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Happy ohne Ende?

von

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I'll be waiting

Ich bleibe an dieser Stelle standhaft: Keine der in meiner Story vorkommenden Personen gehört mir und alles, was hier zu lesen ist, ist definitiv frei erfunden und entspricht zu keinem Zeitpunkt der Wahrheit.
 

In diesem Kapitel wird wieder ein bestimmtes Lied eine große Rolle spielen, deshalb habe ich euch hier schon mal den Link kopiert. Aber erst anhören, wenn ihr fast am Ende des Kapitels angekommen seid, dann wird es euch hoffentlich so wie mich in die richtige Stimmung bringen: http://www.youtube.com/watch?v=RVSGs9St-s8
 


 

„Es war also alles gelogen?“, fragte Per bestürzt nach und konnte nicht fassen, was Lena ihm da gerade berichtete. Eifersucht war schön und gut, den geliebten Menschen halten zu wollen auch – aber deshalb zu solchen Mitteln zu greifen? Eine Schwangerschaft vorzuspielen, weil man sich sicher ist, dass der Mann dann nicht ging? Das konnte Per nicht nachvollziehen. Für ihn gab es immer noch diese eine Grenze in jeder Beziehung, die er niemals überschreiten wollte – nämlich die, den anderen an sich zu fesseln, obwohl man wusste, dass er mit einem anderen Menschen glücklicher werden könnte. So etwas wollte Per niemals tun, denn dann würde er sich selbst nicht mehr im Spiegel in die Augen blicken können. Da nahm er lieber ein gebrochenes Herz auf sich, als diese Last einen anderen Menschen unglücklich zu machen.
 

„Ja. Jedes Wort, jede Geste – nichts weiter als ein verzweifelter Versuch Ricardo zu halten.“
 

„Und das alles nur, weil sie ihn geliebt hat“, murmelte Per leise vor sich hin und schüttelte nachdenklich den Kopf. Irgendwie tat Caroline ihm Leid. Wie verzweifelt musste sie gewesen sein, um sich auf eine solche Lüge einzulassen? Es war doch absehbar gewesen, dass ihr Kartenhaus über kurz oder lang in sich zusammenfallen würde. Und das alles für einen Mann, der nicht mehr sie, sondern eine andere von ganzen Herzen liebte.
 

„Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Ich kann es dir nicht sagen, Per, ob sie das alles wirklich aus Liebe getan hat, oder weil sie ihren Status nicht verlieren wollte und ihn auch keiner anderen gegönnt hat. Ich habe mit ihr nie darüber gesprochen.“
 

„Weil sie nicht wusste, dass du die Frau bist, mit der Ricardo sie betrogen hat“, mutmaßte der lange Innenverteidiger, doch Lena schüttelte nur den Kopf.
 

„Ich glaube schon, dass Caroline ganz genau wusste, wer die andere Frau war. Sie war nur klug genug, es Ricardo auch nach ihrer Scharade nicht an den Kopf zu werfen.“
 

Wieso Lena es als klug bezeichnete, wusste Per nicht, doch er wollte auch nicht danach fragen. Dann hätten sie hier noch Stunden gesessen und in Lenas trauriger Vergangenheit herumgestochert, wenn er wirklich alle, selbst die belanglosesten Fragen gestellt hätte, die ihm durch den Kopf gingen. Dafür wollte er viel lieber wissen, warum sie nicht einfach nach Mailand zurückgekehrt war, nachdem Ricardo ihr von all den Lügen erzählt hatte.
 

„Wenn du zurückgegangen wärst, dann wären all die Opfer am Ende vielleicht doch nicht umsonst gewesen“, überlegte Torstens Kollege laut und beobachtete, wie sich Lenas Mund zu einem bitteren Lächeln verzog. Wahrscheinlich hatte sie sich das selbst schon häufig gesagt und es noch häufiger bereut.
 

„Ja, vielleicht. Was meinst du, wie oft ich mir diese Frage schon gestellt habe, Per. Wie viele Stunden ich deswegen schon wach lag in den vergangenen vier Jahren. Und wenn ich jetzt so darüber nachdenke, gebe ich zu, dass ich immer nur auf ihn gewartet habe.“
 

Lenas Ton war nachdenklich und so, wie sie den Kopf schief gelegt hatte und die Stirn runzelte, ahnte Per, dass sie jetzt die Vergangenheit noch einmal kritisch analysierte. Jeden Schritt verfolgte und sich noch einmal überlegte, ob das alles so richtig war, wie sie es getan hatte. Das war typisch für sie, so sah Torstens kleine Schwester nämlich Pers Meinung nach immer aus, wenn sie etwas oder jemanden analysierte. Und der Bremer Abwehrrecke wünschte sich, dass sie zu dem richtigen Schluss kam und endlich losließ.
 

„Ich habe darauf gewartet, dass er zu mir kommt. Dass er in Barcelona auftaucht und mir sagt, dass es mit Caroline vorbei ist. Dass er mich liebt – und dass wir eine gemeinsame Zukunft haben. So eine, wie ich sie mir immer gewünscht habe. Mit Hochzeit, Haus im Grünen und Kindern halt“, beschrieb die kleine Schwester des „Lutschers“ ihre Hoffnungen und Erwartungen, die sie an Ricardo gestellt hatte und die damals augenscheinlich bitter enttäuscht wurden.
 

„Aber er ist nicht gekommen, oder?“, fragte Per trotzdem noch einmal nach, nur um sicher zu sein, dass er auch alles richtig verstanden hatte. Es hätte ja auch sein können, dass er gekommen war und es mit ihnen beiden einfach nicht funktioniert hatte – was ziemlich unwahrscheinlich war, aber Per wollte es aus Lenas Mund hören, dass Ricardo nicht so reagiert hatte, wie es sich die Psychologin so sehnlich gewünscht hatte.
 

„Nein, das ist er nicht. Und ich war zu feige, nach Mailand zu fliegen und mit ihm zu reden. Es ist vermutlich seine wie meine Schuld, dass aus uns nicht das geworden ist, was wir uns beide gewünscht haben. Und wer einmal mit der Liebe so fahrlässig umgeht und sie selbst verspielt, hat sie wohl auch kein zweites Mal verdient. Alles ist schließlich besser, als es nicht versucht zu haben“, raisonnierte Lena weiter und bemerkte dabei gar nicht, wie Per ungläubig den Kopf schüttelte und die Augen verdrehte.
 

„Aber eigentlich hätte ich wissen müssen, dass er nicht kommen wird. Ich wollte es damals am Strand und auch die Jahre danach nur nicht einsehen. Ich habe auf ihn gewartet, all die Jahre lang-“ -und dabei vergessen mein eigenes Leben zu leben und ohne ihn glücklich zu werden, fügte Lena in Gedanken noch an, denn diesen Satz wollte sie nicht laut vor Per aussprechen. Diese Erkenntnis musste sie erst einmal für sich selbst sacken lassen. Denn es war hart und schwer sich einzugestehen, dass man die letzten vier Jahre seines Lebens damit verschwendet hatte, einer falschen Liebe hinterher zu trauern. Und deswegen so viele gute Gelegenheiten und noch bessere Männer hatte verstreichen lassen. Einfach so.
 

Unwillkürlich erinnerte Lena sich wieder an dem Abend, der ihr Leben ein zweites Mal innerhalb kürzester Zeit aus den Fugen hatte geraten lassen. Sie wollte Per nichts davon erzählen, wollte ihm nicht gestehen, dass sie an diesem Abend vor Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit hatte sterben wollen, aber sie wusste sich noch einmal an die Gefühle erinnern, die sie damals empfunden hatte. Die für Ricardo und die für einen anderen Mann, der ihr damals wie das Licht am Ende eines langen, finsteren Tunnels vorgekommen war und der sie mit seiner Herzenswärme vor Dummheiten bewahrt hatte.
 

Regungslos saß Lena auf dem feuchten Sand und starrte aufs Meer, ohne wirklich zu sehen, wie eine Welle nach der anderen brach, helle Schaumkronen bildete und feinste Sandkörner an den Strand spülte. Sie starrte einfach nur und erkannte doch nichts, weil sie mit ihren Gedanken in Mailand war, bei Ricardo. Lena überlegte fieberhaft, ob sie nicht etwas übersehen hatte – ob sie vielleicht nicht schon vorher hätte erkennen müssen, dass Caroline nur ein falsches Spiel spielte. Aber selbst jetzt, wo sie wusste, dass es nie ein Baby und nie eine Schwangerschaft gegeben hatte, fiel ihr nichts Verräterisches auf. Ja, die Brasilianerin hatte sie alle meisterhaft getäuscht, besonders jedoch sie selbst. Schließlich hatte sie ihre große Liebe aufgrund dieser Scharade gehen lassen.
 

Und jetzt gab es kein Zurück mehr. Zumindest hatte Ricardo nichts davon gesagt. Er hatte sie nicht gefragt, ob sie wieder nach Mailand kommen würde. Oder überhaupt, dass sie sich in der nächsten Zeit wieder sehen würden, um zu besprechen, wie die Zukunft aussehen würde. Ihre Zukunft. Ihre gemeinsame. Mit keinem Wort hatte der Mittelfeldspieler angedeutet, dass sie jetzt eine Chance hätten. Dabei war sich Lena sicher, dass Ricardos Familie Caroline ihre Lügen niemals verzeihen würden, wenn sie erst davon erfahren würden – und dann wäre eine Trennung so leicht. Und weder Ricardo noch sie wären die Bösen. So hatten sie es sich doch immer gewünscht – aber trotzdem war Lena nicht nach Feiern zumute. Weil es vielleicht einfach zu spät dafür war. Zu spät, ihre Beziehung noch zu retten, weil Ricardo vielleicht Caroline ihre Lügen nicht verzieh, ihr aber auch nicht, dass sie ihn verlassen hatte. Dass sie ihn in die Arme seiner Frau getrieben hatte.
 

Leise fluchte Lena. Das Leben war manchmal eindeutig beschissen. Wie sollte es jetzt denn weitergehen? Sollte sie einfach nach Mailand fliegen, mit ihm reden und darauf hoffen, dass sie ungefähr dort weitermachen konnten, wo sie aufgehört hatten? Nein, das wollte und konnte die junge Psychologin nicht. Sie hatte hier in der kurzen Zeit so etwas wie Freunde gefunden und die wollte sie nicht einfach so wieder aufgeben. Nicht, wenn sie nicht die Sicherheit hatte, dass es gut gehen würde – dass Ricardo sie noch liebte und ihr ihren Egoismus verzieh.
 

Von Lena vollkommen unbemerkt, hielt Lionel sich in der Nähe ihres Sitzplatzes hinter einer Palme versteckt und beobachtete die junge Blondine. Es sah, wie sie sich immer wieder über die Wange strich, um die Tränen zu verbergen und wie sie den feuchten Sand durch ihre Finger rieseln ließ, nur um dann plötzlich fest zuzugreifen und ihn zu halten – erfolglos. Er rieselte weiter und Lena ließ es geschehen, so als hätte sie eingesehen, dass man manche Dinge einfach nicht halten konnte, so sehr man es sich vielleicht auch wünschte.
 

Lionel hatte ihr Telefonat nicht belauschen wollen, aber als sie nach zehn Minuten nicht wieder in die Kneipe gekommen war, hatte der kleine Argentinier sich Sorgen gemacht und war sie suchen gegangen – sehr zur Belustigung seiner Teamkameraden, die ihm gleich ein kleines Stelldichein mit der jungen Deutschen hatten unterstellen wollen. Wie falsch sie damit lagen, hätte sie wohl auch erkannt, wenn sie Lena in diesem Augenblick im Mondschein am Strand hätten sitzen sehen: Ein kleines, verzweifeltes Häufchen Elend. In jedem kitschigen Rosamunde-Pilcher-Film hätten die Tränen auf ihren Wangen vermutlich im Mondlicht geglitzert und er wäre der strahlende Held gewesen, der sie von ihrer Trauer erlöst, doch das hier war kein Film – das war bittere Realität. Und er hatte wenig von einem Held in schimmernde Rüstung. Doch trotzdem wollte er nicht weiter tatenlos zusehen, wie Lena litt. Das ertrug er nicht und so schlich er auf leisen Sohlen an die Deutsche heran und ließ sich dann ganz langsam neben sie sinken, um sie nicht zu erschrecken.
 

Lena sah jedoch noch nicht einmal auf, als sie jemanden neben sich sitzen fühlte. Sie wollte niemanden sehen und am liebsten auch nichts mehr fühlen. Sie wollte allein sein, allein mit sich, dem Mond und dem Meer. Der Mensch neben ihr schien jedoch andere Pläne zu haben, denn er zog sie sanft in seine Arme, so dass ihr Kopf auf seiner Brust ruhte. Der Duft, der ihn umgab, verriet Lena, dass Lionel ihr gefolgt war und nun neben ihr saß, um sie zu trösten. Obwohl er doch gar nicht so genau wissen konnte, warum sie überhaupt traurig war.
 

„Was machst du hier, Leo?“, fragte sie deshalb leise, um die nächtliche Ruhe nicht zu stören. Eine Weile antwortete der kleine Wirbelwind nicht, so als müsste er sich erst überlegen, was er ihr am besten sagen sollte, doch dann begann er zögerlich ihr den Rücken zu streicheln und flüsterte ihr ins Ohr:
 

„Ich bin für dich da.“
 

Diese fünf schlichten, aber umso liebevolleren Worte trieben Lena erneut die Tränen in die Augen und sie konnte nichts anders als wieder zu weinen. Dass sie dabei Leos Oberteil ganz nass machte, störte in dem Moment keinen der beiden.
 

„Aber warum? Du kennst mich doch gar nicht“, entgegnete die Psychologin mit halb erstickter Stimme. Es verwirrte sie, wieso ein ihr noch fast fremder Mann sich so rührend um sie kümmerte – und dabei ganz genau wusste, was sie brauchte. Nämlich Nähe und das Gefühl, geliebt zu sein.
 

„Doch, ich habe das Gefühl, dich schon ewig zu kennen-“ –und noch länger zu lieben, aber diesen Satz verkniff sich Lionel lieber, um Lena nicht zu verschrecken. Es war nicht der richtige Zeitpunkt für ein Liebesgeständnis dieser Art. Sie kannten sich ja tatsächlich noch nicht lange und der Mittelfeldakteur hatte auch keine Ahnung, warum er sich auf einmal Hals über Kopf in die kleine Blonde mit den großen, traurigen Augen verliebt hatte, aber es war so. Und seit er sie in der letzten Zeit häufiger gesehen, mehr Zeit mit ihr verbracht hatte, desto mehr bekam er das Gefühl, dass sie die Richtige für ihn war. Nur, dass ihr Herz immer noch an einem anderen Mann hing, einem, der es ihr gebrochen hatte. Der sie gebrochen hatte.
 

„Danke Lionel.“
 

Er wusste nicht, ob er sie fragen durfte, was geschehen war, warum sie hier am Strand saß und weinte. Vielleicht war es noch zu frisch, zu persönlich um darüber zu reden, aber er wollte ihr wenigstens die Chance geben sich auszusprechen – schließlich kannte sie hier sonst niemand näher. Also nahm der junge Mann all seinen Mut zusammen und fragte Lena danach, was geschehen sei.
 

Einen kurzen Moment löste sich Torstens kleine Schwester aus seiner Umarmung und schaute ihn aus ihren großen, traurigen Augen heraus an, so als wollte sie abschätzen, was sie ihm erzählen konnte und ob es bei sicher aufgehoben war.
 

„Du kannst mir vertrauen, Lena, ich werde nichts von dem, was du mir heute Abend erzählst oder was ich gesehen habe, weiter erzählen“, versprach Lionel und hoffte, dass sein Wort ausreichte, um sie aus ihrem Schneckenhaus zu locken.
 

„Ich vertraue dir, mi torbellino“, sagte Lena schlicht, kuschelte sich wieder an seine Brust und fing leise an zu erzählen. Von ihrer Kindheit, in der sie sich von allen außer von ihrem geliebten großen Bruder ungeliebt und ungewollt gefühlt hatte, weil sie die Erwartungen, die man an sie gestellt hatte, nicht hatte erfüllen können oder erfüllen wollen. Über ihre einsame Jugend bis zu ihren Jahren in Mailand. Kein noch so schmerzhaftes Detail ließ sie aus, weil sie darauf vertraute, dass Lionel sie verstehen würde. Aber auch von den glücklichen Zeiten berichtete sie, von Torsten, Paolo, Christian, Daniel und Adriana und wie sehr sie ihre Freunde und Vertrauten vermisste.
 

Es nahm Lionel mit zu hören, wie unglücklich Lena in ihrem Leben schon gewesen war. Das hatte niemand verdient und schon gar nicht diese großherzige junge Frau, die jetzt an seine Brust gelehnt weinte. Sicher, das Leben war nicht immer einfach und manchmal schmiss einen das Schicksal Knüppel zwischen die Beine, aber so schlimm war es ihm zum Beispiel noch nie ergangen. Er hatte zwar einen Großteil seiner Kindheit auch fern seiner Familie verbracht, doch er hatte immer mit absoluter Sicherheit gewusst, dass sie ihn über alles liebten und unterstützten. Sie glaubten an ihn und waren schließlich sogar seinetwegen von Argentinien nach Spanien gezogen, damit er nicht mehr so sehr unter dem Heimweh litt. So eine Familie hätte er Lena auch gern gewünscht, doch Geschehenes konnte man nicht rückgängig machen, so dass Lionel Gott nur im Stillen dafür dankte, dass er der kleinen Blondine einen tollen großen Bruder an die Seite gestellt hatte, der sie so liebte, wie sie es verdient hatte.
 

Ricardo hingegen, fand Leo zumindest, hatte Lena und ihre Liebe nicht verdient. Er hatte es nicht verdient, weil er sie so leiden ließ. Sie sollte nicht weinen und schon gar nicht wegen einem Mann. Dabei blendete der Argentinier vollkommen aus, dass es Lenas eigene Entscheidung war Mailand zu verlassen und nach Spanien zu gehen. Dass sie es so gewollt hatte, die Beziehung zu beenden, das alles spielte für den argentinischen Wirbelwind keine Rolle, weil er eine weinende, am Boden zerstörte Lena in den Armen hielt.
 

„Weißt du Leo, ich will mich nie wieder verlieben. Nie wieder. Es tut nur weh und führt zu nichts“, schluchzte die Psychologin gegen seine Brust und Lionel hoffte, dass Lena nur in diesem Augenblick ernsthaft an ihre Worte glaubte. Denn ein Leben ohne Liebe – was ergab das denn für einen Sinn? Jeder Mensch wollte lieben und geliebt werden, ohne Ausnahme. Wenn die junge Frau jetzt mal eine Pause, eine Auszeit von der Liebe brauchte, konnte Lionel das nur zu gut verstehen, aber nie wieder lieben? Diesen Entschluss konnte der Argentinier beim besten Willen nicht verstehen. Und schon gar nicht akzeptieren.
 

„Lena, eines solltest du niemals vergessen: Liebe ist keine Entscheidung, sie ist ein Gefühl. Wenn wir uns aussuchen könnten, wen wir lieben, wäre alles viel einfacher... aber ohne jeden Zauber.“
 

Auf diese Weisheit antwortete Lena nicht, aber Leo war sich ziemlich sicher, dass sie ihn gehört hatte – immerhin kuschelte sie sich etwas näher an seine Brust und ihre Fäuste hielten sein T-Shirt ein kleines bisschen fester umklammert. Trotzdem sagte sie nichts, sondern schloss nur die Augen.
 

So als hätte er nie etwas anderes gemacht, zog er die kleine Blondine auf seinen Schoß und begann ruhig auf- und ab zu wippen. Dabei summte er leise ein Lied, das ihm schon die ganze Zeit nicht aus dem Kopf gehen wollte. Aber erst als er sicher war, dass Lena tief und fest in seinen Armen schlief, fing Lionel richtig an zu singen. Nur ganz leise, um Lena nicht aufzuwecken, aber seinen aufgestauten Gefühlen Luft zu machen.
 

He broke your heart

He took your soul

You're hurt inside

'Cause there's a hole

You need some time to be alone

then you will find what you've always known
 

I'm the one who really loves you, baby

I've been knockin' at your door

As long as I'm livin', I'll be waitin'

as long as I'm breathin', I'll be there

whenever you call me, I'll be waitin'

whenever you need me, I'll be there
 

I've seen you cry into the night

I feel your pain, can I make it right?

I realize there's no end in sight

yet still I wait for you to see the light
 

Vorsichtig blickte Lionel nach unten, um sich zu vergewissern, dass Lena auch wirklich nichts von seiner kleinen Gesangseinlage mitbekommen hatte. Das wäre ihm tierisch peinlich gewesen und hätte ihn in Verlegenheit gebracht. Es war ja nicht so, dass er nur hier war, weil er mehr für die junge Deutsche empfand und sich mehr erhoffte. Nein, er war hier, weil er sie als Freundin mochte und es ihm beinahe das Herz brach, sie so traurig und verletzt zu sehen.
 

In diesem Moment wünschte Lionel sich nichts sehnlicher, als Lena irgendwie helfen zu können. Ihren Schmerz zu vertreiben und wieder ein Lachen auf ihren Lippen zu sehen. Das hätte ihm gezeigt, dass der Eispanzer, den sie aus Angst vor neuen Verletzungen um ihr Herz gelegt hatte, anfing zu schmelzen. Lionel wollte schlicht sie selbst und ihr Herz wieder erwärmen – für sich und die Liebe im Allgemeinen. Doch die Kälte, die Lena fühlte, war keine Kälte, die von außen kam. Es war das Feuer in ihr, das nur für Ricardo gebrannt hatte und nun langsam einfror, dass sie frösteln ließ. Und genau das tat Lionel so unendlich weh. Das Wissen, Lena in dieser Kälte, der Schlimmsten von allen, nicht wärmen zu können.
 

To be continued
 

Da habt ihr endlich Lenas Einsicht. Es hat zwar lange gedauert und es war ein steiniger Weg, aber jetzt hat sie es begriffen. Sie weiß jetzt, dass sie vier Jahre ihres Lebens verschwendet hat, weil sie auf den falschen Mann gesetzt hat. Oder, weil sie selbst nicht den Mut und die Kraft hatte, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, das könnt ihr sehen, wie ihr wollt. Aber was glaubt ihr, fängt sie jetzt mit dieser Erkenntnis an, die sie erstmal sacken lassen muss? Wird sie etwas an ihrem Leben ändern oder wird sie einfach so weitermachen wie bisher?
 

Darauf, diese Szene am Strand schreiben zu können, habe ich schon sehr, sehr lange gewartet. Sie stand schon zu Beginn dieser Geschichte fest und ist einer der Hauptgründe, warum ich Lionel so sehr mag und ihm immer noch eine reelle Chance bei Lena gebe, obwohl Per wirklich auch ein ganz Lieber ist. Ich hoffe, dass ihr mich jetzt versteht und Leo auch ein kleines Bisschen mehr in euer Herz geschlossen habt. Ich habe mir nämlich richtig viel Mühe gegeben diese Szene so zu schildern, wie ich sie schon seit Ewigkeiten vor meinem inneren Auge sehe. Besonders der letzte Abschnitt war mir wichtig, um zu zeigen, dass Leo zwar durchaus auch eigene Interessen hat, grundsätzlich aber vor allen Dingen an Lenas Wohl interessiert ist. Er will sie wärmen und für sie da sein, weiß aber, dass er ihr im Augenblick nicht helfen kann, was ihn traurig macht. War die Szene dadurch letztlich doch zu kitschig/unglaubwürdig oder romantisch? Oder hat sie euch am Ende vielleicht doch sogar ein ganz kleines Bisschen gefallen?

Und wie steht ihr zu Lionels Ansicht über die Liebe? Dass man es sich eben nicht aussuchen kann, in wen man sich verliebt und dass gerade das auch teilweise den Zauber der Liebe ausmacht? Wahrheit oder nur hochtrabende Worte?



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  sunny12
2012-12-17T11:38:14+00:00 17.12.2012 12:38
Und wieder "Hallo" ;)

Es war eine sehr schöne Fortsetzung zum letzten Kapitel. Und ich kann verstehen, dass du dich auf die Szene am Strand gefreut hast. Die war wirklich sehr schön und rührend.
Lionel hat außerdem recht. Die Liebe kann man nicht lenken und sich aussuchen in wen man sich verliebt. Wenn das wirklich ginge, wäre im Leben vermutlich vieles einfacher, da man eine Sorge weniger hat.
Es ist auch okay, dass Lionel ein kleines bisschen auch um seinet willen versucht, Lena wieder aufzutauen. Denn ganz ohne Liebe ist das Leben einfach nicht schön. Und wenn Lena sich später vorstellen kann, es mit Per oder Lionel zu versuchen, wäre das bestimmt eine gute Entscheidung :)

Lena sollte diese Erkenntnis, dass sie jahrelang auf den falschen gewartet hat, aber erstmal ein paar Tage in Ruhe verarbeiten. Das wäre vielleicht besser. Aber mal sehen, was du daraus machst ;)

Ich freu mich zumindest auf das nächste Kapitel und lass mich überraschen, was du daraus machst :)
LG sunny12


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