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Elementary Basics

Trilogie - Staffel 1
von

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Antisympathie

Kapitel 8 ~ Antisympathie
 

Die erste Zeit mit den beiden Babys strapazierte uns weiterhin sehr, doch nach zwei Monaten fanden wir endlich einen Einklang und Rhythmus. Ich wunderte mich, wie viel Zeit inzwischen vergangen war. Schon wieder war ein Jahr vergangen... Ein Jahr seit Yoshi abgereist ist und fast ein Jahr seit unser Kampf mit Ran statt gefunden hatte. Ja, es war wieder Dezember und wieder würde sich ein Jahr dem Ende neigen.

Jill und Clyde waren nun 3 Monate alt und ich war heilfroh, dass es mit Clyde noch keine ernsthaften Zwischenfälle gab. Rick und ich hatten vor einer Woche endlich unsere erste gemeinsame Wohnung gefunden, ein paar Straßen weg von der Alten. So konnten wir Koshy immer die Kleinen geben - vorausgesetzt sie hatte mal frei.

Ich nutzte die zwei Stunden, die ich noch Zeit hatte bis zu dem Kinderarzt Termin von Clyde, um mit Rick zu trainieren. Trainieren? Man könnte es eher als verzweifelten Versuch, Wasserkräfte zu aktivieren, bezeichnen. Bisher hatten wir keinen Erfolg.

„Chann, lass es uns endlich aufgeben... Ich kann kein Wasser erzeugen.“ „Doch, ich weiß dass du das mit deinem Stein kannst. Du willst nur nicht genug und vertraust nicht in deine Kräfte.“ „Stimmt ja gar nicht... Ich musste nur die Nacht durch arbeiten und bin total müde, da ist es doch eigentlich verständlich, dass ich gerade keine Kraft hab für überhaupt irgendwas.“

Ich seufzte... Manchmal verstand ich Rick nicht. Gut, wir waren nun schon länger ein Paar, fast ein Jahr immerhin. Aber da gab es Dinge, die mich manchmal skeptisch machten. Oft blieb er lange weg oder musste irgendwelche Dinge erledigen. Dann wirkte er wiederum oft lustlos oder gezwungen. Manchmal stand er stundenlang vor unserem Fenster und beobachtete unsere Umgebung und dann muss er stets diese Tropfen nehmen wegen seinem Magen. Nun schlief er fast im Sitzen ein, weil er diese Nacht angeblich durcharbeiten musste. Als Koch kann das zwar vorkommen, aber da steckten sicher noch andere Dinger dahinter.

Selbst nach fast einem Jahr wollte er mir immer noch nichts über seine Vergangenheit erzählen. Kein Wort!

Wenn ich versuchte etwas zu bohren, wurde er sogar leicht aggressiv. Ich hatte keine Angst vor Rick, dennoch wollte ich mich lieber nicht mit ihm anlegen. Mit etwas Wut auf Rick nahm ich Clyde und wickelte ihn, was er überhaupt nicht toll fand.

Müde stellte sich Rick in den Türrahmen vom Kinderzimmer.

„Bist du jetzt sauer, weil ich heute keine Lust zum Üben hab?“ „Nö... Eigentlich sollte es mir egal sein. Ist ja auch egal ob ich allein dastehe, wenn wieder irgendwas auf uns zu kommt. Die Anderen sind alle nicht da. Angel ist verschollen und der Stein der Dunkelheit liegt hier unbrauchbar rum ohne Besitzer. Klasse, aber hey, warum sich Sorgen machen, Chann schafft das ja auch alleine!“ „Seh das doch nicht so. Es wird schon nichts passieren. Und du weißt ganz genau, dass du nicht alleine bist. Damals konnte ich dich auch beschützen ohne gleich irgendwelches Wasser erschaffen zu können...“ „... Du kannst mich aber auch nicht 24 Stunden am Tag beschützen. Wann bist du schon mal zu Hause?“ „Jetzt zum Beispiel.“ „Lustig... Wir gehen.“

Behutsam legte ich Clyde in seinen Kinderwagen und ließ Rick stehen. Wenn ich mit den Kindern unterwegs war, machte ich mir immer große Sorgen. Was wäre, wenn wir auf einmal angegriffen würden? Ich müsste die Babys beschützen und gleichzeitig kämpfen. Zumal ich gar nicht wusste mit wem oder was wir es zu tun hatten. Wir wussten, dass der Kampf noch nicht zu Ende ist. Wir wussten auch, dass wir uns vorbereiten müssten. Doch wann passiert etwas und in welcher Form? Seit damals herrschte Totenstille um die Elemente, was nicht heißt, dass wir uns in Sicherheit wiegen könnten.

Zum Glück stresste Clyde mich nicht zu sehr und ich konnte mich in Ruhe mit ihm ins Wartezimmer setzen. Hier musste man immer lange warten, dennoch wollte ich den Arzt nicht wechseln – er war der Beste in der Stadt.

Als ich ihn auf dem Arm hielt und ihm seine Flasche gab, bemerkte ich aus dem Seitenwinkel, dass sich jemand neben mich setzte.

„Chann?“ Erst jetzt beachtete ich diese Person und guckte nicht schlecht, als ich merkte um wen es sich handelte. Einerseits zog es mir etwas in den Magen wegen den Erinnerungen, die ich hatte, andererseits fühlte ich mich irgendwie sicher und in bekannter Gegenwart.

Es war Naga, die neben mir saß, mit ihrer Tochter, die wohl auch gerade einen Arzttermin hatte. Groß war sie geworden. Sie dürfte inzwischen ein Jahr alt sein.

Ich wusste nicht was ich zu ihr sagen sollte, daher verhielt ich mich relativ neutral.

„Hey, wie geht’s?“ „Gut... Aber ich wunder mich dich hier zu sehen“, antwortete sie überrascht und guckte auf den kleinen Clyde. „Ist es nicht zu dir vorgedrungen, dass ich schwanger war?“ „Nee... Ich war ja auch genug mit Maya beschäftigt. Guck mal, Maya, du kennst deine Tante ja noch gar nicht, haha!“

Das kleine Mädchen, das aussah wie ihre Mutter guckte mich mit großen Augen an und fing an zu heulen, weil ich ihr nicht ganz geheuer war. Es wunderte mich wirklich, dass sie nichts davon wusste. Ich hätte Gift drauf nehmen können, dass Kyle es ihr erzählt hat. Gut... Gesehen hatte ich Naga in der ganzen Zeit auch nicht mehr und anders als sie, hatte ich meine Schwangerschaft nirgendwo offen verkündet.

„Und wie geht’s den Anderen? Hab seit dem Abschluss keine mehr von euch gesehen.“ „Rachel und Sheela sind weggezogen.“ „Oooh, dann bist du bestimmt ziemlich einsam.“

Welch gespieltes Mitleid... Ich ging drauf ein um die Wartezeit noch so gut es ging vorüber zu bekommen.

„Na ja, ich telefoniere oft mit ihnen und mein Freund ist ja auch da.“ „Ach dieser... Rick, oder?“ „Ehm, ja.“ „Der ist echt noch mit dir zusammen? Wow.“ „Was soll denn das heißen?“ „Nichts. Männer verziehen sich doch meist einfach, sobald sie erfahren dass ihre Freundin schwanger ist.“ „Rick ist scheinbar nicht so. Weiß Kyle eigentlich inzwischen, dass er Papa ist?“ „Och... Joa...“ „Wie hat er reagiert?“ „Hat sich gefreut.“ „Das glaub ich nicht.“ „Du bist gut. Klar fand er es scheiße, aber hey, mir kann es egal sein, ich kassiere fleißig und demnächst sehe ich ihn sogar wieder öfter.“ „Echt?“ „Jap! Maya und ich ziehen zu ihm nach Japan.“

Mir zog es in die Magengegend... Arme Marisha. Wieso drängt sich Naga derartig in deren Leben?

„Trotz Kind ist der Idiot immer noch mit der Blonden zusammen. Aber egal, das wird sich ändern, wenn Maya sein Herz erobert hat und er seine Familie bevorzugt.“ „Oookay...“

Ich nahm mir vor gleich wenn ich nach Hause käme zu telefonieren und Marisha zu warnen. Endlich kam ich auch dran und musste mir Naga nicht mehr geben. Mit einem Zwinkern wünschte sie mir viel Glück mit Rick... Irgendwie war ich ja froh ihr bald nicht mehr begegnen zu können. Doch für Marisha tat es mir leid.

Bei Clyde war alles in Ordnung und so konnte ich wieder nach Hause gehen, worauf ich ja irgendwie keine Lust hatte. Das Zusammenleben mit Rick und den Kindern war wirklich schwierig und ich wäre froh, wenn ich mein altes Leben wieder leben könnte – doch das wird nicht zurückkommen.

Seufzend kam ich nach Hause, wo Rick auf dem Bett lag und schlief. Wenigstens ging es Jill gut. Sie schlief ebenfalls und ich beschloss, Clyde auch einfach in sein Bettchen zu legen und die Beiden in Ruhe zu lassen. Mein Plan ging auf – Clyde gab Ruhe und machte auch die Augen zu. Endlich ein Moment für mich in dem ich entspannen konnte – glaubte ich zumindest.

„Ah ihr seid ja wieder zu Hause“, sagte Rick, der scheinbar wach wurde und nun verschlafen vor mir stand. Ich hatte grade keine Lust auf ihn...

„Ja“, antwortete ich daher knapp. „Bist du immer noch sauer?“ „Nein. Ich bin bloß gestresst und schlecht gelaunt wegen so ner dummen Rothaarigen.“ „Rothaarige? Bist du Naga begegnet?“ „Erraten... Die hat nun vor nach Japan in Kyles Nähe zu ziehen wo sie ihn mit Maya, der Kleinen, rumkriegen will.“ „Oh mein Gott, was ne Kuh. Marisha kann einem Leid tun. Aber ich glaube, wir haben erstmal unsere eigenen Probleme. Du bist so komisch in letzter Zeit.“ „Wundert dich das? Was weiß ich schon über dich!? Wenn ich dich was über deine Vergangenheit frage, reagierst du gleich aggressiv und dann bist du kaum zu Hause!“ „Ja, da kann ich nichts für, ich muss arbeiten und Geld verdienen. Und über meine Vergangenheit rede ich einfach nicht gerne. Akzeptier das.“ „Ich bin deine Freundin... Und vielleicht irgendwann auch deine Ehefrau! Wieso darf ich es dann nicht wissen?“ „Weil es einfach nichts ist, dass ich gerne erzählen will. Niemandem! Auch nicht dir.“ „Danke...“, antwortete ich enttäuscht und fühlte mich wieder nicht respektiert und verarscht. Es tat weh, dass er mir scheinbar nicht genug Vertrauen entgegen brachte, um mir diese Dinge zu erzählen. Er bemerkte meinen traurigen Blick und legte seine Hand auf meine Wange.

„Hey, das ist nicht wegen dir. Glaub mir einfach. Vielleicht kann ich es irgendwann erzählen, aber das geht jetzt eben halt nicht.“ „... Okay“, antwortete ich leise und schmiegte mich an ihn, was der Idiot schamlos ausnutzte um mich gleich zu befummeln und zu küssen.

„Aber Rick...“ „Komm schon, die Geburt von den Kleinen ist doch schon ne Weile her. Seitdem lief nichts mehr zwischen uns.“

Unsicher musste ich erstmal überlegen ob das wirklich so gut war. Gut, es fehlte mir irgendwo auch, also wehrte ich mich nicht weiter gegen meine Zweifel und vergaß sie. Eher genoss ich es endlich mal wieder ein paar zärtliche Momente mit meinem Freund verbringen zu können. Es hätte so schön sein können... Doch grade mittendrin, als er auf mir lag, fing sein Handy an zu klingeln.

Er ließ sich natürlich gleich ablenken, was mich etwas wütend machte.

„Ignorier es einfach. Kannst doch nachher zurück rufen.“ „Und wenn es was Wichtiges ist?.... Ja?“

Na klasse... Er grinste mich herausfordernd an und machte einfach weiter um mich zu ärgern. Wer war überhaupt am Telefon? Während ich damit kämpfte nicht zu laut zu sein, hörte ich gespannt zu um ergründen zu können wer da dran ist.

„Ach echt? Was? Du willst vorbei kommen?.... Eh, ja klar warum nicht... Ich freu mich, dich mal wieder zu sehen.... Wie, was ich grade mache? - Sport. Du weißt doch, dass ich mich fit halte, hehe.“

Sport... Aha! Vorbei kommen... Wer will vorbei kommen? Es interessierte mich brennend wer uns demnächst besuchen wollte, ich musste mich richtig zurückhalten nicht zwischenrein zu fragen. Jedes Mal wenn Rick merkte, dass ich zu nachdenklich wurde, legte er sich mehr ins Zeug um mich weiter zu ärgern. So ein Idiot!

„... Ja den Kindern geht’s gut. Die schlafen gerade... Nein, Chann ist eine sehr gute Mutter... Nein... Nein... Ja... Mhm... Ne... Doch, doch... BIST DU BEKLOPPT!?... Nein... Okay, ich leg nun wieder auf. Bis dann, Ma.“

MA!?!?! DER FICKT HIER RUM WÄHREND ER SICH MIT SEINER ALTEN UNTERHIELT!?!!?

Fassungslos starrte ich ihn an, als er sein Handy zur Seite warf.

„Was?“ „Deine... Wieso telefonierst du mit deiner Ma, während wir Sex haben!?! Du bist doch bescheuert! Boah, nein eh! Geh runter! Und was meinte die?! Sie will vorbei kommen?“ „Jop, die will die Kinder mal sehen.“ „Oh mein Gott... Ich brauch... Beruhigungstabletten...“

Aufgebracht suchte ich meine Klamotten zusammen und rannte durch die Gegend weil ich nicht wusste wie ich mich seiner Mutter gegenüber verhalten sollte.

„Chann, was ist los?“ „Wann!? Wann kommt sie? Oh Gott, da muss ich doch was Gutes kochen und... Und die Wohnung muss sauber sein. Ich kenn die Frau doch gar nicht.“ „Hehe... Ja also... Morgen schon... Ich hoffe ja sie bleibt nicht lange. Mum ist ein echtes Nervenbündel. Sie kann schnell lästig werden.“ „Na klasse. Morgen...“ „Jo... Und sie wird wohl meine kleine Schwester mitbringen.“ „Auch noch... Wo sollen die denn schlafen?“ „Auf'm Boden, hahaha!“

Der hatte gut reden... Verzweifelt versuchte ich mir auszudenken was ich kochen könnte wenn die kommt und rief Marisha an, um mir Rat zu suchen. Das Gespräch mit ihr brachte aber auch kaum etwas, denn alles, was sie mir vorschlug, konnte ich nicht kochen. Ich konnte es einfach nicht – ich hasste kochen. Noch verzweifelter als vorher legte ich wieder auf und schnaufte tief durch.

„Komm runter, Kleine... Wer sagt denn, dass du unbedingt kochen musst? Ich kann ja auch kochen und behaupten, du hättest es gemacht.“ „Okay... Puh... Klingt gut.“ „Logo klingt das gut, ist ja auch meine Idee.“ „Arschloch...“ „Ich lieb dich auch. Gut, du passt auf die Teufel auf – ich geh einkaufen für morgen. Und telefonier nicht so viel durch die Gegend.“ „Jaaaja.“

Kaum war Rick aus der Tür raus, setzte ich mich an den Computer und eröffnete ein Gruppengespräch mit Sheela und Rachel, die sich erstmal über mich lustig machten. Sheela war immer noch sehr glücklich mit Diego. Er hatte sich zumindest etwas zum Guten verändert. Und Rachel hatte einen neuen Freund, dessen Namen sie uns aber nicht verriet.

„SHEELA!?!! War das da grad ein Schuss im Hintergrund?!“, keifte Rachel entsetzt in ihr Mikrofon. „Ahjo! Diego versucht sich mal wieder im Dosen-Treffen! Hahaha! Er ist so ein Held. Texas halt, er darf das. Er freut sich schon auf die ersten unbefugten Leute, die unser Grundstück betreten...“ „Oh... Mein... Gott...“, kommentierte ich dies nur. „Ach Mädels, ich hab Naga getroffen beim Kinderarzt.“ „Sieht sie immer noch so billig aus?“, fragte Rachel gleich. „Jap! Die meinte, dass sie nach Japan in Kyle's Nähe ziehen will.“ „Och nee...“ „Die hat ja Nerven.“, seufzte Sheela. „Dann werden Mari und ich die ja bald auf dem Hals haben“, meckerte Rachel... Und meckerte... Und meckerte...

Nach fast einer Stunde Lästereien musste ich leider auch schon wieder aufhören und mich um Jill kümmern, die aufgewacht war und nun Hunger hatte. Durch ihr Geschrei weckte sie Clyde gleich dazu, was mich leicht in Panik versetzte. Erstmal nahm ich meine Ohrstöpsel und wickelte Jill, danach legte ich sie aufs Bett und wickelte ihren Bruder. Zuletzt legte ich sie beide vor mich und hatte in jeder Hand eine Flasche – praktisch!

„So kommt schon, schön essen, Mami nicht ärgern und gleich wieder schlafen! Ihr seid doch liebe Kinder! Gaaanz liebe Kinder... Lalala... Kinderheim...“, trällerte ich verzweifelt vor mich hin und musste dann schon wieder über mich selbst lachen. Endlich kam auch Rick wieder nach Hause. Er hatte zwei Einkaufstaschen voll mit Zeug, dass er für morgen zum Kochen verwenden würde. Ich war wirklich gespannt auf seine Mutter und hoffte, dass sie mich leiden könnte.

Ich wollte alles geben um beim ersten Eindruck zu punkten und dass sie mich nicht gleich für unfähig hält. Von Rick wusste ich ja nur, dass sie schwierig ist. Um nicht ganz durchzudrehen beschloss ich einfach alles auf mich zukommen zu lassen.

Die Nacht über sah ich das allerdings ganz anders, denn mein Magen schmerzte vor Nervosität.

Der Morgen erst... Ich fragte Koshy ob sie auf die Babys aufpassen kann, um mich auf Rick's Mutter vorzubereiten. Bis sie kommen würde hatten wir noch vier Stunden Zeit, in denen ich erst mal die Wohnung aufräumte. Dann gesellte ich mich zu Rick, der das Essen zurecht machte.

„Was kochst du überhaupt?“ „Kaninchen mit Kräuter-Senfsoße und Zuckerschoten.“ „Was für'n Zeug!?“ „Guck zu, damit es nicht auffällt, dass du das gar nicht gemacht hast.“ „Okay, ist ja gut. Ich hab von solchen Dingen halt keine Ahnung.“

Ich stellte mich neben ihn und beobachtete wie er das ganze Zeug zusammen würfelte und etwas Leckeres daraus machte. Auf einmal holte er eine Wodkaflasche aus dem Kühlschrank und fing an den Alkohol in die Soße zu kippen... Erst dachte ich ja, das sei normal, aber dann wurde es immer mehr und mehr...

„Ehm, Schatzi? Wie viel soll das noch werden?“ „Och, glaub mal, bei meiner Ma kann es nie genug sein.“ „Ist sie Alkoholikerin?“ „Nein, aber erträglicher, wenn sie schläft“, sagte er belustigt und zwinkerte mir zu und ich musste lachen.

Eine halbe Stunde bevor es so weit war brachte Koshy die beiden Babys zurück, denn Ricks Mutter kam ja immerhin extra um sie zu sehen. Meine Eltern hatten sich bisher nie die Mühe gemacht ihre Enkelkinder zu besuchen. Wir stellten uns bereit und warteten auf das Klingeln, von dem wir zusammen zuckten, obwohl wir es erwarteten.

„Hi Mum... Gut siehst du aus.“, begrüßte Rick seine Mutter, als sie und seine kleine Schwester zu uns rein kamen. Ich streckte ihr höflich meine Hand entgegen, doch sie schenkte mir nicht mal einen Blick, ehe sie entzückt zu Jill und Clyde lief.

„Oh nein, sind die niedlich! Aber so hübsche Kinder können ja nur von meinem kleinen Jungen sein.“ „Riiiick!!“, rief seine kleine Schwester vor Freude und sprang ihm erstmal in die Arme. „Na Kathy? Du wirst ja auch immer schwerer.“ „Ich finde dich auch fett!“ „Das ist kein Fett, das sind die Muskeln, mein Schatz“, ermahnte Rick's Mutter ernsthaft getroffen, was mich leicht entsetzte. „Ja, ja, Mum... Ich bin kein kleiner Junge mehr. Das ist übrigens Chann, meine Freundin. Die Mutter meiner Kinder. Magst du ihr nicht Hallo sagen?“, fragte er mit verschränkten Armen und machte ihr damit klar, dass er ihr Verhalten mir gegenüber nicht gut fand. „Ach ja... Chann... Stimmt. Wie die Mutter... Ziemlich unordentlich, eure Wohnung. Rick, sag mal, kann deine Frau nicht aufräumen?“, fragte sie entnervt und setzte sich an den Esstisch, wo sie ihren Kaffee erwartete. Es war wie ein Stich ins Herz, so wie sie mit mir umging. Frustriert stellte ich mich an den Herd und machte das Essen fertig, so wie Rick es mir erklärt hatte.

Nebenbei hörte ich zu wie Rick und Celia miteinander redeten. „Hör mal Cedric...“ „Nenn ich nicht Cedric, Ma!“ „Ist ja gut. Hör mal Rick, meinst du wirklich, dass sie die richtige Frau für dich ist? Ich halte sie wirklich für unfähig. Kann sie sich denn wirklich um eure Kinder kümmern? Sie geht ja nicht mal arbeiten.“ „Ma, wie sollte sie? Wir haben zwei Kinder, auf die jemand aufpassen muss. Und wie ich schon sagte, sie macht das gut“ „Ja, aber... Du siehst mager und müde aus. Sie kann bestimmt nicht richtig kochen.“ „Doch, wirst du gleich sehen. Ich schau mal nach ihr.“

Es zog mir ein weiteres Mal in den Magen... Unter keinen Umständen dürfte ich nun weinen, auch wenn es mir noch so sehr zu Mute war. Vor Rick und seiner ekelhaften Mutter wollte ich stark wirken. Würde ich jetzt resignieren, wüsste sie, dass sie Recht hätte.

„Schatz, alles im Griff?“ „Ja...“, antwortete ich matt und richtete die Teller mit gesenktem Blick. Wie sollte ich das nur überleben? Diese Person um mich zu haben machte mich krank.

„Da! Bring ihr das. Haben wir zufällig Gift im Schrank?“ „Sie meint das bestimmt nicht so. Sie macht sich immer unnötig Sorgen um mich.“ „Sie meint das nicht so? Ja klar, ich find es nur toll wie du zu mir stehst.“ „Ich steh doch zu dir.“ „Vergiss es...“

Lieblos drückte ich ihm Celia's Teller in die Hand und schickte ihn damit weg. Kathy bekam die extra angerichtete Portion ohne Alkohol, immerhin war sie viel zu jung für so was. Auch Rick und ich verzichteten auf Alkohol. Das Einzige was mich motivierte den Kopf aufrecht zu halten, war der lustige Gedanke die Alte gleich ordentlich betrunken zu erleben.

Vorher ging ich jedoch erst noch mal durch die Hölle.

„Also, Chann... Die Uni abgeschlossen und gleich Kinder. Hast dir ja ganz schön was vorgenommen. Noch nichts von Verhütung gehört?“ „Mum!“ „Doch, ich nahm die Pille, trotzdem ging es schief“, antwortete ich kühl um mich zu rechtfertigen. Warum tat ich das überhaupt? Sie zog eine Augenbraue hoch und grinste schadenfroh.

„Ja, das kommt mir bekannt vor. Von einer alten Freundin... Die hatte auch jedes Mal... „verhütet“.... Und am Ende war sie gestraft mit fünf Plagen.“ „Die Arme. Nein, soweit wird es bei uns nicht kommen.“

Bitte, iss schneller, Alte!

Sie nahm sich viel Zeit beim Essen und quetschte mich weiter über alles Mögliche aus. Ich war zunehmend gestresst, was sie merkte und sie noch sicherer machte. Ich hoffte inständig, dass Rick mich nicht mit ihr allein lassen würde. Leider wurde meine Hoffnung zerstört...

„Bruuuuder? Ich hab Duuurst!“ „Sollen wir dir was zu trinken machen, Kleine?“ „Jaaa!“ „Hehe, na dann komm.“

Er nahm sie mit in die Küche und ließ mich tatsächlich mit der Furie alleine, was mir gar nicht behagte. Sie nahm mich wie erwartet sofort ins Visier und trank einen Schluck von ihrem Wein. Langsam sollte das Zeug doch echt anschlagen!

„Ich hätte da mal eine Frage, Kleines. Liebst du Rick? Liebst du ihn wirklich bedingungslos?“ „... Ja.“, antwortete ich leicht stockend, da diese Frage wirklich unerwartet kam. „Okay Kleines... Wenn du Rick wirklich liebst dann tust du ihm lieber den Gefallen und überlässt ihn einer Frau die ihm wirklich... Aber wirklich was zu bieten hat. Verstehst du? Er sollte nicht bei einem kleinen Mädchen leben, dass nichts kann als ihm Plagen an den Hals zu hängen und sich finanziell von ihm abhängig macht. Findest du nicht auch, er sollte lieber seine Freiheit haben?“ „Ja aber... Er lebt doch gern... hier...“ „Er hatte es schon immer gut drauf seine wahren Gefühle hinter einer Fassade zu verbergen. Vielleicht hast du das ja schon gemerkt? Beherzige meinen Ratschlag. Zieh lieber Leine, wenn er dir was bedeutet. Du bist kein guter Umgang für ihn und wenn ich mir das anschaue... Die Wohnung ist unordentlich, das Essen hat einfach miserabel geschmeckt. Du kannst deinen eigenen Mann ja nicht mal ernähren. Kein Wunder, dass er so mager aussieht.“

Mir blieb fast der Atem stocken von ihren bitteren Worten, die sich in meinem Kopf fest brannten. Das Essen miserabel? Daran konnte ich gut sehen, dass sie wirklich alles gegen mich verwenden wollte.

Ich war an einem Punkt angekommen, wo ich meine Wut einfach nicht mehr halten konnte... Ich nahm das Glas Wasser, das vor mir auf dem Tisch stand, stellte mich hin und kippte es ihr ins Gesicht.

„Ich kann dich auch nicht leiden – Furie. Und MEINE Kinder sind keine PLAGEN!“

Völlig baff wie sie war, ließ ich sie stehen und rannte aus der Wohnung ohne bestimmtes Ziel. Ich rannte lange und heulte mir die Augen aus, bis ich unter einer Brücke stehen blieb und völlig außer Puste war.

Warum sagt sie so was zu mir? Wäre es wirklich besser für ihn, wenn ich nicht mit Rick zusammen wäre? Sie hatte ja Recht... Ich kann nicht mal kochen. Was hab ich ihm schon zu bieten, außer ein Leben mit zwei Kindern und Sorgen. Ich erwarte von ihm, dass er mich beschützt, dabei tut er doch eh schon alles für uns.

Ich unterstelle ihm, nie zu Hause zu sein, dabei arbeitet er täglich bis zum Umfallen um Geld ins Haus zu bringen...

Er hat mich wirklich nicht verdient...

Verzweifelt ließ ich mich an der Wand herabsinken und versteckte den Kopf vor meinen Knien.

Nun hatten wir gerade unsere erste eigene Wohnung gefunden und dann so was. Ich sollte Jill und Clyde nehmen und ausziehen, damit wir ihm nicht weiter zur Last fallen.

Es regnete inzwischen und der Boden war im Wasser getränkt. Ich vermisste meine besten Freundinnen, die nun nicht für mich da sein konnten. Früher hätte ich mich mit Sheela und Rachel getroffen und mir bei ihnen Trost und Rat gesucht. Doch nun konnten sie nicht da sein und am Telefon war es einfach nicht das Gleiche. Es war niemand da, der mich in den Arm nehmen konnte. Nicht mal Koshy, denn sie musste als Immobilienmaklerin sehr viel arbeiten und war kaum zu Hause. Ich konnte schon sehr froh sein, dass sie zumindest ab und zu mal die Kleinen zu sich nahm.

Plötzlich kam mir mein Leben so trüb und sinnlos vor. Alles was ich mir aufgebaut hatte wurde jäh zerbrochen. Was nun auf mich zukommen würde stand derzeit offen – ein Stillstand.

Nach ein paar Stunden unter der Brücke sitzen im strömenden Regen war man selbst in dieser Gegend durchgefroren. Zitternd hatte ich meine Arme um meine Knie gelegt und fragte mich ob ich nicht langsam nach Hause zu den Kindern gehen sollte. Doch der Gedanke an Celia hielt mich davon ab.

Ich spielte auch mit dem Gedanken über Nacht bei Koshy zu bleiben um dem Ganzen aus dem Weg zu gehen, doch meine Kinder im Stich zu lassen wäre nicht meine Art. Letztendlich müsste ich mich für eine Lösung entscheiden, denn die Nacht könnte ich nicht hier verbringen ohne mir den Tod einzufangen. Unmotiviert stand ich auf um die Brücke zu verlassen, doch dann stand auf einmal Rick vor mir – völlig außer Puste und durchnässt bis auf die Knochen.

„Chann, verdammt ich hab dich überall gesucht!!! Wieso bist du weggelaufen?!“ „Du hast mich... gesucht? Wieso?“ „Na ja, weil ich mir Sorgen mache, wenn meine Freundin auf einmal weg ist?!“ „Du weißt ja auch nicht was deine dumme Mutter zu mir gesagt hat.“ „Was hat sie denn gesagt?“ „Nichts Besonderes“, antwortete ich abweisend und lief an ihm vorbei, weil es mir immer noch durch den Kopf ging, es sei besser für ihn wenn ich nicht da wäre. Doch er ließ nicht locker, packte mich an den Schultern und drehte mich wieder zu sich.

„Ich will jetzt sofort wissen was los ist! Was hat sie gesagt!?!“ „VERDAMMT, LASS ES EINFACH!!!“ „NEIN!“, schrie er zurück und schüttelte mich ein wenig. „WAS HAT SIE GESAGT!!!“ „Ich solle mich doch lieber von dir trennen, wenn ich dich lieben würde und das Beste für dich will... Ich könnte dich ja nicht versorgen und wäre finanziell abhängig von dir und würde dich mit den Kindern an mich binden wollen... Sie hat ja Recht. Was hab ich zu bieten... Ich geh jetzt nach Hause und hol die Kinder, dann bist du uns los.“ „Spinnst du!? Es ist mir doch egal was sie denkt. Und es ist ja wohl meine Entscheidung mit wem ich zusammen bin. Für sie wäre keine gut genug. Komm, morgen ist sie wieder weg und dann ist alles wieder normal.“

Er legte einen Arm um meine Schultern und führte mich weg von der Brücke und lief mit mir durch den Regen. Doch ich war weiterhin skeptisch. Celia meinte, Rick hätte es drauf, sich hinter einer Fassade zu verstecken. War dies alles nur Fassade? Das ganze Gerede von wegen Liebe, miteinander glücklich sein... Die Kinder... Ich blieb abrupt stehen.

„Rick? Liebst du mich eigentlich wirklich?“ „Ja natürlich. Und jetzt komm nach Hause, oder willst du dass meine Ma die Spielzeuge findet, die wir in unserem Schlafzimmerschrank liegen haben?“ „Ach du Scheiße!!! Los, beeilen wir uns lieber!!!“

Zu Hause herrschte Eiseskälte. Celia schaffte es gerade so mit Kathy's Hilfe auf die Kleinen aufzupassen, denn der Alkohol wirkte endlich und sie fiel fast durch die Gegend. Noch bevor sie mich irgendwie dumm anmachen konnte, fiel sie zu Boden und schlief. Rick ließ sie dort einfach liegen und Kathy lachte sie aus. Welch Schadenfreude. Kathy durfte ausnahmsweise bei uns im Bett schlafen, weil sie ihren großen Bruder so vermisste und traurig war, weil sie morgen wieder abreisen würden. Ich machte mir noch viele Gedanken über das, was Celia mir an den Kopf gedrückt hatte, doch Rick hatte Recht. Morgen würde sie wieder weg sein und alles würde ganz normal weiter gehen... Er würde jeden Tag stundenlang arbeiten und ich würde meinen Zwillingen eine gute Mutter sein. Ich würde weiterhin meine Freundinnen vermissen und wäre oft einsam. Ja – es würde ganz normal weiter gehen...
 

~ Kapitel 8 ~ Antisympathie ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~



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