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Der ewige Göttername

von

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Der blaue Spirit

Es war ungewohnt für Nozomu so spät aufzustehen, aber für den Termin war früher nicht notwendig. Er zog sich eine Jeans und ein Shirt an. Es war warm draußen, also warum sollte er nicht mal kürzer treten mit der Kleidung? Seine Schuluniform, die er an regulären Tagen trug war immerhin warm genug.

Auf das Frühstück verzichtete er an diesem Morgen. Er hatte genug Geld, um sich unterwegs etwas zu kaufen. Die Aufregung vor der Untersuchung schnürte ihm ohnehin die Kehle zu.

Als er die Treppe hinunterging, hörte er jemanden seinen Namen sagen. Erschrocken hielt er inne und fuhr herum. Salles kam ebenfalls die Treppe herunter. „Was machst du hier? Und warum trägst du deine Schuluniform nicht?“

Nozomu schluckte. „Ich habe Jatzieta gestern gesagt, dass ich heute einen Termin habe. Die Schule weiß es schon.“

Salles schloss die Augen. „Verstehe. Ich habe Jatzieta seit gestern Nachmittag nicht mehr gesehen. In Zukunft wäre es mir aber lieber, wenn du mir auch mitteilen würdest, wenn solche Termine anstehen. Verstanden?“

„Ja, Sir.“

Diese Reaktion entlockte dem strengen Mann ein Lachen. „Kein Grund so förmlich zu werden. Ich wünsche dir viel Erfolg bei deiner Untersuchung – ich gehe doch richtig in der Annahme, dass du einen Termin im Krankenhaus hast?“

Nozomu nickte. „Danke.“

Er neigte den Oberkörper und ging davon, um seine Bahn zu erreichen.
 

Zetsu hatte beschlossen, die Schule an diesem Tag Schule sein zu lassen und sich stattdessen lieber im Lager eines Kaufhauses zur Inventur gemeldet (außerdem konnte er das Geld gut gebrauchen). Während er Waren zählte und entsprechend eintrug, wanderten seine Gedanken immer wieder zu Leana. Seit dem Gespräch am letzten Abend war in ihm der Verdacht gewachsen, dass sie mehr wusste als sie zugab und sie nur darauf wartete, dass er sich verplapperte.

Möglicherweise war sie auch eine Shinken-Trägerin, aber er konnte keinen Orichalcum-Namen an ihr spüren.

Also musste es irgend etwas anderes sein. Vielleicht war er inzwischen auch nur paranoid geworden.

Das Kaufhaus war groß, genau wie das Lager, deswegen befand sich Zetsu allein in einem abgeschiedenen Teil davon. Ein leises Geräusch klang an sein Ohr.

Zetsu fuhr herum. Etwas rannte an den Regalen vorbei.

Was...?

Er legte das Klemmbrett und den Stift beiseite und stand auf. Langsam und vorsichtig bewegte er sich voran. In Gedanken rief er nach seinem Shinjuu, doch keine Antwort erklang.

Was ist los?

Die Gänge des Lagers waren weitläufig, auf beiden Seiten gesäumt von meterhohen Regalen, die bis auf den letzten Millimeter mit Gegenständen bestückt waren. Eine Leiter stand alleingelassen mitten im Gang. Zetsu machte einen Bogen darum. Plötzlich sah er am Ende des Ganges wieder etwas vorbeihuschen. „He! Bleib stehen!“

Er rannte los. Doch als er das Ende erreicht hatte, konnte er nur noch sehen, wie die Gestalt hinter einer weiteren Ecke verschwand. „Warte!“

Vermutlich war es nur ein kleiner Einbrecher, aber Zetsu ließ es lieber nicht darauf ankommen und verfolgte ihn weiter. In einer Ecke des Lagers angekommen, blieb er wieder stehen. Die Gestalt schien sich regelrecht in Luft aufgelöst zu haben.

Möglicherweise war es ja doch etwas anderes...

Er drehte sich um und wollte zurückgehen, als er eine Bewegung aus den Augenwinkeln vernahm. Wieder hielt er inne und wandte den Kopf. Erschrocken zuckte er zusammen, er wich zurück.

Das Regal kippte und zwar mit mit tödlicher Sicherheit in seiner Richtung. Mit einem leisen Schrei ging er in die Knie, die Arme schützend über seinen Kopf gelegt.

So erwartete er den Aufprall des Regals, in der sicheren Annahme, dass es das letzte war, was er spüren würde.
 

Erschrocken öffnete Nozomu seine Augen. Sein Blick ging fragend umher.

„Endlich bist du wieder wach.“

Rehme erschien vor ihm. „Ich dachte schon, wir werden ewig in dieser Bahn festsitzen.“

„Ah ja.“

Er war bereits auf dem Rückweg von seinem Termin (der außerordentlich positiv verlaufen war) gewesen und im Zug eingeschlafen. Dann hatte er von Zetsu geträumt, der in einem Lager von einem Regal erschlagen worden war. Nein, er war nur beinahe erschlagen worden. Ob und was ihm passiert war, wusste Nozomu nicht. Aber es war auch nur ein Traum gewesen, nicht die Realität, also warum machte er sich darum Sorgen?

Zuhause würde er Zetsu anrufen und sie würden beide über diesen Traum lachen.

„Wo sind denn alle?“, fragte Nozomu, als ihm auffiel, dass niemand außer ihnen da war.

Rehme zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht. Sie sind alle ausgestiegen und jetzt stehen wir hier schon eine ganze Weile. Ich hab versucht, dich zu wecken, aber es ging nicht.“

Ratlos stand er auf und ging einige Schritte. Die Türen der Bahn standen weit offen, sie führten auf einen sterilen weißgefliesten und weitläufigen Bahnsteig, der ebenfalls verlassen war.

Nozomu fühlte sich, als wäre er in einem schlechten Horrorfilm gelandet.

„Irgend etwas stimmt hier nicht“, sagte Rehme leise. „Sei vorsichtig, Nozomu.“

Nickend lief er los. Kaum hatte er die Bahn verlassen, gingen die Türen zischend wieder zu, der Zug fuhr davon. In der Ferne war ein leises Geräusch hören, das er nicht näher definieren konnte. Nun fühlte er sich endgültig wie in einem billigen Horrorfilm, aber er würde dieser Atmosphäre mit Sicherheit nicht nachgeben. Selbst im unwahrscheinlichen Fall, dass ein kranker und verrückter Serienmörder hier sein Unwesen treiben würde, er besaß immer noch sein Shinken – und damit konnte ihm niemand etwas antun.

Bei dem Gedanken musste er grinsen. Im echten Leben gab es keine Mörder, die sich in verlassenen Bahnschächten versteckten und unschuldige Bürger abschlachteten. Dann dachte er aber wieder, dass auch sein Shinken ein Gegenstand war, den er nie im wahren Leben vermutet hätte und doch war es nun da.

Die erste Treppe führte ihn zu einer Halle mit Schaltern und alten Automaten. Gitter versperrten die weiteren Treppen nach oben. In dieser Halle entdeckte Nozomu auch ein Poster, das ihm mitteilte, dass diese Station von Juni bis September aufgrund von Wartungsarbeiten geschlossen war. Fragte sich nur noch, wo die Arbeiter waren und warum einfache Wartungsarbeiten so lange dauerten.

„Suchen wir einen anderen Weg“, sagte Rehme. „Irgendwie müssen wir hier rauskommen.“

Er nickte. „Versuchen wir es auf der anderen Seite.“

Gerade als er die Stufen wieder hinuntergehen wollte, spürte er etwas am Fuß der Treppe.

„Das fühlt sich an wie ein Shinjuu“, wisperte Rehme.

Vorsichtig ging Nozomu noch einige Stufen, bis er eine Gestalt auf dem Bahnsteig sehen konnte. Eine Gestalt, die vorhin noch nicht da gewesen war. Es war eine junge Frau mit lilafarbenen Haar, ihre Kleidung erinnerte Nozomu an die des Lakaien von neulich, nur war das Kleid weiß mit lila Streifen. Das Interessanteste an ihr waren allerdings die Flügel auf ihrem Rücken. Sie waren nicht sonderlich groß, schienen eher eine Zierde zu sein, aber dennoch verliehen sie ihr den Hauch eines Engels. Sie hielt ein Schwert mit einem Griff, der doppelt so lang wie die Klinge war und starrte scheinbar gedankenverloren auf die Gleise.

Der Zug, in dem er vorher gesessen hatte, war inzwischen weg. Er hatte ihn gar nicht fahren gehört.

„Ist das ein Shinjuu?“, fragte Nozomu leise.

Rehme nickte mit angehaltenem Atem. „Ja. Sei bloß vorsichtig.“

Wie konnte es sein, dass ein Shinjuu einem Lakai so ähnlich sah?

Plötzlich wandte sie den Blick und starrte Nozomu direkt an. Er zuckte zusammen.

Sie hat uns gesehen...

Mit dem Schwert im Anschlag, preschte sie auf ihn zu. Nozomu wollte ausweichen, aber seine Beine versagten ihren Dienst. Er wollte sein Shinken ziehen, aber sein Orichalcum-Name reagierte nicht. Entmutigt schloss er die Augen.

Doch der erwartete Schmerz kam nicht. Stattdessen hörte er einen entsetzten Schrei hinter sich. Als er die Augen wieder öffnete, wandte er den Kopf. Die Frau stand hinter ihm, ihr Schwert immer noch gehoben. Die Klinge war umhüllt von roten Mana. Hatte sie ihn etwa... gerettet?

Die Frau stellte sich wieder richtig hin. „Ist Hilfe vonnöten?“

Nozomu sah sie fragend an. „Hilfe?“

„Oh, jetzt verstehe ich.“

Rehme schwebte um die Frau herum. „Sie ist ein Spirit-Shinjuu.“

Die Frau nickte zustimmend.

„Spirits sind so ähnlich wie Lakaien“, antwortete Rehme auf seinen fragenden Blick. „Allerdings können sie kein Shinken benutzen, weil sie ja den Willen desselben verkörpern. Und Spirits sind darauf ausgelegt, Menschen zu beschützen. Na ja, zumindest die meisten...“

„Gibt es auch Ausnahmen?“, fragte Nozomu.

Die Frau nickte noch einmal, antwortete aber nicht. Allerdings hatte ihn eine tiefergehende Antwort auch gar nicht interessiert.

„Wie heißt du?“

Sie legte ihren Kopf schräg. Rehme seufzte. „Das versteht sie so nicht. Spirits sind auf Befehle ausgelegt. Sag uns deinen Namen.“

„Aselia, die Existenz.“

Ihre Stimme und ihr ganzer Gesichtsausdruck war monoton und frei von jedem Gefühl. Wenn sie ihn nicht eben gerettet hätte, wäre ihm wieder ein kalter Schauer über den Rücken gefahren.

„Spirits haben immer einen Zusatz zu ihrem Namen“, erklärte Rehme weiter. „Wir wissen aber nicht, warum. Ich glaube, das weiß niemand.“

Aselia schien sich zu einer Erklärung berufen zu fühlen, denn sie hob ihre Waffe. „Sonzai ist der Name meines Schwertes.“

'Sonzai' bedeutet Existenz... dann liegt es wohl daran.

„Sag uns, warum du hier bist“, verlangte Nozomu.

„Mein Meister hat mich geschickt, um die Lakaien hier zu bekämpfen.“

„Warum bist du nicht auch so nützlich, Rehme?“

Sie schnitt ihm nur eine Grimasse. „Sag uns lieber, wer dein Meister ist, Aselia.“

„Ich kann diesen Befehl nicht befolgen“, erwiderte Aselia.

Wäre auch zu einfach gewesen.

Da fiel ihm noch etwas ein. „He, gibt es hier etwa noch mehr Lakaien?“

Aselia nickte.

Vielleicht ist es ja kein Zufall, dass ich hier gelandet bin. Oh Mann, jetzt glaube ich schon fast an so etwas wie Schicksal. Aber egal.

„Rehme und ich werden dir helfen.“

„Das ist nicht nötig. Am anderen Ausgang ist eines der Gitter offen, verlasst den Bahnhof.“

Nozomu wollte widersprechen, aber Rehme zupfte an seinem Kragen. „Lass sie. Sie weiß schon, was sie tut. Vertrau mir.“

Er nickte seufzend und ging die Treppe hinunter. Eine Bahn fegte ohne an Geschwindigkeit zu verlieren durch den Tunnel. Also war die Bahnstrecke noch befahren, anders hätte er hier auch nicht herkommen können.

Rehme setzte sich auf seine Schulter. „Fu~, fliegen ist so anstrengend...“

„Stell dich nicht so an“, wies Nozomu sie zurecht. „Sei mal ein nützliches Shinjuu.“

Erneut schnitt sie ihm eine Grimasse, wurde aber sofort wieder ernst, als sie plötzlich einem Lakaien gegenüberstanden. Es war wieder ein roter. Die kurzen Haare machten den Eindruck, als wäre sie eben erst aufgestanden, in ihren Händen hielt sie ein Schwert, dessen Griff zwischen zwei Klingen saß.

Nozomu wich zurück. „Nicht noch einer.“

Er fuhr herum, um wieder in die andere Richtung zu laufen – doch plötzlich stand auch dort ein roter Lakai. Rehme quietschte erschrocken. „Nozomu, langsam wird es Zeit.“

Er konzentrierte sich auf den Orichalcum-Namen – doch nichts geschah.

„Nozomu!“

„Es geht nicht!“

Geistesgegenwärtig ließ er sich fallen. Die Klinge eines Lakais fegte direkt über ihm hinweg. Sofort rollte er sich zur Seite, eine der Klingen zerteilte die Fliesen, wo er eben noch gelegen hatte.

Hastig richtete er sich wieder auf und rannte davon. „Aselia!“

Der Spirit stand inzwischen am oberen Treppenabsatz. Sie fuhr herum. „Ist Hilfe vonnöten?“

Nozomu wollte gerade antworten, da erschienen noch mehr rote Lakaien um ihn herum. Das schien ihr Antwort genug zu sein. Mit dem Schwert im Anschlag, stürmte Aselia die Treppe wieder hinunter. Ein Schlag genügte, um den ersten Lakai zu zerstören.

Sie drängte Nozomu hinter sich. „Bleib hinter mir.“

Er nickte nur. Einer der Lakaien wagte noch einen Angriff, scheiterte aber an einem blauen Schild. Ohne dem Angreifer Ruhe zu gönnen, schlug Aselia zu. Die roten Manafunken erfüllten die Luft mit einer ungewöhnlich trockenen Hitze.

Ein anderer Lakai streckte den rechten Arm vor. Mana sammelte sich um sie. „Fire Arrow!“

Doch noch bevor etwas geschehen konnte, hob auch Aselia die Hand. „Icicle Coffin!“

Ein Würfel aus blauem Mana erschien um den roten Lakai. Sie schrie auf, als der Würfel zerbrach und alle roten Funken verschwanden.

Aselias Flügel nahmen an Größe zu. Mit einem entschlossenen Schrei stürzte sie sich zwischen die Lakaien. Ihr Schwert zerschnitt die Lakaien ohne Probleme und schon bald war der ganze Bahnhof erfüllt von glühenden roten Manafunken.

Nozomu schluckte. Dieses Shinjuu war tatsächlich um einiges geübter im Umgang mit dem Schwert. Hoffentlich würde er nie gegen sie antreten müssen.

„Bedrohung abgewendet.“

Er atmete erleichtert durch. „Danke, Aselia.“

Sie schüttelte mit dem Kopf und trat wieder an die Gleise. Ohne etwas zu sagen, sprang sie hinunter und rannte in den Tunnel hinein.

„Aselia, warte!“

Nozomu wollte ihr folgen, doch bevor er das konnte, fegte erneut ein Zug an ihm vorbei.

„Wo ist sie hin?“

Rehme zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht. Aber ich nehme das als gutes Zeichen, ich spüre auch keine Lakaien mehr. Lass uns von hier verschwinden.“

Nozomu nickte und ging in Richtung der Treppe.

Warum hat der Orichalcum-Name nicht funktioniert? Und wieso bin ich hierher gebracht worden?

Je mehr er erlebte desto mysteriöser wurde das Ganze.

Nozomu verließ den Bahnhof und ließ nur eine weißhaarige Frau mit einem Katana zurück, die er bislang nicht gesehen hatte. Sie lächelte grimmig und löste sich in schwarze Funken auf. Damit war die Bahnstation endgültig verwaist.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  LeanaCole
2009-06-15T06:35:50+00:00 15.06.2009 08:35
Aselia! XD

Endlich kommt auch mal Aselia. Und sie hat ihr tolles Anime-Aussehen *____*
Und ich weiß auch, wer das am Ende ist *lach*

Armer Zetsu. Ich leide mit dir!!!

Lea: ...

Ups...


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