“

Er sagte nichts mehr dazu und drehte sich wieder weg. Ich beließ es dabei, denn langsam war ich es wirklich leid. Bei ihm konnte ich eh nichts mehr erreichen. Und so schlief ich mit einer Mordswut im Bauch ein.

Am nächsten Morgen wunderte ich mich wo alle geblieben waren. In der Küche fand ich dann einen Zettel, wo drauf stand, dass Kyle und Naga einkaufen gefahren sind und die Kinder mitgenommen haben, um uns mal ein bisschen Ruhe zu gönnen. Das fand ich echt toll von den Beiden. Na ja, Kyle als ihr Onkel konnte das ruhig mal machen.

Mit besserer Laune legte ich mich zurück aufs Sofa und machte mir den Fernseher an, wo ich eh kaum ein Wort verstand. Ich konnte zwar einiger Maßen die Sprache verstehen, jedoch nicht so, dass ich beim TV-Programm mitkam. Angestrengt versuchte ich aus den Bildern zu erörtern worum es da gerade ging. Jedoch wurde ich abgelenkt, als Rick sich im Schlaf drehte und sein Arm bei mir auf dem Schoß landete. Ich überlegte noch, ob ich ihn nicht einfach zurückwerfen sollte, doch als ich in sein Gesicht sah erschrak ich erst mal.

Er sah wirklich sehr blass aus und hatte Schweißtropfen auf der Stirn. Fieber hatte er wohl auch. Wie ich ihn so sah, wurde ich echt fast wieder weich und bekam Mitleid. Er hat sich sicher durch das Regenwetter eine Grippe eingefangen.

Barmherzig wie ich war, beschloss ich ihm in der Küche eine Suppe zu kochen und ihn dann zu wecken. Während ich versuchte was gut Schmeckendes zu kochen, nahm ich mir vor, den heutigen Tag anders anzugehen und etwas mehr zu genießen. Die Suppe wurde schon fast kalt von meiner Träumerei.

„Was machst du da?“, fragte Rick, der auf einmal hinter mir stand. „Du solltest dich besser wieder hinlegen, siehst nicht gut aus heute.“ „Sag du mir nicht was ich zu tun hab.“ „Fang doch bitte nicht schon wieder so an. Ich sehe doch, dass es dir wohl nicht gut geht.“ „Das lass mal meine Sorge sein! Was mischst du dich eigentlich überall ein!? Du bist doch bald eh nicht mehr meine Frau! Also zwing dich zu nichts! Geh zu deinem Yoshihiro und treibt es so oft ihr wollt! Haha! Was soll ich mich da dran stören!?“ „Rick! Hör auf, es reicht jetzt!“ „Ach so? Jetzt wo es für dich wieder unangenehm wird, willst du dich wieder rausreden, oder? Du wolltest wissen, wer diese blonde Schlampe mit den beiden Gören war!?! Wenn ich mich nicht geirrt habe, dann war das wohl meine inzwischen Stiefmutter mit meinen beiden Halbgeschwistern! GEIL ODER!? ABER WEN INTERESSIERTS!? WER HAT SICH ÜBERHAUPT SCHON IRGENDWANN MAL FÜR MICH INTERESSIERT!?“ „Kann ich verstehen, dass dich das ankotzt...“ „NICHTS VERSTEHST DU! DU HAST DEINE RIESEN FAMILY DIE HINTER DIR STEHT!“ „DIE WÜRDE AUCH HINTER DIR STEHEN, WÄRST DU NICHT SO VERDAMMT SCHEIßE DRAUF! ES INTERESSIEREN SICH WEITAUS MEHR LEUTE FÜR DICH ALS DU DENKST, ABER SCHEINBAR WEIßT DU DAS JA NICHT ZU SCHÄTZEN!“ „Sicher, jetzt bin ich wieder der Idiot... Der böööse Rick. Rennst du gleich wieder zu deinen Brüdern, um dich auszukotzen wie Scheiße ich doch bin!?“ „Nein, das hab ich nicht nötig!“

Rick machte mir langsam Angst, wie er sich so vor mir aufbaute und sich in seine Wut reinsteigerte. Es war als sei er betrunken. Vielleicht durch das Fieber... Am liebsten wäre ich gerade davon gelaufen.

„Jetzt beruhig dich doch bitte, Rick!“ „ICH SOLL MICH BERUHIGEN!? DU VÖGELST HIER MIT ALLEN MÖGLICHEN TYPEN RUM UND SAGST MIR ICH SOLL MICH BERUHIGEN!?“ „ICH HAB NUR MIT YOSHIHIRO GESCHLAFEN, VERDAMMT! ICH HASSE DICH, RICK!“

In meiner Wut nahm ich den Topf mit der inzwischen lauwarmen Suppe und schüttete sie ihm entgegen, so dass er klatschnass und vollgesaut war. Es war eine Kurzschlussreaktion, die allerdings nichts besser machen sollte. Er guckte an sich herunter und schüttelte die Brühe von seinen Händen, ehe er ausholte und mir eine klatschte, sodass ich zu Boden fiel.

„Jetzt... Kannst du mich hassen! Dumme Kuh!“ „Hau doch ab!!! Arschloch!!!“

Als er die Wohnung verließ, kniete ich mit zitternden Händen vor der ganzen Brühe, die auf dem Küchenboden schwamm und heulte wie ein Schlosshund. Ich hätte nie gedacht, dass Rick und ich uns mal so heftig streiten würden. Und vor allem nicht, dass er mich sogar schlagen würde. Doch so aufgeregt und verängstigt ich auch war, ich müsste die Küche sauber bekommen, bevor die Anderen wieder kommen. Kyle dürfte davon nichts erfahren und schon gar nicht die Kinder!

Ich putzte wie besessen und heulte dabei. Bis die Anderen wieder kamen, konnte ich mich etwas beruhigen und tat so als sei nichts passiert. Ich bedankte mich nur bei Naga und kehrte mit den Zwillingen zurück zu Marisha, die etwas sauer war, jedoch verstehen konnte, warum ich diese Nacht nicht bei Rick schlafen wollte.

Nicht mal ihr erzählte ich was zwischen Rick und mir vorgefallen war. Es zog mir nur durch den Magen als er auch wieder „nach Hause“ kam.

Nun hatte ich endgültig Angst vor ihm und niemand war in unserer Nähe, denn Marisha setzte sich mit den Kindern in den Garten. Als Rick die Tür rein kam, wollte ich mich direkt umdrehen und die Flucht ergreifen, weil ich Angst hatte, er würde mich wieder dumm anmachen oder sogar erneut schlagen. Doch als ich gehen wollte, hielt er mich am Arm fest.

„Nein, lass mich bitte los. Tu mir nichts!“ „Ich tu dir nichts, keine Angst. Chann, bleib stehen, es tut mir Leid. Egal, wie sauer ich auf dich bin oder was passiert ist, ich hätte dich nicht schlagen dürfen!“ „Das hättest du nicht, stimmt... Ich hab Angst vor dir...“ „Hab keine Angst, ich werd das nie wieder tun. Können wir uns nicht einfach wieder vertragen? Ich vermisse dich...“ „So einfach ist das nicht... Wir beide haben Fehler gemacht. Allerdings sollten wir an die Kinder denken.“ „Auch, aber wir sollten uns nicht zwingen zusammen zu bleiben nur wegen den Kindern. Die merken früher oder später auch, dass etwas nicht stimmt.“

Ich traute mich immer noch nicht mich zu ihm umzudrehen, doch er legte von hinten seine Arme um mich und legte seinen Kopf auf meine Schulter, was mir ein warmes und sicheres Gefühl gab. Langsam schloss ich die Augen und hörte auf mein inneres Gefühl. Noch in seinen Armen drehte ich mich zu ihm und schmiegte mich an meinen Mann.

„Es tut mir Leid... Versuchen wir es noch mal, aber diesmal unter ehrlicher Basis und unter der Bedingung, dass du mir endlich alles erzählst.“ „Chann, ich will dich, wir hatten schon lange kein Sex mehr.“

Wieder lenkte er vom Thema ab und führte mich ins Bad, wo wir endlich mal für uns sein konnten. Es schien ihm zwar immer noch schlecht zu gehen, aber scheinbar nicht so schlecht um das nicht zu schaffen. Wir waren grad so schön dabei es langsam angehen zu lassen und es zu genießen, doch noch bevor wir richtig anfangen konnten, klopfte es an der Tür.

„Ey! In meinem Bad wird nicht gefickt!!! Haha! Wäre ja noch schöner!“, rief Kyle von Draußen und zerstörte unsere schöne Atmosphäre. Rick und ich verdrehten beide die Augen und ließen es gut sein. Wir zogen uns beide wieder an und als wir schon zur Tür raus kamen, schloss Rick noch seinen Hosenladen, was Kyle sah. Er wurde leicht blass.

„Oh mein Gott... Das mit dem Ficken war eigentlich nur Spaß... Aber ich glaub, ich muss doch nicht mehr aufs Klo.“

Mit großen Schritten flüchtete er aus dem Wohnzimmer hinaus in den Garten von wo ich Marisha auf einmal Schreien hörte.

„MANN, KYLE! PISS WOANDERS!!!“

Ich musste grinsen... Endlich schien wieder alles in Ordnung zu sein. Damit er schnell wieder fit wird, schlug ich Rick erneut vor sich hinzulegen und auszuruhen. Diesmal befolgte er meinen Rat, nahm aber erst noch seine Magentropfen, die er in letzter Zeit öfter vernachlässigt hatte. Vielleicht kam seine plötzliche „Grippe“ auch davon.

Plötzlich kam auch Jill gerannt, die sich zu ihm aufs Sofa setzte und wahrscheinlich mal ein paar Minuten Pause vom vielen Rumtoben brauchte. Ich hoffte nur, Clyde würde es mit dem Herumrennen nicht übertreiben.

„Na, meine Maus. Deine neuen Freunde scheinen ja viel Spaß zu machen.“ „Ja Papa!“

Sie wurde auf einmal rot und guckte aus dem Fenster, wo sie Shinji beobachtete. Aha! Nun verstand ich... Jill hatte sich wohl in den Kleinen verliebt! Hoffentlich würde Rick das nicht so schnell merken. Er hielt immerhin nichts von Shin und alles was mit Yoshihiros Familie zu tun hatte.

Der tauchte auch noch auf, um seinen Sohn abzuholen und ging auf Abstand zu Rick. Er warf ihm aber auch sofort tödliche Blicke zu. Leider unterschätzte er den Frieden und riskierte eine große Klappe.

„Na Rick! Hast du dich wieder beruhigt!? Wollen wir heut zusammen einen draufmachen und was trinken gehen?“ „Sag mal, du Depp! Meinst du ehrlich, dass ich mit dir auch noch irgendwo hingehen will?“ „Dann halt nicht. Darf ich dann wenigstens Chann mitnehmen?“ „Yosh...“ „Willst du mich verarschen?“ „Nee! Ich will ja nicht mit ihr schlafen. Ich brauch nur wen zum rumhängen. Du willst ja nicht. Niemand hat sonst Zeit.“ „Das soll ich glauben?“ „Bitte, Rick! Ich versprech dir auch, nicht mehr mit ihm zu machen, als reden und ein bisschen was trinken. Ich kann heut nicht den ganzen Tag hier drinnen herumsitzen!“ „Oooh man, ihr seid echt unverschämt! Mach doch was du willst.“

Ob das ein Fehler war sein Vertrauen, das er gerade wieder aufgebaut hatte, so auf die Probe zu stellen? Diesmal hatte ich wirklich nichts dergleichen mit Yoshi vor!

Er beschloss Shin noch ein bisschen bei Marisha zu lassen und meinte, dass Rachel ihn später abholen würde. Mich nahm er mit und führte mich etwas durch die Stadt.

Wir kamen an einer großen Schule vorbei die mich ins Staunen versetzte.

„Die ist riesig, was? Marisha's Mutter Grace ging auch hier auf die Highschool mit ihren Freunden.“ „Echt?“ „Ja! Hat sie mir mal erzählt. Komm, wir gehen weiter. Am Ende der Stadt ist ein total geiles stillgelegtes Hotel!“

Er zeigte mir nach einem ewig langem Fußmarsch ein Hotel, das aussah wie ein Tempel. Hier war tatsächlich nichts mehr los. Das Haus war abgenutzt und morsch. Die riesigen Tore inzwischen verbogen.

„Warst du hier schon öfter?“ „Oft mit Rachel. Hehe. Hier trafen wir uns oft um heimlich Schweinereien zu machen.“ „Ihr Säue! Haha.“

Die gesamte Gartenanlage war eingegangen und nur noch von Unkraut verwachsen. Neben dem Haupthaus befand sich so etwas wie eine Turnhalle... Davon war das Dach eingestürzt.

Es war aufregend sich dort hinein zu schleichen. Das hier war wirklich ein riesiges Gebäude! Lange Korridore führten zu den verschiedensten Zimmern.

„Schade, dass das hier nicht mehr betrieben wird. War sicher mal ein total schönes Haus.“ „Ja... Irgendwie hat es einfach keiner mehr aufgekauft.“

Wir kamen in der obersten Etage an, wo am ende des Korridors ein ganz besonders großes Zimmer war. Begeistert guckte ich mich um. Viele der alten Möbel waren sogar noch erhalten. In der Mitte des Raumes stand noch ein alter Schreibtisch aus stabilem Holz. Er hatte eine anziehende Wirkung auf mich.

„Pass auf, dass du nicht irgendwo durch den Boden brichst, Chann.“ „Ja, ich bin vorsichtig.“, rief ich Yoshihiro zu, der sich im Nebenraum umschaute. Neugierig zog ich die Schubladen raus und fand ein Bilderrahmen mit einem Foto, das schon sehr alt aussah. Ich drehte den Rahmen um und betrachtete das Bild von den Leuten die darauf abgebildet waren.

Es war ein Mann mit braunen Haaren und schwarz gefärbten Spitzen... Daneben stand eine Blondine, die auch schwarze Spitzen hatte. Zwischen ihnen ein kleiner Junge – auch mit braunen Haaren. Er kam mir so bekannt vor... Und er sah so unglücklich aus. Der Mann erinnerte mich eher an Rick, nur dass seine Haare eben etwas anders waren. Der Körperbau und die Augen waren die Selben. Sehr seltsam. Mein Herz pochte wie verrückt, denn ich hatte die starke Vermutung einen besonderen Fund gemacht zu haben.

„Was hast du denn da?“ , fragte Yoshi, der zu mir in den Raum kam. „Ein Foto... Yosh, meinst du, der kleine Junge auf dem Bild... Ist vielleicht Rick?“ „Wie kommst du denn darauf? Wieso sollte sich in einem stillgelegten Hotel ein Kindheitsfoto von Rick befinden?“ „Ich weiß ja auch nicht... Die Frau sieht genau so aus wie die Blondine, die wir letzt gesehen hatten.“ „Nimm das Bild halt mal raus und guck, ob hinten drauf ein Datum oder ein Name steht.“

Das war eine gute Idee.... Ich nahm das Foto aus dem Rahmen heraus und guckte mir die Rückseite an. Mein Herz blieb fast stehen... Unten auf der Ecke stand in ganz kleiner Schrift „Coldfire“ geschrieben. Nun konnte ich mir zu hundert Prozent sicher sein! Es war ein Foto von Rick! Ich steckte das Bild ein und beschloss, es ihm zu zeigen, sobald ich wieder nach Hause kommen würde. Vielleicht könnte ich ja auch mal zusammen mit ihm dort hin.

Yoshi und ich beschlossen erst mal dieses Gebäude wieder zu verlassen, denn wir hatten Angst irgendwie erwischt zu werden oder einzustürzen. Nach unserem kleinen Abenteuer führte er mich in ein kleines Café, das echt prima Eis anzubieten hatte. Ich stopfte mir den Bauch voll und genoss die Ruhe.

„Vertragt ihr euch denn inzwischen wieder besser?“ „Etwas... Ich hätte nicht sofort wieder mit dir weggehen sollen. Ich hätte ihm erst gar nicht sagen sollen, dass zwischen uns etwas lief.“ „Ja. Ich bin froh, dass er Rachel nichts gesagt hat. Sonst wären wir nun beide tot.“ „Tut mir Leid, wegen der Unannehmlichkeiten... Ich wollte dir echt kein Ärger bereiten.“ „Vergiss es einfach... Es ist nunmal passiert und wir haben beide Schuld daran. Hauptsache ihr habt euch wieder vertragen.“ „Mh... Schon... Er hat mir auch ordentlich eine gescheuert.“ „ER HAT WAS?! Schlagen geht ja mal gar nicht!!!“ „Nein, aber er hat sich entschuldigt.“ „Wenn das noch mal passiert, dann sag es mir!“ „... Ja...“

Yoshi entpuppte sich als richtiger Frauenversteher. Er war so offenherzig und konnte so gut zuhören. Genau so wie damals. Das war es was ihn so liebenswürdig machte und weshalb ich mich in ihn verliebt hatte. Er war echt ein sehr guter Freund und immer für einen da. Er wurde nicht aufbrausend und wirkte immer sehr fröhlich und lebensfroh.

Abends gingen wir noch zusammen in einen Club, wo wir ausgelassen zu Musik tanzten und ich einen Cocktail nach dem Anderen verschlang. Ich war schon längst stockbesoffen, als Yosh noch freudig und nüchtern am Tanzen war. Irgendwann schnappte er mich und brachte mich nach Hause, wo er mich an Rick abgab. Trotz meinem alkoholisierten Kopf, konnte ich noch wahrnehmen, dass Rick wieder sehr wütend war.

„Na klasse! Du hast meine Frau abgefüllt um sie flachzulegen oder was!?!“ „Nee! Mann, die hat sich selbst abgefüllt. Ich hab sie nicht angefasst! Ich hab nen Moment nicht aufgepasst, da war sie schon voll wie ein Eimer!“ „Wehe, ich find heraus, dass ihr es doch getrieben habt!“ „Da kannste lange recherchieren. So, ich mach die Flatter. Gute Nacht!“

Rick nahm mich über die Schulter und trug mich ins Schlafzimmer, wo er mich ins Bett legte. Er legte sich neben mich, das merkte ich noch. „Hattet ihr Spaß? Was habt ihr heute so gemacht?“ „Wir... Oh Mann, bin ich müde... Wir sind durch die Stadt gelaufen... Hihi, ich hab was ganz Tolles gefunden, hahahaha!“ „Uh, du bist wirklich dicht...“ „Hier! Das schenk ich dir... Hahaha!“

Ich zog das zusammen gefaltete Bild aus meiner Hosentasche und gab es ihm, bevor ich endgültig einschlief und erst am späten Morgen wieder aufwachte. Als ich die Augen auf machte und auf die Uhr guckte, war ich erstmal ganz schön verwirrt. Hatte ich Rick wirklich das Bild gegeben? In meiner Hosentasche war es jedenfalls nicht mehr. Mit schweren Augen schritt ich in die Küche, wo Rick und Marisha sich gut amüsierten. Sie kochten miteinander das Mittagessen. Rick als Koch gab ihr Tipps wie sie Dinge noch besser zubereiten konnte. Marisha kochte für ihr Leben gern und freute sich über seine Hilfe.

„Wow, das ist echt Hammer mal mit einem professionellen Koch zusammen zu kochen!“ „Wenn du irgendwelche Rezepte brauchst, kann ich dir die gern besorgen.“ „Au ja! Du bist super!“ „Hehe.“ „Morgen... Da haben sich wohl zwei gesucht und gefunden“, bemerkte ich leise und nahm mir den letzten Schluck Kaffee, der noch da war.

Auf der Theke standen zirka zwanzig verschiedene Tassen.

„Sagt mal, was habt ihr denn gemacht?“ „Oh, Rick und ich haben heute Morgen schon eine Kaffee-Orgie gemacht! Er hat 28 Tassen geschafft und ich leider nur 25! Er ist echt ein krasser Kaffeetrinker!“ „Heirate ihn halt. Ihr passt wohl eh gut zusammen.“ „Schiebst du uns nun die Eifersuchts-Nummer?“, fragte Rick etwas wütend. „Nee... Ich hab nur nen Mordskater und bin verwirrt.“ „Dann solltest du in Zukunft nicht so viel feiern gehen, mein Schatz.“ „Ja, werd ich nicht mehr machen... Ich glaub, ich geh nachher Rico besuchen.“ „Gut, ich fahr dich wieder. Aber keine Angst, diesmal fahr ich normal.“ „Hoffentlich.“ „Ich muss eh noch mit dir reden.“

Ich machte mir Sorgen, weil ich nicht wusste worüber Rick mit mir reden wollte. Aber wenn er schon so kommt, muss es was Ernstes sein. Ich zerbrach mir den Kopf darüber, bis wir los fuhren. Er hielt sein Wort und fuhr wirklich normal, sodass mir diesmal nicht schlecht wurde.

„Ähm... Worüber willst du denn mit mir reden? Ich hab wirklich nichts mit Yosh gemacht!“ „Das will ich gar nicht wissen... Wo hast du das Bild gefunden, das du mir gestern im Rausch in die Hand gedrückt hast!?“ „Ach stimmt! Das Bild! Ich war mit Yoshi in so nem komischen verlassenen Hotel, das aussah wie ein Tempel oder so. Da ist nichts mehr los. Das Bild hab ich in einem Schreibtisch gefunden. Der Junge auf dem Bild sah dir ähnlich, also hab ich es mitgenommen. Wo hast du es hin?“ „Ich hab's zerrissen.“ „Was?! Warum?“ „Egal... Geh du erst mal zu Rico. Ich will noch kurz was erledigen und hol dich in einer Stunde wieder ab, dann reden wir weiter.“

Wieder drohte die Beziehung von Rick und mir abzukühlen. Diesmal steigerte ich mich jedoch nicht rein. Rick setzte mich am Krankenhaus ab und fuhr gleich weiter. Das Regenwetter regte mich auch langsam auf. So schnell ich konnte rannte ich ins Gebäude um nicht wieder nass zu werden. Ich war gespannt wer sich diesmal alles bei meinem Bruder aufhalten würde. Zu meiner Erleichterung war er gerade alleine.

„Schwesterchen! Wow... Wenigstens eine, die mich nicht vergessen hat.“ „Huhu... Wieso? Kommt dich keiner besuchen?“ „Nee, die letzte Zeit gar nicht. Nicht mal Scarlett... Wenigstens ist sie doch nicht schwanger. Dumme Kuh.“ „Bist sauer, he?“ „Oh ja!“

Wir waren gerade ins Gespräch vertieft, als die Tür aufging und ein Arzt herein kam zur täglichen Untersuchung. Er kam mir bekannt vor... Seltsam. Auch Rico guckte skeptisch.

„Guten Tag, ich bin der neue Stationsarzt hier. Ich mach grad einen Rundgang um die ganzen Patienten kennen zu lernen. Mh, wen haben wir denn... da... Hiwatari!?“ „Oh mein Gott... DAD!?!“, schrie ich entsetzt auf. Rico's Blicke wechselten zwischen Dad und mir hin und her. Dann grinste er schadenfroh. „Haha! Chann hat ihren Vaddi wieder gefunden!! Hihihi!“ „Du Depp! Der ist auch dein Alter!“ „... Scheiße! Stimmt ja!“ „Rico? Chann?“, fragte Dad verwundert und wir alle wussten nun nicht, was wir zueinander sagen sollten....
 

~ Kapitel 12 ~ Beziehungskrise ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~

In unserer Kindheit


 

...Meist sagen die Leute... In unserer Kindheit geht es uns gut. Es gäbe noch nichts, über das wir uns sorgen bräuchten. Doch sind es nicht die Kinder, die genau so gut alle Probleme und Sorgen ihrer Umgebung mitbekommen? Ist es nicht falsch, zu denken, sie bräuchten sich nicht zu sorgen, wenn sie doch genau so im Leid versinken wie manch Anderer auch..?
 


 

~ Kapitel 13 ~ In unserer Kindheit
 

Die Person, die sich als mein Dad bezeichnete, wiederzusehen, versetzte mir einen Stich ins Herz. Mir wurde schlecht... An das letzte Mal, als ich ihn sah, konnte ich mich nicht mal mehr erinnern. Ich wusste nicht mehr wie er aussah, wie seine Stimme klang. Eigentlich wusste ich gar nichts über ihn. Wir hatten eine Weile Briefkontakt, doch die Briefe hatte er meiner Vermutung nach auch nur geschrieben, um sein schlechtes Gewissen etwas zu beruhigen und damit niemand behaupten könne, er hätte sich nicht gemeldet.

Nachdem ich mit Rick zusammen kam und ich eh so viel zu tun hatte, antwortete ich ihm irgendwann nicht mehr, weil ich keine Lust mehr auf die Heuchelei hatte.

Doch nun... Kam alles wieder hoch. Mein ganzer Zorn, meine Abneigung ihm gegenüber. Er schien es anders zu sehen und fing an zu lächeln. Ja, er streckte sogar seine Arme nach mir aus.

„Chann, Liebes! Wow, bist du groß geworden! Ich hab ja ewig nichts mehr von dir gehört! Komm her.“ „Rico, ich werde dann mal nach Hause gehen und nach den Kindern sehen. Bis dann“, sagte ich matt und wollte schweigend an Dad vorbei laufen, doch ich ahnte schon, dass es nicht so einfach sein würde. Er hielt mich an der Schulter fest.

„Wieso gehst du denn jetzt einfach? Bist du so sauer auf mich?“ „Lass es einfach gut sein.“ „Meinst du nicht, ich hätte mir zumindest eine Chance verdient um zu beweisen, dass ihr mich doch interessiert?“

Rico lachte bei diesem Satz spontan auf, schwieg dann aber wieder um zu hören, was ich darauf zu sagen hatte.

„Du willst... Eine Chance?! EINE CHANCE?!! DU HATTEST FAST 25 JAHRE LANG EINE CHANCE!!! Und was hast du gemacht? Nichts! Nicht ein mal wärst du in den Flieger gestiegen um uns mal zu besuchen!“ „Als Arzt hab ich auch keine Zeit dazu...“ „Erzähl mir kein Scheiß! Einmal im Jahr hast auch du sicherlich Urlaub. Aber ist klar, dass du deine kostbare Zeit lieber am Strand mit Cocktails verbringst, als dich um deine Familie zu kümmern! Das ist echt erbärmlich... Was weißt du überhaupt über deine Familie? Weißt du wie deine Enkelkinder heißen?“ Er hielt einen Moment lang inne und guckte mich mit seinen dämlichen Blicken an.

Genau diesen Blick hatte ich auch schon bei Rico und Kyle gesehen. Es war, alles hätte er nicht einmal die Frage richtig verstanden.

Ungeduldig verschränkte ich meine Arme und wippte mit dem Fuß auf und ab.

„Also?“ „Ehm... Hailey?“ „Wow... Und noch?“ „Noch mehr?!“ „Siehst du! Genau das meine ich! Du bist einfach nur das beste Vorbild für einen Rabenvater! Nein, für dich gibt es gar kein Ausdruck mehr! Es gibt nämlich noch drei Andere neben Hailey, aber gut, wenigstens kannst du dich an ihren Namen erinnern. Ihr entschuldigt mich nun...?“

Ob das Verhalten, dass ich hier an den Tag legte, nicht auch typisch Hiwatari war? Ich versuchte vor der Situation zu flüchten. Diesmal ließ ich mich nicht festhalten und rannte den Flur entlang Richtung Ausgang. Ich überlegte ob ich nun heulen sollte, doch Danny Verone war mir diese Tränen nicht wert!

Draußen auf dem Parkplatz, stellte ich fest, dass Rick ja noch gar nicht wieder da war. Immerhin wollte erst nach einer Stunde wieder kommen... Es ist vielleicht gerade mal ein Viertel davon vergangen. Danny würde mir sicher folgen... Es war typisch für die Kerle unserer Familie, dass sie so etwas nicht auf sich sitzen lassen.

Hmm, wo könnte Rick hin gefahren sein?

Es lag nahe, dass er zu diesem leerstehenden Hotel gefahren ist, da ich ihm davon erzählte und ihm das Bild, leichtsinnig wie ich war, gab. Als ich mich auf den Weg dort hin machte und mich extra beeilte, damit ich Rick nicht verpassen würde, verfluchte ich es mal wieder, meinen Führerschein nicht dabei zu haben. Erst einmal hatte ich wieder Probleme damit, überhaupt die Orientierung zu finden. Umso erleichtert war ich, endlich das große Gebäude in Form eines japanischen Tempels zu sehen. Falls Rick dort drin sein sollte, müsste irgendwo hier das Auto stehen, dass wir uns geliehen hatten. Ich blickte mich um und sah es tatsächlich da stehen. Ein Stück weiter entfernt von dem Gebäude.

Mich erschlich ein Gefühl von Schauder, als ich vor dem rostigen und verbogenen Stahltor stand. Ob ich Rick überhaupt in diesem Moment belästigen sollte? Das fragte ich mich plötzlich, kurz bevor ich mir vornahm rein zu gehen. Er wollte bisher nie, dass ich etwas davon erfahre und würde sicherlich allein sein wollen.

Eine Minute hielt ich inne...

Ich war immerhin seine Frau und wenn ein Moment dazu geeignet wäre endlich alles auszupacken, dann sicherlich dieser! Ich fasste den Mut ihn noch einmal mit dem Thema konfrontieren zu wollen.

Etwas ängstlich schlich ich mich in das Gebäude, das einfach eine traurige Aura ausstrahlte und machte mich auf den Weg ins oberste Stockwerk. Dort, wo ich den großen Schreibtisch aus Holz zuletzt gesehen hatte und schließlich auch dieses eine Bild fand. Ich sollte mit meiner Vermutung richtig liegen. Schon als ich den Flur erreichte, sah ich, dass die Bürotür weit offen stand. Zumindest das, was von der Tür übrig geblieben war. Sie hing halb aus der Fassung. Das laute Knarren des Boden empfand ich als sehr unangenehm und störend. Ich wollte nicht, dass Rick sofort bemerkt, dass ich auch hier bin.

Doch auch als ich schon im verkratzten Türrahmen stand, bemerkte er mich nicht. Er saß nur mit dem Rücken zur Tür, auf dem Schreibtisch und schien etwas in der Hand zu halten. Nun war es schon richtig offensichtlich, dass er nicht mehr alleine im Raum war, und dennoch drehte er sich nicht um.

Er wusste bestimmt längst, dass ich hier war. Ohne darauf noch Rücksicht zu nehmen lief ich selbstbewusst zu ihm und konnte nun auch sein Gesicht sehen, dass mich sehr erstaunte. Das hatte ich bei Rick eigentlich noch nie gesehen. Tränen tropften von seiner Wange, während er sich das Bild anguckte, dass ich ihm in meinem Vollrausch gegeben hatte.

„Ich dachte... Du hättest es zerrissen?“ „... Es ist so unfair.“ „Was meinst du?“, fragte ich leise und setzte mich neben ihn, wo ich meine Hand tröstend auf seinen Rücken legte und ihn streichelte. „Es ist so unfair, was hier alles passiert ist... Und warum das gerade mir passiert ist... Und, dass man einfach so ersetzt wird.“ „Ich verstehe nicht ganz. Hat der Ort hier also doch was mit deiner Vergangenheit und deinem Vater zu tun?“

Nun war ich gespannt, ob er wieder abblocken würde, oder ob er mich endlich an seiner Vergangenheit teil haben lässt. Noch einmal guckte er auf das Bild und seufzte laut.

„Bis zu meinem siebten Lebensjahr war ich eigentlich glücklich. Gut, Mum hatte mir nie etwas von meinem Dad erzählt, sie hatte auch nie einen anderen Mann... Meist wirkte sie traurig oder wütend, aber für mich war die Welt eigentlich noch in Ordnung. Dann fing es auf einmal an – wir wurden von Männern verfolgt, die schwarze Anzüge trugen. Mum sagte zwar, ich soll keine Angst haben, doch sie selbst war wirklich mehr als nervös. Irgendwann brachte sie mich dann hierher, mit dem Grund, ich solle hier lernen mich zu verteidigen. Alles war fremd und ich hab mich wirklich einsam gefühlt, auch wenn sich um mich gekümmert wurde.“ „Und... Was hat das mit deinem Vater zu tun?“ „Sieben Jahre hab ich in dem Chef dieser Organisation so was wie einen Vater gesehen... Ich mochte ihn wirklich gerne, er hat immer auf mich aufgepasst und für mich gesorgt. Er wollte nie, dass ich raus gehe und Aufträge erledige, damit ich nicht irgendwann in den Knast komme. Nur ganz selten nahm er mich doch mal mit, da war ich total glücklich. Damals verstand ich das noch nicht so... Wenn es mir schlecht ging, saß er manchmal nächtelang bei mir auf der Krankenstation... Und dann? Muss ich nach sieben Jahren erfahren, dass mein Vater die ganze Zeit vor mir stand... Alles war gelogen...“

„Wieso hat man dir nie erzählt, dass er dein Vater ist?“ „Das weiß ich nicht... Vielleicht um mich zu schützen. Ich hab es damals erfahren und bin sofort davongelaufen. Er tat nicht mal was um mich aufzuhalten. Ich hab es nur bis nach Amerika geschafft, weil ich mir eine Woche zuvor seine Kreditkarte geklaut hatte. Die ließ er nicht mal sperren... So ein Idiot“, lachte er und fing dann wieder an zu heulen. Die Situation war für mich recht unangenehm, da ich nicht wusste, wie ich Rick überhaupt helfen könnte. Ich war schockiert über seine Vergangenheit, andererseits war ich auch etwas neidisch, denn sein Vater hatte sich wenigstens um ihn gekümmert, wenn auch nicht offensichtlich. Aus welchen Gründen auch immer. Meiner hingegen hatte sich einfach verzogen und ließ uns alle im Stich...

„Was meintest du mit „Ersetzt werden“ genau?“ „Na, du hast doch auch diese Bälger gesehen, die diese Blondine bei sich hatte! Und ich hatte dir ja letzt schon gesagt, dass er inzwischen ne neue Frau und neue Kinder hat. Klar, dass man dann schnell vergisst, die Alten zu suchen.“ „Vielleicht hat er es ja gar nicht vergessen, sondern sich nur noch nie getraut, weil er weiß wie du reagieren würdest, wenn er auf einmal vor dir stünde.“

Er drehte sich zu mir und guckte mich fragend an. Er hätte ihn sicher nicht auf einen Kaffee eingeladen, sondern ihn sofort abblitzen lassen. Dafür kannte ich Rick zu gut. Wenn er jemanden nicht mochte, oder auf jemanden wütend war, ließ er es einen spüren. Damit hatte ich ja seit Neustem auch genug Erfahrung.

„Ja, du hast Recht... Ich wäre nicht gerade freundlich zu ihm gewesen. Ich würde ihn nur gerne noch einmal sehen und ihn fragen was nun wirklich passiert ist. Warum er sich überhaupt mit dieser kriminellen Laufbahn eingelassen hat. Warum er seine Familie dafür verlassen hat. Das kann ich nicht verstehen.“ „Gibt es keine Möglichkeit ihn irgendwie zu finden?“ „Ich glaube kaum, dass man ihn unter dem Namen Sean Coldfire findet. Der Mann wurde landesweit gesucht. Aber... Ein Versuch ist es ja wert. Vielleicht ist er dumm genug, sich keinen Ausweis zu fälschen.“ „Gibt es hier in der Stadt so was wie ein Bürgermeldeamt?“ „Ja, wieso?“ „Wieso wohl? Versuchen wir es da.“ „Und... Du haust nun nicht ab wegen meiner Geschichte?“ „Warum sollte ich?“, fragte ich verwundert. Ich freute mich so, dass er es endlich erzählt hat. Das entlastete unsere Beziehung sehr. Er schnappte meine Hand und half mir durch das Gebäude zu kommen, ohne über irgendwelche eingebrochenen Holzbalken zu stolpern.

„Warum hast du eigentlich nie deine Mutter gefragt was mit ihm los war?“, fragte ich Rick interessiert, als wir draußen angekommen waren. „Puh... Die schweigt wie ein Grab. Wenn man sie drauf anspricht reagiert sie schlimmer als ich.“ „Oh jee...“

War von Celia jedoch irgendwie nicht anders zu erwarten. Vielleicht ist sie deswegen so verbittert und hat Angst, dass ich ihren Sohn verletze? Rick ist schon so oft verletzt worden und Celia wurde von ihrem Mann verlassen. Sie will ihm dadurch einfach größeren Kummer ersparen.

Allerdings erreichte sie meist nur das Gegenteil damit. Jetzt, wo ich das hörte, bereute ich meinen Seitensprung mit Yosh noch mehr. Meinem Mann ging es schlecht genug. Er hatte schon so üble Erfahrungen und ich setze auch noch eins drauf...

Wir setzten uns ins Auto und fuhren erneut in die Innenstadt, wo die zuständigen Behörden für Bürger und Aufenthaltsorte waren. Rick zögerte anfangs erstmal rein zu gehen. Er fragte, ob er den Schritt wirklich tun soll. Sean zu suchen und die Vergangenheit aufzuwühlen, wäre immerhin ein großer Schritt.

„Und, wenn er mich gar nicht sehen will?“ „Will er bestimmt. Und zudem! Wir sind nicht ewig in Japan! Demnächst sind wir erstmal für lange Zeit wieder in Florida und da hast du keine Möglichkeit mehr ihn erneut zu suchen. Dein Chef wird dir den Arsch verfluchen, wenn du schon wieder in Urlaub fliegst. Tu es jetzt, oder du wirst es auf ewig bereuen, Rick.“ „Ja, stimmt... Ich muss sagen, du bist ne ganz schöne Nervensäge, Chann.“ „Gleichfalls...“

Drinnen wurde unsere Hoffnung jedoch jäh zerstört. Wie konnten wir uns auch die Hoffnung machen, Sean unter seinem richtigen Namen zu finden? Eine sehr naive Vorstellung. Die Beamtin tat alles um ihn doch in der Datenbank zu finden – vergebens. So mussten wir, für heute, kapitulieren. Sollte nun die Hoffnung auf ein Wiedersehen jäh zerstört sein? Draußen auf den Eingangsstufen kamen Rick erneut die Tränen. Er fluchte laut herum und schlug seine Fäuste gegen die Hausmauer , ehe er sich erst mal setzen musste. Wieder legte ich meine Hand tröstend auf seine Schulter.

„Man, zieht mich das runter... Ich befinde mich seit Jahren wieder mit meinem Vater in der selben Stadt... Ich weiß, dass er hier irgendwo ist... Aber ich kann ihn nicht finden! Das ist nicht fair!!!“ „Was ist schon fair? Komm, lass uns nicht aufgeben. Du siehst ihn wieder. Du hast nicht die vielen Qualen in deiner Kindheit ertragen, um ihn nun so davonkommen zu lassen. Vielleicht haben unsere Freunde ihn schon mal irgendwo gesehen.“ „Glaube ich eher weniger.“

Mit einem lauten Seufzen überlegte ich, was man noch tun könnte um einen Mann zu finden, dessen Namen man nicht einmal kannte. Leider fiel mir nicht viel dazu ein. Mir schoss nur plötzlich meine Mutter in den Kopf!

„Mir fällt gerade ein... Meine Ma war damals überhaupt nicht begeistert, als sie hörte, dass ich mit dir Kontakt habe. Geschweige denn, dass wir zusammen sind. Sie hatte mich eigentlich davor gewarnt.“ „Warum das?!“ „Vielleicht kennt sie deinen Vater?! Mum lebte auch lange in Tokyo! Sie verbrachte ihre Jugend hier! Könnte doch sein, dass die sich kennen und Mum nur nicht wollte, dass ich mit dir Kontakt habe, weil sie über die vielen kriminellen Dinge bescheid weiß.“ „Wäre eine Idee... Kannst du sie nachher vielleicht gleich anrufen?“ „Klar, auch wenn ich nicht gerne mit ihr spreche.“

Er lehnte sich an mich und ließ sich von mir den Kopf streicheln. Der Tag hatte ihn wirklich total fertig gemacht. Und ich versuchte stark für ihn zu sein, wo doch die Begegnung mit meinem eigenen Dad mir selbst sehr zu schaffen machte. Doch damit wollte ich Rick nun gar nicht belasten.

Bedrückt und mit gesenktem Kopf beschlossen wir, dass es besser war, erstmal zurück nach Hause zu fahren. Die Kinder würden sicherlich schon auf uns warten. Und Hunger hatten wir auch.

Den restlichen Weg verloren wir kein Wort mehr über das Thema. Ich war auch viel zu sehr damit beschäftigt an das zu denken, was im Krankenhaus passierte. So sehr ich auch wollte – ich konnte den Worten meines Vaters einfach keinen Glauben schenken. Ich war so maßlos enttäuscht von ihm…

Im Wohnzimmer angekommen, durften Rick und ich die nächste Überraschung erleben. In Form von Jill und Shinji, die beide auf dem Sofa saßen und sich gegenseitig am küssen waren. Ich traute meinen Augen kaum. Sie bemerkten uns selbst nicht, als wir längst neben dem Sofa standen. Beide hatten wir einen matten Gesichtsausdruck aufgesetzt.

Ich stemmte die Hände in die Hüfte, während mein Mann die Arme vor sich verschränkte. Um es zu Ende zu bringen, räusperte ich mich ganz einfach kurz. Shinji bekam solch einen Schrecken, dass er mit einem lauten Schrei aufsprang und vom Sofa fiel. Jill wurde blass...

„Mum... Dad... Eh... Hi!“ „Junge Dame, was wird das? Dir ist schon klar, dass du erst sieben bist!? Und der da ist grade mal sechs! In eurem Alter solltet ihr euch gegenseitig ekelhaft finden, statt eurer Sandkastenliebe nachzugehen!“ „Aber Mama! Shin hat mich gezwungen!“ „GEZWUNGEN!?!“, rief er zwischen rein, als er sich wieder aufgerichtet hatte. „So gezwungen sah das aber nicht aus“, bemerkte Rick am Rande. „Er wollte doch nur mit mir Üben, damit er sich bei Hailey nicht blamiert.“ „Üben!? Blamieren!? In eurem Alter wird nicht geknutscht!!!“ „So weit kommt's noch! Ist ja typisch... Bei dem Vater...“ „Rick!“ „Ja, was?!“

Kopfschüttelnd ging ich nach draußen und setzte mich auf die Treppe. Seit wir hier sind ist jeder Tag purer Stress. Es ist laut, meist passiert irgendwas und langsam bekam ich das Gefühl, dass wir völlig umsonst hierher kamen, denn es gab selten mal einen Angriff von Dämonen und wenn, dann kamen die Anderen größtenteils mit zwei oder drei Assistants klar.

Langsam wollte ich nicht mehr... Diese ganzen Ereignisse... Rick's Vergangenheit, Wiedersehen mit meinem Dad... Rico im Krankenhaus, Kyle mit Mari und Naga... Die Kinder... Ja, langsam ging mir wirklich die Energie für das Ganze aus. Ich fragte mich, wann wir wieder nach Hause könnten. Ich sehnte mich nach meinem „alten Leben“. Zwar würde ich wieder meine Familie und Freunde vermissen, jedoch wusste ich, dass man nichts geschenkt bekommen würde. Langsam legte ich meinen Kopf auf meine Hände, ließ ihn darin versinken und seufzte laut.

„Chann? Alles klar? Hat dich das mit Jill so sehr geschockt?“, fragte Rick, der sich zu mir gesellte und sich neben mich auf die Treppe setzte. „Ach... Nein, das ist es nicht.“ „Was denn dann? Das, was ich dir vorhin erzählt hab?“ „Das hab ich schon verarbeitet... Ich hab mich im Krankenhaus nur so aufgeregt... Weil... Weil... Ach, vergiss es“, beendete ich leise den Satz, weil ich mir unsicher war, ob ich davon erzählen sollte. Gegen Rick's Vergangenheit war das, was ich erlebt hatte, doch gar nichts. Er würde mich auslachen dafür. Ich solle mich nicht so anstellen... Rick lehnte sich etwas nach vorne um in mein Gesicht schauen zu können. Sein Blick war warmherzig und verständnisvoll.

„Erzähl mir, was dir auf dem Herzen liegt. Warum hast du dich so aufgeregt?“

Sollte ich ihn wirklich mit meinen belanglosen Problemchen vollheulen? Nun... Mehr als sich darüber lustig machen konnte er nicht, so beschloss ich, mich zu wagen.

„Ich regte mich auf... weil... weil auf einmal unser Vater vor Rico und mir stand. Wie aus dem Nichts und dann tut er so, als wäre nie etwas gewesen. Fragt mich auch noch, warum ich ihm keine Chance geben kann. So ein Scheiß!“

Er guckte mich erstaunt an. Ich redete selten von meinem Vater - Überhaupt von meiner Familie. Sie war mir peinlich und ich schämte mich für sie. Koshy war die einzige Ausnahme. Sie war die Einzige, die jemals eine menschliche Einstellung hegte und nicht der Dummheit und Verantwortungslosigkeit verfiel.

„Warum erfahre ich das erst jetzt?“ „Ich wollte nicht, dass du dich auch noch wegen meinen Problemen rummachen musst, wo es dir doch so schlecht ging wegen deinem Vater. Und... Ich hatte Angst du würdest mich vielleicht auslachen... Denn meine Geschichte ist dumm im Vergleich zu deiner.“ „Keine Geschichte aus der Vergangenheit ist dumm. Egal was auch passiert sein mag, es beschäftigt und bedrückt dich. Du darfst das was uns passiert ist, niemals versuchen zu vergleichen, denn beides ist auf seine eigene Weise einfach nur traurig. Deswegen erzählst du es mir jetzt einfach und ich werde dir zuhören.“ „Danke... Das beruhigt mich“, antwortete ich leise und faltete die Hände erleichtert. „Als ich Dad sah, verspürte ich nur noch Hass und Zorn. Alles kam wieder hoch... Dass er sich nie um uns gekümmert hat, obwohl wir ihn gebraucht hätten. Vor allem Kyle und ich, als wir bei Opa in Russland gelebt hatten.“

Ich senkte den Kopf und beobachtete meine Hände, während ich versuchte mich Details von damals zu erinnern.

„Unsre Ma kam noch nie mit uns allen klar. Koshy und Rico nahm sie mit sich, Kyle und ich kamen zu unsrem Opa. Wo Ran gelandet ist, weiß ich bis heute nicht. Mein Opa war immer so eingestellt, dass Frauen nichts zu sagen haben und nur Männer eine gute Position erreichen können. Daher wurde Kyle natürlich bevorzugt. Er wurde richtig als Macho erzogen, was wohl auch seinen heutigen Charakter erklärt. Opa hasste unsren Vater. Doch an mir ließ er es am meisten aus. Täglich durfte ich mir Dinge anhören wie „Du bist die Schande der Familie“, „Du kannst gar nichts“, „Was haben deine Eltern da nur für einen Fehler begangen?“, „Du bist wie dein jämmerlicher Vater!“... Solche Dinge durfte ich mir in meiner Kindheit antun. Bis es Kyle zu viel wurde und mich anfing zu beschützen. Er hat es sogar geschafft, dass ich zu Koshy und Rico ziehen durfte. Da war ich endlich erlöst.“

Ich hätte ihm noch viel mehr erzählen können, jetzt, wo es endlich mal wieder so gut zwischen uns lief. Nein! Es lief noch nie so gut zwischen uns. Vor Kurzem dachte ich noch, es sei aus, doch nun... Besser könnte es nicht laufen. Als ich ansetzen wollte um weiter zu erzählen, wurde ich jedoch von zwei Stimmen unterbrochen, die aus der Nähe laut und deutlich zu hören waren. Ich seufzte bedrückt... Jetzt fand ich endlich den Mut, mir einmal Luft zu machen und dann stört wieder jemand. Rick blickte hinüber in die Richtung, aus der die beiden Stimmen kamen und legte seinen Arm um meine Schulter.

„Sobald es wieder ruhiger um uns wird, nehmen wir uns einen ganzen Mittag Zeit und sprechen noch einmal darüber. Und sollte ich deinen Großvater jemals erwischen, dann wird er zu spüren bekommen, was Sean mir so beigebracht hat... Wäre besser für ihn, uns nicht zu begegnen.“

Ich kicherte leicht auf bei der Vorstellung wie Rick meinen Großvater in die Mangel nehmen würde.

Langsam und gespannt, was es zu lauschen gab, schlichen wir uns hinter das Gebüsch, das an der Hausmauer wuchs und blickten hinüber zur Straßenlaterne, unter der mein Bruder Kyle und Naga standen.

„Was machen die Idioten da schon wieder?“, flüsterte Rick mir entsetzt zu. „Keine Ahnung! Mal zuhören...“

Naga hatte eine glaubwürdige Trauermine aufgesetzt und drückte ihre Krokodilstränen heraus, was ich nicht ganz verstehen konnte... Naga heult NIE!!! Dafür war sie viel zu emotionslos eingestellt.

„Kyle! Wie soll das nur mit uns Beiden und der kleinen Maya weiter gehen? Du bist nie für mich da. Und auch nie für deine kleine Tochter. Wir brauchen dich!“ „Tut mir leid, Marisha plant mich immer zu sehr ein. Ich bring das schon irgendwie in Ordnung.“ „Irgendwie!? Ständig höre ich nur Marisha... Als würde es nur um sie gehen. Entscheide dich endlich, Kyle. Ich liebe dich... Ich würde dir alles geben.“ „Okay, hör zu... Ich schlage dir vor, dass ich mich mit dem Scheidungsanwalt in Verbindung setzte, mich scheiden lasse und dich heiraten werde. Okay?“, schwätzte er vor sich hin, als sei es die einzige und richtige Entscheidung, die es gäbe. Grinsend breitete er die Arme aus und feierte seine clevere Revolution. „Na, wie klingt das?“ „Oh, das wäre fantastisch!“ „BITTE WAS!?!?“, platzte es ungehalten aus mir heraus. Ich gab inzwischen mein Versteck auf und war für die Beiden gut sichtbar. Vor allem Kyle wurde sehr blass bei dem Gedanken, dass ich alles gehört haben könnte. Auch Rick stand auf.

„Chann!“ „Kyle Hiwatari! Ich hab jedes verdammte Wort gehört! Und ich werde nun zu deiner Frau gehen und ihr alles erzählen, aber wirklich ALLES!!!“ „Nein Chann, das hab ich doch nur gesagt, weil...“ „Weeeil!?“, fragte Naga skeptisch und legte die Hände erwartungsvoll in die Hüfte. „Bitte, sag es Marisha nicht, Chann!!!“ „Keine Chance! Ich gehe jetzt zu ihr! MARISHA!!!“, rief ich so laut ich konnte. Wir befanden uns immerhin gleich neben dem Haus und ich wusste, dass sie wieder im Garten saß. Das war immerhin ihr Lieblingsort. Zudem drehte ich mich um und lief schnurstracks zur Haustüre. Kyle packte mich an der Schulter und guckte mich verzweifelt an. „Wag es dich nicht!!!“ „... Was, sonst?“, fragte Rick bedrohlich und zerrte Kyle's Arm weg von mir, so dass es beinah eine Schlägerei gab. Doch dazu kam es nicht, denn Marisha hatte mein Rufen gehört und stand nun auch schon vor uns. Kyle grinste verlegen. Naga stand immer noch erwartungsvoll da und ich war geladen!

„Mari! Ich muss dir mal erzählen, was ich eben so von Kyle gehört habe. Und noch einiges mehr.“ „Huch? Was denn? Was macht ihr hier für einen Trubel?“, fragte sie ahnungslos und blickte sich um. Nun kam auch Rachel raus. Sie war wohl gerade zu Besuch, wie eigentlich täglich. Neugierig wie sie war, durfte sie sich das natürlich nicht entgehen lassen.

„Chann!“, rief er mir noch einmal ermahnend zu, doch das war mir egal. Meinetwegen könnte er auch noch Jahre auf mich sauer sein deswegen! Mari sollte endlich mal die ganze Wahrheit wissen...

Gerade wollte ich ansetzen, doch plötzlich kam etwas großes angeflogen und schlug neben uns im Boden ein. Was zur...? Erst starrten wir auf die Einschlagstelle, wo ein riesiges Loch klaffte und noch am dampfen war vor Energie. Geschockt drehten wir uns alle in die Richtung, aus der das Teil kam. Dort schwebte eine ganze Horde Dämonen über uns und lachte in schrillen Tönen.

„Wow... Dass man euch auch mal sieht! Kaffeepause zu ende?“, fragte Rachel unbeeindruckt. „Die wollen doch nur wieder spielen“, bemerkte Naga mit genervtem Unterton. Marisha ballte die Fäuste. „ALSO LANGSAM REICHT ES MIR MIT EUCH!!! ENTWEDER GANZ ODER GAR NICHT!!! ERST GREIFT IHR DIE STADT AN, DAMIT UNSERE FREUNDE SICH EXTRA AUF DEN WEG MACHEN UND DANN ZIEHT IHR DEN SCHWANZ EIN!?!!?“ „Hahahaha!!! Warum alles kurz und schmerzlos machen, wenn man doch Spaß haben kann? Ihr werdet noch früh genug sterben. Und in Amerika ist nun nichts mehr los... Die perfekte Gelegenheit für uns einen Angriff auf den Kontinent zu starten.“ „Macht ihr eh wieder nicht.“, rief ich zu dem „Anführer“ hoch und machte mir nichts aus seinen Worten.

Das ist doch alles Schwachsinn! Er fing an mit seiner grellen Stimme zu kichern und seine Truppe tat es ihm gleich. Wir gingen allesamt in Kampfposition. Nur Kyle verzog sich unbemerkt von den Anderen. Das war ja klar, dass er so eine Gelegenheit nutzen würde um wegzulaufen. Rachel hatte ihn allerdings auch bemerkt und fesselte ihn mit Ranken, die sie aus dem Boden wachsen ließ.

„Zu dir kommen wir später, mein Lieber!“, rief sie ihm streng zu und konzentrierte sich auf unsere Gegner, die sich zu einem Angriff bereit machten und anfingen wie blöd auf uns zu schießen. Mit geschickten Sprüngen wichen wir ihnen spielend aus. Irgendwie machte ich mir ja Sorgen um das Haus und vor allem um die Kinder, die sich bei dem Lärm schon am Fenster versammelten.

Das war das erste Mal, dass wir Assistants alle gemeinsam kämpften, wenn man mal von Element Licht und Dunkelheit absah, doch hier auf offener Straße einfach zu kämpfen wirkte schon sehr auffällig. Zumal die Nachbarn diese Viecher gar nicht sehen konnten. Nebenbei guckte ich mich um, um zu sehen, ob die Nachbarn hinter den Fenstern hingen – zum Glück nicht. Die Dämonen drängten uns dazu, uns aufzuteilen.

„Rachel, die Kinder!!!“, rief Marisha blitzartig zu der Brünette und rannte, gefolgt von ihr, so schnell sie konnte zum Haus, wo die Kinder heraus gelaufen kamen. Ein Glück reagierte sie so schnell, denn einer der Dämonen streckte die Arme hinunter und feuerte sechs Energiekugeln auf das Dach.

Das bekam ich noch mit, denn fünf andere Dämonen richteten sich auf Rick und mich. Er nahm meine Hand. „Lauf!“ „ABER DIE KINDER!!!“ „DIE SIND BEI RACHEL UND MARI SICHER! KOMM!“

Ich konnte mit seinem Tempo kaum mithalten, als wir die Straße herab rannten, gefolgt von den fünf Mistviechern. Schnell außer Puste merkte ich, dass Rick noch immer gute Reflexe hatte. Ohne ihn hätte ich diese Flucht wohl nicht überstanden. Er zerrte mich hin und her, damit die Dämonen uns nicht treffen konnten.

„CHANN REIß DICH ZUSAMMEN!!!“ „ICH KANN NICHT!“, keuchte ich ihm zu. Zum zurückschießen kam er gar nicht, denn er war zu sehr damit beschäftigt uns den Hintern zu retten. Wenn ich mich weiterhin so gehen lassen würde, hätten wir erst recht keine Chance. Gehetzt kniff ich die Augen zusammen und schaffte es, mich im Laufen umzudrehen und einige Wasserstrahlen nach ihnen zu schießen. Irgendwas stimmte nicht... Die Letzten waren so einfach zu besiegen mit diesen Angriffen... Doch diese hier schlugen meine Energiekugeln weg, als seien sie kleine Wassertropfen.

„WAS MACHEN WIR DENN JETZT!?!“, rief ich verzweifelt zu Rick, der noch immer nicht außer Puste war, obwohl wir nun schon einige Minuten im höchsten Tempo liefen. Erst rannten wir die Straßen hinunter, dann wieder rauf bis zu einem großen Platz, wo ich feststellen musste, dass es eine Sackgasse war. Die Straße war auf einer Klippe gebaut, die am Meer endete. Nur eine lange Reihe von Stangen verhinderten, dass Menschen herunter fallen konnten. Was hatte Rick nur vor? Besiegen konnten wir diese Dinger nicht. Sobald wir stehen bleiben würden, würden sie uns treffen. Sie waren verdammt schnell und die lauten Einschläge ihrer Energiekugeln erschütterten mich bis ins Knochenmark.

„RICK!?!“ „VERTRAUST DU MIR?“ „WAS?!!“ „TUST DU!?“ „JA!“, antwortete ich spontan und bereute es sogleich wieder. Er ließ meine Hand los und verließ sich darauf, dass ich das tat, was auch er gerade vor hatte. Mit einem leichten Satz sprang er auf die Stange und stieß sich auch gleich weiter ab hinunter ins Meer. Ich hatte Angst... Entweder durch den Einschlag im Wasser sterben, oder durch die Hand eines Dämons?! Niemals!

Zeit zum Überlegen blieb eh nicht und so tat ich es Rick gleich – Ich sprang über die Absperrung und fiel mit Rick auf etwa gleicher Höhe aus zirka hundert Meter Richtung Meeresoberfläche. Aus Angst konnte ich mir inzwischen das Schreien nicht mehr verkneifen, doch dann griff er nach mir und zog mich an sich. Es kam mir vor wie eine Ewigkeit, als wir fielen. Schmerzhaft schlugen wir ins Wasser ein, doch dadurch, dass Rick seine Arme schützend um mich gelegt hatte, passierte mir kaum etwas. Meine Ohren taten weh vom Wasserdruck, doch für mich gab es nur einen Gedanken - Schnell wieder zurück nach Oben, bevor mir die Luft ausginge. Rick hatte mich inzwischen losgelassen. Ich riss die Augen auf um nach Rick zu schauen, doch ich konnte ihn nirgends erkennen.

Krank vor Sorge und gepeinigt von der Angst, es nicht bis an die Oberfläche zu schaffen, gab ich mein Bestes und schwamm so schnell ich konnte. Es war fast endlos. Doch auf einmal rempelte mich etwas an, wovon ich kurz einen Schock bekam, dann aber merkte, dass es Rick war, der leblos herumtrieb. Motiviert wie eh und je hielt ich ihn fest und schaffte es endlich nach Oben. Luft!!! Doch was war mit ihm!? Hatte er sich vielleicht den Kopf geschlagen an einem Felsen? Blut war nirgendwo zu sehen.

Verzweifelt guckte ich mich um und fand nicht weit von uns ein verlassenes Stück Stand, wo wir heraus kommen könnten. Im Rettungsgriff zog ich Rick hinter mir her bis zum Stand und guckte dort genauer nach ihm. Er atmete nicht mehr... Unter schrecklicher Angst um ihn, fing ich an auf seine Brust zu hausen.

„Komm schon! KOMM SCHON!!! WACH AAAAUF!!!“, schrie ich ihn an und hämmerte immer weiter auf ihn ein. Das durfte jetzt nicht zu ende sein! Nicht jetzt und nicht so!

Plötzlich – ein Husten! Mit einem heftigen Hustenanfall kam er zu sich und musste sich erstmal wieder einfinden. Ich war so unbeschreiblich erleichtert, dass ich ihm heulend in die Arme fiel.

„Was... Was ist passiert?“ „Rick... Du hast mich beschützt und dein Leben dafür aufs Spiel gesetzt... Das war... das... Danke“, sagte ich nur noch, weil ich keine Worte mehr dafür fand. Er schloss mich fest in seine Arme und schnaufte noch einmal durch. „Jederzeit... Ich lass nicht zu, dass dir etwas passiert. Niemals...“

Noch immer etwas geschockt von dem, was geschehen war, guckten wir uns an und küssten uns innig, bevor wir merkten, dass wir besser nach den Anderen schauen sollten. Rick war geschwächt von dem Sprung ins Wasser und beide waren wir klatschnass. Ich hatte Angst, dass die Anderen auch solche Probleme hätten. Und ich fragte mich, wie es den Kindern wohl gehen würde. Umso schneller liefen wir wieder die Straße hoch, zurück zu dem abgelegenen Haus von Marisha, das inzwischen fast komplett Schutt und Asche war. Von den Anderen war nichts mehr zu sehen. Ich hielt mir entsetzt die Hände vor den Mund, als wir vor dem Haus standen.

„Na klasse... Marisha wird sich freuen. Was nun?“, fragte Rick und schnaufte erschöpft. „Ich... Ich weiß es nicht. Wo sind unsere Kinder? Und wo ist Kyle?“ „Stimmt, den hatten sie ja gefesselt.“

Fragend guckte sich Rick um und riss plötzlich die Augen auf. Kyle lag mit den Ranken um Hände und Beinen gefesselt ein gutes Stück entfernt und rief nach Hilfe. Hektisch stürmte ich zu ihm und befreite ihn.

„Was denkt ihr euch eigentlich!?!! Fesselt mich hier mitten im Kampffeld, damit ich bloß nicht abhauen kann und verrecke! Und mit dir hab ich auch noch ein Wörtchen zu reden!“ Er klopfte sich den Staub von den Klamotten und ging mit großen Schritten zum zertrümmerten Haus, wessen Anblick ihn erstmal zum Durchdrehen brachte.

Rick und ich standen wie angewurzelt auf der Straße und beobachteten durch die eingeschlagene Wand, meinen Bruder, der sich im Haus umguckte und herumfluchte.

„Tja... Was soll man nur machen, wenn man sein zu Hause verliert? Ich wüsste nicht, wie ich darauf reagieren sollte, wäre es unser Haus.“, seufzte Rick. „Kyle wird das nicht stören... Wohnt doch demnächst sowieso bei Naga.“ „Hmpf... Ich muss was gucken“, sagte Rick abrupt und ging ebenfalls ins Haus. Unsicher folgte ich ihm in unser ehemaliges Gästezimmer, das teilweise sogar noch heil geblieben war. Wortlos warf er mir einen Rucksack zu, den er auf dem Bett fand. Ein Zeichen, dass ich ein paar Sachen packen sollte. Ich seufzte.

„Mutter anrufen werde ich wohl erst ein ander mal können.“ „Ich glaube nicht, dass diese Ruine noch eine funktionstüchtige Telefonleitung hat. Wir müssen uns beeilen.“ „Was? Warum?“ „Denk doch mal nach... Ein zerstörtes Haus, Schlaglöcher im Boden, Explosionen. Denkst du, das Umfeld hätte das hier nicht mitbekommen? Die Bullen sind garantiert auf dem Weg. KYLE! BEWEG DICH!“, rief er ihm in die Küche zu. Stimmt! Wenn die hier ankommen, noch bevor wir weg sind, dann würden sie uns fragen, was hier passiert war. Und eine Aussage verweigern wäre unmöglich. Daher packte ich hektisch alle Gegenstände, die zu uns gehörten um zu vertuschen, dass wir überhaupt hier waren.

Rick kniete sich vor eine Reisetasche, die wir noch gar nicht aufgemacht hatten, seit unserer Ankunft. Ich fragte mich, was er da tat. Meine Antwort bekam ich – jedoch gefiel sie mir nicht.

Er packte eine Waffe aus, die er wohl von zu Hause mitgebracht hatte. Dass die unterwegs am Flughafen nicht auffiel!?! „Was willst du mit dem Ding!?!“ „Mich vorbereiten. Zu unserem Schutz. Ich probiere etwas.“ „Na klasse... Trägst du schon immer Knarren mit dir herum?“ „Seit über zwölf Jahren.“ „Und ich weiß nichts davon...“ „Es hätte dich nur beunruhigt.“

Er setzte sich aufs Bett und hielt die Hand ruhig auf die Waffe, ehe er sich konzentrierte. Gespannt verfolgte ich, was er sich nun wieder ausgedacht hatte. Und ich musste staunen!!! Plötzlich fing sein Stein an zu leuchten und darauf hin auch die Waffe. Hat er etwa... Hat er sie mit seinen Elementarkräften belegt!?!

Meine Augen waren groß – sein siegreiches Grinsen noch größer. Zur Probe feuerte er einen Schuss ab. Das Haus war eh nicht mehr zu retten. Die Pistole schoss keine Kugeln mehr... Sie schoss... Wasserkugeln... Und mit welcher Kraft! Es war der Wahnsinn. Die Kugel durchbrach problemlos das Gemäuer.

„Das dürfte auch den stärksten Dämon zerfetzen. Komm! Wir hauen ab.“

Wieder folgte ich ihm und auch Kyle kam wieder zu uns. Er wusste ebenso wie Rick, dass wir hier unter keinen Umständen bleiben konnten. Die Anderen suchen mussten wir erst gar nicht. Unser erster Weg führte zu Rachel, die ja nicht weit weg wohnte. Dennoch waren wir für die Polizei erstmal nicht auffindbar. Die Sirenen hörten wir schon und waren froh es geschafft zu haben.

Bei Rachel saßen schon alle bedrückt auf den Stufen, die ins Haus führten. Marisha liefen die Tränen und die Kinder waren allesamt am Weinen. Vor allem Jill und Clyde fielen uns schreiend in die Arme.

„Bin ich froh... Ihr habt es geschafft“, sagte ich erleichtert und nahm meine Kinder in die Arme. „... Mein schönes... Haus... Alles! Alle schönen Erinnerungsstücke. Die ganzen Sachen... Alles zerstört...“, murmelte Marisha fassungslos vor sich hin. Kyle stand nur dumm abseits und beachtete sie gar nicht. Er blickte nur zurück ans andere Ende der Straße, wo sich Passanten neugierig ums Haus versammelt hatten und die Ruine bestaunten.

„Das darf doch nicht wahr sein! Alles was wir uns aufgebaut hatten...“ „Mari, es kommt sicher alles wieder in Ordnung. Du und Hailey könnt auch erstmal bei uns bleiben“, schlug Yosh vor, der auch bei seiner Familie stand. Marisha blickte auf einmal fragend zu mir herauf und wischte sich ihre Tränen weg.

„So! Was war nun los? Irgendwas wolltest du mir erzählen, Chann“, sagte sie tapfer, um sich damit wohl abzulenken. Ob ich ihr es jetzt noch sagen sollte!?!? Es ging ihr schon so schlecht. Ihr jetzt auch noch das letzte bisschen Glück zu nehmen? Nein! Das konnte ich nicht tun... Ich wollte sie schonen.

Doch als sie merkte, dass ich keine Antwort gab, stand sie mit zitternden Händen und erneuten Tränen in den Augen auf. Wütend packte sie mich an den Schultern.

„NUN SAG SCHON!!!“ „Mari... Ehm... Ich will nicht, dass du...“ „IST DOCH EH ALLES EGAL!!! WAS HAST DU MIR ZU ERZÄHLEN?!!? ICH WILL ES WISSEN!!!“ „Ja aber...“ „Mari, lass das“, mischte sich Rick ein.

Auch in mir tobte nun der Nervenkrieg... Und auch meine Hände zitterten. „DU WILLST ES WIRKLICH WISSEN!?! Ich hab vorhin Naga und Kyle zugehört... Und Kyle sagte, er würde sich von dir scheiden lassen um Naga heiraten zu können. So! Jetzt ist es raus! Und er hat es auch mit Scarlett getrieben!“ „BOAH, NEIN, HALT DOCH DIE KLAPPE, CHANN! Mari! Schatz! Nimm das nicht so ernst, was die kleine Idiotin erzählt! Das ist doch alles harmlos, denn eigentlich gibt es für mich nur dich und ich...“ „KYLE!? SAG MAL BIST DU BEKLOPPT!?!! VORHIN VERSPRICHST DU MIR NOCH, DICH VON IHR ZU TRENNEN UND NUN IST ALLES HARMLOS?!! Los! Entscheide dich! Hier und jetzt! Entweder sie oder ich!“, keifte Naga ihn an. Beide durchlöcherten ihn mit erwartungsvollen Blicken und ihm war deutlich anzusehen, dass er mit der Situation überfordert war. Er überlegte eine Weile, während wir Anderen nur schwiegen und uns fragten, wie seine Antwort nun lauten würde. Plötzlich drehte er sich um und lief zu Naga, vor die er sich stellte. Ich konnte es nicht fassen! Wie kann er nur!?

„Naga, tut mir leid, ich werde mich für Mari entscheiden, wenn ihr es schon so von mir wollt.“

Puh! Die Erleichterung stand in unser aller Gesicht. Endlich hatte er doch mal eine richtige Entscheidung getroffen. Naga's Gesichtsfarbe nahm die ihrer Haare an. Sie wurde knallrot vor Wut und schubste Kyle von sich.

„WAS WILLST DU NUR VON DIESER NAIVEN KUH!? BLÜMCHENSEX!?! NA WARTE KYLE HIWATARI! DAS LETZTE WORT IST NOCH NICHT GESPROCHEN! UND MAYA KANNST DU BEHALTEN! DIE NERVT EH NUR WEGEN DIR RUM! ICH WILL EUCH NIE, NIE, NIE WIEDER SEHEN!!!“, schrie sie ihn an, drehte sich um und dackelte davon, ohne Maya, die laut am Weinen war und nach ihrer Mutter schrie. Doch Naga erhörte sie nicht... Niemand erhörte sie... Sie stand nur ganz alleine da und heulte laut vor sich hin. Ich fragte mich, warum niemand auf die Idee kam, sich um das kleine Mädchen zu kümmern, also tat ich es schließlich. Ich nahm sie in den Arm und schenkte ihr etwas Geborgenheit, was Kyles oder Nagas Aufgabe gewesen wäre.

Kyle, der schon dachte, die Situation noch einmal gerettet zu haben, drehte sich zu Marisha und wollte sie in den Arm nehmen. Doch sie wich seinen Armen aus und ging einen Schritt zurück. Durch ihre langen Haare konnte man kaum ihre Augen sehen, als sie zu Boden blickte und wieder die Fäuste ballte. Kyle musterte sie fragend.

„Mari, Schatz! Na komm, ist doch alles locker. Ich hab mich für dich entschieden und alles ist in Ordnung. Wir bauen gemeinsam unser Haus wieder auf und machen zur Feier des Tages noch ein Kind! Haha!“ „... Meinst du wirklich, die Entscheidung liegt noch bei dir? MEINST DU DAS ECHT!!? ES STEHT MIR BIS HIER!“, schrie sie und hob die Hand energisch vor ihre Stirn. Dann baute sie sich weiter auf und trieb Kyle immer weiter zurück. „DU DENKST AUCH, DASS DIR ALLE WEIBER HINTERHER LAUFEN UND DU DIR DANN GRADE DIE NEHMEN KANNST DIE DIR PASST!? HAT NAGA KEINE LUST, NIMMSTE DIR HALT SCARLETT! UND WENN KEINE DER SCHLAMPEN ZEIT HAT, GIBT ES JA IMMERNOCH DIE DUMME MARISHA! DER BLÜMCHENSEX IST ZWAR LANGWEILIG, ABER BESSER ALS GAR KEINER, ODER!?! UND NACH ALL DEM MEINST DU WIRKLICH, DASS ICH JETZT SO TUE ALS WÄRE NICHTS PASSIERT!?!!? DU ARSCHLOCH BRAUCHST MIR NICHT MEHR UNTER DIE AUGEN ZU KOMMEN! ICH HAB LANGE GENUG VOR ALLEM DIE AUGEN VERSCHLOSSEN! ICH WILL KEIN GEMEINSAMES HAUS MEHR MIT DIR! ICH WILL AUCH KEIN WEITERES KIND VON DIR!!! ICH HASSE DICH!!! NICHTS, ABER AUCH GAR NICHTS WILL ICH NOCH VON DIR! HAU AB!!!“

Wutentbrannt stiefelte sie mit Hailey zusammen in Rachel's Wohnung und schlug die Tür hinter sich zu. Sie hatte Recht... Und Kyle? Der hatte niemanden mehr. Er ließ Maya unbeachtet bei mir und kehrte uns den Rücken zu. Wahrscheinlich würde er die Nacht in der Kneipe verbringen.

„Alles wird gut, meine Kleine. Es ist sehr viel passiert, deine Eltern sind durcheinander. Morgen wird alles besser aussehen. Okay?“, sprach ich meiner kleinen Nichte leise ins Ohr. Endlich beruhigte sie sich etwas und folgte auch den Anderen ins Haus. Zurück blieben Rick, die Zwillinge und ich. Wir beschlossen etwas spazieren zu gehen und den Zwillingen das Desaster von Heute etwas leichter zu machen.

Sie erzählten uns, wie die Gruppe es geschafft hat, mit den Dämonen fertig zu werden. Sie hatten es einfacher als wir. Die Kinder halfen sogar mit. Es war ein langer Spaziergang von fast zwei Stunden in denen Rick und ich unsre Blicke umherschweifen ließen. Die Gefahr von neuen Dämonen bedroht zu werden war unheimlich hoch. Zurück zu Marisha's Haus konnten wir nicht. Das war von der Polizei abgesperrt. Auch auf den riesigen Bildschirmen, die überall in der Stadt verteilt hingen, wurde das Drama in den Nachrichten verkündet.

Jill und Clyde nahmen es relativ locker – die waren immer für ein Abenteuer zu haben und fürchteten sich kaum.

„Wir sollten so schnell es geht nach Hause abreisen“, sagte ich leise zu Rick, als wir fast wieder zurück waren. Bei Rachel und Yosh bleiben konnten wir nicht. Deren kleines Haus war viel zu klein für uns alle. „Ja, das sollten wir. Ich kümmere mich gleich morgen früh um einen Rückflug“, antwortete Rick mit einem lauten Seufzen. Den Kindern gefiel es überhaupt nicht, dass wir bald gegen müssten, doch auch sie sahen ein, dass es keinen anderen Weg zu dieser Zeit gäbe.

Kaum die Tür reingekommen, fiel uns das Kinn weit bis in den Keller. Auf dem Sofa saßen Marisha und Kyle, die miteinander am Kuscheln waren und sich liebevoll küssten. Ich war enttäuscht... Marisha hatte sich wohl doch wieder bequatschen lassen. Es war einfach nicht in Worte zu fassen. Sowohl Rick, als auch ich zogen die Augenbrauen hoch, kümmerten uns aber erstmal nicht mehr darum...
 

~ Kapitel 13 ~ In unserer Kindheit ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~
 

Oh je, an diesem Kapitel hatte ich gut zu Knabbern. Ich war der Meinung, dass hier zu wenig Kampfszenen vorkommen. Und so habe ich das halbe Kapitel ausführlicher geschrieben und dem ein ganz neues Ende verpasst. Manchmal ist es echt schwierig die Emotionen richtig rüber zu bringen :/

Sweet Home

… Genießt eure gemeinsame glückliche Zeit, so lange es euch noch möglich ist, Freunde... Ein langer Abschied steht bevor, doch noch bleibt euch Zeit...

Kapitel 14 ~ Sweet Home
 

Wieso? Wieso vergibt sie ihm nur immer und immer wieder, obwohl er ihr so weh tut? Was treibt Marisha dazu, bei Kyle zu bleiben? War es Hailey? War es die grenzenlose Naivität und die Hoffnung auf ein „Happy End“? In meinen Augen existierte diese Hoffnung nicht. Noch immer fassungslos von der Tatsache, dass er sie wieder herumgekriegt hat, lag ich neben Rick und starrte die Decke an. Die Kinder schliefen bei Shin im Zimmer und so hatten wir unsere Ruhe.

„Verstehst du es?“, fragte mich Rick zögerlich und kopfschüttelnd. „Nein...“ „Ich mein, ich hab dich auch schon oft genug verletzt. Aber nicht auf so derbe Art und Weise wie Kyle es mit Marisha macht.“ „Dazu hättest du auch nur einmal die Gelegenheit, denn danach würde ich dich mit einem Tritt aus der Wohnung befördern. Dass du mich letzt geschlagen hast war schlimm genug.“ „Ja, das tut mir auch leid“, antwortete Rick leise und legte seine Arme um mich, ehe wir das Geschehene hinter uns ließen und einschliefen.

Mitten in der Nacht, als es im Zimmer noch stockfinster war, wurde ich durch ein schrilles und nerviges Geräusch geweckt. Es war Rick's Handy das klingelte und wovon auch er wach wurde. Leicht benommen guckte er aufs Display und verdrehte die Augen.

„Ja?“, fragte er schroff, als er ran ging. „... Sag mal, spinnst du!? Es ist mitten in der Nacht!... Ja, war klar, dass du da gar nicht dran gedacht hast... Ruf in sechs Stunden noch mal an... Okay... Ja... Was denn noch?... WAS!?... Ja... Wir machen uns morgen eh auf den Heimweg... Gut... Häää!? Wieso sollte meine Frau sich jetzt schon in die Küche stellen zum Kochen!? Ich brauch kein Frühstück, dass man stundenlang zubereiten muss... Boah, NEIN! Tschüss!!!“, sagte er wieder schroff und warf das Telefon an die Wand.

„Wie viele Handys hat deine Mutter eigentlich schon auf dem Gewissen?“, fragte ich unbeeindruckt. Ich wusste, dass es Celia war, mit der er da gesprochen hatte.

„Ach, die spinnt doch. Meint, sie will am Wochenende vorbeikommen.“ „Was? Das ist doch schon in ein paar Tagen.“ „Egal. Wir reisen eh morgen ab, dafür sorge ich.“ „Oh Mann, ich will mir deine Mutter aber nicht schon wieder geben. Die einzige Zeit wo sie mich in Ruhe ließ, war meine Schwangerschaft... Die Hölle“, seufzte ich und ließ mich mit schlechter Laune nach hinten fallen. Ich hatte keine Lust auf diese Frau. Lieber würde ich hier in Japan bei der Zerstörungswut der Dämonen bleiben wollen. So mein Mist! Auch Rick legte sich wieder zurück und grinste.

„Behaupten wir einfach, du seist wieder schwanger. Dann ist sie glücklich, haha!“ „Du bist ein Idiot! Da würde sie in neun Monaten andackeln und das Kind sehen wollen. Zu blöd, wenn dann nur die Zwillinge da sind.“ „Hm... Fehlgeburt?“ „Das wäre mies. Da würde sie sich fragen, warum wir nicht am Boden zerstört sind.“ „Auch wahr.“

Beide seufzten wir und überlegten. Doch dann schien Rick plötzlich eine Idee gekommen zu sein. Er richtete sich auf und guckte mich an.

„Und was, wenn du wirklich schwanger bist?“

Das... War jetzt nicht sein Ernst...

„Ich? Wirklich schwanger? Und wie stellst du dir das vor?“ „Ganz einfach. Ich verführe dich jetzt, du lässt deine Pille weg und gut ist.“ „Na klasse...“ „Mein Ernst!“ „Rick! Nein! Hör zu! Was würde das jetzt für einen Sinn machen? Wir können jederzeit wieder angegriffen werden... Und...“ „Angegriffen werden konnten wir auch damals, als wir die Zwillinge bekamen. Da ist auch nichts passiert und die sind ohne Probleme groß geworden.“ „Ohne Probleme ist gut... Hast du auch daran gedacht, dass ein drittes Kind eventuell genauso krank sein könnte wie Clyde? Das würde ich nicht ertragen, noch eines meiner Kinder sterben zu sehen“, flüsterte ich und musste mir die Tränen verkneifen. Ich hatte solche Angst vor dem Tag an dem Clyde uns verlassen würde.

„Ach was. Du siehst das viel zu pessimistisch.“ „Realistisch...“, berichtigte ich ihn, worauf hin er seufzte. „Na gut, dann vergessen wir den Gedanken einfach...“ „Wäre besser! Denn immerhin wäre ich diejenige, die sich mit den ganzen Kindern rumschlagen müsste. Zu Hause wirst du wieder den ganzen Tag arbeiten und wieder kaum was davon mitbekommen. Die Zwillinge können allein schon genug nerven. Irgendwann... Vielleicht...“, fügte ich noch hinzu und drehte mich um. Das wäre das Letzte was ich nun wollte... Noch ein Kind bekommen.

Am nächsten Morgen wachte ich hundemüde auf. Durch den Zwischenfall mit Celia konnte ich kaum noch schlafen. Rick schnarchte noch laut vor sich hin, während ich schon in die Küche ging um nach Kaffee zu suchen. Ohne könnte ich heute absolut nicht fit werden. Hoffentlich hatte Rachel überhaupt Kaffee zu Hause. Wobei... Marisha war eine ihrer besten Freundinnen – da muss sie doch Kaffee haben, so oft wie die Blondine zu Besuch ist. Die besagte Person war auch schon wach und kam mir mit meiner Kaffeesuche zuvor.

„Morgen Chann“, begrüßte mich Mari freundlich, als sei nie etwas passiert. Ihre gute Laune war ungetrübt und ließ sich nicht mal durch die Schicksalsschläge zunichte machen. Schweigend setzte ich mich an den Küchentisch und beobachtete sie beim Kaffee kochen. Es brannte mir so sehr auf der Zunge... Ich wollte es wissen. Warum? Ich musste es einfach fragen.

„Marisha! Bleibst du nur aus Liebe bei Kyle? Oder warum gibst du dir das? Ich verstehe nicht, wie du nach alldem noch mit ihm zusammen sein kannst! Dein Ausraster gestern ist doch vollkommen lächerlich! Erst sagst du ihm, dass du ihn nie wieder sehen willst und dann!?!! Dann hockt ihr einfach da, als liebendes Paar und tut, als wäre nie etwas passiert!“

Geschockt drehte sie sich um und fühlte sich sichtlich getroffen. Ihre Augen starrten mich eindringlich an, ehe sie schweigend ein paar Schritte auf mich zu kam und die Hand auf den Tisch schlug.

„Warum mischst du dich überhaupt ein? Solltest du nicht lieber zu deinem Bruder halten!?“ „Nicht, wenn es um meine beste Freundin geht!!“, fuhr ich sie an und stand auf, damit ich mit ihr auf selber Höhe sein konnte. Seufzend winkte sie ab.

„Das verstehst du nicht!“ „Nein, ich verstehe nicht! Da hast du Recht! Hilf mir zu verstehen! Was ist los!?!“ „Okay... Gut! Du wirst es mir eh nicht glauben... Aber egal.“ „Erzähl“, drängte ich sie ein weiteres mal. Sie drehte mir den Rücken zu und guckte aus dem Fenster hinaus. „Im Gegensatz zu euch, habe ich meinen Stein schon sehr früh bekommen. Ich war noch ein Kind und nach dem Tod meines Vaters oft einsam... Früher träumte ich immer vom Fliegen, weil ich mir erhoffte ihm so näher sein zu können. Ich liebte den Wind und kletterte immer in die Höhe, weil ich dachte meinen Vater zu hören. Irgendwann wurde mein Stein regelrecht zu mir geweht mit einem Windstoß. Ich dummes kleines Kind merkte schnell, dass er nicht nur zur Zierde gedacht ist und lernte meine Kräfte zu benutzen. Damals dachte ich, er wäre ein magisches Geschenk meines Vaters gewesen... Doch... Die falschen Menschen bekamen mit, dass ich anders war als die anderen Kinder. Ich war damals zu naiv um meine Kräfte geheim zu halten.“

Gespannt hörte ich ihr zu und fragte mich wer diese „falschen Menschen“ waren.

„Als ich mittags am spielen war, überrumpelten mich auf einmal Männer in Uniform. Es waren Soldaten, die mich im Auftrag der Regierung und des Militärs mitnehmen sollten, um meine Kräfte zu erforschen.“ „Du warst... Beim Militär gefangen? Aber... Wie kannst du dann jetzt so ein „normales“ Leben führen? Verfolgen die dich nicht? Und wie kannst du dann hier sein?“ „Hör mir weiter zu... Die Zeit dort war alles Andere als leicht für mich. Ich musste viele Tests durchziehen. Sie überlegten sogar, ob man mich als Waffe im Krieg benutzen könne. So ein Schwachsinn. Irgendwann versuchte ich nach Jahren der Gefangenschaft zu fliehen. Dabei rannte ich Kyle regelrecht in die Arme. Er war natürlich total überrumpelt und hinter mir standen auch schon die Soldaten. Obwohl sie in der Übermacht waren, zögerte er keinen Augenblick sich vor mich zu stellen und mich zu beschützen. Dabei kannte er mich nicht mal.“

Sie seufzte... Nun kam wohl der schwerere Part der Geschichte. Es war typisch für Kyle, dass er eine Frau in Not nicht einfach hilflos sich selbst überlassen kann.

„Na, ja... Dass wir keine Chance hatten, kannst du dir ja denken, Chann... Doch irgendwas passierte. Vor uns tauchte auf einmal ein helles Licht auf und eine Frau die keinen festen Körper hatte, stand da. Die Zeit stand während ihrer Anwesenheit scheinbar still. Sie stellte sich als „Lumen“ vor. Sie sagte, sie sei ein Engel des Lichtes und könne das Schicksal beeinflussen. Sie bot mir an, mich aus dem Gedächtnis aller Soldaten zu löschen – allerdings nicht ohne Gegenleistung. Würde ich auf den Handel eingehen, so wäre mein Leben von nun an an Kyle gebunden, der eben alles als Normalsterblicher mitbekommen hatte.“ „Und... Du hast den Deal angenommen. Sonst wärst du nicht hier...“ „Genau. Der Preis ist hoch... Vorerst bedeutete ihre Kraft „Freiheit“, doch wenn ich genau darüber nachdenke... Wie frei bin ich denn nun wirklich?“, fragte sie und lachte verzweifelt, so dass ihr Tränen kamen. „Lumen ist grausam. Sie kann einen retten... Aber nicht befreien von einem Schicksal. Gefesselt an einen Normalsterblichen... Kyle könnte jederzeit einfach so von einem Dämon angegriffen werden und könnte sich nicht dagegen wehren. Stirbt er, so sterbe auch ich. Ich muss auf ihn aufpassen, um mein eigenes Leben zu schützen...“ „Mhm... Verstehe... Das ist eine große Bürde. Zudem... Kyle lebt nicht ewig als Normalsterblicher.“ „So ist es. Nur hab ich mich noch in Kyle verliebt. Da war er noch nicht so ein Arschloch. Allerdings kann ich ihn jetzt nicht verlassen. Und so versuche ich mir die „Beziehung“ zumindest schön zu reden und hab meine Tochter, die ich über alles liebe.“

Somit war Marisha's Todesurteil ohne Hoffnung besiegelt. Ich legte meine Hände auf Ihre und stand ratlos da, während sie ihren Tränen freien Lauf ließ. Welch ein Handel... Sie wurde als Sklavin des Militärs befreit, doch nun war sie Sklavin der Zeit.

Plötzlich stand sie auf und wischte die letzte Träne weg. Mit zuversichtlichen Blicken erlöste sie mich von meiner Ratlosigkeit.

„Ich möchte kein Mitleid, Chann. Denn... Ich hatte die Wahl und mich selbst für dieses Schicksal entschieden. Ich bin Lumen dankbar. Denn ohne sie... Hätte ich niemals meine beste Freundin gefunden.“

Mit offenem Mund starrte ich sie an. Meinte sie damit etwa mich? Mit einer herzhaften Umarmung gab sie mir die Sicherheit mit meiner Theorie richtig zu liegen. Ich schloss die Augen und genoss das Gefühl eine richtige Freundin zu haben.

„Wir halten immer zusammen, ja?“, fragte sie mich mit selbstsicheren Blicken. Ich gab ihr die Hand drauf und lächelte. „Ja!“ „Und nun trinken wir endlich den Kaffee, den ich gekocht hab.“

Mit Glücksgefühlen überschüttet setzte ich mich wieder, wurde jedoch sogleich von der Realität wieder eingeholt. Marisha war schon immer eine sehr gute Freundin und eigentlich auch immer meine Beste. Jedoch würden wir abreisen...

„Was bedrückt dich?“, fragte Marisha, als würde sie es ahnen. Verschweigen könnte ich es eh nicht. „Ehm... Rick will heute noch einen Rückflug nach Amerika bekommen.“ „Was?“ „Hier bei Rachel können wir nicht alle bleiben. Die Kinder müssen wieder in die Schule und Rick muss arbeiten. Und... Die dumme Celia-Schrulle hat sich auch mal wieder angekündigt.“ „Och, na klasse... Ob er echt für heute noch nen Flug bekommt?“ „Letztes Mal ging es auch schnell. Er will echt auch noch ein drittes Kind von mir.“ „WAS!? Okay, dass ihr abreist hat mich etwas geschockt... Aber DAS!? Warum will er denn ausgerechnet jetzt, wo es so gefährlich ist noch ein Kind?“ „Ach... Keine Ahnung.“ „Hm... Ich muss überlegen. Wenn ich es mir recht überlege... Ich werde versuchen Kyle dazu zu überreden, dass wir mitkommen können. Wir haben hier derzeit eh kein zu Hause und waren schon mal eine ganze Weile bei euch zu Besuch. Wäre das okay?“ „Das... Das wäre klasse!“, sagte ich überglücklich und spritzte auf, um sie noch einmal zu umarmen. Würde Mari mitkommen, wäre es weniger schmerzhaft.

Sie beschloss gleich Kyle zu wecken, doch der stand schon hellwach im Wohnzimmer. Bei ihm allerdings auch niemand anderes als Naga. Was will die denn schon wieder hier?! Wollte sie Kyle und Maya nicht gestern noch nie wieder sehen? Sie wirkte ziemlich abfällig und schroff.

„Wo ist sie!?!“ „Wen meinst du?“, fragte Kyle noch leicht schläfrig und schien sich über seine Affäre aufzuregen. „Na, das Gör! Wo ist Maya?“ „Keine Ahnung.“ „Du bist ein Arschloch! Weißt nicht mal wo deine Tochter ist! Marisha! Wo ist Maya!?“, fuhr Naga die vor den Kopf gestoßene Blondine an. „Die ist bei den anderen Kindern und schläft noch. Wenigstens kümmert sich hier noch jemand um sie.“ „Spiel dich nicht so auf, Blondie!“, zickte sie weiter herum und stürmte kerzengerade in Shinji's Kinderzimmer, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, ob die Kinder noch schlafen. Sie riss Maya förmlich aus dem Schlaf und zerrte das kleine Mädchen hinter sich her. Maya verstand die Welt nicht mehr und musste sich erstmal die Augen reiben, wozu ihre Mutter ihr kaum Zeit gab.

„Wir gehen jetzt! Ich gönne dir das Kind nicht! Eher landet sie in der Gosse, als bei dir, Kyle Hiwatari! So, Nervensäge! Du kommst nun mit. Deinen Alten siehst du nie wieder!“ „Aber Mama!!! PAAAPAAAA!!! WÄÄÄÄHHH!“, schrie Maya und versuchte sich gegen das Zerren ihrer Mutter vergeblich zu wehren. Kyle unternahm nichts und sah tatenlos zu, wie Naga mit ihrer armen Tochter verschwand.

„Musste das nun sein!? Warum hast du sie nicht aufgehalten, Kyle!?“, fuhr Marisha ihn an. „Tzz... Was soll ich da schon machen. Bei Naga ist alles verloren.“ „Es geht hier aber nicht um Naga!“ „Und auch nicht um dich, Marisha! Ich will mich jetzt an diesem Morgen nicht schon wieder streiten“, sagte er barsch und winkte ab, ehe er in die Küche ging und dort ebenfalls erstmal eine Tasse Kaffee trank. Marisha blickte betrübt zu Boden und verschnaufte. Auch sie gab die Hoffnung auf Besserung wohl langsam auf. Doch sie hielt sich nicht weiter an meinem Bruder auf, sondern kümmerte sich um Hailey, die durch Naga auch wach wurde und fragte, was passiert war.

Ich gesellte mich zu den Kleinen und Mari ins Kinderzimmer. Jill und Clyde zogen sich gerade ihre Alltagsklamotten an.

„Die Frau nervt!“, meckerte Jill und ich wusste sofort, dass sie damit Naga meinte. „Ja, die meint auch, dass sie das machen kann, was sie will“, stimmte Clyde zu. Hailey seufzte. „Wenn das so weiter geht, wird Maya irgendwann genau wie sie. Dann hatte ich mal eine große Schwester.“ „Jetzt macht euch nicht verrückt, Kinder.“ „Aber Mama!“, protestierte Hailey und schnaufte, bevor sie sich an Jill wandte. „Gut, lassen wir es „Erwachsenen-Probleme“ sein! Fesseln wir Clyde und Shin?“ „WAS?!“ „Au jaaa!! Clyyyde! Shiiin!“

Mari und ich tauschten entsetzte Blicke aus, als die beiden Mädchen Clyde und Shinji hinterher hechteten und sie versuchten zu fesseln. „ÜBERTREIBT ES NICHT! CLYDE DARF NICHT ZU VIEL RENNEN!“, rief ich den Kindern hinterher, weil ich mir schon wieder große Sorgen machte. Na, ja... Sie hatten ihn eh schon gefangen. Weil die Kinder versorgt waren und sich beschäftigten, folgte ich Marisha in Rachel's Küche, wo der schlecht gelaunte Kyle immer noch saß und Kaffee trank. Wo waren Rachel und Yoshihiro überhaupt?

„Bruderherz. Wir werden heute zurück nach Florida fliegen“, sagte ich spontan und ohne Vorwarnung. Er guckte mich zwar etwas überrascht an, sagte jedoch nichts dazu.

„Schatz, ich dachte, wir könnten doch mal wieder Urlaub in Amerika machen und mitkommen. Hier haben wir derzeit eh kein zu Hause und bis wir uns was Neues aufbauen können, dauert es. Was meinst du? Bei Rachel bleiben können wir nicht.“ „Hmm... Ja. Lieber wohne ich bei meiner Sis, als bei der Zicke und ihrem Stecher.“ „Ach, du bist vielleicht ein Morgenmuffel. Ich geh mal Rick wecken und ihm Bescheid sagen, dass wir diesmal nicht alleine gehen werden.“

Doch noch bevor ich bei Rick im Gästezimmer ankam, standen Yosh und Rachel in ihrem Hausflur und waren damit endlich wieder anwesend.

„Hey! Wo wart ihr denn?“, fragte ich erleichtert, weil ich mir Sorgen machte, ob nicht wieder irgendwas geschehen war. „Ach, wir waren nur Frühstück holen. Come down!“, beruhigte mich Yosh mit seinem lässigen Grinsen, das meinen Herzschlag etwas beschleunigte. Den Gedanken verwarf ich jedoch ganz schnell wieder.

„Ich geh mal meinen Mann holen. Wir haben euch was mitzuteilen.“ „Gut, machen wir das beim Frühstück“, stimmte Rachel zu und lief schon mal zu den Anderen. Rick wach zu bekommen war ziemlich schwierig. Er schlief wie ein Stein... Sanftes Rütteln brachte da nichts mehr und auch Schubsen weckte ihn nicht auf.

„Riiick! Jetzt mach halt die Augen auf! Boah! Du Penner, ey!“, fluchte ich ihn an und zog ohne Rücksicht auf Verluste an seinem Arm herum, wovon er jedoch lediglich kurz aufatmete und den Kopf drehte. Okay! Wenn er nicht wollte, dann musste ich eben brutal werden! Ich zog ihn so lange am Arm, bis er vom Bett runter fiel. Davon wurde er endlich wach und rieb sich den Kopf.

„Ah! Auch endlich wach?“ „Huch... Wieso weckst du mich so!?!“ „Spinner! Anders ging es ja nicht! Hör mal, Marisha und Kyle wollen mitkommen nach Amerika. Ich hoffe doch, dass das für dich okay ist.“ „Ehm... Klar ist das okay. Können sie ruhig machen. Hauptsache wir kommen wieder nach Hause. Ich halt das hier nicht mehr aus. Nachdem was gestern passiert ist...“ „Ja... Es wäre wirklich besser, wenn wir nach Hause gehen. Rachel und Yosh können keine zwei Familien hier unterbringen. Komm, wir müssen es ihnen auch noch sagen.“

Kaum eine Viertelstunde später hatten wir uns alle um den großen Esstisch versammelt und genossen unsere Brötchen. Die Kinder hatten wieder viel Spaß und lachten über ihre Insider-Witze, die wir Erwachsenen nicht verstanden.

„Soso... Ihr wollt also heute noch nach Florida zurück?“, fragte Rachel verständnislos. „Ja, es muss sein. Die Kinder müssen zur Schule, Rick muss arbeiten.“ „Seltsam, gerade jetzt, wo es ernsthaft gefährlich hier wird.“ „Rachel... Was willst du Chann damit unterstellen?“, fragte Marisha ernsthaft. „Ich will ihr nichts unterstellen. Es ist nur immer einfacher wegzulaufen.“ „Das ist nicht weglaufen!“, widersprach Rick. „Rachel, jetzt reg dich doch nicht so auf. Es ist eben so, dass sie nicht hier leben und nicht ewig bleiben können“, sprach ihr Yoshihiro zu und erreichte somit, dass sie sich nicht weiter hinein steigerte. Manchmal fand ich Rachel einfach furchtbar wegen ihrer Gemütsschwankungen. Letztlich ließen sie uns ziehen. Rick übernahm die Buchung des Rückfluges und wie auch letztes Mal hatten wir Glück. Es waren noch ein paar Plätze in einem Flieger für heute Mittag frei.

Marisha, die die Kinder eigentlich dazu animieren wollten ihr zu helfen, hatte damit leider wenig Erfolg. Die Vier waren nur am Heulen, weil sie sich voneinander verabschieden müssten. Armer Shinji... Alle seine Freunde würden erstmal abreisen.

„Nicht weinen, Kinder! Ihr seht euch doch bald wieder“, versuchte Marisha sie ratlos zu beruhigen. Das war sogar nur halb wahr, denn im Gegensatz zu Hailey würden Jill und Clyde so schnell nicht wieder nach Japan kommen.

„Mari? Passt du bitte auf meine Beiden auf? Ich müsste noch schnell meinen Bruder anrufen.“ „Rico?“ „Ja. Ich will nicht einfach abreisen, ohne ihm Bescheid gesagt zu haben und ohne mich zu verabschieden. Wenn auch nur am Telefon. Ihn jetzt zu besuchen, wäre zu kurzfristig.“

Im Krankenhaus erreichte ich Rico gar nicht... Man sagte mir, dass er gestern Abend entlassen wurde, was ich umso besser fand. So versuchte ich es noch mal auf seinem Handy. Zu unserer Überraschung oder eher zu meinem Entsetzen empfand er diesen Abschied als zu früh und wollte Diesen nicht akzeptieren, also beschloss er kurzer Hand und ohne mich zu fragen, dass er auch mitkäme – die alte Heimat besuchen. Das Schlimme daran war Scarlett... Die würde er garantiert nicht zurücklassen. Und Scarlett... Nervt!

Mittags um Vier ging unser Flug, so hatten wir noch den ganzen Morgen Zeit uns darauf vorzubereiten. Noch einmal guckte ich nach, ob auch wirklich alles da war und ob wir nichts hier vergessen hatten. Der schwarze Stein der Dunkelheit, mit dem einst Aysha kämpfte, ruhte immer noch dort, wo ich ihn bei unserer Abreise in Amerika hingepackt hatte. Ich fragte mich wann er wohl endlich seinen Besitzer finden würde, und ob dann alles besser wird. Er hatte unglaubliche Kräfte – das sah ich an Aysha, obwohl sie nicht mal seine volle Kraft ausschöpfen konnte.

Als auch die letzte Tasche gepackt war, suchte ich nach Rick, den ich schließlich draußen an die Hausfassade gelehnt und mit einer Zigarette fand.

„Was ist los?“ „Wir gehen... Dabei habe ich meinen Vater noch gar nicht gefunden“, antwortete er betrübt. Es tat mir leid, dass wir die Suche nach seinem Vater vorerst verschieben mussten, doch was würde uns übrig bleiben. Ich stellte mich vor ihn und nahm seine Hand.

„Sobald wir wieder die Gelegenheit haben, kehren wir hierher zurück und suchen ihn zusammen. Egal mit welchen Mitteln und egal wie lange es dauert, okay?“ „... Okay!“, antwortete er mit einem zufriedenen Lächeln, schnippte die Zigarette weg und legte seine Arme um mich.

Nach stundenlangem Geplärre der Kinder fuhr Yoshihiro uns zum Flughafen. Wir Mütter hatten schwer zu kämpfen die Kleinen auseinander zu bekommen. Sie wollten hart protestieren, konnten es dann aber nicht mit uns aufnehmen.

Ach, Yoshi... Als er mir zum Abschied die Hand schüttelte, konnte ich kaum wieder loslassen. Wieder würde ich ihn eine sehr lange Zeit nicht mehr sehen und das, wo wir uns doch endlich wieder gefunden hatten. Es war so viel passiert zwischen uns. Vieles wurde dadurch kaputt gemacht. Beinahe wäre die Ehe zwischen Rick und mir vollkommen aus gewesen... Nun war es Zeit für diesen Abschied und das Thema endgültig abzuschließen.

Ein letztes Mal drehte ich mich nach ihm um und winkte ihm zu, ehe wir nun alleine weiter laufen müssten in die Wartehalle. Dort saßen bereits Rico und Scarlett, die sich freuten uns doch nicht verpasst zu haben. Rico wirkte sehr genervt von seiner Freundin. Sie sprang um uns herum und beteuerte jede Sekunde auf ein Neues, wie sehr sie sich freute und wie aufregend alles sei. Sie benahm sich schier wie ein kleines Kind. Nein... Nicht einmal das. Jill, Clyde und Hailey waren noch ruhiger als Scarlett und folgten uns artig.

„Irgendwie freue ich mich ja auf Amerika! Ich war dort noch nie“, schwärmte Hailey und hing sich an Clydes Arm. „Du kannst dort für mich zur Schule gehen“, schlug er sofort vor, worauf hin wir lachen mussten. „So, alle bitte einen Zahn zulegen, sonst verpassen wir noch den Flug!“ „Jawohl, Kommandant Rick Wichtigtuer!“ „Halt die Klappe, Kyle!“, motzte Rick ihn mit einem Lachen an und lief voraus.

Als wir nach einer weiteren halben Stunde Warten endlich in das Flugzeug einsteigen durften, warf Rick noch einen letzten sehnsüchtigen Blick zurück auf das Land, an das er so grauenhafte Erinnerungen hatte und wo sein Vater wohnte... Irgendwo...

Seufzend nahm ich seinen Arm und zog ihn hinein, damit er sich nicht noch länger Gedanken macht.

Der Flug war diesmal nicht so langweilig wie der Letzte nach Tokyo. Wir hatten uns alle viel zu erzählen und Clyde ging es diesmal spürbar besser, als auf dem Hinflug. Er stritt sich mit seiner Schwester um den Fensterplatz, den er siegreich für sich einnahm.

Nun mussten wir nur noch warten... Dafür war es umso schöner die vertraute Luft aus Florida einzuatmen, als wir unseren ersten Schritt aus dem Flugzeug machten. Trotz Gedränge blieb ich einen Augenblick stehen, schloss die Augen und atmete tief durch. Dieser Moment hätte so schön sein können...

Doch auf einmal machte sich vor mir ein Bild des Grauens breit... Ich sah, wie Rick und ich in einem finsteren Gebäude standen... Nein! Nur ich stand. Rick lag in einer Blutlache vor mir und war dabei zu verbluten. Bei diesem Gedanken bekam ich Gänsehaut und riss meine Augen auf. Mein ganzer Körper zitterte.

„Chann? Komm weiter, nicht trödeln hier“, sagte Marisha belustigt und zog mich am Arm hinter sich her. Was war das? Etwa eine Vision? Bitte, keine Vision... Ich wollte nicht erleben, dass Rick vor meinen Augen stirbt!!!

Um die Anderen nicht zu beunruhigen, sagte ich nichts davon und tat so, als wäre nichts passiert. Lieber beschloss ich mich auf mein zu Hause zu freuen. Dort war alles unverändert, jedoch etwas stickig, da die Fenster die ganze Zeit geschlossen waren.

„Juhuuu!!! Zu Hause!“, riefen die Zwillinge wie aus einem Mund und rannten in ihr Zimmer zu ihren geliebten Spielsachen. Hailey, die sich die ganze Zeit mit großen Augen umsah, folgte ihren Freunden. „Geil! Ich war schon so lange nicht mehr hier! Komm, Scarlett! Gehen wir unsren alten Club und meine Sis besuchen!“, schlug Rico vor, ohne eine Pause machen zu wollen. Also ich war total müde vom Flug. Ich war zu müde um die Taschen noch auszupacken und legte mich erstmal aufs Sofa. Kyle begleitete Rico und seine Freundin und ließ Mari bei mir. Rick, der ebenfalls noch Energie hatte, kümmerte sich um die Taschen und die Kinder, so konnten wir erstmal zwei Stunden schlafen.

Ja, auf einmal ging unser vertrautes Leben wieder weiter, doch es hatte auf einmal keine Reize mehr für mich. Ich fühlte mich in meinem eigenen zu Hause unwohl. Hier war alles so... Normal... Hier war ich für alles zuständig... Seltsames Gefühl.

Nun ging es für mich erstmal darum die Zeit bis zu Celia's Ankunft zu nutzen um mich seelisch darauf vorzubereiten.
 

Meine halbe Familie bekam ich die folgenden Tage kaum zu Gesicht. Rico, Kyle und Scarlett zogen nur durch die Gegend um zu feiern. Noch immer kam ich nicht dazu mal endlich Koshy zu besuchen, doch die war eh sehr mit ihrer Arbeit beschäftigt. Auch Sheela bekam ich noch nicht ans Telefon.

Rick ging seiner Arbeit wieder nach und so schmissen Marisha und ich den Haushalt und kümmerten uns um unsere Kinder, als seien wir ein altes Ehepaar. Wobei Marisha der Mann wäre!

Bei der Vorstellung musste ich lachen. Wenigstens konnte ich das noch... Es war nun nämlich Samstag... Der Tag an dem Celia kommen wollte. Marisha baute mich den Morgen über auf und gab mir Mut. Rick musste arbeiten bis Nachmittags und so würde er erst eine Weile nach ihrer Ankunft nach Hause kommen. Gerade wenn Rick nicht da war, nutzte sie die Zeit immer wieder um mich erstrecht fertig zu machen.

„Jill! Clyde! Habt ihr auch euer Zimmer schön aufgeräumt!?“, rief ich ihnen zu und machte das letzte bisschen Geschirr, das noch hier herumlag, sauber. Die Kinder kamen zu uns gerannt und salutierten. Für sie war das alles zum Glück noch ein Spiel.

„Was hat die Mami euch beigebracht?“, fragte ich die Beiden, die immer noch salutierten. „Oma Celia ist böse!“ „Richtig! Aber wenn sie euch Geld gibt, müsst ihr es annehmen!“ „Okay!“ „Chann... Was bringst du den Beiden da bei?“, fragte Marisha mit entgeisterten Blicken. „Die Grundlagen. Wie man den Drachen erfolgreich bekämpft müssen wir noch trainieren.“ „Oh Mann... Okay... Heute werde ich sie leibhaftig kennen lernen. Ich kann es kaum erwarten. Wenn sie blöd zu dir wird, mach ich sie fertig!“ „Na, ja... Am Ende behauptet sie noch, ich müsse mich hinter dir verstecken, weil ich schwach bin.“ „Das hat nichts mit Schwäche zu tun. Ich helfe nur meiner besten Freundin!“

Marisha war einfach toll... Zumindest etwas war diesmal anders. Ich saß hier nicht so alleine herum. Die Kinder hatten ihre Aufgaben erfüllt und durften nun wieder spielen gehen. Die Gelegenheit mit Marisha alleine zu sein nutzte ich. Die Vision, die ich am Flughafen sah, ging mir einfach nicht aus dem Kopf und ehe ich sie darauf ansprechen konnte, merkte Marisha schon, dass mich etwas bedrückte.

„Was ist los? Irgendwas stimmt nicht mit dir, seit wir aus dem Flugzeug stiegen“, sagte sie streng und stemmte die Hände in die Hüfte. „Das wollte ich dir sowieso noch erzählen.“ „Ha! Ich bin gut! Na, dann komm! Erzähl es mir bei einer guten Tasse Kaffee.“ „Kaffeejunkie...“, murmelte ich in mich hinein, was sie jedoch genau hörte und zu lachen anfing. Geduldig machte sie mir in meiner eigenen Küche eine Tasse Kaffee und setzte sich vor mich an den Küchentisch.

„Ich weiß nicht. Als wir ausstiegen sah ich plötzlich wie Rick blutüberströmt vor mir lag...“ „Eine Vision?“ „Das fragte ich mich auch... Mari... Ich hab Angst vor dem, was vielleicht noch auf uns zukommt.“ „Beruhige dich! Vielleicht war es auch nur ein Zeichen? Oder eine Warnung? Vielleicht passiert dieses Szenario nicht wirklich, soll dir aber zeigen, dass du die Augen offen halten sollst.“ „Dann hoffe ich einfach, dass deine Theorie stimmt...“, seufzte ich und ließ den Kopf in meine Hände sinken.

Gerade als Mari mir einen guten Rat geben wollte, klingelte es an der Tür. Na toll... Gerade jetzt, wo ich eh schon so niedergeschlagen war. Jetzt auch noch Celia...

Na ja. Hier rumzusitzen und nicht aufzumachen würde alles noch schlimmer machen. Schwerfällig wanderte ich zur Tür und öffnete sie lustlos. Doch vor mir stand irgendwie nicht Rick's Mutter. Es sah eher so aus... Die blauen Haare... Die braunen Augen...

„Ehm... Mum?“, fragte ich entgeistert.
 

~ Kapitel 14 ~ Sweet Home ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~
 

Jaaa, ich weiß... Diesmal ein sehr kleines Kapitel, mit zu viel Hektik :P (zumindest empfinde ich das so) Vielleicht kommt das davon, weil ich schon so heiß auf die zweite Staffel bin, wo es noch viel Spannender wird, mit mehr fights und vielen neuen Chars :) Ich hoffe ihr werdet die Geschichte auch weiterhin begleiten ^^

Geschichten

Kapitel 15 ~ Geschichten
 

Genauso schnell wie wir nach Japan aufbrachen, kamen wir auch wieder zurück nach Amerika. Den ganzen Aufwand hätte man sich eigentlich sparen können, obwohl manche der Dämonen wirklich stark waren. Blieb nur zu hoffen, dass Rachel und Yosh dort drüben alleine klar kämen. Immerhin ist die halbe Familie mit uns gekommen.
 

Und wenn man es grade von der Familie hatte...
 

Plötzlich stand nun meine Mutter vor mir, die ich seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. Wir hatten oft telefoniert, wobei das eher aus ihrem Interesse kam, doch besucht hatte sie uns in all der Zeit nie. Vorwurfsvolle Blicke betrachteten ihr kindlich wirkendes Gesicht.

„Was willst du hier, Mutter?“, fragte ich recht abgeneigt und verschränkte die Arme vor mir. „Sei doch nicht gleich so feindselig und mies gelaunt, Kleines! Ich hab von Rico gehört, dass ihr wieder alle in Amerika seid und da ich nun auch hier in der Gegend wohne, musste ich gleich vorbeikommen!“ „Toll...“ „Ja, nicht? Also, darf ich reinkommen? Ich glaube, wir haben noch einiges zu bereden.“ „Na ja... Eigentlich hab ich ja grad gar keine Zeit für so was. Schwiegermonster hat sich angekündigt.“ „Schwieger...Monster? Oh! Da muss ich erstrecht bleiben! Also?“ „Hach... Na gut! Komm halt rein“, seufzte ich trotzig und begleitete sie zum Sofa, auf dessen Ende ich mich setzte. Weit weg von meiner Mutter.

„Schön habt ihr es hier“, bemerkte sie mit einem fröhlichen Lächeln und blickte sich um. Auch Marisha kam nun zu uns und guckte erstaunt. „Wow... Rick scheint nicht nach seiner Mutter zu kommen.“ „Das ist meine Ma, Marisha.“ „Oh!!! Entschuldigung!“ „Ach! Bist du nicht die liebe Frau von Kyle?“ „Ehm. Ja.“ „Nett, dich auch endlich mal kennen zu lernen. Mann, ich hab ja so wenig mitbekommen. Aber das ändert sich nun alles!“ „Du bist nicht anders als Dad... Meinst nun auch, dass alles vergessen ist, nur weil du große Reden schwingst.“ „Nein... Mag sein, dass Danny auch versucht hat alles schön zu reden. Aber im Gegensatz zu mir kann er sich nicht eingestehen, dass viel falsch gelaufen ist! Ich weiß, dass ich eine schlechte Mutter war und immer noch bin und dass ich nie viel versucht hab um euch allen näher zu sein. Das tut mir wirklich Leid! Ich möchte endlich versuchen, mehr von meiner Familie zu haben und für euch da zu sein so gut ich es kann.“

Als sie das sagte guckte sie mir selbstsicher in die Augen und hatte einen entschlossenen Blick. Ob sie das wirklich ernst meinte? Und wie soll ich darauf nun reagieren? Sie war immerhin nie da... Und nach all den Jahren zu versuchen es wieder gut zu machen? Ob es das nun noch bringt? Allerdings würde ich das nie erfahren, wenn ich ihr nun keine Chance geben würde.

„Das kommt nun etwas sehr spontan, Ma. Aber… Na ja, unsre Familie ist sowieso nicht mehr zu retten und ich hätte da noch ein paar Fragen an dich.“ „Wirklich?“, fragte sie hoffnungsvoll und faltete die Hände in ihrer Glückseligkeit. Gerade wollte ich ansetzen um zu fragen ob sie Sean kennt, doch die Kinder kamen mitten reingestürmt und guckten fragend.

„Das ist aber nicht Oma Celia! Mama? Gibt sie uns trotzdem Geld?“ „CLYDE! Du geldgeiles Luder!“, schrie Hailey entsetzt auf. „Ehm ja… Mum? Das sind meine Zwillinge und die kleine Blonde ist Hailey, die Tochter von Kyle und Marisha.“

Die Augen meiner Ma leuchteten und sie konnte sich nicht länger zurück halten alle drei zu knuddeln und ihnen jeweils zehn Dollar zu geben. Oh Mann, so werden meine Zwillinge doch nur zu Heuchlern und Bettlern.

„Die ist viel netter als Oma Celia“, bemerkte Jill positiv überrascht und rannte mit ihrem Geldschein davon. Ebenso Clyde und Hailey, die beim Ertönen der Klingel nicht anwesend sein wollten. Mir fuhr es eiskalt über den Rücken. Das konnte diesmal aber wirklich nur Celia sein. Seufzend ging ich wie zuvor auch bei meiner Mutter zur Tür und öffnete sie lustlos. Beim Anblick dieser grünen Augen und diesem wütenden Gesichtsausdruck, der dem eines Drachens gleichkam, wurde mir schlecht und unwohl zu mute.

„Tag, Celia.“ „Ich bin unpünktlich. Wo ist Rick?“ „Ja, auch nett dich zu sehen. Kathy heute nicht dabei?“ „Nein, die ist grade in Europa auf Austausch. Also, wo ist Rick?“ „Arbeiten.“ „Wieso ist der arbeiten, wenn er doch weiß, dass ich komme? Es gibt immerhin nichts Schlimmeres, als mit dir alleine in dieser heruntergekommenen Bude zu sitzen.“ „Dito, alleine sind wir zum Glück ja nicht ganz“, antwortete ich gespielt locker und schloss die Tür hinter mir.

„Wer ist denn noch da? Wo sind denn meine geliebten Zwillinge?“ „Sich über das Geld freuen, das ihnen grade von meiner Mutter geschenkt wurde.“

Völlig verblüfft drehte sie sich zu mir und guckte mich von oben herab, jedoch fragend, an. „Deine Mutter? Sie ist hier…?“ „Jop.“ „… Na klasse.“

Wütend schnaufend ging sie voran ins Wohnzimmer, wo meine Mum schon saß und die Brünette anlächelte. Kannten die Beiden sich also wirklich? Die Andeutungen meiner Mutter ließen mich dies jedenfalls stark annehmen.

Celia entgegnete ihr nur strenge Blicke und kein Hallo. Meiner Ma machte das nichts aus. Sie forderte ihr Glück regelrecht heraus und provozierte ein Gespräch.

„Na, Celia? Lange nicht gesehen. Scheinst ja oft hierher zu kommen.“ „Wenigstens eine von uns, die sich noch für ihre Kinder interessiert. Ach, stimmt… Das muss ja sehr schwer sein, wenn man so viele hat.“ „Och… Es geht. Sie sind sehr selbstständig und brauchen ihre Mami nicht unbedingt.“

Marisha stellte sich mit fragenden Blicken neben mich und beobachtete das Wortduell der beiden älteren Frauen aufmerksam. Ich ebenso, mit hochgezogenen Augenbrauen. Sie schienen sich wirklich zu kennen… Und sie schienen sich ordentlich zu verachten. Aber wieso? Woher kannten sie sich und was war passiert, dass sie sich so streiten? War das der Grund, warum Mum nie wollte, dass ich mit Rick zusammen bin?

„Also, wie ich sehe ist deine Tochter genauso ungeschickt wie du. Ich hoffe sie wird Rick nicht noch mehr Unheil an den Hals hängen. Ich meine, in Form von Kindern. Das konntest du ja so gut.“ „Fühlst du dich nun gut, weil du meinst überlegen zu sein? Grade du mit deiner gescheiterten Ehe, mit deinem Sohn, den du über Jahre weggegeben hast und deiner Tochter, die dir auf der Nase herumtanzt?“ „PASS AUF WAS DU SAGST!!!“, brüllte Celia nun meine Mutter an. Die Beiden wurden immer garstiger und warfen sich immer bösartigere Dinge an den Kopf, was nun niemand mehr verhindern konnte. Mum teilte ordentlich aus, das musste ich zugeben. Jedes mal, wenn Celia gegen mich ging, konterte meine Mutter um mich in Schutz zu nehmen.

Vom ganzen Trubel bekamen die beiden Frauen nicht mit, dass Rick inzwischen schon bei Marisha und mir stand und fassungslos zu ihnen guckte. Doch sein unbemerkt bleiben hatte Folgen, denn meiner Mutter rutschte etwas heraus, das Rick eigentlich nicht mitbekommen sollte.

„Sag mal, Celia! Wie geht’s denn eigentlich deinem Ex-Mann, Sean? Hockt er immer noch bei seiner Blondine und flüchtet vor den Bullen?“ „SEAN!?“, platzte es aus Rick heraus, der nun interessiert zu Mum eilte. Celia wurde kreidebleich, als sie sah, dass Rick es mitbekommen hatte.

„Kashya!!! Wehe du verlierst auch nur ein Wort über Sean!“ „Warum?! Darf der Junge nicht wissen, was eigentlich passiert ist!? Soll er dem armen Sean ewig die Schuld für alles geben, nur weil du dich noch immer nicht damit abgefunden hast, dass eure Ehe längst gescheitert ist?“ „Kashya! Bitte sag mir, was du über meinen Vater weißt! Wo ist er? Und wie heißt er inzwischen? Wohnt er wirklich noch in Tokyo? Und warum ist er überhaupt in so eine kriminelle Umgebung gekommen?!“ „NEIN! KEIN WORT VON FRÜHER!“, schrie Celia dazwischen. „Halt dich da raus, Mum! Oder ich schmeiß dich raus!“, drohte Rick nun mit dunkler Stimme. Celia verstummte entsetzt. Dass ihr Sohn zu so etwas in der Lage war… Tja, sie kannte ihn kaum. Für Marisha und mich wurde das Ganze zu einem richtigen Spektakel. Es fehlte nur noch das Popcorn.

„Frag nicht mich, Junge… Deine Mutter sollte es dir selbst erzählen.“ „Ja, das tut sie aber nicht! Oder denkst du, ich hätte sie niemals gefragt?“ „Celia, nun sei doch nicht so stur! Rick ist erwachsen. Er ist keine Vierzehn mehr.“ „Aber…“ „Und er hat das Recht drauf, alles zu erfahren. Oder willst du, dass er sich weiterhin mit diesen Fragen quält!?“ „… Nein… Natürlich nicht. Aber ich hatte gehofft, die Vergangenheit vergessen zu können. Sean hat mich sehr verletzt.“ „Klar hat er… Aber du solltest auch versuchen ihn zu verstehen. Ich hatte zwar seit dem Vorfall keinen Kontakt mehr zu ihm, dennoch kann ich mir denken, dass es ihm nicht gut ging!“ „Wovon redet ihr!?“, fragte Rick ungeduldig und warf seiner Mutter verzweifelte Blicke zu, die sie drängten endlich den Mund aufzumachen. Marisha hatte inzwischen schon eine Flasche Cola geholt und schenkte mir ein Glas voll ein.

„Jetzt wird’s spannend“, nuschelte sie mir zu, wovon ich leise kichern musste. Armer Rick... Aber allein Celia in dieser Situation zu sehen war Genugtuung für mich. Soll sie leiden...

Die besagte Brünette überwand sich endlich.

„Gut! Rick... Sean ist nicht der Böse für den du ihn immer gehalten hast. Er hat uns auch nicht einfach aus Spaß im Stich gelassen... Eigentlich wollten wir eine ganz normale und glückliche Familie sein. Das waren wir auch. Zumindest zirka ein Jahr lang. Irgendwann wurden wir in Sean's Kiosk von schwarzgekleideten Männern überfallen, die ihn mitnahmen. Ihm wurde der Kontakt zu uns verboten und ich weiß noch, dass er sich umbringen wollte, weil er es kaum ausgehalten hat dort...“, erzählte sie und ihre Stimme wurde etwas zittriger. Rick wendete seinen Blick nicht mehr von ihr ab und hörte ihr aufmerksam zu. Doch auch sein Gesicht verlor immer mehr an Farbe.

„Dann... Wurde er uns weggenommen?“ „Ja. Trotz allem schaffte er es immer mal den Kontakt zu mir zu halten. Zumindest die ersten Jahre. Seine Vorgesetzten merkten es nicht. Und die, die dort stationiert waren, interessierten sich nicht dafür. Also gingen wir öfters Risiken ein uns zu sehen. Nun... Leider entwickelte er sich immer mehr zu dem, was ihn umgab – ein Krimineller... Ich wollte es nicht sehen, ich versuchte mich vor der Wahrheit zu drücken. Ich wusste, es wäre ein Fehler, dich zu ihm zu bringen, Rick... Aber trotzdem hab ich mir eingeredet, es wäre das Beste für deine Sicherheit, wenn man dir dort beibringen würde, wie man sich verteidigt. Immerhin hatten uns Männer mit Waffen verfolgt.“ „Schon... Aber du hättest mich beinah in den Tod getrieben mit dieser Aktion, statt mir das Leben zu retten.“ „Woher hätte ich wissen sollen, dass ausgerechnet dir so eine drogensüchtige Kuh begegnet wie Vanessa?!“ „Kriminelle Organisationen haben meist was mit Drogen zu tun, Mutter... Na ja, woher hättest du über so was auch Bescheid wissen sollen. Egal... Ich will wissen, wo Sean wohnt. Ich will mit ihm reden.“ „Mhh... Ich weiß es nicht. Ich hab schon seit Jahren nicht mehr mit ihm geredet“, antwortete Celia kleinlaut. Als Rick meine Mutter fragend anguckte, konnte sie auch nur ratlos den Kopf schütteln.

Celia warf mir auf einmal wieder garstige Blicke zu.

„Jedenfalls werde ich nicht noch mal zulassen, dass dir irgendjemand weh tut, Rick!“

Will sie damit ernsthaft behaupten, ich sei eine Gefahr für ihn? Er verstand sofort wie sie es meinte und wandte seinen Blick ab.

„Keine Sorge... Ich hab ja gelernt auf mich selbst aufzupassen. Dafür musst du dich nicht zuständig fühlen. Bin mal kurz im Bad.“

Allgemeines Schweigen erfüllte unser Wohnzimmer. Rick tat mir leid. Nicht mal seine Mutter und auch nicht meine Mutter wussten, wo man Sean finden könnte. Somit war auch das letzte Fünkchen Hoffnung scheinbar dahin.

Umso mehr erschrak ich durch die Stille, als meine Haustüre aufplatzte und Rico zusammen mit Kyle den Raum freudestrahlend betrat. Gefolgt von der meckernden Scarlett.

„Halloooo! Was geht?! Boah, ich bin voll im Partyrausch! Ey! Muddi ist ja auch da!“, bemerkte Rico und begrüßte unsre Ma. Kyle benahm sich ihr gegenüber eher schüchtern und im Seitenwinkel konnte ich Celia's abfällige Blicke sehen.

„Hallo Ricolein. Na, schön wieder zu Hause in Amerika zu sein?“ „Allemale! Mum, darf ich dir Scarlett vorstellen?“ „Na, ihr habt ja echt hübsche Frauen gefunden“, kicherte sie und betrachtete Scarlett und Marisha genauer. „Ihr scheint wohl auf blond zu stehen“, bemerkte sie mit gehobenen Augenbrauen und lachte dann wieder. „Ehm... Ich lass euch mal alleine. Ihr habt euch bestimmt viel zu erzählen“, bemerkte ich flüchtig und ging zu Rick ins Bad. Er stand da ans Waschbecken gelehnt mit ner Zigarette in der Hand.

„Alles klar, Schatz?“, fragte ich vorsichtig und besorgt. „Die Alte nervt... Nun weiß ich zwar, warum mein Vater uns wirklich verlassen hat, aber trotzdem bin ich nicht zufrieden damit. Ja, ich kann ihm nun keine Vorwürfe mehr machen, von wegen wir waren ihm nicht wichtig genug... Aber... Ich weiß nicht wo ich ihn finden kann, dabei gibt es so viel was ich ihm zu sagen hab. Und die Alte tut dann auch noch so, als müsste sie mich vor allem Bösen beschützen. Als wärst du eine lebensbedrohliche Gefahr für mich. Wie mich das aufregt!“, fluchte er, während seine Stimme immer lauter und wütender klang. „Weißt du was mich aber noch mehr aufregt?“ „Was denn, Schatz?“, fragte ich ihn ratlos und lehnte mich gegen den Türrahmen. „Sie tut dir so oft weh... Zu unrecht! Aber ich kann sie einfach nicht zum Teufel jagen! Ich kann's nicht. Die Frau hat doch eh schon so viel verloren. Wenn ich jetzt auch noch „gehen“ würde...“ „Du musst sie nicht wegen mir „zum Teufel jagen“. Sie ist eben deine Mutter. Damit muss ich leben. Ich würde von dir nicht verlangen, dass du sie ernsthaft wegschickst, auch wenn ich es mir oft aus Spaß und Sarkasmus vorstelle“, antwortete ich und musste von meinen Worten lachen. Nun musste auch Rick grinsen. Mit einem sanften Lächeln stellte er sich vor mich und streichelte meine Wange, während er mir einige Sekunden schweigend in die Augen guckte.

„Danke, Chann.“ „Wofür?“ „Dass du das alles für mich erträgst.“ „Für dich würd ich doch eh alles tun“, antwortete ich lächelnd und bekam als Gegenleistung einen Kuss. Unsere romantische Zweisamkeit wurde jäh beendet, als es gegen die Badtür klopfte und ich Clydes Stimme hören konnte.

„Sind Mum und Dad da drin?“ „Ja, die machen dir grad einen kleinen Bruder!“ „BOAH, KYLE!“, brüllte ich entsetzt und riss die Tür auf, sodass Clyde nen halben Herzinfarkt bekam, was mir im Nachhinein dann wieder leid tat. „Was erzählst du dem Jungen denn da?!“ „Die Wahrheit! Ich will mir gleich mal das neue Trainingscenter angucken. Rick, willste nicht mitkommen? Rico ist zu faul... Der Sack lässt sich auch total gehen.“ „Er kann ja auch nur an Autos basteln und kiffen. Ich komm mit.“ „Prima!“

Rick und Kyle unternehmen was zusammen? Das ist ja mal was ganz Neues. Aber gut... Sollen sie was für ihre schlaffen Muskeln tun.

Mit Clyde auf dem Arm ging ich zurück ins Wohnzimmer, wo die Kinder ihre Oma schon in Beschlag genommen haben. Damit meinte ich meine Mutter... Celia blickte eifersüchtig von der anderen Ecke herüber.

„Wollt ihr nicht auch endlich mal eure andere Oma begrüßen?“, fragte Ma meine Zwillinge erstaunt und fühlte sich doch recht belagert. Jill und Clyde warfen Celia skeptische Blicke zu, gingen dann aber doch zu ihr. Clyde war schon wieder so unverschämt. Er streckte sofort die Hand aus.

„Hast du Geld dabei?“ „CLYDE! Du geldgeiles Luder!“, keifte Hailey erneut entsetzt zu ihm herüber und ich klatschte mir meine Hand auf die Stirn, während der Rest der Familie lachte. Celia fand das Ganze gar nicht so lustig. Zwar drückte sie den Zwillingen ebenfalls zehn Dollar in die Hand, jedoch bekam ich wieder die vorwurfsvollen Blicke ab, die mir sagen sollten, dass ich in meiner Erziehung mal wieder gescheitert bin.

Schnell war das Ganze vergessen und Rico und Scarlett machten sich mit Mum zusammen auf den Weg zu ihr nach Hause, wo sie übernachten durften. Ich war froh darüber, denn hier wäre es nun wirklich sehr voll geworden mit den Beiden dazu. Als sie sich von mir verabschiedeten, nahm mich meine Ma in den Arm.

„Danke, dass du mir eine zweite Chance gegeben hast. Ich werde sie nutzen, ja? Wir sehen uns bald wieder, das verspreche ich.“ „Ich hoffe es für dich...“, antwortete ich leise und mit gesenktem Kopf. Rico gab mir einen leichten Klaps aufs Kinn um mir klar zu machen, dass ich den Kopf nicht hängen lassen soll.

„So gefällst du mir besser. Lass dich von dem Drachen nicht unterkriegen. Wenn sie noch irgendwas Fieses zu dir sagt, komm ich wieder und verpass ihr ne Lektion! Wird schon alles gut, kleine Sis.“ „Ja!“, antwortete ich diesmal selbstbewusster. Auch Kyle und Rick machten sich zum Aufbruch bereit. Ich wäre wieder ein gutes Opfer für Celia, doch wenigstens war Marisha noch bei mir. Die Kinder, die nun alle etwas reicher waren, verzogen sich auf den nahegelegenen Spielplatz, den man vom Küchenfenster jedoch gut im Auge hatte.

„So, Chann. Ich denke, wir beiden Schlappschwänze werden nicht lange durchhalten und bald wieder zurück sein“, lachte Rick und gab mir noch einen Abschiedskuss. Einige Minuten standen wir noch im Flur und warteten auf Kyle, der im Wohnzimmer verschollen war. Es brannte mir auf der Zunge! Ich hätte Rick zu gerne endlich von meiner Vision am Flughafen erzählt, doch wieder ergab sich keine Gelegenheit. Vielleicht würde ich es heute Abend schaffen, es ihm zu erzählen? Rick hatte bereits genervt die Arme verschränkt und wippte mit dem Fuß, während er schnaufte.

„Man, wo bleibt der denn!?! KYLE!“, schrie er und lief noch mal ins Wohnzimmer um nach meinem Bruder zu gucken. Ich folgte meinem Mann. Es war kein Wunder, dass er nicht kam, denn Celia hatte Marisha in die Mangel genommen.

„Also bitte, gute Frau! Wenn Marisha eins so richtig gut kann, dann ist es kochen! So was brauch sie sich nicht anhören zu lassen, von so ner Möchtegern-Supermami!“ „Was regst du dich denn darüber so auf, Kleiner? Ich hab sie lediglich gefragt, ob sie im Haushalt und beim Kochen etwas zu Stande bringen kann, oder ob sie sich auch auf Schlägereien spezialisiert hat, so wie ihre Mutter.“ „MEINE MA IST KEINE SCHLÄGERIN!!!“, fuhr Marisha sie zornig an. Kyle stellte sich zwischen die beiden Frauen und starrte Celia böse an.

„Ein falsches Wort zu meiner Frau und wir sehen uns in der Hölle wieder!“ „Kyle... Ist gut. Mum! Warum machst du nun schon fremde Leute dumm an!?“, fragte Rick gereizt. Mit einem letzten genervten Schnaufen gab er meinem Bruder ein Zeichen, dass sie nun gehen sollten. Marisha und ich winkten den beiden Männern noch hinterher und begaben uns in den Kampf mit dem Hausdrachen.

„Also Chann... Rick's Mutter ist einfach nur zum Kotzen“, murmelte meine Freundin mir zu und seufzte. „Das sag ich doch schon seit Jahren!“

Kopfschüttelnd ging sie voraus. Wie edel von ihr! Sie opfert sich an der Front!

„So, Chann! Was machen wir jetzt?“, fragte Marisha laut und herausfordernd, damit wir nicht bei Celia sitzenbleiben müssten. „Ihr beide könntet doch beweisen wie gut das Blondchen kochen kann“, schlug Celia sarkastisch grinsend vor. „Auch gut. Komm, Chann.“

Erleichtert schleppte mich Mari in meine Küche und streckte sich.

„Sind wir die schon mal los, haha!“ „Ja... Dann koch mal schön.“ „Nichts da! Du kannst ruhig helfen! Immerhin kannst du ja nicht mal ne Pizza gescheit aufbacken!“ „Klar kann ich das! Ab in die Mikro und fertig!“ „...“ „Spaß...“ „Oh mein... Gott... Mal in den Kühlschrank gucken. Wenn Rick eingekauft hat, muss ja einiges da sein.“ „Machen wir ihr doch einfach Nudeln und Tomatensoße.“ „Das geht gegen meine Ehre als Hobbyköchin!“ „Man... Ich hätte jetzt einfach was beim Pizzaservice bestellt und es als mein eigenes Gericht verkauft.“

Marisha musste grinsen und suchte sich allerhand Zutaten die man gebrauchen könnte zusammen. Sie war ganz in ihre Leidenschaft versunken, während ich einfach nur nutzlos daneben stand und am liebsten schlafen gegangen wäre.

„So, du putzt jetzt einfach den Salat und schneidest die Zwiebeln. Damit dürftest du als Amateurin sicher eine halbe Stunde beschäftigt sein.“ „Haha! Du bist so fies zu mir!“, beschwerte ich mich und fing an den Salat zu waschen und die Zwiebeln zu schälen. Bis ich die geschnitten hatte, meldeten meine Augen Hochwasser und wieder hatte ich die Schnauze voll.

Marisha's Kochstunde sollte noch allerlei Überraschungen bereit halten, denn auf einmal wurden wir von einer Stimme überrascht, die hinter uns urplötzlich ertönte.

„Ihr Assistants seid echt total leichtsinnig und dämlich! Nie macht ihr das, was man euch sagt! Sagte ich euch nicht, dass ihr unbedingt zusammen bleiben sollt!?!“

Sowohl meine Freundin als auch ich zuckten zusammen und drehten uns schockiert um. Es war Viki, die nach Jahren endlich wieder erschienen war. Endlich!!! Ich hatte darauf gewartet!

„Entschuldigen sie mal, Lady! Was können wir dafür, wenn sich so mancher Feuer-Assistant unter aller Sau benimmt und einen auf Einzelgänger macht!?!“, fuhr Marisha sie an. „Gut, an der Moral mancher Assistants müsste sich noch etwas ändern! Aber warum seid ihr hier und warum sind die beiden Erd-Hüter noch in Japan!?! Das ist doch bescheuert!“ „Die kommen schon klar“, entgegnete ich kleinlaut. Sie schien echt wütend zu sein.

„Wisst ihr eigentlich welches Risiko ihr eingeht?“ „Momentchen mal! Risiko!? Chann und Rick sind mit ihren Kindern extra nach Japan zu uns gekommen um gegen die Dämonen zu kämpfen. Ja... Und wo waren die?! Von Dämonen und echter Gefahr kaum eine Spur. Unser Haus ist zwar nun zerstört, aber... Ihr spielt das ganz schön hoch!“

Viki stemmte die Hände in die Hüfte.

„Natürlich kann man nie wissen, welche Gefahr nun wirklich von ihnen ausgeht. Niemand konnte wissen, dass sich der Feind derzeit noch so ruhig verhält. Aber ich habe es mit meinen eigenen Augen gesehen! Ich weiß, wie grausam der Feind sein kann!“ „Wirklich? Was ist denn eigentlich passiert, dass du das so genau weißt?“, fragte Marisha herausfordernd. „Das erfahrt ihr zu gegebener Zeit.“ „Aha... Klasse! Und wann wäre das? Wenn unsere Kinder bereits von den Dämonen getötet wurden?“ „Um eure Kinder braucht ihr euch gar nicht so zu sorgen. Sie sind Assistants der zweiten Generation. Ihre Kraft übertrifft eure bei Weitem.“ „Wie?“, fragte ich erstaunt. „Nun... Es gibt vier Stränge der Assistants. Einen für jedes Element. Naga, Rachel, Marisha und du, Chann. Ihr seid die erste Generation. Eure Kinder gehören zu der Zweiten. Würde jede von euch ein zweites Kind bekommen, wäre dies sogar noch einmal stärker. Die Kinder eurer Kinder werden immer stärkere Kräfte entwickeln... Jedoch... Wer weiß, wie viel Zeit uns noch verbleibt? Der Gegner ist schon seit Jahren ruhig und macht kaum etwas. Allerdings denke ich, dass es nicht mehr lange so bleiben wird. Deshalb kann ich euch nur noch einmal raten - Verteilt euch nicht auf einzelne Kontinente! Lernt endlich gemeinsam zu kämpfen!“

Gerade als ich noch mehr Fragen stellen wollte, verschwand sie wieder in ihrem rosa Licht und hinterließ keinerlei Spuren ihres Erscheinens. Marisha und ich warfen uns besorgte Blicke zu und zuckten mit den Schultern.

„Die Frau hat es echt drauf, einem den Tag mies zu machen. Wie sollen wir denn Naga dazu bekommen endlich mit uns an einem Strang zu ziehen?“ „Ja... Und wie sollen wir alle zusammen in der Nähe wohnen?“, fragte Marisha nachdenklich. „Ach komm. Die sagte schon immer, dass etwas schlimmes passieren wird. Gestorben ist bisher noch keiner und Angriffe gab es auch kaum.“ „Ist ja nur unser Haus kaputt gegangen. Oh Mann... Wieder ein zu Hause zu finden wird schwierig.“ „Ihr schafft das schon.“ „Sicher!“, antwortete meine Freundin ohne sich irgendwie entmutigen zu lassen. Immerhin... Bis das Essen fertig war, waren wir noch fast zwei Stunden beschäftigt und gerade fertig, als unsere Männer wieder nach Hause kamen.

„Naa, hattet ihr viel Spaß, Jungs?“, fragte Marisha fröhlich, während sie die Töpfe schon auf dem Esstisch zurecht stellte und sich das Geschehene nicht anmerken ließ. Rick und Kyle sahen eher mitgenommen und kaputt aus. Beide hatten schmerzverzerrte Gesichter.

„Frag nicht so scheinheilig, Weib! Mein Rücken fühlt sich an, als würde er gleich zerfallen.“ „Weib? Dein Rücken wird sich gleich ganz anders anfühlen, wenn ich mit dir fertig bin, Kyle Hiwatari!“ „Doch ganz die Mutter...“, nuschelte Celia und nahm sich etwas von dem Essen. „Also mir geht’s gut, nur die Arme fühlen sich schlaff an. Meine Hände zittern richtig wenn ich was hebe, haha!!!“, lachte Rick und führte uns seine zitternden Hände vor, wovon die Kinder lachen mussten. Spätabends verließ uns Celia endlich und übernachtete in einem Hotel, das sich in der Nähe befand. Mir kam das ganz recht, denn kaum war sie aus der Türe, fühlte ich mich endlich wieder wohl in meinem eigenen zu Hause.

Rick und ich lagen nebeneinander in unserem Bett und ich hatte mich fest an ihn geklammert, weil meine Gedanken Unruhe in mir auslösten. Das was Viki sagte und auch meine Vision am Flughafen. Es machte mir alles irgendwie doch Angst. Rick spürte, dass mich etwas bedrückte.

„Was ist denn los?“, fragte er besorgt. „Viki... Sie ist heut vor uns erschienen.“ „Echt? Wow. Welch seltener Besuch. Was sagte sie?“

Ich erzählte ihm alles was sie sagte, doch auch er war der Meinung, dass sie schon immer so große Reden schwang und nie etwas Ernsteres passierte. Bisher nur ab und zu Angriffe von Dämonen. Aber sonst? Er machte mir Mut nicht mehr ganz so negativ zu denken. Doch jetzt konnte ich auch endlich die Gelegenheit nutzen und ihm von meiner Vision erzählen. Noch fester schmiegte ich mich an ihn.

„Neulich... Am Flughafen... Da hab ich furchtbare Dinge gesehen. Ich finde wir sollten besser aufeinander aufpassen.“ „Was hast du denn gesehen?“ „Na ja, gesehen nicht direkt. Ich hatte eher so was wie eine Vision. Ich sah... Dich. Wie du blutüberströmt am Boden gelegen hast. Und ich hab Angst, dass das wirklich so eintrifft... Und, dass ich dich verliere“, sagte ich leise, während mir kleine Tränen die Wangen herab liefen und auf seine Schulter tropften. „Warum solltest du mich auf die Art und Weise verlieren? Ich hab schon so viel erlebt... Und bisher hat mich nichts getötet.“ „Du bist doof! Ich hab wirklich Angst um dich! Was machst du!? Schwingst große Reden!“

Zuversichtlich drehte er sich zu mir und guckte mir in die Augen: „Mir wird nichts passieren! Du brauchst keine Angst zu haben. Das war sicher nur eine Warnung und keine Vision die genau so eintreffen wird.“ „Hoffentlich... Du darfst kein Risiko eingehen, okay?“ „Nein, ich werde vorsichtig sein.“ „Versprochen?“ „Ja!“

Wieder küsste er mich und fing an mich am Arm zu streicheln, was ich sehr genoss. Schnell machte er deutlich, dass er mehr als nur kuscheln und küssen wollte. Darauf ging ich natürlich gerne ein und war endlich etwas von meinen Ängsten und Gedanken befreit. Jeder Kuss und jede Berührung waren etwas Schönes für mich. Doch leider war es viel zu schnell wieder vorbei und ich kehrte zurück in meine Realität. Kaum waren wir fertig, fiel mir ein, dass ich ja noch meine Pille nehmen musste und flitzte ins Bad.

Als ich gerade die Pille in den Mund nehmen wollte, merkte ich dass Rick plötzlich hinter mir stand und seine Arme um mich legte. Ich wusste was er damit erreichen wollte und resignierte... Eigentlich wollte ich es ja auch... Doch meine Zweifel waren stärker.

„Lass es uns doch einfach versuchen. Als Beweis meines Versprechens, dass nichts passieren wird.“ „Wie... Wie kannst du so was nur versprechen?“ „Weil ich mir sicher bin. Es läuft endlich wieder so gut zwischen uns. Da wäre noch ein Kind doch kein Problem. Ich versuche auch weniger zu Arbeiten und einen Job mit mehr Lohn zu bekommen.“ „Meinst du...“ „Ja! Komm! Das wird großartig! Jill wünscht sich eh schon immer eine kleine Schwester.“ „Ja... Und Clyde einen kleinen Bruder, hehe...“, antwortete ich mit einem zaghaften Lächeln und spülte die Pille im Waschbecken herunter.

Ein Fehler? Wer weiß schon, was richtig und was falsch ist...

Am nächsten Morgen ließ ich die Kinder bei Marisha und beschloss ein bisschen die frische Luft zu genießen und versuchte erneut meiner Zweifel Herr zu werden. Mein Weg führte mich durch einen nahe gelegenen Park, wo noch alles sehr still war und nur die Vögel die Umgebung mit Gesang erfüllten.

Als ich am großen Brunnen ankam und mich davor stellte, wurde mir warm ums Herz beim Anblick der großen Fontäne, die das Wasser lebendig zu machen schien. Das laute Rauschen und Plätschern kam mir so vertraut vor. Gespannt streckte ich meinen Zeigefinger aus und steckte ihn ins kühle Wasser um zu schauen, was wohl passieren würde, wenn ich meine Kräfte mit diesem Brunnen verbinde. Ich schloss kurz die Augen um mich auf meine Kräfte zu konzentrierten und als ich sie wieder öffnete, sah ich, dass sämtliches Gewässer hellblau leuchtete und noch viel höher sprang und sprudelte.

So in mein Element vertieft erschrak ich richtig, als ich merkte, dass ich in aller Öffentlichkeit mit meinen Kräften spielte und zog meinen Finger sofort wieder zurück, weshalb das Wasser wieder normal wurde. Dennoch breitete sich auf meinem Gesicht ein fröhliches Lächeln aus. Niemand hatte es gesehen... Oder?

Doch! Einige Meter weiter stand eine mir gutbekannte Person mit roten Haaren, was mich wunderte.

„Naga?“, rief ich erstaunt zu ihr herüber und lief langsam zu ihr. Sie hatte die Arme verschränkt, während die kleine Maya, die sie ebenfalls dabei hatte, nicht genug von dem Anblick des Brunnens bekommen konnte.

„Du bist ja ganz schön leichtsinnig, Chann. Spielst hier in aller Öffentlichkeit mit dem Wasser und deinen Kräften herum. Bist du scharf drauf, dass uns die Regierung entdeckt? Stell dir mal vor, was die mit uns machen würden.“ „Mhh... Lieber nicht.“

Da ich durch Marisha schon wusste, wie es enden würde, erzählte ich Naga hier nichts. Sie stürmte auf einmal zu Maya und zerrte sie vom Wasser weg.

„Kind, es reicht jetzt. Wir gehen nach Hause.“ „Aber Mama! Wir sind doch gerade erst her gekommen! Und schau mal, die kleinen Fische!“ „Das ist nicht dein Element, eigentlich solltest du Wasser nicht mögen.“ „Ich mag es aber trotzdem. Es ist schön und so ruhig... Und trotzdem wild und mächtig“, schwärmte das kleine Mädchen. Maya's Intelligenz wurde durch ihre Mutter echt verschwendet. Das Mädchen hatte mehr verdient als das.

„Was machst du überhaupt hier?“, fragte ich Naga und versuchte nicht auf ihren Umgang mit Maya zu achten. „Hab ich nicht gesagt, dass wir wieder nach Amerika ziehen? Ich wollte so weit es geht von Kyle weg sein.“ „Haha. Doof nur, dass er sich derzeit ebenfalls hier in der Stadt befindet.“ „Och nein! Ist jetzt nicht dein Ernst?“ „Papa ist hier?!“, fragte Maya hoffnungsvoll und mich leuchtenden Augen. „Für dich nicht! Dein Alter kann bleiben wo der Pfeffer wächst! Den siehst du nie wieder, junge Dame!“ „Aber... Mama...“ „NICHTS ABER!!!“ „Bist du nicht etwas streng mit ihr, Naga?“ „Pff... Streng? Anders lernt sie ja nie, dass ihr Alter ein Arschloch ist, dass mit den Frauen spielt und ein Kind nach dem Anderen produziert!“ „Sie ist aber noch so klein. Das muss sie doch gar nicht wissen.“ „Besser zu früh als gar nicht! Wir sehen uns, Chann“, sagte sie und zerrte ihre Tochter hinter sich her. „Naga!“ „Was denn noch?“ „Wenn es drauf ankommt... Wirst du mit uns gegen die Dämonen kämpfen?“ „Was eine Frage...“, antwortete sie grinsend und wendete sich ab.

War das nun eine Zusage?
 

~ Kapitel 15 ~ Geschichten ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~
 

Hach ja... Diesmal scheint es so, als sei dieses Kapitel eher ein kleiner Lückenfüller ;D Aber ich finde das okay, manchmal müssen auch lustige und belanglose Szenen her. Jetzt, wo es doch grade aufs Ende zugeht. Normalerweise sollte eine Geschichte ja nun richtig spannend werden o.o Aber was ist hier schon normal? Btw: Wie findet ihr Clyde? :D Haha, er ist so ein kleiner Gammler xD

Ungewisse Zukunft - Teil 1

Kapitel 16 ~ Ungewisse Zukunft - Teil 1
 

Vier Wochen waren nun vergangen seit Celia's Besuch und immernoch kam meine halbe Verwandtschaft nicht auf die Idee endlich wieder nach Hause zu gehen. Was soll's... In mir machte sich die Vermutung breit, dass Rick und ich es geschafft hatten! Ich fühlte mich... irgendwie... schwanger! Mir war schlecht von morgens bis abends. Doch bewiesen war dies noch nicht.

Wenn es eine Person gab, die davon Ahnung hatte, dann musste das meine Mum sein. Daher zog ich es vor sie zu besuchen und mit ihr darüber zu sprechen. Sie hatte ihr Versprechen wahr gemacht und kam immer mindestens zwei mal die Woche zu Besuch, worüber ich mich immer freute. Und die Zwillinge erst – denn Ma brachte jedes mal Geld für die Beiden mit, was ich nicht ganz gut heißen konnte. Clyde wurde schon zum richtigen Freibeuter und stand immer als Erstes an der Tür wenn es klingelte. Schön mit entgegengestreckten Händen um abzukassieren.

Völlig nervös stand ich vor ihrer Haustüre und wippte mit dem Fuß, ehe sie auf machte und verdutzt vor mir stand.

„Chann, Schätzchen! Was machst du denn hier? Sag doch was, wenn du kommen willst, dann hätte ich einen Kaffee gemacht.“ „Schon gut. Ich glaube ich sollte in nächster Zeit eh keinen mehr trinken.“ „Wieso?“ „Können... wir rein?“ „Klar, komm.“

Etwas unbeholfen folgte ich ihr durch ihren langen Hausflur der zu allen drei Zimmern führte. Sie hatte eine schöne helle Wohnung, die ich heute zum ersten mal sah.

„Setz dich, Chann. Was ist denn los?“ „Ich hab die Vermutung irgendwie... Schwanger zu sein. Mir ist...“ „ECHT!?! Wow! Das ist ja klasse! Aber fang nicht so an wie ich, klar!?“ „Nein! Das wird das Letzte bleiben. Rick und ich haben uns noch eins gewünscht.“ „Und was ist dann das Problem?“ „Wie gesagt! Ich vermute es nur!“ „Dann lass uns einen Test kaufen gehen“, antwortete sie grinsend und nahm mich sofort mit zur Tankstelle, bei der sie gerade um die Ecke wohnte. Hier gab es ja echt auch alles mögliche!

Nachdem ich mir den Test und zwanzig Schokoriegel gekauft hatte kehrten wir mit Höchsttempo zurück und Mum schubste mich ins Bad. „Los mach!“, rief sie und schlug die Tür hinter sich zu. Ich seufzte... Egal welches Ergebnis da nun raus kommen würde, es wäre gut, aber auch schlecht.

Gut, weil Rick und ich uns echt noch ein Kind wünschten... Schlecht, weil wir zu diesen Zeiten nicht auch noch ein Baby beschützen könnten. Die Dämonen könnten jederzeit wieder zuschlagen, auch wenn sie für ihre Faulheit bei uns bereits bekannt waren. Nun, wir hatten den Test ja nicht umsonst gekauft, also machte ich ihn auch. Das Warten war nur schrecklich!!! Doch dann, ein paar Minuten später guckte ich drauf und verließ das Bad um meiner Ma das Ergebnis zu sagen...

...

„Was gibt’s denn so Wichtiges?“, fragte Rico ungeduldig und auch Kyle und Rick wollten gerade wieder ins Training gehen. Die Beiden haben sich wirklich gut gemacht. Sie jammerten nicht mehr wie Anfangs über Muskelkater oder Rückenschmerzen. Marisha hatte eine Tasse Kaffee in der Hand und Scarlett schaute dumm drein. Die Zwillinge standen vor ihrem Papa und wirkten genauso gespannt wie die Anderen.

„Ja, also ich wollte euch verkünden, dass ich heute einen Schwangerschaftstest gemacht hab und dass wir in einigen Monaten ein neues Familienmitglied begrüßen dürfen!“ „WAS!?!“, brüllte Marisha frei heraus und auch dem Rest fiel das Kinn runter. Nur Rick's Augen strahlten als er zu mir gerannt kam und mit in den Arm nahm. Die Kinder wechselten fragende Blicke und zupften an meinem Oberteil: „Mama? Heißt das, wir bekommen ein kleines Geschwisterchen?“ fragte Jill neugierig. „Ja, genau. Vielleicht bekommst du ja endlich deine kleine Schwester. Und du Clyde? Freust du dich nicht?“

Er wendete seinen Blick nur wütend ab und rannte ins Kinderzimmer, dessen Tür er mit voller Wucht zu schlug. Jill und Hailey guckten ihm besorgt hinterher und folgten dann.

„Ich glaube das wird noch ein gutes Stück Arbeit“, seufzte Rick. „Das kann doch jetzt nicht euer Ernst sein!“, sagte Marisha entsetzt und lenkte unsere Aufmerksamkeit auf sich. „Mari, wir haben das gut durchdacht.“ „Nein! Das habt ihr sicher nicht, sonst wüsstet ihr, dass ein Kind zu bekommen sehr riskant ist, jetzt wo die Dämonen immer wieder auftauchen könnten!“ „Daran haben wir auch gedacht! Aber wir lassen uns doch nicht dadurch verbieten ein Kind zu bekommen wenn wir es wollen!“, antwortete Rick verständnislos auf ihre Reaktion. „Ja schon... Okay, ich hab auch ein Kind aber... Ihr habt doch schon zwei! Sagt doch auch mal was!“, bat sie Rico, Kyle und Scarlett verzweifelt.

„Also wenn sie noch eins wollen ist mir das egal, hauptsache ich muss mich nicht drum kümmern“, antwortete Rico mit seinem typischen Grinsen. Kyle verkniff sich jegliche Kommentare und schloss sich Rico grinsend an, was Marisha noch mehr zum Verzweifeln brachte. Ihr letzte Hoffnung war nun nur noch Scarlett, aber... Ob die so nützlich ist?

„Leute! Das ist doch nicht normal! Ihr spinnt doch! Scarlett! Sag du zumindest, dass du meiner Meinung bist.“ Erst jetzt schien die Blondine endlich zu merken worum es überhaupt ging und stellte sich mit einem kindlichen Lachen neben mich: „Was soll ich dazu sagen? Da wären wir schon zwei, hihi.“ „Na wenigstens bist du auf meiner Seite“, seufzte Marisha erleichtert. „Hö? Nein! Das meine ich doch gar nicht, du Dummerchen, hihi. Ich meine Chann und mich! Ich bin auch schwanger, hihi.“ „Haaaahaaa!!! Das kennen wir schon, Scarlett! Der zieht nicht mehr!“, lachte ich entsetzt auf und hoffte, dass das diesmal auch wieder ein Fehlalarm sei. Der Rest guckte nun sie schweigend und mit offenem Mund an.

Scarlett wirkte zunehmend beleidigt und verschränkte die Arme während sie ernst guckte. Und nachdem sie fünf Minuten später immernoch ernst guckte, begriffen wir langsam, dass Scarlett es im Gegenzug zum letzten Mal sehr wohl ernst meinte.

Nun war ich mit meiner Schwangerschaft uninteressant...

Rico fiel seine Kippe aus dem Mund vor Entsetzen und der Rest starrte sie einfach nur an.

„Okay! Scarlett!? Welches Wildschwein hat dir das angetan!?“ „Nicht schon wieder Rico!“, ermahnte ich ihn entnervt, weil ich keine Lust auf dieses Dummschwätzer-Getue hatte. „Aber!!! Aber Chann! Sie darf nicht schwanger sein!!!“ „Warum darf ich das nicht, Schatz?“, fragte Scarlett, die überhaupt nicht verstand, was für Probleme Rico nun damit hatte. Er winkte ab und verließ Hals über Kopf die Wohnung. Ich musste nun für ihn da sein!

Draußen saß er auf 'ner Bank und hatte den Kopf in seinen Händen versteckt, weshalb er richtig aufschreckte als ich meine Hand auf seinen Rücken legte.

„Dass diese Kuh aber auch nichts richtig machen kann! Ich war der Idiot, der ihr immer schön ihre Pille gekauft hat... Für nichts! Warum nimmt die die denn nicht!?“ „Oh mein Gott“, seufzte ich aus Entsetzen vor Scarletts Dummheit. „Ich will noch kein Kind! Ich bin noch nicht bereit dazu, man! Ich will doch einfach nur mein Spaß...“ „Naja... Das Leben kann auch mit Kind lustig sein... manchmal... und du hast ja nun noch etwas Zeit dich drauf vorzubereiten. Du wirst ja nicht gleich morgen Papa.“ „Ich wette die ist nicht mal von mir schwanger.“ „Sicher?“ „Ne... Das hab ich nur aus Frust gesagt...“ „Hehe, nun komm wieder mit rein.“

Drinnen hatten sich alle schon am Esstisch versammelt um Kriegsrat zu halten und ehe Rico und ich uns fragen konnten was nun los war, wurden wir von Marisha abgefangen und ebenfalls an den Tisch gezerrt. Sie wirkte etwas gestresst.

„So! Da zwei Individuen so bescheuert waren, sich ein Kind machen zu lassen zu diesen Zeiten, müssen wir besprechen, wie wir nun weiterhin vorgehen.“ „Mari... Du musst dich nicht für uns verantwortlich fühlen.“ „Klappe, Chann! Scarlett und dir darf auf keinen Fall etwas passieren!“ „Übertreib doch nicht.“ „Klappe, Rick!“ „Ich schlag vor wir nisten uns noch etwas länger hier ein und passen einfach auf die Beiden auf“, schlug Kyle vor, der eigentlich nur bleiben wollte, weil er hier Rick hatte, der mit ihm ins Training ging. Das konnte ich an seinen Augen ansehen.

„Wow... Das ist die erste gute Idee, die ich von dir höre, Schatz!“ „Tja, ich bin immer für Überraschungen gut.“ „Idiot!“, motzte Mari ihn an und verschränkte die Arme mit einem nachdenklichen Blick.

„Wäre es denn für euch okay, wenn wir hier bleiben, bis die Babys da sind und Hailey hier vorläufig an der Schule anmelden?“ „Wenn du jeden Tag für mich kochst, Mari“, antwortete ich grinsend und freute mich irgendwie, meine Freunde noch länger hier zu haben und weiterhin nicht so einsam zu sein mit meinen Kindern und meinem Mann, der kaum zu Hause ist.
 

Wie beschlossen blieben alle die folgenden Monate über den Winter und Frühling hinweg bis zum Sommer. Es war natürlich leicht zu erahnen, dass die Dämonen unsere Schwäche ausnutzten. Die griffen uns nun immer öfter an und auch Rachel kam kaum noch klar in Japan. Ich persönlich hatte ja mehr angst um Yoshi als um sie.

Am 11. Juli war es dann so weit – unsere kleine Jenn erblickte das Licht der Welt. Nur wunderte ich mich, warum Rick unbedingt wollte, dass die Kleine nach 0 Uhr kommt! Als sie dann aber zehn Minuten vor 0 Uhr kam, meckerte er nur noch rum und motzte mich an, warum ich sie nicht zurück halten konnte. Warum er so ein Theater machte? Das verriet er mir nicht.

Ich hatte keine Probleme mit ihrem Geburtsdatum, das schönste Geschenk für mich war, dass sie blaue Haare hatte und braune Augen. Sie war einfach mein Ein und Alles und wurde von morgens bis Abends von mir durch die Gegend getragen.

Aber nun wurde es langsam zu voll im Haus und so beschlossen wir, dass die Anderen abreisen würden, sobald auch Scarlett ihr Kind bekommen hat. Sie war noch immer hochschwanger und sollte den kleinen Jungen am Ende des Juli bekommen.
 

Heute sollte ausnahmsweise mal ich kochen, denn Kyle und Marisha waren mit Hailey unterwegs und Rico war mit Scarlett beim Frauenarzt. Da Rick erst in einer halben Stunde von der Arbeit kommen würde, war ich mit meinen Kindern also heute mal alleine. Eigentlich freute ich mich drauf. Jenn lag in ihrer Wippe und schlief. Jill konnte kaum genug von ihr bekommen und fragte mich ob sie mir beim Kochen helfen dürfe.

„Du, Mama! Wollt ihr Clyde nicht weggeben?“ „Wieso willst du, dass wir Clyde weggeben?“ „Weil er nervt! Er beleidigt mich immer und Hailey auch...“ „Hach... Ich weiß, dass er zur Zeit schwierig ist, aber sei ihm nicht so böse.“ „Nimm ihn doch noch in Schutz! Das ist nicht fair! Alles wär schöner, wenn wir hier nur Mädchen wären. Hailey, Jenn und ich. Das wäre toll!“ „DU BIST NE BLÖDE SCHLAMPE, JILL!!!“, schrie Clyde auf einmal aus dem Kinderzimmer heraus. „CLYDE!!! SCHLAMPE SAGT MAN NICHT!“, schrie ich zurück und konnte es nicht fassen, dass sein Umgangston inzwischen schon so mies geworden war.

„Jill ist ne Schlampe! Und die kleine Nervensäge braucht auch keine Sau!“, hörte ich Clyde von Drinnen weiter meckern und kurz drauf ein paar laute Schläge. „Jill, pass bitte kurz auf das Essen und das Baby auf!“ „Oke...“ Bei ihr wusste ich wenigstens, dass ich mich drauf verlassen konnte.

Hektisch stürmte ich zu Clyde ins Kinderzimmer um ihm einen Anschiss zu verpassen, doch dort rang ich noch mehr nach Fassung, als ich sah was er wieder getan hat in seiner Trotzphase. Der ganze Kleiderschrank war zusammengetreten und in Einzelteile zerbrochen. Clyde stand mit verschränkten Armen davor und guckte mich wütend an.

„Was hast du da gemacht!?“ „Leckt mich am Arsch!“ „CLYDE! Ich will nicht, dass du so redest!“ „Wenn ich gar nichts mehr mache, bin ich doch eh für jeden von euch Luft! Das dumme Baby ist ja nun wichtiger als wir Anderen!“ „Das ist nicht wahr!“ „Doch!“, widersprach er und trat noch einmal gegen die Trümmer des Schrankes. Seufzend ließ ich ihn einfach machen und beschloss es Rick nachher zu sagen, damit er sich darum kümmern konnte. Wieder einmal lief ich davon... Ich wusste nicht, wie ich darauf reagieren könnte und wie ich Clyde dazu bringen könnte, sich nicht mehr so zu benehmen.

„Was hat er gemacht?“, fragte Jill mit den Händen in die Hüfte gestemmt. Sie stand auf einem Hocker um besser an den Herd zu kommen und trug eine Schürze. Alles in Allem sah sie aus wie ein zu klein geratenes Hausmütterchen. Und Jenn schlief immernoch als wäre nie etwas gewesen. Ich löste Jill wieder ab und rührte die Soße um: „Er hat den Kleiderschrank zusammengetreten.“ „WAS!? CLYDE!!! MEINE KLAMOTTEN!!!“, schrie sie entsetzt und rannte ins Kinderzimmer, wo es auf einmal wieder rumpelte und ich kurz danach meine streitenden Zwillinge hörte. So lange es ging versuchte ich die Ruhe zu bewahren, doch als ich Clyde auf einmal schreien und heulen hörte, reichte es mir und wieder stürmte ich zu ihnen.

„WAS SOLL DAS DENN!?“, fuhr ich nun beide an. Jill hatte Clyde eine gescheuert, das sah ich an seiner glühend roten Wange, wo man Jill's Handabdruck noch sehen konnte. Und Clyde hat ihr das Knie blutig getreten.

„Ihr räumt jetzt beide die Klamotten weg, dass euer Papa nachher den Schrank reparieren kann! Bewegung! Essen ist gleich fertig, bis dahin habt ihr eure Aufgaben erledigt!“

Während Jill nur seufzte und sich schonmal an die Arbeit machte, streckte Clyde mir nur die Zunge raus und rannte ins Bad, wo er sich einschloss. Ich kapitulierte... sollen sie doch machen was sie wollen.

Bis Rick nach Hause kam, hatte ich schon die vier Teller gerichtet und Jenn in ihr Gitterbettchen gelegt, das bei uns im Schlafzimmer stand. Rick war ziemlich kaputt und schlief schon halb im Stehen ein.

„Ich muss gleich kalt duschen...Heute warn's fast 60°C in der Küche.“ „Oh weia, dann mach das nach dem Essen gleich mal.“ „Und wie war dein Tag, Schatz?“ „Beschissen! Geh mal ins Kinderzimmer und guck dir an, was dein kleiner Sohn gemacht hat“, antwortete ich mit ignoranten Blicken, die ich auf Clyde richtete. Er fühlte sich keiner Schuld bewusst und fing schon an zu essen ohne auf uns zu warten. Wobei er ganz genau wusste, dass wir nur zusammen anfangen würden. Seufzend guckte sich Rick das Massaker im Kinderzimmer an und setzte sich sprachlos zu uns an den Esstisch.

„Junger Mann? Was ist eigentlich los mit dir, dass du nun schon die Möbel demolierst?“ „...“ „Mach so weiter und ich fahr dich ins Kinderheim.“ „WAS?!!“ „Yeah!“, flüsterte Jill begeistert. Clyde verweigerte darauf hin sein Essen, was Rick egal war. Sprachlos beobachtete ich meinen Mann wie er eine Gabel voll Essen in den Mund nahm und sich sein Gesicht verzog.

„Man Clyde!!! Das nervt!!!“ „Ja, schuldigung, dass ich lebe!!!“, motzte der Kleine zurück und ließ sein Essen stehen. Wann würde er wohl endlich aufhören Rick Duschgel ins Essen zu mischen? Auch meinem Mann war der Hunger vergangen. Er spülte sich den Mund aus.

„Hast du ihm das erlaubt?“ „Nein! Er hat das heimlich gemacht, als ich nicht hingesehen hatte. Zuletzt hab ich ihn ins Bad gehen sehn. Das Kind ist einfach schlimm. Keine Ahnung, was man mit ihm noch tun könnte.“ „Klar, dass er keine Grenzen mehr kennt! Du hast ihm ja auch immer alles erlaubt. Jetzt darf er es auf einmal nicht mehr. Kein Wunder!“ „Super, jetzt bin ich Schuld!?!“ „Mama?“ „Das will ich doch damit gar nicht sagen! Aber trotzdem braucht man sich nicht zu wundern, dass das nun so läuft. Er spielte ja auch die ganze Zeit die Hauptrolle...“ „Papa?“ „Na und? Jedes der Kinder ist was Besonderes! Oder findest du die Anwesenheit von Jenn schlimm, Jill?“ „Öh, nein, ich mag die Kleine! Sie ist voll süß. Nur Clyde ist doof... Aber ohne meinen Anwalt sag ich nun gar nichts mehr!“

Nun ging auch sie trotzig zurück ins Zimmer und ließ Rick und mich schweigsam zurück. Im nächsten Moment und wie bestellt kamen auch Rico und Scarlett wieder von ihrem Kontrolltermin.

„Oh man, ich will nicht mehr! Diese Wampe nervt mich, ich bekomm kaum Luft! Und guck dir meine Füße an! Ich hasse dicke Füße! Alles an mir ist dick! Ich will mich jetzt setzen, mein Rücken tut weh!“, beklagte sich die schwangere Blondine und ließ sich aufs Sofa fallen, weil sie durch den Bauch zu unbeweglich wurde. Zum Aufstehen musste sie auch immer hoch gezogen werden. Rico war so nett und machte ihr kalte Umschläge für die dicken Füße, die man meistens am Ende der Schwangerschaft bekommt. Alles in Allem fühlt man sich wie ein Schwamm...

Ich war froh es hinter mir zu haben, auch wenn immer noch alles von der Geburt weh tat. Verzweifelt versuchte ich im Bad bei Rico Abstand von den Problemen zu bekommen, doch meine innere Unruhe, die ich schon seit Monaten mit mir trug, ging einfach nicht weg. Im Gegenteil – sie wurde immer schlimmer von Tag zu Tag.

„Was ist los, kleine Sis?“, fragte Rico verwundert, als ich mich auf den Rand der Badewanne setzte und schwer seufzte.

„Du Rico..? Ich weiß, du kommst schwer damit klar und bist eigentlich gar nicht so der Typ zum Papa sein... Aber... Mal angenommen uns passiert irgendwann was. Würdest... Würdest du dich um meine Kinder kümmern?“ „Ehm... Was soll schon passieren?“ „Würdest du?“ „... Klar“, antwortete er erstaunt und grübelnd, warum ich das überhaupt fragte.

„Warum fragst du das eigentlich mich? Vertraust du mir so sehr? Ich hätte eher damit gerechnet, dass du Koshy oder Marisha so etwas fragen würdest.“ „Koshy hat kaum Zeit... Und Mari ist schon in Ordnung und kann das sicher gut... Aber Kyle bekommt das nicht mal mit seinen eigenen Kindern auf die Reihe. Ich glaub nicht, dass meine Kinder es bei ihm gut hätten. Er hat doch nur feiern und Weiber im Kopf.“ „Ehem...“ „Ja, ich weiß... Du auch... Aber Kyle ist da irgendwie anders. Ach, keine Ahnung, ich denke du wärst da schon die richtige Wahl.“

Rico lächelte etwas gerührt und schien sich geehrt zu fühlen, so viel Vertrauen von mir zu bekommen, doch dann legte er seine Hände auf meine Schultern und grinste typisch.

„So! Aber es wird eh nichts passieren, du doofe Nuss! Also muss ich gar nicht Papa von vier Kindern spielen! Hahaha.“ Ich war mir da nicht so sicher... Aber ich spielte mit und lachte einfach auch.

Mir zog es durch den Magen, wovon mir übel wurde. Wieder hatte ich diese Vision von Rick und wie er blutüberströmt vor mir lag... Das Gefühl der Unruhe wurde immer stärker. Diesmal sogar so sehr, dass ich so unsicher wurde und mich in Rick's Arme stürzte mit den Händen auf die Ohren gedrückt.

„Riiiick!!!“ „Was ist denn los, Chann?“ „Sie ist wieder da!“ „Wer?“ „Diese... Vision!“, sagte ich erschöpft und sank auf die Knie, immernoch mit den Händen an den Ohren und geschlossenen Augen weil ich mir erhoffte es dadurch nicht sehen und hören zu müssen. Es hörte nicht auf...

Rick kniete vor mir und schüttelte mich an den Schultern, so dass ich wieder zu klaren Gedanken kommen würde. Es klappte... Endlich sah ich wieder ihn und meine Wohnung als ich die Augen öffnete und musste heulen. Ich war so verunsichert, dass ich mich ihm richtig in die Arme warf und nicht mehr loslassen wollte.

„Chann, was ist denn nur los mit dir? Das wird immer schlimmer.“ „Ich weiß es nicht. Es ist, als würde schon sehr bald etwas passieren. Die ganze Zeit über war dieses Gefühl zwar da, aber total schwach. Und nun... es ist nicht mehr aufzuhalten! Ich will nicht, dass dir etwas passiert!!!“, drückte ich aus meiner Trockenen Kehle und brach erneut in Tränen aus.

Durch meine Anfälle erregte ich so viel Aufmerksamkeit, dass nun auch Rico sich zu mir beugte und Scarlett mich besorgt anguckte. Aber wenigstens hatten die Kinder noch nichts davon mitbekommen, was auch gut so war. Sie sollten nicht unruhig werden.

Den gesamten Abend saß ich wie im Schock und zitternd unter einer Decke auf dem Sofa, die Rick um mich gewickelt hatte, und starrte ins leere. Seine Versuche, mich zu beruhigen, brachten nichts. Er hatte seinen Arm um mich gelegt und wippte langsam mit mir hin und her, doch auch das konnte mich nicht beruhigen. Diese Vision kam so plötzlich wieder... Sie machte mich kaputt...

„Chann... Komm schon, jetzt werd doch bitte wieder normal“, flehte Marisha mich besorgt an und gab mir einen Tee zur Beruhigung. Auch dieser konnte mir nicht helfen. Mit ach und krach konnte ich mich ab und zu daran erinnern mal einen Schluck davon zu trinken, sonst hätte ich ihn komplett vergessen, obwohl ich ihn die ganze Zeit in meinen Händen hielt. „Was machen wir nur, wenn das nun nicht mehr weg geht? Wie kam das denn eigentlich?“, erkundigte sich Kyle, als würde ich nicht dabei sitzen und nichts davon mitbekommen. „Sie hatte auf einmal diese Vision... Ja, seit dem ist sie so“, erklärte Rick. „Komisch... Diese Vision hatte sie schon öfter und trotzdem fing sie sich immer wieder“, grübelte Marisha mit den Anderen. „Die Kleine hat einfach nen schlechten Tag. Lasst sie mal drüber schlafen“, lachte Rico und nahm das alles mit deiner üblichen Gelassenheit auf.

Ich enthielt mich jeglicher Meinung und starrte weiterhin ins Leere, während mir andauernd dieses Bild erschien. Warum? Und was war das für ein Ort in meiner Vision? Vielleicht würde es auch einfach was bringen wenn ich herausfinden würde, welcher Ort das ist und wenn wir uns dann davon fern halten würden. Ja, das wäre eine gute Idee.

Nachdem die Kinder sich allesamt beruhigt hatten von der Hektik beschlossen auch wir Erwachsenen uns endlich zur Ruhe zu legen. Rico und Scarlett kehrten wieder zurück zu Mum in die Wohnung und Kyle und Marisha legten sich auf die ausziehbare Couch.

Rick ließ mich nicht außer acht und ich war froh, dass Jenn fest schlief. Er hatte sich auf der Seite auf seinen Arm gestützt und guckte mich die ganze Zeit an, was ich unangenehm fand. „Was ist?“ „Ich lass dich so lange nicht aus den Augen bis du schläfst! Denk an was Schönes.“ „Und an was?“ „Denk dran wie wir uns kennen lernten und an unser Erstes Mal, hahaha!“ „Du Idiot...“, antwortete ich flach und legte mich in eine gemütliche Position.

Einzuschlafen fiel mir unerwartet leicht, doch hätte ich gewusst, was mich am nächsten Tag erwarten würde und vor allem, dass dies ein ganz bedeutender Tag werden würde – ja, dann hätte ich wohl kein Auge zu gemacht.

Der Tag fing wie immer an. Marisha und Rick stritten sich um den letzten Löffel Kaffeepulver und ich war damit beschäftigt, die Kinder allesamt zu wecken. Kyle schlief noch, das faule Ei.

Während Hailey und Jill sich nicht schwer taten mit aufstehen, motzte Clyde mehrfach und zog sich die Decke wieder über, die ich ihm schließlich weg zog. Doch selbst ohne Decke versuchte er wieder einzuschlafen. Ich ließ mich von ihm nicht unterkriegen und zerrte ihn am Bein hinter mir her, weswegen mich alle doof anguckten.

„Chann? Deine Methoden sind sehr fraglich“, ermahnte mich Marisha und guckte skeptisch drein, bevor sie ihren Kaffee trank. Rick machte sich schon gar nichts mehr draus und die beiden Mädchen kicherten. Hailey übernahm schließlich den Part vom Wecken. Sie kitzelte Clyde mit einer Feder an der Nase, da war er sofort wach, weil er dauerhaft niesen musste. „So, Schatz, ich geh dann arbeiten. Ich lieb dich.“ „Ich dich auch!“, sagte ich unsicher zu ihm und hoffte ihn heute Abend wohlbehalten wieder begrüßen zu dürfen. Es brachte alles nichts – die Pflicht rief nach mir. Eher gesagt, das Baby schrie, weshalb ich etwas hektischer wurde und mich sofort um Jenn kümmerte.

„Mari, kannst du vielleicht auf sie aufpassen, bis ich die Kinder zur Schule gebracht hab?“ „Klar, kein Problem.“ „Oh, das ist super! Hat Hailey heute zur selben Zeit Schule?“ „Nee, die hat heute später. Ich bring sie nachher selbst hin“, erklärte Marisha mit einem Lächeln und nahm die kleine Jenn als Jill und Clyde sich angezogen hatten.

„Also dann, sagt bis Nachher, Tante Mari!“ „Tschööö!“, sagte Jill nur fröhlich und schleifte ihren schweigsamen und mürrischen Bruder hinter sich her. Er stritt sich mit Jill nichtmal mehr um den Beifahrersitz. Ich hoffte ja inständig, dass er bald wieder normal werden würde... Ich ahnte nichts Böses, denn mein ungutes Gefühl hielt mich schon so lange in Bereitschaft, dass ich es nicht mehr wirklich beachtete. Dass es aber nun wirklich angebracht wäre... Ja, ich hätte nicht zu träumen gewagt, welche Auswirkungen dieser Tag auf unser aller Leben hatte. Ich fuhr in Ruhe auf den Straßen Orlandos entlang als kurz vor unserem Auto auf einmal etwas auf der Straße einschlug und ich gerade noch so bremsen konnte.

Unser Auto driftete davon und blieb seitwärts vor dem Krater stehen. Ich konnte ahnen, wovon dieser Einschlag auf einmal kam und befahl Jill und Clyde sofort auszusteigen.

Viel Zeit zum Umschauen blieb mir nicht, mein Herz blieb förmlich stehen und mein einziger Gedanke war es, die Zwillinge in Sicherheit zu bringen. Jill wusste sich eher zu helfen als Clyde – sie machte bereits riesige Sätze von der Hauptstraße weg, hinter ins Stadtzentrum, wo man eher Sichtschutz finden könnte. Unser Auto war mir gerade ebenfalls egal! Ich schnappte mir Clyde und rannte mit ihm auf dem Arm Jill hinterher. Sein Gewicht machte es mir ziemlich schwer schnell zu sein, doch selbst schnell rennen konnte und durfte er ja nicht.

Um die Ecke in einer Seitengasse war alles überdacht. Dort stellte sich Jill unter und wartete schwer schnaufend auf Clyde und mich. Ihn setzte ich auch sofort ab, jedoch gönnte ich mir keine Pause.

Ich musste wissen, wo die Dämonen waren, die uns eben angegriffen hatten! Doch selbst, als ich meine Deckung aufgab und mich überall umsah, fand ich keinen von ihnen. Hektisch suchend blickte ich mich überall um.

„MAMA!!!“, schrie Jill auf einmal von zehn Metern Entfernung aus ihrem Versteck, weshalb ich mich sofort zu den Kindern umdrehte. Fassungslos musste ich mit ansehen, dass sich einer der Dämonen hinter unserem Rücken herangeschlichen hatte und nun meine beiden Kinder unter den Armen trug.

„LASS DIE BEIDEN SOFORT LOS DU SCHEIßTEIL!!!“, schrie ich ihn an und hob meine Hand um mich für einen Gegenschlag bereit zu machen. „Oh, das würde ich nicht tun. Ich habe zwei Kinder als Schutzschild und ich werde nicht zögern es einzusetzen, haha!“, zischte er mich an und grinste hämisch. Mist, was soll ich denn nun machen!? Angreifen konnte ich nicht, denn sonst würde ich auf meine eigenen Kinder schießen.

„LASS SIE LOS, VERDAMMT! SIE KÖNNEN NICHTS DAFÜR!“ „Sie sind trotzdem ein gutes Mittel zum Zweck.“ „Was willst du eigentlich?“ „Ich komme im Auftrag meiner Vorgesetzten, ihr Assistants werdet am alten Hafen erwartet. Dort ist ein verlassenes Haus. Wenn ihr die Kinder wieder haben wollt, würde ich empfehlen, das Treffen anzunehmen.“ Ich schnaufte skeptisch und mein Magen zog sich unangenehm zusammen. Ich würde das nicht aushalten zu wissen, dass meine beiden Kinder bei den Feinden sind! Clyde... Was ist, wenn er dort auf einmal Probleme wegen seinem Herz bekommt vor lauter Angst!?!

„Also, bis dann. Ich nehme die Kröten mit!“ „MAAAMAAA!“, brüllten Jill und Clyde zu mir herunter, als ich machtlos mit ansehen musste, wie er sie mitnahm. Selbst beim Abflug konnte ich nicht auf ihn schießen, denn er kehrte mir keine Sekunde den Rücken zu. Als sie außer Sicht waren guckte ich hektisch hin und her und war in Panik am überlegen was ich nun tun sollte. Doch ich war so durcheinander, dass mir kein Einfall kam... Doch! Rick! Er wüsste bestimmt, was zu tun sei.

So schnell ich konnte, rannte ich zurück zur Hauptstraße, doch unser Auto konnte ich vergessen. Polizei, Krankenwagen und Feuerwehr hatten den gesamten Bereich bereits abgesperrt und untersucht.

Also musste ich zu Fuß weiter... Und es war ein langer Weg der schier nicht enden wollte. Was ist, wenn uns nun allen etwas zustößt!? Ich bekam kaum noch Luft als ich bei dem Restaurant, wo Rick arbeitete, ankam. Der Kellner fing mich sofort ab als ich in die Bude stürmte und nach Luft schnappte.

„Madame? Ich muss Sie bitten zu gehen. Unsere Gäste fühlen sich gestört!“ „Lass mich bloß in Ruhe du Heini! Ich muss in die Küche.“ „Nein, das geht nicht! Unmöglich! Verlassen Sie das Haus, oder ich sehe mich gezwungen die Polizei zu rufen.“ „Jaaa mach doch!“, keifte ich ihn an und schubste ihn von mir weg, weil er mich grade am Arm wieder nach Draußen zerren wollte.

Die Küche zu finden war in dem riesigen Laden nicht einfach und bis ich dort ankam, hatte ich sicherlich schon zehn Kellner hinter mir herlaufen. Das war mir egal! Ich platzte regelrecht durch die große Tür, die zur Küche führte und schaute mich dort hektisch nach meinem Mann um.

„JUNGE FRAU, BLEIBEN SIE DOCH ENDLICH STEHEN! DIE POLIZEI IST AUCH SCHON INFORMIERT!!!“ „HALTET DIE FRESSE! ICH MUSS ZU MEINEM MANN!!!“, brüllte ich zurück und wurde immernoch nicht fündig. Doch dann kam Rick endlich um die Ecke. Er wirkte sehr genervt und fragte was hier los sei, ehe er erstaunt bemerkte, dass ich es war und sich erstmal einen Anschiss von seinem Chef anhören musste. Peinlich berührt zog Rick mich in den Hinterhof und wollte mich grade anschnauzen, als mir Tränen kamen und ich mich um seinen Hals warf.

„Was ist denn eigentlich hier los!!?! Chann, du kannst nicht einfach auf meiner Arbeit auftauchen und alles durcheinander bringen... Ich könnte gefeuert werden... Und...“ „Jill und Clyde...“ „Wie?“ „Die beiden sind... Sind... Ein Dämon... Und...“ „Beruhig dich! Ich versteh nur Bahnhof!“ „MEIN GOTT, EIN DÄMON HAT UNSERE ZWILLINGE MITGENOMMEN!!!“ „WAS!?“

Na endlich hatte auch er verstanden um was es ging und wirkte schlagartig unruhig und ebenso besorgt wie ich. „Verstehst du jetzt endlich warum ich so hektisch hier rein gestürmt bin?!!“ „Wo sind die Beiden!? Hat das Vieh was gesagt? Warum hast du sie nicht gerettet!?“ „Ich konnte nicht! Er hatte sie als Schutzschild benutzt, verdammt!!!“ „Okay... Fuck!“ „Er meinte, wir Assistants werden erwartet... In einem alten Gebäude am Hafen.“ „Altes Gebäude? Kommt mir bekannt vor, die Situation. Egal was auf uns zukommt, wir werden den Kindern helfen! Gehen wir schnell nach Hause und sagen Marisha bescheid.“ „Nein! Ich möchte sie da völlig raus halten.“ „Was?! Warum?“ „Ich will nicht, dass ihr auch noch etwas passiert!“ „Oh Chann... Aber wir brauchen ihre Hilfe!“ „NEIN! Wenn uns was passiert, dann hat Rico alle Hände voll zu tun und einer muss ihm doch auf die Finger hauen, wenn was schief geht.“ „Manchmal verstehe ich dich einfach nicht... Na gut, trotzdem gehen wir jetzt erstmal nach Hause.“ „Okay...“, antwortete ich widerwillig weil ich dem Dämon nun am liebsten gefolgt wäre um die Zwillinge zu retten...
 

~ Kapitel 16 ~ Ruhe vor dem Sturm ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~
 

Warum gibt es eigentlich in dieser Story so viele Zeitsprünge? Ich mag euch dies mal kurz erklären ;) Die Trilogie bestand ursprünglich aus 6 (oO!!!) Staffeln... Diese 6 Staffel wollte ich nun auf 3 runter quetschen. Vieles wollte ich beibehalten und meiner ursprünglichen Story wollte ich treu bleiben.

Staffel 2 und 3 bilden die jetzige erste Staffel "Elementary Basics"

Staffel 4 und 5 (Anfang) bilden Staffel 2 "Elementary Light and Darkness"

Staffel 5 (Ende) und Staffel 6 werden zu Staffel 3 "Elementary Angels"
 

Naja... So kommen öfter Zeitsprünge zu Stande, aber ich hoffe, sie stören nicht zu sehr o.o

lg Kiroya

Ungewisse Zukunft - Teil 2

...Ja, was wird eigentlich aus unseren Liebsten, wenn wir nicht mehr sind? Sind sie dann noch gut aufgehoben? Geht es ihnen gut? Oder etwa schlecht? Wären wir doch nur noch da um sie zu beschützen in allen Zeiten...


 

Kapitel 17 ~ Ungewisse Zukunft - Teil 2
 

Völlig fertig kamen wir nach Hause und guckten uns um. In der kurzen Zeit hatte sich viel getan. Kyle war endlich wach und auch Rico und Scarlett waren wieder da. Marisha gab Jenn gerade die Flasche und Hailey räumte das Kinderzimmer auf. Als sie bemerkten, dass wir beide zusammen um diese Uhrzeit heim kamen, guckten sie uns schon fragend an.

„Was macht ihr denn schon wieder hier? Das ging ja schnell, Chann. Und Rick? Wolltest du nicht arbeiten gehen?“, fragte Marisha erstaunt. „Ja... Ehm.“ „Ich war grad auf dem Weg zur Schule und bin mit den Kindern von Dämonen angegriffen worden“, keuchte ich noch immer außer Atem. Es versetzte allen einen Schrecken. Dass Marisha nicht das Baby vor Schock fallen ließ, war alles.

„Das gibt es doch nicht! Erst zeigen sie sich überhaupt nicht und dann vergreifen sie sich an den Kindern!“ „Tja, sie sind der beste Köder“, bemerkte Kyle, womit er leider recht hatte. „Was machen wir jetzt? Der Dämon sagte, sie warten auf uns am Hafen.“ „Dann gehen wir da jetzt zusammen hin und lassen es krachen!“ „Nein, Mari! Ich will, dass du hier bleibst!“ „Ich würde ja gerne mit, aber...“, bemerkte Scarlett beiläufig und guckte dann herab auf ihren Babybauch. Naja, sie konnte unmöglich so kämpfen.

Marisha stand mit ungläubigen Blicken auf: „Warum soll ich bitte nicht mit!?!“ „Ich will nicht, dass dir auch etwas passiert.“ „Ey, das ist nicht dein Ernst! Als ob das gerade eine Rolle spielt, es geht hier um zwei Kinder!“ „Ja schon... Aber dein eigenes Kind braucht dich doch auch.“ „Mir passiert nichts!“ „Das kannst du nicht wissen!“ „CHANN MIR PASSIERT NICHTS UND ICH KOMME MIT!“ „NEIN!“ Kopfschüttelnd ging sie ein paar Schritte zurück und schaukelte schweigend Jenn, die von der vielen Aufregung inzwischen schrie. Waren das alle Widerworte? Scheinbar hatte sie aufgegeben und sagte nichts mehr dazu. „Also müssen Chann und ich wohl oder übel alleine gehen“, stellte Rick hoffnungslos fest. Alleine wird es schwer. Aber wer sollte uns sonst noch helfen?

„Gut, es bleibt ja nichts übrig... Ich ruf Naga an“, seufzte ich und begab mich sofort an mein Handy. Sie hatte damals gesagt, sie würde uns helfen... Zumindest hoffte ich, dass es wirklich eine Zusage war. Sie gab mir am Telefon keine deutliche Antwort, doch das war kein Grund für meinen Mann und mich alles aufzugeben. Wir beide stiegen auf sein Motorrad und fuhren zu der besagten Stelle. Mir war unheimlich zumute und Angst hatte ich auch.

Meine Vision... Sollte ich die ganze Zeit genau diese Situation gesehen haben? War es das, was ich sehen sollte? Es war offensichtlich, dass hier etwas passieren sollte, doch es gab kein Zurück. Jill und Clyde mussten gerettet werden. Doch warum wollen die Feinde schon am frühen Morgen einen Kampf, obwohl sie doch allesamt Wesen der Dunkelheit waren?

Mit zitternden Händen stiegen wir vom Motorrad ab, das Rick vorm Gebäude geparkt hatte und standen nun vor der fast zerfallenen Eingangstür. Der alte Hafen war schon sehr vermodert und das Holz kurz vorm Zerbrechen. Wenn man über den Steg laufen würde, würde man garantiert durchbrechen. Einige Balken waren bereits durch Stürme und Fluten weggespült. Daneben war nur noch dieses eine Gebäude zu sehen.

Ohne Rücksicht auf Verluste trat Rick die Tür ein und ging sofort in Deckung, da man ja nicht wissen konnte, was uns dahinter erwarten würde. Es passiert allerdings nichts... „Okay, rocken wir die Bude. Ich schätze, wir müssen wieder mal nach ganz oben.“ „Das ist doch zum Kotzen... Wir sind vier Elemente und wir beide müssen alles alleine machen...“ „Bei Marisha bist du selbst schuld.“ „Ja, ihr mach ich keine Vorwürfe. Aber wo ist Naga schon wieder, wenn man sie braucht... Und Rachel ist auch zu weit weg.“ „Wir schaffen das auch alleine, sind ja immerhin auch unsere Kinder. WIR SIND DAAA!“, rief er in den dunklen Eingangsraum. Alle Fenster waren mit Brettern zugenagelt damit kein bisschen Licht durch kam.

„Das ist seltsam... Warum ist hier keiner?“ „Das ist bestimmt ne Falle“, antwortete Rick skeptisch und zog sich seine Knarre, die er mit seinem Element gestärkt hatte, aus der Hose. Wo hat er die denn schon wieder her?

Noch bevor wir die Treppe suchen konnten, wurden wir plötzlich von zwei Dämonen angegriffen, die uns nur knapp verfehlten. Reflexartig landete ich und schoss sofort zurück, doch auch ich verfehlte, da ich kaum etwas sehen konnte. Unsicher suchte ich nach Rick, doch ihn konnte ich nicht finden, was mir noch mehr Angst einjagte. Meine Vision darf hier nicht wahr werden!!!

Doch nun hatte ich erstmal um mein eigenes Leben zu kämpfen. Wieder wurde ich von dem einen Dämon angegriffen und hörte nur die Schläge der Energiekugeln. Wieder konnte ich gerade so ausweichen und fiel gegen die Wand. Durch den Schutt und den aufgewirbelten Staub bekam ich kaum Luft und musste schwer husten.

„Oooh, armer kleiner Assistant. NIMM DAS!“, hörte ich auf einmal einen schrillen Schrei und wusste nicht woher der nächste Angriff schon wieder kam. So blieb mir nichts anderes übrig als unbeholfen zu fliehen und zu hoffen, den Dämon abhängen zu können. Ich hoffte inständig Rick wieder zu finden.

Nachdem ich durch den endlosen Korridor rannte, fand ich mich in einem größeren Raum wieder. Scheinbar war dies einmal eine Lagerhalle. Hier kam auch nur etwas Licht durch einen kleinen Holzspalt herein.

Ängstlich beschloss ich mich an der Wand zu halten und leise zu sein um mich etwas erholen zu können. In dem Raum lagen überall teile von Holzkisten, Schutt und sehr viel Staub herum. Ratten tummelten sich in den Ecken und durch das bisschen Licht konnte man das Funkeln der Spinnennetze an den Wänden erkennen. Ekelhaft! Bei jedem Schritt knarrte der Boden, was mich noch nervöser machte. Ich guckte mich weiter um! Von dem Gang aus, aus dem ich kam, konnte man gleich gegenüber die Treppe sehen, die eine Etage weiter hinauf führte und rechts war ein weiterer Gang.

Vertieft in meine Umgebung und nach Dämonen suchend bemerkte ich gar nicht, dass ich nicht alleine hier drinnen war.

Meine Gesellschaft stellte sich jedoch als alles Andere als ein Dämon heraus. Im Halbschatten konnte ich nur die Statur einer Frau erkennen und dachte schon es sei Naga, die uns vielleicht doch helfen kam, welche Hoffnung ich schon längst aufgegeben hatte. Diese Frau stand auf der Treppe und das Funkeln ihrer Waffe war gut zu erkennen. Das war nicht Naga, denn sie kämpfte nie mit Knarren. Aber... Dann war es vielleicht wieder ein selbst erschaffener „Assistant“ so wie unsere Gegenstücke damals? Seelisch und Moralisch stellte ich mich auf den Kampf ein und schritt näher.

„Wohin des Weges?“, fragte diese Person mit einer arroganten Stimmlage, die mich wütend machte. „Wer bist du?“ „Oh, ich glaube das willst du gar nicht wissen.“ „Lustig, sag schon, damit ich weiß, wen ich gleich auf dem Gewissen hab!“ „Du? Mich auf dem Gewissen? Unwahrscheinlich...“

Lachend kam die Unbekannte die Treppe herunter und war nun besser sichtbar durch den kleinen Lichtstrahl, der durch die Bretter durchkam. Ihre Haare funkelten blond und ihre Augen orange... Wer war sie?! Ich kannte diese Person nicht... Oder etwa doch? War das... War das Vanessa!?! Aber... Was macht Vanessa hier!? Arbeitet sie etwa ebenfalls für die Feinde? Wundern würde mich das nicht.

„Du siehst aus als würdest du schon fleißig rätseln wer ich bin. Ich kann dir natürlich auch gerne auf die Sprünge helfen. Heute könnte ich natürlich Vanessa Coldfire heißen, aber leider kam es ja nie dazu... Aber vielleicht wird es ja doch noch was wenn ich dich aus dem Weg schaffe“, lachte sie hemmungslos und entfernte sich wieder ein paar Schritte. Wusste ich es doch!

„Was machst du hier?“, fragte ich ernst und hatte keine Angst vor ihr. Wenn sie eine Knarre hat, heißt das, dass sie kein Element haben konnte. Wir Assistants kämpfen eigentlich nicht mit Waffen, außer Rick. „Ach, ich weiß selbst nicht, was das für ein Ort ist. Ich hab lediglich Rick und dich gesehen und bin euch gefolgt. Allerdings hab ich dann niemanden mehr gesehen und hab beschlossen mich einfach mal umzuschauen bis ich dann dich fand.“ „Mutig... Hier drin lauert der Tod auf Normalsterbliche.“ „... Normalsterbliche? Du bist ja echt durch...“ „Haha, ja. Ich sollte mich einweisen lassen.“ „Dazu kommt es nicht mehr... Denn... DICH WIRD ES GLEICH NICHT MEHR GEBEN!“, schrie sie vom Treppenabsatz herab und schoss auf mich. Es passierte so schnell, dass ich aus Schreck gar nicht reagieren konnte. Vergeblich wartete ich auf meine Schussverletzung, denn ich spürte, wie ein heftiger Ruck mich auf die Seite drückte und zu Boden warf.

„Was...?“, fragte ich fassungslos und rieb mir den Kopf, der einen leichten Schlag abbekommen hatte bei meinem Aufprall. Von Oben hörte ich Vanessa, die keuchte vor Schreck und ich versuchte herauszufinden, was passiert war. Da sich meine Augen inzwischen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte ich schnell Rick erkennen, der nun auf dem Boden lag... In einer Blutlache... Oh nein... Meine Vision...

„Rick!!!“, schrie ich entsetzt auf und rüttelte ihn aus Angst er sei nun tot. Doch zu meiner Erleichterung richtete er sich mit verzerrtem Gesicht auf und hielt sich nur den Arm, mit dem er den Schuss abbekommen hatte.

„Du hast... Mich schon wieder gerettet.“ „Vanessa, was soll die Scheiße schon wieder!? Was suchst du überhaupt hier?“, keuchte Rick heraus und beachtete mich gar nicht. „Warum rettest du diese Schlampe!?!! Hör doch endlich auf sie zu benutzen und komm zu deiner richtigen Familie!“

Rick seufzte und schüttelte den Kopf, während ich nun gar nichts mehr verstand. Er stand schon wieder und ich kniete hinter ihm und guckte mich wieder um, wobei ich seine Waffe entdeckte, die er in seiner Hosentasche hatte. Vanessa triumphierte weiter.

„Hahaha, deine Frau ist so unwissend und dumm... Was weiß sie schon? Und garantiert hast du ihr immernoch nicht unser großes Geheimnis erzählt, oder Schatz? Soll ich mal?“ „HALT BLOß DIE KLAPPE!!!“, fuhr Rick sie an, was mir suspekt wurde. Verschwieg er mir etwa immernoch einige Dinge!?! Was für ein großes Geheimnis!?

„Tja, kleine dumme unwissende Frau... Dein Mann benutzt dich ja immerhin schon seit vielen Jahren um sich zu verstecken. Andere Leute sind ihm ja scheiß egal wie zum Beispiel unsere...“

Es reichte mir... Ihr Gerede machte mich so aggressiv... Ich musste sie loswerden! Reflexartig griff ich nach Ricks Waffe, zog sie aus der Hose und schoss ohne Rücksicht auf Verluste auf die Nervensäge, die wortlos zusammen sackte. Rick, der sich fassungslos zu mir umdrehte, rannte anders als erwartet zu ihr.

„Oh man, ey! Nicht sterben! Komm schon, du wirst doch gebraucht!“ „Ich... Habe dich immer... so sehr... geliebt... Rick... Pass gut... Auf sie auf...“ „Nein! Lass mich nicht allein mit dieser Aufgabe! Wie soll ich denn...“

Doch dann verstummte er, weil er merkte, dass Vanessa die Augen schloss und tot war. Ich runzelte die Stirn und wusste nicht wie ich nun darauf reagieren sollte, denn das hatte gerade noch gefehlt. Welche Aufgabe... Auf wen soll er aufpassen? Hatte das etwas mit deren „Geheimnis“ zu tun?

Rick schrie wütend auf und kam zu mir gelaufen um mir seine Waffe förmlich aus der Hand zu reißen. „Ehm... Ist doch gut, dass sie uns endlich nicht mehr nerven kann... Oder... Etwa nicht?“, fragte ich bedrückt und guckte zu Boden, weil ich nicht wusste, warum das nun falsch war. Menschenleben hin oder her, die Frau hatte so viel schon zerstört...

Rick lief hektisch hin und her mit seinem blutenden Arm und schnaufte gehetzt: „Gut!?! Oh mein Gott!!! WARUM MUSSTEST DU SIE GLEICH UMBRINGEN!?!“ „HALLO!? DIE ALTE HATTE AUF MICH GESCHOSSEN! SOLL ICH MICH OHNE WORTE KILLEN LASSEN ODER WAS!?“ „Nein, das hab ich nicht behauptet... Aber...“ „Was ist los!? Wovon hat die Alte geredet!!? Hä? Was ist denn euer groooßes Geheimnis?“

Rick kam sich immer weiter bedrängt vor und schnaufte immer lauter: „Verdammt! Ja, die hat genervt! Ich habe dieser Frau schon die Pest an den Hals gewünscht... Aber ich wollte nicht, dass sie stirbt!“ „Warum!?! WAS BINDET EUCH ANEINANDER!? EURE ACH SO TOLLE GEMEINSAME VERGANGENHEIT!?“ „NEIN, VERDAMMT! UNS VERBINDET IHRE JUGENDLICHE DUMMHEIT IM DROGENRAUSCH UND DASS SIE MICH VERARSCHT HAT!“

Verständnislos und ungeduldig verschränkte ich die Arme und wartete auf eine Erklärung. Ob hier nun gleich wieder Dämonen kommen würden war mir scheiß egal!

„Bitte etwas deutlicher, Kerl!“ „Tzz... Ach, hat doch eh keinen Sinn mehr...“, sagte er nun hoffnungslos und setzte sich. Er wirkte schon ziemlich schwach auf den Beinen durch das viele Blut, doch er war schon selbst dabei sich zu versorgen, indem er sein Hemd zerriss und sich den Arm selbst verband. Ich half ihm dabei nicht, viel zu wütend war ich gerade.

„Also?“ „Ich wollte nicht, dass Vanessa stirbt, weil ich jetzt nicht weiß, wer sich um Debby kümmern soll...“ „Debby...?“ „Ja... Debby... Damals mit Vierzehn hat mir Vanessa mir ein Kind untergejubelt weil sie dachte, das würde uns vielleicht zusammenhalten...“ „Bitte was!?!! Dann sind Jill und Clyde gar nicht deine ersten Kinder!?! Was darf ich eigentlich noch alles erfahren!? DU HATTEST GESAGT DU WIRST MICH NICHT MEHR ANLÜGEN UND ICH WÜSSTE NUN DIE GANZE WAHRHEIT!!!“ „DENKST DU DAS HÄTTE ICH DIR SAGEN KÖNNEN!?! ICH WUSSTE DASS DU GENAU SO REAGIEREN WÜRDEST! UND DAS WOLLTE ICH NICHT, WEIL ICH UNSERE FAMILIE NICHT AUFS SPIEL SETZEN WOLLTE, VERDAMMT!“ „Toll... Klasse! Wo ist das Kind!?“ „Keine Ahnung... Ich hab mich nur regelmäßig mit Vanessa getroffen um ihr Unterhalt zu zahlen, mehr wollte ich mit den Beiden auch gar nicht zu tun haben...“

Kopfschüttelnd lief ich ein paar Schritte weg: „Wunderbar... Was darf ich mir eigentlich noch alles geben!? Boah ey, ich schick dich zur Hölle, falls wir das hier überleben! Warum hab ich überhaupt noch ein Kind von dir bekommen!? Auch wieder nur ein Mittel um Vanessa fertig zu machen... Wahrscheinlich ist das der Grund warum du noch ein Kind mit mir wolltest.“ „Nein!!! Ich wollte Jenn, weil ich dich und unsre Familie liebe und weil sie mir alles bedeutet!!!“ „Und, ist das auch wieder eine deiner Lügen? Dann geh mal schön dein Töchterchen suchen... Ich geh jetzt unsere Kinder retten“, schaffte ich gerade noch ernsthaft zu sagen, ehe ich ihm den Rücken kehrte und meinen Tränen freien Lauf ließ. Es war mir egal, was er nun machte. Kaum etwas sehend stürmte ich an ihm und an Vanessa vorbei die Treppe hinauf, wo immernoch alles frei von Dämonen war.

Ein langer und schmaler Korridor, der drohte zusammenzubrechen führte einzig zu einer Holztüre. Links befanden sich drei große „Fenster“ wo allerdings schon lange kein Glas mehr drin war. Die Scheiben waren zum Großteil durchgebrochen. So hoch war das Gebäude gar nicht, stellte ich fest, als ich durch eines der Fenster guckte. Auf einmal wurde ich durch Gepolter hinter mir abgelenkt, beruhigte mich aber gleich wieder, weil es nur Rick war der mir torkelnd gefolgt war.

„Warte, Chann...“ „Ich glaub die sind hinter dieser Tür.“ „Dann... öffnen wir sie doch einfach mal“, antwortete er, holte mit seinem Bein aus und trat die Tür einfach ein genau wie die Andere zuvor auch.

„Ach du Scheiße...“, flüsterte er und ich drängte mich dazu weil ich auch sehen wollte, was nun so erschreckend war. „Ach du Scheiße...“, murmelte auch ich in mich hinein bei dem Anblick...

„Na, aber Hallo liebe Kinderchen, da seid ihr ja endlich. Wir haben bereits auf euch gewartet“, wurden wir nett begrüßt von einer Person, die ich längst tot geglaubt hatte. „MAMA!!! PAPA!!!“, schrieen unsere Zwillinge nach uns. Beide waren an jeweils einen Stuhl geknebelt und versuchten sich vergeblich zu lösen. Ich bekam den Mund nicht mehr zu: „Wie... Wie kann das sein!?!! Du lebst!?!“ „Jep... Doch guck dir an was du aus mir gemacht hast, Schwesterlein“, antwortete Ran, die üble Narben im Gesicht trug und wütend drein blickte.

„Die ist ja wie Unkraut.“ „Klappe! Euer Spektakel da Unten war so faszinierend, dass ich meine ganzen Dämonen zurück gezogen hab. Hach... Und, lasst ihr euch nun scheiden?“, fragte sie scheinheilig mitfühlend. „Nö...“, antwortete ich nur trotzig. „Sowas aber auch... Euch kriegt man wohl nie auseinander. Arsch und Eimer sollte man auch nicht trennen. Gibt nur Sauerei, hahahaa!“ „Gut... Dann zeigt der Arsch dir jetzt mal die Hölle“, lachte Rick und grinste selbstsicher, ehe er aufsprang und sich anfing mit Ran zu schlagen. Selbst mit einem Arm konnte er noch gut mithalten. Ich nutzte die Gelegenheit um Jill und Clyde zu befreien. Ran konnte es nicht verhindern, denn sobald sie sich zu uns wandte, ließ sie zu, dass Rick sie schlagen konnte. Ich versteckte die Zwillinge hinter mir und sah zu wie Rick mit dem Bein ausholte und Ran so erwischte, dass sie in die Wand einschlug und vor Wucht Trümmerteile fallen ließ.

„Die ist noch nicht kaputt... Los, bring die Kinder weg!!!“, rief er mir zu, worauf ich sofort reagierte. Jill und Clyde konnten gar nicht so schnell reagieren wie ich sie aus dem Zimmer zerrte und mit ihnen den langen Korridor entlang lief. Doch unser Weg wurde durch einen Dämon behindert und von hinten konnte ich hören, dass Ran schon wieder fit war. Sie gab sich weiterhin den Kampf mit Rick.

„Endstation, liebe Assistants“, zischte der Dämon, der eine Energiekugel bereit machte. Ich hatte keine Angst vor ihm und sammelte meine Kräfte in meiner Hand.

„Boah, das wird mir langsam zu ätzend!“, meckerte Jill und schoss einen ganzen Blizzard auf den Dämon, der dadurch zerfetzt wurde. „What the...“, stammelte ich fassungslos. „One Hit!“ „Headshot!“, kicherten die Beiden und klatschten sich gegenseitig in die Hände.

Noch während die Zwillinge Jill's Stärke feierten, hörte ich auf einmal ein Rufen von unten und guckte wieder aus dem Fenster, wo ich meinen Augen nicht trauen konnte. Marisha!?!! Aber sie sollte doch... Ach man! Egal! Sie kam wie gerufen, denn Rick wurde von Ran durch die Tür gehauen wovon er uns im hohen Bogen und mit dem Rücken voraus vor die Füße fiel. Jetzt musste es schnell gehen, ich musste Rick helfen, aber auch die Kinder retten. Den letzten Moment, den ich übrig hatte, nutze ich und ging vor Jill und Clyde in die Hocke. Ich legte meine Hände auf jeweils eine Schulter von ihnen und guckte abwechselnd beiden in die Augen.

„Okay... Eins dürft ihr nie vergessen! Egal was passiert... Wir lieben euch über alles und sind immer bei euch, ja?“ „Aber...“ „Mama?“, fragte Jill ahnungslos, doch ich war schon wieder aufgestanden und guckte hinunter zu Mari.

„MARI!!!“ „CHANN!?“ „HIER OBEN!!!“ Sie reagierte sofort und schrie entsetzt auf, als ich ihr auf einmal erst Clyde und dann Jill entgegen warf. Ich wusste sie würde die Beiden auf jeden Fall fangen können.

„BRING SIE IN SICHERHEIT!!!“, rief ich ihr zu und konnte noch sehen wie Mari davon rannte zusammen mit den Zwillingen, die sich heftig wehrten. Nun konnte ich meine ganze Aufmerksamkeit Ran und Rick zuwenden. Er hatte es geschafft wieder aufzustehen und sprang wieder zu Ran, die nun anfing wieder von ihrem Stein Gebrauch zu machen und Blitze auf Rick zu schießen. Gerade rechtzeitig konnte er noch ausweichen und zog seine Knarre hervor. Mit leichten Sprüngen wich er den fünf weiteren Blitzen, die sie auf seine Füße schoss, aus und schoss ein paar mal auf sie im Sprung.

Ich warf alle Gedanken von einem fairen Kampf über den Haufen und schoss Eiszapfen auf sie, die sie mit ihrer Feuerenergie einfach zerschmolz. „So wird das nichts. Ihr Beiden habt keine Chance gegen mich“, lachte Ran und landete mit einem leichten Satz auf dem Schreibtisch.

„Findet ihr nicht, dass hier drinnen viel zu wenig Platz ist? Wir sollten uns frei entfalten können.“ Sie hob ihre Hand und grinste hämisch. Rick stellte sich schützend vor mich, wirkte aber sehr mitgenommen. Lange würde er nicht mehr kämpfen können. Er blutete bereits am rechten Auge und seine Lippe wurde aufgeschlagen. Dazu noch die Blutung am Arm, die nicht wirklich aufhören konnte, bei der vielen Bewegung.

Ran ballte ihre gesamte Energie und riss mit einem lauten Knall das ganze Dach ab. So standen wir unter freiem Himmel. Lachend forderte sie uns heraus und sprang erneut hoch in die Luft um auf einem abgerissenen Holzbalken zu landen. Ihre Haare wehten im Wind wild umher. Ich setzte zu einem erneuten Angriff an und drückte mich vom Boden ab um sie schnell zu treffen. Doch wieder wehrte sie mich spielend leicht mit ihrem Arm ab und grinste genauso fies wie vorher. Ich schien fast in der Luft zu stehen und knirschte mit den Zähnen, bevor ich mich nach Hinten verlagerte und sie im Rückwärtssalto hoch in die Luft treten konnte. Ich hatte sie am Kinn erwischt, was mich hoffen ließ, dass sie erstmal bewusstlos sei. Während ich wieder auf dem Boden landete setzte Rick noch eins drauf und schoss eine ganze Salve Energiekugeln auf sie, die sie allesamt frontal trafen.

Noch einmal nahm ich Schwung, sprang hoch hinauf zu ihr, drehte mich in der Luft und kickte sie so kräftig ich konnte in Richtung Meer, wo sie aufschlug und nur eine riesige Fontäne hinterließ.

Erschöpft landete ich neben Rick und fiel nach hinten um, weil ich mein Gleichgewicht nicht mehr halten konnte. Auch Rick war zu Boden gesunken und sah mehr als blass aus. Sein Gesicht war kreidebleich und ähnelte eher einem klassischen Gespenst. Der provisorische Verband um seinen Arm war komplett durchgeblutet.

„Rick? Du glühst ja richtig. Ich glaub die haben wir gepackt, komm, gehen wir!“, sagte ich leise und versuchte Rick auf zu helfen, doch er kippte gleich wieder weg.

„Reiß dich zusammen, wir müssen weg hier!“, flehte ich nun richtig, doch er war so schwach auf den Beinen, dass er selbst mit aller Mühe und mit meiner Hilfe nicht hoch kam. Verzweifelt legte ich ihn mit dem Kopf auf meinem Schoß ab und überlegte was ich tun soll.

Er atmete schon richtig flach und unruhig! Wenn ich jetzt nichts tun würde, würde er mir in meinen Armen abkratzen! Verdammt!

„Die... Die ist...“ „Ruhig, Schatz... Nicht sprechen.“ „Ne-in... Die ist... Noch... Noch...“ „Psst“ Ich griff nach meinem Handy um Kyle oder Rico anzurufen. Ins Krankenhaus könnten wir nicht, denn dort würde schon wieder nur gefragt werden was passiert sei... Was sollte ich dann erzählen? Ich müsste mir mit Rico und Kyle etwas ausdenken, die hatten das eher drauf.

„Ran... Is'... noch...“, stammelte Rick der nur noch halb anwesend war, doch ich verstand immmernoch nicht was er mir damit sagen wollte. Ran konnte das nicht überleben! Wobei... Damals hätte sie es auch nicht überleben können und nun war sie doch wieder da. Besorgt streichelte ich Rick zur Beruhigung über die nass geschwitzte Stirn und suchte mit zitternden Händen eine Handynummer von meinen Brüdern heraus. Es war als hätte ich ein Blackout. Ich konnte mich kaum konzentrieren und verfehlte die Nummer auch noch ein paar mal, doch dann kniff ich die Augen zu und versuchte mich mit meiner letzten Energie noch mal zusammenzureißen.

„Komm schon, geh ran!“, verfluchte ich Kyle, der ganz schön lange auf sich warten ließ. Mein Herz tat richtige Freudensprünge, als ich seine Stimme hörte, doch ehe ich was sagen konnte, spürte ich plötzlich ein schmerzhaftes Ziehen in meiner Hand, wovon ich mein Handy fallen ließ. Was war das!? Es war fast, als hätte ich einen schwachen Schlag in die Hand bekommen.

„So einfach mache ich euch das nicht! Ihr werdet heute beide jämmerlich verrecken! An Ort und Stelle! Und es gibt niemanden, der euch hilft!!!“ Nein...! Das... Das konnte nicht wahr sein! Entsetzt drehte ich den Kopf zurück und sah wieder Ran, die klatschnass war und am Kinn blutete. Sie hob ihre zittrige Hand und schoss einen Feuerball auf mein Handy, das explodierte und kleine Splitter in meinem linken Arm verteilte, der davon überall Schrammen bekam und blutete. Mir kamen die Tränen und ich umarmte Rick ganz fest.

„Lass uns in Ruhe“, wimmerte ich und wartete auf ihren nächsten Angriff. „So etwas die Gnade kenne ich nicht.“ „... Aber... Du bist doch meine Schwester... Wieso willst du uns umbringen?“

Sie schwieg und setzte ein paar Schritte neben uns, was ich durch das laute Klackern ihrer Stiefel hören konnte. Was hatte sie nun wieder vor? Ich kniff nur noch meine Augen zusammen und spürte wie sie mir in die Rippen trat, was furchtbar weh tat und mich zum Schreien brachte. Dennoch beugte ich mich weiterhin schützend über Rick und hielt ihn fest in den Armen mit seinem Kopf auf meinem Schoß. Sie lief ein paar Schritte weiter und stand nun mit ausgebreiteten Armen vor uns. Ihr Lachen glich einer Wahnsinnigen, zu der ich verzweifelt hinauf sah.

„So, wie geht es nun weiter? Ich verrate euch meinen Plan! Erst werde ich das Element Wasser komplett ausrotten. Wenn ich euch vernichtet habe, sind die drei Plagen dran. Danach werden alle anderen Assistants nach und nach sterben. So viele Jahre habe ich geplant wie ich euch am besten treffen könnte. Eure Kinder sind eure größte Schwachstelle, was?“ „Die können nichts dafür! Lass sie in Ruhe...“, keuchte ich schwach und mir wurde schlecht.

„Und nun... Viel Spaß in der Hölle!“, sagte sie hämisch und hob ihre Hand. Jetzt ist es aus... Wieder schloss ich die Augen und legte meinen Kopf neben dem von Rick ab. Wenigstens gehen wir zusammen...

Ich rechnete schon gar nicht mehr damit, dass sich noch irgendwas an der Situation ändern könnte, doch es passierte nichts... Ich hörte nur plötzlich ein komisches Geräusch und ein Würgen, das von Ran kam. Schlagartig öffnete ich meine Augen um zu sehen was vor sich ging und schreckte zurück. Hinter ihr stand auf einmal ein hoch gewachsener Mann, der schwarze Augen hatte... Ich hatte ihn schon gesehen... Irgendwo... JA! Es war der Mann, der damals immer in meinen Alpträumen vorkam!!!

Seine Blicke waren abwertend auf Ran gerichtet, durch deren Bauch ein Samuraischwert ragte. Ihre Augen waren starr ins Nichts gerichtet und Blut kam aus ihrem Mund geflossen, was mir das Frühstück fast wieder hoch trieb.

„Meis-ter...“, keuchte sie immernoch starr. „Du hast nun endgültig ausgedient... Ich stehe nicht auf unpräzise und langsame Arbeit. Genug Zeit wurde verschwendet, du bist unbrauchbar, Ran Hiwatari.“

Mit diesen Worten zog er seine Klinge wieder heraus und ließ sie vor sich fallen. Woher kam dieser Typ überhaupt so plötzlich? Trotz aller Hektik schaffte ich es mich umzusehen und bemerkte sofort ein Kreisförmiges Teil hinter ihm. Es war... Als sei dies ein Tor zu einer anderen Dimension! In dem „Tor“ wie ich es nun einfach mal nannte, waren lila-schwarze Muster zu sehen, die sich zu einer Spirale verliefen. Ein fast betäubender Anblick. Wenn er Ran's „Meister“ war, dann hätten Rick und ich keine Chance mehr zu entkommen. Schwermütig versuchte ich mich mit meinem Schicksal abzufinden und guckte zu Boden, bis der Fremde seine Klinge neben uns in den Boden schlug und seine Hände erhob.

Er erschuf zwei hell leuchtende Kugeln, die langsam zu Rick und mir geflogen kamen und uns beide jeweils an der Stirn trafen. Sie taten nicht weh... Diese beiden Kugeln vereinten sich mit uns. Es war ein warmes Gefühl – so frisch. Als würde eine alte Batterie wieder aufgeladen werden. Wie in Trance schloss ich meine Augen und sah Licht und als ich wieder zu mir kam, war von meinen Verletzungen und Wunden nichts mehr übrig geblieben.

Erstaunt guckte ich meine Hände an und guckte dann zu Rick, der wie durch ein Wunder wieder völlig gesund und munter war. Er stellte sich hin und guckte sich verwirrt um, bis er auch den Fremden bemerkte. Dieser guckte weiterhin kühl auf uns herab.

„Du... Du hast uns geheilt? Wieso hilfst du uns?“ „Helfen? Aquarienne... Ihr alle seid Teile von ihr. Ich habe für euch etwas schöneres als den Tod. Auf dass man euch ewig in Erinnerung behalten möge, hahahaha!“, lachte er teuflisch und breitete hinter sich schwarze Flügel aus. War das... Etwa der Teufel persönlich!? Wie nannte man ihn? Luzifer?

Rick und ich nahmen uns unsicher in den Arm, während der Verrückte weiterhin lachend seine Arme hob und erneut zwei Kugeln erschuf. Sie leuchteten hell und klar wie Kristall... Und nun wurde mir auch klar warum. Diese Kugeln flogen zu unseren Füßen, die wir schon kurz darauf nicht mehr bewegen konnten. Nach und nach mussten Rick und ich beobachten wie unsere Körper von einer Kristallschicht umhüllt wurden. Sie ragten uns schon bis zu den Knien, als mir die Tränen kamen und ich mich fester an meinen Mann klammerte.

„Chann... Das mit Vanessa... Das tut mir leid!!!“, sagte Rick, als wüsste er, dass es seine letzten Worte seien. „Mach dir keinen Kopf drum... Ich werde dich trotzdem immer lieben...“

Die Kristallschicht war nun schon bei meinem Kinn angekommen und ich dachte in meiner Trauer nur noch an die Zwillinge und an Jenn, die ihre Eltern wohl niemals kennen lernen würde... Es tat mir so leid...
 

~ Elementary Basics ~ Ende ~
 

So, das war es also nun mit der ersten Staffel ^_^ Ich bin ehrlich froh sie fertig zu haben, da meine Favoriten wirklich 2 und 3 sind! Für fehlende Action und Kampfszenen möchte ich mich nochmals entschuldigen, davon werdet ihr zukünftig mehr bekommen. Ich versuche die Story tiefgründiger und besser zu schreiben und eben auch mehr Action mit einzubauen.
 

Was die Fortsetzung betrifft - Ich hoffe ihr bleibt der Story treu und werdet auch weiterhin lesen. Könnt mir ja mal Vorschläge machen, was euch so fehlt oder welche Theorien ihr so aufgestellt habt, was danach passieren wird :P

Ich werde nun erstmal einen Monat warten bis ich die neue Staffel hochlade. Bis dahin werde ich die Bilder zur Ersten fertig machen und Bilder zur Zweiten anfangen. Werde Vorbereitungen treffen und euch dann mit viel Lesestoff beglücken aaaaaam - sagen wir - 1.8.10! Ja, dann gehts weiter :D



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Kommentare zu dieser Fanfic (9)

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Von:  Maybe-Lee
2015-06-24T18:20:14+00:00 24.06.2015 20:20
Hallöchen! Nach langem hin und her, weil die Staffeln ja doch recht lang sind, habe ich mich zum lesen durch gerungen.
Ich bin durch den Doji "Relicts of time" auf die Story aufmerksam geworden, weil ich alle Hintergründe erfahren wollte.
Um ehrlich zu sein, ist der Schreibstil gar nicht meins. Meiner Meinung nach zu umgangssprachlich und zu vulgär, besonders bei den Kindern.
Ich hatte irgendwie auf charakterliche Entwicklungen gehofft, bzw auf andere Entwicklungen. Die Zeitsprünge ließen das alles ab und an sehr fremd erscheinen, aber du hast ja erklärt warum.
Die Charaktere finde ich allesamt krank, unrealistisch ändert auch realistisch. Obwohl alles für mich nicht rund ist werde ich mich trotzdem gleich die nächste Staffel lesen!
Es gab so viele lustige Momente, bei denen ich laut los lachen oder einfach nur schmunzeln musste. Einige Szenen fand ich total traurig, wie die letzte.
Es ist schwer mich zu überzeugen, aber du hast es geschafft, irgendwas an dieser Geschichte reizt mich sie zu lesen.
Ich mag Yoshi und Chann so gerne zusammen, aber ich kann sie so gut verstehen.
Schade das die Vampirin sterben musste, ich mochte sie. Aber was ist eigentlich genau aus dem Additant Licht geworden?
Alles in allem ungewöhnlich chaotisch, bunt und voller Hoffnung.
Von:  Mindgames
2013-07-30T20:22:41+00:00 30.07.2013 22:22
Huhu :)
Ich hab den dritten Teil in der Suche entdeckt, reingeschnuppert und fand das überzeugend genug, dass ich mir gedacht hab: "Fang vom ersten Teil an!"
Das hab ich dann auch gemacht und bin soeben damit fertig geworden und kann jetzt nicht anders als einen Kommentar abzugeben.
Die Geschichte ist richtig, richtig gut. Dein Schreibstil ist spitze und die Charaktere sind toll!
Ich werde demnächst den zweiten Teil lesen :)

Jedenfalls.. das machst du super! Wollte nur, dass du das weißt ;)

Liebe Grüße
Lollievox
Von:  Rakushina
2010-07-11T20:15:58+00:00 11.07.2010 22:15
Ach, irgendwie bin ich frustriert, dass es vorbei ist... Auch wenn ich weiß, das noch lange nicht Schluss ist. lD

Ich fand`s nur Schade, das meine Theorie nicht bestädtigt wurde. Ich habe ehrlich geglaubt dass Chann, in all ihrer Wut und Enttäuschung wegen Rick, was Vanessa und Debby angeht ihn erschißt. Ich hab das echt gedacht.

Was Chann zu Jill und Clyde noch gesagt hatte hat mich traurig gemacht ;_;
Und warum kam Naga net O___o

Und Luzifer ist en Arsch. Das weiß ich jetzt schon, auch wenn ich den noch nicht kenne xD

See you later, in Staffel two, Alligator =)

Von:  Rakushina
2010-06-15T19:43:13+00:00 15.06.2010 21:43
Ah, die Mafia kriegt auch ne weit größere Rolle. Und hoffentlich auch eine, die mit den Elementen zusammenhängt, wie auch immer das gehen soll.

Ich hab das Gefühl, Naga wird von Kapitel zu Kapitel auch immer beschissener.
Und Scarlett bleibt dumm =D Sie ist so ne typische Barbie. Und dass sie nicht kochen kann glaub ich, so wirkt sie auch. Eigentlich wirkt sie, als könne sie gar nichts.

Und Rick hat auch ne Arschloch-Seite, alle Achtung. Früher war er irgendwie nur das unverstandene Opfer, dass man zu Unrecht so behandelt. Aber er kann auch en Arschloch sein. Da kommt viel Verständnis für Chann.
Dennoch bleib ich bei meiner Meinung: *will Chann/Mari-Lesbensex Szene haben*
Von:  Rakushina
2010-06-15T18:55:30+00:00 15.06.2010 20:55
Hm, so sehr ich nachdenke, Kyle´s Logik will mir nicht in den Kopf. Für mich klingt es immer (auch im späteren Kapitel) dass er Naga mehr >>liebt<<. Weil Sex ja für ihn wichtiger ist und den Rest hab ich jetzt keinen Bock zu zitieren.

Man merkt nun auch mehr, dass Chann wirklich Probleme mit Rick hat. NCith einmal ausgesprochen und gut ist.

Und yeah, Kämpfe, da gab es früher viel zu wenig.

Und Scarlett ist dumm. Einfach nur scheiß dumm.

(und btw. Liebes - das sind nicht meine gebetaten Versionen... TT__TT)
Von:  Rakushina
2010-06-15T18:50:59+00:00 15.06.2010 20:50
Ich frag mich immer noch - wie kam es Yosh? Wie mein Freund? :D
Obwohl ich die zwei immer noch passend finde.

Das mit dne Drogen erklärt ja dann auch, warum Celia dann zu scheiße ist. Okay, Celia ist das immer, aber es wär eine Begründung.

Hailey ist süß <3 Und Clyde und Shinji. Und Jill auch und Maya. Aber Maya tut mir Leid. Ich hatte sie immer gern, leider hat sie nur scheiß Eltern.
Von:  Rakushina
2010-05-25T10:27:24+00:00 25.05.2010 12:27
Nun, was ich zum Kapitel allgemein gesagt habe, von wegen Länge und so weißt du ja schon.

Wäääh, aber Aysha ;_; Wie konntest du ;____; Ich hätte mir ein würdevolleren Abgang gewünscht.

Was mir aber bei den Gegenstücken auffiel: Edira, Karen und Kaze sind ja eigentlch genauso wie Naga, Rachel und Chann. Nur bei Scarlett und Marisha beißt sich das extrem xD Sag bitte, dass Absicht war, als ich so darüber nachdachte, hab ich lachen müssen.

Von Naga bin ich aber enttäuscht. Ich hatte sie weitaus loyaler in Erinnerung.
Und doch, Viki ist immer noch etwas verpeilt. Sie macht auf klug, sagt aber nur die Hälfte und verschiebt alles auf nächstes Mal. Schlussfolgerung => Sie hat selbst keine Peilung und muss jeden Scheiß selbst nachschlagen. xD

=3
Von:  Rakushina
2010-03-28T12:33:36+00:00 28.03.2010 14:33
Och mann, arme Sheela ;_; Dabei hab ich sie so gern.

Ich tendiere ja zu der Behauptung, dass Diego und Rico miteinander schwul sind. Aber ich frag mich, was mich mehr schockiert: Dass er Koshy nagelt oder dass Chann ihm auch noch geglaubt hat.

Und weißt du, dass Ashya der erste, typische Vampir seit langem ist, den ich gesehen habe xD (btw. wusstest du, dass Vampire nur in eigenen Sägen schlafen können und auch nur mit der Erde, unter der sie beerdigt wurden? Vampire bekommen nämlich leicht Heimweh xD)

Was mich wunderte, waren die vier Tussis gegen Ende. Ich dachte, es gäbe keine Gegensätze zu Chann und Co. mehr...

Übringens:
Wo ist meine Beta-Version ;_;
Von:  Rakushina
2010-03-26T21:11:18+00:00 26.03.2010 22:11
GEMÜSESUPPE!!! Ey, Sorry, aber ich mag diese Stelle einfach xD Und Koshy... Gott, ich lieb Koshy xD Ihr plötzlicher Gefühlsumschwung ey.

Den abgeänderten teil hab ich blöde Kuh aber nicht gefunden ;_;

Nur so en paar Dinge noch:
ich würd bei Naga eventuell erwähnen, dass die Eltern aus Russland kommen, ansonsten verwirrt der Nachname etwas ôo (Wundert mich, dass du den gelassen hast xD)
Vielleicht auch mehr Absätze, so große Blöcke sehen besonders ab der 2000 Wörtermark unästhetisch aus.
Und beim Briefen oder ähnlichen ne andere Schrift. Mach einfach kursiv, dass hebt sicher besser hervor und kann man leichter erkennen.

=3


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