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Rote Unschuld

von

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Der Schnee bedeckte Wälder und Wiesen; weiße Haufen versteckten die Nadelbäume, deren Grün selbst noch im kältesten Winter ihre Äste schmückte. Dicke Schneeflocken schwebten langsam zu Boden um die Welt noch mehr mit einer weißen Schicht zu überziehen. Hier und da fiel etwas zu Boden, da die Last für einen der Äste zu schwer geworden war. Die Luft war klirrend kalt und der eigene Atem bildete Wölkchen. Ein Eichhörnchen flitzte einen Baum hinauf und sprang von Ast zu Ast, während unten am Boden ein Schneefuchs vorbeihuschte. Das Tier blieb kurz stehen, die Ohren aufmerksam nach vorne gerichtet, den Kopf hoch erhoben und nach links gedreht. Schnauze und Schwanz zuckten und seine Augen standen weit offen. Einige Sekunden verharrte es in dieser Position, dann tappte es schnell weiter durch den Schnee und hinterließ winzige Pfotenspuren. Das Eichhörnchen hatte sich schon aus den Staub gemacht und sprang mit fliegendem Schwanz an den Bäumen herum.
 

Der Schnee knirschte unter ihren Schritten und ihre Füße hinterließen tiefe Spuren. Der Hügel, den sie soeben bestieg, war bewaldet und so konnte sie ihren Ausgangspunkt nicht mehr erblicken. Ihr Atem ging etwas schneller als gewöhnlich, da sie schon einen längeren Aufstieg hinter sich hatte. Gelegentlich war sie stehen geblieben, um sich eine kleine Pause zu gönnen, doch nun war sie schon fast auf einer Ebene angekommen und deswegen ging sie stur weiter. Nach ein paar Schritten blieb sie stehen, vornübergebeugt, die Hände aufgestützt auf den Knien. In dieser Position verharrte sie erst einmal und erholte sich, sog ein paar mal kräftig die eiskalte Luft in ihre Lungen. Dann sah sie sich um.
 

Mit leicht geöffneten Lippen und verklärter Miene beobachtete er das Mädchen, den Kopf hatte er schiefgelegt und hockte in lauernder Haltung da, die Muskeln angespannt und jederzeit bereit zuzustoßen. Doch noch wartete er und verbarg sich hinter den Bäumen. Beobachtend wie sie sich von dem Aufstieg erholte, machte er ein paar Schritte in Richtung des Mädchens, auf allen Vieren und geschmeidig wie ein Raubtier. Seine Beute richtete sich auf und besah sich ihrer Umgebung. Es war so einfach. Sie bemerkte ihn noch nicht einmal, sie wusste nicht was für eine Gefahr in nur drei Metern Entfernung lauerte. Sein Mund zuckte, dabei entblößte er seine Zähne mehrmals und der Speichel lief ihm zusammen. Sein Verlangen nach Blut war ins Unermessliche gestiegen und sein Verstand kaum noch vorhanden. Alles, was er wahrnahm, erschien ihm wie ein Traum, unwirklich und seltsam. Er hörte ihrer beider Atem und den Herzschlag seines Opfers, der sich bereits verlangsamte, da es sich nun erholt hatte. Er musste sich zusammenreißen, um ein hungriges Rasseln seiner Kehle zu unterdrücken. Mittlerweile hatte sie sich wieder vollkommen aufgerichtet und er entschied, der Moment sei gekommen. Das Monster wusste, es müsse sich erst einmal verstecken unter einer Fassade der Ruhe und Gelassenheit, also richtete er sich auf zwei Beine auf und trat zwischen den Bäumen, die ihn vorher so gut versteckt hatten, hervor, denn er liebte Spielchen.
 

Ein Mann kam aus den Schatten der Bäume vor ihr und erschreckte sie beinahe zu Tode. Unsicher machte sie einen Schritt zurück, doch dann entschied sie, dass er nicht gefährlich war und fragte erst einmal: „Wer sind Sie?“ Er lächelte nur und sagte: „Komm. Ich helfe dir. Du hast dich verirrt, oder?“ Sie hatte sich nicht verirrt, aber in Gesellschaft würde sie sich wohler fühlen, also ging sie auf ihn zu. Der Mann hatte die Hand ausgestreckt und lächelte immer noch dieses seltsame, geistesabwesende Lächeln. Dann blieb sie stehen, sie hatte in seine Augen gesehen, die während ihres ganzen Gespräches nicht einmal ihren Blick gestriffen hatten, sondern seltsamerweise immer auf ihren Hals gerichtet waren und sie hatte etwas in ihnen gesehen, das sie erschreckte und ihr furchtbare Angst machte, obwohl sie nicht wusste, was es war. Eine kleine Geste steigerte ihr Unbehagen noch mehr: er hatte sie Hand ein bisschen sinken lassen und leckte sich über die Lippen.
 

Das durfte doch nicht wahr sein, sie war stehen geblieben! Vielleicht hatte sie etwas bemerkt? Etwas, von der Kreatur, die hinter der Fassade des einfachen Menschen lauerte. Er ließ die Maske fallen und bemerkte noch, wie sich ihr Gesicht vor Angst und Schrecken verzerrte, bevor ihn etwas von der Seite rammte.
 

Er hatte gesehen, wie der Vampir das Mädchen belauert hatte, hatte beobachtet, wie er es schließlich zu sich locken wollte und nur auf den Moment gewartet, in dem er das Versteckspiel bleiben ließ und sich auf es stürzte. Dann hatte er sich auf ihn geworfen und rettete ihr somit das Leben. Er zerrte den Vampir, der seine Überraschung bereits beiseite legte, um sich zu verteidigen, ein Stück weg von dem Mädchen, damit es das Nächste nicht mit ansehen musste. Seine Klauen und Fangzähne bearbeiteten den Mann, der sich zu wehren versuchte, gnadenlos, bis dieser unter ihm schließlich schlaff in sich zusammenfiel. Dann stand er auf und strich sie mit der Hand durch die Stirnfransen, die ihm wirr über die Stirn fielen und ihm fast in seine Augen hingen.
 

Das Gesicht des Mannes gab plötzlich die Sicht auf Gefühle frei, die er die ganze Zeit über verborgen gehalten hatte. Hunger, Gier, Wahnsinn und Verlangen. Allerdings auch eine erschreckend wilde Intelligenz. Sie konnte sich vor Schock nicht rühren, im nächsten Augenblick sauste etwas durch die Luft und traf ihren Gegenüber in der Seite und riss ihn mit sich hinter die nächsten Bäume. Ein Fauchen, Knurren, Winseln und Jaulen war zu hören, dann war es still. Seufzend trat ein Mann zwischen den Bäumen hervor, hinter denen zuvor der seltsame andere Mann verschwunden war. Dieser Mann hatte graues Haar, das aber eindeutig nicht vom Alter diese Farbe bekommen hatte – denn er war eindeutig noch jung – sondern es hatte den Anschein, als befände sich eine dicke Staubschicht auf ihm. Seine Augen waren golden – strahlend golden. Er fuhr sich durch das strubbelige Haar und seufzte erneut. „Geht es dir gut?“ Sie nickte, denn ihr Schock war schon wieder verflogen und Neugierde an seine Stelle getreten. „Gut. Dann komm, ich helfe dir.“ Sie trat zweifelnd einen Schritt zurück, denn der letzte Fremde, den sie diese Worte hatte sagen hören, war anscheinend verrückt gewesen. „Ich tue dir nichts, Kleines“, sagte er beruhigend und streckte seine Hand nach ihr aus. Diese Geste erinnerte sich erneut an den vorigen Fremden und sie tat noch einen Schritt rückwärts. Aber dann blickte sie ihm in die warmen, goldenen Augen und wusste, dass er die Wahrheit sagte. Also ging sie zu dem Mann und ergriff seine fordernde Hand. Dann zog er sie weg, während das Blut des Vampirs an einem anderen Ort die Unschuld des weißen Schnees rot befleckte.
 

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Sou, dieses nette kleine Disaster ist ein Ausschnitt aus einer Geschichte, die noch nicht geschrieben wurde ^^. Aber die halbe Idee ist schon Mal da gewesen und ich hatte gerade große Lust zu schreiben. Also, wer immer sich das angetan hat: Es tut mir Leid, dass ich der Welt eine solch große Qual bereitet habe XD.

Adieusé (ja, das ist eine andere Version von adieu nämlich meine)



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