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Gladiator

Ein Halbdämon und das Imperium
von

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Die Kampfschule

Dank seiner Erfahrungen mit Menschen und Mutters Erzählungen über seinen Vater hält Inuyasha Dämonen für besser. Zu Recht?
 

3. Die Kampfschule
 

Inuyasha sah sich ein wenig neugierig um, als Gaius und seine Männer ihn und Mirko durch die Stadt Avenna führten. Er war nie zuvor in einem so großen Ort gewesen. Für einen Jungen, der am Rand eines kleinen Dorfes aufgewachsen war, wirkte die Menge an Menschen und auch Dämonen beeindruckend. Und seine Nase war fein genug, um ihn durch all die unbekannten Gerüche zu verwirren. Er bemerkte, dass ihn einige Leute neugierig musterten, abschätzend. Wussten sie, dass er Gladiator werden sollte? Oder weil er ein Halbdämon war?

Aber der Sklavenhändler führte sie weiter, aus dem Ort wieder hinaus. Dort lag ein ummauertes, großes Anwesen mit einem Gebäude neben dem Nebengebäude, wie es Inuyasha nie zuvor entdeckt hatte: aus Holz und rund.

„Hakudoshis Privatarena“, erklärte Gaius unerwartet, als er den neugierigen Blick bemerkte: „Du wirst sie schon noch kennen lernen. Dort üben die Gladiatoren.“
 

Nur kurz darauf stand Gaius mit seiner Attraktion im Arbeitszimmer des Arenaleiters. Mirko hatte bei den Wachen des Sklavenhändlers im Hof bleiben müssen. Inuyasha starrte seinen mutmaßlichen neuen Herrn verwundert an. Das war ein sehr junger Mann, sicher nicht viel älter als er selbst, aber da mochte er sich irren. Schließlich hatte er noch nie mit richtigen Dämonen zu tun gehabt. Das war schlecht abzuschätzen. Hinter ihm stand jedenfalls ein großer, dunkler Dämon mit spitzen Zähnen, fast unbekleidet. Beide musterten ihn prüfend.

Irgendwie fühlte er sich erleichtert. Mama hatte doch gesagt, dass Dämonen keine Sklaven halten würden. Und sie hatte immer erzählt, wie liebenswürdig Vater zu ihr gewesen sei. Dämonen waren freundlich. Dann würden sie ihn doch bestimmt frei lassen? Frei kaufen?

„Tatsächlich ein echter Halbdämon, lieber Gaius, “ sagte der junge Mann: „Ich fürchtete schon, du hast dich getäuscht. Wunderbar. Das wird ein sehr unterhaltsamer Gladiator werden. - Was meinst du, Goshinki? Samnit oder Netzkämpfer?“

Der Dämon hinter ihm schüttelte den Kopf: „Weder noch, Herr Hakudoshi. Das Gewand, das er trägt, ist an sich schon eine Rüstung. Feuerratten, wenn ich mich nicht irre. Das könnte interessant werden. Wenn er gegen alle Gladiatorenarten kämpfen kann…und dabei offensichtlich ungeschützt ist…Ich denke, gerade die Frauen werden auf ihn stehen. Er könnte diesen Niedlichkeitsfaktor haben.“

Inuyasha presste unwillkürlich wütend die Zähne zusammen, dass so über ihn geredet wurde, noch dazu von Dämonen, was Hakudoshi nicht entging:

„Oh, da will jemand wohl nicht Gladiator werden? Nicht kämpfen? Wie…dumm.“ Er lächelte, aber darin lag keinerlei Heiterkeit oder gar Wärme.

„Soll ich ihn bestrafen lassen? Peitsche, Feuer oder Eisen?“ erkundigte sich Goshinki prompt sachlich, was in Inuyasha einen unwillkürlichen Schauder auslöste, da er plötzlich an seiner Überzeugung zweifelte.

Waren denn Dämonen auch so schlimm wie die Menschen, mit denen er bislang zu tun gehabt hatte, nein, eher schlimmer? Die Dörfler hatten ihn als Sklaven verkauft, aber doch Mutter und ihn bis zu ihrem Tod im Wald leben lassen. Oder gab es gar keinen Unterschied? Nicht, wenn man erst einmal ihnen ausgeliefert, ein Sklave war? Das bisherige Weltbild des Jungen aus der Provinz brach mit seiner Hoffnung in sich zusammen. Einer war so schlimm wie der andere – und er war ein Nichts dazwischen, ein halbdämonischer Sklave.

„Nein. – Noch nicht.“ Hakudoshi musterte die angebotene Ware, die nun erst den Kopf tief gesenkt hatte: „Ich glaube, er ist noch nicht lange Sklave, nicht wahr, Gaius?“ Und da der Händler nickte: „Bring ihn in den Einzelkäfig. Wie überaus passend dieser Zeitpunkt des Kaufes ist. Morgen kann er zunächst zusehen, was mit Sklaven geschieht, die nicht kämpfen. – Und Gaius, wir schließen unseren kleinen Handel ab.“

Inuyasha ließ sich von Goshinki abführen. Was blieb ihm schon übrig. Kurz darauf fand er sich in einem Käfig wieder, der in die Wand eines Tores eingelassen war, und ihm gerade genug Platz bot, sich hinzusetzen. Liegen oder ausschlafen wäre ein Ding der Unmöglichkeit. Ihm selbst würde es nichts ausmachen eine Weile nicht zu schlafen, aber er bedauerte unwillkürlich die Menschen, die hier wohl schon gewesen waren. Goshinki schloss den Käfig und ging wieder. Der Halbdämon suchte in den Gerüchen um sich, wo er war, was hier wohl geschehen würde und erkannte die Witterung nach Schweiß, Leder und Metall. Dort vorne, irgendwo den Gang entlang waren bewaffnete Männer, die näher kamen. Sieben. Er hörte, wie Goshinki sagte:

„Gebt eure Waffen ab. Für heute ist Schluss. Und morgen ist sowieso ein besonderer Tag. Da könnt ihr ausschlafen.“

Die Männer gehorchten wohl, denn Metall klirrte. Inuyasha versuchte im Halbdunkel des nur durch einzelne Öllampen beleuchteten Ganges etwas zu erkennen, bemerkte dann, dass die sieben Kämpfer sich ihm näherten und durch das Tor kamen.

„Oh, ein Neuer, “ stellte einer mit langen, schwarzen Haaren, die zu einem Zopf zusammengebunden waren, fest: „ Na, da bekommst du ja morgen eine nette Einführung.“

„Seid ihr Gladiatoren?“ erkundigte sich Inuyasha mit gewisser Neugier. Ob sie so nett wie Miroku waren?

„Ja, natürlich. Hast du noch nie welche gesehen? Warst du nie in einer Arena?“ Und da der Halbdämon den Kopf schüttelte: „Ach, ein kompletter Anfänger? Na, dann viel Spaß.“

„Er sieht wirklich niedlich aus“, meinte ein Anderer: „Allein diese Öhrchen auf dem Kopf…Die würde ich ihm zu gerne abschneiden…“

Inuyasha spürte, wie seine Ohren unwillkürlich zuckten. Was waren das denn für Sonderlinge? Einer von ihnen besaß ja unter sich Räder wie an einem Wagen? Oder saß er auf einem?

Aber der Anführer erwiderte nur: „Das liegt bei Herrn Hakudoshi, wie du weißt, Jakotsu. Und ich bin sicher, er wird nicht wollen, dass seine Neuerwerbung zu schnell Schaden nimmt. Du wirst warten müssen. Es sei denn, er ist zu dumm, um aus morgen zu lernen.“

Die sieben Gladiatoren gingen weiter und Inuyasha schluckte unwillkürlich. Was würde morgen geschehen? Schon Hakudoshi, nein, sein neuer Herr hatte gesagt, er werde morgen sehen, was mit ungehorsamen Sklaven geschähe. Das klang nach einem Schauspiel, das ihm nicht gefallen würde. Aber da musste er wohl durch. Er war nur ein Sklave und Herr über sein Leben und seinen Tod war Hakudoshi, gleich, was immer er von ihm hielt. Er war der erste Dämon, den er selbst kennen gelernt hatte und widersprach doch dem, was Mama über seinen Vater erzählt hatte. Gab es da auch Unterschiede oder hatte sich seine Mutter geirrt, nicht erkannt, wie sein Vater wirklich gewesen war? Es war jetzt gleich, wie alles in seinem Leben. Er musste einfach versuchen für Mama zu überleben. So setzte er sich so bequem hin, wie es seine Fesseln zuließen und wartete.

Andere menschliche Männer kamen einzeln und schweigend an ihm vorbei. Sie warfen ihm nur einen raschen, gleichgültigen Blick zu, ohne sich weiter um ihn zu kümmern oder ihn gar anzusprechen. Als wohl alle durch waren stieg ihm der Geruch nach Essen in die Nase, Fleisch und Gemüse. Er erhielt nichts, womit er fast gerechnet hatte.
 

Es war fast Mittag des nächsten Tages, als Goshinki mit vier anderen Dämonen kam, um Inuyasha abzuholen. Zur gewissen Erleichterung des Jungen wurden seine Fesseln gelöst, zum ersten Mal seit Wochen, und er rieb sich unwillkürlich die Handgelenke und das Genick.

„Komm, Halbdämon“, befahl Goshinki: „Du darfst heute kostenlos zusehen.“

Inuyasha wusste, dass er keine Wahl hatte, und ließ sich von den Männern durch den dunklen Gang führen, eine Treppe empor, durch weitere, vor ihnen und hinter ihnen verschlossene, Türen. Schließlich fand er sich auf einer Art großem Balkon über der Arena wieder, auf dem sich einige Sitze befanden. Hakudoshis Privatarena, hatte Gaius gesagt. Sollte er nun Gladiatoren beim Üben zusehen? Dann erst entdeckte er den breiten Metallpfosten, zu dem er geschubst wurde. Ehe er ganz begriff, was das werden sollte, wurden seine Hände emporgezogen, über seinem Kopf angebunden.

Goshinki nickte etwas: „Fesselt auch seine Füße. Er ist ein Halbdämon und den Zuschauern soll nichts zustoßen.“

Die Dämonen gehorchten und ketteten Inuyasha mit gespreizten Beinen an.

„Was…was soll das?“ brachte er erschreckt hervor.

Goshinki lächelte etwas: „Ich will heute noch nachsichtig sein, Halbdämon. Aber wenn mich ein Gladiator, ein Sklave, anspricht, verdient er sich gewöhnlich einige Schläge. Und sei sicher, dass dir dein Feuerrattengewand dann nichts hilft. Herr Hakudoshi hat übrigens schon vorlauten Sklaven den Mund zunähen lassen. - Legt einen Riemen um ihn.“ Der Halbdämon begriff zuerst nicht, spürte dann jedoch, dass ein breiter Ledergurt so fest um seinen Kopf, seinen Mund geschnallt wurde, dass er nicht mehr reden konnte. Und Goshinki musterte ihn noch einmal genau: „Hm. Öffnet seine Oberbekleidung, so dass die Kunden abschätzen können, wie stark er ist.“

Inuyasha zuckte unwillkürlich zusammen, als seine Brust, sein Bauch entblößt wurden, zumal er bemerkte, dass inzwischen zehn Menschen und Dämonen beiderlei Geschlechtes auf den Balkon traten. Sie sollten oder eher wollten wohl ebenfalls bei dem zuschauen, was er beobachten musste. Und jetzt hatten ihn einige entdeckt und kamen heran.

„Oh, Waffenmeister, “ sagte eine Frau zu Goshinki: „Ein neuer Gladiator? Warum war der denn noch nicht im Angebot? So jung und so niedlich…“

War sie Mensch oder Dämon? In seiner jähen Panik konnte Inuyasha nicht einmal das mehr unterscheiden. Instinktiv wollte er an seinen Ketten zerren, aber er konnte sich keinen Zentimeter bewegen.

„Der Halbdämon beginnt erst seine Ausbildung“, antwortete der Angesprochene: „Er ist noch nicht zu vermieten.“

„Halbdämon - stark, also?“ Sie kam noch näher heran und musterte den Gefesselten: „Darum auch die Ketten? Hu, das wird dann ja richtig spannend…“ Sie strich über seine Brust, kratzte fast sanft. Da sie das unwillkürliche Zusammenzucken bemerkte, lachte sie: „Komm schon, nicht so schüchtern, mein hübscher Gladiator. Zu schade, dass Hakudoshi nur ausgebildete Kämpfer vermietet. Sogar für meine Zwecke…“ Sie knuddelte seine Ohren.
 

Die nächsten Minuten wurden für Inuyasha zu einer Ewigkeit. Menschen und Dämonen, die ihn genau betrachteten, ja, anfassten, ohne dass er sich wehren oder auch nur protestieren konnte. Zum ersten Mal wurde ihm voll bewusst, was es bedeutete, eine Ware zu sein, ein Gegenstand, bei dem sich niemand fragte, was er dabei empfand. Sicher hatte er es zuvor auch gewusst, aber nun erst wurde ihm das gesamte Ausmaß klar, eine Abwertung sondergleichen.

Endlich ließen sie ihn in Ruhe und setzten sich in sichtbarer Spannung.

Ein Mann blieb neben ihm und Goshinki stehen.

„Ich muss zugeben, diese Privatvorführungen bereiten mir immer Freude, Waffenmeister. In den offiziellen Arenen ist es doch oft langweiliger, gerade das restliche Programm.“ Dann ging er auch und nahm Platz.

Inuyasha hatte nicht so ganz verstanden, was er meinte. Eine Privatvorführung? Und was bedeutete Goshinkis Titel als Waffenmeister? Anscheinend war er ein höherrangiger Angestellter.
 

Nur Minuten später wusste er Ersteres. Zwei junge Menschenmänner wurden in die Arena geführt, nahezu unbekleidet. Er erkannte in einem von ihnen Mirko, den Sohn des Arztes aus dem Norden. Was sollte das? Er blieb nicht lange im Unklaren, denn die sie begleitenden Gladiatoren drückten ihnen je ein Schwert in die Hand, ehe sie sich zurückzogen.

Mirko hatte doch sicher noch nie gekämpft? Inuyasha begriff nicht ganz – und doch. Er schloss unwillkürlich die Augen, als die beiden begannen, mit den Schwertern aufeinander einzuschlagen, ohne jeden Schutz und sichtbar ohne jede Kampferfahrung.

„Sieh nur hin, Halbdämon“, befahl Goshinki leise: „Das ist das Schicksal von Sklaven, die Herrn Hakudoshi verärgern, weil sie zu schwach sind oder nicht üben wollen. Sieh es dir nur an.“

Inuyasha gehorchte, in der sicheren Überzeugung sonst gezwungen zu werden. Aber er wusste, er würde das nie vergessen. Jeder der unbeholfenen Schläge mit dem Schwert war ein Treffer, beide „Kämpfer“ wenn man das so nennen konnte, bluteten bereits. Und die Zuschauer jubelten bei jedem Tropfen Blut. Es war widerlich, beschämend.

Endlich stürzte einer der beiden, wohl tot. Mirko hatte gewonnen, wenn auch verletzt. Für einen Moment freute sich Inuyasha für ihn, dass er gewonnen hatte, ehe er erkannte, dass ein neuer Gegner bereits in die Arena geführt wurde. Jetzt begriff er. Das war ein reines Todesspektakel. Hakudoshi tötete seine nutzlosen Sklaven vor Publikum, ja, nahm anscheinend dafür Geld.

Und wenn er nicht ebenso enden wollte, musste er gehorsam sein, üben, ein Gladiator werden. Dann würde er auch kämpfen müssen, aber mit Rüstung – und Ausbildung, Erfahrung. So standen seine Chancen zu überleben deutlich höher. Und er wollte doch leben…

Ein vierter Unglücklicher wurde in die Arena gestoßen. Mirko hatte das letzte Treffen nicht überlebt. Vielleicht sein Glück, denn wer wusste, wie viele Opfer es noch geben würde.
 

Aber nach diesem Vierten war Schluss. Kein neuer Sklave kam herein, dafür allerdings ein Gladiator, bewaffnet mit einem Schwert und mit Brustpanzer und Helm geschützt. Der unerfahrene, angeschlagene Sklave hatte gegen den Professionellen doch keine Chance…

Der Halbdämon sah in das offenbar handverlesene Publikum, das sich sichtlich köstlich über die hilflosen, verzweifelten Abwehrversuche amüsierte. Nein, wenn es irgend ging, würde er nicht so enden, zumal sie gegen ihn sicher vollblütige Dämonen einsetzen würden.

Er erkannte etwas entfernt Hakudoshi, der sich unverzüglich erhob, nachdem das letzte Opfer getötet worden war und herankam, zu ihm aufsah: „Nun, Halbdämon? – Nimm ihm den Riemen ab.“

Inuyasha wusste, was er sagen musste, wollte er leben: „Ich werde Gladiator.“

„Und du wirst dich auf meinen Befehl hin schlagen, verletzen und töten lassen.“

„Ja.“ Den Gleichaltrigen als „Herr“ anzusprechen, versagte er sich. Er würde gehorchen und schweigen, weil ihm nichts anderes übrig blieb, aber etwas in ihm sträubte sich gegen diese Anrede.

Der Arenaleiter schien nichts zu bemerken: „Gut. – Goshinki, bring ihn in die Quartiere der Gladiatoren. Vielleicht ..ja, Juromaru soll ihm erklären, wie es läuft. Und du, Halbdämon: Goshinki ist der Waffenmeister. Er sorgt für eure Ausbildung.“
 

Juromaru war ein junger Mann mit einem etwas eigenartigen Blick, wie Inuyasha fand, aber er wusste auch, dass er dazu nichts sagen sollte. Vielleicht wäre der nett zu ihm?

„Ein Halbdämon, also. Na schön. Die Sache ist ganz einfach. Jeder von uns hat hier in dieser Halle eine Nische für sich, in der er schläft. Morgens ertönt eine Glocke, dann wird aufgestanden und es gibt zu essen. Brot und Wasser und Gemüse, auch Zwiebeln. Dann kommt der Waffenmeister mit einigen Männern und schließt auf und gibt uns die Übungswaffen. Wir gehen anschließend in die Arena und jeder trainiert das und mit dem, wie es ihm befohlen wird. Dazwischen gibt es Wasser. Abends, nach der Waffenabgabe, bekommen wir wieder was zu essen, in der Regel mit Fleisch. Das ist der Vorteil eines Gladiatorenlebens. Man bekommt immer genug zu essen. Bei Verletzungen gibt es auch ärztliche Behandlung. – Da kommt Kageroumaru, mein Bruder. - Das ist ein Neuer. Ich soll ihm alles erklären.“

Inuyasha musterte den Näherkommenden interessiert. Brüder?

Kageroumaru schüttelte den Kopf: „Neu und unerfahren, in der Tat. Hör zu. Es war ein Befehl, dir das zu erklären, und das wird Juromaru auch tun. Aber danach brauchst du nicht mehr auf Hilfe hoffen. Hier gibt es keine Freunde. Wenn du mit deiner Ausbildung fertig bist, Halbdämon, wird dich Herr Hakudoshi ebenso wie uns vermieten. Und da kann es passieren, dass man gegeneinander kämpfen muss. Darum: keine Freunde, das macht es nur schwerer. Sonst ist das Leben als Gladiator nicht schlecht, für einen Sklaven.“

„Sagte ich auch gerade“, beteuerte sein Bruder: „Genug zu essen und ärztliche Versorgung. Und immerhin, ich wurde im gesamten letzten Jahr nur sieben Mal verliehen.“

Sieben Kämpfe also, die er anscheinend alle gewonnen hatte. Inuyasha nickte ernsthaft: „Und wo soll ich schlafen?“

„Such dir eine leere Nische. Nachher wird dir sicher Goshinki erklären, welche Sorte von Gladiator du werden sollst.“

„Sorte?“ Auch Hakudoshi und Goshinki hatten da etwas gesagt, aber er hatte es nicht so recht verstanden.

„Du hast noch nie einem Gladiatorenkampf zugeguckt?“ Die Brüder blickten sich erstaunt an.

„Nein. So etwas gibt es bei uns…im Norden nicht.“ Nun, vielleicht in einer großen Stadt.

„Es gibt zwei Hauptkämpfer. Das eine ist ein so genannter Netzkämpfer. Er ist ohne Rüstung bis auf einen Schutz an der linken Schulter. Als Kleidung trägt man nur einen Schurz. Das mache ich. Ich habe ein Netz um meinen Gegner darin einzuwickeln und ich habe einen Dreizack um ihn anzugreifen. Das andere ist ein Samnit. Nennt man so, aber ich weiß nicht, warum. Dieser hat einen Helm mit Gesichtsschutz auf und trägt Beinschienen und manchmal einen Brustpanzer und ein Schwert. Sonst auch nur einen Schurz und Schuhe. Samniten kämpfen meist gegeneinander oder gegen einen Netzkämpfer. Hier, Kageroumaru, ist ein spezieller Kämpfer. Er hat zwei Schwerter, dafür aber keine Rüstung, außer einem geschlossenen Helm. Er tritt gegen Netzkämpfer oder auch Samniten an.“

„Dann kann es passieren, dass ihr gegeneinander…?“ Inuyasha brach ab, als er plötzlich verstand, was der andere zuvor zum Thema Freundschaft gesagt hatte.

Kageroumaru musterte ihn auch nur verächtlich, während Juromaru meinte: „Ja. Das ist möglich, zumal, wenn Herr Hakudoshi oder der Veranstalter es amüsant findet, wenn sich Brüder gegenseitig umbringen. Einmal war es schon so, aber wir haben es beide überlebt.“

Der junge Halbdämon nickte. Was hätte er dazu auch sagen können? Immerhin war das nicht sein Problem. Er hatte keine Freunde und keinen Bruder. Alles, was ihm geblieben war, war sein Wille am Leben zu bleiben. So suchte er sich eine leere Nische. In den anderen saßen Menschenmänner auf Decken, die ihn kaum beachteten Hoffentlich würde er später auch eine erhalten. Er setzte sich und sah sich noch einmal in dem fensterlosen Saal um. Der Geruch war atemraubend nach Schweiß und abgestandener Luft und ihm wurde klar, dass er sich daran gewöhnen musste.
 

Nur kurz darauf kam der Waffenmeister mit zwei anderen Dämonen, um die Gladiatoren in die nun wieder leere Arena zum Exerzieren zu holen. Erst kurz vor Betreten des Übungsgeländes erhielten sie Schwerter, wohlweislich abgeschirmt durch eine Gittertür, hinter der die eigentliche Waffenkammer lag. Mit den Übungswaffen konnte kein Mensch eine der dämonischen Wachen auch nur verletzen.

„He, Halbdämon.“

Inuyasha trat zu Goshinki. Er wusste, dass er keine Alternative hatte – nur die so zu enden, wie Mirko zuvor, wenn nicht ärger.

„Hast du schon einmal ein Schwert in der Hand gehabt?“

„Nein.“

„Dann hier. Nimm das Holzschwert und wir gehen zu dem Pfahl am Rande. Dort werde ich dir die entsprechenden Schläge beibringen. Wenn du die Technik soweit beherrscht, erhältst du ein Metallschwert. Rüstung sollst du keine bekommen, sagte der Herr.“

„Kein Samnit?“ probierte der Junge sein neues Wissen aus.

Goshinki fixierte ihn wegen dieses Vorlautes, entschied sich dann aber dafür, dass das eine zulässige Sachfrage gewesen war: „Nein. Das Feuerrattenhaar schützt dich zum einen sowieso, zum anderen…das Publikum wird entzückt sein zu sehen, wie du dich gegen Schwergepanzerte schlägst. Du dürftest gerade auf weibliche Zuschauer gut wirken, das war vorhin deutlich zu sehen. – Komm.“
 

Der Arenaleiter musterte unterdessen ein wenig nervös seinen unangekündigten Besucher. Der schwarzhaarige Mann in weißem Gewand, dessen roter Streifen einen Senator verriet, lehnte im Stuhl des Hausherrn, den dieser unverzüglich freigegeben hatte.

„Es tut mir Leid, dass ich dich nicht sofort begrüßt habe, aber ich hatte eine Vorführung für meine speziellen Kunden, die soeben den neuen Jahrgang gesichtet hatten.“

„Mein lieber Hakudoshi, ich will dich nicht deiner kleinen Vergnügungen berauben, zumal du damit Geld verdienst. Aber ich lasse dich diese Kampfschule aus einem anderen Grund führen. Wie weit sind die sieben Krieger?“

„Sie sind jederzeit einsatzbereit. Und, wenn ich es so sagen darf, sie werden froh sein, ihre Fähigkeiten wieder einmal zeigen zu können. Immer nur trainieren ist langweilig für derartige Spezialisten. Soll ich Bankotsu rufen?“

„Nein. Je weniger sie einstweilen von meiner Verbindung zu dir wissen desto besser. Immerhin könnte aus dem einen oder anderen Zufall doch der Imperator etwas von ihnen erfahren. – Sie sollen das Landgut von Senator Murus zerstören.“ Der Otterdämon begann wirklich ihn und seine Pläne zu stören.

Hakudoshi nickte nur: „Keine Überlebenden?“

Der Senator hob ein wenig die Hand, als er milde korrigierte: „Keine Zeugen.“

„Natürlich. – Wo liegt dieses Landgut?“

„Hier.“ Der Besucher schob eine Landkarte hinüber: „Wie ich…rein zufällig erfuhr, reist der Senator dieses Wochenende mit seiner gesamte Familie dorthin.“

„Danke.“

„Gibt es sonst etwas Neues, mein Junge?“

Hakudoshi hasste diese Anrede, aber er musste sie sich gefallen lassen. Immerhin entsprach das den Tatsachen. „Ich habe von Gaius, dem Sklavenhändler, gestern einen neuen Gladiator eingekauft. Ich bin sicher, dass er erfolgversprechend sein wird.“

„Ein Kriegsgefangener?“

„Nein, noch recht jung, aber ein Halbdämon.“

„Ungewöhnlich, in der Tat. Du wirst ihn teuer vermieten können, wenn er mitspielt.“

„Oh, ich habe da meine Mittel. Bislang ist er brav.“

„Gut. Ich brauche dann einen neuen Leibwächter.“

Hakudoshi unterdrückte sein Schon-wieder: „Natürlich, wie du willst. Spezielle Fähigkeiten?“

„Vielleicht ein besserer Kämpfer als der Letzte. Besorge ihn mir.“

„Ich hätte da zwei Brüder, die auch schon gemeinsam gekämpft haben. Ich glaube, die wären besser als nur ein einziger Mann für deine Bedürfnisse.“

Der Senator, der nur zu gut wusste, wie es um seine Beliebtheit bei den Kollegen stand, lächelte: „Nun, ich führe eben ein etwas….aufregendes Leben. Untätigkeit wäre tödlich für mich.“

Seine Tätigkeit könnte allerdings zum gleichen Ergebnis führen, sollte der Imperator davon erfahren. Aber dazu schwieg Hakudoshi: „Dann entschuldige mich für einen Moment. Sie üben bereits wieder in der Arena.“

„Gut.“
 

Inuyasha schlug unter der Anweisung des Waffenmeisters mit dem Holzschwert immer wieder gegen den Übungspfahl an dem Schilde befestigt waren. Er wusste es nicht, aber genau so begann auch die Ausbildung der Neulinge im Heer des Imperators.

„Goshinki.“

Der drehte sich sofort um und sah zu dem Balkon empor: „Ja, Herr Hakudoshi?“

„Ich habe einen unverzüglichen Auftrag für Juromaru und Kageroumaru. – Später will ich mit Bankotsu sprechen, wenn das Training beendet ist.“

„Ja.“ Der Waffenmeister blickte zu seinem neuen Schüler: „Mach allein weiter, Halbdämon. Und nicht nachlässig sein.“

Inuyasha nickte nur. Was hätte er auch dazu sagen sollen. Anscheinend wurden einige Gladiatoren wieder an Veranstalter vermietet. Kageroumaru hatte zuvor Recht gehabt. Man durfte sich nicht anfreunden. Es war besser allein zu bleiben.

Nun, das war er in den letzten Jahren wirklich gewohnt, eigentlich seit seiner Geburt. Nur Mutter war immer für ihn da gewesen. Und für sie würde er am Leben bleiben.

Gegen Menschen und Dämonen.

So schlug er weiter auf die Schilde ein, wieder und wieder.
 


 

„Arm yourself because no one else here will save you

The odds will betray you

And I will replace you....”
 

Chris Cornell: You know my name
 

***********************************+
 

Unser junger Halbdämon wurde desillusioniert. Sein Überlebenswille wird ihm wohl in den nächsten Jahren weiterhelfen, wenn er viel zu lernen hat, wenn er leben will. Und er lernt seinen neuen Kampfpartner kennen: Tessaiga.
 

bye
 

hotep



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Kommentare zu diesem Kapitel (19)
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Von:  Tigerin
2010-07-24T01:41:07+00:00 24.07.2010 03:41
Na dann: Willkommen in der Wirklichkeit, Inu Yasha.. Diese Privatvorführung war richtig abartig. Wie kann man sich an sowas erfreuen? Mirko kann einem Leid tun. Das einzig positive ist, dass er es jetzt hinter sich hat. Auch Inu tat mir leid, dass er sich von allen begrabschen lassen musste. Armer Halbhund. Aber er kann sich glücklich schätzen, dass er eine Ausbildung bekommt.
Der Papa des guten Hakudoshis scheint ja wiedermal ein paar nette Intrigen am laufen zu haben. Typisch Naraku.
Mal schauen, wie er zu Tessaiga kommt.

LG,
Tigerin
Von:  Schalmali
2010-07-14T08:54:45+00:00 14.07.2010 10:54
Und so lernt Inuyasha die Gladiatoren kennen, die Arena. Vermieten und bekämpfen, zur Schau Stellung und tot sollte man wo nicht mitmachen und einfach kämpfen, kämpfen und nochmal kämpfen. Aber noch ist Inuyasha in Training, wird also wohl nicht gleich, sozusagen, den Löwen zum Fraß vorgeworfen.
Von: -Suhani-
2010-06-30T18:11:06+00:00 30.06.2010 20:11
Wenn ich jetzt mal so ganz spontan raten müsste, würde ich sagen, dass dieser "ominöse" Senator und Hakudoshis Vater Naraku ist. Das war eine wirklich schwere Denkaufgabe.
Samniten... war ein italischer Volksstamm, der sich mit Rom anlegte. Hab ich in Geschi ein Referat drüber gehört. Mehr weiß ich nicht mehr. ^^
Waren solche Massenabschlachtungen vor Publikum legal? Wohl eher nicht, sonst würde Hakudoshi sie nicht veranstalten. Aber Hauptsache die Waffen-Regelung ist wie in legalen Gladiatorenschulen, damit die "Ware" nicht aufsässig werden kann. -.- Jaa, so was weiß ich alles, aber Namen kann ich mir immer noch nciht merken. ^^
Bin schon gespannt, wie es weiter geht.
lg
Hani
Von:  Minerva_Noctua
2010-04-26T12:50:07+00:00 26.04.2010 14:50
Hallihallo!

Ich hätte nicht vermutet, dass Inu Yasha Dämonen für FREUNDLICH hält. Da hat ihn Mama wohl unzureichend aufgeklärt oder sie wusste es selbst nicht viel besser. Na ja, er wird lernen, dass es doch ein paar Gute gibt bzw. welche mit klaren Prinzipien. Es bleibt vielversprechend und ich freue mich auf die erste Begegnung der Brüder. Außerdem bin ich gespannt darauf, wie du Sesshoumarus Mutter darstellst. Wahrscheinlich ähnlich wie bei der Übernahme: Opportunistisch und kaltschnäuzig.
Ich freue mich, dass die sieben Krieger dabei sind und es gefällt mir, wie du bereits vergessene Charaktere einbringst. Gute Idee, schöne Umsetzung.
Der Senator ist der Papi vom Arenaleiter? Nett. Naraku kristallisiert sich als Bösewicht heraus, obwohl ich fast glauben möchte, dass er nicht das einzige Problem sein wird.
Mirko tut mir leid. Armer Medicus. Die Darstellung der Situation für Inu Yasha war bei der Privatvorführung auch sehr gut.
Ich freue mich auf mehr^^.

Bye

Minerva
Von:  chaska
2010-03-08T19:45:55+00:00 08.03.2010 20:45
Mehr als einmal ist mir bei Deinen Schilderungen ein Schauder über den Rücken gelaufen. Die Hoffungslosigkeit, die Verachtung des Lebens und die absolute Gandenlosigkeit... das alles ist wohl auch dem jungen Hanyou mehr als deutlich vor Augen geführt worden.
In diesem Fall ist es wahrlich nur von Vorteil, dass er allein ist. Jeder Freund kann zu einer tödlichen Schwäche werden. Doch hoffentlich kann sich Inu Yasha sein menschliches Herz, das Mitleid, Freude und auch Liebe kennt in dieser Hölle auf Erden bewahren.
Eine wirklich spannende Geschichte.
Liebe Grüße
chaska
Von:  Cistus
2010-02-22T19:42:52+00:00 22.02.2010 20:42
Du servierst uns hier diesesmal wirklich keine Schonkost! Das ist wohl die bisher dunkelste Geschichte die du bisher geschrieben hast und die erste wo man wirklich das Gefühl hat das die nicht gut ausgehen kann.

Inuyasha ist also nun in die harte Welt der Gladiatoren eingeführt worden. Keiner würde mit ihm tauschen wollen. Es hört sich schon alles schlimm an, aber in Wirklichkeit war alles damals noch viel schlimmer.

Interessant wird es wenn Inuyasha Tessaiga kennen lernt. Ich bin schon sehr gespannt ob das ein normales Schwert sein wird, dem er nur diesen Spitznamen gibt oder wirklich "das" Tessaiga, wenn auch mit etwas anderer Geschichte. Es verspricht jedenfalls sehr spannend zu werden.
mfg
Cistus
Von:  Miyu-Moon
2010-02-21T22:05:41+00:00 21.02.2010 23:05
Tessaiga? Als Schwert oder Wesen? Wie man sich das wohl vorstellen soll?
Von:  ayakoshino
2010-02-21T17:48:28+00:00 21.02.2010 18:48
Also das ist echt heftig! Aber da ging es wirklich so ab, Sklaven waren überhaupt nichts, als Gladiator hat man zu gehorchen oder man stirbt. Aber das hat Inuyasha ja jetzt auch mitbekommen. Seine Vorstellungen von Dämonen haben sich jetzt auch geändert, er wurde ziemlich unsanft auf den Boden zurückgeholt.
Seine Ausbildung hat also angefangen und er bekommt Tessaiga. Aber das wird doch dann sicher nicht aus dem Zahn seines Papas sein und ihn somit auch nicht vorm durchdrehen beschützen?
Naraku plant wieder irgendwelche dunklen Geschäfte, Inuyasha wird doch da sicher auch noch irgendwie mit reingezogen.
Die nächsten Jahre der Ausbildung werden aber sicher auch erstmal hart!
Ich bin schon sehr darauf gespannt wie es nun mit ihm weitergeht und freu mich aufs nächste Kap!
lg ayako
Von:  inukimi
2010-02-20T22:39:32+00:00 20.02.2010 23:39
Mirko tut mir Leid. Aber tapfer gekämpft hat er.
Das Beste ist ja, das Bankotsu und die anderen vorkommen. Ich find Jakotsu einfach nur geil. Kaum sieht er Inu Yasha, fällt er schon wieder beinahe über ihn her. Hast du gut hingekriegt.
Ist der Goshinki Tokijins Zahnspender?

hdgdl
inukimi
Von:  Haruko-sama
2010-02-19T22:08:39+00:00 19.02.2010 23:08
Damals gings ja zu... Ich bin echt gespannt, worauf diese Geschichte am Ende hinausläuft, denn ich schätze, da werden noch Handlungsstränge dazukommen.
Jetzt beginnt die Ausbildung, die sieben Krieger sind wieder dabei und Hakudoshi und sein Meister haben einige nicht allzu legale Geschäfte am Laufen. Verspricht Unterhaltung.

LG, Haruko


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