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Der Weg eines Kindes

Mama Ana Ahabak – Die Geschichte zum Lied
von

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Part 2

~ Strahlendes Licht ~
 


 

„Samira, wach auf, wir müssen weiter!“

Es war noch vor der Morgendämmerung, als meine Mutter mich weckte. Nur mühselig bekam ich meine müden Augen geöffnet und versuchte meinen trägen Körper auf die Füße zu bekommen.

Es schien erst einige wenige Stunden vergangen, als ich endlich Zeit gefunden hatte mich hinzulegen. Wir hatten auf einer weiten Ebene unter ein paar verkohlten Baumstümpfen gerastet, da es hier weit und breit keine Versteckmöglichkeiten gab. Alles war niedergemäht worden, von riesigen, eisernen Monstern, die den fremden Soldaten gehörten. Weite öde Landschaften, aus umgewühlter Erde, toten Menschen, so weit das Auge reichte und tiefen Kratern, in denen sich Eisenkugeln befanden.

Mutter sagte, sie würden uns alle in fetzen Reißen, wenn wir so etwas je berühren sollten. Eigentlich glaubte ich nicht alles, was sie mir erzählte, doch in den letzten Tagen hatte ich so viele Tote ohne Arme und Beine gesehen, dass es mir immer wieder Kalt den Rücken herunterlief, wenn ich auch nur daran dachte.

Ich sah eine alte Frau neben mir liegen, sie war schon länger auf der Welt als meine Mutter und ich erkannte ihr eingefallenes, faltiges Gesicht noch von zu Hause. Ich hatte nie wirklich mit ihr zutun gehabt und doch schnürte es mir das Herz zusammen, sie so ruhig da liegen zu sehen.

Ich traute mich nicht sie zu berühren, sah ihren leeren Blick und dass sie nicht zu Atmen schien. Ich schluckte hart und schmeckte Magensäure auf der Zunge, die mich ekeln lies. Wir alle hatten schon seit längeren nichts mehr gegessen.
 

Ohne etwas zu sagen, folgte ich meiner Mutter mit langsamen Schritten, obwohl mein Magen knurrte und mein Körper sich so schwer anfühlte, als ob ich noch einen Sack voll Steine auf meinem Rücken tragen müsste.

Mit einer kleinen Karawane sind wir aus unserem zerstörten Dorf losgezogen, nachdem das Wasser in den Brunnen versiegt war, die Nahrungsmittel aufgebraucht und die Angst um die Rückkehr der großen Vögel unerträglich wurde.

Mein Heimatdorf war von riesigen Eisenvögeln angegriffen worden, die alles vernichtet hatten und nur Chaos und Zerstörung zurück ließen.

Nur wenige aus unserem Dorf hatten überlebt und die schweren Tage nach dem Angriff nutzten wir um Begräbnisse zu halten und unsere restlichen Lebensmittel aufzuteilen.

Doch sogar mir war klar, dass wir nicht bleiben konnten. Meine Mutter erklärte uns, dass dieses Land in einen Krieg verwickelt war und die fremden Menschen keinen halt machten uns Unbeteiligte zu töten. Die Tatsache, dass unser Leben auf dem Spiel stand, lastete schwer auf mir. Erst hatten wir vor gehabt unser Dorf wieder aufzubauen, doch dann kamen die Soldaten und verscheuchten uns, schossen mit ihrer Gewehren nach uns und wir hatten keine Chance irgendetwas mitzunehmen.

Alles hatten uns die Fremden genommen und so blieb uns nichts anderes übrig als unsere Heimat, die nur noch aus Trümmern bestand und den Menschen die wir gern gehabt hatten, aber die Reise nicht mehr antreten konnten, Lebewohl zu sagen und uns blieb nur die Flucht.

Mutter sagte wir würden uns eine andere Heimat suchen, weit weg von diesem Krieg. Doch wo lang wir auch kamen, war alles vom Feuer der Waffen niedergebrannt worden, nur vereinzelte Tiere versuchten sich noch zu verstecken, der Rest war bereits weiter gezogen, wie unsere kleine Karawane es tat.
 

Der Tag unserer Flucht war mir wie ins Gedächtnis gebrannt worden. Die zahlreichen panischen und nach Hilfe schreienden Menschen, die Schüsse aus den Gewehren der fremden Soldaten und ihr gehässiges Lachen.

Zum ersten Mal hatte ich Angst gehabt zu Sterben, aber irgendwie hatten wir es geschafft zu überleben.

Nun waren wir schon seit Tagen unterwegs, weck aus unserer Heimat, die wir nicht mehr als solche bezeichnen konnten und unser Weg führte uns durch eine flache, baumlose Ebene von einer Stadt zur nächsten.

In der Hoffnung irgendwo einen Unterschlupf zu finden. Doch was wir vorfanden waren nur noch mehr Trümmer und Ruinen und viele tote Menschen, was mir mein Herz zerrissen. Die Soldaten und ihre Maschinen waren bereits weiter gezogen und hinterließen nur Chaos und Zerstörung im ganzen Land, dass ich einmal so etwas erleben würde, hätte ich mir nie erträumt. Dachten die Menschen denn überhaupt nicht nach, was sie hier anrichteten? War es ihnen egal?
 

Der schmale Weg, über den ich barfuss ging, fühlte sich steinig und plattgetreten an, obwohl an den Rändern des Weges noch vereinzelte Grasbüschel wuchsen und kleine Insekten darauf lebten, war der Rest der eins so grünen Wiese, die so voller Leben gewesen war, nur noch eine Steppe aus umgewühlter Erde, toten Tieren und schwarzer Erde, die mich an den Steinofen bei uns zu Hause erinnerte.

Es roch nach gebratenen Fleisch und verbrannten Brot, obwohl niemand sich etwas zu essen kochte, da wir nichts hatten. Mein Mund war trocken und meine Kehle brannte von der staubigen Luft, die meine Atemwege zu versperren drohten. Ständig musste ich durch das kratzende Gefühl in meinem Rachen husten und atmete ungewollt noch mehr von dieser schädlichen Luft ein. Es hinterlies einen unangenehmen Schmerz in meiner Atemwegen und zog sich bis in meine Brust.

Eine Briese fegte über die weite Ebene, auf der wir entlang wanderten und wirbelte Staub auf, die uns die Tränen in die Augen trieb.

Obwohl sich langsam der Tag zu erhellen schien, war der Himmel grau und von dicken Wolken bedeckt, aber trotzdem würde es nicht regnen, denn das hatte es schon seit Tagen nicht mehr getan.

Die Atmosphäre war trist und erdrückend, es nahm uns all die Hoffnung, dass es wieder besser werden würde.

In der Ferne hörte ich die Geräusche von fahrenden Motoren und dem Schreien der getöteten Erde, auf der die fremden Menschen, mit ihren eisernen Maschinen entlang fuhren und alles Leben nahmen, was sich ihnen in den Weg stellte. Manchmal kam mir der düstere Gedanke, dass es nicht mehr Menschen waren, die uns nach dem Leben trachteten und unser Land vernichtete, sondern Dämonen. Früher hatte mein älterer Bruder mir immer damit gedroht, dass mich die Dämonen holen würden, wenn ich immer so unartig wäre. Früher wollte ich ihm nicht glauben, aber nun kam mir der Gedanke, dass er Recht haben könnte und dies machte mir Angst. Angst das ich die Schuld an dem Sterben des Landes heraufbeschworen hatte, da ich als kleines Kind meine Heimat verfluchte, weil alles so ungerecht war. Eine Vibration des Bodens unter meinen Füßen riss mich aus meinen Gedanken.

Mein Blick schweifte wieder über die Ebene, die größtenteils von tiefhängenden Nebel verdeckt wurde und mir die Sicht versperrte. Ich vermutete das diese leichte Erschütterung durch den Gleichschritt, der vielen fremden Menschen verursacht wurde, die sich in nicht allzu weiter Entfernung befinden müssten. Ich spürte das Zittern meines Körpers, obwohl mir nicht kalt war und der plötzliche Schweißausbruch auf meiner Haut, lies mich erstarren, Angst bekommen. Was wenn die Soldaten unseren Weg streifen würden? Hier hatten wir keine Chance uns zu verstecken, wie bei uns zu Hause in der Aushöhlung im Boden.
 

„Samira bleib nicht stehen, sonst holen dich die Soldaten“, hörte ich die mahnende Stimme meines älteren Bruders. Ich hatte gar nicht bemerkt, wie ich stehen geblieben war, um über die weite zerstörte Ebene zu schauen, die mir nur umgewühlte Erde, umgestürzte, teils verbrannte Bäume und aufwirbelnden Staub zeigte.

In der Ferne dachte ich, die Soldaten durch den dichten Nebel, der sich über die weite Ebene gelegt hatte, zu erkennen.

Doch es lies mir einen kalten Schauer über den Rücken jagen, bei dem Gedanken, dass sie schon so nahe zu sein schienen. Ich wendete mich von der Ebene ab, zurück auf den Weg und sah wie mein Bruder in einiger Entfernung stehen geblieben war und auf mich wartete. Die Karawane schien schon ein ganzes Ende weiter Talabwärts, den hier neigte sich der schmale Pfad wie auf einem Hügel, von dem man fast alles erkennen konnte.

„Beeil dich Samira“, rief er mir zu und winkte mit einem erhobenen Arm nach mir, doch irgendetwas lies mich stehen bleiben, nicht zu ihm gehen. Wieder begann mein Körper zu zittern.
 

Plötzlich sauste ein heller Strahl wie in einem Bogen am Himmelszelt über unseren Köpfen entlang. Ich starrte wie gebannt in den Himmel, der mit dicken, grauen Wolken, alles zu verdunkeln schien, bloß diese Sternschnuppe erhellte für einen Augenblick alles um uns herum.

Ich folgte dem Strahl aus Licht, bis er in der Ferne zu verschwinden schien und erlosch, bloß um im nächsten Moment, mit faszinierenden Blick zu beobachten wie sich in der Ferne das Licht wie eine Kugel formte und alles erhellte. So als ob dort die Sonne aufgegangen wäre.
 

Dann kam ein ohrenbetäubender Knall, der die Erde unter meinen Füßen zum erzittern brachte und ich den halt verlor. Es klang, als ob dieses Licht auf die Erde geknallt war, wie die Eisenkugeln, die in den tiefen Kratern lagen. Ein Sturm folgte, der mir meine Haare ums Gesicht schlug und mich am Boden fortzutragen schien.

Ein weiterer Strahl aus Licht flog durch den Himmel und schlug ebenfalls auf die Erde und entlud sich mit strahlenden Licht und einer Druckwelle aus Wind.
 

„Samira, in Deckung“, hörte ich meinen Bruder schreien und im nächsten Moment spürte ich wie ich zu Boden gedrückt wurde und mein Bruder seine Arme um mich schlang, als wir beide die Anhöhe hinunter kugelten. Immer und immer mehr dieser seltsamen Lichten flogen über unseren Köpfen vorbei. Wir rollten immer schneller hinunter und mir wurde schwindelig dabei.

Abrupt endete unser Weg und mein Bruder knallte mit dem Rücken gegen einen Baumstumpf und sein Schrei dröhnte mir in den Ohren. Vor Angst klammerte ich mich förmlich an seine Brust. Hoffte, dass er sich nicht weh getan hatte.
 

„Hanji? Alles okay?“, frage ich vorsichtig und versuchte mich aus den Armen meines Bruders zu befreien, die schlaff auf mir lagen und mich festhielten. Ich kniete neben ihm und rüttelte an seiner Schulter. Wartete darauf, dass er die Augen öffnen würde und mich anlächelt. Doch er blieb regungslos liegen und Angst beschlich meinen Körper und lies mich zittern.

Wieder erhellte es sich in der Ferne und der Donner grollte, obwohl kein Gewitter zu sehen war und kein Tropfen Regen fiel, der meinem Gemüht gleich sprach. Ich wollte meinem Schmerz freien Lauf lassen, doch keine einzige Träne wollte meinen Augen entweichen.

Ich rüttelte an ihm, hoffte er würde aufstehen, doch das Gefühl von Leere machte sich in meiner Brust breit. Auch wenn ich es nicht verstand, wusste ich das ihm das Gleiche wie der alten Frau und vielen anderen Menschen passiert war. Er war von uns gegangen.

Ich starrte auf meine Knie, auf den ich kniete und blickte auf meine zitternden Hände und dann bannten sich die Tränen einen Weg über meine Wangen.

„Hanajiiii“, schrie ich hinaus und versuchte dem Schmerz hinweg zu schwemmen. Ich wollte nicht Wahrhaben, dass ich schon wieder einen wichtigen Menschen verloren haben könnte.
 

Sind das Sternschnuppen da oben ?

Was ist dort vorbei geflogen ?

Warum friere ich so sehr ?

Warum schlägt dein Herz so schnell ?

Wieso wird es dort hinten hell ?

Wo kommt dieser Donner her ?



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Marge91
2009-12-12T22:40:35+00:00 12.12.2009 23:40
super kapi
mach wieter so
freu mich schon auf das nächste kapi
mach wieter so
mfg Marge91 :)


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