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22+1 Tage

Und wenn schon.
von

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Zitternde Hände

Yagami Raito wachte auf und beschloss zu sterben.
 

Gestern noch hatte er das Death Note, das eigentlich Misa ausgraben sollte, geholt, da Misa selbst ihr Gedächtnis immer noch nicht zurückbekommen hatte. Was auch gut so war - ohne sie wäre sowieso alles leichter geworden.

Und jetzt wird es auch leichter werden - sie wird nicht wissen können, was geschehen ist.
 

Raito lebte immer noch in der Hauptermittlungszentrale, obwohl er schon seit ein paar Tagen nicht mehr angekettet war. Also hatte er gestern das Death Note unter seinem Hemd mit in sein (eigenes) Zimmer geschmuggelt und es in seinem Nachtkästchen versteckt. Ihm wurde versprochen, dass er nun nicht mehr von Videokameras überwacht wurde.
 

Und wenn schon.
 

Im zarten Orange der Herbstsonne stand er aus seinem Bett auf, streckte sich und sah aus dem Fenster. Tokio, sein Tokio, erstreckte sich unter ihm, schon um diese Uhrzeit waren seine Straßen mit Menschen vollgestopft, imposante und weniger schöne Hochhäuser, von Menschen erbaut, ragten gen Himmel und erreichten ihn doch nicht.

Alles war wie immer.

Alles, außer dass Kira nun zum letzten Mal sein Death Note benutzen würde.
 

Mit einem müden Gesichtsausdruck machte der junge Mann, der schon lange kein Kind mehr war (wahrscheinlich nie wirklich gewesen war), die Schublade zu seinem Nachtkästchen auf und holte das dünne, schwarze Notizbuch heraus. Gewohnt machte er es auf, strich die Seite glatt und sah sie an, bevor er seinen Kugelschreiber zur Hand nahm.
 

Eine blanke, weiße Seite. So schön, sie schrie danach, beschrieben, verschmutzt, missbraucht zu werden.

So potenziell tödlich, ihre schwarze Magie, die Raito so sehr anzog.

Und es war auch ganz natürlich - die Welt hatte es so nötig, dass Raito sich mit diesem Papier zusammenschloss, es benutzte... missbrauchte.
 

Ryuk betrachtete seinen 'Schützling' und hatte eine leise Ahnung, was nun kommen würde. Schon jetzt kicherte er in gewohnter Manier, doch der Student ignorierte ihn völlig. Zu gut kannte er dieses Geräusch, um groß darauf aufmerksam zu werden.
 

Die Hand, die den Kugelschreiber fest umschlossen hielt, zitterte nicht, zögerte keinen Augenblick.

Die Schrift war leicht nach rechts geneigt, hinterließ Abdrücke auf der nächsten Seite und war sehr sauber und leserlich.
 

Yagami Raito - Kira - stirbt in 23 Tagen an Herzversagen.
 

Der Gott der neuen Welt hatte es nicht geschafft.
 

Und wegen solch einem Grund.
 

~~~~~
 

Angezogen, frisiert und parfümiert wie immer betrat Raito den Ermittlungsraum, als wäre nichts geschehen, in Erwartung, das Team dort anzutreffen.
 

Und ihn natürlich auch.
 

Doch er saß heute ganz alleine vor den Monitoren, tippte, sah nicht auf, als er seinem ehemaligen Hauptverdächtigen ein leises "Guten Morgen" zurief.

L nahm sich eine nasse Erdbeere, tunkte sie in die kleine Schüssel mit dem Zucker und steckte sie komplett in den Mund. Zart wie immer berührten seine langen Finger so wenig wie möglich von der zum Weiß seiner Hand im Kontrast stehenden blutroten Frucht.

Alles schien so wie immer. Außer dass das Team nicht da war.
 

Und außer, dass Yagami Raito beschlossen hatte zu sterben.
 

"'n Morgen, Ryuuzaki", sagte er dennoch in einem völlig normalen Tonfall. "Wo sind die anderen?" Er näherte sich dem einzigen anderen Mensch im Raum langsam, als ob nichts wäre, und legte ihm die Hand auf die Schulter - anders wachte der Detektiv nicht aus der Trance auf, in die er durch seine Arbeit fiel.
 

Langsam drehte er sich zum Jüngeren um.

Raito fand immer, dass er aussah wie ein Zombie, wenn er das tat, doch er erschrak schon lange nicht mehr deswegen.

Heute schon.

Noch nie hatte er einen solch intensiven Gesichtsausdruck auf dem blassen Gesicht vor ihm gesehen. Und er konnte diese Miene mit keinem Wort beschreiben. Die Emotion könnte alles sein.
 

Doch schnell fasste sich L wieder. Die übliche Mauer stand wieder zwischen ihnen, die übliche Maske hatten sie sich beide wieder aufgezogen.

L räusperte sich fast geräuschlos. "Schau bitte zum Schreibtisch, Raito-kun, und sage mir, was du davon hälst", wies er seinen Ermittlungspartner an.
 

Dieser sagte kein Wort und ging zum besagten, vollgestellten Tisch.

Auf einem Stapel Akten lag es - das andere Death Note. Aufgeschlagen.

Raitos Atem blieb stehen. Er hob das Notizbuch hoch, da er seinen Augen nicht trauen konnte, als er die noch feuchte Tinte auf der ansonsten leeren Seite sah.
 

L Lawliet stirbt in 23 Tagen an Herzversagen.
 

Und diesmal zitterten Raitos Hände.
 

~~~~~
 

"Raito, mach sofort die Tür auf! Du hast deinem Vater zu gehorchen!"

Poch poch.

"Raito, hörst du mich?! Ich versuche schon seit Stunden anzurufen, aber niemand geht ran!"

Poch poch.

"RAITO WENN DU NICHT SOFORT DIE TÜR AUFMACHST!"

Poch poch poch.

"Chef, ich glaube nicht, dass das etwas bringt..."

"Matsuda, das ist mein Sohn, und ich will wissen, was los mit ihm ist!!"

"Ryuuzaki können wir auch nicht erreichen..."

"Wahrscheinlich sind die beiden dort zu zweit drin, Aizawa. Wer weiß, was der Perverse in seinem Wahn, dass mein Sohn Kira sein soll, mit ihm anstellt...?! RYUUZAKI, MACHEN SIE DIE TÜR AUF!"

Poch poch poch.

"Ich habe gerade wieder angerufen, Chef. Es geht niemand ran."

"Na warte, Ryuuzaki..."

KNALL
 

"An Ihrer Stelle würde ich das nicht tun, Yagami-san, sie verrenken sich nur die Schulter", kam eine computerverzerrte Stimme aus den Lautsprechern vor der Stahltür, durch die man nur kommt, wenn man die Sicherheitskontrolle passieren konnte.

Seltsamerweise wurden anscheinend die Herren Yagami, Mogi, Aizawa und Matsuda aus dem Register der zugelassenen Personen gelöscht. Watari indessen war spurlos verschwunden.

"RYUUZAKI, LASSEN SIE MICH ZU MEINEM SOHN!", schrie der verzweifelte Vater.

"Ich werde nun alle Telefon- und Internetleitungen, zu denen Sie Zugang haben, schließen. Leben Sie wohl."
 

"RYUUZAKI! RAITO!"
 

~~~~~
 

"War das richtig so?", fragte L mit müder Stimme den jungen Mann, der neben ihm saß und das Kinn auf seine rechte Hand aufgestützt hatte, als ob sein Kopf zu schwer wäre.

"Ja", sagte dieser nur und stand auf. "Willst du auch einen Kaffee?"

Mit dem typischen nichtssagenden Blick starrte L Raito an. "Gern."
 

Noch nie waren sie zusammen gewesen ohne eine Beschäftigung zu haben.

Und die Atmosphäre war sowieso drückend, denn schließlich saßen dort zwei junge Männer, deren Tod in 22 Tagen eintreffen würde.

Also saßen sie einfach wortlos nebeneinander auf der Couch, tranken ihren Kaffee und hingen ihren eigenen Gedanken nach.
 

Den Tag davor hatte Raito im Bett verbracht.

Ihm war schlecht gewesen, kalt, hatte regelmäßig Schüttelfrostattacken gehabt.

Warum? Warum, wenn ich schon sterbe? Er hätte doch weitermachen können? Warum... Warum wir beide?

Es war der schlimmste Tag in Raitos gesamten Leben gewesen.

Tränen wollten keine, konnten keine kommen, er lag nur mit weit aufgerissenen Augen unter seiner Bettdecke und quälte sich mit seinem Warum.

Irgendwann am späten Nachmittag war L hereingekommen, hatte das andere, ebenfalls aufgeschlagene Death Note gesehen und tief und resignierend geseufzt.

Er hatte sich neben den zitternden Brunetten gesetzt, die Knie angezogen und in die Luft gestarrt, stundenlang, bewegungslos.

Irgendwann war Raito eingeschlafen.

L legte sich neben ihn hin, war aber noch sehr lange wach.
 

Nun saßen beide bewegungslos auf der Couch und starrten in die Luft.
 

~~~~~
 

"Warum?" L durchbrach die Stille mit einem Flüstern.

Raito hatte damit gerechnet und zuckte kein bisschen, sah den anderen auch nicht an. "Ich könnte dich dasselbe fragen."

Er spürte, wie L sich zu ihm umdrehte und in ansah.

Er wandte seinen Kopf auch zu ihm, schaute ihm mit gleicher Intensität in die Augen.
 

"Zu zweit geht es nicht... Aber alleine auch nicht", sagte Raito leise.
 

Im Raum war es still, er sah steril aus, kalt, erdrückend.

Doch in Ls Augen war der Raum der schönste Raum der Welt, wenn sein Gegenüber in ihm war.
 

Genauso war es mit Ls Gesicht - kalt, ohne jeden Makel, gefühllos.

Doch für Raito wurde es das schönste Gesicht der Welt, wenn sich sein Mund zu einem Lächeln verzog.
 

"Nur fast ganz korrekt, Raito-kun." Sein Lächeln wurde traurig.
 

"Zu zweit geht es... für 22 Tage noch."



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Kommentare zu diesem Kapitel (8)

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Von:  cosmos
2010-08-05T20:33:27+00:00 05.08.2010 22:33
oh mann. >__< die idee zu der story ist ich wirklich super, klingt
interessant und ich bin echt gespannt wie es weitergeht. >.<
aber es ist schon irgendwie traurig, dass man gleich am anfang
weiß, dass das kein gutes ende nehmen wird. .____.
das die beiden diese 22 übrigen tage wohl ohne den rest aus der
ermittlungszentrale verbringen werden, find' ich ganz gut so, ich
denke da gibt's bestimmt noch das ein oder andere zu klären
zwischen den beiden.
zu deinem schreibstil muss ich sagen, dass ich ihn echt gern mag und
du die ganze atmosphäre toll rüberbringst, gefällt mir wirklich sehr. (:

lg, cosmos.
Von: abgemeldet
2009-05-13T14:21:27+00:00 13.05.2009 16:21
Echt qudd beschrieben ^___^
Ich habe schon lange nicht mehr so eine FF gelesen die traurig sehr gut beschrieben ist..*ablaus*
Lq
Hony
Von: abgemeldet
2009-05-07T18:08:28+00:00 07.05.2009 20:08
es ist sehr interessant. beide haben nur noch wenige tage zu leben ... du kannst ruhig mit gutem gewissen weiterschreiben ^^. ich glaube, das ich hiermit für alle spreche.

danke fürs bescheidgeben ;o)
Von:  Taylor
2009-05-07T17:49:31+00:00 07.05.2009 19:49
hm...
ich denke mal wa würde sichlohnen wenn du weiter xchreiben würdest,es klingt schon sehr interssant
ich würde mich freun noch mehr davon zu lesen
Von: abgemeldet
2009-05-07T17:24:49+00:00 07.05.2009 19:24
Himmel! *=*
Ich finde die Idee klasse das beide am selben Tag sterben,doch frage
ich michh warum die das machen xD
Dein Schreibstil ist wie immer einfach klasse xD
Mir gefällt die einfache Art wie sie mit einander reden und die
harmonische Atmosphäre^^
Es i-wie lustig,dass Light und L alle anderen ausgesperrt haben XD
Würde mich über ein 2. Kapi freuen :3
hdl♥
Von:  Motschegiebchen
2009-05-07T17:20:05+00:00 07.05.2009 19:20
Ich bin gespannt, wie du den physischen Druck, der auf den Beiden lastet in den nächsten Kapiteln beschreibst. ^^

Ansonsten kennst du ja meine Meinung zu der Idee bereits. :3

Ach, und hier fehlt noch ein Anführungszeichen:
"Raito, hörst du mich?! Ich versuche schon seit Stunden anzurufen, aber niemand geht ran!

Hajino
Von:  Norway
2009-05-07T17:01:27+00:00 07.05.2009 19:01
Wow!
Mal wieder eine richtig vielversprechende Story von dir.
Ich bin echt platt.
Du bekommst es immer wieder hin ewas tolles zu fabrizieren. ^^
Mal schauen was sie mit ihren 22 Tagen noch so anfangen...
Genial!
Ich bin schon gespannt weil man von dir bestimmt noch die ein oder andere Überraschung in der Story erwarten darf. ^^
Dein Schreibstil war auch wie immer wunderbar!
Insgesamt echt gut.
Schreib bitte weiter, ja?
gggggggggglg,
Senda

Von: abgemeldet
2009-05-07T16:51:06+00:00 07.05.2009 18:51
>___< OMG. das ist so...süß. traurig. hammer.geil.
wehe, du schreibst nicht weiter!!
Auf was für geniale Ideen kommst du bloß immer?!
Argh, geil!


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