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Liebe mich zu Tode

Isa/Braig
von

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Meet Your Master

Das 'Seven Stars' entsprach in keinster Weise Braigs Vorstellungen und Befürchtungen. Als er – nach einer gefühlten halben Stunde innerlichem Debattieren – endlich allen Mut zusammengenommen und die Tür aufgestoßen hatte, sprangen ihm keine nackten oder in Lack bekleideten Leute entgegen, die ihn fesselten und ihm mit Peitschen, Spielzeugen und Messern Dinge antaten, über die er nicht einmal in seinen kühnsten Alpträumen nachdenken würde.

(Zumindest behauptete er das, aber woher sollte er solche Vorstellungen denn überhaupt haben, wenn er nicht über sie nachgedacht hatte? Ist es nicht immer wieder wunderbar, geschätzter Leser, einen Charakter dabei zu ertappen, wie er nicht nur Euch, sondern vor allem sich selbst belügt?)
 

Nein. Das 'Seven Stars' war eine ganz normale Bar mit ganz normalen Besuchern und ganz normaler Einrichtung. Stühle, Tische, ein bequemes Sofa – und nicht einmal das war aus Lack oder Leder –, die Wände in einem dezenten Beige gehalten. Einzig die Tür in der hintersten Ecke deutete daraufhin, dass es noch etwas anderes in diesem Etablissement gab als gute Drinks und noch bessere Gespräche.
 

Auch die Gäste waren zumindest auf den ersten, zweiten und fünfzigsten Blick ganz normal. Und sympathisch. Immerhin war an diesem Abend der zweite Protagonist unserer Geschichte anwesend; der musste ja sympathisch sein, nicht wahr?
 

Selbigen Protagonisten musste man wohl als das beschreiben, war er war: Ein hormonell gesteuerter Teenager. Einer von der dennoch überraschend introvertierten Sorte, der kein unnützes Wort verlor, der seine Zeit nicht damit verbrachte, sich – wie es so viele Teenager in unserer Zeit tun – zu betrinken und jedem Rock hinterherzulaufen. Und das lag nicht nur daran, dass er nicht auf Röcke stand. Zumindest dann nicht, wenn der Träger weibliche Geschlechtsmerkmale besaß. Auch Männern lief er nicht hinterher, denn er selbst sah sich eher als Raubtier, das geduldig auf der Lauer lag, nur um im entscheidenden Moment blitzschnell zuzuschnappen.
 

Und als an diesem Abend ein schwarzgekleideter Mann zur Tür hereinkam, ein rotes Tuch um den Hals und einen verunsicherten Ausdruck in den Augen, was ihn beides als perfekte Beute auszeichnete, wusste der Jugendliche bereits nach einem kurzen Augenblick, wie er sich an dieses Beutetier heranzupirschen hatte.
 

Braig kam sich dumm vor. Bescheuert. Vollkommen schwachsinnig. Und noch weitere Adjektive fielen ihm ein, die er im Bezug auf sich selbst verwenden könnte. Aber jetzt war das zu späät. Jetzt saß er mit einem Bier in der Hand an einem der vielen Tische und schaute sich überall und nirgends gleichzeitig um. Immerhin wollte er keine Aufmerksamkeit erregen.
 

„Bist du neu hier?“
 

Verdammt. „Was? Nein, ich … “, begann er und wirbelte herum, sah sich schon Auge in Auge mit einem behaarten, klobigen Muskelprotz, der fand, dass Braig wie seine neue „Freundin“ aussah. Die Worte blieben ihm im Halse stecken, als er sah, wer ihm da gegenüber saß.
 

„Du bist ein Kind“, bemerkte er und kam sich dabei unendlich clever vor.
 

Der Jugendliche verdrehte nur die Augen und strich sich eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht. „Erstens bin ich siebzehn und somit volljährig und zweitens - “ Er grinste Braig an. „ - ist das nur ein weiterer Beweis dafür, dass du wirklich neu bist und von nichts 'ne Ahnung hast.“
 

Braig blinzelte und murrte leise, reckte das Kinn trotzig in die Höhe. „Nur, weil ich finde, dass Kinder um diese Zeit schon ins Bett gehören, hab ich keine Ahnung?“
 

„Es ist gerade mal neun Uhr“, kam die Antwort nach einem kurzen Blick auf die Wanduhr. „Du verzettelst dich nur immer weiter, Mann! Stell dich mir lieber vor, das ist höflicher.“
 

„Braig“, sagte er schließlich nach einem Stoßseufzer. „Ich würde jetzt gerne sagen 'Freut mich', aber das tut es nicht.“
 

Sein Gegenüber lächelte nur. „Mich freut es dafür umso mehr.“ Braig verdrehte nur die Augen. „Ich bin übrigens Isa.“
 

„Was du nicht sagst. Ist das die Kurzform für Isabelle?“
 

Mit einer leichten Genugtuung sah Braig, dass Isas Wangen einen schwachen Rotton annahmen, ehe er ihm zähneknirschend erklärte, dass Isa eine Abkürzung für Isaac war, was Braig allerdings absolut nicht interessierte.
 

„Schön, Isa, erklär' mir mal lieber, wieso du darauf kommst, dass ich hier neu bin? Bin ich der einzige in dem Laden mit heterosexueller Ausstrahlung?“
 

Jetzt war es an Isa, leise zu lachen. Für so ganz grade hielt er Braig nämlich wirklich nicht. Aber selbst, wenn er es doch sein sollte – unwahrscheinlich, aber möglich –, so würde es doch nur noch mehr Spaß machen, ihn mit nach Hause zu nehmen. Isa mochte den Gesichtsausdruck von Männern, die sich für absolut heterosexuell hielten und die er eines Besseren belehren konnte.

Und er war sich sicher, dass Braig eine ähnlich amüsante Reaktion haben würde.
 

„Erstens hast du keinen Schimmer davon, dass hier mindestens so viele Frauen verkehren wie Männer. Zweitens siehst du unendlich verloren aus. Und drittens bezweifle ich, dass das da - “ Und er deutete auf Braigs Halstuch. „ - Absicht ist. Du siehst nicht so aus, als würdest du auf so etwas stehen.“ Er musterte Braig mit kritischem Blick und grinste. „Obwohl ich mich gerne vom Gegenteil überzeugen lasse.“
 

„Auf was stehen?“, fragte er nach und zupfte an seinem Halstuch herum.
 

„Darauf, dir zwei Hände in den Hintern schieben zu lassen oder das bei anderen zu tun.“
 

Braigs Blick war zu einer Maske eingefroren, die irgendwo zwischen Unglauben, Entsetzen und Ekel schwankte, was Isa nur wieder zum Lachen brachte. „Du verarschst mich!“, sagte Braig also nur, der das Lachen auf die falscheste Weise interpretierte.
 

„Willst du's ausprobieren?“
 

Nein. Das wollte er wirklich nicht. Er riss sich das Halstuch ruckartig ab und zerknüllte es, machte Anstalten, es in seine Hosentasche zu stecken.
 

„Würde ich nicht tun“, riet ihm Isa gut gelaunt.
 

„Und warum nicht?“
 

„Je nach Hosentasche bist du entweder nur passiv oder nur aktiv.“
 

Nach einem weiteren angewiderten Blick verschwand das Halstuch in einer Innentasche seiner Jacke und er nahm sich vor, es in den Müll zu werfen, sobald er wieder in der Akademie war.
 

„Schon viel besser“, sagte Isa und schmunzelte weiter. „Und jetzt erzähl mir doch, was du hier suchst.“
 

„Warum sollte ich ausgerechnet mit dir darüber reden?“
 

„Lass es mich so ausdrücken: Solange du dich mit mir unterhältst, symbolisiert das, dass du keinen anderen Gesprächspartner wünschst.“
 

Langsam ließ Braig den Blick über die anwesenden Gäste schweifen und seufzte. Na gut. Die alle sagen auch nicht sympathischer aus. Außer vielleicht dem jungen blonden Mann mit dem Bart hinten in der Ecke. Aber selbst der war bereits in ein Gespräch verwickelt. Er seufzte noch einmal. Wunderbare Aussichten.

„Hör mal“, sagte er schließlich, „ich suche jemanden.“
 

„Das tut fast jeder hier.“
 

„Nein, ich meine, ich suche jemanden Bestimmtes.“
 

„Ach?“ Isa hob die Augenbrauen und stützte das Kinn auf eine Hand. „So spezifisch in deinen Wünschen?“
 

Ach, verflucht, konnte man so dämlich sein? Nun, offensichtlich konnte man. Er trank den Rest seines Glases leer und lehnte sich auf den Stuhl zurück. „Hör zu“, sagte er dann langsam und deutlich, damit selbst das Kind ihn begriff, „ich bin nicht … so.,“
 

„So? Was ist denn so?“
 

Krank, pervers, schwul … die Auswahl an Antwortmöglichkeiten war unbegrenzt.

„Ich bin nicht auf der Suche.“
 

„Eben hast du noch gesagt, du suchst etwas ganz Spezielles.“
 

Ach, scheiße! Machte der das mit Absicht? Sicherlich. So blöd konnte nicht einmal der Knirps da sein. Er bestellte sich noch ein Bier, um sich die Geduld anzutrinken, die er eigentlich im Moment gar nicht besaß. „Ich suche Doktor Cid, weil ich ihm 'ne Frage stellen will, mehr nicht, kapiert? Ich bin weder hier, um jemanden zu ficken noch um mich ficken zu lassen“, sagte er betont, damit es selbst dem letzten Idioten begreiflich gemacht werden könnte.
 

Isa blinzelte einige Male und schmunzelte dann wieder, nickte. „Der Doc ist unten“, erklärte er und deutete mit dem Daumen zu der einsamen und schon die ganze Zeit verdächtig wirkenden Tür. „Der wird sicher noch 'ne ganze Weile beschäftigt sein. Also … “ Der Blick, den er Braig schenkte, gefiel diesem überhaupt nicht. „Da du so lange warten werden musst, können wir doch einfach noch ein wenig plaudern, oder? Erzähl mir von dir. Was machst du so, wenn du nicht gerade aus Versehen in S/M-Bars abhängst?“
 

Sie unterhielten sich lange Zeit und selbstverständlich vernichtete Braig noch einige Drinks – Biere wie bunte, klebrig süße Cocktails – und ebenfalls selbstverständlich war er irgendwann irgendwie überaus angeheitert.
 

Während Isa in sich hinein lächelte und Braig von seiner Arbeit und seinen nervigen Kollegen erzählen ließ, warf er einen Blick auf die Uhr und sah dann bestürzt und mit Unschuldsmiene drein. „Schau nur, wie spät es schon ist! Sieht so aus, als hättest du den Doc verpasst.“
 

Eine Sekunde lang sah Braig Isa nur verdutzt an, bis er in seinem nicht mehr so wirklich nüchternen Zustand begriff, was los war. Dann schaute auch er auf seine Armbanduhr und stieß einen verwirrten Laut aus. Wann zum Teufel war es denn so spät geworden?

„Wunderbar“, murrte er und strich sich durch die Haare. „So spät fahren keine Busse mehr. Das heißt, ich darf laufen. Klasse.“
 

„Von hier zur Akademie? Da bist ja Stunden unterwegs, wenn nicht noch länger.“ Isa schenkte ihm ein Lächeln und legte den Kopf schief. „Was hieltest du davon, heute Nacht einfach bei mir zu schlafen?“
 

Was er davon hielt?
 

Nun ja, man könnte es so ausdrücken: Er wusste selbst nicht, woran es lag – ob jetzt an der Uhrzeit, dem Alkohol oder der Tatsache, dass Isabelle einfach ein richtig schöner Name war –, aber … ja. Er hielt davon viel.
 

Und kam mit.



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