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Bis zum letztem Tag

von

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Ein seltsamer Haushalt. Eine Familie mit der scheußlichsten Aufgabe und einer ebenso grauenhaften Geschichte. Abstoßend. Ekelhaft. Furcht einflößend und am besten aus dem gesellschaftlichen Alltag verbannt.

Ich lasse mir diese Formulierung einmal mehr auf der Zunge zergehen. Ich weiß sehr wohl, wie man von meiner Familie denkt, wobei „man“ nur die beinhaltet, die Profit daraus schlagen konnten, meine Familie zu verachten. Das normale Bürgertum achtet nicht auf die dunklen Schattenseiten, sondern sieht nur die Funtom Company. Die finsteren Edelmänner sind für es kein Begriff, völlig bedeutungslos.

Ich selbst gestatte es mir in meinen schwachen und damit äußerst seltenen Momenten ebenfalls, meine Familie in derselben Weise zu betiteln. Größtenteils richten sich diese Beleidigungen von mir persönlich ausgesprochen an mich selbst, denn der letzte direkte Nachkomme der Phantomhive-Familie bin ich. Es wird auch kein weiteres Familienmitglied geben, denn ich werde nicht in der Lage sein, die Linie fortzuführen, wenn der Zeitpunkt gekommen ist.

Die Tatsache, dass dem so ist, dass mit mir alles enden wird, verschlimmert die Beleidigungen nur noch, denn niemand anders wird ebenfalls noch so bezeichnet werden können. Noch weiß dies niemand außer mir selbst, was es vermutlich ebenfalls noch mal verschlimmert, wenn ich mir selbst diese ausgesprochen unpassenden Komplimente mache. Jedes Mal, wenn dies mir aufs Neue bewusst wird, durchbohrt es mich wie ein Messerstich in die Brust. Ich fürchte nicht, was kommen wird, noch weniger den Tod – als Familienoberhaupt der Phantomhives gehört zu mir wie der Nachmittagstee in das Leben eines jeden Engländers.

Das, was mich so trifft, ist vielmehr die Tatsache, dass ich es selbst verschuldet habe. Mein unüberlegtes, vorschnelles Handeln war es gewesen, das mich zu diesem Punkt gebracht hatte. Das meine Familie würde enden lassen.

Aber – und das ist wahrscheinlich die Ironie an diesem ach so rührenden Schicksal der Phantomhives – hätte ich damals anders gehandelt, stände ich heute nicht mehr hier, könnte nicht darüber nachdenken und die kühle Nachtluft genießen. Natürlich werde ich das so oder so nicht mehr lang können und relativ gesehen sind drei Jahre, die mir jene Handlung seit damals schenkte, keine bedeutende Zeit.

Verglichen mit der Zeit, die ich haben könnte, wenn ich kein Phantomhive wäre …
 

Als ich merke, wohin mich meine Gedanken schon wieder getrieben haben, höre ich auf, sie zu denken. Immer, wenn ich dieses Thema anfange, endet es mit der Aussage „wenn ich kein Phantomhive wäre“, was an sich nicht allzu dramatisch wäre. Ganz im Gegenteil. Wie schön wäre mein Leben wohl gewesen, wäre ich nicht seit meiner Geburt dazu verdammt, der Wachhund Ihrer Majestät der Königin von England zu sein. Ein angenehmes Leben ohne Hürden, mit einer normalen Kindheit, nicht ständig begleitet vom Tod, sondern vom Lachen und Blumen meiner Mutter und dem Lob meines Vaters, hätte das meine sein können.

Natürlich wäre ich nicht der, der ich heute bin, nicht so „kalt und großschnäuzig“, wie mich einer von „jenen“ schon mal bezeichnete. Aber vielleicht wäre ein solches Opfer nur ein kleines, wenn ich bedenke, was ich haben könnte. Bin ich nicht trotz dessen, was mir widerfuhr, ein kleines Kind geblieben, das seine Eltern wiederhaben wollte? Warum sonst sollte ich ihren Tod rächen wollen anstatt zu lernen, darüber hinwegzusehen?

Immer, wenn ich dies denke, tragen mich meine Füße ohne einen bewussten Befehl von mir durch das Anwesen, so dass ich letzten Endes immer an einem Ort lande, wo ich ihn an diesem Tag zuletzt sah. Oder an einem anderen Ort, mit dem ich eine besondere Erinnerung an ihn verknüpfe. Wo wir vielleicht ein Gespräch hielten, das über den Rahmen einer normalen Herr-Butler-Beziehung hinausging … was durchaus öfters vorkommt, wenn er mich ein wenig ärgern will. Und das tut er nur allzu gerne.

Ein Butler mit der feinsten Manier und doch spielt er für sein Leben gern mit seinem Essen. Wie paradox.

Und genauso paradox ist es auch, dass meine Füße mich ausgerechnet dorthin bringen, wo die Erinnerung an ihn vorherrschend ist. Wünsche ich mir, kein Phantomhive zu sein, ist es so, als wolle mir mein Unterbewusstsein sagen, warum ich doch einer bin. Oder sein muss. Sein soll. Was auch immer.

Ja, als er in mein Leben trat, änderte sich vollkommen alles. Zuvor befürchtete ich noch, auf ewig nun allein zu sein, erfüllt von Angst und Hass und Wut, von denen ich nicht wusste, gegen wen ich sie richten sollte. Und dann tauchte er auf.

Ich war nicht mehr allein, würde auch nie mehr allein sein während der Zeit unseres Vertrages und ich hatte ein Ziel. Eines, das nicht leicht zu erreichen sein würde, aber dennoch nicht völlig außer Reichweite war. Und mit ihm an meiner Seite waren meine Arme so viel länger. Sind immer noch.
 

Wenn ich mich selbst völlig unbewusst zu ihm bringe, heißt das dann, dass mein Wunsch, kein Phantomhive zu sein, nur ein oberflächlicher ist? Es ist nicht das ist, was ich wirklich will?

Ich frage mich das schon so oft, aber ich kann mir einfach keine Antwort darauf geben. Ein Leben ohne ihn, aber dafür mit meinen Eltern? Es ist seltsam, dass ich mit der Antwort erst so lang zögere und sie dann überhaupt nicht zu geben vermag. Ein Leben ohne ihn wäre ein freies, langes Leben – oder gar keines, wenn ich bei der Realität bleibe und nicht schon wieder dem „Was wäre, wenn“-Szenario nachhänge.

Auch dieses Mal vermag ich mich nicht zu entscheiden.
 

Ich schüttelte den Kopf als Zeichen offizieller Kapitulation.

Für heute sei dieses Thema beendet. Ich weiß nicht, wie lange ich es noch aufschieben kann, doch ich bezweifle, dass ich mir diese Frage an meinem 14. Geburtstag noch einmal stellen kann. Aber vielleicht ergibt sich die Antwort auf dem Weg zum letzten Tag doch noch von selbst.

Ich sehe mich um, will herausfinden, wo ich dieses Mal gelandet bin. Das Anwesen ist groß, aber wahrscheinlich kennt nur er es besser als ich, was nicht wirklich verwunderlich wäre.

Der Garten. Mitten in der Nacht ohne Finnians wütende Zerstörungskraft wirkt er beinahe friedlich. Der Gärtner hat seine Vorzüge, tut das gut, wofür er eigentlich in die Dienerschaft dieses Hauses aufgenommen wurde, den so genannten „grünen Daumen“ hat er auch, aber seit je her scheint es Probleme bei der Umsetzung seines Talentes zu geben.

Doch der Garten selbst ist nicht das, was mich heute hierher geführt hat. Natürlich hat er ihn bereits oft genug wieder hergerichtet, nachdem Finnian mit etwas zu viel Enthusiasmus an die Sache ranging. Allerdings ist das, was mich herbrachte, eher ein ständiger kleiner Gast.

Ich konnte ihn heute zusammen mit diesem Gast aus dem Fenster meines Arbeitszimmers beobachten. Wie liebevoll und völlig ungezwungen er ihn in Empfang nahm …

Er war wie ein vollkommen anderer Mensch.

Ja. Mensch vor allen Dingen.

Dort, direkt vor mir, auf dem breiten Geländer, das zu den Treppen führt, über die man von der Terrasse in den Hinterhof gelangt, sitzt der kleine Gast. Erst scheint er mich nicht bemerken zu wollen, doch dann, als ich nur noch einen halben Meter entfernt bin, erhebt er sich, biegt den Rücken durch und schaut mich mit großen, erwartungsvollen Augen an. Ein wohliger Klang aus der Kehle des Gastes durchbricht die nächtliche Stille, aber als ich noch näher komme, verstummt das Geräusch wieder und als ich die Hand ausstrecke, setzt sich der Gast wieder. Ich bleibe stehen, nur wenige Zentimeter vom Geländer entfernt, verwundert über diese seltsame Reaktion. Aber vielleicht ist auch genau das der Grund, warum er diesen Gast so mag.

Die schwarze Katze schaut mich einfach nur weiter an und scheint mir etwas sagen zu wollen, das ich eh nicht verstehen werde. Und deswegen bleibe ich einfach stehen, schaue über sie hinweg und denke an ihn, ist es immerhin doch er gewesen, wegen dem ich nun hier stehe.

Die Luft weht kalt durch den Garten und ich beginne zu zittern.

Die Nacht wirkt finsterer als sonst und um mehr zu erkennen, nehme ich die Augenklappe ab. Das Auge, so oder so im Immerfinstern eingesperrt, macht sich nichts aus der Dunkelheit und für den Augenblick verliere ich mich in dem Kontrast zwischen dunkel und dunkler. In wenigen Minuten wird sich dieser Unterschied wieder geben und alles wird einfach nur noch dunkel sein.

Ich werde nicht drauf warten.
 

Ich will wieder gehen, denn ich weiß aus Erfahrung, dass Warten nichts bringt. Nur wegen ihm kam ich her – oder war irgendwo anders hingegangen –, aber nie er war zu mir gekommen. Er wird auch dieses Mal nicht kommen. So sehr sich offenbar mein Innerstes nach ihm verzehrt und ein Leben ohne ihn als unmöglich ansieht, so anderer Meinung ist wohl der, den dieser Wunsch betrifft.

Ich weiß nicht, was ich, nun, da ich darüber nachdenke, die unbewusste Handlung in Worte fasse, davon halten soll, wenn mich nicht nur mein Körper, sondern auch mein Verstand zu ihm bringt.

Doch es ist schwer zu verleugnen, was mein Körper mir sagt.

Ich seufze. Nein. Warten bringt nichts. Ebenso wenig wie denken.

Denn egal, wie sehr ich es versuche, weder bekomme ich eine Antwort von mir selbst noch wird er auftauchen und sie mir geben.

Ich drehe mich um, will gehen und genau in diesem Augenblick beginnt die Katze wieder mit ihrem wunderbar zufriedenen Schnurren. Überrascht wende ich mich ihr erneut zu. Ob es dieses völlig unvorhersehbare Verhalten ist, dass er an jeder Art von Katze so sehr schätzt?

Ich wage es nicht, die Hand zu heben um sie zu berühren. Wer weiß? Vielleicht rennt sie ja dann weg.

Doch anstelle von meiner bewegt sich eine andere Hand in ihre Richtung, an mir vorbei und zu ihrem Kopf, streichelt über ihn, über ihren Hals, über die Schulterblätter und über den restlichen schlanken Körper, den sie bereits bei der ersten Berührung wieder aufrichtete, und über den Schwanz bis zur Spitze. Die Hand, von deren blassem Rücken sich ein dunkles Mal abhebt, bleibt nicht bei der Katze, zieht sich wieder zurück und bleibt auf meiner rechten Schulter liegen.

„Bezaubernde Wesen, oder nicht, junger Herr?“

Eine Stimme, zart wie eine Feder, singend wie das schönste Lied, spottend wie der gemeinste Hohn und von mir so gewollt als hinge mein Leben an ihrem Klang, flüstert direkt in mein linkes Ohr.

„Außergewöhnlich. An der Grenze zu unverständlich.“

„Weil ihr Menschen all das nicht versteht, was euch nicht gehorcht.“

Da hat er Recht. Aber vermutlich weiß er so oder so viel mehr über das menschliche Wesen und dessen Natur als ein Mensch selbst es jemals könnte. Er hat mir nie gesagt, wie lang genau er schon lebt und ich habe ihn auch noch nie gefragt. Ist nicht von Bedeutung. Er lebt lang. Länger als ich selbst jemals zu träumen wagen dürfte. Er wird noch leben, wenn ich nicht mehr bin, völlig unabhängig davon, ob ich nun als Earl Phantomhive oder als niemand sterbe. Für ihn macht es keinen Unterschied.

„Es gibt so vieles, was uns nie gehorchen wird“, antworte ich, nur Tatsachen wiedergebend, die er natürlich weiß. Aber es wird schwer, etwas zu finden, dass er nicht bereits weiß.

„Wenn Ihr es befiehlt, kann ich dafür sorgen, dass Euch alles gehorcht, junger Herr. Alles und die Welt.“

„Was soll ich mit der Welt, Sebastian? Ich will nur Vergeltung, meine Rache an denen, die mir meine Familie nahmen.“

„Doch was würdet Ihr wollen, wenn Ihr Eure Familie noch hättet? Wenn Ihr nicht der Wachhund ihrer Majestät wärt? Wolltet ihr dann die Welt?“

Was stellte er für Fragen? Ich verstehe nicht, bin gleichzeitig wie erstarrt wegen dieser bemerkenswerten und doch so Angst einflößenden Ähnlichkeit zwischen seiner Frage und meinen Gedanken, die mich erst nach draußen geführt hatten. Ich weiß nicht – ist das geraten oder gewusst? Hat er mich bei meinen Wanderungen durch das Haus gesehen?

Sich er wäre es für ihn nicht schwer, mein Verhalten zu deuten. Gedankenverloren an einen Ort zu gehen, der auf die eine oder andere Weise mit ihm verbunden ist. Doch das würde nur den einen Teil klären, nicht, woher er meine Gedanken kennt.

„Du meinst, ob ich, egal, ob Phantomhive oder nicht, dich gerufen und einen Vertrag mit dir geschlossen hätte?“

Ihm kann es doch nicht wirklich um die Welt gehen. Was hätte er – oder vielmehr ich – davon? Zumal es sehr unwahrscheinlich ist, dass ich dieses Ziel erreichen und er damit die Bedingungen des Vertrages halten konnte. Er vernichtete sich selbst damit. Ein einziges Leben ist für solch ein Unterfangen heutzutage einfach nicht mehr genug.

Das weiß er doch?!

„Und wäre die Welt dann nicht ausgezeichnetes Ziel?“

Wenn ich meine Familie nicht rächen müsste? „Nein.“

Die Stimme lacht ein leises melodisches Lachen in mein Ohr, warmer Atem streift darüber und obwohl ich bereits von der nächtlichen Kälte zittere, erschaudere ich erneut. Nein, vermutlich wäre die Welt kein ausgezeichnetes Ziel, aber es würde mir eine Unmenge an Zeit an Sebastians Seite beschaffen. Ist es nicht das, was ich anscheinend unterbewusst will? Bei ihm sein, selbst wenn ich kein Phantomhive wäre? Doch was wäre dann der Grund dazu, ihn zu rufen? Die Welt? Nein.

Ich seufze. Ich verstehe wieder ihn noch mich.

„Aber was wollt Ihr dann, junger Herr?“

Nichts, was ich ihm sagen könnte.

Ich bin der Herr, der Meister, der ihm befiehlt, solange ich lebe. Es wird nicht mehr lang sein, das ist mir unmissverständlich klar, aber bis zum letzten Augenblick ist es nur mein Wort, dem er zu gehorchen hat. Und eben weil ich es bin, der keine Zweifel erkennen lassen darf, kann ich auf diese Frage nicht antworten. Nicht ehrlich.

„Wenn ich kein Phantomhive wäre, sag mir, welchen Grund würde ich dann haben können, dir meine Seele zu überlassen?“, frage ich statt der Antwort, die das genaue Gegenteil von dem gewesen wäre, was ich gerade sagte.

Ich drehe den Kopf, so dass ich mit beiden Augen in sein Gesicht sehen kann. Er bewegt sich kaum, verhindert unauffällig, dass sich unsere Gesichter in einer vielleicht unangebrachten Weise berühren. Die Nähe bleibt. Seine Augen scheinen zu leuchten, obwohl ich genau weiß, dass ich es mir bloß einbilde. Die Iris ist nur ein dünner Schlitz wie es bei der schnurrenden Katze am Tage der Fall ist.

Minutenlang verharren der Dämon und ich in dieser Position, sehen uns an und ich frage mich, was er in meinen Augen sieht.

Sein Grinsen wird breiter, siegessicherer und triumphierender, bleibt spottend wie eh und je. Sieht er, was ich bereits weiß? Das, von dem ich ahne, dass er es sieht, von dem ich aber nicht weiß, ob ich will, dass er es weiß?

Doch vielleicht …

Ich unterbreche mich selbst in diesem Gedankengang. Ihn zu verstehen ist seit dem ersten Tag ein viel zu komplexes und vielschichtiges Unternehmen, mit einem menschlichen Gehirn nicht machbar. Wer weiß, was ein Dämon wirklich empfindet? Oder ob er es überhaupt tut. Wie er denkt? Oder nur an seinem größtmöglichen Vergnügen und zum Schluss an der bestschmeckenden Seele interessiert ist?

„Nun?“

„Junger Herr“, beginnt er und klingt dabei so tadelnd als hätte ich bei einer Unterrichtsstunde einen offensichtlichen und damit vermeidbaren Fehler begangen, „wisst Ihr es denn nicht selbst?“

„Natürlich weiß ich es. Aber woher weiß ich, dass es nicht ein voreiliger Schluss und damit falsch ist?“

„Ein berechtigter Einwand“, stimmt er mir zu und sein eh schon verspottendes Grinsen wird noch eine Spur hämischer. Ich sehe ihm an, dass er schon wieder mit seinem Essen spielt.

„Sagst du mir die Antwort? Welchen Grund hätte ich als niemand, als mittelloser Bürger Englands, dessen Leben in der Gesamtwertung nicht weiter auffällt, mich mit dir zu verbünden?“

Von „mittellos“ hatte er nie etwas gesagt …

Ich seufze. Ich verwechsle meine Gedanken bereits mit der Realität. Ich sollte es für heute dabei belassen. So wie für morgen. Und für übermorgen. Und nächste Woche. Und nächsten Monat. Bis dass das Ende bevorsteht.

Ich warte noch auf die eine Antwort von ihm, egal, wie sie ausfallen wird, dann werde ich ins Bett gehen.

Was so viel hieß wie mich von ihm bettfertig machen zu lassen.

Nie mehr allein bis zum letzten Tag.

„Allein den Grund, mich an Eurer Seite zu haben, junger Herr.“

Es dauert einen Moment, bis ich verstehe, was er gerade sagte.

Dass er genau das sagte, dass ich nicht hatte sagen wollen.

Vermutlich erwartet er, dass ich empört reagieren, ihn wegstoßen und anschreien werde – wie immer, wenn er mir meine Abhängigkeit von ihm verdeutlicht. Sein Grinsen hat plötzlich diesen besonderen Beigeschmack, seine Augen diesen besonderen Schein. Er wartet auf meine wütende Reaktion.

Doch nein, dieses Mal werde ich ihm diesen Gefallen nicht tun.

Ich wende den Blick von ihm ab, beobachte meine Hand, wie sie die seine von meiner Schulter nimmt. Nur sehr selten berühre ich sie ohne die weißen Handschuhe. Die Haut ist genauso weich meine. Ich lasse sie nicht los, als ich zwischen uns ein wenig Abstand bringe.

Ich sehe ihn nicht mehr an.

„Das wäre sicherlich Grund genug, meine Seele zu opfern, wenn ich kein Phantomhive wäre.“

Dann gehe ich ins Haus zurück, Sebastian hinter mir herziehend. Seine Hand ist so groß verglichen mit meiner, die Kraft, die in ihr steckt, unendlich stärker. Doch sie schließt sich sanft um meine und lässt sich von mir ziehen.

„Junger Herr?“

Grinsend wie er es vorhin noch war blicke ich mich im Gehen nach ihm um, das rechte Auge mit dem Siegel fest auf die seinigen gerichtet. Ich erkenne Überraschung ihnen, Erstaunen über meine Ehrlichkeit. Offensichtlich wirkte ich mit diesem Geständnis nicht ganz so schwach, wie ich es befürchtete.

Für gewöhnlich ist Sebastian es, der mit seinem Essen spielt. Dass das Essen selbst mit dem spielt, der es zu verspeisen gedenkt, ist wahrlich ein seltenes Ereignis. Doch bin ich nicht der Herr? Derjenige, der die Spielregeln bestimmt oder zumindest sollte?

„Ich möchte schlafen gehen“, antworte ich ihm und ich denke, es ist genug.

Die kleine Aussage beinhaltet ausreichend Informationen. Sein Schritt ist nun fester, sicherer, nun, da er weiß, was es zu tun gilt.

„Ja, mein Herr.“

Er lässt sich nicht mehr ziehen. Es ist, als wären wir nicht durch meine Hand verbunden, die immer noch an seiner festhält.
 

In meinem Schlafzimmer angekommen zieht er mich aus wie jeden Abend, richtet mein Bett und deckt mich zu.

Aber dieses eine Mal geht er nicht aus dem Zimmer, sondern setzt sich auf einen Stuhl am Fenster, starrt nicht in die Nacht, sondern auf mich.

Ich frage nicht, warum, erwidere einfach seinen Blick, bis ich die Augen nicht mehr aufhalten kann und der Schlaf mich holt.

Es ist wirklich bedeutungslos, stelle ich fest, ob ich nun ein Phantomhive bin oder nicht. Eine glückliche Familie mit glücklichen Eltern habe oder nicht. Kalt und großschnäuzig oder offen und liebenswert bin. Letzten Endes ist das einzige, das ich wirklich will, auf das ich nicht verzichten kann, der Dämon an meiner Seite.

Ich würde jene Worte nicht noch mal sagen, denn bis zum letzten Tag ist es nicht mehr lang und er vergisst nicht so schnell.

Aber dieser eine Satz bildet eine Ausnahme, auch wenn die Tatsache selbst eine unabänderliche bleibt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von: littlemoony
2011-01-08T22:52:34+00:00 08.01.2011 23:52
*-* Ich kann allen hier zustimmen >.<
Vorallem Shaura, ich hab auch gerade erst bemerkt das mir
ernsthaft ne Träne über die Wange gelaufen ist... U__U
Und eigentlich bin ich garnicht so sensibel & das ist mir auch
erlich gesagt noch niemals bei einer FF passiert, du hast das erlich
verdammt toll geschrieben *-* Und ich mag deinen Schreibstiel wirklich <3 Vorallem auch, das du es auch Ciel seiner sicht geschrieben hast (:
Und ich meine so... Boha :D Du hast das einfach Fantastisch hinbekommen x3 Ne fordsetzung wäre voll toll <3 Aber weißt du was? Ich geb mich auch hiermit zu fireden (: Respekt (:

LG PRiiNCESS
Von:  Shaura
2009-11-02T19:09:11+00:00 02.11.2009 20:09
also ich habe tränen in den augen.
das ist nichtmehr schön.
T__T
aber deine story, die ist genial geschrieben.
sonst heul ich nie bei ffs ;__;


Von: abgemeldet
2009-08-29T22:09:17+00:00 30.08.2009 00:09
schöner schreibstil hast du da
wirklich gut zu lesen
ich konnte mir ciels situationen vorstellen
als sebastian die katze gestreichelt hat
und an ciel vorbei musste finde ich auch niedlich
Von:  Midousuji-kun
2009-05-24T12:15:46+00:00 24.05.2009 14:15
Yeah, Finny XD
Thx, dass du ihn auf meinen Wunsch irgendwie eingebaut hast XD

Und mir gefällt es grade, dass es sich zum großteil auf Cieks Gedanken stützt, es ist mal eine Abwechslung^^
Und ja, das mit der Katze war toll~
*katzen-Fan*
uhh, ich möchte mehr lesen >///<
*der sebexciel-flash-pegel immer weiter steigt*
Mit Essen spielt man nicht... aber wenn es einem nunmal Freude bereitet?
*g*
Und vor allem, wenn das Essen sich zu whren weiß~
Von:  35M3R0D
2009-05-23T10:18:50+00:00 23.05.2009 12:18
Ja, ich kann mich Suwamoto nur anschliessen, der mit dem Essen spielen Vergleich war in der Tat sehr "nett"*g*
Ansonsten muss ich sagen, dass dieser OS nicht ganz an den Vorgänger heranreicht. Versteh mich nicht falsch, er war immer noch sehr atmosphärisch, stimmungsvoll und IC, aber dadurch, dass der Grossteil des Textes sich eigentlich auf Überlegungen Ciels stützt, gibt es sehr wenig Handlung im eigentlichen Sinne. Es ist also keine wirklich Kritik, nur gibt "Unendlich" in Sachen Handlung etwas mehr her^^'.
Dafür mochte ich die Szene mit der Katze sehr^^ *auch ein Katzen-Freund ist**g*
Von:  Suwamoto
2009-05-23T09:44:50+00:00 23.05.2009 11:44
Ö.ö
Mit dem Essen spielt man nicht...obwohl ich es schon mag, wenn Sebastian mit Ciel spielt...Aber das Essen, das mit dem Hungrigen spielt, ist ja mal was appetitliches xDDD *FF verschluck* x3~
*luvs*
Da können ruhig mehr kommen, hab gar nichts dagegen *______* Gar im Minusbereich xD
*favs*


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