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Der Wächter des Drachen

Fortsetzung von "Drachenherz" und "Die Söhne des Drachen"
von

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Der Dieb

Takeru. In der Sprache der Alten bedeutet es `Krieger´.
 

Ba Sing Se, viele Jahre zuvor
 

Takeru war der Junge mit dem Loch im Bauch.

Meistens vor Hunger. Ab und zu vor Angst.

Aber DA war es immer.

Manchmal war es kleiner, manchmal schien es ihn komplett auszuhöhlen. Dann frass es sich von seinem Bauch in jeden Wickel seines Körpers, bis er auch dort Löcher hatte. In der Kehle, in den Eingeweiden, in seinem Kopf und in seinem Herzen.

Das waren die schlimmen Tage, denn sie machten einen bösen Jungen aus ihm.

So böse, dass er eines Tages dafür in der Hölle schmoren würde.

Und die Hölle ... das war ganz bestimmt ein riesiges, dunkles Loch, das nichts mehr von ihm übrig lassen würde. Dort wollte er nicht hin. Doch wenn alle Recht hatten, würde es so kommen.
 

Es war ein unerträglich heisser Tag in Ba Sing Se. Die Hitze war überaus demokratisch, denn sie wütete überall gleich schlimm.

Sie sorgte dafür, dass die Schulkinder früher nach Hause durften, um sich nachmittags am Ufer des Flusses etwas abzukühlen. Sie liess die Polizeibeamten des Königs langsam und müde durch die Strassen schlurfen. Sie liess eine kleine, wehmütige Weberin namens Jin We an ihrem Webstuhl erschöpft Schweissperlen von der Stirn wischen. Und sie liess den Erdkönig seinen Fächer fast überstrapazieren.

Der Einzige, den die Hitze gänzlich unbeeindruckt liess, war der heute angekommene Staatsgast Seiner Majestät.

Zuko II, kurz nach Kriegsende zum neuen Feuerlord gekrönt, war mit einem dringenden Bittgesuch in die Stadt der drei Ringe gekommen. Und Hitze ..? Ph! Hitze war ihm schnurzpiepegal. Zehn Grad mehr hätten ihm nur ein müdes Lächeln entlockt, WENN er zu den Menschen gehört hätte, die wegen so etwas albernem wie Temperaturen lächelten.

Doch seine Geschichte, die in dieser Stadt eine unverhoffte Wende nehmen sollte, wurde bereits erzählt und so wollen wir uns einer anderen zuwenden, die sich am heutigen Tag eng mit der seinen verknüpfen würde.
 

Die wirklich bemerkenswerte Hitze dieses Tages verschonte auch die ärmeren Viertel Ba Sing Ses nicht. Und das ärmste aller Viertel - den Frieden - schon gleich gar nicht. Sie liess die Leute fast aus ihren fadenscheinigen Latschen kippen und die Gosse stank derart erbärmlich, dass selbst der Abgebrühteste einen Würgereiz nicht unterdrücken konnte.

Es war also ein ganz normaler Tag für den Jungen mit dem Loch im Bauch.
 

„Takeru?“

„Ja, Oma?“

„Ist ... noch Suppe da?“

„Ja, Mimschi. Ein bisschen.“

„Gut.“, flüsterte die bettlägerige, alte Frau. „Sei ein guter Junge, und bring mir was davon.“

Takeru sprang sofort auf. Schliesslich sollte seine Oma nicht merken, dass er kein guter Junge war. Das würde sie noch kränker machen.

Er zerrte einen schweren Schemel vor die alte Kochstelle und kletterte hinauf, um an den rostigen Topf zu kommen. Als er den Deckel hob, stieg ihm der Geruch der dünnen Brühe in die Nase und liess seinen Magen laut rebellieren. Ob er vielleicht einen kleinen Löffel essen dürfte? Nur einen kleinen ...?

Im hinteren Bereich des Verschlages, durch einen Vorhang abgetrennt, bekam seine Großmutter einen Hustenanfall. Takeru konnte nicht besonders gut zählen, aber er war sicher, dass es heute schon sehr viele gewesen waren. Er biss sich auf die Lippen, geplagt vom schlechten Gewissen, und schöpfte vorsichtig lauwarme Brühe in eine Schüssel. Seine Oma brauchte die Suppe; nicht er!

Vorsichtig kletterte Takeru vom Schemel, klaubte auf Zehenspitzen balancierend, einen Löffel vom Tisch und trug beides zu der verschlissenen Strohmatte. Er half seiner Großmutter sich aufzusetzen und stopfte ihr unbeholfen ein Kissen hinter den Rücken.

„Danke, Taku.“

Da die alte Frau viel zu zittrig war, tauchte ihr Enkel den Löffel in die Brühe, und begann sie zu füttern.

„Ist ein Brief von Deiner Mama gekommen?“

„Nein.“

„Oh.“, flüsterte die zerbrechliche Stimme. „Wieder kein Geld? Das ist schlimm. Hat Meister Weng gestern wenigstens Hilfe gebraucht?“

„Ja.“, log der Junge und starrte in die Schüssel. Ein Tag mehr in der Hölle.

„Hat er Dir ein bisschen Geld gegeben?“

„Ja.“ NOCH ein Tag.

„Das ist gut. Du bist ein guter Junge.“

„Ja, Oma.“ DAS war jetzt bestimmt eine ganze Woche Hölle.

„Man muss immer anständig bleiben, Taku. Egal was kommt. Das weisst Du, nicht wahr? Versprich mir, dass Du das nicht vergisst!“

„Ja, Mimschi.“ Der Kosename kam ihm nur schwer über die Lippen, denn die Tatsache, dass er sie anlog, machte das Loch in seiner Kehle riesengroß.

„Das ist gut!“ Als sie wieder hustete, holte er schnell ein Glas Wasser.

„Taku ...“, wisperte seine Oma schwach und strich, obwohl es ihr größte Mühe bereitete, zärtlich über seinen zerzausten, dunkelblonden Schopf. „Bist ein lieber, kleiner Kerl! Ich muss jetzt schlafen.“

„Ja, ist gut.“

Als ihm die Tränen über die Wangen liefen, schlief Mimschi Gott sei dank schon tief und fest. So bekam sie auch nicht mit, wie ihr dürrer, viel zu kleiner Enkel sich nach Einbruch der Dunkelheit nach draussen stahl. Bald würden seine Lügen nichts mehr ausmachen. Bald hätte er so viele Jahre in der Hölle angesammelt, wie hundert Menschenleben dauern.

Denn Stehlen - da war Takeru sich sicher - war noch schlimmer als lügen. Seine Oma hatte es ihm oft genug gesagt.
 

Es war das... das ziemlich ofte Mal, dass Takeru stehlen ging (Die Finger beider Hände reichten schon nicht mehr, um zu zeigen, wie oft). Turomo hatte ihm gezeigt wie es ging. Eigentlich war es ganz leicht, besonders in der Gasse der Freuden. Die Leute rochen zwar merkwürdig - die Männer stanken wie liegen gebliebenes Obst - aber je mehr sie stanken, umso leichter waren sie zu beklauen. Beim ersten Versuch hatte Takeru vor lauter Angst so gezittert, dass sein Opfer ihn sofort bemerkt hatte. Doch der Mann hatte ihn nur verständnislos angestarrt, ein bisschen gewankt und ein raues „HEY!“ gegrölt.

So schnell er konnte war der Junge damals weggerannt. Weg von dem blutunterlaufenen, hilflos wütenden Blick.
 

Jetzt kauerte Takeru in den dunklen Schatten am Rand der Gasse, so wie Turomo es ihm beigebracht hatte, und beobachtete die Passanten. Am wichtigsten war es, den richtigen auszusuchen!

Der Dicke da? ... Nein. Zu gefährlich. Er befummelte immer wieder nervös seine Taschen.

Der mit dem breiten Grinsen? ... Nein. Der hatte bestimmt schon alles ausgegeben.

DA! Das war er! Der war gut. Ruhig und sorglos schlenderte er durch die Strasse, blickte ab und zu verwundert nach links und rechts. Also kein Misstrauen und VIEL Ablenkung! Ausserdem war er sehr groß und bekam Dinge, die nahe am Boden waren gar nicht mit.

Geschickt schlängelte sich das Kind an einigen Fässern vorbei, um hinter den Mann zu gelangen. Das potentielle Opfer ging geradewegs auf eine menschenleere Gasse zu.

Takerus Herz klopfte laut.

So war das nunmal, wenn er klauen ging. Doch es gibt einen Zeitpunkt, wo Herzklopfen, so laut es auch sein mag, nicht mehr so quälend ist, wie der Hunger.

Der Große mit dem Pferdeschwanz bog endlich in die enge Seitengase ein.

Jetzt oder nie!

Der Große bedeutete allerdings das Ende des kleinen Taschendiebes aus Ba Sing Se.
 

Diesmal wurde der kleine, dürre Takeru erwischt.

Die Beute die er sich ausgesucht hatte war nämlich alles andere als unaufmerksam. Der Große war ein wachsamer, misstrauischer und ziemlich zäher Bastard, der es auf den Tod nicht ausstehen konnte, beklaut zu werden.

Noch weniger konnte er es ausstehen, wenn ein abgemagerter, unterentwickelter, fast Fünfjähriger das versuchte. Also wurde dem Kleinen das Handwerk gelegt!

Zuko II, erhabener Herrscher der Feuernation, Nachfahre eines der letzten Feuer-Halbdrachen, fand es für einen solchen Knirps eben weitaus angemessener, in eine gute Schule gesteckt und ordentlich aufgepäppelt zu werden.

Also veranlasste er die nötigen Schritte, besorgte kiloweise Pfirsiche, Hustensaft und all die anderen Dinge, die diese Menschen so dringend brauchten.

Einen Monat später zog Takerus Familie in den Feuerpalast, wo seine Mutter endlich gute Arbeit fand, seine Oma aufhörte zu Husten und er selbst sich ums Wachsen kümmern konnte. Und er wuchs. Schnell, unaufhörlich und enorm. Und er lernte. Schnell, unaufhörlich und enorm.
 

Und er schwor sich, seine Schuld eines Tages abzutragen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (13)
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Von:  il_gelato
2009-11-25T22:11:04+00:00 25.11.2009 23:11
Dafür kannst du mit Worten besser beschreiben als so manch berühmter Künstler... äh, Schriftsteller?!?!

Deine Charabeschreibung ist zum wegschießen-einfach kongenial!!!

Schreib schnell weiter!
Von:  Loettchen1989
2009-11-24T10:49:44+00:00 24.11.2009 11:49
toll toll toll tolll toll!!!!!! :-)
wie immer sehr schön geschrieben. *lob*
na dann setz ich mich mal hin und warte auf das nächste kapi ;-)
Von: abgemeldet
2009-11-23T18:47:07+00:00 23.11.2009 19:47
Tolles Kappi!
Und ich bin sehr erfreut nochmal was von Takeru gehört zu haben.
Hoffentlich gehts bald weiter!
Lg
Von:  Kyuuo
2009-11-22T17:36:20+00:00 22.11.2009 18:36
tolles kapi
schön dass du den kleinen jungen nochmal eingebaut hast
hab mich gefragt was aus ihm geworden is
freu mich aufs nächste
lg kyuuo
Von:  fahnm
2009-11-22T03:29:11+00:00 22.11.2009 04:29
KLasse Kapi!
Freue mich schon aufs nächste.

mfg
fahnm
Von:  Estel_13
2009-11-21T19:06:49+00:00 21.11.2009 20:06
^-^
du hast so eine wundervoll blumige Sprache ^___^ ich liebe das einfach
schade nur das es so wieder so kurz war ;)
also schön weiter schreiben


Von:  szymzickeonee-sama
2009-11-21T17:48:57+00:00 21.11.2009 18:48
Awww~ *___* Ich bin gerührt~
Das ist echt süß^^
Und: es ist egal, wie lange du brauchst, um das nächste Kapitel zu schreiben, ich schwöre, ich bleibe dieser FF treu XD Ich werde warten und dann genießen^^
LG, Szyo~
Von:  Oliver24
2009-11-21T15:30:50+00:00 21.11.2009 16:30
wir wissen doch das du nich in dem tempo weitermachen kannst also keine sorgen
bezüglich des kappis
kann ich nur die meinung meiner vorredner bestätigen ich finds klasse das du ihn nochmal mit der kompletten situatione ingeführt hast so kommen auch die, die ersten Teile nich gelesen hamm , mit der Person klar

mfg JP
Von:  il_gelato
2009-11-21T14:06:37+00:00 21.11.2009 15:06
Dafür liebe ich Zuko noch mehr und Aya wahrscheinlich auch, wenn sie es weiß!

Schönes und trauriges Kapitel! Bitte schreib schnell weiter!
Von:  suz
2009-11-21T12:37:21+00:00 21.11.2009 13:37
schön^^
ich hab mich schon gefreut, dass die kaps in letzter zeit so schnell kamen, aber naja, bei dir wart ich auch mal länger auf ein neues, das lohnt sich immer^^
gruz suz


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