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Der ewige Göttername

von

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Der Hain der Erinnerung

Ein unheimliches Wesen, das aus schwarzer Materie zu bestehen schien und Klingen statt Armen hatte, erschien hinter Katima. Nozomu wich zurück, bis er direkt neben Satsuki stand. „Ist das... ein Shinjuu?“

Es war imposant und gleichermaßen furchterregend. Einerseits wünschte er sich, es aus der Nähe betrachten und anfassen zu können, andererseits wollte er lieber wegrennen – wenn seine Füße nicht geradezu festgewurzelt wären. Außerdem gab es ohnehin keinen Ausweg. Die Türen waren versperrt, er musste hier bleiben, ob er wollte oder nicht.

Satsuki nickte. „Katima Aigears ist eine Shinkenträgerin, genau wie ich~“

Das bezweifle ich.

Er wich noch einmal zurück, so dass Satsuki nun einige Schritte weiter vorne stand.

„Bleib einfach immer hinter mir“, sagte sie.

Nozomu nickte.

„Fühlst du dich davon nicht beleidigt?“, fragte Rehme.

Für einen Moment dachte er tatsächlich über diese Frage nach. Eigentlich müsste er sich beleidigt fühlen, denn immerhin war er auch ein Shinkenträger, aber er fühlte sich eher erleichtert. Außer gegen Lakaien hatte er noch gegen keine nennenswerten Gegner gekämpft – das Duell mit der Undine blendete er lieber aus. Ohne Nozomi und Yumiko hätte er diesen Kampf nie überstanden – aber auf die Unterstützung der beiden würde er an diesem Tag wohl verzichten müssen.

Sein Blick wanderte über die anderen Anwesenden, die angespannt zu ihnen hinübersahen. Keiner wirkte sonderlich überrascht, offenbar waren sie alle Shinkenträger. Aber warum griff keiner von ihnen zu seiner Waffe?

Lediglich Zetsu stand mit 'Gyouten' vor Leana, was ihm einen amüsierten Blick von Akitsuki einbrachte. Unter anderen Umständen hätte Nozomu sich noch weiter damit auseinandergesetzt, besonders gemeinsam mit Rehme, aber im Moment war es eher ungeschickt. So sah er weiter zu den anderen drei Akiyama-Schülern, die mit ernsten Mienen das dunkle Shinjuu betrachteten. Allerdings verrieten ihre Gesichter auch Unentschlossenheit über ihre nächsten Schritte.

Er sah wieder zu Katima. Ihr Pferdeschwanz flatterte in einem unspürbaren Wind, nein, kein Wind. Nozomu konnte die ausgehende Energie spüren, es musste schwarzes Mana sein, das sie in Wellen umwogte und ihr einen gewissen Schutz einbrachte. Die Maske verhinderte immer noch einen genaueren Blick auf ihr Gesicht, doch er war froh darum, so kam sie ihm noch weniger wie ein Mensch vor. Denn wenn sie einer war, so stimmte etwas ganz offensichtlich nicht mit ihr.

Während Nozomu sie noch betrachtete, hob sie plötzlich den Arm und zeigte auf ihn. Das schien ein Befehl für ihr Shinjuu zu sein, denn es gehorchte augenblicklich und schoss auf ihn zu.

Ihm blieb nicht einmal Zeit zu reagieren. Ein Augenblick schien übersprungen zu werden, blaues Licht blitzte auf, im nächsten Moment stand Satsuki zwischen ihm und dem Shinjuu. Ihr linker Arm war ausgestreckt und verriet, dass sie ein Schutzschild aufgebaut hatte.

„Ikaruga hat dich beschützt~“

Aber warum? Ich kann doch auch kämpfen.

Rehme antwortete nicht, aber ihm blieb keine Zeit, darauf einzugehen.

Katima sprang durch das Shinjuu hindurch, in ihren Händen war ein riesiges schwarzes Schwert erschienen. Es wirkte fast so groß wie das Mädchen selbst und wesentlich furchteinflößender.

Satsuki riss sofort ihr Shinken hoch, doch unter der Wucht des Aufpralls von Katimas Klinge ging sie mit in einem Keuchen in die Knie.

Ein Tritt ließ die Schulsprecherin endgültig zu Boden gehen und eine heftige Ohrfeige schleuderte sie zur Seite.

„IKARUGA!“

Einstimmig schrieen alle Anwesenden außer Leana und Akitsuki auf, als Satsuki mit einem ungesunden Knacken auf dem Boden aufkam. Das fremde Shinjuu hinterließ die Position hinter seiner Meisterin und griff die Außenstehenden an. Zetsu ließ den Angriff an einem Schutzschild abprallen und griff dann selbst an.

Katima schenkte dem Spektakel keinen weiteren Blick, sondern konzentrierte sich wieder auf Nozomu, der nun direkt vor ihr stand. Er starrte auf die Maske, hinter der er die leblosen blauen Augen erkennen konnte. Von diesen fühlte er sich wie hypnotisiert, es war, als ob er darin eintauchen und sich selbst verlieren würde. Gleichzeitig spürte er ein heißes Gefühl in seinem Inneren, es wollte, dass er sein Shinken zog und diesen Augen endgültig das Leben nahm. Es war so eindringlich, so fordernd, dass er glaubte, sein Herz würde jeden Moment reißen müssen, wenn er nicht endlich nachgab.

Doch er fürchtete sich davor, dem Verlangen nachzukommen. Er fühlte, dass etwas abgrundtief Böses in seinem Inneren nur darauf wartete, dass er das tat und er fürchtete sich davor, dieses Etwas freizulassen. Also stand er nur reglos da, während er den Blick erwiderte.

„Jiruol...“

Überrascht hob er eine Augenbraue. Er hatte diesen Namen schon einmal gehört, mehrmals sogar, zuletzt von Salles. Es war das einzige gewesen, was der Gelehrte ihm verraten wollte, als er nach einer Antwort verlangt hatte, verbunden mit den Worten, dass er alles verstehen würde, wenn die Zeit gekommen war. Das einzige, was er aber im Moment verstand war, dass dieser Name offenbar mit dem Etwas in seinem Inneren zusammenhing. Als es dieses Wort vernahm, wurde das Verlangen, Katima zu töten noch einmal stärker. Wie Wellen gegen eine Klippe, brandete der fremde Wille unbarmherzig gegen Nozomus Herz, mit dem festen Entschluss, aus diesem auszubrechen.

Die aufsteigende Übelkeit ließ seinen Blick verschwimmen, die blauen Augen blieben als einziger fixer Punkt zurück.

Wie durch Watte hörte er Zetsus Stimme, die ihm etwas zurief, was er allerdings nicht verstehen konnte. Dafür hörte er eine andere Stimme in seinem Inneren, klar und deutlich: „Töte sie! Sie ist eine Bedrohung!“

Nein... nein...

Sein Widerstand wurde langsam schwächer, er wich noch einmal zurück und fiel zu Boden. Sein Körper zitterte, Mana begann um ihn zu fließen, um ihn einzulullen, doch genau in dem Moment hörte er noch eine andere Stimme, die direkt neben ihm zu erklingen schien: „Gib nicht auf. Glaub an dich selbst, Nozomu. Wenn du das tust, wird er keine Macht über dich haben.“

Mit einem Mal kehrten die Geräusche wieder, sein Blick festigte sich wieder – nur damit er sehen konnte, wie Katima auf ihn zusprang. Mit angehaltenem Atem beobachtete er, wie sich ihm die Klinge gefährlich näherte, während er sich immer noch nicht bewegen konnte.

Er schloss die Augen und erwartete den Schmerz, als plötzlich-
 

Baila kniete sich neben die auf dem Boden liegende Personen. Pollux hüpfte auf ihnen herum, bis er eines feststellte: „Sie sind ohnmächtig. Nix Schlimmes aber.“

Salles ließ seinen Blick über die Männer und den Jungen schweifen, bevor er zur Tür der Sporthalle sah. „Ist sie offen?“

Zur Demonstration rüttelte Yumiko daran. „Verschlossen, ai. So kommen wir nicht rein.“

Der Gelehrte seufzte. Es wäre ja auch zu leicht gewesen. Irgend etwas mussten sie jedoch tun. Bevor er allerdings einen neuen Plan fassen konnte, wurde er von einer von Nozomis Fragen abgelenkt: „Wenn diese Leute hier draußen liegen, bedeutet das doch, dass es noch einen Feind gibt, oder?“

Er antwortete nicht darauf, aber sein Blick schweifte in eine bestimmte Richtung. Es war lange her, dass er zuletzt auf dem Schulgelände gewesen war, genau genommen drei Jahre, damals hatte er den Lehrdienst quittiert, um sich vollkommen auf die Suche nach dem Götternamen zu konzentrieren.

Doch damals hatte es noch keinen Wald direkt auf dem Schulgelände gegeben – und er war sich sicher, dass das auch heute nicht normal war.

„Jatzieta.“

Als er ihren Namen zischte, sah die Ärztin ihn fragend an. Sein Blick war immer noch auf den Wald gerichtet, den keiner der anderen sehen zu können schien. Bevor sie nachhaken konnte, was er wollte, sprach er bereits weiter: „Versucht weiter in die Halle hineinzukommen. Aber seid vorsichtig und macht keinen Unsinn. Und vor allem: Folgt mir nicht.“

Wäre seine Stimme nicht so ernst gewesen, hätte sie gefragt, weswegen, doch sein Tonfall zeigte ihr, wie wichtig es ihm war. Sie nickte und wandte sich dann den anderen zu. „Ihr habt es gehört, Kinder, kümmern wir uns um diese widerspenstige Tür~“

Salles ließ die anderen schnell hinter sich. Als er den Wald betrat war es, als würde er durch eine Wand aus Wasser laufen. Ein Blick zurück zeigte ihm nicht den Schulhof, auf dem er eben noch gewesen war, sondern nur einen See auf einer Lichtung. Er kannte diesen Ort, er verband unzählige Erinnerungen damit – und er hatte ihn nach diesem Ereignis vor zehn Jahren nie wiedersehen wollen.

Doch statt zurückzusehen, richtete er seinen Blick wieder nach vorne. Der Weg führte ihn auf die nächste Lichtung, auf der ein gefällter Baum lag, dessen Rinde bereits vollkommen mit Moos überwachsen war, das eine natürliche Unterlage bildete. Tatsächlich saß jemand auf dem Stamm, eine Flöte an den Lippen, genau wie Salles ihn vor zehn Jahren verlassen hatte.

Das braune Haar mit dem leichten Rotstich war inzwischen gewachsen und reichte ihm knapp über die Schulter. Früher hatte er es sehr akkurat auf Kinnlänge gehalten, inzwischen schien es ihm aber egal geworden zu sein. Außer seinem Gesicht war nichts mehr von seiner Haut zu sehen, seine Kleidung bedeckte jeden einzelnen Zentimeter davon, als ob er etwas zu verbergen hätte.

Seine Augen blieben geschlossen, selbst als Salles langsam näherkam, er war vollkommen in sein Spiel vertieft. Er spielte das Lied, das er einst selbst komponiert hatte und zwar für die Person, die er mehr als alles andere geliebt hatte. Das Lied und die Erinnerung ließen einen brodelnden Cocktail von Wut und Verachtung in Salles' Erinnerung entstehen. Er hatte geglaubt, es nach all diesen Jahren endlich vergessen zu haben, doch hier auf dieser Lichtung schien es ihm als wäre alles gerade eben erst geschehen. Wut, Unverständnis und Verachtung prasselten wieder auf ihn ein und verlangten, dass er dem Flöte spielenden Mann eben jene aus den Händen riss, um sie ihm über den Kopf zu ziehen. Ein Zug, der nicht zu ihm passte, weswegen er ihn gewaltsam unterdrückte.

Allerdings schien der Spielende seine überkochende Wut zu bemerken, denn er hielt im Musizieren inne und hob den Kopf. Die roten Augen glitzerten freudig hinter den Brillengläsern und trafen auf die kalten honigfarbenen Iriden von Salles.

„Ich wusste, dass du kommen würdest.“

Er musste tief durchatmen. Die Stimme seines Gegenübers brachte so viele Erinnerungen auf einmal zurück, dass Salles nicht wusste, ob er sich freuen oder immer noch wütend sein sollte. Immerhin war ihm die Person, die da vor ihm saß einmal sehr wichtig gewesen und drei Jahre lang hatte er gedacht...

„Ich dachte, du wärst tot“, sagte der Gelehrte emotionslos.

Er bemühte sich, weder in seiner Stimme noch in seinem Gesicht auch nur einen Hauch von Gefühl zu zeigen, auch wenn es sinnlos war. Sein Gegenüber kannte ihn immerhin lange genug, um auch so zu wissen, was in ihm vorging.

„Manchmal ist es besser, wenn die Leute denken, man wäre das. Du verstehst das doch, oder?“

„Sicher“, brachte Salles gepresst hervor.

Der andere lächelte leicht. Es war dieses Lächeln, das Salles so sehr hasste, denn es sagte ihm, wie überlegen sich der Mann fühlte.

„Nathanael...“

Wie lange hatte er diesen Namen nicht mehr ausgesprochen? Selbst jetzt erschien es ihm noch unwirklich, als er ihn über seine Zunge rollen ließ, es geradezu genoss, ihn wieder einmal zu sagen, als ob allein die Aussprache dafür sorgte, dass wieder alles wie früher werden würde.

Auch wenn er genau wusste, dass die Vergangenheit endgültig tot war.

„Nathanael, warum bist du auf der Seite des Zerstörungskomitees?“

Ehrliche Überraschung erschien auf dem Gesicht seines Gegenübers, doch Salles nahm ihm die Frage vorweg: „Setoki erinnert sich nicht an Arakawa, obwohl sie offensichtlich das Leben vieler Menschen in seiner Vergangenheit beeinflusst hat. Ich habe sogar Bilder gesehen.“

Yumiko hatte ihm auf seinen eigenen Wunsch einen ganzen Stapel von Fotos überlassen, auf jedem einzelnen waren die drei Kinder in irgendeiner Art und Weise abgebildet gewesen. Im Kindergarten, bei der Einschulung, auf einem Schulfest... er war jedes einzelne durchgegangen und war damit Zeuge einer wundervollen Kindheit geworden, von der er nur träumen konnte. Allerdings war er sich nicht sicher, ob er ebenfalls ein glückliches Kind gewesen wäre.

„Ich kenne niemanden außer dir“, fuhr Salles fort, „der Erinnerungen so massiv beeinflussen kann. Du scheinst sogar besser geworden zu sein, die Fotos sind tadellos.“

Stolz glomm in Nathanaels Augen auf. „Ich habe auch sehr viel dafür geübt. Immerhin muss alles perfekt sein, sobald sie fertig ist.“

„Selbst in dem Bereich gibst du nicht auf?“

„Niemals.“

Die Entschlossenheit in seiner Stimme war genauso gefestigt wie noch vor drei Jahren, als sie sich zuletzt begegnet waren, kurz bevor die Nachricht von Nathanaels Tod an Salles' Ohr gedrungen war. Doch im jetzigen Moment sorgte dieser Ton nur für noch größeres Unverständnis. „Wenn dein Plan noch derselbe wie zuvor ist, warum bist du beim Zerstörungskomitee? Welche Logik verbirgt sich hinter deinen Gedanken?“

„Ich wünschte wirklich, ich könnte es dir sagen, Salles.“

Nathanaels Blick wurde ungewohnt trüb. „Aber du weißt genausogut wie ich, dass es nie wieder wie früher werden wird. Selbst wenn sie wieder da ist.“

„Glaubst du, sie würde deinen Plan oder den Weg dorthin gutheißen?“

Sorgsam vermieden beide die Erwähnung ihres Namens, als ob sie damit verhindern könnten, dass die Erinnerungen und die Trauer zurückkamen. Es war zwar zwecklos, aber inzwischen zu einer gängigen Praxis zwischen ihnen geworden.

Sein Gegenüber senkte den Kopf, so dass Salles sein Gesicht nicht mehr sehen konnte. „Nein, mit Sicherheit nicht. Genausowenig wie das, was ich nun vorhabe.“

Er musste es nicht sehen, um zu wissen, dass Nathanael schmunzelte, er konnte es ganz deutlich in seiner Stimme hören. Die Warnung seines Shinjuu kam vergleichsweise spät, erst als Salles sich bereits zur Hälfte umgedreht und automatisch den Arm ausgestreckt hatte, um ein Schutzschild aufzubauen. Ein Strudel von Mana umhüllte ihn gerade noch rechtzeitig, um eine Ranke abzuwehren. Das Wesen, zu dem diese gehörte, kreischte schmerzerfüllt auf. Eine Frau, die aus einem Baumstamm geschnitzt zu sein schien, stand vor ihnen, Efeuranken umgaben sie und bewegten sich unablässig, um auf eine neue Möglichkeit zum Angreifen zu warten.

„Hadassah“, zischte Salles wütend.

Er konnte seine Emotionen gegenüber Nathanael in Zaum halten, aber das gilt nicht für dessen Shinjuu. Es war lächerlich, dieses zu hassen und für alles verantwortlich zu machen, aber für Salles war es leichter, als seinen Zorn auf Nathanael zu richten, der für ihn immer wie ein Bruder gewesen war.

Eine Bewegung hinter ihm ließ Salles zur Seite springen. Ein Speer durchbohrte die Luft, wo er eben noch gestanden hatte.

Nathanaels Shinken 'Chie', die Weisheit...

So wirklich verstanden hatte er nie, warum gerade das Shinken, das die Weisheit repräsentierte, die Mainfestation eines Speers war, aber im Moment war das auch egal.

„Dann versuchst du jetzt, mich zu töten?“, hakte Salles nach.

Nathanael schmunzelte. „Ganz genau. Und wenn du stillhältst, wird es auch nicht lange wehtun.“

Der Gelehrte wich zurück und ließ sein eigenes Shinken erscheinen. 'Egen' glühte bereits vor Erwartung, er konnte den Drang, 'Chie's Träger zu töten durch seinen Körper pulsieren spüren.

„Genau wie in alten Zeiten“, schwärmte Nathanael. „Nur noch tödlicher!“

Er griff erneut an. Salles breitete die Arme aus, Windmassen sammelten sich um ihn und warfen den Angreifer zurück. Während Nathanael sich wieder fing, wagte Hadassah noch einen Vorstoß. Salles reagierte zu spät, sein hastig aufgebautes Schild zerbrach, die Ranke hinterließ einen brennenden Schmerz über seinem rechten Auge. Heißes Blut und Mana traten aus der Wunde.

Er kümmerte sich nicht weiter darum. Stattdessen hob er 'Egen' in die Luft. Das Buch öffnete sich, die umblätternden Seiten ließen Manafunken sprühen, bis es wieder innehielt. Mana und Wind wirbelten erneut um ihn und wehrten weitere Angriffsversuche von Hadassah ab.

Great Wisdom!

Das herbeigerufene Shinjuu riss mithilfe seiner Wurzeln den Boden unter Nathanael auf.

Doch Hadassah reagierte sofort. Ihre Ranken griffen nach ihrem Meister und zogen ihn zurück auf festen Untergrund. Nathanael zögerte nicht und griff wieder Salles an. Er wich den Angriffen geschickt aus. Da er eben schlagartig all sein verbliebendes Mana entladen hatte, konnte er kein Schutzschild errichten. Gegen jeden anderen Gegner wäre er damit im Nachteil gewesen, aber Nathanael war genau wie er für Magie und nicht für Schnelligkeit bekannt, weswegen selbst die Attacken durch das Shinken immer nur verzögert kamen.

Schließlich erkannte sein Angreifer, dass er so nicht weit kommen würde. Er blieb wieder stehen. Blaue Manafunken sammelten sich um ihn, während er eine Beschwörungsformel murmelte.

Salles nutzte die Gelegenheit, um sein Schutzschild wieder aufzubauen und gleichzeitig erneut den Wind zu beschwören, damit dieser ihn vor Schaden bewahren konnte.

Schließlich explodierte das Mana um Nathanael. „Icicle Arrows!

Unzählige Pfeile aus Eis entstanden um ihn herum, jeder einzelne flog auf Salles zu, wurde aber von dessen Schutzschild abgeblockt. Mit lautem Klirren zerplatzten die Pfeile, bis am Ende auch das Schild zersprang.

„Nicht schlecht“, sagte Nathanael anerkennend.

Salles schnaubte, wieder öffnete er das Buch. „Elemental Blast!

Eine Kugel konzentriertes Mana schoss auf Nathanael zu, doch dieser wehrte den Angriff mit einer einfachen Bewegung seines Speers ab. Die Kugel verschwand irgendwo im Wald, das Geräusch splitternden Holzes war zu hören.

Salles wollte sich gerade auf einen neuen Angriff konzentrieren, als sein Gegenüber zu lachen begann. Der Gelehrte blickte ihn verwundert an. Die Anspannung in der Luft war plötzlich verschwunden, der Kampf schien vorbei zu sein.

„Was ist so komisch?“, verlangte er zu wissen.

Nathanaels Augen glitzerten amüsiert. „Ich glaube nicht, dass du viel Zeit zum Kämpfen hast.“

Schlagartig erinnerte Salles sich wieder an Nozomu, der mit Sicherheit immer noch in der Sporthalle war. Möglicherweise war es bereits zu spät und das nur, weil sie beide dem Willen ihrer Shinken nachgegeben hatten. Dem Willen der gegenseitigen Vernichtung, das einzige, was immer zwischen den beiden Jungen, die sich so nah wie Brüder fühlten, gestanden hatte.

„Lass uns den heutigen Kampf als Gleichstand betrachten“, fuhr Nathanael fort. „Es wäre doch eine Schande, wenn wir uns zur Feier unseres Wiedersehens schon töten.“

Schon? Denkt er wirklich, dass wir uns irgendwann gegenseitig umbringen werden?

„Aber vergiss nicht, dass auch ich in den letzten Jahren besser geworden bin. Vielleicht sogar endlich besser als du.“

Schon früher waren sie stets auf derselben Ebene gewesen, egal in welchem Bereich, doch das war dem ehrgeizigen Nathanael nicht genug gewesen. Er hatte stets danach gestrebt, besser zu werden, besser als Salles und besser als ihr Meister. Ein Konkurrenzdenken, das Salles stets fremd geblieben, aber für seinen Freund alles gewesen war.

„Das kümmert mich nicht“, erwiderte der Gelehrte.

Nathanael schmunzelte. „Noch nicht. Ich bin sicher, irgendwann wird es dich kümmern. Aber nun ja, ich habe heute auch noch etwas vor. Aber bevor ich gehe, bekommst du ein Geschenk von mir.“

Salles ging in Abwehrhaltung, als sein Gegenüber in eine Tasche seiner Kleidung griff. Schließlich holte er etwas hervor und warf es ihm zu.

Der Gelehrte fing es automatisch auf, um den Gegenstand genauer zu betrachten. Es war ein schwarzer Onyx unter dessen Oberfläche Salles Emotionen toben spüren konnte. „Was...?“

„Katima Aigears' Seele“, erklärte Nathanael geflissentlich. „Sie wird dem Erhaltungskomitee sicherlich eine große Stütze sein.“

Die Erklärung verwirrte Salles. „Warum tust du das? Du bist doch Teil des Zerstörungskomitees.“

Nathanael lächelte sanft, eine Mimik, die er nicht sonderlich oft an den Tag legte, aber dafür immer ehrlich gemeint war. „Du wirst es irgendwann noch verstehen, glaub mir.“

Damit fuhr er herum und ging langsam davon, sein Shinjuu folgte ihm. Salles sah ihm hinterher.

In seinem Inneren herrschte eine Mischung aus Erleichterung, Wut und Verwirrung, die seine Brust einengte.

Warum tat Nathanael das? Und was sollten die Gerüchte über seinen Tod? Welchen Plan verfolgte er? Irgendwie würde Salles es herausfinden, ganz sicher. Auch wenn er noch nicht wusste, wie.

Als Nathanael schließlich verschwand löste sich auch der Wald um Salles herum auf, so dass er wieder auf dem Schulhof von zuvor stand. Er atmete tief durch, während er wieder zu den anderen lief – gerade rechtzeitig, um zu sehen, dass sie endlich die Tür zur Sporthalle aufbekamen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  LeanaCole
2010-04-02T11:02:25+00:00 02.04.2010 13:02
Waaaah~ Ich fand den Kampf zwischen den beiden Männern so tollig~ Dabei bin ich kein großer Salles-Fan XD
Aber hier war er einfach nur cool~ Ein Kampf, der mit Magie ausgefochten wird, ist echt mal was anderes, als das ewige Klingen kreuzen der anden Shinken-Träger. Defenitiv einer meiner Lieblingskämpfe von dir :3
Sowieso, muss ich sagen, hast du diesen Kampf sehr gut beschrieben. Nicht perfekt, aber du bist auf jeden Fall sehr viel besser geworden ^^

Außerdem fand ich es soooo süß, wie Zetsu sich mit Gyouten schützend vor Lea gestellt hat XD
Dabei hat sie eigentlich ein Shinken~ Aber trotzdem total sweet~
Das Shun das amüsiert hat, ist mir ganz klar. Der hat auch nichts anderes zutun, denke ich XD
Der stand eh nur doof da und hat sich innerlich sicher über die anderen kaputt gelacht XD

Übrigens gefällt mir der Name des Kapitels. Passt echt gut, finde ich ^^


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