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Die Sinne eines Jägers

Wer hat Angst vorm Haifischmann?
von

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Gnade

So vorsichtig, wie er es nur vermochte, strich Kisame die Salbe auf das malträtierte Fleisch.

Tilya zuckte zusammen, als seine Finger die offenen Wunden berührten.

„Da musst du jetzt wohl durch…“ murmelte Kisame. „Ich bin nicht gerade der geborene Feinmotoriker…“

„Egal. Die Creme kühlt so angenehm… “ meinte die junge Frau nur leise.

Kisame atmete erleichtert auf.

Wenigstens sprach sie noch mit ihm.

Das bedeutete aber noch lange nicht, dass sie ihn nicht für seine Untaten verachtete.

´Hab keine Angst, Schätzchen´ hatte er ihr zuvor noch zugeflüstert.

Was war er doch für ein verdammter Mistkerl!

Wie sollte die Kleine denn je wieder neben ihm einschlafen können?

Sie konnte ihm doch überhaupt nicht mehr vertrauen!

Er hätte sie fast umgebracht, in seiner Ekstase!

Zum Glück wirkte die Salbe.

Die Blutung der klaffenden Wunden kam endlich zum Stillstand.
 

„Ich glaube, ich habe es vorhin mit dir etwas übertrieben, Tilya.“ gestand Kisame ein, während er die Tube wieder zudrehte. „Mein Temperament ist wohl mit mir durchgegangen. In Zukunft werde ich mich darum bemühen, meinen Jagdinstinkt zu unterdrücken, wenn ich dir nahe komme.“

Tilya schloss die Augen und nickte erschöpft. „Danke.“

Ihr war schwindelig.

Sie wollte einfach nur noch schlafen.

„Da gibt es nichts zu danken. Du bist mein Eigentum. Dein Wohlergehen liegt also nur in meinem Interesse.“ entgegnete der Akatsuki betont pragmatisch.

Er wusste, dass er die Lage mit seinen Worten ziemlich heruntergespielt hatte.

Die Kleine sollte bloß nicht mitbekommen, welche Vorwürfe er sich ihretwegen machte.

Er war Kisame Hoshigaki, der gnadenlose Shinobi-Schwertkämpfer, und kein kleinlautes, zimperliches Weichei!

Trotzdem musste er sich jetzt um seinen Schützling kümmern…

Tilya machte es ihm glücklicherweise ziemlich einfach.

In ihrer Mattheit ertrug sie Kisames Berührungen mit einer gewissen Gleichgültigkeit.
 

Willenlos ließ sie es mit sich geschehen, dass der ungeschickte Haifischmann sie umständlich in ein großes Badetuch hüllte, und sie dann auf die trockene Hälfte der großen Matratze bettete.

Sorgsam breitete er die Decke über der Kleinen aus.

Er selbst legte sich auf den durchfeuchteten Teil des Lakens und beobachtete seine Alverliekin besorgt.

Sie war immer noch leichenblass, und ihre Atmung war hektisch und flach.

Kisame hoffte nur, dass sie nicht krank wurde.

Er ergriff ihre kleine, weiße, kraftlose Hand, die unter der Decke hervorschaute.

Sie fühlte sich halb erfroren an, er konnte spüren, wie sie vor Kälte zitterte; ihre Fingernägel hatten sich blau verfärbt.

Kisame rückte ganz dicht an seinen Schützling heran, legte die Hälfte seiner eigenen Decke über ihre bebende Gestalt, und zog sie in seine Arme, um sie mit seinem Körper zu wärmen.

Ihre eisigen Füßchen platzierte er fürsorglich zwischen seinen Waden.
 

Kisame begann an seinem Verstand zu zweifeln, als Tilya dankbar ihren Arm um legte, und sich zutraulich noch enger an seinen warmen Körper heran kuschelte.

Ihr Atem glühte auf seiner Kehle, als sie tief aufseufzte.

Wider Erwarten schien sie seine Nähe nicht zu beunruhigen. Ganz im Gegenteil…

Sie senkte ihr Köpfchen, und Kisame spürte, wie ihre Stirn sich an sein Brustbein schmiegte.

Sein Herz begann wild zu schlagen.

Es war nicht allein das bloße körperliche Begehren, welches ihn erfüllte.

Nahezu erschrocken stellte er fest, dass sich die Zuneigung, die er für dieses kleine Geschöpf zu hegen begonnen hatte, nicht länger verdrängen oder verleugnen ließ.

Warum sollte er sich selbst auch noch länger etwas vor machen?

Wie konnte man auch ihrem herzerfrischenden Wesen widerstehen?

Es musste ja außerdem niemand sonst von seiner kleinen Schwäche für sie erfahren.

Und selbst wenn!

Dann mochte er sie nun eben!

Was war schon dabei?
 

Aber ganz so einfach war das alles dann doch nicht.

Kisame kam ins Grübeln.
 


 

„Verzeihst du mir?“ durchbrach Kisames raue Stimme mit einem Mal die Stille.

Tilya hob überrascht ihr Gesicht empor und blickte ihn aus großen Augen an.

Einige endlose Sekunden lang musterte sie nur stumm das Antlitz des grobschlächtigen Haifischmannes.

Dann spürte Kisame, wie ihre Hand, die sie an seinem breiten Rücken gewärmt hatte, hinauf zu seinem Nacken wanderte.

Kisame nahm den leichten Druck wahr, den ihre Finger auf sein Genick ausübten.

Warum antwortete sie ihm nicht endlich?

Was hatte sie vor?

Als der Akatsuki sie nur fragend ansah, umfasste Tilya sein Kinn mit ihrer anderen Hand, schloss ihre Augen, und zog sanft sein Gesicht zu sich heran.
 

Als ihre kühlen, nachgiebigen Lippen die seinen berührten, fühlte sich der Haifischmann wie unter Hochspannung gesetzt.

Was für ein elektrisierendes Gefühl…!

Er konnte ihre kleine Zungenspitze spüren, die feucht und heiß über seine Unterlippe glitt, seinen Mundwinkel zärtlich umspielte.

Der zauberhafte Moment währte nur einen kurzen Augenblick.

„Ja.“ hauchte Tilya gegen seinen Mund, dann löste sie sich auch schon von ihm.

Sie ließ ihre Hände von seinem Gesicht sinken und rückte ein kleines Stückchen von ihm weg.

Die Distanz, die Tilya damit schuf, hinterließ, so gering sie auch sein mochte, in Kisame ein unbefriedigendes Gefühl der Leere.

Er brauchte Zeit, bis er seine verwirrten Gedanken soweit geordnet hatte, um zu begreifen, dass Tilya ihm eben auf seine Frage geantwortet hatte.
 

„Warum hast du mich geküsst?“ verlangte er von dem Mädchen zu erfahren, wobei er sich darum bemühte, seine Stimme möglichst nüchtern, fest und sicher klingen zu lassen.

„Habe ich das?“ fragte Tilya abwesend. Sie schien ernsthaft darüber zu sinnieren.

„Hat sich jedenfalls so angefühlt.“

„Ach so. Entschuldigung. Nun ja… Sie hatten noch etwas von meinem Blut an Ihren Lippen. Ich wollte einfach nur wissen, ob es wirklich so köstlich schmeckt, wie Sie unter der Dusche behauptet haben, Sempai.“

„Aha.“ Der überforderte Nuke-nin wusste nicht recht, was er mit dieser sonderbaren Erklärung anfangen sollte.

Die Kleine war wohl einfach nur ziemlich durch den Wind.

Sonst hätte sie ihn auch wohl kaum geküsst.

Aber sie HATTE ihn geküsst.

SIE hatte IHN geküsst.

IHN.

Aus freien Stücken!

Nach alldem, was zwischen ihnen vorgefallen war.

Er hatte diesen Kuss überhaupt nicht verdient, ganz im Gegenteil sogar.

Sie musste völlig durcheinander sein!

Eben noch hatte er sie in seiner Impulsivität beinahe getötet, und nun provozierte sie auch noch aus eigener Initiative einen erneuten Ausbruch seiner alles verzehrenden Gier.

Hatte sie nicht begriffen, dass er eine Gefahr für ihr Leben darstellte?
 

„Du solltest jetzt schlafen.“ empfahl er dem Mädchen.

Dieser Tag hatte ihr nicht nur physisch einiges abverlangt; die sicherlich verstörenden Eindrücke, die sie heute gewonnen hatte, mussten erst einmal über Nacht von ihr verarbeitet werden.

Und auch Kisame musste noch über einige Dinge schlafen.

Wahrscheinlich hatte die Alverliekin unbewusst versucht, mit ihrem Kuss die Kontrolle über die Situation zurück zu gewinnen, nachdem Kisame ihren Körper so rücksichtslos missbraucht hatte.

Sicherlich durfte Kisame diese Geste nicht als romantischen Ausdruck, sondern nur als eine Reaktion ihres Unterbewusstseins werten.

Als eine rationelle Selbstschutzmaßnahme ihrer Seele.

Alles andere war reine Träumerei.

Oder hatte er ihr etwa jemals einen Anlass gegeben, ihn sympathisch zu finden?
 

Keinesfalls durfte er die Kleine aber merken lassen, wie sehr sie ihn mit ihren Zärtlichkeiten aus der Fassung bringen konnte.

Weiber nutzen sowas schnell zu ihrem Vorteil aus.

Er war der Meister, sie war seine Sklavin.

So sollte es bleiben.

Es durfte nicht eines Tages gar so weit kommen, dass sich der Akatsuki wie ein verweichlichter Pantoffelheld von ihr um den Finger wickeln ließ…

Nein, Kisame würde schon zusehen, dass er das Oberwasser behielt.

Aber er würde in Zukunft auch mehr auf seine Beherrschung achten müssen, wenn er das Leben seiner kleinen Alverliekin nicht gefährden wollte.



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