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Der ewige Göttername

von

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Freunde

So langweilig ihm der Beruf am Anfang erschienen war, so glücklich war er inzwischen darüber. Es gab kaum Gäste während seiner Schicht und so konnte er sich ganz darauf konzentrieren, den Tresen abzuwischen oder Gläser zu reinigen, die noch von der Nachtschicht übriggeblieben waren.

Yuuto fand sein Glück zu Zetsus Erleichterung in der Küche, so dass er sich nicht weiter mit ihm auseinandersetzen musste. Normalerweise störte es ihn nicht weiter, aber in den letzten Tagen ging es ihm doch mehr darum, dass er allein war, um seinen Gedanken nachzuhängen.

Vieles von dem, was er in den letzten Tagen und Wochen getan hatte, ging ihm noch immer nach. Normalerweise störte es ihn nicht weiter, zu schauspielern und anderen Leuten etwas vorzumachen, aber in letzter Zeit schien es ihm immer schwerer zu fallen. Ob es an Nozomu lag? Oder Leana? Oder vielleicht etwas ganz anderem?

Vielleicht werde ich auch einfach alt.

Während er gedankenverloren zum wiederholten Mal in der letzten Zeit über den Fleck strich, der den Tresen verunstaltete und der sich erfahrungsgemäß nicht entfernen ließ, öffnete sich die Tür der Bar. Er setzte eines der strahlendsten Lächeln auf, das er beherrschte, ehe er sich dem Gast zuwandte. „Herzlich Willkommen! Wie kann ich Ihnen helfen?“

Doch als er sah, wer hereingekommen war, erstarb das Lächeln auf seinen Lippen. Nicht, weil er sich nicht über diesen Besuch freute, sondern weil er überrascht war, sie wieder einmal zu sehen. Auch wenn sie beide Tür an Tür wohnten, sah er sie nicht gerade oft in den letzten Tagen. „Leana, was führt dich hierher?“

Sie stand mitten im Raum, ein wenig unentschlossen, was sie nun tun sollte. Ein Anblick, den er reichlich... süß fand, wie er sagen musste. Wieder einmal entdeckte er eine Seite an ihr, die ihm durchaus gefiel und ihn noch interessierter sein ließ.

„Ich dachte, ich besuche dich mal wieder“, sagte sie schulterzuckend. „In letzter Zeit sehe ich dich selten. Du arbeitest viel, oder?“

„Ich versuche es jedenfalls.“ Immerhin lenkte ihn das von seinen ganzen Überlegungen ab und verhinderte, dass er Nozomu sehen musste, der immer noch nichts davon wusste, dass diese Freundschaft eigentlich nicht wirklich echt war.

Er vollführte eine einladende Handbewegung, direkt zum Barhocker vor sich. „Setz dich doch. Möchtest du etwas zu trinken?“

„Ein Glas Wasser, bitte.“

Mit einem charmanten Lächeln nahm er eines der frisch gespülten Gläser, holte eine Flasche Wasser hervor und schenkte ihr davon ein, ehe er es ihr reichte. „Hier, geht auf's Haus.“

Ihre Mundwinkel zuckten ein wenig nach oben, als sie das Glas an sich nahm und einen Schluck trank. Danach setzte sie es wieder ab und blickte Zetsu durchdringend an.

„Was gibt es?“, fragte er erstaunt darüber, da er sie so sonst nicht kannte.

Normalerweise sah sie ihn immer genervt an, so als würde sie gar nicht schnell genug von ihm wegkommen können. Aber zumindest an diesem Tag war es wohl das Gegenteil.

„Ich habe nur gerade überlegt, ob ich dir etwas erzählen sollte...“

Etwas in seinem Inneren sagte ihm, dass es sich hierbei nur um einen psychologischen Trick von ihr handelte, aber er konnte sich seiner Neugier nicht entziehen. „Worum geht es?“

„Ich bin gestern Setoki begegnet.“

Sein Blick verfinsterte sich augenblicklich, als er das hörte. „Und? Warum sollte mich das interessieren?“

Da sie ohnehin bereits einmal erraten hatte, dass er die Freundschaft nur spielte, sah er keinen sonderlich großen Sinn mehr darin, ihr noch weiter etwas vorzumachen, jedenfalls wenn Nozomu nicht dabei war.

„Vielleicht solltest du wissen, dass ich ihm das Leben gerettet habe.“

Tatsächlich stutzte er einen Moment lang, aber kaum genug, dass es jemandem außer ihm selbst auffallen könnte. „Was ist passiert?“

Sie erzählte ihm von dem Erlebnis auf dem Bahnsteig, dem er unbeeindruckt lauschte. Jedenfalls nach außen, denn innerlich ertappte er sich selbst dabei, dass es ihm doch ein wenig Sorgen bereitete, dass es jemanden bei einer gegnerischen Fraktion gab, der Nozomus Ableben offenbar nicht nur in Kauf nehmen, sondern es auch aktiv herbeiführen würde, egal wie.

Doch auch als Leana fertig war, gab er keinerlei Zeichen von sich, aus dem man hätte schließen können, ob er froh war, dass sie Nozomu gerettet hatte oder nicht.

„Warum erzählst du mir das alles und nicht Salles oder sonst wem?“

Sie runzelte die Stirn und neigte irritiert den Kopf. „Salles?“

Er glaubte, Nanashis Stimme in seinem Inneren zu hören, die ihm sagte, dass sie ihm gerade nur vorspielte, den Anführer des Erhaltungskomitees nicht zu kennen, aber er ignorierte die Stimme seines Shinjuu, die ihn im Moment sogar noch mehr störte als sonst.

„Vergiss es einfach“, erwiderte er Leana gegenüber. „Aber ich verstehe trotzdem nicht, weswegen du mir das alles erzählst, wirklich nicht. Willst du dich bei mir einschmeicheln oder so?“

Ehe sie antworten konnte, beugte er sich ein wenig vor, das übliche, verspielte Grinsen auf dem Gesicht. „Dabei gibt es dafür gar keinen Grund, du bist mir doch jetzt schon ans Herz gewachsen, meine Liebe.“

Sie öffnete bereits den Mund, um empört zu widersprechen, beherrschte sich dann aber und sagte nichts. Stattdessen hob sie die Schultern. „Ich weiß auch nicht... ich kenne wohl nicht viele Leute hier, denen ich das hätte erzählen können.“

Er wollte etwas Sarkastisches darauf erwidern, ließ es aber lieber bleiben, immerhin kam es nicht oft vor, dass sie derart verständig ihm gegenüber war. Also war es möglicherweise besser, ihr gegenüber ebenfalls ein wenig netter und weniger sarkastisch zu sein.

Also schenkte er ihr ein ehrliches Lächeln, wie man es nur selten von ihm zu sehen bekam und das sogar seine Augen erreichte, die plötzlich nicht mehr ganz so kalt erschienen. „Weißt du, vielleicht sollten wir wirklich Freunde werden.“

Überrascht weitete sich ihre Augen. „Bitte?“

Sie neigte den Kopf ein wenig, verwirrt über das, was er ihr da eben vorgeschlagen hatte. „Wir sollen Freunde werden?“

Er wusste genau, was es war, das ihr bei diesem Vorschlag nicht zusagte, aber er beschloss, das einfach zu ignorieren und etwas anderes zu sagen: „Du hast recht, wir waren eigentlich die ganze Zeit über schon Freunde, wir müssen es erst gar nicht werden.“

Erneut wollte sie etwas erwidern und öffnete bereits den Mund, um das wirklich zu tun, doch dann schloss sie ihn wieder und lächelte. „Ja, ich denke du hast recht, wir sind schon lange Freunde.“

Und dass sie das derart einfach zugab, versicherte Zetsu darin, dass er einige Dinge richtig machte und sie eines Tages vielleicht sogar mehr als nur Freunde sein könnten. Bis dieser Tag kommen würde, würde er seine erste richtige Freundschaft seit langem genießen – und insgeheim hoffen, dass irgendwann vielleicht einmal mehr daraus werden würde, egal was er dafür tun musste.
 

Es fiel Nozomu schwer, den Blick von diesem Gemälde, das Narukana zeigte, zu nehmen, so dass er sie nur weiterhin mustern konnte. Die junge Frau trug keine Schuluniform auf diesem Porträt, sondern die Kleidung einer Schreinmaid, wenngleich sie braun, statt rot war und der Rock bereits auf ihren Oberschenkeln endete. Dafür trug sie schwarze Strümpfe, die ihr bis zu den Schenkeln reichten und ihre Ärmel waren derart lang, dass sie mit Sicherheit auf dem Boden schleiften, wenn sie zu laufen versuchte. Sie hielt die Augen auf diesem Bild geschlossen, die Hände auf Brusthöhe, um ein helles Licht darin zu halten.

Sie sah derart wunderschön und auch bekannt aus, dass es ihm für einen kurzen Moment den Atem verschlug, während er sie betrachtete.

„Narukana hat es euch erzählt?“, fragte Nozomu ein wenig irritiert, als er endlich wieder Luft holen konnte.

So ganz verstand er es immer noch nicht. Wenn Narukana sogar mit ihnen sprach, warum gab sie dann nicht einfach den Namen weiter und beendete somit diese sinnlosen Kämpfe?

Naya nickte. „Sie ist dir selbst schon erschienen, nicht wahr? Sie ist jedem von uns schon erschienen, manchmal in Träumen, manchmal in der Wirklichkeit und dabei hat sie uns gesagt, dass sie den Namen nur an Jiruol übergeben wird.“

Er deutete ein leichtes Kopfschütteln an, was sie sogar verstand, weswegen sie ihm direkt antwortete: „Sie und Jiruol waren Partner, bevor sie erstmals den Götternamen an sich bringen konnte. Ihr Wunsch erfüllte sich – aber dafür mussten sich die Wege der beiden trennen, denn der Träger des Götternamen hört auf, ein Mensch zu sein und kann nicht mehr unter diesen leben.“

Kaum hatte sie das gesagt, spürte er ein stechendes Schmerzen von Traurigkeit in seiner Brust, aber er verflog sofort wieder, da er sich mit keiner richtigen Erinnerung verknüpfen ließ.

„Jiruol schloss sich dem erneuten Kampf um den Götternamen an, um sich den eigenen Wunsch zu erfüllen, auch wenn niemand weiß, was er sich eigentlich wünschte.“

Er erinnerte sich, dass Nathanael ihnen von diesen Kämpfen erzählt hatte, aber seine Geschichte hatte wesentlich finsterer geklungen, als das, was Naya ihm gerade berichtete – jedenfalls bis sie fortfuhr: „In diesem Kampf wurde Jiruol seinem Ruf als Gott des Schlachtens gerecht, denn er tötete die anderen Götter einen nach dem anderen, um sich der Erfüllung seines Wunschs zu nähern.“

Noch immer wollte er nicht darüber nachdenken und sich in Erinnerung rufen, was Jiruol ihm zu zeigen versuchte. Es war einfach viel zu grausam und er wollte auch nichts mehr davon wissen.

„Du weißt ja selbst, dass es mit dem Tod von Jiruol und Rutsuruji endete, die beide als letzte Götter gestanden hatten...“

Wieder schien es ihm als würde ein Blitz vor seinen Augen zucken, dann entdeckte er erneut einen Mann mit silbernem Haar und dem eisblauen Auge, das ihn spöttisch ansah und plötzlich kam ihm dieser sogar bekannt vor, aber noch ehe er ihn wirklich einordnen konnte, schwand das Bild wieder.

Dieses Mal schwieg Jiruol, die ganze Erzählung über hatte er sich nicht gerührt, fast schien es ihm als wäre der Gott darüber sogar erfreut, immerhin fehlte Naya auch der bedrohliche Unterton, den Nathanael umgeben hatte.

Allerdings gab es da immer noch eine Sache, die ihn ein wenig ratlos zurückließ.

„Was hat er sich gewünscht?“, fragte Nozomu, während er gedankenverloren das Gemälde betrachtete und sich selbst im Moment nur wünschte, herauszufinden, was die beiden einst verbunden hatte und welchen Wunsch der Gott hatte äußern wollen.

Und während er den Blick konzentriert auf das Licht in Narukanas Händen gerichtet hielt, glaubte er plötzlich, dieses aufflammen zu sehen, bis es seine Augen überschattete und er im vollkommenen Weiß die amüsierte Stimme der Göttin hören konnte: „Ich werde dir diesen Wunsch erfüllen, Nozomu Setoki.“



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