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Der Weg eines Kindes

Mama Ana Ahabak – Die Geschichte zum Lied
von

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Part 1

~ Bienenschwärme ~
 

Jeden morgen stand ich auf, noch bevor die Sonne ihr gleißendes Licht über die fernen Berge schicken konnte und verlasse leise unsere Hütte aus Lehm, welche am Rand einer kleinen Siedlung am Fuße eines Berges stand.

Ich saß dann immer auf einem hohen Steinbock von dem ich auf das Tal zu meinen Füßen hinunter sehen konnte. Hier wartete ich auf den Gruß des Tages.
 

Es war eine faszinierende Zeit, in der man sah, wie das Land immer wieder aufs neue erblühte. Ich beobachtete, wie die ersten Sonnenstrahlen sich über die Berggipfel quälten und dann wie ein Fluss aus Licht über die Berge hinab strich und alle Schatten auf seinen Weg zu verschlucken schien.

Es rauschte durchs ganze Tal, bis wieder hinauf zu dem Berg auf dem ich mich befand. Ich konnte mit einem Lächeln auf dem Gesicht beobachten, wie das Licht über meine Kleidung entlang wanderte und mich dann blendete, als es meine Augen traf und über mich hinweg, das Leben, auch auf der Rückseite von mir wieder erweckte.

Ich lachte glücklich über diesen angenehmen Moment, in dem die Bäume in der Brise ihre Blätter tanzen ließen und die Flüsse schneller zu fließen schienen. Zwei Rehe standen unten im Tal am Rand eines Wäldchen und am Fluss standen schon die eifrigen Frauen, aus einem anderen Dorf, die ihre Wäsche wuschen.
 

Langsam schienen auch die Menschen aus meinem Dorf zu erwachen und die Männer machten sich auf den Weg zu den Feldern, um bei der Einholung der Ernte zu helfen.

Ich musste mich nicht beeilen, dass Brot war schon im Steinofen in unserem Haus und wartete darauf, wieder heraus geholt zu werden. Ich hoffte förmlich auf den süßen Geruch von frischen Brot und die Stimmen meiner Geschwister, die mich zum Frühstück riefen.

Die Vögel zwitscherten und ein paar Hasen versteckten sich nicht unweit von mir im hohen Gras. Ich sah noch ein letztes Mal in die aufgehende Sonne und sprang dann von meinem Felsen. Plötzlich vernahm ich ein eigenartiges Geräusch, was meine Aufmerksamkeit auf sich zog, da ich es zuvor noch nie gehört hatte. Ich drehte mich wieder der Sonne entgegen und sah etwas glitzerndes in der Luft, was von der Sonne angestrahlt wurde.

Ein mulmiges Gefühl breitete sich in meiner Magengegend aus, denn ich war mir sicher, dass es keine Vögel sein konnten.

Der sonst so blaue Himmel, der nur von den weißen Wolkenschichten durchzogen war, wurde durch laute surrende Geräusche durchbrochen. Viele silberne Vögel zogen mit lautem metallischem Gekreische durch den Himmel, flogen in Hunderte von Metern über dem Tal hinweg und brachten schwarze Wolken mit sich, die sich wie Nebelschwaden über den Himmel verteilten und die Sonne zu verdecken schien. Irgendetwas lies mich vor den großen, neuen Vögeln in Acht nehmen und ich rannte so schnell ich konnte zurück ins Dorf, aber auch hier dröhnten die metallischen Schreie bereits in meinen Ohren und brachten mir Kopfschmerzen.

Ich wusste nicht warum, aber mein Herz hämmerte heftig gegen meinen Brustkorb und zum ersten Mal in meinem Leben bekam ich Angst, dass sich meine vertraute Umgebung verändern würde.
 

Ich wollte allen davon erzählen, was ich gerade entdeckt hatte, doch noch auf den Weg zum Dorf flogen einige dieser riesigen Vögel mit einem Donnergrollen über meinen Kopf hinweg und Schreie drangen an mein Ohr.

Meine Mutter stand aufgebracht und vollkommen mit einem panischen Gesichtsausdruck in der Tür unserer kleinen Lehmhütte und winkte mich herbei, als ich unser Dorf erreichte.

Ich versuchte mich zu beeilen, bemerkte am Rand, wie auch die anderen Bewohner sich schreiend in ihre Häuser zurück flüchteten und das einzige, woran ich denken konnte war, mich in die Arme meiner Mutter zu werfen und von ihr zu hören, dass alles okay war.
 

Mit einem ohrenbetäubenden Lärm, tauchte nur wenige Meter über meinem Dorf einer dieser riesigen Eisenvögel auf, sie schienen Fenster und Türen zu haben und wurden von etwas wie schnell rotierenden Flügeln in der Luft gehalten. Ein ungeheurer Wind ging von dem Vogel aus, der mich beinahe von den Füßen riss, doch noch immer hörte ich die Rufe meiner Mutter, die meinen Namen schrie und in ihrer Stimme lag eine Verzweiflung, die mich bangen lies. War dieses Vogel Gefahr? Was würde er uns tun?

Mit aller Kraft versuchte ich so schnell wie möglich die schützenden Arme meiner Mutter zu erreichen, doch immer wieder wurde meine Aufmerksamkeit von diesem riesigen Vogel beeinträchtigt, der noch immer schwebend über den Dorf kreiste. Dann dröhnte ein neues eigenartiges Geräusch in meinen Ohren und lies mich stehen bleiben.

rataratarata
 

Mein Körper schien mit der Erde zu Verwurzeln und ich konnte mich nicht fortbewegen, nur wenige Meter von den schützenden Armen meiner Mutter entfernt, konnte ich nicht weiter und ich wusste nicht warum. Mein Herz raste und das Blut pochte schmerzhaft in meinen Schläfen.

Mein ganzer Körper schien zu zittern, so wie die Kälte des Winters und des Schnees meine Gemüter immer lähmte.

Doch hier war es weder kalt noch lag Schnee, doch ich verstand nicht, wieso ich hier wie fest gewachsen stand, nicht in der Lage mich zu bewegen. Ich hörte die panischen Rufe meiner Mutter, die mich anschrie[an schrie,] zu ihr zu kommen und der dröhnende Vogel, doch alles kam mir so weit weg vor, so als ob sich eine Schicht Wasser in meine Ohren angesammelt hätte.

Rataratarata

Wieder dieses seltsame Geräusch, was in mir Angst erweckte. Es klang genauso wie damals, als meine Brüder immer mit ihren Steinschleudern und Kieseln auf den blechernen Wassertank geschossen hatten, nur das dieses Geräusch sich anhörte, als ob das ganze Dorf mit Kieseln beschossen werden würden, es klang fast wie der Donner eines Gewitters, wenn es übers Tal hinweg zog.

Wie in einem Film, der mir in meinen Kopf so unwirklich vor kam, wendete ich mich zu dem Vogel um und beobachtete wie aus dessen Körper kleine fliegende Geschütze zu kommen schienen, die wie ein Bienenschwarm auf die Erde zu flogen und Menschen anfielen, die auf der Flucht waren.

Angst erfüllte Schreie von Leuten, die noch in der Lage waren weg zu rennen und nicht mehr klar denken konnten. Ich fragte mich, warum sie sich nicht versteckten, so wie meine Mutter es tat.
 

Wieso sie wie aufgeschreckte Fliegen um die anderen Menschen herum liefen, die am Boden lagen und sich nicht mehr bewegten.

Erschrocken über die Tatsache, dass diese Bienenschwärme das Leben aus den Menschen zu saugen schienen, überkam mich eine Gänsehaut und lies mich wieder aus meiner Trance erwachen.

Meine Füße kribbelten und mein Körper wollte weg, fort von diesem grauenhaften Ort, wo die Menschen von Tieren einfach so nieder gestreckt wurden. Die Leute waren zwar nicht immer nett gewesen, aber so ihr Leben beendet zu bekommen, hatte niemand von ihnen verdient und plötzlich wurde mir klar das auch mein Leben in Gefahr war, wenn ich noch länger hier stehen blieb und so bewegte ich mich, aus der Starre befreiend.

Ich lief, nein, ich rannte so schnell, wie mich meine kurzen Beine tragen konnten, die letzten Meter in die Hütte zu meiner Mutter. Sie hielt mich an sich gedrückt, wollte mich nicht mehr gehen lassen, zerbrach mich fasst und schleppte mich mit zu meinen Geschwistern in die hinterste Ecke unserer Lehmhütte, in der sich unter einem Brett ein großes Loch im Boden befand, in dass wir vier gerade so hinein passten.

Wir quetschten uns alle ängstlich zusammen und nur ein paar Bretter über unseren Köpfen konnten uns beschützen. Ich hörte meine Mutter unerträglich laut schreien, als irgendetwas unser Strohmattendach traf und es zusammen stürzte und uns unter sich begrub.
 

Was ich mir am allermeisten in diesem Moment wünschte war, das meine Familie und ich vor dieses Gewalt unsichtbar werden würden. Doch noch immer dröhnte der Vogel mit seinen metallischen Schreien über unseren Köpfen und schossen mit ihren Bienenschwärmen auf unser Dorf.

Doch was mir noch mehr Angst machte, als die Tatsache, dass Tiere uns gerade unser Zuhause kaputt machten und Menschenleben forderten war die Tatsache, dass ich glaubte, Menschen in diesem eisernen Vogel gesehen zu haben. Die Angst, dass Menschen einander so etwas antun würden, entfachte eine ungeahnte Gefühlswelle in mir, die ich nicht zuordnen konnte.

Ich wusste nicht, wie lange es dauerte bis die Geräusche draußen verstummten und wir hier drinnen im Dunklen gefangen saßen. Es war so eng und meine Brüder murrten mich schon die ganze Zeit an, dass ich endlich still sitzen bleiben sollte, doch das konnte ich nicht, wollte lauschen, ob uns noch Gefahr drohte oder wir wieder heraus kommen sollten.

Leise hörte ich die ganze Zeit meine Mutter wimmern und es tat mir weh sie so aufgelöst und verstört zu sehen und am liebsten hätte ich auch geweint, doch irgendwie hatte ich das Gefühl stark bleiben zu müssen.
 

„Mama, hör doch auf zu weinen, es wird schon wieder gut“, flüsterte ich ihr zu und versuchte sie zu trösten, doch meine Worte erreichten weder sie noch mich selbst. Ich wusste selber, dass hier irgendetwas gerade falsch gelaufen war.

„Ich glaub sie sind weg, ich werde mal schauen ob die Luft rein ist“, entschloss ich eher zu mir selber, obwohl ich zitterte und mir gar nicht so sicher war. Ich hatte Angst, dass dieser Vogel noch immer da war und nur auf uns wartete.
 

„Nein Samira, bleib hier!“, wisperte meine Mutter und ihre kalte Hand legte sich auf meinen Arm, um mich zurück zu halten. Doch ich schüttelte sie nur ab und stellte mich hin, um die Bretter über unseren Köpfen anzuheben.

Doch sie ließen sich nicht bewegen, egal wie viel Kraft ich auch dagegen stemmte. Wieso waren die Bretter so schwer? Lag etwas darauf?
 

„Helft mir doch mal“, bat ich meine Bruder mit einem Blick über die Schulter und als sie mir nur ratlose Blicke zuwarfen, wusste ich, dass sie mir nicht helfen würden und so bemühte ich mich halt selber. Irgendwie würde ich die schon zur Seite bekommen.

Ich schlug mit den flachen Händen über meinem Kopf gegen die Bretter, die sich leicht bewegten und versuchte es immer und immer wieder. Doch das einzige, was ich erreichte war, dass mir Erde in die Augen rieselte.

Dann spürte ich Hände links und recht neben meinen und gemeinsam drückten wir gegen die Bretter und schafften es, diese beiseite zuschieben, sodass ich hinaus klettern konnte.

Eigentlich hätte ich erwartet, dass ich die Sonnenstrahlen spüren würde, doch es war genauso finster, wie in dem Loch und das verunsicherte mich.
 

Als ich mich heraus gehievt hatte, versperrte mir Geröll aus Holz, Trümmern und unserer herunter gerissenen Strohdaches den Weg, Als ich mich in unserer kleinen Lehmhütte umsah, hatte ich irgendwie ein leeres Gefühl in meiner Brust. Unser gemeinsames Bett aus Holz und Stroh, war zerbrochen, unsere kleinen Schränke die sich an er gegenüberliegenden Ecke befanden, waren zusammen gestürzt und nicht mehr reparierbar. Unser Steinofen war zerstört und sogar die dicken Lehmwände sahen aus, wie ein löchriger Käse.

Ich kämpfte mich aus dem zugeschütteten Eingang hinaus und räumte umgestürzte Bretter zur Seite, die ich tragen konnte.

Mein Herz pochte in meinen Ohren, meine Schläfen schmerzten und meine Augen tränten von dem umher fliegenden Staub. Der Himmel hatte sich mit grauen, dicken Wolken zugezogen und ein schwarzer Nebel hing über dem Dorf und lies nur erahnen, was für ein Chaos entstanden war.

Ich schloss die Augen und lies mich zurück fallen, in die Arme die mich auffingen und wollte einfach nur noch ruhen, gar nichts mehr um mich herum mitbekommen, einfach nur vergessen, was ich gesehen hatte.
 

Mama, sag' mir was Du meinst.

Sag mir warum es hier so dunkel ist.

Mama sag warum du weinst.

Ich weiß nicht warum du traurig bist.

Part 2

~ Strahlendes Licht ~
 


 

„Samira, wach auf, wir müssen weiter!“

Es war noch vor der Morgendämmerung, als meine Mutter mich weckte. Nur mühselig bekam ich meine müden Augen geöffnet und versuchte meinen trägen Körper auf die Füße zu bekommen.

Es schien erst einige wenige Stunden vergangen, als ich endlich Zeit gefunden hatte mich hinzulegen. Wir hatten auf einer weiten Ebene unter ein paar verkohlten Baumstümpfen gerastet, da es hier weit und breit keine Versteckmöglichkeiten gab. Alles war niedergemäht worden, von riesigen, eisernen Monstern, die den fremden Soldaten gehörten. Weite öde Landschaften, aus umgewühlter Erde, toten Menschen, so weit das Auge reichte und tiefen Kratern, in denen sich Eisenkugeln befanden.

Mutter sagte, sie würden uns alle in fetzen Reißen, wenn wir so etwas je berühren sollten. Eigentlich glaubte ich nicht alles, was sie mir erzählte, doch in den letzten Tagen hatte ich so viele Tote ohne Arme und Beine gesehen, dass es mir immer wieder Kalt den Rücken herunterlief, wenn ich auch nur daran dachte.

Ich sah eine alte Frau neben mir liegen, sie war schon länger auf der Welt als meine Mutter und ich erkannte ihr eingefallenes, faltiges Gesicht noch von zu Hause. Ich hatte nie wirklich mit ihr zutun gehabt und doch schnürte es mir das Herz zusammen, sie so ruhig da liegen zu sehen.

Ich traute mich nicht sie zu berühren, sah ihren leeren Blick und dass sie nicht zu Atmen schien. Ich schluckte hart und schmeckte Magensäure auf der Zunge, die mich ekeln lies. Wir alle hatten schon seit längeren nichts mehr gegessen.
 

Ohne etwas zu sagen, folgte ich meiner Mutter mit langsamen Schritten, obwohl mein Magen knurrte und mein Körper sich so schwer anfühlte, als ob ich noch einen Sack voll Steine auf meinem Rücken tragen müsste.

Mit einer kleinen Karawane sind wir aus unserem zerstörten Dorf losgezogen, nachdem das Wasser in den Brunnen versiegt war, die Nahrungsmittel aufgebraucht und die Angst um die Rückkehr der großen Vögel unerträglich wurde.

Mein Heimatdorf war von riesigen Eisenvögeln angegriffen worden, die alles vernichtet hatten und nur Chaos und Zerstörung zurück ließen.

Nur wenige aus unserem Dorf hatten überlebt und die schweren Tage nach dem Angriff nutzten wir um Begräbnisse zu halten und unsere restlichen Lebensmittel aufzuteilen.

Doch sogar mir war klar, dass wir nicht bleiben konnten. Meine Mutter erklärte uns, dass dieses Land in einen Krieg verwickelt war und die fremden Menschen keinen halt machten uns Unbeteiligte zu töten. Die Tatsache, dass unser Leben auf dem Spiel stand, lastete schwer auf mir. Erst hatten wir vor gehabt unser Dorf wieder aufzubauen, doch dann kamen die Soldaten und verscheuchten uns, schossen mit ihrer Gewehren nach uns und wir hatten keine Chance irgendetwas mitzunehmen.

Alles hatten uns die Fremden genommen und so blieb uns nichts anderes übrig als unsere Heimat, die nur noch aus Trümmern bestand und den Menschen die wir gern gehabt hatten, aber die Reise nicht mehr antreten konnten, Lebewohl zu sagen und uns blieb nur die Flucht.

Mutter sagte wir würden uns eine andere Heimat suchen, weit weg von diesem Krieg. Doch wo lang wir auch kamen, war alles vom Feuer der Waffen niedergebrannt worden, nur vereinzelte Tiere versuchten sich noch zu verstecken, der Rest war bereits weiter gezogen, wie unsere kleine Karawane es tat.
 

Der Tag unserer Flucht war mir wie ins Gedächtnis gebrannt worden. Die zahlreichen panischen und nach Hilfe schreienden Menschen, die Schüsse aus den Gewehren der fremden Soldaten und ihr gehässiges Lachen.

Zum ersten Mal hatte ich Angst gehabt zu Sterben, aber irgendwie hatten wir es geschafft zu überleben.

Nun waren wir schon seit Tagen unterwegs, weck aus unserer Heimat, die wir nicht mehr als solche bezeichnen konnten und unser Weg führte uns durch eine flache, baumlose Ebene von einer Stadt zur nächsten.

In der Hoffnung irgendwo einen Unterschlupf zu finden. Doch was wir vorfanden waren nur noch mehr Trümmer und Ruinen und viele tote Menschen, was mir mein Herz zerrissen. Die Soldaten und ihre Maschinen waren bereits weiter gezogen und hinterließen nur Chaos und Zerstörung im ganzen Land, dass ich einmal so etwas erleben würde, hätte ich mir nie erträumt. Dachten die Menschen denn überhaupt nicht nach, was sie hier anrichteten? War es ihnen egal?
 

Der schmale Weg, über den ich barfuss ging, fühlte sich steinig und plattgetreten an, obwohl an den Rändern des Weges noch vereinzelte Grasbüschel wuchsen und kleine Insekten darauf lebten, war der Rest der eins so grünen Wiese, die so voller Leben gewesen war, nur noch eine Steppe aus umgewühlter Erde, toten Tieren und schwarzer Erde, die mich an den Steinofen bei uns zu Hause erinnerte.

Es roch nach gebratenen Fleisch und verbrannten Brot, obwohl niemand sich etwas zu essen kochte, da wir nichts hatten. Mein Mund war trocken und meine Kehle brannte von der staubigen Luft, die meine Atemwege zu versperren drohten. Ständig musste ich durch das kratzende Gefühl in meinem Rachen husten und atmete ungewollt noch mehr von dieser schädlichen Luft ein. Es hinterlies einen unangenehmen Schmerz in meiner Atemwegen und zog sich bis in meine Brust.

Eine Briese fegte über die weite Ebene, auf der wir entlang wanderten und wirbelte Staub auf, die uns die Tränen in die Augen trieb.

Obwohl sich langsam der Tag zu erhellen schien, war der Himmel grau und von dicken Wolken bedeckt, aber trotzdem würde es nicht regnen, denn das hatte es schon seit Tagen nicht mehr getan.

Die Atmosphäre war trist und erdrückend, es nahm uns all die Hoffnung, dass es wieder besser werden würde.

In der Ferne hörte ich die Geräusche von fahrenden Motoren und dem Schreien der getöteten Erde, auf der die fremden Menschen, mit ihren eisernen Maschinen entlang fuhren und alles Leben nahmen, was sich ihnen in den Weg stellte. Manchmal kam mir der düstere Gedanke, dass es nicht mehr Menschen waren, die uns nach dem Leben trachteten und unser Land vernichtete, sondern Dämonen. Früher hatte mein älterer Bruder mir immer damit gedroht, dass mich die Dämonen holen würden, wenn ich immer so unartig wäre. Früher wollte ich ihm nicht glauben, aber nun kam mir der Gedanke, dass er Recht haben könnte und dies machte mir Angst. Angst das ich die Schuld an dem Sterben des Landes heraufbeschworen hatte, da ich als kleines Kind meine Heimat verfluchte, weil alles so ungerecht war. Eine Vibration des Bodens unter meinen Füßen riss mich aus meinen Gedanken.

Mein Blick schweifte wieder über die Ebene, die größtenteils von tiefhängenden Nebel verdeckt wurde und mir die Sicht versperrte. Ich vermutete das diese leichte Erschütterung durch den Gleichschritt, der vielen fremden Menschen verursacht wurde, die sich in nicht allzu weiter Entfernung befinden müssten. Ich spürte das Zittern meines Körpers, obwohl mir nicht kalt war und der plötzliche Schweißausbruch auf meiner Haut, lies mich erstarren, Angst bekommen. Was wenn die Soldaten unseren Weg streifen würden? Hier hatten wir keine Chance uns zu verstecken, wie bei uns zu Hause in der Aushöhlung im Boden.
 

„Samira bleib nicht stehen, sonst holen dich die Soldaten“, hörte ich die mahnende Stimme meines älteren Bruders. Ich hatte gar nicht bemerkt, wie ich stehen geblieben war, um über die weite zerstörte Ebene zu schauen, die mir nur umgewühlte Erde, umgestürzte, teils verbrannte Bäume und aufwirbelnden Staub zeigte.

In der Ferne dachte ich, die Soldaten durch den dichten Nebel, der sich über die weite Ebene gelegt hatte, zu erkennen.

Doch es lies mir einen kalten Schauer über den Rücken jagen, bei dem Gedanken, dass sie schon so nahe zu sein schienen. Ich wendete mich von der Ebene ab, zurück auf den Weg und sah wie mein Bruder in einiger Entfernung stehen geblieben war und auf mich wartete. Die Karawane schien schon ein ganzes Ende weiter Talabwärts, den hier neigte sich der schmale Pfad wie auf einem Hügel, von dem man fast alles erkennen konnte.

„Beeil dich Samira“, rief er mir zu und winkte mit einem erhobenen Arm nach mir, doch irgendetwas lies mich stehen bleiben, nicht zu ihm gehen. Wieder begann mein Körper zu zittern.
 

Plötzlich sauste ein heller Strahl wie in einem Bogen am Himmelszelt über unseren Köpfen entlang. Ich starrte wie gebannt in den Himmel, der mit dicken, grauen Wolken, alles zu verdunkeln schien, bloß diese Sternschnuppe erhellte für einen Augenblick alles um uns herum.

Ich folgte dem Strahl aus Licht, bis er in der Ferne zu verschwinden schien und erlosch, bloß um im nächsten Moment, mit faszinierenden Blick zu beobachten wie sich in der Ferne das Licht wie eine Kugel formte und alles erhellte. So als ob dort die Sonne aufgegangen wäre.
 

Dann kam ein ohrenbetäubender Knall, der die Erde unter meinen Füßen zum erzittern brachte und ich den halt verlor. Es klang, als ob dieses Licht auf die Erde geknallt war, wie die Eisenkugeln, die in den tiefen Kratern lagen. Ein Sturm folgte, der mir meine Haare ums Gesicht schlug und mich am Boden fortzutragen schien.

Ein weiterer Strahl aus Licht flog durch den Himmel und schlug ebenfalls auf die Erde und entlud sich mit strahlenden Licht und einer Druckwelle aus Wind.
 

„Samira, in Deckung“, hörte ich meinen Bruder schreien und im nächsten Moment spürte ich wie ich zu Boden gedrückt wurde und mein Bruder seine Arme um mich schlang, als wir beide die Anhöhe hinunter kugelten. Immer und immer mehr dieser seltsamen Lichten flogen über unseren Köpfen vorbei. Wir rollten immer schneller hinunter und mir wurde schwindelig dabei.

Abrupt endete unser Weg und mein Bruder knallte mit dem Rücken gegen einen Baumstumpf und sein Schrei dröhnte mir in den Ohren. Vor Angst klammerte ich mich förmlich an seine Brust. Hoffte, dass er sich nicht weh getan hatte.
 

„Hanji? Alles okay?“, frage ich vorsichtig und versuchte mich aus den Armen meines Bruders zu befreien, die schlaff auf mir lagen und mich festhielten. Ich kniete neben ihm und rüttelte an seiner Schulter. Wartete darauf, dass er die Augen öffnen würde und mich anlächelt. Doch er blieb regungslos liegen und Angst beschlich meinen Körper und lies mich zittern.

Wieder erhellte es sich in der Ferne und der Donner grollte, obwohl kein Gewitter zu sehen war und kein Tropfen Regen fiel, der meinem Gemüht gleich sprach. Ich wollte meinem Schmerz freien Lauf lassen, doch keine einzige Träne wollte meinen Augen entweichen.

Ich rüttelte an ihm, hoffte er würde aufstehen, doch das Gefühl von Leere machte sich in meiner Brust breit. Auch wenn ich es nicht verstand, wusste ich das ihm das Gleiche wie der alten Frau und vielen anderen Menschen passiert war. Er war von uns gegangen.

Ich starrte auf meine Knie, auf den ich kniete und blickte auf meine zitternden Hände und dann bannten sich die Tränen einen Weg über meine Wangen.

„Hanajiiii“, schrie ich hinaus und versuchte dem Schmerz hinweg zu schwemmen. Ich wollte nicht Wahrhaben, dass ich schon wieder einen wichtigen Menschen verloren haben könnte.
 

Sind das Sternschnuppen da oben ?

Was ist dort vorbei geflogen ?

Warum friere ich so sehr ?

Warum schlägt dein Herz so schnell ?

Wieso wird es dort hinten hell ?

Wo kommt dieser Donner her ?

Part 3

~ Hunger und Durst ~
 


 

Eisige Kälte lies meinen Körper erzittern und doch spürte ich etwas warmes. Ich bewegte mich vorwärts ohne meine Beine zu bewegen. Was tat ich hier? Eine ungewohnte Leere war in mir und lies mir alles nehmen, was ich mochte. Das schöne Land was ich bei Tagesanbruch mit einem lächeln Begrüßte, meine Geschwister und viele der lieben Leute um mich herum.

Langsam öffnete ich meine Augen und fand mich auf dem Rücken meiner Mutter wieder. Erschrocken wich ich etwas zurück und verlor das Gleichgewicht. Es schien fast ein endloser Fall bevor ich mit dem Rücken auf den harten Boden aufschlug. Ein stechender Schmerz rollte wie eine Druckwelle durch meinen Körper und im Nu war ich wach.

„Samira, hast du dir wehgetan?“, hörte ich meine besorgte Mutter flüstern. Verwundert betrachtete ich ihr staubiges Gesicht und auf deren Lippen ein entschuldigendes Lächeln lag. Doch wieso freute ich mich nicht, dass sie mich anlächelte? Weil es sich falsch anfühlte oder weil das Lächeln ihre Augen nicht erreichte?

Sie halt mir auf die Beine und zog mich an der Hand hinter ihr her. Sie hatte einen schnellen Schritt drauf. Es war mühselig ihr so zu folgen, doch ich wollte mich nicht beschweren. Eine trostlose Gegend, verschlungen von dichtem Nebel, umgewühlter Erde, auf der kein Leben mehr zu wachsen schien. Unsere kleine Karawane schlängelte sich über die verschlungenen Äcker, ich wusste nicht ob wir überhaupt ein Ziel hatten. Ob es überhaupt noch einen schönen Ort gab.

„Mama wo wollen wir hin?“, fragte ich ängstlich, nicht wissend ob das jetzt eine angebrachte Frage war oder nicht.

Ich war mir nicht sicher ob wir überhaupt ein Ziel hatten oder einfach nur flüchteten. Aber wie konnten wir uns den sicher sein, denn Fremden nicht genau in die Hände zu fallen?

„In die Hauptstadt, da müssten wir uns verstecken können. Ich habe gehört sie soll von feindlichen Angriffen teilweise verschont geblieben sein. Ich dachte Hoffnung in ihrer Stimme gehört zu haben, doch eigentlich schien es eher Verzweiflung an einem Hoffungsfunken festzuhalten, der vielleicht gar nicht existierte.

Wer konnte uns schon noch Hoffnung geben, wenn uns unsere Heimat förmlich unter den Füßen hinweg gezogen wurde. Hatten wir überhaupt die Chance jemals zurück zu kehren? Würde dieses Land wieder so Grün werden wie es einmal war?
 

Es schien ein endloser Marsch im Nirgendwo, nur der dichte Nebel schien uns Deckung zu geben vor den Fremden und auch wenn alles gleich aussah, schien die Karawane gezielte Wege zu gehen.

Meine Gedanken reisten um das blühende Land, was hier einst war. Ich konnte mich genau erinnern wie die Hauptstadt einmal aussah. Als ich ganz klein war, hatte meine Mutter mich schon einmal mitgenommen. Überall waren gut gepflügte Äcker rund um die Stadt mit den großen Häusern aus Stein, die wie Könige empor stiegen. Die Leute waren heiter und gut gelaunt und handelten mit fremden Ländern um ihre Waren bei den Straßenständen. Unser weg führte Talaufwärts und wieder steil hinunter.

Gegen meinen knurrenden Magen bekam ich von meiner Mutter einen Knopf von ihrer Kleidung auf dem ich abwesend herum lutschte um wenigstens etwas Flüssigkeit in meinen Mund zu bekommen. Auf dem ganzen Weg, der tag ein Tag aus voranschreitet, waren wir nur an 2 Tümpeln vorbei gekommen. Der erste hatte noch soviel Wasser, dass alle etwas davon abbekommen konnten. Doch wir konnten nichts von dem Wasser mitnehmen, was so eigenartig schmeckte.

Der zweite Tümpel hingegen war rostbraun und nur noch pfützenartig vorhanden. Es reichte nur für einen kleinen Stuck für jeden und ich verzichtete gar darauf. Ich konnte mich nicht überwinden aus solch einen Brühe zu trinken, auch wenn meine Kehle danach lechzte, wenn es wenigstens etwas Flüssigkeit bekam. Doch ich hatte schon so viele Tage ausgehalten, da würde ich auch noch bis zum nächsten Wasserloch warten können, auch wenn ich nicht wusste wann das sein würde. Mein Körper war ausgedorrt, meine Rippen stachen durch meine Aschweisehaut die fast durchsichtig schien.
 

Mir war schwindelig und übel, sodass ich nicht weiter konnte. Abwechselnd trug mich meine Mutter, die selber nicht viel kräftiger wirkte als ein altes Pferd was Steine einen Hang hinaufziehen musste und ein magerer Mann, der auch schon seit dem letzten Tümpel nicht gerade gut aussah, da er ebenfalls keine Flüssigkeit zu sich genommen hatte. Ich wollte tapfer sein, doch meine kleinen Glieder rührten sich kaum.

Teilweise verschlief ich den weiten Marsch und hatte ein schlechtes Gewissen, dass ich nicht auf eigenen Füßen ging.

Auch meine Hoffnung lag auf der Hauptstadt, in der es klares Wasser zu er hoffen gab. Unser weg endete an einem langen Flussbett mit schneller Strömung, ich schmeckte schon förmlich das Wasser auf meiner Zunge. Ich wollte herunter gelassen werden und etwas von dem Wasser trinken, doch niemand machte Anstalten sich dem Wasserlauf zu nähern.

Mir war egal wieso sie nichts wollten, ich kämpfte mich vom Rücken meiner Mutter und plumpste auf den Boden. Meine Glieder gehorchten mir nicht und doch kroch ich förmlich über den Boden.

Ich wollte etwas trinken, mein ganzer Körper schrie nach Wasser, auf das ich so sehnlichst gehofft hatte. Doch zwei starke Arme zogen mich an den Schultern hoch und weg von Fluss. Ich wollte das nicht und wehrte mich, wieso verwerten sie mir das Wasser? Nur weil ich beim letzten Tümpel die Nase gerümpft hatte und wie ein bockiges Kind rumgejammert hatte, ich wollte nichts trinken? Wollten sie alle vor mir trinken und mich somit bestrafen? Das wollte ich nicht, ich wollte sofort etwas trinken.

Mein verschleierter Blick war auf den Fluss gerichtet. Wenn ich ehrlich war konnte ich den Fluss kaum erkennen, aber ich hörte das rauschen von Wasser klar und deutlich.

„Lasst mich was trinken“, flehte ich förmlich und versuchte mich noch immer aus den Armen heraus zu reißen. Wieso ließen sie mich nicht?

„Samira das Wasser kannst du nicht trinken“, hörte ich die beschwichtigenden Worte von meiner Mutter und dennoch halte noch etwas anderes in ihrer Stimme mit. Besorgnis.

Erst jetzt wurde ich hellhörig spürte wie mürrisch die ganzen Leute aus der Karawane waren und sich nicht bewegten, nicht auf den Fluss zu gingen. Was war hier los? Wieso bekam ich meine Augen nicht richtig auf, so als ob der Schlaf sie mir zusammen klebte, doch ich war doch hell wach, oder? Ich war mir nicht mehr sicher.
 

Aber ich erinnerte mich daran, dass hinter einem breiten Fluss die Hauptstadt lag, wieso also hielten alle inne, obwohl wir dem Ziel so nahe waren?

„Mama, was macht ihr? Wieso gehen wir nicht weiter, was ist mit dem Wasser?“, fragte ich besorgt. Die Angst beschlich mich. Ich konnte nicht sehen was vor mir lag. War es immer noch so neblig. Vor meinen Augen war alles verschwommen und grell, aber keine klaren Strukturen.

„Kannst du es denn nicht sehen?“, fragte sie fast abwesend, als ob sie sich ganz woanders befinden würde. So als ob jegliche Hoffnung ihren Körper verlassen hätte. „Nein Mama, ich kann nichts erkennen, rein gar nichts. Alles ist so verschwommen und grell. Mama was ist hier los?“, meine Stimme bebte genauso wie mein Körper, als ich merkte, dass irgendetwas nicht zu stimmen schien. Ich spürte wie sich vor mich hockte und sah einen schwarzen Schatten, der das grelle Licht ein wenig abschirmte. Ich spürte ihre knorrigen, kalten Fingerspitzen, die über mein Gesicht tasteten und auch um meine Augen herum.

„Mama was ist bloß los“, jammerte ich ängstlich und warf mich in den Schatten vor mich und landete in den Armen meiner Mutter, doch auch sie fühlte sich so kalt wie die Nacht an. Keine Wärme strömte von ihr aus. Das irritierte mich.
 

„Samira deine Augen sind so verklebt, ich weiß nicht woher das kommt, aber lass deine Augen am besten verschlossen, damit es nicht schlimmer wird“, erklärte sie mir ruhig, doch ich spürte ihre zittrigen Hände die meinen Körper umklammerten, sie verheimlichte mir etwas und ich wusste es hatte was mit mir zutun.

„Mama... was ist bloß los, wieso gehen wir nicht weiter?“, fragte ich verunsichert und klammerte mich noch fester, so als habe ich Angst sie könnte verschwinden.

„Liebes, hör mir zu, der Fluss... ist so Rot wie Blut, die Fische liegen auf der Wasseroberfläche, alles ist wie tot. Wir wollten diesen Fluss überqueren um so schneller zur Stadt zu kommen, doch es scheint wie Säure alles zu zerfressen, wir können nicht zur Hauptstadt...“, erklärte sie mir ruhiger und beherrschter Stimme. Ihr Griff wurde fester, eiserner, so als ob sie noch nicht aufgegeben hätte.

„Was machen wir dann, wohin gehen wir?“, fragte ich besorgt. Wenn unserer eigentliches Ziel nicht mehr erreichbar ist, haben wir keine Zufluchtsstätte und nun? Angst über das bevorstehende machte sich in meinen Gliedern breit und raubte mir auch den letzten Funken Hoffnung, an dem ich bis jetzt fest gehalten hatte.

„Mama, gibt es nicht einen anderen Weg in die Stadt?“, hinterfragte ich mit der Hoffnung, dass wir doch bald in Sicherheit wären.

Ich konnte nicht sehen das sie den Kopf schüttelte, aber ich spürte es, als ihr langes Haar mir um die Schultern schlug.

„Nein Samira, die Stadt ist ebenfalls tot“, wisperte sie und es war ein Wunder das ich ihre Worte verstand.

Es traf mich wie ein Schlag, ich konnte mir förmlich vorstellen, wie die Menschen aus dem roten Fluss tranken um zu über leben und die einst so prachtvollen Häuser aus Stein nur noch Ruinen wie in unserem Dorf waren. Also hatten die Soldaten auch vor unserer Hauptstadt keinen halt gemacht. Es schnürte mir das Herz zu, all die Hoffnung hier Unterschlupf zu finden war vergebens gewesen.

Den langen gefährlichen Weg fast durchs ganze Land, der so viele Opfer gefordert hatte, soll Umsonst gewesen sein? Ich wollte das nicht wahr haben. Die Hoffnung das wir hier unsere neue Heimat sein könnte war vergebens und wieder standen wir ohne all die Hoffnung hier, niemand wollte mehr weiter. Hatte die nötige Kraft überhaupt noch an eine glückliche Zukunft zu denken. Wie sollte es nur weiter gehen, gab es überhaupt noch einen Ort in unserem Land, der nicht verwüstet war? Gab es den? Und wenn wo sollte der sein und wie weit würde der Weg bis dort hin?

Ich war durstig, hungrig und fühlte mich so kaputt, obwohl ich die meiste Zeit getragen wurde.
 

Ich weiß nicht wie lange wir hier herum saßen und nichts taten, niemand schien sich zu bewegen und sich in seiner eigenen kleinen Welt zu befinden. War es denn so gut hier einfach so schutzlos herum zu liegen und wie sollte es weiter gehen.

Ein summendes Geräusch durchbrach die Stille, plötzlich wurde alles um mich herum unruhig, manche fluchten, einige andere sprangen auf und schienen los zu laufen. Doch meine Mutter blieb ganz ruhig und hielt mich fest. Das summen wurde lauter und dröhnte wiederhaltend in meinen Ohren, sodass ich Kopfschmerzen bekam. Mit aller Kraft drückte ich meine Hände auf die Ohren und verdrängte die Angst die mich zu umklammern schien.

Hätte meine Mutter mich nicht so fest gehalten, wäre ich sicher wie die Anderen auf und davon gestürmt. Ich hoffte das die kalte Luft die uns Umgab noch immer solch einen dicken Nebelschleier um uns warf und somit tarnte. Denn die eisernen Vögel mit ihren tödlichen Bienenschwärmen waren noch viel zu genau in meinem Gedächtnis verankert. Ich wollte nicht daran denken, was passierte wenn sie uns entdeckten. Ich versteckte mein Gesicht an den Hals meiner Mutter und hoffte auf den Schutz Gottes, der uns bislang immer noch beizustehen schien. Ich hörte meine Mutter vor sich hin murmeln.

Ich wusste es war ein gebet, doch die fernen Worte kannte ich nicht und so hoffte ich nur darauf, dass unser Leben uns nicht genommen werde.
 

Das kreischen der metallischen Vögel war fast über uns, ganz in der Nähe und ich hörte die wilden Bienenschwärme wie sie herunter folgen und das kreischen von Menschen, denen sie Schmerzen zufügte.

Ich versuchte alles auszublenden, die Hände noch kräftiger auf meine Ohren zu pressen und nur auf die leisen Worte meiner Mutter zu lauschen. Doch die Angst in meinem herzen konnte ich nicht bezwingen. Würde dass alles den nie ein Ende nehmen?
 

Mama, wohin soll'n wir geh'n ?

Ich will nach Hause, es ist schon so spät.

Mama, warum niederknie'n ?

Was sagst Du? Ist das nicht ein Gebet ?

Part 4

~ Ruinen ~
 


 

Wir liefen durch den dichten Nebel, der Wind rauschte und überall hörte ich die um Hilfe rufenden Menschen. Die eisernen Vögel die über uns hinweg geflogen waren, hatten Chaos in unsere kleine Karawane gebracht. Obwohl ich nichts sehen konnte, roch ich überall verbranntes Fleisch, brennende und knisternde Büsche. Es roch nach Rauch, nach Feuer und wir waren hier eingeschlossen. Die Menschen riefen um Hilfe, doch wer sollte uns hier schon hören?

Ich klammerte mich an meine Mutter, wollte nicht weg von ihr, brauchte ihre schützende Wärme. Wieso waren wir hier? Ständig schweiften meine Gedanken zurück an die bessere Zeit in unserer Heimat, die jetzt nichts weiter waren als Ruinen. Trauer erfüllte mein Herz mit dem Schmerz über den Verlust, von alle dem, was ich früher verflucht hatte. Wie töricht ich doch gewesen war. Als ich dachte ich wäre bereits in der Hölle in der mir als Frau alles verwehrt geblieben ist. Doch wusste ich noch nicht was die wahre Hölle ist. Nun war ich mitten drin, in dieser Hölle aus verschlingenden Eisenvögeln und lodernden Flammen.

Viele schienen verletzt, da ich das Jammern und Wimmern wie Trommelschläge in meinen Ohren vibrieren hörte. Aber was konnten wir machen, wer führte uns jetzt an? Wo waren wir?

„Rafft euch zusammen wir müssen hier weg, nehmt die Verletzten mit!“, hörte ich eine junge Männerstimme rufen. Der Klang dieser Stimme schien Hoffnung auf einen Fluchtweg zu geben. Ich erkannte die Stimme, mein Bruder. Ich sah in bildlich vor mir, obwohl ich eigentlich nichts sehen konnte, sah ich ihn so deutlich vor meinen Augen. Wie er das Schwert erhob und die Anderen ermutigte und die Hoffnung brachte. Wie er nach den Verletzten griff und sie auf die Beine zurück holte, ihnen Kraft gab weiter zu gehen. In eine bessere Zukunft.
 

Wie als ob er der Hoffnungsträger persönlich wäre und wie ein leuchtendes Licht allen den Weg zeigte, setzten sich die Menschen in unserer kleinen Karawane schwankend in Bewegung und marschierten los. Das Jammern und der Schmerz verstummte, das knistern des Feuers verschwamm in der Ferne und der beißende Geruch von Rauch mischte sich mit frischer sauberer Luft, die ich begierig inhalierte.
 

Der Marsch war lang, die Kehlen trocken und die Münder voller staub. Der Wind pfeift um unsere Ohren, die Erde wurde wie Sand um unsere Körper gefegt. Ich klammerte auf dem Rücken meiner Mutter. Ihr Gang war träge, wacklig. Ihr Atem ging schwer. Ich wusste das sie nicht die Kraft hatte mich weiter hin zu tragen und doch hatte ich Angst alleine auf meinen Füßen weiter zu gehen und versteckte mein Gesicht in ihrem Rücken. Hoffte darauf, dass wir endlich ein Ziel finden würden und dass das alles endlich ein Ende fand.
 

Eine endlos scheinende Strecke hatten wir hinter uns gebracht und unterwegs fanden wir sogar ein Wasserloch, dass unser alles Durst du mildern vermochte.

Mittlerweile lief ich an der Hand von meiner Mutter. Ich hatte es geschafft meine Angst zu überwinden, obwohl ich über Stock und Stein stolperte. Traurig vernahm ich, wie wir immer weniger in unser kleinen Karawane wurden. Beim letzten Wasserloch hatten wir einige zurück gelassen, was mein Herz zu schnürte. Wie sollte dass alles nur noch werden. Ich hatte Angst auf einmal alleine da zustehen.
 

„Eine Stadt, eine Stadt“, schrie die Stimme meines Bruders und es klang Hoffnung mit. Mein Herz pochte vor Aufregung lauter. Eine Stadt? Es Schmeckte süßlich wie Schokolade auf meiner Zunge. Der Gedanke, dass wir vielleicht endlich unser Ziel erreicht haben konnten und hier in Sicherheit wären. Als ob die Geister in die Körper der Menschen zurück gekehrt waren, schien meine Mutter fast loszulaufen und mich nur so hinter sich her ziehend. Wie hungrige Tiere stürzte sich unsere kleine Karawane einen Abhang hinab richtig Stadt. Zu mindestens dachte ich das. Ich hörte den Lärm von Straßenhändlern, wie ich sie aus meinem Dorf kannte und mir kamen vor Glück die Tränen. Ich wusste nicht wie lange es her war, dass ich ein vertrautes Geräusch aus meiner Heimat vernahm.

„Samira, da ist eine Stadt, eine Stadt, genau vor uns!“, hörte ich die hoffnungsvolle Stimme meiner Mutter und ich glaubte sie lächeln zu sehen.

Langsam ebnete sich die Erde unter meinen Füßen und meine Mutter wurde langsamer, ihr Atem viel ihr schwer. Nun ging sie langsamen Schrittes, schien alles in sich auf zusaugen, was sie sah.

Eine Klangwelt offenbarte sich so nah und doch so fern. Viele verschiedene Geräusche mischten sich ineinander. Manche erkannte ich, manche nicht. Der Duft von gebratenen Fleisch lief auf meiner Zunge zusammen. Händler riefen durcheinander und boten ihre Waren an. Es hörte sich für mich wie ein Paradis an. Hier wo wir waren, gab es Nahrung und Wasser und noch glückliche Menschen.

Die Tränen rangen über meine Wangen. Allah sei mit uns, dachte ich bei mir und bedankte mich dafür, endlich einen Ort gefunden zu haben, wo wir bleiben konnten.
 

„Allah sei mit euch“, begrüßte uns eine alte, raue Stimme. Schritte kamen schlurfend Näher. Ich spürte wie meine Mutter stehen blieb und sich verbeugte. Ich wusste nicht warum, aber ich tat es instinktiv ebenfalls. So als ob von der fremden Person so eine starke Präsens ausgehen würde.

„An euch klebt der Tod, ich kann euch nicht gewähren die Stadt zu betreten“, erklang noch einmal die Stimme des Fremden und nun hallte eine abwertende Haltung über uns. Seine Worte schnürten mir förmlich die Kehle zu und verboten mir die Luft einzuatmen. Was war hier los? Vor uns war die erste, lebendige Stadt die wir erreichen konnten und nun lies man uns nicht hinein? Das Bild einer glorreichen Stadt, die ich mir mit all meiner Vorstellungskraft ins Gedächtnis gerufen hatte, zersprang in tausend kleine Glassplitter und hinterlies eine undurchdringliche Finsternis. Angst.
 

„Herr, wir haben keinen Ort zu dem wir zurück kehren können. Wir sind durchs ganze Land gezogen und suchen nach einer Zufluchtsstätte. Bitte schicken sie uns nicht wieder weg“, hörte ich meinen Bruder flehen. Ich schluckte schwer. Noch nie hatte ich meinen großen Bruder so unterwürfig erlebt. Ich konnte mir vorstellen, wie er vor dem Fremden auf den Knien hockte und sich verbeugte.

„Schweig, ich bringt nur Unheil mit euch! Wenn ich euch gewähre, werden die Fremden auch über unsere Stadt hinweg ziehen. Ich seit ausgestoßene, Flüchtlinge! Verschwindet!“

Der Fremde schien kein Erbarmen und ich glaubte sogar Angst in seinen Worten mithallen zu hören. Aber was sollten wir machen? Wo sollten wir hin? Nun wo wir endlich zuflucht gefunden hatten.
 

Ich hörte wie die Schritte des Fremden sich entfernten und Unsicherheit und Verzweiflung sich über unsere Karawane legte. Langsam setzten wir uns wieder in Bewegung. Alle wussten, hier konnten wir nicht bleiben.

Ich vernahm Schritte, schnelle, laufende und doch zu leicht für einen Erwachsenen. Ich blieb stehen und sah zurück, lauschte den Geräuschen. Tatsächlich, da schien jemand hinter uns herzukommen.
 

„Hey wartet, kommt in einem großen Bogen auf die Ostseite des Dorfes, dort gibt es alte Ruinen!“ Es war die Stimme eines kleinen Jungen uns er atmete schwer. Er war wie ein grelles Leuchten in meinem dunklen Blick. Wie die Hoffnung in der Finsternis. Gemurmel brach in der Karawane aus. Unschlüssigkeit. Der Junge lief wieder weg. Seine Schritte entfernten sich. War das nun gut oder war es schlecht. Wollte er helfen oder uns in eine Falle locken. Noch immer diskutierten die Erwachsenen untereinander was sie tun sollten.

Ich zock am Ärmel meiner Mutter, wollte ihre Aufmerksamkeit erhaschen.

„Mama, lasst uns dahin, der Junge meint es gut, vielleicht können wir uns da ausruhen, vielleicht gibt es sauberes Wasser oder etwas zu essen“, versuchte ich meine Mutter weiß zu machen. Obwohl ich es selber nicht wusste, glaubte ich daran. Ganz fest.

„Samira, wir wissen nicht was uns da erwartet, wir sind hier unerwünscht. Wir müssen woanders unser Glück finden“, entgegnete sie mir mit leiser Stimme.

„Hört doch, hört doch“, mache ich erneut auf mich aufmerksam und wedle mit den Armen über meinen Kopf. Ich wusste einem Mädchen stand es nicht zu, sich so ungehörig zu benehmen, aber in diesem Moment wollte ich von dürfen und nicht dürfen, gar nichts hören.

„Sei leise, Samira“; mahnte mich meine Mutter erneut und ihr Blick lag strafend auf mir. Ich spürte wie sie mir das Wort verbot, doch ich wollte nicht hören, nicht jetzt. Nicht hier, wo wir eine Chance hatten.

„Der Junge hat doch keinen Grund uns zu belügen und sollen wir die Chance entgehen lassen hier Unterkunft zu bekommen? Wir sind alle Verletzt, haben Tagelang nichts zu essen bekommen und wer weiß wann wir das nächste Mal etwas zu trinken finden? Weiß Allah ob wir eine andere Stadt finden, die uns aufnehmen werden? Mehr als diese Chance bekommen wir vielleicht nicht noch einmal. Wir haben doch nichts mehr zu verlieren“ Ich versuchte gehör zu finden blickte zu ihnen auf, dort wo ihre Gesichten wären und hoffte, dass sie meine Worte überlegten. Ich wollte diese Chance nicht auslassen. Wollte nicht alleine hier bleiben, wollte das sie alle mitkamen. Zusammen bleiben.

„Lasst es uns versuchen“, wandte nun mein Bruder ein. Auf sein Wort vertrauten sie. Das Gemurmel versummte und unsere kleine Karawane setzte sich in Bewegung. Nur mühselig kamen wir voran. Noch immer zu viele Verletzte die Hilfe brauchten, die sich nur durch die Hoffnung auf den Beinen hielten.

Der Wind war stark, er wirbelte die Erde auf und versteckte uns vor den Augen anderen.
 

Wie der Junge sagte, ragten auf der Ostsseite des Stadtrandes Ruinen eingestürzter Gebäude aus dem Boden. Die Stadt war von einem Saum grüner Wiese umringt. Wie ein Schutzwall, der all das Unheil abhielt. So hörte ich meine Mutter mir zuflüstern.

Als wir uns näherten, schien der Junge schon auf uns zu warten. Er winkte uns und wir folgten ihm zwischen die Ruinen. Der Wind pfiff durch jede Ecke und gab gruselige Geräusche von sich. Der sandige Boden wechselte zu Stein, der wie Treppen geformt und tiefer brachte. Unter die Erde. Eine Gänsehaut schlich sich auf meine Haut. Die Temperatur fiel. Der Stein unter meinen Füßen lies eisige Kälte an meinen Beinen empor steigen. Hier sollte unsere Zukunft sein? An einem solch, kaltem Ort? Meine Hoffnung schwankte. War das wirklich die richtige Entscheidung gewesen?
 

Die Stufen endeten, hier unten war es nicht mehr so kalt. Irgendwo knisterte ein Feuer. Leises Stimmengemurmel aus einer Ecke. Der Geruch von gebratenden Fleisch und Orangen erfüllte die Luft und lies mir das Wasser im Munde zerlaufen.
 

Erleichterndes aufatmen ging durch die Runde. Meine Mutter schob mich vor sich her und setzte sich nahe der Wärme. Hier hatten sie Feuer gemacht. Viele verschiedene Stimmen murmelten, es mussten viele sein. Was machten sie hier alle unter der Erde. Ich klammerte mich an den Rock meiner Mutter. „Schon gut Samira, keine Angst“, vernahm ich ihre beruhigende Stimme. Sie lies sich nahe der Wärme nieder und zog mich auf meinen Schoss. Leise unterhielten sich die Erwachsenen und Suaheli. Leider habe ich nie gelernt sie zu sprechen, weshalb ich nichts verstehen konnte, aber ihre Stimmen waren beruhigend.

Es wurde ein Krug mit klaren Wasser herum gereicht. Es war das erste klare Wasser, seit langem und ich genoss jeden einzigen Tropfen. Auch ein Stück Fleisch auf einer Brotscheibe und einen Apfel schien jeder von uns zu bekommen. Genüsslich kaute ich darauf herum und Freudentränen rangen meine Wangen herab. Wie lange hatte ich darauf gehofft einmal wieder so leckeres Fleisch zu bekommen.
 

„Bringt die Verletzten in den Nebenraum, ein Arzt kommt gleich“, hörte ich in der Ferne eine leise Frauenstimme. Ich hörte wie manche aufstanden und dabei halfen die verletzten hinüber zu tragen. Ein Gefühl von Ruhe erfüllte mich und zum ersten Mal seit langen, erfüllte mich keine Angst. Die Hand meiner Mutter strich abwesend über mein Haar und ich hörte sie leise summen. Dankbarkeit.
 

Ich war leicht beim einnicken und lies mich beduseln, von den Gemurmel der Menschen um uns herum. Wärmen von den Flammen des Feuers und dem leichten Kopftätscheln von meiner Mutter. Da vernahm ich in der Ferne das Geschrei der Eisenvögel. Ich wollte dieses Geräusch, dass sich wie Angst durch jeden Winkel meines Körpers wiederhallte, ausblenden. Vergessen. Doch es dröhnte ohrenbetäubend in dem Raum wieder, in dem wir uns befanden. Manche kreischten erschrocken auf, andere wimmerten, betteten. Und dann bebte die Erde. Ich fiel von Mutters Schoß. Ich konnte mich kaum mit meinen Armen abstemmen, wurde immer wieder zu Boden gedrückt. Das Schreien der Menschen wurde unüberhörbar, es brach Panik aus, die Menschen liefen in diesem kleinen Raum hin und her. Schupsten sich, fielen durch das ständige beben zu Boden, rappelten sich auf und fielen wieder.

Grob packte mich meine Mutter an den Schultern und zog mich weg, drückte mich gegen eine eisige Wand, dessen Kälte sich in meinem Rück stach, wie kleine Nadeln. Tausende davon. Es schmerzte, ich wollte weinen. Konnte nicht. Meine Mutter saß über mich gebeugt, hielt mich fest. Beschützte mich.

Staub rieselte von der Decke, kleine Steine, die aus der decke aus harten Stein brachen. Alle auf meine Mutter, die mich beschützte. Das beben schien nicht aufzuhören, scheuchte die Menschen hinaus ins freie, wo ich die schrecklichen Bienenschwärme wieder hörte, die das Leben aus den Menschen rissen. Ich presste meine Hände auf die Ohren, wollte das nicht hören. Verdrängte die schrecklichen Bilder aus meinen Kopf, die meinen Körper zum schreien brachte. Angst. Pure Angst. Wieso konnte dass alles nicht endlich aufhören.

Ich wollte das es aufhörte, dass die Menschen leise wären und sich versteckten, damit ihnen nichts passierte. Doch die Menschen schrieen wie wild, liefen wie aufgescheuchte Hühner, lockten die Gefahr herbei. Und ich saß zusammen gekauert, mit schmerzenden Rücken der Kälte und mit Angst im Nacken, dass die Bienenschwärme bis hier rein drangen und uns verletzten.

Ich will nach Hause, betete ich mit den Gedanken an die schönen Momente, mit meinen Brüdern und meiner Mutter. Als wir über Felder und Wälder, über Stock und Stein unterwegs waren. Doch all diese Bilder verwandelten sich in ein rotes Meer aus Lebenssaft, der aus mir heraus tropft, au meinen Brüdern, aus meiner Mutter. Ich weinte bitterlich, wollte nichts mehr hören, fühlen, sehen und mich nicht erinnern. Ich wollte aus dieser schrecklichen Welt einfach fort. Weg, weit fort von alledem.
 

Zieh' nicht so an meiner Hand

Wieso drückst du mich an die Wand?

Und warum gehn die Lichter aus ?

Ich kann kaum noch etwas seh'n,

Sag' wieso müssen wir hier steh'n ?

Und warum geh'n wir nicht nach Haus ?

Part 5

~ Mama, bitte verzeih mir ~
 


 

„Samira, Samira, los komm“, aufgebracht und voller Furcht, hievte meine Mutter mich auf die Beine und rannte mit mir los. Über die Stufen hinauf. Die Luft wurde wärmer, erträglicher, doch schmeckte ich den Geschmack von Blut auf der Zunge und den beißenden Geruch, die die Bienenschwärme hinterließen. Noch immer hechteten die Menschen durch die Gegend, waren alle voller Panik. Die lauten Geräusche der Eisenvögel direkt über uns, die ratternden Bienenschwärme zu unseren Füßen. Das Beben der Erde, als irgendwo etwas zu Boden knallte und lauten Donner und Winde durch die Luft katapultierte. Eine dieser Druckwellen warf mich förmlich zu Boden. Doch Mutter schleifte mich regelrecht hinter sich her. Meine Beine schmerzten von den Aufschürfungen. Wo wollten wir hin, wo konnten wir uns verstecken? Wo wären wir nur sicher?

Die Bienenschwärme kamen näher. Meine Mutter zuckte schrecklich zusammen und ein Herzzereissender Schrei, dröhnte in meinen Ohren. Sie lies meine Hand los und ich hörte wie ihr Körper zu Boden knallte, wie ein Sack Reis. Panik machte sich in mir breit. Ich lies mich auf die Knie sinken und tastete unbeholfen nach ihr, bekam ihren Arm zu fassen.
 

„Mama... Mama... was ist los? Steh doch bitte auf“, jammerte ich. Die Angst schnürte mir die Kehle zu, lies mich schwer Atmen. Meine Knie waren weich wie Brühe und wollten sich nicht mehr Bewegen, so als ob ich am Boden festgewachsen wäre. Ich hörte sie wimmern, ihr Körper zitterte. Ich hatte Angst. Hatten die Bienenschwärme sie getroffen? Was sollte ich tun? Tränen quollen aus meinen geschlossenen Augen, hinterließen einen brennenden Film auf meiner Haut.

„Mama, Mama... bitte steh auf... mir müssen hier fort“, flehte ich und zerrte an ihrem Arm. Doch sie machte keine Anstalten sich zu bewegen. Nur ihr leises wimmern, war das einzige Lebenszeichen was sie von sich gab. Meine Nase lief. Ein Kloß in meinem Hals. Ich tastete mit zittrigen Fingern ihren Arm entlang zu ihrem Körper. Fühlte eine nässende Flüssigkeit durch ihre Kleindung. Wusste es war Schlimm. Blut. Die Tränen wurden mehr, bahnten sich ungehindert ihren Weg, ließen mich meinen Schmerz nur all zu deutlich zeigen.
 

Schreiende Menschen, die panisch umher liefen, wie aufgescheuchte Hühner. Niemand sah mich und meine Mutter, waren zu beschäftigt zu fliehen. Aber wohin wollten sie? Wer würde meine Mutter retten, wer würde uns helfen? Hatten wir eine Chance zu überleben?
 

Wieder ein erbeben der Erde, dass mich noch mehr zu Boden drückte, so als sei ein Sack voller Kieselsteine auf meinem Rücken. Eine Druckwelle die mich zur Seite riss, mich von meiner Mutter wegschleifte. Ihre Hand, IHRE Hand. Ich wollte nicht daran denken, was für ein reißenden Geräusch von Stoff das eben war, als ich durch die Luft geschleudert wurde und noch immer die Hand meiner Mutter umklammert hielt.
 

Ich prallte hart auf, mein Kopf dröhnte. Noch immer hielt ich ihre Hand. So leicht. Mein Körper zitterte, ich schmeckte Magensäure auf meiner Zunge. Ich wollte nicht los lassen. Nie im Leben, doch wusste ich, ich hielt nur ihre Hand.

„Mama.... wo bist du.... komm zu mir“, bat ich sie verzweifelt. Rief nach ihr. Doch ich wusste doch, dass sie sich nicht bewegen konnte, irgendwo hier lag und ich sie nicht sehen konnte. Ich versuchte meine Augen zu öffnen, doch sie waren wie verklebt und es brannte. Es brannte wie das Feuer auf dem Holz.

Ich hörte Bienenschwärme, schreiende Menschen. Roch verbranntes Fleisch, verbranntes Holz. Ich kroch auf allen vieren über den Boden. Unschlüssig in welche Richtung ich gehen sollte, wo meine Mutter lag. Wo ich war. Ich hörte die kreischenden Eisenvögel. Wusste mir blieb nicht viel Zeit.

„Mama...sag doch etwas... Mama“, ich tastete mich vorwärts. Aufgewühlte, nasse Erde unter meinen Händen. Glühende Steinchen, so groß wie Käfer brannten sich in meine Handflächen. Sie schienen überall hier herum zu liegen. Ich tastete weiter, sah bildlich vor mir, wie meine Mutter lag und nach mir rief. Doch ich hörte ihre Stimme nicht, hoffte dass sie auf mich wartete. Nicht von mir ging. Ich wollte ihr doch so viel sagen. Das brennen meiner Tränen wurde unerträglich, mein Herz hämmerte wie kleine Trommeln, ich hatte ein rauschen in meinen Ohren, so als sei ich unter Wasser. Ich konnte sie nicht finden. Verzweiflung trieb mich voran. Irgendwo hier musste sie sein.
 

Irgendwann lag ich einfach nur noch auf der feuchten Erde, mit den kleinen glühenden Käfern, die sich durch meine Kleider fraßen und sich in meine Haut brennten. Ich spürte es schon kaum noch. Mein Geist war auf Wanderschaft, über die Felder und Wälder hinweg. Ich träumte, wie ich mit meiner Mutter und meinen Brüdern zusammen in einem neuen Zuhause war. Doch mein Herz war kühl, ich wusste es war nicht real. Es würde nie wieder so werden. Die Tränen waren getrocknet, ich hatte keine Kraft mehr, meinen Körper zu bewegen, keine Willenskraft.

Ich schloss mich in mir ein, in der Hoffnung einzuschlafen und nie wieder aufzuwachen. Ich hatte nichts mehr in dieser Welt, niemanden. War ganz alleine. Wieso sollte ich also verdammt sein hier zu bleiben?

Noch immer vernahm ich in der Ferne das Gekreische der Eisenvögel, den Gleichschritt der Soldaten und die um Hilfe rufenden und betenden Menschen. Nichts war mehr Wirklichkeit für mich. Der ruhelose Schlaf nahm mich mit sich.
 


 

Es war eine lange, traumlose Wanderung ohne Ziel. Als ich zu mir kam und die Augen öffnete, hatte ich einen verschwommenen Blick in etwas helles. Ich blinzelte und blieb ganz ruhig. Mein Blick klärte sich langsam und was mir als erstes auffiel war, dass der brennende Schmerz meiner Augen verschwunden war. Ein angenehmes, warmes Gefühl breitete sich in meinem Körper aus. Endlich hatte ich einen Ort der Ruhe gefunden.

Ich konzentrierte mich auf meinen Körper, versuchte erst meine Arme, dann meine Finger zu spüren. Bewegte sie leicht. Versuchte meinen Körper zu spüren, meinem Herzschlag zu lauschen, meine Beine, meine Zehen. Ich schnappte nach Luft, atmete tief ein. Erwartete den Geruch von Blumen und frisch geschnittenen Gras. Doch stattdessen nahm ich den unangenehmen Geruch von verbrannten Fleisch und Holz wahr. Langsam entsinnte ich mich. Ich war nicht tot. Dieser Gedanke war wie Blei in meinem Hals. Ich brauchte eine Weile um darüber nach zu denken. Langsam kam auch mein Gehör wieder, ich vernahm seltsame Geräusche die ich nicht kannte und Geräusche die ich kannte.

Das knistern von Feuer auf Holz, auf dessen ein großes Topf mit kochenden Wasser stand. Das murmeln von Menschen, deren Sprache ich nicht verstand, dass wimmern und beten. Das Rascheln von Strohmatten. Wenn ich genau hinhörte, vernahm ich den prasselnden Regen, der auf Stoff zu fallen schien. Der regen traf mich nicht. Aber ich roch vage den Geruch von nasser Erde.

Ein eigenartiges Brummen, war etwas entfernt zu hören, aber es kam mir nicht bedrohlich herüber. Ein eigenartiges, gleichmäßiges Pipen ganz in der Nähe. Fremde Geräusche und doch hatte ich keine Angst.
 

Langsam versuchte ich mich aufzuraffen. Mein Rücken schmerzte, so als habe ich ewig gelegen. Ich saß auf einer Strohmatte und um mich herum waren noch mehr dieses Matten ausgelegt, auf ihnen lagen Menschen, viele Menschen. Alle verletzt. Um uns herum befand sich ein riesiges, weißes Zelt, was uns vor Regen schützte. Ob meine Mutter hier auch irgendwo lag? Mein Herz verkrampfte sich bei den schmerzlichen Erinnerungen. Ich glaubte nicht daran. Ob mein Bruder hier irgendwo war? Ich hoffte es.

Ich sah an mir herab, sah meine Hände, meine Beine, meinen Körper. All das war von schmutzig, weißen Bandagen verbunden. Wer hatte mich gerettet, wer hatte mich verbunden? Was sollte ich hier? Was würde aus mir werden?
 

Mein Blick schweifte über die Menschen, deren Gesichter ich nicht erkennen konnte. Viele waren noch mehr bandagiert als ich selber. Wieder fiel mein Blick auf meine zittrigen Hände. Irgendjemand hat mich gerettet, aber warum?
 

Ich hörte Schritte und Stimmen die nun lautet wurden. Als ich aufsah, kam eine Frau mit langen blonden Haaren direkt auf mich zu. Ihr Blick war unverwandt und freundlich. Obwohl sie mir fremd war, hatte ich keine Angst. Warum das wusste ich nicht. Als sie neben meiner Matte niederkniete, sprach sie mich an. Doch ihre Worte konnte ich nicht verstehen. Sie waren so fremd und ihre Zunge spielte mit den Lauten, die sie betonte. Es klang wie Musik. Ich legte den Kopf schief und betrachtete sie musternd. Ihre Augen hatten die Farbe der Flüsse. Solch eine Augenfarbe hatte ich bis jetzt noch nie gesehen. Obwohl ich sie nicht verstand, klangen ihre Worte beruhigend. Sie drehte sich um und winkte jemanden heran. Ein junger Mann kam näher und hockte sich ebenfalls neben meine Matte. Er unterhielt sich mit der Frau, schnell und flüssig. Langsam bekam ich Angst. Was wollten sie von mir, was würde nun mit mir passieren.

Dann wandte er sich mir zu. Sein Blick war forschend. Er nahm mein Gesicht in seine Hände und drehte meinen Kopf hin und her. Erschrocken über die plötzlichen Berührung versuchte ich mich aus seinem festen Griff zu lösen.

„Halt still, ich schau mir deine Augen an.“ Ich hielt inne. Verwundert sah ich ihn an. Ich konnte ihn verstehen. Er hatte einen anderen Akzent, aber er sprach meine Sprache und ihre auch. Ich betrachtete ihn mit Bewunderung. Noch nie war ich einem Menschen begegnet, der über 2 Sprachen verfügte. Neid stieg in mir auf, dass ich das nicht konnte. Aber ich durfte ja nicht einmal die Schule besuchen, die es einst in unserem Nachbardorf gab. Trauer erfüllte mein Herz, an die vergessenen Erinnerungen. Es war falsch hier zu sein, ich hätte bei meiner Mutter bleiben müssen.
 

Ich wehrte mich nicht, als der Mann meine Augen betrachtete und mit einer kleinen Sonne in sie hineinblendete. Weiße Punkte tanzten vor meinen Augen, verwirrten mich. Brachten leichte Kopfschmerzen. Ich schloss die Augen, als er von mir abließ, nur um darauf die Frau neben mir erneut zu betrachten. Sie war wunderschön, genauso wie ihr lächeln. Der Mann mit den kurzgeschorenen, kupferfarbenen Haaren und der rostbraunen Haut unterhielt sich wieder mit den Frau. Meine Haut kippelte vor Anspannung, was sie wohl beredeten?
 

Dann wandten sich beide an mich, betrachteten mich. Mir wurde heiß. Irgendwie fühlte ich mich unwohl unter diesen fordernden Blicken.

„Wie heißt du?“, fragte mich die Frau. Ich starrte sie mit großen Augen an, Sie konnte ebenfalls meine Sprache, auch wenn nur schwerlich. Ich konnte sie gerade so verstehen. Sollte ich ihr meinen Namen verraten? Was würde dann passieren? Wäre es gut, wäre es schlecht. Ich wusste darauf keine Antwort. Verunsichert schaute ich zwischen den beiden hin und her. Die beiden sahen sich ratlos an, ob sie dachten, dass ich sie nicht verstehen könnte.

„Sa....Samira“, flüsterte ich zurück haltend, nicht wissend, was passieren könne. Die beiden Erwachsenen wendeten sich wieder mir zu. Die Frau lächelte.

„Die Unterhalterin, sehr interessanter Name, was erzählst du denn so?“, fragte die Frau freundlich. Ich sah sie irritiert an. Die Unterhalterin? War das die Bedeutung meines Namens? Aber Mutter sagte doch immer etwas anderes.

„Nein Maria, Das ist die hebräische Übersetzung, Samira ist aber ein afghanischer Name und bedeutet ‚die immer glückliche’. Samira sag, bist du ganz alleine?“, erklärte der Mann der blonden Frau und wandte sich dann an mich. Obwohl er nicht lächelte, wirkte seine ganze Art freundlich. Meine Angst verflog. Ich schluckte.
 

„Ich...ich weiß nicht... ich habe meine Mutter nicht mehr finden können...“, flüsterte Samira bedrückt und starrte auf ihre Finger. Sie erinnerte sich nur zu deutlich an die Bienenschwärme, die ihre Mutter angegriffen hatten. Ob sie noch lebte.

„Samira, deine Mutter... die Frau, die in deiner Nähe gefunden wurde ist tot… hast du noch andere Angehörige?” Die Worte des Mannes, waren wie Bienenstacheln, die dich in mein Herz zu bohren schien. Das warme Gefühl erlosch, bei dem Gedanken, dass ich meine Mutter alleine zurück gelassen hatte. Ich konnte die Tränen nicht aufhalten, die wie Bäche über meine Wangen strömten. Weinend zog ich die Beine an den Körper und bettete meinen Kopf auf den Knien.
 

„Mama, es tut mir leid... bitte verzeih mir... bitte... ich wollte dich doch nicht alleine lassen“, schniefte ich voller Reue, dass ich hier war und sie nicht. Das es mir nicht vergönnt ist, mich auszuruhen. Was sollte ich jetzt machen? Ich war ganz alleine! Ob irgendjemand noch lebte, der sich jetzt um mich kümmern würde? Ich war mit Blut und Tod beschmutzt, niemand würde dich meiner annehmen. Dem war ich mir sicher. Ich weinte bitterlich, stundenlang, bis auch die letzte Tränen meinen Körper verlassen hatte und ich erschöpft und trostlos auf meiner Matte zu ruhen begann. Die Bilder meiner Mutter, mit ihren fröhlichen Gesicht, verwandelte sich in böse Anschuldigungen, die mein Herz zum besten brachte. Ich wollte nicht essen und nicht trinken, lag einfach nur da und tat nichts. Ich schwelgte in Schuldgefühlen, wusste nicht vorwärts. Gab nicht heraus.

Die blonde Frau namens Maria schaute ab und zu nach mir und wechselte ein paar Worte, versuchte mich zu trösten, zum essen anzuregen. Doch ich konnte ihr nicht antworten, wollte nicht. War wie eine leere Hülle. Wartete nur noch darauf zu sterben.
 

Lange sehr lange, lag ich da und aß und trank nichts. Ich trocknete aus, hörte nicht mehr auf die Signale meines Körpers. Die Frau kam mich auch immer seltener besuchen, nahm nur ihren traurigen Blick wahr, mehr auch nicht.
 

Dann kam ein fremder Mann, nahm mich auf seine Arme und trug mich aus dem Zelt. Ich sah nur noch verschwommen, wie die blonde Frau am Zeltrand stand und mir besorgt nachsah. Schuldgefühle plagten mich, ließen mein Herz für einen Augenblick aus seiner starre erwachen, doch dann sah ich die Bilder von meiner Mutter, meiner Heimat und den anderen Menschen, die alle starben und wusste auch ich würde ihnen folgen.

Mama, bitte verzeih mir....
 

Kannst du mir sagen, wo wir sind?

Wo laufen diese Leute hin?

Sag’ ist unser Weg noch weit?

Warum sagst Du denn nichts mehr?

Wieso sind deine Augen leer?

Sag’ bin ich Schuld?

Es tut mir Leid...

Extra

~ Zukunft ~
 

Der Epilog gehört nicht wirklich zur Geschichte selbst, es sind bloß die Wunscherwartungen die ich in das Kind hege, dass so viel Leid erlebt hat. Wieso sollte man ihm keine Zukunft geben? Wozu gibt es Unicef.
 

Ich hoffe das noch mehr Kindern ein besseres Leben geboten wird. Viel zu viele müssen leiden.
 

~ Epilog ~
 


 

Lange. Sehr, sehr lange habe ich gebraucht, bis der Schmerz in meinem Herzen auf ein Minimum der Erträglichkeit zurück ging. Der Mann, nahm mich mit auf eine weite Reise durch das zerstörte Land. Ich hätte nie damit gerechnet, meine Heimat einmal zu verlassen. Mein Land. Meine Familie und alles was ich kannte. Ich wurde mit einem dieser Eisenvögel ohne Bienenschwärme, mit vielen anderen Kindern weggebracht. Damals habe ich nichts mehr gespürt. Ich wusste es konnte nicht mehr schlimmer werden.
 

Wir wurden in ein fremdes Land gebracht. Eine andere Zivilisation, eine fremde Sprache, andere Kultur. Mehr Frauenrechte. Ich und 5 andere Kinder kamen bei einer Familie unter, die sehr nett zu uns war. Wir hatten ein eigenes Zimmer und uns wurde erlaubt zur Schule zu gehen. 3 Mahlzeiten am Tag und neue Kleider.
 

Meine neue Lehrerin lobte mich immer sehr. Sie mochte mich wohl. Ich war sehr Wissbegierig und Klug, so sagte sie. Sie gab mir viele Bücher zu lesen. Ich erlebte sehr, sehr viele neue Dinge.
 

Doch jede Nacht kehrte ich auf Wanderschaft in meine Heimat zurück und versuchte meine Mutter wieder zufinden. Doch mittlerweile habe die Schuldgefühle begraben. Meine Lehrerin erklärte mir, dass ich nichts an ihrem Tod hätte ändern können.
 

Meine neue Familie gestattete mir ein kleines Grab in ihrem Garten zu bauen und jeden Tag zu beten. Das half mir, mich von meinem alten Leben zu trennen und ein neues zu beginnen. In dem mir alle Möglichkeiten offen gelegt wurden.

„Mama.... ich werde dich nie vergessen. Ich liebe dich“, flüsterte ich dem kleinen Steingrab, mit gefalteten Händen, zu.
 

Mama ana ahabak - Mama ich liebe Dich !

Mama ana ahabak - Komm doch und beschütze mich !
 


 

~ Ende ~



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Kommentare zu dieser Fanfic (9)

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Von:  Dragonaura
2010-01-24T18:30:23+00:00 24.01.2010 19:30
Erst einmal wollte ich dir danken, dass du dir dieses Lied ausgesucht hast, denn sonst hätte ich das wohl nie kennen gelernt... aber so liebe ich dieses Lied!!!
Die Umsetzung war echt super, du hast den Schrecken des Krieges gezeigt, dabei aber nie vergessen in der Wahrnehmung des Kindes zu bleiben. Wirklich super!
Teilweise wurde die Beschreibung der Wanderung etwas langwierig. Und es haben sich doch ab und zu einige Rechtschreibfehler bei dir eingeschlichen. Nicht viele und auch keine schlimmen, aber ich würde dir empfehlen trotzdem noch einmal drüber zu gucken...
Das Ende hat mir gefallen. Samira darf eine Schule besuchen und ist in einem Industriestaat, vielleicht in Deutschland?! Das gibt zumindest ein wenig Hoffnung!
Wirklich, deine Geschichte hat mir sehr sehr gut gefallen!
Von:  Dragonaura
2010-01-24T18:13:04+00:00 24.01.2010 19:13
Wow! Ich hab das erste Kapitel mit Gänsehaut gelesen und kann nur sagen: SUPER!!!
Ich finde es total autentisch, dass die Geschichte aus der Sicht des Mädchens geschrieben ist. Natürlich kennt das keine Hubschrauber, aber dagegen kennt es seine eigene Welt sehr gut. Vielleicht hättest du ein wenig länger das friedliche Dorfleben beschreiben können, so kommt die Hektik etwas schnell, aber wie schon gesagt, ich hatte beim lesen Gänsehaut!!!
Von:  Marge91
2010-01-06T21:59:12+00:00 06.01.2010 22:59
super kapi
mach weiter so
das ist ein super kapi
man da fehlen mir doch klatt die worte
weißt du das
ein super maga dickes lob
mfg Marge
:)
;)
:)
;)
Von:  Marge91
2010-01-06T21:54:15+00:00 06.01.2010 22:54
super kapi
mach wieter so
freu mich schon auf mehr
ein super maga dickes lob
mfg Marge91
Von:  Marge91
2010-01-05T21:43:07+00:00 05.01.2010 22:43
super kapi
mach wieter so
freu mich schon auf das nächste kapi
ein maga dickes lob
von mir
mfg Marge91
:)
;)
Von:  Marge91
2009-12-12T22:40:35+00:00 12.12.2009 23:40
super kapi
mach wieter so
freu mich schon auf das nächste kapi
mach wieter so
mfg Marge91 :)
Von:  Marge91
2009-12-11T22:24:37+00:00 11.12.2009 23:24
super kapi
voll cool finde ich
schreib schnell wieter
ein dickes lob von mir
mfg Marge91 :) ;) :-) ;-)
Von:  XchaosX
2009-08-31T11:51:40+00:00 31.08.2009 13:51
Wow. Toll geschrieben!
Mir gefällt das echt gut.
Es ist wirklich sehr emotional und kann die Angst des Kindes und die ungewissheit gut nachvollziehen.
Ich freu mich schon total auf das nächste Kapi!

Von:  Marge91
2009-08-26T20:50:26+00:00 26.08.2009 22:50
super kapi
das ist einfach toll
freu mich schon auf das nächstes kapi
also schreib schnell wieter
mfg Marge91 :-)


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