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Die Sinne eines Jägers

Wer hat Angst vorm Haifischmann?
von

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Worte

„Tilya, hm! Nun hör doch endlich auf, das Grünzeug zu umarmen, und komm wieder her, hm!“

Deidara hatte einige Minuten schweigend in einigem Abstand hinter der kleinen Alverliekin ausgeharrt, die sich in ihrer Verzweiflung in die Stille des Waldes geflüchtet hatte, die Arme um den nächstbesten, mannsdicken Baum geschlungen hatte, und nun stumm die borkige, trockene Rinde mit ihren Tränen tränkte.

„Dir ist doch hoffentlich klar, dass Kisame kein Wort von dem, was er den Jungs da gerade verklickern wollte, ernst gemeint hat, oder, hm? Mit Sicherheit gab es zwingende Gründe für ihn, sich in einer solch abwertenden Art in vor den anderen über dich zu äußern, hm. Immerhin sind wir Akatsuki, und der Leader hat da wirklich einige seltsame und ziemlich paranoide Ansichten, was die liebe Liebe betrifft, hm… Und das nicht erst seit Konans Verschwinden, hm. Hm, vielleicht ist sie ja gerade deshalb nach seinem Antrag abgehauen, hm… Aber glaub mir,- das eben,- das war nur Show; ich weiß, dass du Kisame wirklich etwas bedeutest, hm!“

„Ha… hat er dir das etwa gesagt?“ schluchzte Tilya steinerweichend in den Baum hinein.

Deidara räusperte sich ausweichend. „Nun, ja, vielleicht nicht so direkt,- aber… sag mal, hast du ihm denn inzwischen endlich gesteckt, dass du ihn liebst, hm!?“

„…Nein…“ piepste die Federhaarige kläglich.

Der Blonde schlug theatralisch die Hände über dem Kopf zusammen. „Uhng, ihr seid alle beide so… HMMMM! Hallo, wie lange wollt ihr euch diese Tragikomödie denn noch gegenseitig vorspielen, hm? Das Leben ist ein einziges großes Risiko, und eure Zeit ist viel zu kostbar für solch einen Kinderkram,- sie ist nämlich endlich, hm! Rede endlich Klartext mit ihm, Tilya, hm!“

„Wieso denn ich?“ mokierte sich die junge Frau entrüstet, wirbelte empört herum, und stapfte durch das welke, raschelnde Laub auf ihren Kumpel zu. „Nach all dem, was er mir gerade an den Kopf geworfen hat, soll ICH auch noch den Anfang machen? Warum,- weil ich nur ein dämliches Mädchen bin? Oder, weil ich bloß irgendein nachgiebiger Alverliek bin, und kein starrsinniger Mensch? Habe ich aufgrund meiner Herkunft etwa keinen Anspruch auf meinen Stolz, oder wie?“
 

Deidara ergriff Tilyas wild herumgestikulierenden Händchen, und drückte ihr einen Kuss auf die Federn. „Rede doch nicht so einen Stuss, du Trotzköpfchen, hm.“ murmelte er sanft. „Ich dachte dabei eher an die Option „der Klügere gibt nach“, hm. Kisame wird sich denken können, wie weh er dir getan hat, hm. Und ich bin sicher, dass ihm die Sache leid tut, hm. Aber du kennst ihn doch, hm. Er redet zwar gerne, und viel… aber Feingefühl und Empathie gehören nicht zu seinen Stärken, hm. Leute, klärt das meinetwegen in Ruhe untereinander, wenn ihr mehr Zeit dafür habt, hm. Aber geht jetzt nicht einfach so, im Zwist, auseinander, hm. Lass dir das von jemandem sagen, der denselben Fehler begangen hat, hm. Man weiß leider nie, wann man sich das letzte Mal sieht, hm.“
 


 

Tilya spürte den warmen Atem des Haifischmannes an ihrem Nacken, als sie vor dem großen Kleiderschrank stand, und ihre Sachen für die Reise zusammenpackte.

Hilflos kauerte der große Hüne kiefermahlend hinter seiner kleinen Alverliekin und sah ihr angespannt beim penibelen Zusammenfalten ihrer wenigen Kleidungsstücke zu.

Er wusste, dass er ihr weh getan hatte, und er wollte in diesem Moment nichts sehnlicher, als ihr endlich die Wahrheit zu sagen.

Dass er sie in keinster Weise so betrachtete, wie er es Kakuzu und Madara hatte glauben lassen wollen.

Dass er sie überhaupt nicht mit dem skrupellosen Schatzmeister ziehen lassen mochte.

Dass er sich um sie sorgte, und sie vor allem Unheil bewahren wollte.

Dass er sie über alles liebte.

Aber dann würde sie ihn fragen, weshalb er überhaupt dieses perfide Schauspiel vor seinen Kollegen abgezogen hatte.

Und in diesem Falle blieben ihm nur zwei, fast gleichermaßen furchtbare Optionen…

Entweder, er verschwieg dem Mädchen die ganze Wahrheit, erfand fadenscheinige Ausflüchte, und würde sich mehr und mehr in einem Netz aus Lügen verfangen.

Oder er offenbarte ihr alles.

Tobis wahre Identität.

Madaras Pläne.

Die Ziele des „Leaders“, die noch nicht einmal die oberste Priorität besaßen.

Und letztendlich die Rolle, die er selbst bei Akatsuki spielte.

Den eigentlichen Grund, weshalb man ihn „das Monster von Kirigakure“ nannte…

Würden dann immer noch dieselbe Zuneigung und das gleiche unerschütterliche Vertrauen in ihren Augen schimmern, wenn sie ihn ansah?
 

Kisame verspürte den Wunsch, in ihr weiches Federhaar zu fassen, ihre kühle, weiße Haut zu berühren, doch verharrte wie versteinert an Ort und Stelle.

Das Glück schien zum greifen nah, und war doch ferner als jeder Stern am Horizont.

Tilya hatte sich mit keiner Silbe zu dem Vorfall im Wohnzimmer geäußert.

Sie war dem finster dreinblickenden Deidara stumm zurück ins Hauptquartier gefolgt, und sofort von Kakuzu dazu angehalten worden, ihre Sachen für die bevorstehende Reise zu packen, da er noch vor Mittag mit ihr aufbrechen wollte.

Diese mehr oder weniger überraschende Nachricht lag Kisame nun wie ein schwerer Stein im Magen.

Nur noch so wenig Zeit blieb ihnen plötzlich noch miteinander?

Stumm und gesenkten Blickes hatte Tilya daraufhin das gemeinsame Zimmer aufgesucht, ihm höflich zugenickt, als er ihr planlos folgte, ohne ihn jedoch auch nur einmal anzusehen.

Nicht die geringste Spur eines Lächelns zeichnete sich auf den sinnlich geschwungenen Lippen ab.

Auf seine Fragen, wo sie so lange mit Deidara gewesen war, antwortete sie ihm knapp und ausweichend.

Er hatte sich von hinten immer dichter an sie herangeschlichen, hatte unbeholfen und plump nach ihrer Nähe gesucht.

Doch sie ignorierte ihn augenscheinlich, konzentrierte sich nur auf das unnötig akkurate Packen ihres kleinen Rucksackes.

Zeigte ihm die kalte Schulter.

Stellte keine Frage nach dem Warum.

Ließ sich keine Emotion anmerken.

Sie verschloss sich ihm einfach.

Er vermisste sie schon jetzt, obwohl sie noch hier, in seiner unmittelbaren Nähe war.
 

So schwach, machtlos und angreifbar hatte sich Kisame noch nie zuvor gefühlt.

Er verzehrte sich so sehr nach einer unwillkürlichen Berührung von ihr, nach einem flüchtigen Blick, oder auch nur nach einem Wort…

Bevor sie ihn verließ, musste ihm das Mädchen doch wenigstens einen kleinen Wink geben, ein winziges Zeichen der Vergebung, einen, wenn auch nur angedeuteten, Hinweis, darauf, dass ihm trotz allem immer noch ihr Herz gehörte…

Sie würde ihn doch nicht unter diesen Umständen einfach gnadenlos hier verschmoren lassen, ohne ein einziges Wort des Abschieds?

Eine derartige seelische Grausamkeit traute er ihr einfach nicht zu.

Diese aufgesetzte Nüchternheit, diese vorgeschützte Coolness… passte so überhaupt nicht zu ihr; er wollte diese fadenscheinige Fassade am liebsten in sich zusammenfallen lassen, mit einem innigen, verzehrenden Kuss, den sie doch sicher mit derselben Sehnsucht erwidern würde…

Doch er, der starke, dämonische Haifischmensch, traute sich nicht, seine kleine Alverliekin in diesem Moment der Entfremdung auch nur anzufassen.
 

Schwer atmend rang er nach den richtigen Worten, die er nicht fand.

Er hatte seine Chance verspielt.

Sie würde ihm sicherlich nie verzeihen…

Ob sie ihn hasste?

Natürlich, sie musste ihn einfach hassen!

Wie abfällig waren seine Worte über sie gewesen, wie verletzend mussten sie in ihren Ohren geklungen haben,- und das nach dieser wunderschönen Nacht, die sie zusammen verbracht hatten…

Sie hatte sich ihm hingegeben, hatte ihm grenzenloses Vertrauen entgegengebracht… und er hatte sie öffentlich gedemütigt, und mit seiner Aussage all das Wunderbare, das sich zwischen ihnen entwickelt hatte, in den Dreck gezogen.

Kisame begann in seiner selbst auferzwungenen Machtlosigkeit zu zittern.

„Tilya…“

Sie reagierte kaum, gab nur ein zerstreutes Murmeln von sich.

Warum schwieg sie? Wieso ließ sie ihn nicht mehr teilhaben, an ihren Gedanken?

Entfernte sie sich vielleicht schon jetzt von ihm… noch nicht räumlich, aber vielleicht in einer anderen, viel schmerzhafteren Weise…?
 

Ein Gefühl der Panik und der Ohnmacht breitete sich in dem Körper des sonst so abgebrühten Nuke-nin aus.

Es durchzog seine Brust wie ein Stich, das Herz schlug Kisame bis zum Hals.

Im Affekt packte er sie beim Arm, riss sie zurück, drehte sie zu sich herum, so dass sie ihn endlich ansehen musste, schlug ungeduldig die Schranktür hinter ihr zu, und presste die junge Frau stürmisch rücklings an das marode Holz.

„Jetzt sag endlich etwas…“ keuchte er rau, und starrte ihr mit brennendem Blick in die meeresblauen Seelenspiegel, die eben noch so viele Tränen wegen ihm vergossen hatten.

Doch sie schwieg beharrlich, bedachte ihn nur mit unfokussierten, abwesenden Blicken.

Sie machte ihn rasend!

Kisame musste sich zurückhalten; ohnmächtige Wut, wahnsinnige Verzweiflung und die schiere Angst, sie zu verlieren, wollten ihn dazu verleiten, niederen Impulsen nachzugeben, sie zu zwingen, auf ihn zu reagieren, ihr vielleicht sogar weh zu tun, damit sie ihm endlich ihre Aufmerksamkeit schenkte.

Er hatte sie nur beschützen wollen,- er verdiente es einfach nicht, dass sie ihn nun so hart mit Liebesentzug strafte!
 

„Ich wollte dir nicht weh tun, verdammt!“ zischte er ungehalten.

Dann bemerkte er, wie fest seine großen Hände sich um ihre schwachen Arme geklammert hatten.

Sofort ließ er sie los, seufzte reuevoll auf, und strich ihr behutsam über die schmalen Schultern.

„Ich wollte dir nicht weh tun, Kleines.“ wiederholte er leise. „Es tut mir leid.“

Vorsichtig nahm er das zerbrechliche Persönchen in seine Arme, und sie ließ es mit sich geschehen.

Er spürte ihren Herzschlag, fühlte ihre Wärme, die weichen Federn, die seine Wange kitzelten.

Nein, er konnte sie nicht einfach so gehen lassen, ohne jedes klärende Wort, in dem irrsinnigen Glauben, dass er ihr keinen höheren Wert zumaß, als irgendeinem billigen, austauschbaren Objekt.

„Tilya, hör mir gut zu.“ vernahm die Alverliekin die tiefe, vertraute Stimme leise in ihrem spitzen Elfenohr. „Du musst mir jetzt einfach vertrauen. Du musst mir glauben, dass das, was ich vorhin über dich erzählt habe, eine einzige, große Lüge war. Und du musst mir glauben, dass es dich in ernsthafte Gefahr bringen könnte, wenn eben diese Lüge von gewissen Leuten im Hauptquartier aufgedeckt werden würde.“

Tilya löste sich aus der Umarmung, schaute ihren Meister verwirrt an, und öffnete schon den Mund, um ihn um eine Erklärung zu bitten, doch Kisame kam ihr zuvor.

„Bitte stell jetzt keine Fragen. Ich werde ich dich die Gründe meines Handelns erfahren lassen, sobald die Zeit reif dafür ist. Ich weiß, es ist viel verlangt, aber ich muss dich darum bitten, mir bis dahin einfach blind zu vertrauen, und zu akzeptieren, dass ich diese Scharade weiterhin aufrecht erhalten werde. Das wird für mich mindestens ebenso unangenehm werden, wie für dich… aber… dir ist hoffentlich klar, aus welchem Motiv ich dieses ganze Theater überhaupt veranstalte, oder?“

Behutsam umfasste er ihre schmalen Schultern mit seinen großen, blauen Pranken.

Ihr hoffnungsvoller, fragender, fast flehender Blick ging ihm durch Mark und Bein.

Die folgenden Worte kamen ihm dennoch so zäh wie Kaugummi über die Lippen.

„Weil man schützen muss, was…“ er suchte nach dem treffendsten Verb, welches ihm auf der Zunge lag, doch brachte es schließlich dennoch nicht über sich. „.was man… schätzt. Verstehst du, kleine Alverliekin?“
 

Einen Augenblick sah es für Kisame so aus, als würde Tilya jeden Moment in Tränen ausbrechen. In ihren Augen glitzerte es verdächtig.

Dann aber breitete sich langsam ein Lächeln auf ihrem blassen Gesichtchen aus.

Kisame atmete erleichtert auf, als er förmlich spüren konnte, wie das Eis zwischen ihnen schmolz, und seine Alverliekin ihm wieder ihr herz öffnete.

Gerührt hob Tilya ihre rechte Hand, und strich mit ihren Fingerspitzen zärtlich über den Mund ihres Meisters.

Er hatte es wirklich gesagt…

Nun, gut… Vielleicht nicht direkt… aber… er hatte gerade unabdinglich in Worte gefasst, dass er sie tatsächlich gern hatte!

Und das war alles, was für sie zählte.

Natürlich hatte ihr Herz ihr diese Wahrheit schon längst zugeflüstert, doch es tat so gut, vor allem in diesem Moment des Zweifels, die lang ersehnten Worte endlich auch einmal von den Lippen ihres Sempais hören zu dürfen.
 

Erleichtert seufzend schlang sie ihre Arme um ihren Meister, schmiegte sich ein vorerst letztes Mal eng an den Körper des Mannes, der ihr mehr bedeutete, als sonst irgendetwas auf dieser Welt.

„Ich verstehe schon.“ flüsterte sie glücklich. „Zumindest habe ich das verstanden, was wirklich wichtig für mich ist. Mehr brauche ich jetzt gar nicht zu wissen. Ich danke Ihnen sehr dafür, dass Sie es mir gesagt haben, bevor ich gehen muss, Sempai. Ich vertr…-„

„Tilya!“ röhrte es auf einmal unharmonisch von draußen. Es war Kakuzu. „Wie weit bist du? Wir brechen sofort auf! Kisame, sieh zu, dass die lahme Ente sich beeilt, und Klamotten einpackt, an denen man sie als ein weibliches Wesen identifizieren kann!“

Tilya löste sich widerwillig aus der innigen Umarmung, und blickte dem Haifischmann tief in die Augen.

„Ich vertraue Ihnen, Kisame.“ flüsterte sie leise.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2011-11-27T14:38:18+00:00 27.11.2011 15:38
Kuzu, dein Timing ist perfekt =_="
Volltrottel *murmel*
wenigstens haben sich Tilya und Kisame wieder vertragen :D
Ooooooooh, Dei-chan, vermisst da etwa wer seinen Danna??? oô :D
Von:  EthisEmina
2011-11-26T21:50:21+00:00 26.11.2011 22:50
Danke für das neue Kapitel. Es ist wirklich toll geworden.
Ich war fast am heulen, als Kisame sich bei ihr entschuldigt hat.
Und Kakuzu musste natürlich in so einem Moment dazwischen funken (mieses Timing).
Ich habe das Gefühl, das die Reise mit Kakuzu alles andere als angenehm verlaufen wird. Der würde sie für genug Geld sicher an diesen Typen verkaufen. Allerdings würde Kisame ihm dann alle 5 Herzen raus reißen^^
Ich freue mich schon aufs nächste Kapitel
LG EthisEmina


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