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Sengoku-Jidai Chronicles - Zeit des Wandels

von

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Netz der Intrigen

Es war längst dunkel, als Yukina sich vom Wald aus auf den Rückweg zum Schloss machte. Seit Sesshoumarus kleiner Sohn der Mittelpunkt des dortigen Lebens war, gab es für alle noch mehr zu tun. Umso entspannter war es, wenn man zwischen all der Arbeit auch mal ein paar Stunden für sich selbst ergattern konnte. Nur hatte Yukina dummerweise die Zeit vollkommen aus den Augen verloren, weshalb es inzwischen dunkel geworden war. Hoffentlich würde es ihr keinen Ärger einbringen, dass sie sich so verkalkuliert hatte.

„Wie ungeschickt von mir... Ich hätte umsichtiger sein sollen!“

Yukina war nicht mehr allzu weit vom Schloss entfernt. Wenn sie Glück hatte, hatte man vielleicht noch gar nicht bemerkt, dass sie noch immer fort war. In der Tat war sie guter Dinge, sich unbemerkt wieder ins Schloss schleichen zu können. Doch gerade, als sie sich dessen sicher war, tauchte direkt vor ihr jemand auf, der ihre Illusion zunichte machte. Vor lauter Schreck hatte Yukina abrupt gestoppt und war nach hinten gefallen.

„Aah! Eh...? Subaru-sama?“

Tatsächlich! Es war Subaru gewesen. Aber was machte er außerhalb des Schlosses?

„Ich wollte dich nicht erschrecken“, entschuldigte er sich. Dann reichte er dem am Boden sitzenden Dämonenmädchen seine Hand und half ihr beim Aufstehen. „Du solltest um diese Zeit nicht allein unterwegs sein, Yukina.“

Nachdem Yukina sich bei ihm bedankt hatte, klopfte sie sich den Dreck von ihrem Kimono.

„Tut mir Leid. Uhm... Aber was macht Ihr hier? Ist etwas vorgefallen?“, fragte sie verunsichert.

„Nein, ich hatte nur bemerkt, dass du nicht im Schloss warst, als wollte ich mal nach dir schauen“, antwortete Subaru ihr, was Yukina doch ziemlich überraschte. Er wollte nach ihr schauen? Abrupt spürte sie, wie sich die Röte auf ihre Wangen legte.

„Ich... Es tut mir leid, wegen der Umstände“, entschuldigte sie sich sogleich und verbeugte sich, auch damit er nicht sehen konnte, wie sie rot geworden war.

Begleitet von einem amüsierten Lächeln beobachtete Subaru Yukina einen Moment lang.

„Nun, aber wo wir beide schon hier draußen sind, wäre dir ein Spaziergang vielleicht genehm?“, schlug er ihr schließlich vor, woraufhin sie wieder aufschaute. Ein Spaziergang? Mit ihm?

„Ich... Aber ich müsste eigentlich zurück ins Schloss“, antwortete sie unsicher, obwohl sie diese Worte direkt bereute. Natürlich wollte sie gerne ein wenig mit ihm spazieren gehen, aber was war mit ihren Aufgaben?

„Mach dir darüber keine Gedanken“, entgegnete Subaru jedoch beruhigend. „Wenn dich jemand darauf ansprechen sollte, lege ich ein gutes Wort für dich ein. Du bekommst schon keinen Ärger. Einverstanden?“

Das wollte er wirklich tun? Yukina war viel zu überrascht, als dass sie sofort etwas darauf erwidern konnte.

„Das... Ich meine... Ja, sehr gerne“, antwortete sie schließlich mit spürbarem Herzklopfen. Sie musste sich endlich beruhigen! Wenn sie weiter so aufgeregt war, bekäme sie heute Abend keinen geraden Satz mehr raus!

Als sie beide nun ein wenig nebeneinander hergingen, wobei Yukina schon aus Gewohnheit leicht hinter Subaru lief, kam sie so langsam wieder zur Ruhe. Allerdings fragte sie sich, warum er ihr so plötzlich vorgeschlagen hatte, mit ihm einen Spaziergang zu machen. Bisher hatten sie beide doch kaum ein Wort miteinander gewechselt. Abgesehen von dem einen Mal, als er sie vor Prinzessin Harumi beschützt hatte.

„Was hat dich eigentlich hierher verschlagen? Noch dazu am Abend?“

Subarus Frage riss Yukina wieder aus ihren Gedanken.

„Eigentlich habe ich nur die Zeit aus den Augen verloren, als ich hier ein wenig spazieren gegangen bin. Ursprünglich wollte ich gar nicht so lange fort bleiben“, gab sie mit einem verlegenen Lächeln zu. Nachdem Subaru sich wieder umgedreht hatte, musterte sie ihn ein wenig genauer. Dabei fiel ihr nun etwas auf. Er trug seine Waffen nicht bei sich. Das war ungewöhnlich, denn normalerweise verließ Subaru nie ohne seinen Bogen das Schloss. Allerdings musste das ja nichts heißen. Schließlich sah es nicht so aus, als befände sich hier irgendwo in der Nähe eine Gefahrenquelle.

Apropos Gefahr... Es hatte doch da vor einer Woche diesen Vorfall gegeben.

„Du siehst besorgt aus“, merkte Subaru nach einer Weile an, als er sich erneut nach hinten zu Yukina umdrehte.

„“Es ist nur... Im Moment ist alles irgendwie so verworren“, erwiderte sie, den Blick nachdenklich gesenkt. „Ich verstehe nicht, warum die Kitsune aus Aoshi-samas Gefolge Sesshoumaru-sama auf einmal herausfordern wollen.“

„So? Tun sie das?“

„Ihr habt es doch gewiss auch mitbekommen, dass sie das kleine Menschenmädchen entführt haben, das Sesshoumaru-sama sehr wichtig zu sein scheint.“

„Und darüber machst du dir Sorgen? Obwohl es nicht deine Angelegenheit ist?“

„Macht Ihr Euch denn keine Gedanken? Es könnte schließlich sein, dass es sogar zu einem Kampf kommen könnte.“

„Es ist einiges vorgefallen. Vielleicht wäre es gar nicht so weit gekommen, wenn Sesshoumaru von Anfang an ein wenig umsichtiger mit allem gewesen wäre.“

Yukina stutzte und blieb stehen. Was war mit Subaru los? Er benahm sich irgendwie seltsam. Seit wann sprach er von Sesshoumaru so vergleichsweise respektlos? Und bisher hatte er ihn auch nie nur mit dessen Namen angeredet.

„Subaru-sama? Was habt Ihr?“, wagte das Dämonenmädchen irgendwann vorsichtig zu fragen. Daraufhin blieb auch Subaru stehen, drehte sich jedoch nicht zu ihr um, als er ihr antwortete: „Sag mir deine ehrliche Meinung. Findest du, dass Sesshoumaru ein guter Herrscher ist?“

„Was?“

Was sollte das auf einmal? Nie hatte Yukina die Autorität ihres Herrn in Frage gestellt. Auch Subaru hatte dies nie getan. Warum sprach er dann auf einmal von solchen Dingen?

„Das ist... Ich möchte dazu nichts sagen, Subaru-sama. Bitte... sprecht nicht so von unserem Herrn“, bat Yukina, allerdings vernahm man deutlich die Unsicherheit in ihrer Stimme. Ungewollt wich sie einen Schritt zurück, als Subaru sich letztlich doch zu ihr umdrehte.

„Was ist los? Hast du Angst?“, fragte er prüfend, als er sich ihr langsam näherte. „Fürchtest du dich etwa vor mir? Dazu hast du doch gar keinen Grund.“

Mittlerweile war sich Yukina dessen aber gar nicht mehr so sicher. Dazu dieses Lächeln auf Subarus Gesicht... Es wirkte so... bedrohlich.

Aus einem Impuls heraus versuchte Yukina wegzulaufen, doch spürte sie plötzlich einen starken Griff um ihr Handgelenk und wurde mit dem Rücken gegen einen Baum gedrückt. Ein erschrockener Schrei entwich ihr, ehe sie verängstigt in Subarus Gesicht schaute.

„Versuchst du, vor mir davonzulaufen? Das ist aber nicht nett. Nachdem du so offensichtlich Interesse an mir gezeigt hast.“

Yukina erstarrte, als sie das hörte. Woher wusste er das? Hatte Miyuki ihm etwas erzählt? Nein, bestimmt nicht. Miyuki würde so etwas nie tun!

Als Subaru seine Hand an ihr Kinn legte, hielt Yukina den Atem an. Was hatte er vor? Doch nicht etwa...?

Vollkommen verunsichert wagte sie es nicht, sich ihm zu entziehen. Zumal... Hatte sie sich insgeheim nicht immer gewünscht, dass er ihr diese Form der Aufmerksamkeit schenkte? Dass er sie überhaupt irgendwie wahrnahm? Aber... sie hatte kein gutes Gefühl dabei. Im Gegenteil, sie fühlte sich... unwohl; als wäre sie ihm schutzlos ausgeliefert.

„Nein, bitte...“, flehte Yukina leise und mit zitternder Stimme. Wieso...? Wieso tat Subaru das?

Plötzlich hörte man ein Zischen und und im selben Moment schoss ein Pfeil direkt zwischen ihnen beiden vorbei. Subaru ließ von Yukina ab und brachte sich mit einem Satz nach hinten aus der Schusslinie. Vor lauter Schreck hatte Yukina kurz aufgeschrien, doch hatte sie genau gesehen, was da eben vorbeigeflogen war. Ein Pfeil? Aber wer...?

„Yukina!“

Das Dämonenmädchen schaute auf und war mehr als verwirrt. Was? Da stand... Subaru!? Aber er war doch...! Ja, er stand doch da vor ihr! Zwei Mal?!

„Subaru-sama...?“

„Bist du verletzt?“

Yukina schüttelte noch leicht verwirrt den Kopf. Inzwischen war Subaru zu ihr geeilt, doch ehe er sich seinem falschen Ebenbild widmete, zog er sie schützend hinter sich.

„Du hast ja vielleicht Nerven, dich ausgerechnet in meiner Gestalt an das Mädchen heranzumachen! Zeig mir dein wahres Gesicht!“

Verwirrt wechselte Yukinas Blick von einer Person zur anderen. Dann musste dieser andere Youkai ein Betrüger sein! Das würde zumindest einiges erklären. Subaru würde doch nie solche Dinge tun oder gar daran denken!

Subarus Gegenüber musterte die beiden vor sich eingehend.

„Hm! Wie unglücklich... Dass du so schnell hier auftauchen würdest...“

Seine Gestalt verschwand in einem Wirbel aus blauem Feuer. Und nachdem sich dieses wieder gelegt hatte, offenbarte es seine wahre Gestalt.

„Der oberste General der Füchse!?“, erkannte Yukina erschrocken. Kein Zweifel, es war Kuro! Seine eiskalte Ruhe beibehaltend, setzte dieser ein heimtückisches Lächeln auf.

„Ich bin neugierig. Wieso bist du so schnell hier aufgetaucht?“, fragte er Subaru.

„Darauf könntest du auch selbst kommen“, antwortete dieser kühl, während er seinen Bogen und einen neu aufgelegten Pfeil einsatzbereit hielt. „Es ist schon ziemlich ungewöhnlich, den eigenen Geruch unweit seines eigentlichen Standorts zu bemerken. Vielleicht solltest du diejenigen, die du nachahmst, im Vorfeld aus dem Weg räumen, dann passiert dir so ein Missgeschick nicht mehr.“

„Hm! Gute Idee! Warum fange ich dann nicht gleich bei dir an? Wo du schon den Helden spielen musstest, um die holde Jungfrau aus den Klauen des Bösewichts zu befreien.“

Als Kuro unvermittelt mit einem blauen Feuerwirbel angriff, konterte Subaru die Attacke, indem er einen Pfeil genau in den Wirbel hinein schoss. Die dämonische Energie des Pfeils prallte mit der Kraft des Feuers aufeinander, woraufhin sich beide Angriffe gegenseitig in einem grellen Blitz neutralisierten.

Yukina war vor Schreck in Deckung gegangen und wagte gar nicht, sich von der Stelle zu rühren. Wie hatte sie sich nur in diese brenzlige Situation bringen können?

„Wenn ich etwas hasse, dann sind es ungehorsame Hunde!“, meinte Kuro abfällig.

Subaru versuchte, die Lage genauer zu erfassen. Mit Yukina in so unmittelbarer Nähe konnte er unmöglich mit voller Kraft kämpfen! Die Gefahr, dass sie dabei verletzt werden konnte, war zu groß. Das Klügste wäre, wenn sie beide sich so schnell wie möglich zum Schloss zurückzogen. Ob noch andere Füchse in der Nähe waren? Im Moment konnte Subaru nichts dergleichen wahrnehmen.

„Yukina! Steh auf!“, forderte er das Mädchen auf, welches seiner Aufforderung sofort nachkam, auch wenn ihre Knie noch zitterten.

Kuro ahnte, was die beiden vorhatten.

„Ihr habt doch nicht etwa vor, zu verschwinden?“, fragte er. O nein! So einfach würde er die beiden nicht davonkommen lassen! Deshalb griff er Subaru nun ganz direkt an. Dieser schaffte es gerade so, Yukina zur Seite zu stoßen, bevor Kuro ihn am Hals packte und nach hinten zu Boden warf. Als der General mit den Klauen seiner rechten Hand zustoßen wollte, packte Subaru diese und hielt ihn so auf. Verdammt! Dieser Kitsune hatte ziemlich viel Kraft... Trotzdem schaffte Subaru es irgendwie, den Kerl von sich wegzustoßen und selbst wieder auf die Beine zu kommen. Doch Kuro attackierte ihn direkt mit einem Feuerangriff, welchem Subaru gerade noch so hatte ausweichen können.

Kuro war nicht umsonst Aoshis oberster General. Subaru hatte spürbar Mühe, sich gegen die Angriffe seines Widersachers wirksam zur Wehr zu setzen. Dieser verfluchte Fuchs schöpfte alles mögliche aus seiner Magie und erschwerte dem Inu-Youkai den Kampf umso mehr. Trotzdem schien es nicht so, als wollte Kuro Subaru töten. Zumindest nicht allzu schnell... Er spielte mit ihm und scheuchte ihn wie ein Kaninchen hin und her, ohne ihm selbst die Möglichkeit eines wirkungsvollen Gegenangriffs zu bieten.

Yukina, welche sich hinter einem Baum in Deckung begeben hatte, wagte kaum, sich von der Stelle zu rühren. Aber vielleicht konnte sie es schaffen, Hilfe zu holen? Dieser General hatte im Augenblick genug mit Subaru zu tun und schien sie selbst gar nicht mehr wahrzunehmen. Das wäre die ideale Chance, auch wenn Yukina nicht gern weglief. Aber das war das Einzige, was sie jetzt tun konnte, um Subaru zu helfen!

Aus dem Augenwinkel bekam Subaru mit, was Yukina offenbar vor hatte. Gut, vielleicht konnte sie tatsächlich unbemerkt entkommen und im Schloss Alarm schlagen. Er selbst müsste nur Kuro weiter beschäftigen.

Yukina wollte sich beeilen und rannte los. Doch sie war kaum zehn Meter weit gekommen, da erhob sich direkt vor ihr aus dem Boden auf einmal eine Wand aus Feuer. Begleitet von einem erschrockenen Schrei stoppte Yukina. Nein! Das konnte doch nicht wahr sein!?

„Wie unhöflich, einfach gehen zu wollen, ohne sich zu verabschieden“, meinte Kuro mit eiskalter Stimme. „So einfach wird das nicht, meine Kleine. Oder möchtest du deinen teuren Freund hier ganz allein lassen?“

Verängstigt blickte Yukina zurück. Der General hatte sich in ihre Richtung umgedreht und allein der Ausdruck in seinen Augen machte ihr eine unsagbare Angst.

„Halte sie gefälligst da raus!“, knurrte Subaru Kuro an und wollte ihn angreifen. Dieser jedoch packte ihn an am linken Arm und das nächste, was Subaru spürte, war das Gefühl einen bis dahin noch nicht gekannten Schmerzes.

Gewaltsam stieß Kuro ihn von sich fort. Subaru wollte sich aufrappeln, doch konnte er sich kaum auf seinen linken Arm abstützen. War er... gebrochen? Subaru konnte seinen Arm noch bewegen, aber er wusste, dass der Oberarmknochen der Länge nach zumindest angebrochen sein musste. Und würde er seinen Arm weiter belasten, würde dieser garantiert endgültig nachgeben und brechen.

„Vielleicht hättest du dich doch besser raushalten sollen“, meinte Kuro herablassend. „Es ist nicht gerade schlau, sich wegen einem kleinen Dienstmädchen mit einem überlegenen Gegner anzulegen. Allerdings sieht es nicht so aus, als wolltest du aufgeben. Hm! Wie pathetisch...“

Die Gestalt des Generals verschwand kurzzeitig in einem Feuerwirbel, nur um einen Augenaufschlag später direkt hinter Yukina wieder aufzutauchen. Grob packte Kuro das Mädchen, welches voller Angst aufschrie.

„Yukina!“

Subaru zwang sich wieder auf die Beine und wollte einen Pfeil auf seinen Bogen spannen. Doch er hielt inne... Unmöglich! Mit dem verletzten Arm, konnte er seinen Bogen nicht ruhig halten. Er würde Yukina verletzten, sollte er dennoch versuchen, einen Pfeil auf Kuro abzuschießen, wenn er dies überhaupt schaffen würde. Aber... was sollte er dann tun?

Zu Kuros Überraschung verhielt sich Subaru plötzlich merkwürdig ruhig. Er hatte seine Augen geschlossen und stand regungslos da. Wollte er etwa tatsächlich aufgeben?

Als Subaru wenig später seine Augen wieder öffnete, spiegelten diese seine kühle Entschlossenheit wider. Er hatte nur diese eine Chance. Wenn er die vermasselte...

Mit ruhiger Hand legte Subaru einen Pfeil auf die Sehne seines Bogen, welchen er nach wie vor in seiner linken Hand hielt. Langsam erhob er seine vorbereitete Waffe, den Blick zielgenau auf Kuro und Yukina gerichtet. Bereits jetzt spürte Subaru, wie sein linker Arm nachzugeben drohte, doch er musste seinen Bogen unter allen Umständen ruhig halten! Den Schmerz ausblendend und ohne eine Miene zu verziehen, hatte er sein Ziel ins Auge gefasst.

Subarus Entschlossenheit bemerkend, ruhte Kuros prüfender Blick aus seinem Gegner. Das würde er nicht wagen!

Mit einer Mischung aus Unsicherheit und Angst beobachtete auch Yukina Subarus Handeln. Wollte er.... wirklich schießen?

>Subaru-sama...<

Als Subaru die Bogensehne noch etwas mehr spannte und kurz darauf seinen Pfeil abschoss, weiteten sich Yukinas Augen vor Schreck. Jeden Moment damit rechnend, von dem herannahenden Pfeil getroffen zu werden, war sie unfähig, den Blick abzuwenden. Da spürte sie einen Ruck und wie sie kurz darauf zu Boden fiel. Und... vernahm den Geruch von Blut...

Fassungslos blickte Kuro auf den Pfeil, welcher unterhalb seiner Brust rechts in seinem Körper steckte. Unfassbar! Trotz seiner Verletzung hatte Subaru es geschafft, den Pfeil so ruhig und zielgenau abzuschießen, dass er diesen kleinen von Yukina ungedeckten Bereich des Körpers seines Gegners hatte treffen können. Kuro hatte das Mädchen daraufhin augenblicklich losgelassen.

„Yukina! Komm hierher!“, rief Subaru ihr zu, doch hatte die Aktion eben ihn sowohl viel Kraft als auch Konzentration gekostet. Sich seinen verletzten Arm haltend, sank Subaru auf die Knie. Yukina, welche in der Tat unverletzt geblieben war, eilte sofort zu ihm.

„Subaru-sama!“

Er hatte sie beschützt... Obwohl es einfacher für ihn gewesen wäre, ohne Rücksicht auf sie gegen den General zu kämpfen...

Subaru war sich dessen bewusst, dass es jetzt noch gefährlicher werden würde. Deshalb richtete er erneut das Wort an Yukina, behielt dabei aber weiterhin den General im Auge: „Yukina, lauf weg! Los, verschwinde von hier! Beeil dich!“

„Aber...“

„Jetzt mach schon!“

Sie musste von hier weg! So lange Kuro noch von dem Angriff eben benommen war, war die Gelegenheit günstig! Doch Yukina konnte und wollte nicht einfach feige davon laufen! Nicht nach dem, was Subaru für sie getan hatte. Ihn hier einfach zurücklassen, ohne zu wissen, was aus ihm werden würde? Das konnte sie nicht tun!

„Ihr... Ich lass mich doch nicht von zwei Kötern vorführen!“, konnte man Kuro bedrohlich knurren hören. Er zog den Pfeil aus seiner noch blutenden Wunde und wandte sich wieder den beiden Inu-Youkai zu. „Dann fahrt ihr eben gemeinsam zur Hölle! Ihr habt es nicht anders gewollt!“

Mit diesen Worten schickte er den beiden Inu-Youkai eine kraftvolle Feuerattacke entgegen, deren Hitze selbst von Subarus und Yukinas momentanen Standort deutlich zu spüren war. Der Angriff kam zu schnell! Sie konnten unmöglich noch ausweichen!

Ein greller Lichtstrahl prallte plötzlich mit dem feindlichen Angriff aufeinander und löste ihn auf. Als Subaru und Yukina es wagten, ihre Blicke wieder zu heben, hatte sich jemand schützend vor sie gestellt.

„Sesshoumaru-sama!“, erkannte Subaru seinen Herrn sofort. Und in seiner Hand hielt dieser sein Schwert Bakusaiga.

„Abschaum... Du wagst es, hier aufzutauchen und meine Gefolgsleute anzugreifen?“, fragte Sesshoumaru Kuro mit eiskalter Stimme. Aoshis oberster General schenkte seinem Gegenüber aber nur einen herablassenden Blick.

„Sesshoumaru... Welch unerwartete Ehre. Wer hätte gedacht, dass du uns auch noch beehren würdest?“, fragte er abfällig und ohne einen Funken Respekt. Allein am Tonfall seiner Stimme schien man jedoch herauszuhören, dass er schon damit gerechnet hatte, dass Sesshoumaru hier früher oder später erscheinen würde.

Zwar war Sesshoumaru gewiss nicht zum Plaudern hergekommen, doch nutzte er den Augenblick, um Kuro trotzdem etwas zu fragen: „Geschieht das alles hier auf Anweisung von Aoshi?“

„Ich wüsste nicht, was dich das angehen sollte. Und überhaupt, solltest du dir nicht lieber Gedanken um etwas anderes machen? Du solltest dich lieber beeilen. Sonst könnte es böse enden...“

Diese Andeutung und dazu dieses selbstsichere Lächeln auf Kuros Gesicht... Sesshoumaru hatte so eine Vorahnung. Und als ob sich diese prompt bestätigen sollte, verblasste die Erscheinung des Generals mit einem Mal und war wenig später einfach fort.

„Er ist verschwunden!?“ Verwirrt blickte sich Yukina um. Wie ein Geist... Was hatte das zu bedeuten?

Subaru zwang sich indes wieder auf die Beine. Das konnte es unmöglich schon gewesen sein! Dieser Ansicht war auch Sesshoumaru. Kuro hatte das hier nicht ohne Grund abgezogen. Das hier war...

„Ein Ablenkungsmanöver!“
 

Zu der Zeit, als Sesshoumaru aufgebrochen war, um nach dem Rechten zu sehen, hatten die von Kuro angeführten Kitsune die Gelegenheit genutzt und sich den Inu-Youkai gezeigt. Jetzt belagerten sie das Schloss.

Das Erscheinen der Füchse war so plötzlich gekommen, dass Ashitaka keinen schützenden Bannkreis mehr hatte errichten können. Doch zumindest hatte es noch keiner von ihnen ins Innere des Schlosses geschafft.

Nach wie vor befand sich Ashitaka bei Kimie, nachdem Sesshoumaru Kuros Gegenwart gespürt hatte und losgezogen war, um diesen zu stellen. Auf dem Hof hatten sich bereits die Krieger versammelt, um den Füchsen Einhalt zu gebieten.

„Sie dürfen nicht näher an das Schloss heran!“ Ashitaka zog Kimie in den Schlafbereich, wo Katô lag, nach wie vor im Beisein von Inuki. „Ich gehe zu den anderen nach draußen. Du bleibst mit dem Kleinen zusammen hier! Hast du mich verstanden, Kimie-chan?“

Kimie tat wie ihr geheißen, denn sie konnte und wollte Katô nicht allein hier zurücklassen. Ashitaka machte sich indes auf dem Weg.

Von dem Aufruhr draußen alarmiert, nahm Inuki seine Dämonengestalt an und ließ ein bedrohliches Knurren verlauten. Beruhigend strich Kimie ihrem Hund über den Kopf. Es würde zu einem Kampf kommen, das wusste sie. Jetzt schien es unausweichlich...
 

Nicht nur die Inu-Youkai, auch Inu Yasha, Kagome und Miroku waren direkt nach dem Eintreffen der Füchse nach draußen geeilt. Kirara verwandelte sich in ihre größere Form und fauchte die Eindringlinge mahnend an, während Kagome schon mal Pfeil und Bogen bereit hielt. Die Kitsune waren nicht zum Plaudern hergekommen, das stand fest. Sie waren hier, um zu kämpfen.

„Pass auf, Kagome!“, warnte Inu Yasha die junge Miko. „Diese Füchse sind gefährlich. Bleib wachsam und lass sie nicht aus den Augen!“

„Werde ich nicht, Inu Yasha! Keine Sorge!“

Sorgen machte sich Kagome hingegen wegen Kimie. Hoffentlich ging es ihr gut...

„Keine langen Verzögerungen! Ich mach die platt und gut ist's!“

Inu Yasha wollte gerade angreifen und erhob sein Schwert, doch seine Aktion wurde von einem zischend herannahenden Pfeil unterbrochen, der gegen die Klinge Tessaigas prallte. Erzürnt wandte der Hanyou seinen Blick in jene Richtung, aus der der Pfeil gekommen war... und erstarrte.

„Was zum...?!“

Auf der Schlossmauer... Das war... Kikyou!? Nein, unmöglich! Kikyou war tot! Schon lange! Inu Yasha hatte sie selbst in seinen Armen gehalten, als sie gestorben war! Aber... selbst die Aura und der Geruch... Alles war genau wie bei Kikyou!? Ihr Duft... Es war nicht der Geruch nach Graberde. Nein, es war genau wie damals vor langer Zeit...

Damit allerdings nicht genug. Denn in ihrer Hand hielt Kikyou einen Bogen, auf dessen Sehne sie bereits einen weiteren Pfeil gespannt hatte. Und diesen Pfeil schoss sie direkt auf Inu Yasha ab.

Entsetzt schrie Kagome auf: „Inu Yasha!“

Im ersten Moment war der Hanyou wie paralysiert. Diese Szene... Schlagartig kamen ihm die Erinnerungen an die junge Miko wieder hoch, als sie ihn vor über fünfzig Jahren mit ihrem Pfeil an den Heiligen Baum gebannt hatte. Nur knapp wich Inu Yasha dem herannahenden Geschoss aus, welches seine linke Wange noch streifte und auf dieser einen blutigen Schnitt hinterließ. Und obwohl er genau wusste, dass das vor ihm nicht Kikyou sein konnte, brachte er es nicht fertig, seinerseits einen Angriff zu starten.

„Inu Yasha...“

Diese Stimme... Der selbe ruhige Klang wie bei Kikyou... Niemals in seinem Leben würde Inu Yasha diese Stimme je vergessen.

„Warum bist du nicht mit mir gekommen? Warum hast du mich im Tod allein gelassen?“

„Ich...“

Ohne, dass er es selbst wirklich mitbekam, ließ Inu Yasha sein Schwert sinken. Hatte er das getan? Hatte er Kikyou im Stich gelassen? Er erinnerte sich... Damals, kurz nach ihrem Tod, hatte sie ihn in dieser Vision dazu aufgefordert, ihm zu folgen. Doch er hatte es nicht getan... Er war nicht dazu gekommen. Aber... er hatte ihr folgen wollen. Und war es nicht auch das gewesen, was er ihr eigentlich versprochen hatte? Bei ihr zu bleiben und mit ihr überall hinzugehen und sei es in den Tod?

„Ki... Kikyou...“

„Inu Yasha! Hör da nicht hin!“, rief Kagome, als sie ihn energisch am Arm ergriff. „Das ist nicht Kikyou! Das ist nur eine Illusion!“

So musste es sein! Das war alles nur ein Trick von diesen Füchsen! Natürlich, denn diese machten keinerlei Anstalten, Kikyou anzugreifen! Aber was war mit Inu Yasha? Er war auf einmal wie gelähmt!

„Inu Yasha! Inu Yasha!!“

„Komm...“

Kagome blickte zurück zu der falschen Kikyou. Ihre Augen... Sie glühten in diesem unwirklichen Schein und sie hatte ihre Hand in Inu Yashas Richtung ausgestreckt. Und er schien ihr wirklich folgen zu wollen, als stünde er unter einem Bann. Kagomes Rufe schien er längst nicht mehr wahrzunehmen.

Inu Yasha hatte kaum einen Schritt getan, als plötzlich Sesshoumaru über die Mauer sprang und mit gezogenem Schwert die falsche Miko angriff. Diese wich der Attacke knapp, aber scheinbar mühelos aus.

„Inu Yasha! Reiß dich gefälligst zusammen!“, knurrte Sesshoumaru seinen Halbbruder an, welcher in diesem Moment wieder Herr seiner Sinne wurde. Aber auch die falsche Kikyou legte nun nach Sesshoumarus Einmischung ihre Maske ab und offenbarte sich als Kuro.

„Schade, dabei wurde es gerade interessant. Aber ich habe mich schon gefragt, wann du hier wieder auftauchen würdest, Sesshoumaru.“

Sesshoumarus Miene verfinsterte sich bei seinem Anblick. Dieser verdammte Kerl hatte wirklich einige Tricks drauf. Das würde nicht leicht werden. Aber auf keinen Fall würde Sesshoumaru klein beigeben!

„Inu Yasha, ist alles in Ordnung?“, fragte Kagome besorgt. Inu Yasha nickte zwar, hielt sich aber für einen Moment den Kopf. Ein leichtes Schwindelgefühl hatte ihn überkommen, aber es verebbte allmählich. Eine Täuschung... Er hatte es gewusst, hatte aber trotzdem nichts dagegen tun können. Und noch immer vernahm er dieses schwere Gefühl in seiner Brust.

Mit einem abwertenden Blick ruhte Sesshoumarus Augenmerk nach wie vor auf Kuro.

„Kannst du nur gegen andere im Kampf bestehen, indem du dich hinter einer fremden Gestalt verbirgst? Wenn alle Mitglieder deines Clans so kämpfen wie du, scheine ich euch bisher reichlich überschätzt zu haben.“

Von dieser Provokation scheinbar gänzlich unbeeindruckt machte Kuro eine weit schweifende Handbewegung.

„Kenne die Ängste deines Gegners, dann hast du ihn in der Hand. Mit den richtigen Mitteln lässt sich jeder von euch lesen wie ein offenes Buch.“

Miroku horchte auf.

„Das klingt so, als hätten die Kitsune alle hier Anwesenden ausspioniert.“

„Vielleicht haben sie schon während ihres Aufenthaltes hier unsere Gedanken ergründet, ohne das wir etwas davon bemerkt haben“, fügte Kagome hinzu. Die Möglichkeit bestand offenbar durchaus. Und jetzt spielten sie dieses Wissen gegen ihre Gegner aus...

„Ich frage mich, wie ihr euch schlagt, wenn ihr gegen euch selbst oder eure Freunde kämpfen müsst“, sprach Kuro weiter und gab seinen Leuten ein Zeichen.

Verunsicherung machte sich breit, als die Füchse ihre Gestalt veränderten und einfach in die Rollen ihrer Gegner schlüpften. Kuro selbst nahm vollkommen unverfroren gar die Gestalt von Sesshoumaru an. Aber nicht nur ihre äußere Erscheinung war eine perfekte Kopie, selbst die Aura und der Geruch... Es war unmöglich, die falschen Inu-Youkai von den echten zu unterscheiden.

„Nein! Das... Wie sollen wir so kämpfen?“, fragte Kagome verwirrt. Hätte es jeweils nur einen Doppelgänger gegeben, wäre die Sache vielleicht noch einfach gewesen, aber so... Von den meisten gab es sogar drei oder mehr Versionen einer einzigen Personen. Sobald der Kampf richtig entbrannt wäre, wäre es unmöglich, die Feinde noch von den Verbündeten zu unterscheiden.

Aus diesem Grund hielt Sesshoumaru seine Leute auch noch zurück. Auf keinen Fall durften sie sich kopflos ins Gefecht stürzen. Im allgemeinen Chaos konnte man allzu leicht den Überblick verlieren, und am Ende kämpften gar seine eigenen Leute unbewusst gegeneinander. Und besonders in dieser Situation wäre das fatal gewesen... Wie er das hasste! Sich von seinem Gegner vorführen zu lassen...
 

Vom Fenster aus beobachtete Kimie das Geschehen auf dem Hof. Bisher hatte sie alles mitbekommen und je länger diese Sache andauerte, umso unruhiger wurde sie. Besorgt schaute sie zu Katô zurück. Der Kleine schlief noch immer. Hoffentlich blieb das auch so...

Inuki schaute seine Herrin aufmerksam an, als erwartete er, dass sie ihm die Anweisung erteilte, sich gemeinsam in den Kampf einzumischen. Aber sollte sie das tun? Sollte sie ihren kleinen Sohn hier zurücklassen und sich dem Kampf gegen die Füchse anschließen?

Kimie zögerte. Kagome, Inu Yasha, Miroku und Kirara waren auch dort unten. Der Gedanke, dass sie selbst sich in der Zwischenzeit hier versteckte und einfach nur abwartete, behagte ihr nicht. Als sie draußen einen Knall hörte, schreckte sie hoch. Die Kitsune griffen offenbar an.

Kimie ballte ihre Hand zur Faust, ehe sie sich schließlich zum Schrank begab. Als erstes zog sie sich um. Doch legte sie nicht etwa einen anderen Kimono an, sondern ihre neuzeitliche Kleidung. Und das tat sie aus einem bestimmten Grund. Schlussendlich öffnete sie die Tür des Schrankes, in welchem sie ihr Schwert aufbewahrte.

>Ich habe so lange nicht mehr gekämpft... Seit Naraku besiegt ist, hatte ich dazu auch keinen Grund mehr. Und eigentlich hatte ich gehofft, es würde so bleiben. Aber jetzt...<

Kimie holte ihre Waffe heraus und befestigte diese an ihrem Gürtel. Irgendwo hier im Schloss mussten sich noch Wächter aufhalten. Diese wollte sie bitten, auf Katô zu achten. Sie selbst wollte nun endlich auch aktiv werden!

Bevor sie den Raum verließ, kniete sich Kimie an Katôs Seite nieder und strich ihm behutsam über den Kopf.

„Tut mir Leid, mein Kleiner, aber ich muss etwas tun. Keine Angst, dir wird nichts passieren. Ich bin bald wieder da.“

Kimie rief Inuki an ihre Seite und trat hinauf auf den Flur. Zuerst musste sie jemanden finden, der an Katôs Seite blieb. Zu ihrem Glück hielt sich auf dem nachfolgenden Gang ein Wächter der Inu-Youkai auf. Diesen schnappte sie sich sofort und bat ihn, auf Katô aufzupassen. Der Wächter verneigte sich vor ihr.

„Selbstverständlich, Herrin.“

Beruhigt lief Kimie anschließend zusammen mit Inuki weiter. Sich noch im oberen Bereich des Schlosses aufhaltend, öffnete Kimie eine der Türen, die nach draußen führten. Dort stellte sie sich auf die Veranda und erfasste noch mal die aktuelle Lage. Die Atmosphäre war zum Zerreißen gespannt. Diese Füchse, allen voran Kuro, schienen nur darauf zu warten, dass die Inu-Youkai auf die Provokationen ihrer Feinde reagierten und das Chaos ausbrach.

Kimie dachte nur kurz nach, dann erhob sie ihr Schwert ließ ein Raigeki auf dem Hof einschlagen, mitten zwischen die verfeindeten Parteien. Dieser Umstand führte dazu, dass für einen Augenblick sämtliche Aufmerksamkeit auf sie gerichtet war. Genau das hatte Kimie aber auch beabsichtigt, denn sie hatte etwas zu sagen: „Das versteht ihr also unter einem Kampf? Euch hinter Masken zu verstecken und mit fiesen Tricks zu arbeiten?“

„Hm! Ziemlich gewagte Worte“, entgegnete Kuro und gab sich absichtlich unwissend. „Du unterstellst uns also fiese Tricks? Erleuchte mich! Was meinst du damit?“

Er wollte sie provozieren... Dessen war sich Kimie bewusst. Und obwohl sie spürte, wie die Wut in ihr aufstieg, riss sie sich zusammen. Stattdessen deutete sie mit der Klinge ihres Schwertes auf die Füchse.

„Ich habe keinen Schimmer, was eure wahren Motive sind und offen gestanden, sind sie mir auch egal. Spätestens seit wir erfahren haben, dass ihr Rin in eure Gewalt gebracht habt. Nur Feiglinge verstecken sich hinter hilflosen Kindern, um sie für eigene Zwecke zu nutzen! Wenn ihr unbedingt kämpfen wollt, dann soll es so sein! Aber glaubt nicht, dass ihr mit euren linken Nummern durchkommen werdet!“

„Vorlautes Weib! Dann nehmen wir dich als Erste auseinander!“, entgegnete einer der Füchse erzürnt und mit gezogenem Schwert. Ohne zu zögern, sprang er direkt auf Kimie, welche jedoch keine Anstalten machte, sich in Sicherheit zu bringen.

„Komm nur her!“, rief sie ihm stattdessen entgegen und sorgte für ihre nachfolgende Handlung für fassungslose Gesichter. Was machte sie da? Sie stieg mit einem Fuß auf das Geländer, stieß sich von diesem ab und sprang diesem Youkai geradewegs entgegen!?

„Hä? Spinnt die?!“, rief Inu Yasha erschrocken aus. Dachte Kimie auf einmal, sie könnte fliegen oder was bezweckte sie mit dieser bescheuerten und halsbrecherischen Aktion? Das konnte doch niemals gutgehen!

Blitze zuckten aus der Klinge von Kimies Schwert, als dieses mit dem Schwert des Youkai zusammentraf. Kimie wusste, dass sie schnell agieren musste, also legte sie ihre ganze Kraft in diesen Angriff und schaffte es tatsächlich ihren Gegner mit einem gezielten Raigeki zu überwältigen. Nachdem sie den Kitsune zur Seite gestoßen hatte, pfiff sie ein Mal laut mit den Fingern, woraufhin augenblicklich Inuki zu ihr sprang und sie so auffing, dass sie wohlbehalten auf seinem Rücken landete. Anschließend kam er sicher wieder auf dem Boden auf.

„Gut gemacht, mein Junge!“, lobte Kimie ihren Hund und stieg von seinem Rücken.

Fassungslose Blicke hatten sich in ihre Richtung umgewandt. Niemand hatte Kimie bisher so kämpfen sehen, nicht mal damals im Kampf gegen die Ryû-Youkai.

„Kimie! Ist alles in Ordnung?“, fragte Kagome, als sie auf ihre Cousine zulief.

„Ja, keine Sorge.“

„Was ist mit Katô? Wo ist er?“

„Es geht ihm gut. Ich habe einen der Wächter darum gebeten, auf ihn aufzupassen.“

Plötzlich hörte man von Kuros Seite ein hinterhältiges, leises Lachen.

„Was ist so lustig?“, fragte Sesshoumaru den General kalt.

„Gar nichts ist lustig. Ich lache nur, weil keiner von euch offenbar gemerkt hat, was wirklich los ist. Sesshoumaru... Bist du wirklich der Meinung, dass es deinem Sohn gut geht?“

Was sollte das? Katô war im Schloss und so lange die Füchse dort nicht hineinkämen, war...

Wie ein Blitz aus heiterem Himmel überkam Kimie ein ungutes Gefühl. Und Inukis warnendes Knurren, als er sich zum Schloss umwandte, schien dieses auch noch zu bestätigen. Aber wieso?

Plötzlich entdeckte Kimie etwas, was ihr regelrecht das Blut in den Adern gefrieren ließ. Der Wächter, den sie vorhin darum gebeten hatte, auf Katô zu achten... Er stand hier mitten unter den anderen Inu-Youkai! Aber... Wer war dann bei Katô? Nein! Das durfte nicht sein!

„Das... kann nicht...“

„Kimie? Kimie, was hast du?“, fragte Kagome ihre Cousine, welche auf einen Schlag leichenblass geworden war, besorgt. Doch Kimie brachte keinen Ton heraus. Katô...
 

In der Zwischenzeit hatte der falsche Wächter seine Tarnung fallen gelassen und seine wahre Gestalt offenbart, während er nun direkt vor dem Weidenkorb stand, in welchem Katô lag. Der Befehl von Kuro war klar und deutlich gewesen: Beseitige Sesshoumarus Erben! Und genau das hatte der Soldat der Füchse vor.

„Armes kleines Ding... Fast schon bedauerlich, dass dein Leben so enden muss, kaum dass es überhaupt begonnen hat.“

Kurz und schmerzlos für das unschuldige Kind. Er wollte es schnell mit dem Schwert töten.

Ahnungslos lag Katô schlafend da, über seinem Kopf blitzte die feindliche Klinge auf. Gleich wäre es vollbracht...

„Wage es nicht!“

Angesichts dieser plötzlichen und überraschenden Störung wandte sich der weiße Kitsune um. Und im ersten Moment staunte er nicht schlecht, als er Sesshoumarus Diener Jaken in der geöffneten Tür stehen sah.

„Wenn du den Sohn, meines ehrenwerten Herrn und Meisters auch nur anrührst, wirst du es bereuen! Ich werde dich nicht gewähren lassen!“, drohte der Krötendämon seinem Feind, den Kopfstab dabei demonstrativ erhoben. Und um seinen Worten sogleich Taten folgen zu lassen, griff Jaken den Youkai mit einer starken Feuerattacke an. Der Kitsune wich aus, wobei er sich von Katô entfernte. Eiligst war Jaken daraufhin zu dem Weidenkörbchen gesprungen.

„Hm! Nicht schlecht für Sesshoumaru-samas mickrige Hauskröte“, meinte der Kitsune, wenngleich dieser amüsierte Unterton in seiner Stimme mitschwang. Klar, er nahm Jaken nicht für voll. Jedoch ließ dieser sich davon nicht beirren. Allerdings stellte sich ihm die Frage, ob er diesem Gegner auf die Dauer würde die Stirn bieten können? Zudem konnte der Krötendämon hier nicht vollkommen wahllos mit seinen Feuerangriffen herumhantieren, ansonsten bestand die Gefahr, dass Katô dabei verletzt werden könnte, sah man davon ab, dass die Wände bereits ein wenig bei dem Angriff von eben gelitten hatten, wie die großen schwarzen Rußrückstände es dokumentierten.

Jaken blickte hinter sich, als er Katô leise weinen hörte.

„Jetzt hast du den Kleinen geweckt. Wie rücksichtslos von dir“, meinte der Kitsune herablassend. „Es ist schon schändlich genug, dass manche Eltern offenbar so sorglos sind, dass sie selbst in einer Situation wie dieser ihre Kinder sich selbst überlassen.“

„Ziemlich gewagte Worte“, erklang mit einem Mal eine weitere Stimme. Es war die von Kakeru gewesen, der nun gemeinsam mit zwei weiteren Inu-Youkai den Raum betrat. „Habt ihr Füchse euch das wirklich so einfach vorgestellt? Als ob wir den jungen Erben unseres Herrn so vollkommen schutzlos sich selbst überlassen würden...“

Kakeru wies die beiden Soldaten an, sich um Katô zu kümmern. Er selbst stellte sich dem feindlichen Kitsune mit gezogenem Schwert entgegen. Allerdings war dieser zunächst alles andere als eingeschüchtert.

„Pah! Was will ein blinder Hund schon mit einem Schwert ausrichten können?“

„Wenn du das wissen möchtest, dann finde es heraus“, forderte Kakeru seinen Gegner lächelnd auf. Und genau dieses so selbstsichere Lächeln, mit dem er seinen gegenüber fast schon zu verhöhnen schien, ließ diesen ohne jegliche Vorsicht angreifen. Ein leichter Schritt zu Seite, dann ein gezielter Hieb... und schon hatte Kakeru seinen Widersacher kampfunfähig gemacht.

„Hm... Beruhigend, zu wissen, dass ich es nicht verlernt habe, mein Schwert zu führen“, merkte Kakeru gelassen an, während er sein Schwert in aller Ruhe zurück in dessen ebenholzschwarze Schwertscheide schob.

Nachdem die unmittelbare Gefahr erst mal gebannt war, ließ sich Jaken auf den Fußboden nieder, wobei er schwer, aber erleichtert seufzte.

>Puh! Das war wirklich knapp... Wenn seinem Sohn etwas passiert wäre, hätte Sesshoumaru-sama mich gewiss in tausend Stücke gerissen...<

„Das war nicht schlecht. Gut gemacht!“, meinte Kakeru nun anerkennend an den Krötendämon gerichtet, welcher überrascht seinen Blick zu dem Inu-Youkai erhob.

„Eh...? Ich... tue nur das, was mein ehrwürdiger Meister, Sesshoumaru-sama, von mir erwarten würde“, entgegnete Jaken merklich verunsichert, da er es gar nicht gewohnt gewesen war, Lob zu erhalten. Noch dazu von einem ranghohen Youkai...
 

Was sich kurz zuvor innerhalb der Schlossmauern ereignet hatte, hatte draußen niemand mitbekommen und demzufolge rechneten alle mit dem Schlimmsten.

Kimie fühlte sich wie betäubt und war unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Sesshoumaru hingegen wollte augenblicklich zurück ins Schloss, als er jedoch die niederträchtige Stimme Kuros vernahm: „Zu spät, Sesshoumaru. Inzwischen dürfte sich das mit deinem Sohn erledigt haben. So ein kurzes unschuldiges Leben...“

Kimie fühlte, wie ihre Beine ihren Dienst versagten. Nur, weil Kagome sie noch rechtzeitig stützte, fiel sie nicht gänzlich zu Boden. Nein... Das konnte doch nicht sein...

Sesshoumaru stieß ein wütendes Knurren aus. Dieser Abschaum... Sie hatten es nicht wirklich gewagt, seinem Sohn etwas anzutun!?

„Wie ich sehe, neigt Ihr nach wie vor zu vorschnellen Schlussfolgerungen, General Kuro.“

Kakerus ruhige und zugleich erhabene Stimme ließ die Anwesenden aufschauen. Auf einer der Veranden war der Inu-Youkai hinausgetreten. Am Geländer zog sich Jaken hoch, damit er besser nach unten sehen konnte, und verkündete stolz und voller Selbstsicherheit: „Macht Euch keine Sorgen, Sesshoumaru-sama! Ich, Euer treuer und ergebener Diener, habe alles im Griff und werde Euren Sohn mit all meinen Kräften vor diesen räudigen Füchsen beschützen!“

Kakeru nickte Sesshoumaru beruhigt zu. Dies genügte, um diesem zu signalisieren, dass es Katô gut ging.

Kimie brauchte einen Moment, um zu begreifen, was gerade geschehen war. Katô lebte? Es ging ihm gut? Sie seufzte erleichtert und fühlte die Anspannung wie eine tonnenschwere Last von ihrer Brust abfallen. Ein Glück... Ihrem kleinen Sohn war nichts passiert. Hätte sie vorher geahnt, dass dieser Wächter in Wirklichkeit ein verwandelter Kitsune gewesen war... Wäre Katô aufgrund dessen tatsächlich etwas zugestoßen, hätte sich Kimie das für den Rest ihres Lebens niemals verziehen.

„Kuro!“, sprach Sesshoumaru den obersten General der Füchse schließlich wieder mit eiskalter Stimme an. „Allein für diesen schändlichen Versuch, meinen Sohn zu töten, sollst du einen qualvollen Tod erleiden!“

Und nicht nur dieser... Auch die anderen Füchse sollten ebenso dran glauben müssen! Und selbst, wenn Aoshi nicht hier persönlich anwesend war, so sollte auch er teuer dafür bezahlen!

„Ihr... ihr elenden Feiglinge!“, schimpfte Kimie, welche sich inzwischen weitestgehend von dem Schock erholt hatte, auf einmal voller Zorn in Richtung der Kitsune. „Wenn ihr unbedingt kämpfen wollt, dann haltet euch gefälligst an ebenbürtige Gegner, anstatt euch an wehrlosen Kindern zu vergreifen! Und ihr wollt Männer sein und bezeichnet euch selbst auch noch als Krieger?! Pah! Lächerlich! Das ich nicht lache!“

Diese so offensichtliche Beleidigung verfehlte ihre Wirkung nicht. Welcher Mann, noch dazu ein Soldat oder Krieger, ließ sich gerne als Feigling beschimpfen? Und dann wagte es auch noch eine Menschenfrau so offensiv, Youkai zu beleidigen.

Kimie war das jedoch im Moment ziemlich egal. Die Wut über ihre eigene Sorglosigkeit überwog da fast gegenüber der Wut, die sie für die Füchse empfand. Und dieses Gefühl ließ sie ohne groß nachzudenken ihr Schwert, aus dessen Klinge bereits wieder Blitze zuckten, erheben. Als würde sie von dem Schwert geführt werden, drehte sich Kimie einmal um die eigene Achse und holte aus. Die Blitze, die aus der Schwertklinge kamen, schlossen sich zusammen und formten einen Drachenkopf, der mit aufgerissenem Maul direkt in die Reihen der Gegner einschlug und deren Formation gehörig aufwühlte.

Noch immer von ihrer Wut beherrscht, hatte Kimie offenbar gar nicht so richtig mitbekommen, was sie gerade gemacht hatte. Allerdings spürte auch Kagome diese unsagbare Wut in sich. Es war ja eine Sache, wenn im Kampf Soldaten und Krieger aufeinander losgingen, aber Kinder da mit hineinzuziehen, war das Letzte und einfach nur feige!

Noch neben ihrer Cousine stehend, bemerkte Kagome plötzlich, dass deren Schwert auf einmal eine weitere Reaktion zeigte. Verdutzt blickte Kimie auf die Waffe in ihrer Hand. Ihr Schwert... Es pulsierte!

Kimie erinnerte sich. So etwas war schon mal passiert. Früher, als...
 

* ~ * ~ * ~ * ~ *
 

Saori verstand die Welt nicht mehr. Warum nur hatte ihr Vater Kuro vollkommen freie Hand gelassen und tat nichts gegen dessen scheinbar so willkürlichen Entscheidungen? Und wieso kämpften sie alle auf einmal gegen Sesshoumaru und dessen Leute?

Die Entführung des kleinen Menschenmädchens allein war bereits etwas gewesen, dass die Prinzessin nicht hatte nachvollziehen können. Und jetzt griff Kuro auch noch gemeinsam mit den Kriegern ihres Vaters Sesshoumarus Schloss an. Aber zu welchem Sinn und Zweck?

Saori wollte auf diese Fragen endlich Antworten erhalten. Doch hatte sie ihren Vater bereits seit mehreren Tagen nicht mehr zu Gesicht bekommen. Er hatte sich in seine Privaträume zurückgezogen und verweigerte jeglichen Besuch den Zutritt. Sogar Wachen hatte er vor seinen Türen postiert, die nicht mal Saori bisher den Zugang zu ihrem eigenen Vater hatten gewähren wollen.

Dieses Mal allerdings wollte sich die Prinzessin nicht aufhalten lassen. Entschlossen durchquerte sie die Gänge des Schlosses, bis sie an den Gemächern ihres Vaters ankam. Als die beiden Wächter sie erblickten, kamen sie gar nicht dazu, das Wort zu ergreifen, denn Saori hob mit einer schlichten, aber mehr als deutlichen Geste ihre Hand, welche die Wächter zum Schweigen veranlasste.

„Ich befehle Euch, mir auf der Stelle den Weg freizumachen! Ich möchte zu meinem Vater. Und es ist mir gleich, was er euch angeordnet hat.“

„Saori-sama, wir...“

„Aus dem Weg! Das ist ein Befehl eurer Prinzessin!“

Die Wächter waren unschlüssig. Konnten sie ihrer Prinzessin, der erstgeborenen Tochter ihres Herrn, wirklich den Zutritt verwehren? Andererseits konnte sich Saori ihren Weg auch selbst suchen, denn die Macht dazu hätte sie. Da sie eine solche Situation vermeiden wollten, gaben die Wächter nach und traten von der Tür weg.

Saori nickte ihnen zu und betrat die Räumlichkeiten ihres Vaters, welchen sie vollkommen regungslos unterhalb des Fensters an der Wand sitzen sah.

„Vater! Verzeiht, dass ich mir ohne Euer Einverständnis Zugang zu Euren Privaträumen verschafft habe, aber ich kann nicht länger tatenlos bei dem zusehen, was geschieht! Vater!“

Aoshi jedoch zeigte keinerlei Regung. Nahm er seine Tochter überhaupt nicht wahr? Es wirkte, als wäre sein Geist überhaupt nicht mehr in dieser Welt.

„Vater?“ Saori trat näher an ihn heran. Immer wieder sprach sie mit ihm, erhielt aber weder eine Reaktion noch gar eine Antwort. Der Prinzessin war klar, hier stimmte etwas nicht. Aber was ging hier nur vor? Zudem hatte sie das Gefühl, eine unheilvolle Aura zu spüren, die wie ein dunkler Schatten über den Raum lag.

„Was geht hier vor? Verehrter Vater... Ich bitte Euch...! Wollt Ihr... wirklich nichts unternehmen...?“, sprach Saori Aoshi abermals an. Konnte sie mit ihren Worten vielleicht zu ihm durchdringen? Aber so sehr sie es auch versuchte, es schien aussichtslos...
 

* ~ * ~ * ~ * ~ *
 

Das drohende Herannahen eines mächtigen Sturmes... So hörte es sich an, als dumpfe Klänge - an das Schlagen gewaltiger Schwingen erinnernd - in der Luft widerhallten, bis ein ohrenbetäubendes Brüllen über das Gebiet schallte. Und mitten drin eine Stimme, die rief: "Hafuu Retsuzan!"

Wie eine scharfe Klinge bahnte sich ein kräftiger Windstoß seinen Weg mitten durch die Gruppen der verfeindeten Parteien. Ein donnerndes Geräusch ließ die Anwesenden ihre Blick zum höchsten Punkt des Schlosses aufblicken. Dort auf dem Dach war ein gewaltiges Ungetüm gelandet; ein schwarzer Flugdrache mit gigantischen Schwingen, dessen Silhouette sich vor dem am Nachthimmel stehenden Mond abzeichnete. Und auf seinem Rücken trug er einen Reiter.

„Hm! Kaum ist man ein paar Jahre weg, da schafft ihr Hunde es auch schon, euch neuen Ärger einzuhandeln. Aber dass ausgerechnet du mal einen alten Feind um Hilfe bitten würdest, Sesshoumaru...“

Vom Sattel seines Reittieres aus ließ Akuma seinen Blick schweifen. Das letzte Mal, als er hier gewesen war, hatte es ein ähnliches Szenario gegeben. Nur war die Rollenverteilung eine etwas andere gewesen.

Trotz oder gerade wegen der nun doch recht unerwartet eingetroffenen Hilfe, hielt sich Sesshoumarus Begeisterung darüber, seinen einstigen Feind erneut zu erblicken, merklich in Grenzen.

„Du bist spät dran, Akuma. Wie unzuverlässig“, war daher nur seine ebenso kühle wie trockene Erwiderung. Und Akuma war nicht alleine hergekommen. Auf den Dächern neben ihm ließen sich nun die Flugdrachen von Jin und Yu nieder. Der Rest von Akumas Gefolge zog bedrohliche Kreise am Himmel und beobachtete von dort wie Raubvögel auf der Lauer nach Beute das Geschehen.

In den Reihen der Füchse machte sich Unruhe breit.

„Das sind doch... die Ryû-Youkai!?“

„Ja, aber warum sind die hier? Hatten sie sich nicht längst nach China zurückgezogen?“

Ein Raunen machte die Runde. Was hatte dies zu bedeuten? Was machten die Drachen auf einmal hier und wieso mischten sie sich in das Kampfgeschehen ein?

Indes ließ Akuma seinen Blick aufmerksam schweifen. Füchse... An sich sollte man meinen, das wären keine allzu starken Gegner, doch diese Kitsune hier waren anders. Man spürte die starke magische Begabung, die von ihnen ausging, und gerade war es auf dem ersten Blick nicht möglich, zwischen ihnen und den Inu-Youkai zu differenzieren.

„Ich gehe nicht davon aus, dass dein Gefolge auf einmal die Kunst der Vervielfältigung beherrscht, Sesshoumaru. Oder dass du auf einmal deinen verschollenen Zwillingsbruder gefunden hättest“, merkte Akuma gelassen an, ehe er Yu ein Zeichen gab. „Yu, zerstöre die Illusionen!“

Während er auf dem Rücken seines Flugdrachens verblieb, hob Yu seine geschlossene rechte Hand. Nachdem er diese geöffnet hatte, pustete er mit einem leichten Hauch etwas von seiner Handfläche. Feiner Blütenstaub fiel schimmernd vom Himmel herab, und als die Kitsune mit ihm in Berührung kamen, konnten sie ihre Verwandlungen nicht länger aufrecht erhalten und nahmen ihre wahres Aussehen wieder an. Auch war es ihnen unmöglich, ihre Gestalt abermals zu verändern.

„Ein Gegenzauber!? Dieses verdammte Zeug!“, fluchte Kuro. Dieser elende Blütenstaub haftete hartnäckig an ihm und seinen Leuten.

„Gut, das wäre erledigt. Fangen wir an“, meinte Akuma nun, woraufhin Jins Flugdrache ein bedrohliches Fauchen verlauten ließ und auch Jin selbst brannte auf den Kampf.

„Na, das sieht doch nach Spaß aus. Da können wir uns mal wieder so richtig austoben.“

„Kannst du denn noch immer so kraftvoll zuschlagen wie einst, Jin?“, fragte Yu seinen Kameraden, welcher nun sein Reittier antrieb.

„Probieren wir es aus!“

Im Steilflug schoss Jins Flugdrache wieder in den Himmel empor, Jin selbst ließ sich von dessen Rücken fallen und flog dicht am Schloss entlang Richtung Boden, während er - in einen Feuerwirbel gehüllt - seine Drachengestalt annahm. Kurz vor dem Boden bog der silberfarbene Drache in den waagerechten Flug ein und preschte mitten in die Gruppe der Kitsune. Der kraftvolle Wind seiner Schwingen ließ Unmengen Schnee wie eine weiße Wand aufwirbeln, aus welcher plötzlich ein kraftvoller Feuerstrahl erschien, welchen Jin seinen Gegnern entgegen schickte. Augenblicklich brachten sich die Füchse auf Abstand. Um sich aber offenbar selbst nicht allzu schnell den Spaß zu verderben, legte Jin seine Drachengestalt wieder ab und zog stattdessen sein Schwert, mit welchem er sogleich ausholte und einen grellen Blitz mitten in seine Gegner schickte.

„Tenryû Shinrai!“

Begleitet von einer lauten Explosion ging der kraftvolle Blitz in der Gruppe der Feinde nieder. Ein ordentlicher Kampf, das war genau nach Jins Geschmack.

„Immer übertreiben...“, seufzte Yu leicht, aber so war Jin nun mal. Immer mit dem Kopf durch die Wand, aber zumindest funktionierte es, denn er hielt die Füchse gut in Schach. Die Kitsune waren von dieser unerwarteten Situation noch reichlich überrumpelt und mussten sich erst mal neu formieren.

Nachdem sich die Überraschung über das plötzliche Auftauchen der Ryû-Youkai ein wenig gelegt hatte, suchte Kimie den Himmel ab, an welchem noch die Flugdrachen und die meisten von Akumas Leuten ihre Kreise zogen. Doch konnte sie jemand Bestimmtes nicht unter ihnen entdecken. Takeshi... Wo war er? War er nicht hier? Nein, es sah nicht so aus. Aber wieso? Warum fehlte er?

Akuma gab seinem Flugdrachen den Befehl, hinunter auf den Hof zu fliegen. Das gewaltige Tier glitt scheinbar schwerelos mit ausgebreiteten Schwingen zu Boden und der Youkai stieg aus dem Sattel. Die Gegner zunächst gänzlich ignorierend, richtete er das Wort an Sesshoumaru: „Ich hoffe, wir haben das Beste nicht schon verpasst. Aber besser zu spät als nie, nicht wahr?“

Wie affektiert... Allerdings war Sesshoumaru von diesem Auftritt Akumas alles andere als überrascht. Zudem war im Augenblick nicht der richtige Zeitpunkt, sich darüber aufzuregen.

„Hm! Mach dich lieber nützlich, anstatt zu reden!“, entgegnete Sesshoumaru daher kühl.

„Das habe ich bereits“, meinte Akuma souverän. „Und wenn ich mich nicht täusche, müsste sich schon sehr bald etwas ergeben.“

Etwas ergeben? Was sollte das bedeuten?

„Bis es so weit ist, sollten wir uns vielleicht noch ein wenig um diese Füchse kümmern.“

Akumas Blick schweifte durch die Reihen der feindlichen Youkai, welche ihrerseits einen vorsichtigen Abstand zu den Drachen einhielten. Einer der Kitsune trat an Kuro heran.

„General! Was sollen wir tun? Damit haben wir nicht gerechnet.“

In der Tat. Die Situation hatte sich geändert. Der ursprüngliche Plan war allein schon durch das Auftauchen der Ryû-Youkai fehlgeschlagen. Doch so einfach wollte Kuro nicht aufgeben und sich zurückziehen.

„Verdammte Köter! Euch Hilfe von den Drachen zu holen... Aber das wird euch auch nichts nützen!“, knurrte er erzürnt.

Die Situation mit einem abschätzenden Blick beobachtend, merkte Sesshoumaru wenig später auf. Etwas zeichnete sich in der Ferne am Himmel ab und näherte sich offenbar dem Schloss. Es war ein einzelner Flugdrache. Auch Akuma schaute nun in jene Richtung.

„Ah! Das ging in der Tat schneller, als ich vermutet hätte. Gut, mein Bruder scheint seinen Auftrag demnach erfüllt zu haben.“

Bruder? Das hieß, er meinte...!

Der Flugdrache kam näher und endlich konnte man seinen Reiter sehen.

„Das ist Takeshi!“, erkannte Kimie sofort. Also war er doch hier! Doch war Takeshi nicht allein. Vor ihm im Sattel saß noch jemand.

„Sesshoumaru-sama!“ Freudig sprang Rin von dem Rücken des Flugdrachen, nachdem dieser auf dem Hof gelandet war, und lief auf Sesshoumaru zu, der es anfangs offenbar kaum glauben konnte.

„Rin!“

Sie lebte! Und sie schien unverletzt und wohlauf zu sein. Aber weshalb war sie bei Takeshi gewesen? Sollte das etwa heißen, die Ryû-Youkai hatten sie gerettet?

„Und, Takeshi? Gab es Probleme?“, fragte Akuma seinen Bruder, welcher nun ebenfalls von seinem Reittier stieg, gelassen.

„Nein, alles lief gut. Es war sogar einfacher, als gedacht...“
 

* ~ Rückblick ~ *
 

Voller Angst hatte sich Rin in eine Ecke ihrer Zelle verkrochen, als dieser Kitsune diese betrat und mit bedrohlichen Schritten auf sie zukam.

„Du kommst mit!“

Mit diesen Worten packte er das Mädchen und trug es unter seinem Arm hinaus. Verwundert beobachtete einer der Wächter, was sein Kamerad machte.

„Wo bringst du die Kleine hin?“

„Eine Anweisung des Generals.“

Aoshis Gefolgsmann brachte Rin aus den unterirdischen Gefilden des Kerkers und schließlich hinaus ins Freie.

„Lass mich los! Lass mich gehen!“, rief sie und versuchte sich mit verzweifeltem Strampeln zu befreien. Doch dieser Youkai hielt sie eisern fest. Aber... wo brachte er sie hin? Er verließ mit ihr das Schloss und schlug den Weg in die Wälder ein. Außerdem benahm er sich irgendwie seltsam. Rin fiel auf, dass er die ganze Zeit nur starr nach vorne blickte, ohne sich von irgendetwas ablenken zu lassen. Auch hatte er bisher keinerlei Reaktion auf ihre Befreiungsversuche gezeigt.

Plötzlich und für Rin vollkommen unvermittelt blieb der Kitsune stehen. Als sie zum ihm aufblickte, sah sie ihn sich verwundert umschauen.

„Was...? Wie bin ich hierher...?“ Der Youkai war irritiert. Was machte er hier, noch dazu mit diesem Menschenkind?

„Gut gemacht“, erklang mit einem Mal eine fremde männliche Stimme. Als der Kitsune sich entsprechend umdrehte, konnte er nur kurz einen Blick auf seinen plötzlich wie aus dem Nichts erschienenen Gegenüber erhaschen, als dieser seine rechte Hand erhob und mit dem Zeigefinger seine Stirn berührte.

„Und jetzt... schlafe.“
 

* ~ Rückblick ende ~ *
 

Takeshi hatte Rin mit Hilfe seines Manipulationszaubers befreit, indem er die Kontrolle über einen der Kitsune übernommen und diesen gesteuert hatte. Der Umstand, dass das Mädchen ausgerechnet von den Ryû-Youkai, doch dazu von Akumas jüngerem Bruder gerettet worden war, stieß insbesondere Sesshoumaru mehr als sauer auf.

„Hm! Deine Manipulationen scheinen offenbar genau so wirksam wie einst zu sein. Vielleicht sogar noch besser...“, meinte er daher nur äußerst kühl an Takeshi gerichtet. Nichts desto trotz war er natürlich froh darüber, dass es Rin gut ging. Um sie nicht weiter unnötig zu gefährden, wies er Ashitaka an, sich mit ihr ins Innere des Schlosses zu begeben, bis die Füchse fort wären.

Kuro ballte die Hand zur Faust. Verflucht! Damit hatte er nicht gerechnet. Dass die Inu-Youkai ausgerechnet Unterstützung von den Ryû-Youkai erhielten, mit welchen sie so lange verfeindet gewesen waren...

Kuro gefiel es zwar nicht, aber es schien, als wäre der Kampf zumindest dieses Mal verloren. Doch so einfach wollte er nicht aufgeben... Und auf keinen Fall würde er sang- und klanglos den Rückzug antreten! Deshalb startete er noch einen Angriff und schickte seinen Gegnern einen gewaltigen Feuerwirbel entgegen.

Alarmiert trat Takeshi vor und formte mit der Klinge seines Naginata in einer kreisenden Bewegung einen großen Ring, der augenblicklich Feuer fing.

„Hinotama (Feuerball)!“

Aus dem Zentrum des Ringes schoss ein Feuerball hinaus, der einen langen Flammenschweif hinter sich herzog und wie ein Komet dem feindlichen Angriff entgegenflog. In einer gewaltigen Stichflamme explodierend, prallten Takeshis und Kuros Feuerangriffe aufeinander. Es dauerte ein wenig, ehe sich das Feuer wieder zu legen begann. Nachdem es wieder erloschen war, war von den Füchsen nichts mehr zu sehen.

Takeshi ließ sein Naginata wieder sinken.

„Sie sind geflohen...“

Zumindest fürs Erste. Doch es war bestimmt noch lange nicht vorbei.

Von Jins Seite war ein missmutiges Knurren zu vernehmen.

„Tse! Wie armselig ist das denn? Einfach abzuhauen...“

Er war doch gerade erst warm geworden! Natürlich könnte er jetzt einfach ein paar dieser Hunde aufmischen, um seine überschüssige Energie abzubauen, aber das wäre wohl nicht in Akumas Sinn gewesen. Warum dieser überhaupt entschieden hatte, herzukommen... Das hatte Jin noch immer nicht nachvollziehen können, aber er stellte die Entscheidungen seines Herrn nicht in Frage.

Ein leises Seufzen entwich hingegen Kimie. Die Füchse waren erst mal fort... Endlich. Nach wie vor steckte ihr noch der Schreck von der Sache mit Katô in den Gliedern. Zum Glück war das noch mal gut gegangen.

Als Kimie wieder aufschaute, drehte sich gerade Takeshi in ihre Richtung um und lächelte ihr zu.

„Es ist lange her, nicht wahr? Kimie...“

In einem Anflug von überschwänglicher Freude und Erleichterung kam sie auf ihn zu und ergriff seine Hand.

„Ja, das ist es. Es ist so schön, dich wiederzusehen, Takeshi!“

Obwohl einige Jahre vergangen waren, schien sich an der Vertrautheit zwischen ihnen beiden nicht viel verändert zu haben. Im Gegenteil, Takeshi spürte in seinem Inneren die gleiche Wärme wie damals. Aber etwas anderes hatte sich verändert. Kimie... Takeshi sah sofort, dass sie an Reife gewonnen hatte. Und sie sah wunderschön aus.

Auch Kimie fiel auf, dass Takeshi sich ebenfalls verändert hatte. Damals war er ungefähr so groß wie sie selbst gewesen, doch jetzt überragte er sie um einen guten Kopf. Und auch sonst wirkte er erwachsener, sowohl vom Aussehen als auch von seiner Art her. Davon jedoch mal abgesehen, war dieses Wiedersehen für Kimie wirklich etwas ganz Besonderes. Ja, sie freute sich, Takeshi nach der langen Zeit wiederzusehen.

Sich ansehen zu müssen, wie vertraut die beiden miteinander umgingen, ließ Jin genervt aufseufzen.

„Hmpf! Diese Gefühlsduselei... Das nervt mich jetzt schon!“

Aus dem Seitenwinkel schaute Kimie für einen Moment zu dem Youkai rüber. Na ja, den hätte Akuma ruhig in China lassen können...

Kimie und Takeshi so „Händchen halten“ zu sehen, mochte Sesshoumaru zwar nicht sonderlich gefallen, doch richtete er jetzt erst mal das Wort an seinen einstigen Feind: „Ich war eigentlich der Meinung, dich nicht mehr erwarten zu müssen, Akuma.“

„Habe ich dich warten lassen? Verzeih, aber ich habe es mir erlaubt, zunächst ein wenig über dein Bittgesuch nachzudenken. Es kam doch ziemlich unerwartet. Dass du gerade auf mich zukommen würdest, Sesshoumaru... Ich gehe jedoch nicht davon aus, dass dies deine Idee gewesen ist.“

Nein, so etwas passte nicht zu Sesshoumaru. Er ging nicht zu jemandem hin und bat diesen um Hilfe. Mal abgesehen davon war der Inhalt seines Briefes auch ziemlich direkt gewesen. Es war weniger eine Bitte, als viel mehr eine forsche Aufforderung gewesen, wenn man es überhaupt so nennen konnte. Eine Tatsache, die Akuma selbst im Nachhinein noch amüsierte. Von daher ließ er es sich nicht nehmen, den besagten Brief hervorzuholen und zu präsentieren.

„Ein eigenwilliges Schreiben, sowohl von der Länge als auch vom Inhalt her. Kurz und knapp. Was sollte mir eigentlich der Wortlaut 'Glaube nicht, ich wäre auf deine Hilfe angewiesen! Mir wäre es nur recht, wenn du bleibst, wo du hingehörst, aber ich entscheide in diesem Fall nicht für mich allein' sagen? Machst du dir etwa ernsthaft solche Sorgen um deine Leute? Sieht dir gar nicht ähnlich, dass so zuzugeben.“

Sesshoumaru entriss Akuma den Brief augenblicklich, was dieser mit einem belustigten Lächeln kommentierte. Stimmt, Akuma konnte die genauen Hintergründe nicht kennen, weil Sesshoumaru in keinster Weise darauf eingegangen war. Auch hatte er mit keinem Wort seinen Sohn erwähnt, aber das ging diesen Kerl auch überhaupt nichts an!

Akuma zuckte mit den Schultern. „Wie auch immer... Ich denke nicht, dass diese Sache bereits ausgestanden ist.“

Er wandte seinen Blick in jene Richtung, in welcher die Kitsune zuvor verschwunden sein mussten.

„Wer sind die eigentlich?“, fragte Jin, wobei er gelangweilt die Arme hinter dem Kopf verschränkte. „Und seit wann lassen sich Hunde von Füchsen so vorführen? Könnte es sein, dass dieser erbärmliche Haufen hier in den letzten Jahren ziemlich nachgelassen hat?“

Sogleich schlugen ihm von Seiten der Inu-Youkai allerhand missmutige Blicke entgegen. Akuma deutete seinem Gefolgsmann mit einem Blick an, dass dieser sich ein wenig zurückhalten sollte, ehe er sich wieder Sesshoumaru zuwandte.

„Magie hat so ihre Tücken. Dein Clan versteht sich mehr auf den Einsatz von Waffen. Die Idee, uns herzubitten, war gar nicht mal so dumm. Wir beherrschen immerhin beides ziemlich gut.“

„Machst du dich über uns lustig?“, fragte Sesshoumaru leicht gereizt, da dieser letzte Kommentar seitens Akuma diesen Unterton gehabt hatte. Akuma winkte jedoch ab.

„Mitnichten, Sesshoumaru. Sei nicht so empfindlich.“

„Hm! Und woher wusstest du überhaupt das mit Rin?“

Stimmt, Akuma musste darüber Bescheid gewusst haben, ansonsten hätte er Takeshi nicht losgeschickt, damit dieser das kleine Mädchen befreite.

Akuma verwies mit einem Blick auf Takeshi.

„Mein Bruder hat es mir mitgeteilt.“

Als er Kimies fragenden Blick bemerkte, erklärte Akumas Bruder ihr den Zusammenhang: „Ehrlich gesagt, sind wir schon seit zwei Tagen hier in Japan, doch haben wir diese Füchse zunächst beobachtet. Daher wussten wir das mit dem Mädchen.“

„Ich bat Takeshi, diese Füchse ein wenig im Auge zu behalten. Er ist ein guter Informationsbeschaffer“, merkte Akuma an, ehe er wieder zu Sesshoumaru schaute. „Zunächst war ich mir nicht sicher, ob du wirklich ausgerechnet unsere Hilfe benötigst, Sesshoumaru, zumal einer wie du nicht einfach so einfach um Hilfe bittet. Aber die Tatsache, dass dein wertvolles kleines Menschenmädchen entführt werden konnte... Ich wollte wissen, wie das geschehen konnte und ob du vielleicht ein wenig nachgelassen hast.“

„In der Hoffnung, dass du mich vielleicht doch im Kampf besiegen könntest?“, fragte Sesshoumaru abschätzend.

„Typisch von dir, gleich das Schlimmste anzunehmen“, erwiderte Akuma, schüttelte dann aber den Kopf. „Nein, das war nicht meine Intention, hierher zu kommen. Genauer gesagt, war ich sogar geneigt, dein Bittgesuch einfach zu ignorieren. Aber mein kleiner Bruder hat mich dazu bewegt, noch mal darüber nachzudenken...“
 

* ~ Rückblick ~ *
 

Abschätzend las Akuma die Zeilen des Briefes, den er in den Händen hielt, zum wiederholten Mal. Ein Schreiben aus Japan, noch dazu von Sesshoumaru... Was ging da nur vor?

Akuma hätte lügen müssen, hätte er behauptet, er wäre nicht neugierig gewesen. Dass ein starker Youkai-Clan immer wieder mal in einen Kampf verwickelt wurde, war nichts Neues, aber was mochte vorgefallen sein, dass ausgerechnet Sesshoumaru ein Bittgesuch verfasst hatte?

„Was ist los, Akuma?“

Takeshis Stimme ließ Akuma aufschauen. Wortlos händigte er seinem Bruder den Brief aus, woraufhin dieser die Zeilen aufmerksam las. Wenngleich sich ihm der sehr knapp gehaltene und nicht wirklich vielsagende Inhalt nicht auf der Stelle erschloss, hatte Takeshi sofort diesen Verdacht.

„Ist dies ein Schreiben von Sesshoumaru?“, fragte er, was Akuma mit einem Nicken bejahte.

„Ich habe keine Ahnung, was dort los ist, aber scheinbar hat er Probleme von nicht allzu geringem Ausmaß. Sonst hätte er sich niemals dazu herabgelassen, ausgerechnet mir ein solches Schreiben zukommen zu lassen.“

Eingehend beobachtete Akuma, wie Takeshis Augenmerk auf dem Brief ruhte.

„Stimmt etwas nicht, Takeshi?“, fragte er, erhielt jedoch keine Antwort. Takeshi hatte ein ungutes Gefühl bei dieser Sache. Sesshoumaru bat doch nicht einfach so jemanden um Hilfe, geschweige denn einen ehemaligen Feind! Was geschah jenseits des Meeres in den westlichen Ländern Japans? Ob vielleicht...?

„Akuma, wir...“

„Ah! Ich weiß schon. Du machst dir Sorgen um diese Frau, nicht wahr? Sesshoumarus Gefährtin.“

Natürlich hatte Akuma seinen Bruder schnell durchschaut. Takeshi hatte seine Gefühle für Kimie nie abgelegt und dachte noch immer an sie. Es war allerdings nicht so, als hätte er ihr seither nachgetrauert, weil sie nie an seiner Seite würde sein können. Er vergrub sich nicht in Liebeskummer, sondern wusste, auf vernünftige Weise damit umzugehen. Angesichts seines noch so jungen Alters war das schon bemerkenswert gewesen.

„Möchtest du zu ihr? Glaubst du, sie ist in Gefahr?“

„Ich weiß es nicht, aber ich habe ein schlechtes Gefühl...“ Takeshi schaute seinem Bruder fest in die Augen. „Ich muss wissen, was da vor sich geht, Akuma! Wenn du nicht nach Japan willst, von mir aus. Ich kann auch allein dorthin gehen.“

„Allein, ja? Und was willst du dort so ganz allein machen?“

„Es geht mir vorrangig um Kimie. Ich muss wissen, ob ihr etwas zugestoßen ist! Und wenn Sesshoumaru sie nicht beschützen kann, dann werde ich das eben tun!“

Akuma hob leicht eine Augenbraue. Wie utopisch war das denn? Takeshi hatte in den vergangenen Jahren zwar einiges dazugelernt, doch stärker als Sesshoumaru war er deshalb noch lange nicht, und das wusste er auch selbst. Aber für diese Frau würde Takeshi wohl sogar durch das Höllenfeuer gehen. Und vielleicht war ihr ja wirklich etwas passiert. Das würde zumindest diesen Brief erklären. Takeshi musste wissen, was passiert war. Kimie... Wenn sie wirklich in Gefahr war...

Natürlich hätte Akuma seinen Bruder wirklich allein losschicken können, aber dazu war er zugegebenermaßen selbst zu neugierig darauf, zu erfahren, was in den westlichen Ländern vor sich ging.

Nach einer Weile richtete Akuma erneut das Wort an Takeshi: „Takeshi, sag den anderen Bescheid. Wir gehen nach Japan.“
 

* ~ Rückblick ende ~ *
 

„Ich war besorgt und war mir nicht sicher, ob du nicht auch in Gefahr sein könntest. Und hätte Akuma nicht eingewilligt, wäre ich in der Tat auch allein hergekommen“, erzählte Takeshi Kimie zum Schluss noch. Ohne dass sie es wollte, wurde sie daraufhin ein wenig rot.

„Älter geworden bist du zwar, aber deshalb noch lange nicht vernünftiger, was?“, fragte Akuma seinen Bruder amüsiert. So viele Umstände wegen einer Frau hinzunehmen...

Auch Jin konnte dies nicht nachvollziehen, wenngleich er das deutlich abfälliger zeigte.

„Alles nur wegen der da? Ernsthaft?“, fragte er verständnislos.

Yu kam um ein amüsiertes Lächeln nicht herum. Ihm war klar, dass sein Kamerad alles andere als begeistert war.

„Im Grunde hast du doch keinerlei Grund, dich zu beklagen, Jin“, entgegnete Yu. „Immerhin hast du die Möglichkeit erhalten, mal wieder zu kämpfen. Und noch ist es schließlich nicht vorbei.“

„Mag ja sein, aber trotzdem...“

Ausgerechnet an der Seite dieser Hunde kämpfen? Das war doch grotesk... Geradezu erniedrigend!

„Kannst ja wieder gehen, wenn's dir hier nicht passt.“

Augenblicklich horchte Jin auf, als er diese Bemerkung seitens Kimie vernommen hatte.

„Hast du gerade etwas gesagt?“, fragte er bedrohlich in ihre Richtung.

„Sofern du nicht auf einmal taub geworden bist.“

Diese freche Erwiderung! Jin unterdrückte nur mühsam ein verärgertes Knurren.

„Hm! Ihr Köter haltet offenbar nichts davon, euren Frauen zu zeigen, wo sie ihren Platz haben?“, meinte er stattdessen abfällig an die Inu-Youkai gerichtet.

Kimie jedoch lächelte nur selbstsicher.

„Hast du schon mal was davon gehört, dass Männer, die ihre Frauen an der kurzen Leine halten, im Grunde einen extremen Minderwertigkeitskomplex haben, den sie auf diese Weise zu kompensieren versuchen?“

Zumindest hatte sie das mal irgendwo aufgeschnappt und fand den Gedanken an sich gar nicht so abwegig. Außerdem empfand sie diese Antwort als schlagfertiger, als wenn sie patzig geworden wäre. Und Jins Reaktion schien ihr recht zu geben. Er wirkte alles andere als amüsiert.

„Du kleine...!“

„Jin! Lass es gut sein! Und achte ein wenig auf deine Wortwahl“, wies Akuma seinen Gefolgsmann schließlich in seine Schranken, auch weil Sesshoumaru bereits Anstalten machte, Jin eigenhändig zum Schweigen zu bringen.

Missmutig knurrend verkniff sich Jin jeden weiteren Kommentar, obwohl er sich Kimie zu gerne ein wenig zur Brust genommen hätte. Dieses Weib... Sie war noch genau so unausstehlich und unverschämt wie damals!

„Ich entschuldige mich für ihn, Sesshoumaru. Nimm es ihm nicht allzu übel“, meinte Akuma gelassen an den Inu-Youkai gerichtet, welcher alles andere als amüsiert zu sein schien.

„Sag deinen Leuten lieber, dass sie sich zurückhalten sollen, sonst garantiere ich für nichts, Akuma.“

Zugegeben, man konnte nicht behaupten, dass es keinerlei Spannungen gab. Nichts desto trotz machte es nicht den Anschein, als würden die Inu-Youkai und die Ryû-Youkai Gefahr laufen, wie die Berserker aufeinander loszugehen. Und ein paar Querschläger gab es schließlich überall...

„Sesshoumaru-sama.“

Kakerus Stimme ließ Sesshoumaru sich zur Eingangstür des Schlosses umdrehen, aus welcher sein Gefolgsmann soeben heraustrat.

„Kakeru... Was gibt es zu berichten?“

„Der Kitsune, der in das Schloss eingedrungen war, wurde in den Kerker gebracht. Anstatt ihn zu töten, erachtete ich es als nützlicher, ihn zunächst zu verhören. Und falls Ihr Euch noch Sorgen wegen Eures Sohnes machen solltet, so lasst mich Euch beruhigen. Er hat keinen Kratzer davongetragen.“

Kakeru sprach vollkommen ruhig und wie selbstverständlich im Beisein der Ryû-Youkai über Sesshoumarus Sohn. Früher oder später hätten diese das sowieso bemerkt. Doch angesichts dieser im Augenblick so vollkommen unvorhergesehenen Neuigkeiten, konnte man selbst in Akumas Gesicht die Überraschung ablesen. Sesshoumaru war Vater?

„Ach, ich verstehe. So ist das also... Das hast du demnach in der Zwischenzeit getrieben, Sesshoumaru. Du bist eben doch nur ein Mann, hm?“

Der Inu-Youkai ließ diese Bemerkung, die es so offensichtlich zum Ziel gehabt hatte, ihn lächerlich zu machen, im Sande verlaufen. Auf keinen Fall wollte er auf Akumas Sticheleien eingehen. Das wäre ja noch schöner!

Jin hingegen verspürte auf einmal so ein gewisses Gefühl von Übelkeit in sich hochkommen.

„Yu... Sag mir, dass ich mich eben verhört habe.“

Ein Hanyoubalg? Ernsthaft? Zugegeben, damit hätte man zwar rechnen können, aber wirklich die Gewissheit zu haben...

Auch Takeshi war von diesen Neuigkeiten ziemlich überrumpelt. Kimie war... Mutter? Sie hatte ein Kind mit Sesshoumaru?

Kimie selbst versuchte erst mal, über all das hinweg zu lächeln.

„Vielleicht sollten wir unsere Gäste erst mal hinein bitten?“, schlug sie stattdessen vor. Außerdem mussten so gesehen einige Dinge geklärt werden.

„Ich bin mir ja nicht ganz sicher, ob das gut gehen wird...“, murmelte Inu Yasha in sich hinein. Die Inu-Youkai und die Ryû-Youkai alle unter einem Dach? Sollten diese fliegenden Echsen wirklich Stress machen, wäre er jedoch auf jeden Fall zur Stelle, um ihnen eine Lektion zu erteilen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  Hotaru-chan_
2016-11-22T19:31:08+00:00 22.11.2016 20:31
Awww, die Ryû-Yokai *___* ich bin so froh dass du sie wieder hast auftauchen lassen. <3

Und das Pairing Subaru und Yuki... Hach, ich mag die beiden :3
... Mal ne Pause zu machen beim lesen, ist echt schwer! :D man will einfach wissen, wie es weitergeht *g*... Ich Trauer jetzt schon, weil das "letzte" Kapitel so nahe ist... Naja :)
Von:  Mimiteh
2013-08-28T17:01:22+00:00 28.08.2013 19:01
Wenn es nicht so verheerende folgen gehabt hätte, hätte Subarus Rettungsaktion ja wirklich süß sein können. Aber so...
Kurou ist wirklich so ein Schwachkopf - aber leider sehr stark.
Nun, immerhin hat Jaken seinen großen Auftritt erhalten, auch mal erfrischend, ihn als tatsächlichen Retter in der Not zu sehen. Zumeist ist er ja eher der Möchtegern.
Was Kakeru anbetrifft, ich liebe diese Rolle ja eh, aber irgendwie habe ich mir schon gedacht, dass er irgendwann noch einmal sein Schwert in die Hand nimmt.
Und die Drachen sind im letzten Moment rechtzeitig eingetroffen. Interessant, dass es mal wieder Kimies Schwert war, was es zuerst wusste.
Und damit gingen die Spitzfindigkeiten ja erst richtig los. Akuma spielt mit Sess, Kimie spielt mit Jin und Yu schließt sich dem fröhlich an. Der einzige, der einem fast Leid tun kann, ist Takeshi. Ehrlich gesagt wünsche ich mir ja für ihn, dass er jemanden findet, damit er Kimie nicht mehr länger hinterher trauern muss. Der Arme kann ja nichts dafür, wie in der Vergangenheit und jetzt alles läuft.
Die Reaktion auf die Erwähnung Kâtos war dagegen wieder super. Akuma stichelt, Jin ist ankeekelt und Takeshi weiß nicht, was er dazu sagen soll. Das bildet die Charaktäre dieser Drachen 1 A ab, herrlich mit anzusehen!
Antwort von:  Mimiteh
28.08.2013 19:32
Und Saori, herrlich. Ich habe ja schon geahnt, dass sie im Zweifelsfall einen auf Alleingang macht, um ihren Vater zu retten und bei dem Titel des Kapis hätte ich es mir eigentlich denken soll, aber nun ja, jetzt ist sie am Schloss und wird sicher noch für einigen Wirbel sorgen.
Kimie und Yu haben sich gegen Jin verbündet und Akuma und Sess sind sich immer noch nicht grün. Hach, wo soll das bloß alles hinführen xD
Toutousai und Myouga sind allerdings super getroffen.
Von:  Tigerin
2013-08-28T14:57:53+00:00 28.08.2013 16:57
Die guten Ryu-Youkai sind ja gerade noch rechtzetig aufgetaucht. Wunderbar. Sogar mit Gastgeschenk. Ich bin sicher, allen ist ein Stein vom Herzen gefallen, jetzt wo Rin in Sicherheit ist. Kimies Gespräch mit Jin war sehr amüsant. Sie und ihre große Klappe sind echt Gold wert.. :D
Ich fand es gut, dass es zunächst Jaken war, der den Kitsune aufgehalten hat. Auch wenn ich ihn nicht unbedingt mag, man kann nichts sagen, er ist seinem Herrn gegenüber schon loyal..
Also stimmt wirklich irgendetwas nicht mit Aoshi. Ich habe mich schon gewundert, warum er nicht eingreift. Er schien mir nicht der Typ zu sein, der einfach hinterhältig angreift.
So, auf zum nächsten Kapitel.

Viele Grüße,
Tigerin
Von:  Lillymaus89
2013-08-28T10:54:36+00:00 28.08.2013 12:54
Also das mit Aoshi erinnert mich an Herr der Ringe.
2. Teil wenn ich mich nicht täusche.
Aber sehr interessant. Gut das Jaken da war. Traut man dem kleinen grünen Knom gar nicht zu.

Was ich sehr toll finde, die Drachen sind wieder da. Und dann bringen sie noch Rin mit. Besser konnte es ja nicht werden. Ich dachte schon die Füchsen würden Rin töten.

Wieder ein sehr tolles Kapitel. Weiter so.



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