Zum Inhalt der Seite

Welt der Dinosaurier

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Hochmut kommt vor dem Fall

Kapitel 2

Hochmut kommt vor dem Fall
 

Und wieder wurde er aus dem Unterricht gerufen. Wieder hatte ein Schüler sich nicht an die Regeln gehalten. Wieder hatte sich ein Schüler verletzt. Raidon konnte nur den Kopf über diese leichtsinnigen Kinder schütteln.

'Was denken die sich eigentlich, im Sportunterricht einfach ohne Aufsicht oder Einweisung an den Geräten rumzuklettern', dachte er, als er durch die Gänge der Schule zur Sporthalle eilte. Was er bisher erfahren hatte, ließ nichts gutes erahnen. Der Notarzt war bereits verständigt worden, das hatte er durch das Funkgerät erfahren, welches an seinem Gürtel hing. Warum sie ihm nicht durch das Funkgerät Bescheid gesagt hatten, sondern eine Schulweite Durchsage gemacht hatten, war Raidon schleierhaft, aber das war egal. Alles was zählte, war, dass er wusste, dass es bei dem Verkehr in der Innenstadt Tokios dauern konnte, bis der Notarzt an der Schule eintraf. Raidon umklammerte den Träger des Erste-Hilfe-Koffers, den er als Schulsanitäter auch im Unterricht immer bei sich hatte, fester. Wenn es dem Schüler schlecht ging, oblag es ihm, ihn so gut wie möglich zu versorgen. Seit Raidon ein Schulsanitäter geworden war, waren zwar mehr Unfälle passiert -was daran lag, dass die neuen Schüler einfach nicht mehr wussten, was Disziplin bedeutete- , aber es hatten weniger Verletzte Folgeschäden erlitten. Nur bei zweien, die unglücklich aus dreieinhalb Metern Höhe gefallen waren, waren Lähmungen aufgetreten.

'Warum passiert sowas eigentlich immer genau dann, wenn ich am weitesten von der Sporthalle entfernt bin', dachte sich der Jugendliche, während er am Direktorat vorbeilief. Das Direktorat bildete mit dem Gang davor den Verbindungsteil zwischen dem linken Flügel der Schule und dem rechten. Raidon war gerade Unterricht im linken Flügel, am äußersten Ende der Schule, als die Durchsage gekommen war, dass es zu einem Unfall in der Sporthalle gekommen war.

Doch anstatt über den Hof zu laufen, wie er es sonst immer tat, musste Raidon den ganzen langen Weg durch den gesamten linken Flügel entlang bis zum Direktorat, dann hinüber in den anderen Flügel, und dann dort wieder den ganzen Flügel entlang zur Sporthalle laufen, weil der Hausmeister die Schlüssel verlegt hatte. Die Seitentüren hatten einen anderen Schlüssel als die Haupttür und die Zwischentüren, damit Einbrechern das Einbrechen erschwert wurde. Als ob jemand in eine Schule einbrechen würde.

Raidon rannte fluchend weiter in den rechten Flügel der Schule und dort den Weg zur Sporthalle entlang. Manche Klassenzimmertüren waren geöffnet worden, und Raidon konnte kurze Blicke auf die Schüler erhaschen, die darin saßen. Die Schüler starrten alle zur Türe, da sie wussten, das ein Unfall passiert war und Raidon kommen würde. Er hatte einen zweifelhaften Ruf an der Schule. Früher war er einer der schlimmsten Schläger gewesen. Er hatte andere gequält, nur weil ihm langweilig gewesen war oder weil sie ihm über den Weg gelaufen waren. Aber das hatte sich geändert. Jetzt war Raidon einer der beiden Sanitäter der Schule, und somit lastete eine Menge Verantwortung auf seinen Schultern.

Die Lehrer in den Klassenzimmern versuchten zwar, die Schüler dazu zu bringen, wieder besser aufzupassen, aber diese interessierten sich mehr für Raidon und den Unfall als für die Lehrer.

'Wieder ein Beispiel für die mangelnde Disziplin', dachte sich Raidon. Dann erreichte er die Sporthalle. Die Türen wurden von zwei Schülern aufgehalten, die den Ernst der Lage verstanden. Neben dem Geräteraum stand der Sportlehrer und ein Teil der Schüler. Sie hatten die Geräte, die den Unfall verursacht hatten, zur Seite geschafft, damit Raidon nicht durch sie gestört werden würde.

“Was ist passiert?”, keuchte der Sanitäter.

“Tetsuya ist auf den Barren geklettert und hat dort herumgeturnt. Dann ist er abgerutscht und auf den Boden gekracht”, berichtete der Lehrer. In seinen Augen war der Schock über den Unfall deutlich zu sehen. Raidon wusste, dass man sich daran nicht gewöhnen konnte.

“Lagen keine Matten da, um den Aufprall zu dämpfen?”, fragte er weiter, während er zu dem am Boden liegenden Verletzten ging. Der Lehrer folgte ihm.

“Nein. Wir hatten gerade erst mit dem Aufbauen begonnen”, sagte er. Raidon nickte.

“Bitte bringen sie die Schüler hier raus. Sie sollten nicht sehen, wie schwer Tetsuya verletzt ist!” Raidons Stimme hatte einen autoritären Ton angenommen.

Der Lehrer nickte, froh, etwas tun zu können. Er bewunderte die Ernsthaftigkeit des Jungen und dessen Autorität. Er ging zum Rest seiner Klasse und führte diese aus der Sporthalle in ein nahegelegenes Klassenzimmer.

Raidon stellte den Koffer ab, kniete sich auf den Boden und begann, den Schüler zu untersuchen. Das wurde durch die verdrehte Haltung des Schülers nicht gerade vereinfacht, doch Raidon wagte nicht, ihn zu bewegen, bevor er nicht in etwa wusste, ob Knochen, oder besser, Wirbel verletzt waren. Der Schüler war ohnmächtig geworden. Raidon wertete dies als schlechtes Zeichen. Er hoffte, dass er etwas tun konnte, bis der Notarzt eintraf. Denn er wusste, dass jede Sekunde zählte.
 

Atoeru warf einen letzten Blick auf den Verletzten, dann ging er mit dem Rest der Klasse in das Klassenzimmer, in das der Lehrer sie geführt hatte.

'Tetsuya. Du hast mal wieder bewiesen, dass du deinem Namen alles andere als gerecht wirst', dachte der Neunjährige. Er war gefasst, obwohl einer seiner Klassenkameraden schwer verletzt worden war. Atoeru konnte Tetsuya nicht leiden. Genausowenig wie er die anderen Jungs in seiner Klasse nicht leiden konnte. Ebenso wie diese ihn nicht leiden konnten. Tetsuya war der schlimmste. Er war der Anführer der Jungen-Clique. Atoeru war jedoch nicht schadenfroh, und freute sich deshalb nicht, dass Tetsuya sich verletzt hatte. Er registrierte es und verdrängte es dann aus seinen Gedanken.

Atoeru begann, tief ein- und auszuatmen, um sich zu beruhigen, eine Technik, die er im Judo gelernt und zu Hause und in der Schule verbessert hatte. Diese Technik war einer der wenigen Gründe, warum Atoeru noch nicht ausgerastet war. Die ganze Klasse, die nur aus Jungen bestand, grenzte ihn aus. Alle hörten sie auf Tetsuya. Daher war auch die Bestürzung und der Schock über den Unfall des Klassen- und Cliquen-Chefs umso größer. Atoeru schloss die Augen, um nicht mit ansehen zu müssen, wie seine Klassenkameraden weinten. Dass er es hörte, reichte schon völlig.

Ein Großteil seiner Klasse hatte Tetsuya bewundert. Außerdem hatte er sich durch andere waghalsige Aktionen den Ruf einer unverletzlichen Person erarbeitet. Durch all diese Ereignisse davor, bei denen Tetsuya sich nicht verletzt hatte, war dieser Schock, den die Klassenkameraden von Atoeru empfanden, noch vergrößert worden. Gerade waren alle ihre Vorstellungen, ja ihre gesamte Welt zerbrochen. Sie hatten geglaubt, dass ihrem Anführer nichts passieren könnte. Atoeru wusste, wie kindisch dieser Traum war, war er doch selbst noch ein Kind, wenn auch erstaunlich reif. Er blendete das Schluchzen der Anderen aus und atmete ruhig weiter. Dies wirkte jedoch nur einige Sekunden.

“Entschuldigung, Sensei, mir ist nicht gut. Darf ich auf die Toilette?”, fragte Atoeru, nachdem er es in der Klasse nicht mehr aushielt. Der Lehrer sah ihn an, sah, dass Atoeru ein bisschen blass geworden war, und nickte dann. Atoeru stand auf und verließ das Zimmer. Zuerst wollte er wirklich auf die Toilette gehen, doch dann überlegte er es sich anders. Er ging noch einmal zur Sporthalle und spähte hinein.
 

Raidon hatte inzwischen Verstärkung bekommen. Sein Bruder Yokato, der andere Schulsanitäter, hatte sich von der Klassenarbeit, die er gerade schrieb, entfernen dürfen, auch wenn das eine kleine Diskussion mit dem Lehrer nach sich ziehen würde, und war jetzt ebenfalls an der Sporthalle angekommen.

“Was ist passiert?”, fragte er.

“Der Junge hier dachte, es wäre cool, auf einem Barren rumzuturnen, unter dem keine Matten lagen”, meinte Raidon. Er hatte gerade den Oberkörper des Jungen vorsichtig angehoben und tastete jetzt den Rücken ab.

“Ich denke, ich kann mir vorstellen, was passiert ist”, sagte Yokato nur, dann griff er ebenfalls an den Rücken des Jungen und stabilisierte ihn. Raidon konnte die Wirbel jetzt mit beiden Händen untersuchen. Die beiden waren Geschwister, eineiige Zwillinge sogar, und verstanden sich auch ohne Worte.

“Ah. Hier scheint etwas zu sein”, meinte Raidon kurze Zeit später. Er war mit der Untersuchung der Wirbel beinahe bis zum Becken gekommen. “Die Wirbel sind verschoben. Aber so wie es aussieht, nicht weit genug, dass die Nervenbahnen zerrissen wurden, hoffe ich. Er scheint Glück im Unglück gehabt zu haben.”

“Dann sollten wir dafür sorgen, dass ihn dieses Glück nicht verlässt”, sagte Yokato. Er ließ den Jungen vorsichtig wieder zu Boden, nachdem Raidon die Untersuchung beendet hatte. “Hatte er sonst noch Verletzungen?”, fragte der Zwilling seinen Bruder.

“Einige Prellungen und eine Platzwunde am Kopf. Die habe ich aber bereits versorgt”, antwortete er. Yokato nickte, griff in den Koffer und holte einen Verband heraus, mit dem sie den Rücken stabilisieren konnten. Raidon hatte bereits zwei ausfahrbare Stangen, die er nach langer Diskussion mit der Schulleitung als Zusatz zu der normalen Ausstattung genehmigt bekommen und bestellt hatte, herausgeholt. Er legte die Stangen bereit, um sie schnell verwenden zu können.

“Jetzt haben wir ein kleines Problem”, sagte Yokato dann, als er überlegte, wie sie es am geschicktesten anstellen könnten. “Wir bräuchten zwei Hände mehr, um ihn zu stabilisieren!”

“Wo bekommen wir so schnell jemanden her, der und helfen kann? Dem Lehrer traue ich das jetzt im Moment nicht zu, der zittert zu stark. Der Schock war zu groß”, meinte Raidon. Dann bemerkte er eine Bewegung an der Tür. “Hey, du, komm mal rein”, sagte er lauter.

Atoeru fuhr zusammen. Einer der beiden Igumis hatte ihn entdeckt. Er war sich nicht ganz sicher, welcher es war, aber er schätzte, dass es Raidon gewesen war. Atoeru bewegte sich vorwärts und betrat die Sporthalle.

“Du bist einer der Mitschüler, oder?” Raidons Blick bohrte sich in Atoeru wie ein Pfeil.

“J... ja”, stammelte der Junge. “Ich bin... Ato... Atoeru. Ich...”

“Hilf uns”, unterbrach ihn Raidon. “Ich bin mir sicher, du willst nicht, dass dein Kamerad hier leidet, oder?”

'Will ich das wirklich nicht?', dachte Atoeru, dann bewegte er sich auf die beiden Sanitäter und Tetsuya zu. Er kniete neben der Person, die er wahrscheinlich am meisten hasste, nieder. “Was soll ich tun?”, fragte er. Raidon drückte ihm die Stangen in die Hand.

“Yokato wird gleich den Körper deines Freundes anheben. Du hälst die Stangen dorthin, wo ich es dir sage, und ich werde mit einem Verband den Rücken deines Kameraden hier stabilisieren”, erklärte Raidon. Yokato hob den Körper des Jungen vorsichtig an. Raidon zog zwei Linien auf dem Rücken des Verletzten, die entlang der Wirbelsäule verliefen. Atoeru hielt die Stangen an die angezeigten Stellen. Raidon öffnete den Verband und stabilisierte das Rückrat des verletzten Jungen. Als er fertig war bedeutete er Atoeru loszulassen. Yokato ließ den Verletzten langsam zu Boden. Von draußen hörte man das Geräusch der Sirenen. Der Notarzt war eingetroffen. Und ein Krankenwagen war auch dabei.

“Danke, Atoeru”, sagte Raidon. “Du hast uns sehr geholfen. Aber jetzt solltest du in deine Klasse zurück!” Atoeru sah Raidon erstaunt an. Dann stand er auf. Er verließ die Sporthalle und kehrte verwirrt in das Klassenzimmer zurück.

“Was ist passiert, Atoeru?”, fragte ihn sein Lehrer. Doch Atoeru überhörte die Frage. Er war zu tief in Gedanken versunken. Raidon, derjenige, der an der ganzen Schule noch immer als Schläger verschrien war, hatte sich bei ihm bedankt. Und er selbst hatte geholfen, Tetsuya, seinen Rivalen, die Person, die er wohl am meisten hasste, wahrscheinlich vor einem schlimmen Schicksal zu bewahren. Die Welt war verrückt geworden, so kam es ihm jedenfalls vor.
 

Die Sanitäter kamen mit einer Trage in die Turnhalle. Raidon und Yokato erwarteten sie bereits.

“Was ist passiert?”, fragte der Notarzt, der den beiden Trägern folgte.

“Der Schüler ist vom Barren gestürzt und mit Rücken und Kopf auf den Boden aufgeschlagen. Er hat einen verschobenen Wirbel, den wir bereits fixiert haben, und eine Platzwunde am Kopf, wahrscheinlich auch eine Gehirnerschütterung. Die Platzwunde ist ebenfalls versorgt. Aber da wir nicht die richtige Ausrüstung haben, können wir nicht sagen, ob er innere Verletzungen hat”, berichtete Yokato schnell und sachlich.

“Ihr habt ihn versorgt?”, fragte der Notarzt. Dann sah er den Koffer, der neben dem Jungen auf dem Boden stand. “Ihr seid die Sanitäter der Schule?”

“Ja, das sind wir”, antwortete Yokato. “Wenn sie wollen, können wir während der Fahrt weiterreden. Es ist meine Pflicht, den Schüler ins Krankenhaus zu begleiten!”

Der Notarzt winkte den Trägern, die die Trage neben dem Schüler auf dem Boden abstellten. Sie beugten sich herunter und hoben den Schüler vorsichtig auf die Trage. Dann deckten sie ihn zu, sicherten ihn und hoben die Trage wieder auf. Der Notarzt bedeutete Raidon, ihm zu folgen, und lief mit den Sanitätern zurück zum Auto.

Raidon sah seinen Bruder kurz an, dann folgte er dem Notarzt.

Yokato ging zum Koffer und räumte alles, was Raidon für die Behandlung der Platzwunde benutzt hatte, in eine Tasche im Koffer, damit er sich daran erinnerte, es zu desinfizieren. Dann klappte er den Erste-Hilfe-Koffer zu und verließ die Turnhalle. Er schloss die Tür und ging zum Klassenraum, in welchen der Sportlehrer seine Klasse geführt hatte. Er klopfte an und trat ein.

“Die Sporthalle bleibt für heute geschlossen”, sagte er dem Lehrer. “Bitte sagen sie das auch den anderen Lehrkräften. Ich werde den Direktor informieren. Wenn es Probleme gibt oder jemand ein bisschen seelische Unterstützung braucht, dann schicken sie die Schüler zu mir. Ich werde vorerst im Krankenzimmer bleiben.”

“Ich werde es den Lehrern sagen. Wie geht es ihm? Wird er...”, fragte der Lehrer mit ängstlicher Stimme. Auf seiner Stirn glänzte der Schweiß, denn er wusste, dass er auf jeden Fall eine disziplinarische Ermittlung über sich würde ergehen lassen müssen, und dass der Zustand des Jungen seinen weiteren Berufsverlauf beeinflussen würde. Aber vor allem ging es ihm um den Zustand eines seiner Schüler.

“Einer der Rückenwirbel ist verschoben, und er hat eine Platzwunde. Aber wenn er Glück hat, dann sind die Nerven im Rückenmark nicht zerstört”, sagte Yokato. Er verneigte sich vor dem Lehrer und verließ den Raum in Richtung Direktorat.

Der Lehrer atmete aus. Er hoffte inständig, dass Tetsuya keine bleibenden Schäden erlitten hatte.
 

Am Abend war Raidon wieder aus dem Krankenhaus zurückgekehrt. Sein Bruder hatte ihm in einer SMS geschrieben, dass er sich beeilen solle, da heute Abend Gäste kommen würden. Raidon fragte sich, was sein Bruder damit meinte, während er im Aufzug darauf wartete, dass er endlich sein Stockwerk erreichte.

Als er den Aufzug verließ, stand Yokato vor ihm. Hinter diesem, halb versteckt, stand Atoeru.

“Ich habe seine Eltern und ihn eingeladen. Unsere Eltern reden gerade mit seinen”, erklärte Yokato. “Als unsere Eltern erfahren haben, was heute passiert ist und wie gut Atoeru uns geholfen hat, wollten sie ihn und seine Eltern unbedingt kennenlernen.”

Raidon, der dieses Verhalten seiner Eltern nur allzu gut kannte, grinste. “Gut, das erklärt, was du mit 'Gästen' meintest”, sagte Raidon. Er ging an Yokato vorbei auf Atoeru zu. Dieser wich unwillkürlich zurück. “Du musst keine Angst haben. Ich bin nicht mehr der alte, der jeden zusammengeschlagen hat, der ihm über den Weg lief”, meinte Raidon lächelnd. “Nochmals danke für deine Hilfe, Atoeru!”

“Gern... gern geschehen”, antwortete dieser.

Die drei gingen wieder in die Wohnung zurück und setzten sich zu den Erwachsenen an den Tisch.
 

Später am Abend verließen Raidon, Yokato und Atoeru den Tisch, an dem ihre Eltern sich immer noch unterhielten, und verschwanden in das Zimmer der Zwillinge.

Yokato und Raidon sahen sich an, dann atmeten beide laut aus.

“Ich hasse es, wenn unsere Eltern uns immer in das Gespräch einbinden müssen”, meinte Raidon dann. “Besonders...”

“Wenn es um Politik geht”, beendete Yokato den Satz. Atoeru sah die beiden verwundert an.

“Entschuldige bitte, eine alte Angewohnheit”, klärte Yokato den Jungen auf.

“Damit haben wir früher unsere Eltern immer zur Weißglut gebracht!”, ergänzte Raidon.

“Wir haben jeden Satz...”, begann Yokato wieder.

“getrennt und uns mit...”, sprach Raidon weiter.

“dem Sprechen abgewechselt”, beendete Yokato den Satz.

“Ich kann verstehen, dass das eure Eltern genervt hat”, meinte Atoeru lachend. “Es ist etwas komisch, euch zuzuhören. Besonders, wenn ihr die Sätze des anderen beendet!”

Raidon und Yokato nickten. Sie setzten sich auf ihre Betten und boten Atoeru einen der Schreibtischstühle zum sitzen an. Der Junge nahm Platz.

“Yokato, du hast vorhin gesagt, du hättest mich und meine Eltern eingeladen, weil ich euch geholfen habe”, fragte Atoeru in die entstandene Stille hinein. Yokato nickte.

“Ja. Ich habe meinen Eltern erzählt, was passiert ist, und dass du ein sehr hilfsbereiter Mensch bist. Außerdem wollte ich versuchen, deine Eltern dazu zu bringen, dich ebenfalls zu einem Schulsanitäter werden zu lassen. Du bist intelligent und hast eine rasche Auffassungsgabe”, erklärte Yokato.

“Wenn wir zu dritt wären, würde es besser gehen. Du hast ja gesehen, manchmal reichen zwei Leute nicht aus”, führte Raidon das Thema weiter. “Außerdem hätten wir dann, wenn wir von der Schule abgehen, schon einen weiteren Sanitäter, der unsere Sache weiterführen könnte.”

“Und du könntest viel dabei lernen”, erklärte Yokato. “Allerdings würdest du erst in etwa zwei Jahren offiziell dabei sein. Das Mindestalter liegt bei zwölf. Aber ich denke, im Notfall können wir dich rufen, das dürfte gehen. Nur müssen deine Eltern einverstanden sein!”

“Und deshalb erklären unsere Eltern deinen Eltern gerade, warum du ein sehr guter Schulsanitäter wärst und was du dabei alles lernen könntest”, beendete Raidon die Erklärung. Atoeru sah die beiden verwirrt an.

“Ihr wollt... dass ich... ein Sanitäter werde? So wie ihr?”, fragte er dann.

“Um es einfach zu sagen, ja, das wollen wir. Allerdings nur, wenn du auch willst. Letztenendes liegt die Entscheidung bei dir”, beantwortete Yokato die Frage des Jungen. Atoeru sah Yokato an. Dann blickte er zu Raidon. In seinen Augen konnten beide das Feuer der Begeisterung erkennen.

“Was heißt hier wollen? Natürlich will ich das werden”, rief Atoeru begeistert. Doch noch bevor er oder die beiden Älteren etwas sagen konnten, erschien in ihrer Mitte eine Art Strudel. Zuerst bewegte er sich kaum, dann jedoch drehte sich dieser immer schneller. Die Jugendlichen wurden hineingezogen. Atoeru, der auf dem Bürostuhl saß, wurde sofort hineingezogen, mitsamt dem rollenden Stuhl. Die Älteren blieben noch kurz auf ihren Betten sitzen, dann wurden sie ebenfalls in den Strudel hineingezogen. In wilder Angst packten sie alles, was ihnen gerade zwischen die Finger kam. Leider erwischten die Zwillinge keines der Betten, um sich daran festzuhalten. Raidon erwischte den Stapel Decken, der vor seinem Bett lag, und Yokato nur den Koffer daneben. Dann wurden sie mitsamt den Gegenständen, an denen sie sich festgekrallt hatten, in den Strudel gezogen. Nachdem sie hindurch waren, verschwand der Strudel. Das Zimmer, in welchem die drei gerade eben noch gesessen hatten, bot ein Bild der Verwüstung. Es sah aus, als wäre ein kleiner Tornado hindurchgefegt und hätte alles durcheinandergeworfen, was nicht niet- und nagelfest gewesen war. Die Schreibtische, die vorher ordentlich aufgeräumt waren, waren mit Splittern von Stiften und Papierfetzen übersäht, ebenso wie der Boden. Die Schränke waren geöffnet und die Kleider wahllos im Zimmer verstreut. Das alles war so schnell gegangen, dass keiner der Jungen Zeit hatte, zu schreien.
 

Eine halbe Stunde später betraten die Eltern der Kinder das Zimmer. Als sie die Verwüstung sahen und sahen, dass von ihren Kindern keine Spur mehr zu finden war, riefen sie die Polizei.
 

Raidon erwachte. Er lag mit dem Bauch auf dem Boden. Vor ihm lag der Stapel Decken, den er in seiner Panik gegriffen hatte. Er richtete sich auf. Rechts von ihm stand der Bürostuhl, und darauf saß ein beinahe ganz erstarrter Atoeru. Der Junge zitterte am ganzen Leib, aber ansonsten zeigte nichts, dass er noch lebte. Links von Raidon lag Yokato. Er hatte den Erste-Hilfe-Koffer, den die beiden in ihrem Zimmer aufbewahrten, in seiner Hand.

“Was ist passiert?”, fragte Yokato. Er erhob sich und stellte den Koffer ab. Dann sah er sich um. “Und wo sind wir?”

“Wenn ich das wüsste”, entgegnete Raidon. “Da war dieser Strudel, und dann waren wir hier. Ich weiß nicht, wie das möglich ist!” Beide sahen zu Atoeru. Der Junge hatte seine Hände an die Armlehnen des Stuhles gekrallt.

“Alles in Ordnung? Hast du dich verletzt?”, fragte Yokato den Jungen. Dieser schüttelte den Kopf. Raidon trat zu ihm.

“Was auch immer passiert ist, du musst keine Angst haben. Schließlich sind Yokato und ich auch noch da!” Yokato sah seinen Bruder beinahe ebenso erstaunt an wie Atoeru. Seit Yokato Raidon kannte, hatte sich dieser niemals um andere gekümmert, außer in einem Falle, bei dem ein kleiner, fünfjähriger Junge gesehen hatte, wie sich sein Bruder schwer verletzt hatte. Sonst hatte er zwar seine Arbeit als Sanitäter getan, aber das schnell, effizient und ohne auf andere einzugehen. Es schien, das Raidon Mitleid mit dem Jungen hatte. Dann hörten sie einen Schrei, und alle drei erschraken. Dieser Schrei, der aus weiter Ferne zu kommen schien, hatte einen Klang, den sie noch nie gehört hatten.

“Was das auch immer war, wir sollten weg”, meinte Raidon. Dann hörten sie ein Fauchen. Es war viel näher. Als sich Raidon in die Richtung drehte, aus der das Fauchen gekommen war, sah er eine Echse hinter einem Baum hervorkommen. Sie war größer als er, mindestens 1.80 und lief auf zwei Beinen. Das Maul der Echse war mir scharfen Zähnen bestückt, und die Krallen sahen bedrohlich aus. Atoeru begann zu schreien, doch Raidon hielt ihm sofort den Mund zu. “Reiz es nicht”, sagte er. Raidon hatte dieses Tier schon einmal gesehen. Jedoch nur als Skelett im Museum und auf Darstellungen. Es war ein Dinosaurier. Ein Velociraptor. Er zog Atoeru langsam vom Stuhl herunter.

Die Echse musterte die drei Menschen neugierig. Immer wieder ließ sie die Zunge vorschnellen.

'Sie riecht', schoss es Yokato durch den Kopf. Er hatte genug Dokumentationen über Echsen gesehen, um das zu erkennen. „Ganz langsam. Wir müssen weg. Dreht euch ganz langsam um. Und dann, wenn ich es sage... LAUFT!!” Atoeru und Raidon rannten los, weg von der Echse. Yokato folgte ihnen. Sie rannten einfach in den Dschungel hinein und hofften, dass das Tier hinter ihnen sie nicht erwischen würde. Diese Hoffnung erwies sich jedoch als falsch, das Tier hatte sie sehr schnell eingeholt. Dann hörten sie einen Schuss aus der Richtung, in die sie liefen, und einen gequälten Aufschrei von dem Tier hinter ihnen. Sie blieben nicht stehen, um zu sehen, was passiert war, sondern rannten weiter in die Richtung, aus der der rettende Schuss gekommen war, ohne sich zu fragen, ob sie dort wirklich sicherer waren.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Woflu
2009-08-21T17:48:47+00:00 21.08.2009 19:48
Ui echt cool^^
Der Anfang war gut, wie du die Leute vorgestellt hast und wie die drei dann verschwunden sind^^
Wie praktisch das der eine Decken und der andere seinen Koffer gegriffen hat XD
Mach weiter so^^
Von:  Japato
2009-08-09T10:31:36+00:00 09.08.2009 12:31
Wieder sehr gut geschriben! Nur an einigen Stellen wiederholst du dich. Zum Beispiel hast du in zwei aufeinander folgenden Sätzen, drei mal hineingezogen benutzt!

Aber Story is wie immer gut und ich freue mich schon aufs nächste Kapi!
lg


Zurück