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Sein wahres Ich - One Shot-Sammlung

Seine wahren Gefühle
von

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Subaru's End

>>Ohne sie wollte er einfach nicht mehr leben«
 

Rest in peace, Subaru!
 

~~°~~
 

Subaru grinste breit, als er sein Werk betrachtete. Spiegelei, gebratener Speck, Reis, Miso-Suppe, Brot und Aufstrich, Müsli, Milch und Obst.

Ein recht üppiges Mal, bei dem er sich viel Mühe gegeben hatte.

Er hievte alles auf ein Tablett, das ihm die Haushälterin zur Verfügung gestellt hatte und verließ damit die Küche.

Für einen kurzen Moment musste der Blondhaarige blinzeln.

Die hell erleuchteten Flure sahen alle gleich aus.

Unglaublich, dass sein Stiefvater in so einer Prachtvilla wohnte und er von alledem nichts wusste.

Er nahm den Flur, aus dem er meinte, gekommen zur sein.

Das Tablett schwankte kurz und für einen Moment hatte er Angst, es würde ihm zu Boden fallen, aber er konnte sich noch rechtzeitig fangen und jeglichen Schaden vermeiden.
 

Als er vor der Zimmertür stand, schluckte er einmal kräftig.

Schließlich war es nicht alltäglich, dass er einem Mädchen das Frühstück ans Bett brachte.

Zaghaft legte er eine Hand auf die Klinke – und drückte sie hinunter.

Das Erste, was Subaru bemerkte, war ein eisiger Windzug, der durch die geöffnete Balkontür drang und die Vorhänge zum Flattern brachte.

Der Himmel hatte sich verdunkelt, dichte Regenwolken hingen am Horizont und von der strahlenden Sonne, die gerade eben noch die Welt mit ihrem gleißenden Licht erfüllt hatte, gab es keine Spur mehr.

Das Nchste, was dem Blondhaarigen auffiel, – und das versetzte ihm den größten Schocks seines Lebens - war, dass das Bett zu seiner Rechten leer war.

Die Bettdecke war ordentlich zusammengefalten und es deutete nichts darauf hin, dass jemand darin genächtigt hatte.

Subaru stellte das Tablett auf die kleine Kommode neben dem Bett und packte sich verwirrt an den Kopf.

Hatte er das alles bloß geträumt?
 

Ratlos sah er sich im Zimmer um.

Vielleicht war sie auch bloß im Bad.

Er wartete. Sekunden, Minuten, Stunden. Er wusste es nicht.

Erst als dicke Regentropfen vom Himmel herabfielen und ein Blitz das Zimmer kurzzeitig erleuchtete, bemerkte er das zusammengefaltete Stück Papier auf der Bettdecke.

Er griff danach, entfaltete es und las die Zeilen.

Seine Augen weiteten sich um Millimeter, immer wieder las er die Zeilen, wollte nicht wahrhaben, was sie ihm mitteilten.

„Verdammt“, brüllte er laut und zerknüllte das Stück Papier in seiner Faust.

„Verdammt, verdammt, verdammt!“

Erst langsam sickerte die wahre Bedeutung ihrer Worte in sein Gehirn – dann ging alles ganz schnell.
 

Er griff nach seiner Jacke und dem Rucksack, eilte aus dem Zimmer und stürmte die Treppen hinunter in die Eingangshalle.

Der Regen prasselte ihm eiskalt ins Gesicht, der Wind bließ ihm um die Ohren.

Aber Subaru spürte nichts. Rein gar nichts.

Es war so, als wären all seine Emotionen vom Regen hinfortgespült worden.

Er war bloß noch eine leere Hülle. Ein Schatten seiner Selbst.

Er lehnte sich an sein Motorrad, schaltete sein Handy an und sah die Email von Aoi.

Als er sie las, stieg Wut in ihm auf und er warf das Gerät an einen nächststehenden Baum, wo es zerschellte.

Dann stieg er auf sein Motorrad, gab Gas, fuhr viel zu schnell über die regennasse Landstraße.

Noch immer spürte er nichts. Weder den Fahrtwind, der ihm ins Gesicht schnitt, noch den Regen, der ihn bis auf die Knochen durchnässte. Er fuhr, bis der Tank leer war.

Es hatte ihn bis ans Meer getrieben.

Wutschnaubend sprang Subaru vom Gefährt, trat darauf ein, ignorierte den pochenden Schmerz in seinem Fuß. Er nahm den Helm, zerschlug ihn an einem der Steine, starrte benommen auf die Schnittwunden in seiner Hand.
 

Womit hatte er so ein Leben verdient?

Warum lebte er überhaupt, wenn er niemals glücklich sein durfte?

Er hockte sich nieder, schrie aus vollem Leibe, raufte sich die Haare, bis es schmerzte.

Seine Schreie hallten an den Küstenfelsen wider, trugen seine Verzweiflung über das weite Meer hinaus.

Die Brandung schäumte. Subaru fuhr herum und bemerkte erst jetzt, dass er auf einer Klippe stand.

Er lachte vor Freude, erhob sich, setzte sich wieder auf sein Motorrad und starrte in den endlos tiefen Abgrund.

Bald würde er bei seiner Mutter sein, ging es durch den Kopf und ein bitteres, verzweifeltes Lachen verließ seine Kehle.

Er stieß sich mit den Füßen ab, rollte über die Klippe – und fiel.

Es schien kein Ende zu nehmen.

Im Fall dachte Subaru über so vieles nach.

Über Aoi, wie er es geschafft hatte im Leben weiterzukommen, trotz aller Hindernisse.

Er dachte an seine Eltern, seinen Stiefvater.

Sogar an Kaya und Souma dachte er.

Und letztendlich dachte er an sie, sah ihr Gesicht vor Augen, sah den Brief von ihr und schloss die Augen.

Er ersehnte sich das Ende so sehr, dass es beinahe schon schmerzte.
 

Irgendwann prallte er dann mit ganzer Wucht auf.

Er lag da, konnte sich nicht bewegen, sah nach oben.

Der Regen prasselte immer noch unaufhörlich und er spürte urplötzlich ein schweres Gewicht auf seinem rechten Bein.

Wahrscheinlich war das Motorrad direkt darauf gefallen.

Aber der Schmerz blieb aus.

Natürlich tat er das, schließlich war er jetzt im Himmel.

Aber wieso fühlte sich der Himmel so real an?

Wo waren die Engel? Sein Engel?

Wo war seine Mutter, um ihn abzuholen?

Erst allmählich begriff Subaru, dass er noch lebte.

„Verdammte Scheiße!“ Seine Stimme war heiser und klang so völlig fremd.

Er tastete um sich, spürte den Sand zwischen seinen Fingern und starrte abwesend in den grauen Himmel über ihm.

Wieder tauchte ihr Gesicht auf und schmerzvoll schloss er die Augen und wand sich wild umher.

Dabei stießen seine Fingerkuppen auf etwas Scharfes.

Er griff danach und hatte eine rosafarbene Muschel in der Hand.

Ihre Seiten waren messerscharf und plötzlich kam Subaru eine Idee, wie er sich von all dem Leid befreien konnte.

Tränen stiegen ihm die Augen. Zum ersten Mal an diesem Tag.

Er setzte die Muschel an sein Handgelenk – und fuhr die nasse Haut damit entlang.

Warmes, dunkelrotes Blut floss aus der Schnittwunde und tropfte auf den Sand unter ihm.

Subaru wiederholte diese Aktion. Einmal, zweimal, dreimal, dann das andere Handgelenk.

Irgendwann spürte er nichts mehr.

Er legte den Kopf einfach auf die Seite und schloss die Augen, während das Letzte, was er sah, ihr Gesicht war.

Dann wurde alles schwarz.
 

~~°~~
 

Laute Stimmen, ein unerträgliches Piepsen und eilige Schritte ließen Subaru die Augen öffnen. Das Erste was er sah, war Grau, unendliches Grau.

Für einen Moment dachte er, immer noch an der Stelle zu liegen, an der er gestorben war.

Doch ehe er realisieren konnte, wo er war und dass er noch lebte, sah er ein ihm wohl bekanntes Gesicht über ihn auftauchen.

Tiefe Furchen zogen sich durch das über alles besorgte Antlitz des Weißhaarigen.

Noch nie hatte Subaru seinen Bruder weinen gesehen.

„Aoi“, brachte er mit erstickter Stimme hervor und der Weißhaarige schnappte hörbar nach Luft.

„Subaru!“ So viel Erleichterung schwang in Aois Stimme mit.

„Wie geht es dir?“

Subaru erwiderte nichts, starrte nur zur Seite.

„Warum... lebe ich noch?“ Die Worte kosteten ihn viel Mühe.

Er hörte, wie sein Bruder geräuschvoll ausatmete.

„Du hattest mehr als einen Schutzengel“, erklärte er leise.

„Durch den Sturz hast du dir sämtliche Knochen gebrochen“

Er hob die Hand und zählte die Verletzungen an seinen Fingern ab.

„Ein Genickbruch, der dich allerdings nicht getötet hat“ Er deute auf die Halskrause.

„Mehrere Rippenbrüche, dein rechtes Bein ist gebrochen, du hast eine Gehirnerschütterung und deine Handgelenke..“

Die nächsten Worte brachte er zischend raus.

„Weiß Gott, Subaru, wie konntest du nur so blöd sein?“ Noch nie hatte er Aoi so wütend erlebt. „Zum Glück hast du Trottel dir die Pulsadern falsch aufgeschnitten!“

Er machte eine Pause. „Es sind nur Narben übrig geblieben!“
 

Über diese Ironie musste Subaru, der alles emotionslos mitangehört hatte, lächeln.

Er wollte sterben und stattdessen blieben nur Narben zurück.

Gottverdammte Narben, von denen eh schon unzählige seinen Körper bedeckten.

Er bemerkte, wie sein Bruder sich neben ihm erhob und sich streckte.

„Ich erspar mir Frage nach dem wieso“, erklärte er. „Ich hab den Zettel gelesen!“

Er fuhr sich müde durch sein langes silberweißes Haar.

„Aber ich kann dich nicht verstehen. Diese Zicke, sie... Ich meine, das ist doch kein Grund, sich gleich das Leben zu n-„

Er bemerkte, wie er bei Subaru auf Ignoranz und Abweisung stieß und ließ es sein.

Momentan war er nicht dazu in der Lage, über dieses Thema zu reden.

„Und jetzt?“, fragte der Blondhaarige mit schwacher Stimme. „Wie wird es weitergehen?“

Aoi setzte sich wieder.

„Nachdem du entlassen wirst, gehen wir erst einmal zum Frisör. Deine Matte wächst schneller als ein Sämling in der taufeuchten Erde“, meinte er und musste leicht schmunzeln, als Subaru sich, sofern es ihm die Schläuche, die überall an seinem Körper befestigt waren, ermöglichten, in die Haare griff und sich Erstaunen in seine Gesichtszüge legte.

„Wie... lange?“

„Das ist unwichtig“, meinte Aoi und gähnte.

„Auf jeden Fall wirst du bei mir wohnen. Ich werde öfters arbeiten. Und bevor du jetzt irgendetwas sagst: Schon dich. Diskutieren hat eh keinen Sinn, ich lass mich nicht umstimmen“

Subaru antworte darauf nur mit einem patzigen ‚Tze‘.

Aoi musste lächeln.

„Und schließlich wirst du auf die High School gehen und deinen Schulabschluss machen. Du wirst neue Leute kennen lernen und es gibt da eine Menge süße Mädchen!“

„Ich will nur mein süßes Mädchen!“, war Subarus einzige Antwort darauf und Aoi sah ihn erstaunt an.

Er hatte sich schon auf ein Genörgel ála ‚Wie soll ich das denn schaffen?‘ vorbereitet, aber diese Antwort... machte ihn traurig und wütend zugleich.

Er legte seinem Bruder eine Hand auf den Arm.

„Wir schaffen das, Subaru“, erklärte er.

„Auch ohne sie“

Ob er ohne sie überhaupt leben wollte und konnte, interessierte anscheinend niemanden.

Mit leeren Augen inspizierte der Blondhaarige die Wand, drehte sich wieder auf den Rücken und griff nach seinem Kissen. Er presste es sich fest aufs Gesicht, so als hoffe er, zu ersticken.

„Also“ Aoi ging auf die Tür zu. „Ich hol mir einen Kaffee. Pass bitte auf das Kabel an deinem Kopf auf. Es darf nicht abgehen, das könnte lebensgefährlich sein. Wenn was ist, drück den roten Knopf neben dir...“ Seine Stimme klang gedämpft, weit weg, so, als wäre Subaru in Watte gepackt.

Als die Tür hinter seinem Bruder zufiel, lächelte Subaru schwach.

Er hatte eine Gehirnerschütterung und dennoch konnte er sich sehr gut an sie erinnern.

An ihr Gesicht, ihren Duft, ihre Wärme...

Ach, das hatte doch alles keinen Sinn mehr!

„Gomen ne“, flüsterte er leise. Eine Träne stahl sich aus seinem Auge, lief seine Wange hinab und tropfte auf das Bettzeug.

Dann riss er den Schlauch an seinem Kopf ab.
 

Fin~



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