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Der Mann der Nacht

Midgar
von

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Das Geburtstagsgeschenk

Midgar – Südlicher Randbezirk
 

Die letzten Wochen hatte es durchgehend geregnet, die Felder und Wege waren mit Schlamm bedeckt und der nordöstlich angrenzende See stand kurz vorm übertreten. Doch heute gelang es den Sonnenstrahlen sich hier und dort einen Weg durch die hellgraue Wolkendecke zu bahnen. Einzelne, grüne Blätter zierten die Bäume, auf deren Äste die Vögel durch ihren Frühlingsgesang ein Lächeln auf die Einwohner des kleinen Dorfes Garsei´s zauberten.
 

Mia beobachte durch das Küchenfenster einen kleinen Jungen mit einem Strohhut auf dem Kopf, der im Licht der Sonne sich auf der Stelle drehte, lachte und beide Arme zu den Seiten streckte. Gedankenverloren sah sie ihm noch eine Weile zu und genoss den Anblick seiner Unbeschwertheit.

In ihrer Kindheit wurde das Ende der Regenperiode festlich gefeiert mit Speist und Trank, Musik und Tanz. Für die Kinder gab es Süßmus, welcher nur für diesen Tag  aus den Ernten des Vorjahrs hergestellt und konserviert wurde, während die Erwachsenen ihr Selbstgebrautes in Massen in sich hinein kippten. Doch diese Zeiten waren seit dem Fall des Herrschers Jael und die Übernahme des Königreiches durch seinen Sohn, Serlas von Latantium, vorbei. Es stand nur noch den Adelshäusern zu zu feiern, denn die Bauern sollten ihre Felder besähen, wässern und abernten, ihre Tiere mästen, die Schafe kahl rasieren. Nach seiner Auffassung gäbe es für das Fußvolk keine Zeit um die Beine hochzulegen um zu faulenzen und vor allem keinen Grund zu feiern. Stimmten allerdings die Erträge aus allen Randbezirken gab es rund um die Mauern der Festung selbst ein Fest für alle als Danksagung für die gute Versorgung, seitens des Militärs. Es wurde gemunkelt, das sich der tatkräftigste Offizier etwas Wünschen durfte und scheinbar wählte er für das Volk, für dessen er sein Leben im Kampf immer wieder aufs Neue einsetzte.

Mia musste schmunzeln und fragte sich, wie viel Wahrheit dahinter steckte. Die untere Schicht war des Arbeitens müde und hielt sich mit Klatsch und Tratsch bei Laune. Einmal entdeckte sie einen Bauern, der seiner Henne aufgeregt erzählte der Graf würde Männer den Frauen bevorzugen. Als ihr Mann ihr über den Rücken streichelte, schrak sie hoch und wäre fast mit Kelas` Kopf zusammen gestoßen, wäre er nicht ausgewichen.

„Nicht so eilig junge Frau“, sagte er lächelnd.

„Du, du Verrückter was musst du dich auch von hinten an schleichen?“ Verliebt wie am ersten Tag trafen sich ihre Blicke und sie küssten sich, als hätte es noch nie einen Kuss zwischen ihnen gegeben. „Möchtest du nicht so langsam mal unsere Tochter wecken bevor der Eierkuchen kalt wird?“, flüsterte er ihr ins Ohr.

„Es ist schon neun Uhr! Auweia ja, ich wecke sie sofort. Sie wird sich freuen das an ihrem Geburtstag die Sonne wieder scheint.“ Noch ein schneller Kuss auf die Wange und sie hastete an ihrem Mann vorbei, die Treppen in das Obergeschoss hinauf, vorüber an den weißen Wänden hinein in das Zimmer ihres einzigen Kindes.
 

"Guten Morgen mein Engel, es ist Zeit zum aufstehen", sagte Juliet´s Mama mit einer sanften und liebevollen Stimme. Sie strich ihr eine goldblonde Strähne aus dem Gesicht und küsste sie auf die Stirn. "Juliet, heute ist dein Geburtstag, willst du nicht langsam aufstehen?"

Juliet streckte sich und murmelte "Morgen Mama, hab Hunger.." und machte die Augen wieder zu.

„Wenn du nicht gleich runterkommst, verdrückt dein Vater den Eierkuchen ganz alleine“, scherzte Mia und mit einem mal saß sie senkrecht im Bett und schmiss die Decke aus dem Bett.

„Nur über meine Leiche!“

Wenn es ums Essen ging, war mit Juliet nicht gut Kirschen essen. Vorallem da der Eierkuchen das Festessen aus den früheren Zeiten ersetzte. Ihre Mutter kicherte.

„Dann beeile dich, ich werde ihn so lange festhalten“.
 

Wieder in der Küche blickte sie nun traurig aus dem Küchenfenster, aus welchem sie vor wenigen Minuten noch den kleinen Jungen beobachtet hatte. Er war nicht mehr da.

"Sag, mein Liebling, sehnst du dich auch so sehr nach der alten Zeit wie ich? Ich vermisse sie so sehr. Sollte diese Machtbesetzung so bleiben, wird unsere Tochter nie spüren, wie schön das Leben sein kann. Es macht mich traurig Kelas, dass sie nie so schön heiraten kann wie wir es taten." Kelas stand von seinem Frühstückstisch auf und ging zu ihr. Er legte die Hände um seine Frau und gab ihr einen Kuss auf die Wange.

"Es ist hart, aber was sie nicht kennt, wird sie nicht vermissen, mach dir keine Sorgen. Unsere Tochter wird groß und ihr Leben in vollen Zügen genießen, sie ist so tapfer. Da kommt sie ganz nach dir". Während Mia und Kelas sich die Landschaft ansahen, tobte ihre Tochter in ihrem Zimmer herum. "Endlich ist es soweit! Endlich 18. Endlich Erwachsen. Endlich Bier trinken. Jaaa wenn Papa sein Bier trinkt duftet es im Wohnzimmer immer nach Hefe. Oh nein, jetzt hätte ich fast das Frühstück vergessen. Was ziehe ich bloß an? Das blaue Kleid, nein das wirkt zu kühl. Hm..." Sie stand vor dem Kleiderschrank und zog jedes Kleid aus dem Schrank und hielt es vor den Spiegel. "Ich nehme das grüne, Grün steht für die Hoffnung. Hoffentlich gefalle ich Mama und Papa" lachte sie in den Spiegel. Sie steckte ihre Haare hoch, drehte sich vor dem Spiegel noch ein paar Runden hin und her und eilte anschließend aus dem Zimmer heraus, die Treppe hinunter und sprintete in die Küche. "Guten Morgen Mama und Papa, gefalle ich euch?". "Du siehst bezaubernd aus, wie eine kleine Prinzessin. Wir wünschen dir alles Gute zum Geburtstag und das deine Wünsche in Erfüllung gehen."

Sie umarmten sich und fingen an zu frühstücken. Es gab frische Milch, Eier und Juliets Lieblingspfannkuchen. Sie liebte Pfannkuchen, nicht nur weil sie so lecker waren, sondern weil es diese nur zu Festtagen gab. Das war in Midgar ein heimischer Brauch geworden, nachdem es verboten wurde zu feiern.

"Möchtest du noch ein Glas Saft" fragte Mia.

"Nein Mama, ich bin voll bis oben hin" sagte sie lachend. "Das Wetter ist heute so schön, reiten wir mit den Pferden aus?" fragte Juliet. Kelas senkte den Blick.

"Nein Juliet, heute ist der Tag des Adels, da dürfen die Pferde nicht aus den Stallungen geholt wer...", "Aber warum höre ich dann draußen Hufen?" unterbrach Juliet ihn. Mit zweifelndem Blick stand Mia auf und ging an das Fenster.

"Das Militär, sie kommen den Weg entlang. Aber das Treffen ist doch an der Südseite des See´s, die reiten doch sonst immer direkt hin." Sie sah ihren Mann verängstigt an und er erwiderte den Blick mit aufgerissen Augen. "Mama, Papa? Was ist los?". Kelas ballte die Faust und sagte nur ganz leise "Ich hoffe die Gerüchte stimmen nicht...". Doch als es klopfte, machte sein Herz einen Sprung.
 

Er stand auf, sah noch einmal zu seiner Frau und Tochter und ging anschließend auf die Tür zu um sie zu öffnen. "Hallo" sagte er kühl. "Guten Morgen Herr Mikaba. Mein Name ist Paul Fingstang, Hauptvorsitzender des Verteidigungskomitees." Er hielt einen Blumenstrauß in der Hand. "Dürften wir bitte eintret..". "Nein, ich wüsste nicht was sie hier zu suchen haben.", sagte er angespannt. Fingstang kniff die Augen leicht zusammen. "Ich frage nur einmal höflich, lassen sie uns eintreten oder wir wenden Gewalt an. Sie wissen, wie das endet." sagte er in einem ruhigen, aber bissigen Ton. Kelas machte keine Anstalten, wich ein Stück auf die Seite und lies Fingstang und zwei seiner Gefolgsleute eintreten.

"Einen wunderschönen Guten Morgen wünsche ich, du bist Juliet Mikaba, stimmt's?" fragte er die Kleine. "J-j-a das bin ich", stotterte sie. Er reichte ihr den Blumenstrauß.

"Alles Gute zum Geburtstag", wünschte ihr Fingstang.

Sie bedankte sich, doch sie war verunsichert und sah wie angespannt ihre Eltern waren. In Mias Augen war Angst zu sehen, das kannte Juliet nicht von ihrer Mutter und ihr Vater zitterte vor Wut. Er biss sich so sehr auf die Zähne das seine Wangenmuskeln deutlich zu sehen waren. Noch nie war sie einem Soldaten so Nahe oder hatte gar mit einem gesprochen.  Sein scharfer Blick, die zurück geschleimten, dunkelbraunen Haare und die auf Hochglanz polierten Stiefel, das kräftige Blau seines Mantels mit Goldverzierungen an Kragen und Manschetten mit roten Absetzungen und die unter dem Vollbart gelblich aufblitzenden Zähne gefielen ihr nicht. Seine Anwesenheit widerte sie an.

"Du hast die meerblauen Augen deiner Mutter und das helle Haar deines Vaters. Aus Tag und Nacht wird doch nicht grau, sondern ein hübsches Ding geboren, wie interessant.“ Selbst ein Blinder würde sehen, wie abartig diese Gestalt vor ihnen war.

Mia griff nach Juliets rechter Hand und zog sie ein Stück näher zu sich heran. Der Vorsitzende zeigte einem seiner Gefolgsleute an, auf den Hausherrn zu achten und so griff dieser seiner Waffe und war bereit zu schießen wenn er sich auch nur ein kleines bisschen bewegen würde.

„Wir wissen, Herr Mikaba, das sie in Garsei eine hohes Ansehen genießen, doch wird es ihnen hier und jetzt, nicht weiterhelfen. Ich bin auf direktem Befehl des Grafen hier und möchte nun seine Botschaft an ihre Familie verkünden.“ Er öffnete ein paar seiner Mantelknöpfe, griff in die Innentasche und holte einen roten, versiegelten Umschlag hervor. Gespannt lauschten sie den folgenden Worten.
 

"Meine Herrschaften,
 

heute ist der Tag des Adels.
 

Die Blumen blühen und die Natur zeigt uns wieder die Pracht der Schönheit.

Wir alle sind bestrebt daran, die Schönheit zu jeder Zeit bei uns zu tragen.

So verlaute ich,

das Fräulein Juliet Mikaba an den Hof von Latantium gebracht wird, um mir, Graf Serlas von Latantium,

die Schönheit der Natur nahe zu legen.
 

Gezeichnet, der Graf."
 

"Was fällt euch ein? Arme Mädchen an den Hof für solch einen dreckigen Mann zu ordern?", schrie Kelas. Er packte einen Wachmann, holte mit der Faust aus, als ein Warnschuss fiel.

"Kelas Mikaba, beherrschen sie sich. Ihre Tochter wird mitkommen!“

„Nein, das lasse ich nicht zu!“, schrie nun auch Mia und hielt ihre Tochter fest im Arm. Ihre Tränen liefen an ihren Wangen herunter auf Juliets Kleid. Das helle Grün wurde an dieser Stelle in ein dunkelgrün getaucht. Juliet stand wie schockiert da, konnte nicht denken, sprechen oder gar reagieren. Sie sah ihren Vater von einem Wachmann festgehalten und den widerlichen Kerl vor ihr, der die Hand hob und nach ihrer Mutter schlagen wollte, als er von selbst inne hielt.

„Solltet ihr euch weiterhin widersetzen, werden wir eure Familie und Freunde bei lebendigem Leib verbrennen lassen. Was Fräulein Mikaba betrifft, sie wird dann ein noch schlimmeres Schicksal ertragen. Ihr müsst wissen, unsere Soldaten sind auch nur Männer", sagte er mit einem fiesen lachen.
 

Juliet verkniff sich die Tränen und befreite sich aus der Umarmung

>Das kann ich auf keinen Fall zu lassen, nein, sie sollen die Finger von ihnen allen lassen!<

Als Mia anfangen wollte, weiter zu protestieren legte ihre Tochter die Hand auf ihre Schulter.

„Ist schon gut Mama, Papa. Der Graf ist der Herrscher und sein Wort ist Gesetz. Hauptvorsitzender Fingstang, ich werde mit ihnen kommen, doch lassen sie ab von meinen Eltern!.“

„Einverstanden.“
 

Einen kurzen Kuss der Verabschiedung wie sie ihn beim Einschlafen als Kind immer bekommen hatte. Ein letzter Blick über die Schulter. Tränen stiegen in ihr auf als sie ihre Mama in die Knie gehen sah, ihren Vater der ihr zu eilte und etwas rief, das sie nicht hören konnte. Er formte mit den Lippen Worte, die sie nicht sehen konnte. Alles ging so schnell an ihr vorbei, das Lachen am morgen, das Weinen am Mittag. Ihr Geburtstag gefärbt in das Dunkel der Nacht, so viel bekommen und zugleich verloren.
 

Kraftlos. Haltlos. Gebrochen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Taroru
2013-05-24T00:55:06+00:00 24.05.2013 02:55
und jetzt schreibe ich hier noch ein mal XD
jetzt sehe ich erst wie lange es schon her ist o.O
und ich finde es wirklich gut geschrieben und man erfährt jetzt auch mehr über die einzelnen personen, man kann sie sich jetzt einfach viel besser vorstellen. das gefällt mir richtig gut :-)
Antwort von:  Baleika
24.05.2013 16:58
Das freut micht und ich danke dir, das du sie dir noch einmal durchliest :) <3
Von: abgemeldet
2011-01-16T00:23:51+00:00 16.01.2011 01:23
Wow... Also damit rechnet man in den ersten Absätzen nicht, dass ein junges Mädchen aus einer Bauersfamilie (ich hoffe, dass das richtig ist, zumindest hatte es sich so angehört bei der schönen Beschreibung) vom Grafen zu sich gebeten wird. Der Brief klang sehr schön. Ich hab richtig Angst um Kelas gehabt, als der Schuss fiel. Ich hoffe doch, dass er nicht getroffen wurde. O_o
Schon sehr spannend geschrieben. Gleich mal weiterlesen ^_^
Von:  Taroru
2009-10-16T19:40:13+00:00 16.10.2009 21:40
wow o.O
na das fängt ja mal an o.O
junge junge... da geht es ja von anfang an spannend los XD
ich hätte mir zwar gewünscht mehr über die personen zu erfahren und mehr von der derzeitigen situtation zuerfahren... aber das kommt vielleicht noch ^^
ich lese jedenfalls weiter ^^


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