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Back to school

Epilog online!
von

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Verwirrt beobachtete er, wie Kai sich aufrichtete und setzte sich nun ebenfalls auf. Was wurde das denn nun? Hände auf und Augen zu, ich hab eine Überraschung für dich? Das machten doch die Eltern mit ihren Kindern immer, wenn sie ihnen was schenkten. Uruha schmunzelte, aber er spielte mit.

Also schloss er brav die Augen und wartete ab, was Kai denn nun vorhatte.
 

Schnell erhob er sich und ging zu seinem Schreibtisch. Dort durchwühlte er erst mal sämtliche Schubladen, bis er die richtige endlich gefunden hatte. Dass er dabei sämtliche Sachen durcheinander brachte und auch ab und zu etwas umschmiss, das dann runter fiel, störte ihn nicht sonderlich.

Lächelnd kam er zurück zum Bett und hockte sich vor seinen Freund.

"Und nicht gucken. Erst, wenn ich es sage."
 

Da er die Augen geschlossen hielt, konnte er nicht sehen, was Kai tat. Doch er hörte ihn in seinem Zimmer herumwühlen und musste schmunzeln. Was trieb Kai denn da? Das klang ja fast, als würde er sein Zimmer verwüsten.

"Keine Angst. Ich schmule schon nicht. Ich bin brav.", grinste er und hielt die Augen weiterhin geschlossen.

Irgendwie war er jetzt aufgeregt.
 

Jetzt hockte er vor ihm und musterte sein Gesicht. Sanft strich er mit einer Hand über seine Wange. Dann legte er ihm eine Kette um den Hals und verschloss sie in seinem Nacken. An ihr war ein kleiner Anhänger. Nun hatte Uruha eine zweite Kette um den Hals. Doch dieses Mal war es kein Medaillon, das er da trug.

Er hauchte ihm noch einen Kuss auf die Lippen. "Jetzt darfst du wieder gucken."
 

Verwundert spürte er, wie ihm etwas Kaltes um den Hals gehängt wurde. Was machte Kai denn da? Als ihm dann gestattet wurde, die Augen wieder zu öffnen, tat er das auch sofort und fasste sich an den Hals. Eine Kette. Und er spürte, dass an ihr etwas befestigt war. Doch er konnte sich den Anhänger nicht ansehen, da die Kette dafür zu kurz war und stand deshalb auf und ging zum Spiegel. Jetzt konnte er sich den Anhänger ganz genau ansehen. Ein silbernes, verschnörkeltes 'Y'. Süß!

"Soll mich das immer an dich erinnern, Yutaka-Chan?", fragte er lächelnd und schmiegte sich an seinen Freund.
 

Verlegen kratzte er sich am Hinterkopf. "Ano... das nicht unbedingt, aber... ich kann dir gerade keinen Ring schenken. Da muss erst mal die Kette herhalten." Und wieder wurde er rot. "Aber wenn sie dir nicht gefällt, kannst du sie auch gerne wieder abnehmen."
 

"Du wolltest mir einen Ring schenken?", fragte er verblüfft und wurde knallrot. "Und nein! Ich nehme sie ganz sicher nicht mehr ab!"

Er sah Kai leicht entrüstet an, doch dann glätteten sich seine Gesichtszüge und er kuschelte sich eng an Kai, legte die Arme um den schlanken Körper.

"Mich wird sie aber immer an dich erinnern. Auch, wenn du das nicht glaubst."
 

Auch er legte die Arme um seinen Freund und drückte ihn an sich. Seinen Kopf bettete er auf seiner Schulter und seufzte.

"Hai, ich hätte dir gern einen gegeben." Er strich ihm zärtlich über den Rücken. "Aber das holen wir nach, hai?", fragte er verlegen.
 

"Hai...", wisperte er zärtlich in Kais Ohr, streichelte ihm sanft durch die Haare und seufzte wohlig. "Das werden dann Verlobungsringe, ja?"

Seine Augen begannen zu glänzen, als er seinen Freund fragend ansah.
 

Kai lächelte nur und nickte dann. "Alles, was du willst, mein Schatz." Und es war ihm dabei auch völlig egal, dass sie sich noch nicht solange kannte. Aber es hatte bereits im ersten Augenblick ihrer Begegnung gefunkt. Das konnte er nicht leugnen. Und genau das war der Grund, warum er sich seiner Liebe zu Uruha auch mehr als sicher war.

Und er wusste auch, wen er damit beauftragen konnte. Gleich morgen würde er seinen Cousin anrufen und ihm davon erzählen. Ihm konnte er in jeder Hinsicht vertrauen.
 

Lächelnd küsste er Kai sanft auf den Mund, ehe er sich wieder umwandte und die hübsche, feingliedrige Kette an seinem Hals anschaute. Das verschlungene 'Y' war zwar ziemlich klein, aber es sah wirklich hübsch aus. Und er freute sich, dass er jetzt auch etwas hatte, was ihn an Kai erinnern würde, wenn sie mal nicht beisammen sein konnten.

Doch dann kam in ihm das schlechte Gewissen hoch und er seufzte.

"Ich hab nichts, was ich dir schenken könnte."
 

Er erwiderte den Kuss und schlang die Arme noch fester um ihn. "Ich brauch nur dich, mein Liebling.", säuselte er ihm ins Ohr. Und er meinte es auch so, wie er es sagte.

Seine Hände fuhren jetzt über seinen Bauch hoch zu seiner Brust.

"Und jetzt lass uns schlafen gehen. Ich bin hundemüde." Mit diesen Worten zog er Uruha wieder aufs Bett. Dort legte er sich auch sofort hin und hielt die Decke hoch, so dass Uruha darunter schlüpfen konnte.

"Na komm. Morgen is wieder Schule."
 

"Sicher? Du hast mir schon das Medaillon und diese Kette geschenkt. Und ich? Ich konnte dir bis jetzt noch gar nichts schenken. Das tut mir wirklich total leid, Schatz."

Er kuschelte sich zu ihm unter die Decke und seufzte deprimiert. Kai würde ihm immer wieder sagen, dass das nicht schlimm war, das wusste er. Aber er wollte Kai trotzdem irgendetwas schenken. Nur was?

"Schule? Och... Muss ich dahin? Ohne dich ist das total langweilig."
 

Kai grinste. Ja ja, da wollte einfach einer nicht zur Schule gehen. "Du liegst wohl lieber faul im Bett rum, was? Aber die Schule ist wichtig." Er zog die Decke über ihre beiden Körper. Dann hauchte er ihm einen Gutenachtkuss auf die Lippen und löschte das Licht.

"Wenn du es mir erlaubst, hol ich dich morgen auch von der Schule ab.", flüsterte er.
 

Erst murrte er unwillig, er wollte wirklich nicht ohne Kai zur Schule, doch als Kai ihm anbot, ihn abzuholen, sah er ihn lächelnd an und nickte.

"Klar doch. Wenn du das wirklich machen würdest? Wann darfst du eigentlich wieder zur Schule? Du verpasst wirklich ziemlich viel."

Er kuschelte sich seufzend an Kai und schloss die Augen. Er hielt seinen Freund im Arm und wünschte ihm eine gute Nacht.

"Oyasumi nasai."
 

Nickend bestätigte er hm dies. Ja, er selbst hatte auch schon daran gedacht, aber er hatte Glück gehabt. Seine Mutter hatte ihm immer die Aufgaben und Mitschriften direkt von den Lehrern geben lassen, damit er nicht zu viel verpasste.

"Mach dir keine Sorgen. Morgen Früh steh ich mit dir auf, dann frühstücken wir und während du in der Schule bist, werd ich mal die ganzen Aufzeichnungen und Hausaufgaben durchgehen. Und jetzt schlaf schön. Oaysumi nasai, Ruha-chan."

Noch ein süßer Kuss auf die Stirn und dann bettet auch er seinen Kopf in die weichen Kissen. Es war so schön, dass Uruha diese Nacht wieder bei ihm war.
 

"Okay, dann tu das. Aber wehe, ich erwische dich dann morgen nach der Schule dabei, dass du keine Aufgaben gelöst hast.", er zwickte ihn in die Seite. "Du lernst schön brav, ja? Muss ich ja auch machen."

Er gab seinem Schatz ebenfalls einen Gutenachtkuss, ehe er sich auf die Seite drehte und die Augen schloss.

Morgen würde ein langweiliger und anstrengender Tag werden, dass wusste er. Er würde sich langweilen im Unterricht, mit seinen Freunden quatschen, Japanisch schreiben...

Mit einem Mal saß er kerzengerade im Bett und starrte entsetzt an die gegenüberliegende Wand.

"Scheiße! Ich hab die Japanischarbeit vergessen!"
 

So schnell, wie Uruha aufsaß, so schnell riss er die Augen auf und wunderte sich jetzt doch etwas. Dann lachte er.

"Das ist jetzt nicht dein Ernst oder?", fragte er nun doch lieber nach.

Als Uruha nur nickte, wusste er, dass es kein Scherz war. Er seufzte. "Hast du denn solche Probleme in Japanisch?"

Sollte dies der Fall sein, so würde er ihm sicher etwas helfen können, denn er selbst war in Japanisch doch recht gut. Aber er bezweifelte stark, dass sein Freund Probleme mit diesem Fach hatte.
 

Er schüttelte den Kopf. Nein, in Japanisch hatte er eigentlich keine Probleme.

"Ich hab keine Probleme, aber ich hab immer ein total schlechtes Gewissen, wenn ich nicht lerne. Und ich hab total vergessen, um welches Thema es geht. Was, wenn ich gerade das nicht mehr kann? Mist!"

Er raufte sich die Haare und sah gerade wirklich mehr als verzweifelt aus. Dann drückte er sein Gesicht ins Kissen und murrte:

"Ich bin krank, Kai. Ich kann morgen nicht zur Schule gehen."
 

"Nani?" Das war doch nicht sein Ernst. Er wollte die Schule schwänzen, nur weil er Angst hatte, es könnte ein Thema dran kommen, das er nicht konnte?

Kai packte ihn und drehte ihn kraftvoll auf den Rücken. Mit ernstem Blick schaute er ihn an.

"Vergiss es! Und wenn ich dich eigenhändig dahin schleifen muss! Geschwänzt wird nicht!", schimpfte er. Er war strikt gegen solche Aktionen und damit würde er auch nicht Uruha zu Liebe anfangen.
 

Mehr als erschrocken starrte er in Kais Gesicht. Dessen Finger krallten sich in seine Schultern und er kniff ein Auge zusammen.

"Itai... Kai, du tust mir weh...", murmelte er und löste Kais Griff um seine Schultern. "Ich will trotzdem nicht hin. Du musst schließlich auch nicht und dir geht´s doch wieder gut. Und willst du mich etwa reinreißen? Meine Note wird versaut, wenn ich diese Arbeit jetzt mitschreibe."

Er verschränkte die Arme.

"Ich geh nicht hin."
 

Konnte es etwas Schlimmeres geben als einen störrischen Uruha, der sich weigerte zur Schule zu gehen, nur weil er mal nicht gelernt hatte?

Sein Blick verfinsterte sich. Auch wenn er den Griff lockerte, konnte er die Meinung seines Freundes nicht teilen.

"Ich warne dich! Solltest du dich weiterhin weigern, dann werd ich dir auf ewig böse sein.", knurrte er. Bei solchen Sachen verstand er einfach keinen Spaß. Schließlich wusste er, wie wichtig die Schule war.
 

"Ich verstehe gar nicht, wieso du dich so aufregst.", fauchte er und sah Kai vorwurfsvoll an. "Ich hab das schon öfters gemacht und bis jetzt hat das noch niemand erfahren außer meinen Freunden. Die Lehrer hat es auch nicht interessiert."

Er zog eine Schnute und legte sich wieder hin, schloss die Augen.

"Ich kann ja machen, was ich will. Und du gehst auch nicht, obwohl es dir gut geht. Da brauchst du nicht den Moralapostel zu spielen."
 

Jetzt ging er aber wirklich zu weit. Wer war denn derjenige, der darauf bestanden hatte, dass er erst wieder zur Schule ging, wenn der Arzt es ihm erlaubte? Wem hatte er denn ein solches Versprechen machen müssen?

Das war Uruha! Ja, ihm hatte er dieses dämliche Versprechen doch geben müssen.

Kai wurde sauer. Wütend schnappte er sich seine Decke, drehte sich um und zog sie bis über den Kopf.

Er war beleidigt. "Mach doch, was du willst. Aber ohne mich.", brummte er.

Dann schwieg er und beachtete den anderen auch nicht mehr.
 

"Ja, mach ich auch. Pah!"

Er schnappte sich ebenfalls ein Stück der Decke und zog sie bis zur Nasenspitze hoch. Wütend starrte er auf die gegenüberliegende Wand. Konnte oder wollte Kai ihn nicht verstehen? War doch verständlich, dass er keine schlechte Note haben wollte und dann lieber nachschrieb.

Leise fauchend schloss er die Augen und war wenige Minuten später auch schon eingeschlafen.
 

Irgendwann hörte er Uruhas ruhigen Atem. Er selbst konnte irgendwie nicht einschlafen. Nicht nach einem Streit mit Uruha.

Gut, dann machte er eben das, was er auch so getan hätte. Zwar hatte er gesagt, dass er das morgen machen würde, aber er konnte ja eh nicht schlafen.

Leise erhob er sich und schnappte sich seine Schultasche und die ganzen Unterlagen, die seine Mutter ihm mitgebracht hatte. Damit verzog er sich ins Wohnzimmer und machte sich an die Aufgaben.

Sein Entschluss stand fest. Dann würde er eben morgen doch zur Schule gehen. Wenn Uruha es so wollte, dann konnte er das auch haben.

Fast die ganze Nacht hindurch lernte er und löste sämtliche Aufgaben der Tage, die er bereits verpasst hatte. Und das war eine ganze Menge.

Irgendwann jedoch überkam ihn die Müdigkeit und er war über seinen Unterlagen eingeschlafen.
 

Grummelnd wachte er am nächsten Morgen auf, da die Sonne ihm durch die Augenlider hindurch schien und öffnete blinzelnd die Augen. Doch er musste sie sofort wieder schließen, da die Sonne ihn viel zu sehr blendete. Blind tastete er neben sich nach Kais warmen Körper, doch er war nicht da. Kais Betthälfte war leer und kalt. Uruha runzelte die Stirn. Wo war Kai?

Doch dann schnaubte er und drehte sich auf die andere Seite. Was kümmerte es ihn? Er war sauer auf Kai. Und er würde auch nicht zur Schule gehen. Das stand schon mal fest. Also schloss er die Augen wieder und schlief weiter.
 

Verschlafen schaute er auf die Uhr, als er aufgewacht war. Er streckte seine müden Glieder und gähnte. Fürs nächste Mal würde er sich wohl doch aufs Sofa legen. Die Kombination Boden und Tisch war nicht sehr bequem. Ihm tat alles weh. Dennoch erhob er sich, räumte seine Unterlagen und Schreibutensilien wieder zusammen, um sie in seiner Schultasche zu verstauen und stellte sie dann in den Flur.

Ein erneuter Blick zur Uhr und er wusste, dass er noch etwas Zeit hatte. Also konnte er noch etwas frühstücken und unter die Dusche springen. Dann würde er sich auf den Weg zur Schule machen. Schließlich ließ er sich jetzt nicht mehr von seinem Versprechen abhalten, dass Uruha ja scheinbar eh schon vergessen zu haben schien.

Er ging die Treppe hinauf und schnurstracks in sein Zimmer. Dort holte er sich seine Uniform und ging dann ins Badezimmer, um zu duschen.

Das alles ging wie jeden Morgen recht schnell bei ihm, so dass er auch schon kurz darauf in der Küche stand und sich sein Frühstück und sein Bento zubereitete.

Er wusste, dass Uruha noch in seinem Bett lag. Das war auch schwer zu übersehen, aber das sollte ihm auch egal sein. Uruha wollte nicht zur Schule, aber er. Also machte er sich soweit fertig.
 

Nach etwa einer Viertelstunde wurde er wieder wach und sah sich verschlafen um. Woher kam der Krach? Anscheinend aus der Küche. War Kai wach?

"Na toll... Wehe, der kommt gleich rein und will mich wecken..."

Aber irgendwie konnte er nun wirklich nicht mehr schlafen. Er richtete sich auf und rieb sich über die Augen. Ihn überkam das schlechte Gewissen. Sollte er nicht vielleicht doch zur Schule und einfach sein Bestes in der Arbeit geben? War ja irgendwie doch besser als schwänzen.

Also stand er laut fluchend auf, duschte sich schnell, schminkte und stylte sich und betrat dann leise die Küche, in der Kai gerade sein Bento einpackte. Er räusperte sich leise.

"Uhm... Ohayou, Kai-Chan..."
 

Leicht zuckte er zusammen. Eigentlich hatte er jetzt nicht damit gerechnet, dass Uruha doch noch aufstehen würde. Man gut, dass er vorsichtshalber zwei Bentos gemacht hatte. Vielleicht würde er ja doch noch zur Schule gehen wollen.

"Ohayou.", murrte er nur. Schließlich war er wirklich sauer auf ihn. Dann setzte er sich an den Tisch und aß sein Frühstück und beachtete seinen Freund nicht ein einziges Mal.
 

Nervös trat er von einem Bein auf das andere und kaute auf seiner Unterlippe herum. Was sollte er jetzt machen? Sich zu Kai setzen und auch was essen? Oder lieber doch nicht? Kai schien wirklich mächtig sauer auf ihn zu sein.

Er entschied sich dafür, sich neben Kai zu setzen und sah ihn entschuldigend an.

"Gomen nasai, Kai-Chan... Ich hab gestern überreagiert und wollte dich nicht so anpflaumen. Das tut mir wirklich leid."
 

Kai drehte nur den Kopf weg. Ja, er hatte wirklich überreagiert und das sollte er jetzt so lange zu spüren bekommen, bis er begriff, dass er auch ein Mensch war, der Gefühle hatte.

Jedoch kam er nicht umhin, Uruha einen Teller zuzuschieben, auf dem er auch für ihn etwas zum Frühstück gemacht hatte. Auch sein Bento schob er ihm vor die Nase.

Doch auch jetzt verließ keine einzige Silbe seine Lippen.

Als er fertig war, stand er auf und verließ die Küche. Im Flur nahm er seine Jacke vom Haken und schlüpfte in seine Schuhe. Dann schnappte er sich seine Schultasche und verließ schweigend das Haus.
 

Betreten starrte er auf seinen Teller und schluckte hart. Kai hatte ihn nicht ein einziges Mal beachtet, nicht mal gezuckt hatte er, als Uruha sich entschuldigt hatte. Hatte er es gestern wirklich zu weit getrieben? Das hatte er wirklich nicht gewollt.

Obwohl sein Magen knurrte, ließ er den Teller unangerührt stehen und rührte sogar sein Bento nicht an. Er hatte es nicht verdient, dass Kai so lieb war und ihm noch Essen machte. Also konnte er das auch nicht annehmen. Das wäre egoistisch.

Er zog sich ebenfalls seine Jacke an, schulterte seinen Ranzen und trat traurig und hungrig den Weg zur Schule an. Das würde ein prima Tag werden. Zwei Stunden Japanischarbeit und gleich danach zwei Stunden Sport. Marathonlauf. Mit leerem Magen ließ es sich nicht gut Sport treiben, das wusste er. Aber es war ihm egal.

Seufzend erreichte er die Schule, trottete ins Klassenzimmer und ließ sich stillschweigend auf seinem Platz zwischen Kai und Ruki nieder.
 

Er hatte das Schulgebäude und somit auch seine Klasse schon vor Uruha erreicht und sich auf seinen Platz gesetzt. Als sein Freund den Raum betrat, drehte er sich sofort zur Seite und schaute scheinbar interessiert aus dem Fenster.

Es war ihm egal, was heute noch passieren würde. Er hatte zwar wenig geschlafen, aber den Tag hier würde er schon irgendwie überstehen. Egal wie.

Und dann klingelte es auch schon zur Stunde.

Der Lehrer schien etwas irritiert zu sein, dass sein eigentlich entschuldigter Schüler nun doch auf seinem Platz saß. "Uke-kun? Bist du dir sicher, dass du diese Arbeit mitschrieben möchtest? Fühlst du dich auch fit genug?"

Jede dieser Fragen beantwortete er nur mit einem Nicken. Ja, er würde die Arbeit mitschreiben.

Dann wurden nochmals Belehrungen durchgeführt und anschließend die Fragebögen verteilt.

"Wenn die zwei Unterrichtsstunden beendet sind, wird abgegeben.", erklärte der Lehrer nochmals das Ende der Prüfung.

Und dann ging es los.
 

Uruha starrte mehr als verzweifelt auf seine Fragebögen. Seine Finger krallten sich in seinen Schoß und er biss sich auf die Lippen. Er hätte doch zuhause bleiben und später nachschreiben sollen. Er konnte nicht eine einzige der Fragen lösen.

Am liebsten wäre er jetzt aufgestanden und wäre aus dem Zimmer gerannt, doch das konnte er nicht machen. Dann war Kai erst recht sauer und würde ihn für einen Feigling halten, der sich solch einfachen Aufgaben nicht stellte.

Verzweifelt sah er sich um. Jeder Schüler hatte sich über sein Blatt gebeugt und schrieb hastig alles auf, was ihm einfiel. Selbst Kai, der so lange nicht da gewesen war, schrieb fleißig. Uruha kam sich vor wie ein Versager.

"Takashima-Kun? Was ist? Wieso fängst du nicht an?", fragte der Lehrer und Uruha starrte wieder auf sein Blatt.

"N-Nichts..."

"Na, dann fang an. Du wirst die Zeit brauchen, also trödel nicht."

Uruha nickte und nahm seinen Stift zur Hand. Irgendetwas musste er doch lösen können. Also schrieb er einfach irgendetwas hin, was vielleicht richtig sein könnte.
 

Kai bemerkte, dass Uruha absolut nichts wusste. Zumindest schien es so. Deshalb schob er unauffällig seinen Zettel mit den Lösungen zu ihm hinüber. Entweder er schrieb es ab, oder er sollte einfach seinen Zettel abgeben. Er selbst konnte ja immer noch sagen, dass er sich nicht fühlte und dann einfach ins Krankenzimmer gehen.

Doch Uruha schien das nicht zu interessieren. Also blieb ihm doch nur eins. Und schon hob er die Hand, nachdem er seinen Zettel zurückgezogen hatte.

"Was ist denn, Uke-kun? Geht es dir nicht gut?", fragte der Lehrer auch sofort.

Doch Kai nickte nur. "Doch, mir geht es gut, aber Takashima-kun sieht nicht gut aus. Er is bestimmt krank."

Dann zeigte er mit dem Finger auf ihn. "Er ist wirklich ganz blass."

Ob er ihm wenigstens damit aus der Patsche helfen konnte? Wenn er schon nicht abschreiben wollte, dann sollte er wenigstens seinen eigentlichen Plan aufrechterhalten.

Hätte er gewusst, dass er doch zur Schule ging, hätte er sich doch noch einmal mit ihm hingesetzt und etwas gelernt.
 

Uruha sah zu Kai hinüber und verkrampfte sich noch mehr. Wieso tat er das für ihn? Das hatte er wirklich nicht verdient. Er war so gemein zu Kai gewesen. Das konnte er wirklich nicht machen. Obwohl Kai eigentlich recht hatte... Ihm ging es gerade wirklich nicht besonders gut. Lag vielleicht daran, dass er nichts gegessen hatte. Ein Jugendlicher sollte frühstücken, da der Kreislauf sonst instabil wurde.

Als der Lehrer ihn fragte, ob er denn ins Krankenzimmer wolle, schüttelte Uruha nur den Kopf.

"Nein, es geht schon. Nicht schlimm.", murmelte er und starrte wieder auf sein Blatt. "Ich möchte nur schon einmal abgeben... Wäre das möglich, dass ich mich schon auf den Weg zur Sporthalle mache? Ich könnte ein wenig frische Luft schnappen."

"Mach das, Takashima-Kun. Aber wenn es dir zu viel wird, sag Bescheid. Du bist wirklich etwas blass."

Uruha nickte, erhob sich schwerfällig und trottete aus dem Zimmer.
 

Mitleidig sah er ihm nach. Hatte er jetzt etwas falsch gemacht? Sein Blick ging zu Ruki, doch auch der zuckte nur mit den Schultern.

"Was ist los, Matsumoto-kun, Uke-kun? Eure Arbeit liegt vor euch. Also konzentriert euch darauf!", brummte der Lehrer.

Na toll. Jetzt sollte er sich noch auf seine Arbeit konzentrieren? Klasse. Wirklich super. Das konnte er doch überhaupt nicht.

Er seufzte.

Doch auch diese Unterrichtsstunden waren irgendwann zu Ende und alle gaben ab. Er hoffte, dass er nicht allzu schlecht werden würde, weil er sich in den letzten Minuten einfach nicht konzentrieren konnte. Gedanklich war er immer bei Uruha. Was hatte er bloß? Wieso hatte er seine Hilfe nicht angenommen?

"Was hast du mit Ruha gemacht?", fragte Ruki ihn auf den Weg zur Sporthalle, während er sich fest an ihn klammerte.
 

Uruha saß mit angezogenen Beinen in der Sporthalle auf einer der dicken Matten und hatte den Kopf auf den Knien abgelegt. Stumm rannen ihm die Tränen von den Wangen und er schluckte. Er verstand Kai einfach nicht. Er verhielt sich so kalt ihm gegenüber, doch gleichzeitig wollte er ihm auch helfen. Wieso? Er hatte das gar nicht verdient. Die Wut ja, die Hilfe nein.

Ihm fröstelte etwas, was wohl daran lag, dass die Halle nicht beheizt worden war und er nur die kurze Sporthose und das Shirt trug.

Er wischte sich hastig die Tränen aus den Augenwinkeln, als die anderen aus seiner Klasse nacheinander die Halle betraten. Keiner sollte seine roten Wangen sehen.
 

Etwas niedergeschlagen zog er sich in der Umkleidekabine um. Sport. Nun würde er also doch das Versprechen brechen müssen. Ob das wirklich so gut war? Sollte er einfach über Uruhas Willen hinweg etwas entscheiden?

Energisch schüttelte er den Kopf. Uruha war doch selber schuld. Aber wieso machte er sich dann so viele Gedanken darüber?

Kai war der letzte, der die Halle betrat und sofort fiel sein Blick auf den auf der Matte kauernden Jungen, den er doch eigentlich liebte. Dennoch. Als sich ihre Blicke kurz trafen, drehte er den Kopf reflexartig weg.
 

Kai sah sofort weg, als Uruha ihn ansah und der Brünette schluckte hart. Kai musste wirklich mächtig wütend auf ihn sein, wenn er ihn nicht mal mehr ansehen wollte.

Als der Lehrer hereinkam, stellten sich alle in einem Kreis auf, damit der Lehrer ihnen den Marathonlauf erklären konnte. Uruha schluckte hart. Zehn Minuten Dauerlauf. Ob er das durchstehen würde, bezweifelte er mal stark.

"Uke-Kun? Du bleibst am Rand sitzen. Ich will nicht, dass du wieder umkippst. Es ist sicherer, wenn du nicht mitmachst.", wies der Lehrer Kai an. "Die anderen stellen sich jetzt bitte in alphabetischer Reihenfolge auf."

Die Schüler taten, wie ihnen geheißen und Uruha war nervös.
 

Kai sollte am Rand sitzen? Wieso denn das? Ging´s noch?

Doch dem Lehrer sollte er sich wohl lieber nicht widersetzen. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als sich an den Rand zusetzen und zuzusehen. Eigentlich hätte er jetzt wirklich lieber ein wenig Sport gemacht.

Genervt und enttäuscht ließ er sich auf eine der Bänke nieder. "Blöder Lehrer.", motzte er leise.
 

Kai durfte sich an den Rand setzen, während Uruha nervös in der Schlange stand und sich die Hand auf den Magen presste. Kami-Sama, sein Magen rebellierte. Er hatte wirklich mehr als nur Hunger.

Nachdem schon etliche Schüler aufgerufen wurden und ihren Lauf absolviert hatten, war endlich auch Uruha an der Reihe. Er stellte sich in Position und wartet auf den Pfiff des Lehrers. Als dieser auch ertönte, sprintete er sofort los. Mühelos schaffte er die ersten drei Minuten, ohne außer Atem zu kommen. Doch dann wurde er immer langsamer und ihm wurde schlecht. Sein Kreislauf machte langsam aber sicher schlapp. Nach weiteren zwei Minuten begann sein Sichtfeld zu verschwimmen und er stoppte, um sich vornüber auf die Knie fallen zu lassen. Er atmete schwer und beugte sich vor.

"Takashima-Kun? Alles in Ordnung?", fragte der Lehrer, doch Uruha konnte nicht antworten.

Er war viel zu sehr damit beschäftigt, sich zu beruhigen.

"Takashima-Kun? Hörst du mich?", erklang die besorgte Stimme des Lehrers erneut an sein Ohr.

Doch dann kippte er nach vorne und wurde gerade noch rechtzeitig vom Sensei aufgefangen. Ihm drehte sich alles und ihm war schlecht.
 

So richtig bekam er nicht mit, was da am anderen Ende der Halle passierte. Uruha kam mehrmals an ihm vorbei, aber mehr auch nicht. Es interessierte ihn nicht wirklich, denn eigentlich war er ja böse auf ihn. Das sollte er auch zu spüren bekommen.

Als er allerdings nicht wieder vorbeikam, schaute er auf und sah, dass der Lehrer Uruha auf dem Arm hatte.

Er schluckte. Was war denn jetzt los? Hatte sein Kreislauf mal wieder einen Abgang gemacht? Er hatte ihm doch extra etwas zum Essen hingestellt gehabt. Hatte er das etwa nicht angerührt?

Hastig erhob er sich und lief zu seinen Mitschülern.

"Was ist denn passiert, Sensei?", fragte er ihn etwas irritiert?

"Soll ich Takashima-kun ins Krankenzimmer bringen?" Was anderes fiel ihm jetzt auch nicht ein.
 

"Takashima-Kun? Alles in Ordnung? Kannst du aufstehen?", fragte der Lehrer besorgt.

Uruha nickte leicht fahrig und richtete sich schwankend auf. Allerdings klammerte er sich an Reita fest, der ihm am nächsten stand und keuchte:

"Kann... Kann Suzuki-Kun mich bitte ins Krankenzimmer bringen? Mir ist schlecht."

Er wollte jetzt nicht, dass Kai bei ihm war. Schien ihn ja alles sowieso kalt zu lassen.

"Ja, natürlich kann er das.", antwortete der Lehrer.

Uruha nickte dankbar, klammerte sich an Reita fest, um nicht umzukippen und verließ mit eben jenem die Halle. Kai ließ er einfach stehen.
 

Kai fiel fast die Kinnlade bis zum Boden. Hatte er ihn jetzt eiskalt ignoriert? Ihn einfach stehen lassen, obwohl er seine Hilfe angeboten hatte?

Er wollte also lieber Hilfe von Reita? Dann sollte er sie doch auch bekommen. Konnte er gerne machen. Schien ihm ja egal zu sein, dass er sich Sorgen um ihn machte. Pah! Dann sollte er doch machen, was er wollte. Jetzt hatte er aber wirklich erst mal die Nase voll von ihm.

Wütend marschierte er wieder zu seiner Bank und ließ sich mit verschränkten Armen dort nieder. "Baka.", schimpfte er.

Reita war wohl besser als er. Und gestern noch so ein Theater machen, dass er ihn heiraten wollte. Dann sollte er doch Reita heiraten. Ihn konnte er sich jetzt erst mal abschminken.
 

Sich an Reita festklammernd wurde er ins Krankenzimmer gebracht und legte sich dort auf die Liege. Reita legte ihm ein Kühlkissen auf die Stirn und seufzte.

"Ruha... Kai wollte dir doch helfen. Wieso musste ich denn jetzt? Ich liebe Sport, das weißt du doch."

"Ich weiß...", Uruha blickte zur Seite. "Aber ich will Kai jetzt erst mal nicht mehr sehen... Er hasst mich doch jetzt sowieso."

Stumme Tränen bahnten sich ihren Weg seine Wangen hinab.
 

Reita runzelte die Stirn. "Wieso sollte er dich denn jetzt hassen?", fragte er verwirrt. "So wie er eben aussah, hasst er dich doch nicht. Wie kommst du auf den Trichter?" Er hockte sich vor ihn und schaute ihm von unten in die Augen. Mit einer Hand strich er ihm die Tränen von den Wangen.

"Da hast du sicher etwas falsch verstanden, Ruha. Er wollte dir wirklich helfen. Und das nicht nur eben." Jetzt schmunzelte er. "Sein total dämlicher Versuch, dir seinen zettel zuzuschieben, war schon echt mutig. Man gut, dass der Lehrer das nicht wirklich mitbekam. Das hätte sonst schlimme Folgen für ihn gehabt. Und auch die Aktion mit der Uruha sieht krank aus Nummer, war mehr als durchschaubar." Und nun lachte er. "Für so dumm hätte ich ihn gar nicht gehalten."

Eine Hand legte sich auf Uruhas bebende Schultern. "Aber sag mal, du hast nichts gegessen oder? Sonst macht doch dein Kreislauf nicht so schnell schlapp. Was ist denn passiert?"
 

Kai schmollte. Jetzt war ihm noch unwohler. Er hatte nicht nur Streit mit Uruha. Nein! Er ignorierte ihn nun auch völlig. Das tat noch mehr weh, als dieser blöde Streit.

Hoffentlich ging es ihm auch gut. Er machte sich wirklich Sorgen.

Schnell sprang er auf und rannte zu Ruki, der nicht weit entfernt neben Aoi und ein paar weiteren Mitschülern stand. Er packte ihn am Arm und zog ihn mit sich. In sicherer Entfernung sprach er ihn an.

"Ruki-chan? Kannst du mir einen Gefallen tun?" Der Kleine nickte nur. Und schon verschwanden er und der kleine Blonde im Umkleideraum, wo Kai ihm sein Bento in die Hand drückte. "Kannst du das zu Uruha bringen? Ich glaub, er hat heute noch nichts gegessen."

Und wieder nickte der Kleine und sprintete grinsend los.
 

Uruha schluckte hart und sah Reita verzweifelt ins Gesicht. Was sollte er denn antworten? Dass er nicht gelernt hatte und deswegen Schule schwänzen wollte, dann ziemlich zickig zu Kai gewesen war, weil der das nicht gutheißen wollte? Das kostete schon ziemliche Überwindungskraft, so etwas zuzugeben, doch er tat es.

"Ich... Kai und ich hatten einen Streit. Und daran bin ich schuld. Und obwohl er eigentlich sauer auf mich ist, hat er mir Frühstück und ein Bento gemacht. Aber ich fand es egoistisch von mir, das anzunehmen und bin ohne was im Magen zu haben zur Schule gegangen. Ich weiß, dass das blöd war, ich wusste ja, dass wir Sport haben. Aber ich konnte meinen inneren Schweinehund nicht besiegen."

Er schluchzte leise auf und vergrub das Gesicht in den Händen.

"Wie soll ich Kai denn jetzt noch gegenübertreten? Er hasst mich doch jetzt sicherlich und will nichts mehr mit mir zu tun haben."
 

Reita tippte ihm mit dem Finger gegen die Stirn. "Du spinnst doch!", brummelte er. "Du bist manchmal echt doof. Weißt du das?" Doch er nahm ihn wieder in den Arm. "Deswegen wird er dich doch nicht hassen. Das glaub ich nicht. Auch wenn ich ihn nicht so gut kenne wie du, aber so schätz ich ihn nicht ein. Und wenn es doch so sein sollte, was ich aber definitiv nicht glaube, dann wird er mich kennenlernen.", scherzte er abschließend.

Und plötzlich sprang die Tür auf und Ruki stand mit einem breiten Grinsen im Raum. Er hüpfte fröhlich auf sie zu und ließ sich neben Uruha plumpsen.

Dann streckte er Uruha das Bento entgegen.

"Hier, soll ich dir geben. Scheinbar willste Kai ja nicht sehen."
 

Er kuschelte sich in Reitas warme, starke Arme und wollte gerade etwas erwidern, als plötzlich die Tür aufgerissen wurde und ein kleiner, blonder Flummi namens Ruki ins Zimmer hüpfte und sich fast auf ihn schmiss. Verdattert starrte er auf das Bento in der Hand des Kleinen und er verkrampfte seine Finger in die Liege unter sich.

"Das... Das hat Kai für mich gemacht?", er schluckte. "Ich kann es nicht annehmen. Ich war viel zu gemein zu Kai, das sollte er lieber selbst essen."

Er starrte auf seine Hände und schloss dann die Augen. Sollten Reita und Ruki jetzt doch denken, was sie wollten. Kai mochte ihn jetzt nicht mehr, da musste er auch nichts von ihm annehmen. Er hatte ja gemerkt, wie sehr Kai ihn ignoriert hatte.

"Könnt ihr mich jetzt wieder alleine lassen? Ich hol gleich meinen Ranzen und geh nach Hause, mir ist schlecht. Könnt ihr das Sensei Himura sagen?"
 

Ruki und Reita starrten sich entgeistert an und packten dann gleichzeitig Uruha am Arm. "Hier geblieben!", prustete Ruki und schauten ihn böse an.

"Das hat er extra für dich gemacht, du Dumpfnase. Also nimm es gefälligst an. Sei nicht immer so eine kleine Zicke.", brummte Reita. "Wir bleiben solange hier sitzen, bis du aufgegessen hast.", trällerte der Kleinste und grinste ihn frech an.
 

"Wah!"

Der feste Griff seitens Reita und Ruki an seinen beiden Armen ließ ihn zurücktaumeln, als er gerade aufgestanden war, um das Krankenzimmer zu verlassen. Was sollte das denn werden? Spinnten die jetzt vollkommen?

"Lasst mich los! Was soll das? Ich will nichts essen, ich esse zuhause selbst dann was. Von Kai nehme ich es nicht an. Basta!"

Er versuchte, sich erneut zu befreien und keifte dann Reita an.

"Sag deiner kleinen Flitzpiepe, dass sie mich loslassen soll! Und lass du auch los, Nasenbär!"

Er dachte gar nicht darüber nach, was er da sagte. Es rutschte ihm einfach so raus.
 

Jetzt platze Reita aber echt der Kragen. Ruckartig packte er ihn mit beiden Händen an den Schultern und drückte ihn mit einer Wucht in das Bett zurück, dass selbst Ruki große Augen bekam.

Uruhas Schmerzenslaut ignorierte er einfach und schaute seinen kleinen Freund an. "Ruki? Könntest du mal bitte Kai-chan herholen? Sonst wird das hier nie was."

Ruki nickte und hüpfte auch so gleich vom Bett, um dann hastig aus dem Zimmer zu flitzen.

"Kai-chan!", brüllte er schon von weitem.
 

Aufkeuchend vor Schmerz, der seinen ganzen Rücken durchzuckte, kniff er die Augen zusammen und biss sich auf die Lippe. Wütend funkelte er Reita an, der ihn an den Schultern aufs Bett drückte und er bockte auf. Er hasste es, wenn man ihn gegen seinen Willen wo festhielt. Und das ließ er sich selbst nicht von seinem besten Freund gefallen. Nie im Leben.

"Reita wenn du mich jetzt nicht sofort in Ruhe lässt, schrei ich!"

Und er würde seine Drohung wahr machen.

"Ich warne dich!"
 

Pah! Uruha konnte ihm drohen, wie er wollte. Er hatte die Nase voll, dass er sich selbst immer wieder im Weg stand. Selbst jetzt, wo er einen Menschen gefunden hatte, der ihn mehr als nur als Freund sah. Es machte ihn ungemein traurig, dass er so dumm war.

"Baka!", keifte er ihn an. "Begreifst du denn überhaupt nichts?!"
 

Schon von weitem hörte er Ruki seinen Namen rufen. Etwas verwirrt schaute er ihn an. "Was is?", fragte er ihn etwas irritiert. Was war denn los?

Heftig atmend kam Ruki vor ihm zum Stillstand. Er war gesprintet. Ohne ein Wort zu sagen, packte er ihn am Handgelenk und zog ihn einfach mit sich.
 

"Was soll ich denn begreifen, Reita? Ich will hier jetzt nichts begreifen! Ich will doch einfach nur nach Hause! Und dass du mich davon abhältst, find ich echt nicht gut. Mein Gott! Was ist denn daran schlimm, wenn ich jetzt nach Hause und da was essen will?"

Er bockte immer weiter, doch gegen Reitas starken Griff hatte er keine Chance. Obwohl Reita ein wenig kleiner war als er, war er doch stärker.

"Reita!"
 

Genervt schüttelte er den Kopf. "Du bist wirklich ein Baka!"

Seinen Griff lockerte er nicht und sein Blick durchbohrte seinen Freund förmlich.

"Ich rede nicht davon, dass du nach Hause willst. Das kannst du später gerne machen, aber du musst auch mal über deinen Schatten springen." Er seufzte.

"Du liebst Kai oder?"
 

"Was ist denn los, Ruki-chan?", fragte er, während er immer noch hinter ihm hergezogen wurde.

Doch schon stoppten sie und Ruki riss erneut die Tür auf und stieß Kai mit einem leichten Schubs hinein.

"Da hast du ihn.", witzelte er.

Irritiert starrte er auf das Bett. Uruha wurde festgehalten, aber wieso? Und was war hier eigentlich los?
 

"Natürlich liebe ich ihn! Was glaubst du denn bitteschön? Aber anscheinend hab ich Kai wirklich verletzt und er ignoriert mich. Das bedeutet ja wohl, dass er mich nicht mehr mag und böse auf mich ist! Und deswegen will ich ihn nicht sehen!"

Er wollte gerade einen erneuten Versuch starten, sich aus Reitas Griff zu befreien, als Kai schon von Ruki ins Zimmer gestoßen wurde. Uruha sah ihn erschrocken an. Dann drehte er sein Gesicht von Kai weg zum Fenster und sah hinaus. Er würde jetzt nicht mit Kai reden.
 

Verblüfft starrte er Uruha an, der auch sofort den Kopf wegdrehte. Es versetzte ihn einen Stich ins Herz. Wieso wand er sich einfach ab? Er verstand es nicht.

"Was... Was ist denn los?" Er schluckte und wand sich dann an Reita. Uruha schien ja eh nicht mit ihm reden zu wollen.

"Geht es ihm gut?" In seiner Stimme schwang Besorgnis mit. Er machte sich wirklich Sorgen.
 

Stur starrte er aus dem Fenster und verschränkte die Arme vor der Brust. Er konnte ja nicht aufstehen, also musste er wohl oder übel liegenbleiben. Aber er würde Kai jetzt nicht ansehen und ihn ignorieren, wie er es bei ihm getan hatte.

"Geh einfach. Ich geh auch gleich nach Hause. Und nimm dein Bento mit, ich will es nicht.", fauchte er und blieb dann wieder still.
 

Sein Herzschlag setze kurz aus und es rutschte ihm schon fast in die Hose. War das wirklich sein Uruha, der da so mit ihm sprach?

So richtig verstand er das hier wirklich nicht.

Langsam aber sicher sammelten sich kleine Tränen in seinen Augen und er wischte sie sich mit dem Handrücken aus den Augenwinkeln. Ein kurzes Schniefen. Dann drehte er sich reflexartig um und rannte weg. Einfach nur weg.
 

Erschrocken wandte er den Kopf um in Kais Richtung. Doch da war kein Kai mehr. Wo war er denn? Und wieso hatte er eben geschnieft? War das etwa ein Weinen gewesen?

"Kai! Warte!", rief er, sprang auf, wobei er sich an Reita festklammern musste, da ihm wieder kurzzeitig schwarz vor Augen geworden war. Er war wirklich ein kompletter Idiot... "Kuso!"

Er löste sich von Reita und taumelte aus dem Zimmer, um Kai hinterherzugehen.
 

Er spürte, wie immer mehr Tränen ihren Weg über seine Wangen fanden. Doch er blieb nicht stehen. Auch die Rufe der anderen Mitschüler und des Lehrers interessierten ihn nicht. Er lief einfach. Soweit die Beine ihn trugen.

Er wollte weg von hier. Uruha hasste ihn. Und er wusste nicht, wieso das mit einem Mal so war.

Hatte er nicht gestern Abend noch gesagt, dass er ihn heiraten wollte? Dass er immer bei ihm bleiben wollte? Und was war jetzt? Jetzt hasste er ihn.
 

Reita seufzte. "Nicht schon wieder." Ruki nickte und kuschelte sich an seinen Freund. "Die sind schlimmer wie Hund und Katze. Das kann ja noch was werden."

Der Kleinere grinste. "Och, das wird schon. Was sich neckt, das liebt sich halt."

Plötzlich lugte ein schwarzhaariger Schopf in das Zimmer. "Was is denn hier los?" Aoi legte den Kopf schief. Auch er hatte endlich mitbekommen, dass die Stimmung hier irgendwie merkwürdig war.
 

Keuchend rannte er hinter Kai hinterher. Selbst den verblüfften Lehrer ließ er links liegen. Er wollte einfach nur zu Kai und das jetzt endlich klären. Das war das Wichtigste.

"Kai! Warte doch bitte! Ich will mit dir reden!"

Doch Kai rannte immer weiter und Uruha hatte Probleme, ihm hinterher zu gelangen. Mit leerem Magen ließ es sich einfach nicht gut rennen und ihm war immer noch schwindlig.

"Warte bitte!"
 

"Kai und Ruha haben Streit.", seufzte Reita und strich seinem kleinen Freund über den Haarschopf. "Ruha hat wieder seine zickigen Minuten. Kennst ihn ja."

Er setzte sich mit Ruki auf seinem Schoß auf die Liege und ließ die Beine baumeln.

"Schlimmer als kleine Kinder."
 

Er nahm seine Umgebung gar nicht richtig wahr. Deshalb bemerkte er auch nicht, dass er das Schulgelände schon verlassen hatte und nun vor seinem Haus stand. Aber wie sollte er jetzt hier hinein kommen? Sein Schlüssel war in seiner Schultasche und die war immer noch in der Schule. Aber dahin wollte er jetzt nicht. Das würde er nicht schaffen. Viel zu sehr hatten ihn diese Worte verletzt. Er wollte ihm einfach nicht begegnen.

Kai ging um das Haus herum und ließ sich auf der Terrasse mit angewinkelten Beinen auf den Boden sinken. Noch immer schluchzte und weinte er, aber hier würde ihn so schnell keiner finden.

Er fror und sein gesamter Körper zitterte. Es war doch recht kühl, obwohl die Sonne schien.
 

"KAI! Kai, wo bist du?"

Seine Rufe hallten durch das ganze Schulgebäude, doch niemand antwortete ihm. Einige entsetzte Lehrer steckten ihre Köpfe aus den Klassenräumen und schrien ihm hinterher, er solle gefälligst leise sein oder er müsse nachsitzen, doch ihm war es total egal. Das einzige, was jetzt zählte, war sich mit Kai zu versöhnen. Und das würde er auch tun.

Er rannte aus dem Schulgebäude hinaus in den kalten Tag und sah sich um. Nirgends eine Spur von Kai.

"Wo bist du...?", wisperte er verzweifelt und rannte durch die Straßen.

War Kai etwa schon zuhause? Er würde einfach mal nachsehen.
 

Kai hatte den Kopf auf seine Knie gebettet und starrte in den Garten, der sich vor seinen Augen erstreckte. Sonst erfreute er sich immer an den Anblick, der sich ihm bot. Doch dieses Mal konnte er nichts Tolles daran finden.

Seine Augen schmerzten und waren stark angeschwollen.

Ihm war kalt und er zitterte. Irgendwie fühlte er sich einsam. Einsamer als je zuvor. Uruha schien ihn einfach alleine lassen zu wollen. Dann würde er wieder in sein altes Leben zurückkehren. Vielleicht würde er jetzt doch wieder mit seiner Mutter wegziehen. Weit weg. So weit, dass er ihm niemals wieder begegnen würde.
 

Er spürte, wie ihm nun auch dicke Krokodilstränen die Wangen hinab liefen. Er hatte alles verdorben. Verdammt nochmal! Wieso hatte er gestern auch so übertrieben? Das wäre alles nie passiert, wenn er nicht so zickig zu Kai gewesen wäre. Er machte sich Vorwürfe. Würde Kai ihm je verzeihen?

Keuchend kam er vor Kais Haus zum Stillstand und musste sich erst mal dagegen lehnen. Auf seiner Stirn standen Schweißperlen und ihm drehte sich alles. Mit zitternden Händen drückte er auf die Klingel und atmete hastig.

"Mach bitte auf, Kai..."
 

Sein Kopf fühlte sich schwer an und sein Körper kam ihm vor wie Blei. Wann hatte er sich das letzte Mal so beschissen gefühlt? War es schon einmal so schlimm gewesen? Nein. So schlimm war es noch nie.

Aber Uruhas Worte und sein Ton verletzten ihn so sehr. Wieso verhielt er sich plötzlich so? Wieso hatte er das Gefühl einfach abgewiesen worden zu sein?

Dabei wollte er doch einfach nur helfen und für ihn da sein. Das war der Dank dafür? Na toll. Das war wirklich etwas, worauf er verzichten konnte.
 

"Mist... Ich hätte wenigstens ein bisschen essen sollen. Mir is schlecht.", keuchte er und hielt sich den Bauch.

Wenn Kai nicht langsam aufmachen und ihn einlassen würde, würde er bestimmt hier in der Kälte zusammenbrechen. Sein Bauch fühlte sich an, als würde dort ein riesengroßes Loch prangen.

Auf einmal hörte er leises Schluchzen und er hob die Augenbraue. War er selbst das gewesen? Nein... Aber wo kam das her? Es hörte sich an, als würde es aus dem Garten kommen. Verwundert ging Uruha einmal außen um das Haus herum und fand sich auf der Terrasse wieder. Eine zusammengekauerte Gestalt saß auf dem Holz der Terrasse und weinte anscheinend. Uruhas Herz zog sich bei diesem Anblick schmerzhaft zusammen und er ging langsam auf Kai zu und setzte sich neben ihn.

"Hey..."
 

Kai zuckte zusammen und schaute mit geweiteten ziemlich verquollenen Augen auf die Person, die nun vor ihm stand. Sofort lösten sich weitere Tränen.

Dann wurde sein Blick böse und seine Hände ballten sich zu Fäusten.

"Was willst du von mir?!", fauchte er. "Hat es noch nicht gereicht?"
 

Uruha zuckte ebenfalls beim Klang von Kais Stimme zusammen und schluckte, bevor er den Blick abwandte und zu Boden starrte. Er hatte nicht gewollt, dass Kai so wütend auf ihn war.

"Ich... Ich wollte mit dir reden und...", er biss sich auf die Unterlippe. "Und mich bei dir entschuldigen."

Er hob den Kopf und sah Kai verzweifelt in die Augen. Kleine Tränen kullerten seine blassen Wangen hinab.

"Es tut mir wirklich leid!"
 

Er wand den Kopf ab und schaute zur Seite. "Gut, hast du ja jetzt gemacht." Wieder legte er die Arme um seinen zitternden Körper. Was wollte er denn jetzt noch von ihm? Die Entschuldigung hatte er doch schon von sich gegeben. Mehr wollte er doch nicht, warum also stand er immer noch hier?

"Sonst noch was?", grummelte er. Auch wenn es eigentlich noch wesentlich zu leise seine Lippen verließ. Ob das jetzt noch so klang, wie es sollte?
 

Verletzt starrte er seinen Freund an. Er hätte nicht gedacht, dass Kai seine Entschuldigung nicht wirklich annehmen würde. Er hätte viel eher mit einer Umarmung gerechnet oder wenigstens mit einem Lächeln. Aber nichts davon kam. War es etwa nun endgültig aus?

"Kai, bitte... Es tut mir wirklich wahnsinnig leid, was ich getan habe. Ich liebe dich doch."

Er rutschte näher an Kais Körper heran, der kalt war und zitterte und wollte ihn wärmen. Also lehnte er sich an ihn, kuschelte mit ihm und legte die Arme um den schlanken Körper.

"Schubs mich bitte nicht weg..."
 

Und wieder riss er die Augen auf. Was sollte denn das jetzt werden?

Instinktiv rutschte er ein Stück zur Seite. Dachte er wirklich, dass es so einfach wäre? Sich einfach bei ihm entschuldigen und er würde er ihm wieder aus der Hand fressen?

Auch wenn er Uruha wirklich liebte, so war er sich nicht sicher, ob es richtig war, ihn einfach wieder so nah an sich ranzulassen. Das würde er nicht nochmal durchstehen.

Genau das war auch der Grund, warum er sich weiter zurückzog.
 

Wie erstarrt saß er nun auf dem kalten Boden und sah Kai fassungslos an, der einen Sicherheitsabstand zwischen ihre Körper gebracht hatte.

"Kai..."

Seine Stimme war leise und überschlug sich fast vor Schluchzern, die nun aus ihm hervordrangen.

"Es tut mir doch wirklich leid. Verzeih mir doch bitte oder sag wenigstens, dass ich abhauen soll. Das würde ich machen, wenn du das willst. Sag wenigstens was."

Er sah Kai verzweifelt an.

"Liebst du mich nicht mehr?"
 

Er vergrub das Gesicht nun in den Händen. Was sollte er darauf jetzt antworten? Sollte er ihm sagen, dass er ihn trotzdem liebte und einfach nicht verstand, warum er sich ihm gegenüber so verhielt? Sollte er ihn anlügen und einfach sagen, dass er sich fragte, ob es überhaupt richtig war, mit ihm zusammen zu sein?

Fragen über Fragen. Doch niemand war da, um sie ihm zu beantworten.

"Baka.", gab er nur von sich.
 

Er schnaubte und sah Kai wütend an. Wenn er ihn schon beleidigen musste, dann auch richtig. Er hatte es verdient.

"Fällt dir kein besseres Schimpfwort ein, das du mir an den Kopf werfen kannst? Wie Arschloch oder so? Ich hab´s doch verdient, also denk dir was Richtiges aus, verdammt nochmal!"

Er schluchzte leise auf und wischte sich grob die Tränen weg.

"Entweder, du beantwortest mir jetzt meine Frage oder ich gehe wirklich, Kai! Und das meine ich ernst!"
 

Jetzt wurde es aber wirklich zu bunt. Kai zog die Stirn kraus und zwischen seinen Brauen bildete sich eine Zornesfalte. Mit diesem Blick durchbohrte er ihn. "Was soll das?!" Er brummte. "Wie kommst du darauf, dass ich dir Schimpfwörter an den Kopf werfen müsste?!" Der Schwarzhaarige verschränkte die Arme vor der Brust.

"Und wie kommst du überhaupt auf diese schwachsinnige Idee, dass ich von heut auf morgen meine Gefühle abstellen könnte?!"

Seine Augen funkelten entschlossen. Ja, er liebte ihn wirklich, aber das würde er ihm jetzt nicht so direkt auf die Nase binden.
 

Er raufte sich die Haare. Verdammt, das war alles viel zu kompliziert und er hatte dafür jetzt wirklich keinen Nerv mehr. Eigentlich war er hierhergekommen, um sich mit Kai zu versöhnen, aber anscheinend hatte der andere kein Interesse daran. Na, dann eben nicht!

"Wenn du nur diskutieren kannst, dann gehe ich jetzt. Ich wollte mich mit dir versöhnen, aber du nimmst meine Entschuldigung ja nicht an. Dann eben Pech gehabt. Ich gehe!"

Mit diesen Worten stand er auf und verließ den Garten mit erhobenem Haupt.
 

"Dann geh doch, du Feigling!", brüllte er ihm hinterher. "Wenn du nicht den Mumm hast, mit mir darüber zu reden, dann hau doch einfach ab!"

Und wieder war er alleine. Na toll.

Erst meckerte er, dass er nichts von ihm annehmen würde und jetzt? Jetzt machte er ihm Vorwürfe, dass er mit ihm diskutieren wollte? Was verlangte er eigentlich von ihm? Sollte er etwa auf Knien vor ihm rumrutschen und ihm die Füße küssen? Niemals.

Auch ein gebrochener Kai hatte noch seinen Stolz. Und den würde er auch wegen seiner Liebe nicht einfach so über Bord werfen.
 

"Ich wollte ja mit dir reden! Aber du ja anscheinend nicht! Blödmann!"

Er rannte aus dem Garten und bemerkte gar nicht, wie ihm erneut Tränen die Wangen hinab rannen. Das konnte doch nicht alles wahr sein! Wie hatte das passieren können? Er liebte Kai doch und wollte sich nicht mit ihm streiten. Aber über seinen Schatten springen konnte er auch nicht.

Schluchzend sank er auf die Parkbank und starrte in den See. Was sollte er denn jetzt machen?
 

Er erhob sich und wankte langsam wieder in Richtung Schule. Er musste seine Sachen holen und ohne seinen Schlüssel würde er nicht ins Haus kommen.

In der Schule wurde er wie ein Außerirdischer angestarrt, doch das interessierte ihn nicht. Er holte lediglich seine Sachen und machte sich dann wieder zurück nach Hause. Er wollte sich einfach nur verkriechen. Alles andere um sich herum vergessen.

Auch die fragenden Blicke der anderen drei ignorierte er völlig.

Wieder Zuhause angekommen warf er seine Tasche einfach in eine Ecke seines Zimmers und schmiss sich mit dem Gesicht voran auf sein Bett. Die Arme zur Seite gestreckt und den Kopf im Kissen versunken schniefte er in den weichen Stoff.

Toll. Dabei sagte man doch immer, dass die erste Liebe etwas Besonderes war. Ja, sie war etwas Besonderes. Etwas besonders Schmerzhaftes. Das mit verdammt vielen Tränen zusammenhing.
 

Er war so ein verdammter Idiot. Nie hätte er gedacht, dass ein einzelner Mensch so bescheuert sein könnte, doch er hatte sich selbst bewiesen, dass es möglich war. Gott, wie konnte er nur so dämlich sein? Er hatte den einzigen Menschen, den er von Herzen liebte, mehr als nur verletzt. Und er glaubte nicht, dass sie sich noch einmal zusammenraffen würden. Es war aus. Sie würden nie wieder zusammenkommen können. Er hatte Kai dazu viel zu sehr verletzt.

"Ich sollte mich in den See werfen. Dann wäre mich die Menschheit los und mit mir meine Dummheit."

Er schluchzte erneut auf, ehe er aufstand und zurück nach Hause taumelte. Es war bereits Abend und er musste langsam wirklich mal was essen. Oder...

"Oder noch besser. Ich esse gar nichts mehr..."
 

Wie lange lag er jetzt wohl schon so hier rum? Noch immer vergrub sich sein Gesicht in den Kissen und seine Glieder hingen schlapp rechts und links von seinem Körper ab. Er fühlte sich richtig mies. Obwohl sein Magen knurrte, wollte er nichts essen. Das erinnerte ihn nur zu sehr an den dämlichen Streit.

Ob sich das wohl wieder gerade biegen würde. Aber wie? Uruha schien wirklich nicht so richtig mit ihm über diese Sachen sprechen zu wollen. Aber ihm hielt er vor, dass er nur diskutieren wolle. Toller Freund.

Und trotzdem schmerzte es ihn. Ob er vielleicht doch...? Sollte er einfach...? Aber was wenn...?

Wie weit musste es denn eigentlich noch kommen?

Mühsam raffte er sich auf und griff zu seinem Handy. Mal sehen, ob er wenigstens mit ihm telefonieren würde. Einen Versuch war es wert. Und wenn das nichts brachte, dann würde er eben höchstpersönlich bei ihm aufkreuzen.
 

Immer weiter vor sich hin schluchzend, torkelte er die Straßen Kanagawas entlang und überhörte die Murmeleien der Passanten, die ihn für einen betrunkenen Schüler hielten. War ihm doch egal. Mehr als egal sogar. Er wollte einfach nur nach Hause und in sein Bett. Und er würde daraus auch nicht so schnell wieder hervorkommen.

Er schloss seufzend die Haustür der kleinen Wohnung auf und ließ sich schlapp in sein Bett fallen. Er vergrub sein Gesicht in seinem Kissen und schluchzte nun lautlos hinein. Was sollte er denn nun machen? Ohne Kai war sein Leben einfach nichts mehr wert. Aber er hatte es einfach verdorben. Er hatte seinen Liebsten für immer vergrault.

Plötzlich klingelte das Telefon und Uruha hielt sich die Ohren zu. Oh nein. Er würde jetzt nicht ans Telefon gehen. Er wollte einfach nur seine Ruhe.
 

Endlos lang schien er das Telefon klingeln zu lassen. Doch keiner nahm ab. Also doch. Wenn er so nicht mit ihm reden würde, dann würde er eben vor seiner Tür einen Sitzstreik durchziehen. Das war ihm jetzt auch egal. Kai legte auf. Schnell zog er sich um und rannte aus seinem Zimmer, die Treppe hinab in den Flur. Hastig nahm er seine Jacke vom Haken und schnappte sich den Schlüssel. Kaum war er in seine Schuhe geschlüpft, lief er auch schon los.

So sollte es nicht enden. Nicht wegen so einem dämlichen Streit, der eigentlich mehr als überflüssig gewesen war.

Völlig außer Atem kam er an dem Wohnblock an. Gut, dass da gerade eine alte Frau mit ihrem ganzen Einkauf in das Haus wollte. Höflich hielt er ihr die Tür auf und nahm ihr den schweren Einkauf ab. Gewissenhaft wie er nun mal war, trug er ihr die Tüten sogar noch bis zu ihrer Wohnung.

Zum Abschied verbeugte er sich und hastete dann die zwei Etagen höher, um an Uruhas Wohnungstür Sturm zu klingeln und die Tür, wenn es nötig sein würde, auch mit Schlägen und Tritten zu malträtieren. Und wenn das nicht reichen sollte, würde er auch noch das gesamte Haus zusammenbrüllen. Uruha würde schon sehen, was er davon hatte, ihn einfach so abservieren zu wollen.

Sein Finger klebte fast schon auf dem Klingelknopf.
 

Das Nerv tötende Klingeln hatte zwar aufgehört, doch knapp zehn Minuten später wurde es durch die laute Türklingel ersetzt und Uruha stöhnte mehr als entrüstet auf. Was sollte das denn werden, wenn es fertig war? Hatte da jemand Sekundenkleber auf den Fingern gehabt und kam jetzt nicht mehr von der Klingel weg? Das penetrante Geräusch hörte ja gar nicht mehr auf!

"Ruhe, verdammt nochmal! Ich will jetzt keinen sehen! Es ist mir egal, wer da ist! Hau einfach ab!", schrie er und er war sich sicher, dass der ungewollte Besucher es gehört hatte, denn die Wände waren mehr als dünn.

Doch das Klingeln hörte immer noch nicht auf und Uruha hob sein Kissen an, um es sich auf den Kopf zu drücken und so seine Ohren zu verschließen. Dass ein äußerst genervter, fettleibiger und rotgesichtiger Nachbar jedoch das Klingeln hörte und nun zu Kai ging, um ihm die Leviten zu lesen, bekam er so gar nicht mit. Er wollte doch einfach bloß seine Ruhe!
 

Kai schluckte. Da stand ein ziemlich beängstigender fetter Typ vor ihm und maulte ihn voll. Doch er ließ sich nicht unterkriegen und motzte einfach frech zurück. Auch wenn es sonst nicht seine Art war, aber das interessierte ihn recht wenig. Und irgendwie schien der Typ dann doch die Nase vollzuhaben von ihren lautstarken Wortgefechten, denn er verzog sich dann grummelnd wieder in seine Wohnung.

Strike! Innerlich führte er einen kleinen Freudentanz auf. Den Typen hatte er in die Flucht geschlagen. Ein Problem war beseitigt. Jetzt kam aber das Schlimmste, das ihm noch bevorstand.

Und wieder drückte er den Klingelknopf. Doch diesmal nicht im Dauerakkord, sondern immer wieder in verdammt kurzen Abständen. Er würde ihn schon dazu bringen, die Tür zu öffnen.
 

Argh! Verdammt und zugenäht! Welcher Vollidiot wagte es, ihn trotzdem weiterhin so zu stören? Er wollte es einfach nicht! Kapierte es dieser Baka vor der Tür denn nicht?

Fauchend stand er auf und tapste durch den kleinen, engen Flur zur Tür und riss diese auf. Er achtete gar nicht darauf, wer vor ihm stand, sondern schrie sofort los:

"Hau ab, verstanden? Ich will meine Ruhe!"

Dann knallte er ihm die Tür wieder vor der Nase zu und schnaubte. Egal, wer das jetzt gewesen war... Er würde schon noch abhauen.
 

Verdattert schaute er auf die Tür. Erst wurden ihm mal wieder irgendwelche Worte an den Kopf geknallt und dann auch noch die Tür direkt vor der Nase zugeschmissen?

Das durfte doch wohl nicht wahr sein. "Baka.", murmelte er. Und dann hatte er die Nase gestrichen voll. Wieder drückte er den Klingelknopf durch. Und wenn er ihn den ganzen Abend terrorisieren musste. Das störte ihn nicht. Jetzt konnte er aber was erleben.

"Mach dich auf was gefasst, Takashima Kouyou, ich hab nicht umsonst diesen Spitznamen. Ich kann das stundenlang.", grinste er.
 

Er saß jetzt mit dem Rücken an die Tür gelehnt und schloss verzweifelt die Augen. Gab dieser Vollidiot denn nie auf? War ja nicht zum Aushalten.

"Wenn du nicht sofort Ruhe gibst, ruf ich die Polizei! Ich mach das!"

Und wie er das machen würde. Er würde den Baka da wegen Ruhestörung anzeigen. Das konnte er aber glauben, oh ja.

"Ich will keinen sehen! Da kannst du solange klingeln wie du willst! Ich hab Stress!"
 

Zwar vernahm er die Worte, aber davon ließ er sich doch nicht abschrecken. Sollte er doch die Polizei holen.

"Tu, was du nicht lassen kannst, aber ich rühr mich hier keinen Zentimeter weg!", brüllte er der Tür entgegen und wieder begann er, den anderen mit einer Klingelattacke zu bombardieren.

Wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann zog er das auch durch. Seine Mutter wusste schon, warum sie ihm den Namen verpasst hatte. 厚い頭蓋骨

Ja, Kai war ein Dickschädel. Und zwar ein ganz hartnäckiger. Das würde er Uruha auch beweisen.
 

"Himmel, Herrgott nochmal! Halt deine Finger endlich still, du nervst mich!"

Er stand auf und öffnete die Tür mit einem Ruck, um demjenigen vor seiner Tür eine Ohrfeige zu verpassen. Das knallende Geräusch von Haut auf Haut hallte durch das Treppenhaus und Uruha starrte entsetzt auf das Gesicht, welches er soeben geohrfeigt hatte. Das durfte doch jetzt nicht wahr sein!

"K-Kai?!"



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Armaterasu
2009-07-27T23:28:23+00:00 28.07.2009 01:28
das ist der reinste kindergarten, was die beiden da abziehen... ehrlich... und das er ihm eine knallt... naja, wenn er ohne genauerem hinschauen treffen kann, aber wenn er kai lieben würde (was er ja tut), dann würde er alleine kais silouette erkennen... udn damit auch wenn er die person vor der tür anvisiert hätte um seine ohrfeige treffend zu landen... aber nun gut, man kann aus einer mücke auch einen elefanten machen... das tolle war die überraschung von kai am anfang ^^
Von: abgemeldet
2009-07-27T22:51:54+00:00 28.07.2009 00:51
Oje die beiden machen es sich wirklich unnätig schwer*seufz*
Und dann knallt ihm Uruha auch noch eine o.O
Irgendwie tun sie mir beide leid ;_; Nya ich hoffe das kommt wieder in Ordnung mit den beiden. Freu mich schon auf das nächste Kapi^_^


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