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Lost in your eyes

von

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Autoren: SusyCute x desertdevil
 

E-Mail: SusyCute911@hotmail.com

braddyly@freenet.de
 

Teil: 8/?

Titel: Lost in your eyes

Fandom: Fantasy
 

Disclaimer:
 

Warnung: Shounen ai

Rating: PG-16

Pairing: Ascon x Laurin
 


 

Lost in your eyes VIII
 

Von einer Sekunde auf die andere schreckte Ascon plötzlich hoch. Zuerst konnte er sich nicht mehr daran erinnern, was passiert war, doch nach einiger Zeit klärte sich seine Verwirrtheit auf und er fuhr sich stöhnend durch die langen offenen Haare.

Wie es aussah war er tatsächlich eingeschlafen, stellte der Schwarzhaarige verdrossen fest.

Verdammt! Wenn etwas passiert wäre, hätte es schlecht ausgesehen und er hatte Laurin doch versprochen, dass er auf ihn aufpassen würde. Angestrengt rappelte er sich auf und runzelte nachdenklich die Stirn, als er das ganze Grünzeug bemerkte auf dem er gelegen haben musste. Aber er konnte sich nicht entsinnen, sich darauf gelegt zu haben. Und wie war das Unkraut überhaupt in ihren Unterschlupf gekommen?

Laurin war doch nicht etwa...?

Sofort glitt sein Blick suchend umher und als er den Jungen nirgendwo entdeckte, bemächtigte sich seiner eine böse Vorahnung. Dann entdeckte er noch die Stiefel, die einsam und verloren in der einzigen Ecke lagen. Nicht einmal die hatte der Hellhaarige angezogen...

Verflucht! Angespannt ballte Ascon die Hände zu Fäusten, zögerte jedoch nicht länger. Flink griff er nach seinem Hemd und überprüfte noch im Hinausrennen seine Waffen. Dass es inzwischen aufgehört hatte zu regnen, registrierte er gar nicht, zu sehr war er darauf konzentriert Laurins Geruch aufzunehmen und dessen Spur zu verfolgen. Er machte sich schreckliche Sorgen!

Was wenn dem Kleinen etwas passiert war?

Was wenn er zu spät kam?

Energisch schüttelte er den Kopf. Daran durfte er nicht einen Moment denken!

Schnell und rücksichtslos kämpfte er sich durchs Geäst. Immer stärker nahm er Laurins Gegenwart wahr, aber da war auch noch etwas anderes, etwas weitaus bedrohlicher Wirkendes. Mit zusammengebissenen Zähnen beschleunigte er noch einmal seine Schritte, obwohl sich sein gesunder Verstand dagegen sträubte direkt einem Feind in die Arme zu laufen.

Aber da kam der Kleinere schließlich in sein Blickfeld und vergessen waren alle Bedenken.

Ascon drosselte Tempo etwas, lief jedoch trotzdem noch relativ schnell in dessen Richtung.

Seine Nerven waren zum zerreißen gespannt, spürte er die gefährliche Aura dieses fremdartigen Wesens immer deutlicher, ja beinahe körperlich. Alarmiert spannte er seine Muskeln, bereit jede Sekunde einem Angriff auszuweichen.

Als er den Jungen fast erreicht hatte, hörte er es blitzartig Zischen und sein Herz setzte einen Schlag aus, als eine riesige scherenartige Klinge neben Laurin in den Boden gerammt wurde, den Kleinen nur knapp verfehlte. Nun zögerte Ascon nicht mehr länger, schüttelte die Starre ab, die ihn überfallen hatte und sein Körper schaltete automatisch in den Kampfmodus. Augenblicklich begann sich seine Haut zu verändern, auf seinen Armen bildeten sich schwarze Schuppen und seine Augen glühten rot auf, doch da stürzte er bereits mit gezogener Waffe auf ihren Angreifer zu.

Geschickt lenkte er das Monster von Laurin ab, wich immer wieder den gigantischen Scheren aus, mit denen es ihn zerquetschen wollte. Alles in ihm war aufs höchste angespannt und seine Sinne waren scharf auf seinen Gegner gerichtet, um möglichst jede kleinste Bewegung voraus zu sehen und reagieren zu können.

Auf einem etwas freieren Platz kam er schließlich dazu das Wesen genauer zu mustern.

Es besaß acht behaarte Beine, sodass man meinen könnte es würde sich um eine Spinne handeln, doch dieser Endruck trog. Außerdem passte der weiter aufragende Kopf nicht dazu, wenn man das so nennen konnte. Der ähnelte nämlich eher einer Gottesanbeterin, wobei Ascon angewidert das Gesicht verzog, als er zu den arbeitenden Beißwerkzeugen hinaufblickte. Das gefiel ihm noch weniger als gar nicht.

Erneut wich er einer heftigen Attacke aus, sprang zurück und schaffte es gerade noch rechtzeitig sich seitlich abzurollen, um nicht aufgespießt zu werden.

Allmählich musste er das hier beenden. Entgegen seiner Erwartungen war das Vieh verdammt reaktionsschnell, was es ihm erschwerte überhaupt zu treffen, da seine Angriffe immer abgewehrt wurden. Zudem zeigten die Laser keine Wirkung. Die Panzerung dieses Monsters war einfach zu kompakt, er kam damit nicht durch.

Fluchend umfasste er seine Waffe fester, sodass die Knöchel weiß hervortraten.

Es musste doch einen Schwachpunkt haben, überlegte er fieberhaft, während er einem weiteren Scherengriff auswich. In derselben Sekunde erkannte er jedoch, dass das Vieh ihn reingelegt hatte und sah nur noch wie die andere Schere auf ihn zuraste, er gegen einen Baum geschleudert wurde.

Das nächste was er spürte, waren unendliche Schmerzen in der Seite, die ihm fast die Besinnung raubten. Verbissen kniff er die Lider zusammen und rappelte sich auf. Dabei spürte er, dass sein bereits vorher schon verletzter Arm ebenfalls ganz schön was abbekommen hatte.

Sein Atem ging schnell und unregelmäßig, doch er gestattete sich nicht seine Konzentration sinken zu lassen. Er musste einen kühlen Kopf bewahren, wenn er sie beide hier raus bringen wollte.
 

Der Kleine hatte das schreckliche Vieh bemerkt und es mit aufgerissenen Augen im schwachen Licht gemustert. Er zitterte vor Angst, und als er eine der schweren Scheren auf sich zukommen sah, kniff er die Augen zusammen und dachte schon, sein letztes Stündlein hatte geschlagen, als er auf einmal einen ihm so bekannten Geruch wahrnahm. Allerdings zuckte er zusammen und schrie panisch auf, als das Vieh ihn nur knapp verfehlte.

In diesem Moment erblickte er Ascon, allerdings erkannte er ihn erst auf den zweiten Blick. Der Mann sah so anders aus, irgendwie machte er ihm Angst! Die roten Augen und die eigenartige Haut... War das diese komische zweite Persönlichkeit, von der der Dunkelhaarige mal gesprochen hatte? Aber er hatte keine Zeit mehr, weiter darüber nachzudenken, als das Vieh begann, den Mann anzugreifen!

Laurin war wie erstarrt und konnte sich nicht rühren. Aber die Tränen perlten unaufhörlich von seinen Wangen als er mit ansehen musste, wie der andere verletzt wurde. Leise wimmernd rollte er sich zusammen und zitterte. Was würde das Ganze für ein Ende nehmen? Ascon war zwar nun bei ihm, aus welchen Gründen auch immer, aber was nutzte das, wenn dieses ekelhafte Vieh sie beide verletzte? Sie hatten doch überhaupt keine Chance!

Er versuchte in dieser Situation etwas zu finden, was dem Mann vielleicht helfen konnte, irgendetwas, das dieses Vieh vielleicht abschreckte... Er beobachtete es, auch wenn er schreckliche Angst hatte und bemerkte, dass die Augen von ihm ziemlich klein waren. War es lichtempfindlich?

Laurin zitterte als er sich schwerfällig aufrichtete und hoffte, dass das Vieh ihn noch nicht bemerkte. Er wischte sich die Tränen weg und schloss die Augen, dann konzentrierte er sich darauf, seine Haare so hell wie nur möglich leuchten zu lassen und trat einen Schritt vor. Bei dem hellen Leuchten musste sogar Ascon die Augen zusammenkneifen, und die hellen Blümchen, in denen der Junge stand, taten ihr übriges.

Im Moment war das Vieh abgelenkt und wich sogar zurück, als der Kleine erneut einen Schritt tat und ihn mit dem hellen Licht zurück drängte. Aber wie lange das anhalten würde wusste er nicht.
 

Ascons Überraschung hielt nur kurz an. Zuerst wollte er den Jungen anbrüllen, ob er verrückt und lebensmüde war, doch sowie er mitbekam, dass Laurin wahrscheinlich einen Schwachpunkt bei dem Ungetüm entdeckt hatte, handelte er, solange es abgelenkt und durch das plötzliche Licht anscheinend geblendet war.

Agil pirschte er sich an ihren Angreifer heran und brachte sich mit einer geschickten Rollbewegung unter seinen Gegner. Von außen war er bisher nicht gegen das Vieh angekommen, aber er konnte sich noch schwach daran erinnern, dass Insekten meistens nur äußerlich gepanzert waren. In gewissem Sinne gehörte dieses Lebewesen auch dazu und er hoffte, dass er es wenigstens soweit außer Gefecht setzen konnte, dass sie genug Zeit hatten hier weg zu kommen.

Unter dem spinnenartigen Leib kam er auf dem Rücken zu liegen, richtete die Laserwaffe auf den Punkt, wo er die Körpermitte vermutete und drückte ab. Sofort schoss ihm ein Schwall grüner Schleim entgegen, dem er selbst wenn er gewollt hätte nicht entkommen konnte.

Ohrenbetäubend schrie das Monster auf und Ascon schaffte es gerade noch rechtzeitig sich wieder unter diesem hervor zu manövrieren. Kraftvoll stieß er sich an einem der Spinnenbeine, welches ihm noch zusätzlichen Schwung verlieh, bevor das aggressive Vieh in sich zusammen brach. Eine Weile blieb er noch in seiner Position, um sicherzugehen, dass das Monster nicht nur simulierte und sie nachher noch mal angriff. Aber dem war nicht so. Keine Regung ging mehr von dem Wesen aus, weshalb Ascon schließlich aufstand und sich den Schleim angeekelt aus dem Gesicht und von den Armen wischte. Es brachte jedoch nicht viel.

Gotteslästerlich fluchte er. Na toll!

Jetzt konnte er sein Hemd endgültig wegschmeißen! Es war nicht nur zerrissen, sondern auch total eingesaut. Unmöglich das wieder sauber zu bekommen. Missmutig verzog er das Gesicht. Auf jeden Fall musste er sich erst mal waschen. Er wollte sich gar nicht vorstellen was für ein Gefühl es war, wenn der Sabber erst mal trocknete.

Dann schob er diese Gedanken jedoch bei Seite und schaute sich nach Laurin um. Der Junge hatte ihm mit seinem Einsatz unsagbar geholfen. Allerdings war es auch Laurins Schuld, dass sie überhaupt in so eine Situation geraten waren, weshalb nun leichter Ärger von Ascon Besitz ergriff. Sie hätten Beide drauf gehen können!

Und er hatte dem Kleinen ausdrücklich gesagt, dass es zu gefährlich war auf eigene Faust loszuziehen.

Warum hatte er sich also nicht an seine Warnung gehalten?

Sogar seine Schritte waren von unterschwelligem Ärger begleitet, als er zu dem Jungen ging, der weinend auf dem Waldboden zusammen gesunken war. Ascon wusste nicht wie er reagieren sollte und dachte nach, während er sich zu ihm herunter beugte.

Laurin anzuschnauzen brachte es nicht. Der Junge war so schon verängstigt genug. Prüfend blickte er in das zerkratzte Gesicht und registrierte die kleinen Blutrinnsale auf den hellen Wangen, die von den Schnitten herrührten. Nicht gut ... gar nicht gut, dachte der Schwarzhaarige sofort.

Er musste höllisch aufpassen, dass er ja nicht damit in Berührung kam. Sonst passierte ein weitaus schlimmeres Unglück!

Deswegen näherte er sich dem Kleinen auch nicht weiter sondern sagte nur: »Komm, lass uns zurück gehen.« Dann erhob er sich und drehte sich um, wartete bis er sicher war, dass Laurin sich erhoben hatte und lief schließlich in einem angenehmen Tempo zurück zu ihrem Lager.
 

Laurin war zitternd auf den Waldboden gesunken. Er war vollkommen erschöpft, weil er sehr viel Energie benötigt hatte und stellte erleichtert fest, dass dieses abartige Vieh endlich tot war. Er blickte zu Ascon auf und sah ihn unsicher an, weil er noch immer so komisch und fremd aussah...

Aber er hörte auf die Worte, nickte und richtete sich zitternd auf. Er war noch ein wenig unsicher auf den Beinen, aber da er ja selbst an dem Schlamassel Schuld war, wollte er den Dunkelhaarigen nicht noch weiter belasten, also lief er ihm langsam hinterher. Dadurch, dass er sich auf seine nackten Füße verlassen konnte, stolperte er auch nicht, war nur erschöpft, was man daran sehen konnte, dass er schwerer Atem holte. Er brauchte unbedingt etwas, womit er das Blut stillen konnte, seine Kleidung war schon ganz silbrig. Laurin wusste, dass er verbluten konnte, wenn er nichts tat, denn darauf reagierte sein Körper sehr empfindlich. Aus seinem Volk hatten die Leute immer die Kinder gewarnt, sich ja nicht an spitzen Pflanzen zu verletzen, weil es sehr schwer war den Blutfluss zu stoppen. Das war nur möglich, wenn eine Person, die er mochte, über die Wunde leckte, oder er eine bestimmte Pflanze fand, die es aber nur sehr selten gab.

Er hatte Glück, dass es nicht sehr tiefe Kratzer waren, aber sie würden dennoch nicht alleine aufhören zu bluten.

»A... Ascon...«, sagte er leise und sah ihn unsicher an, wobei er zu ihm aufschloss und neben ihm herlief. An dem ekelhaften Geruch störte er sich nicht, weil es wichtigere Sachen gab.

»Ich... wenn ich keine der Pflanzen finde, die mein Blut stillen kann, dann musst du darüber lecken, damit sich die Wunden schließen... Sonst... kann ich innerhalb von Stunden verbluten, weil sich meine Haut nicht selbst schließen kann...« Er schluckte und hielt den Blick gen Boden gesenkt, wusste nicht, wie der Dunkelhaarige das aufnehmen würde, spürte der Kleine doch schon dessen schlechte Laune.

Gerade kamen sie an einem klaren Flusslauf vorbei, in dem sich der Mann endlich waschen konnte, deshalb hielt Laurin, der noch immer auf eine Antwort wartete, an und nagte nervös an seiner Unterlippe herum, während erneut ein Bluttropfen silbrig glänzend sein Kinn hinab rann und auf seinen Umhang fiel.
 

Bei Laurins Worten durchfuhr ihn ein Ruck und er musste leicht schlucken. Er sollte die Wunden des Kleinen lecken? Allein bei dem Gedanken daran und was passieren konnte, lief es ihm kalt den Rücken hinunter. Aber was blieb ihm eigentlich für eine Wahl, wenn er dem Kleineren nicht beim Sterben zusehen wollte? Unzufrieden knirschte er mit den Zähnen.

»Komm her... «, wies er Laurin schließlich mit einer Handgeste an, während er sich am Wasser niederließ und sich erst einmal notdürftig wusch.

Leicht zitternd glitt Laurin neben ihn, er sah den Jungen jedoch erst nicht an, kämpfte noch mit sich selbst. Dann fasste er einen Entschluss.

»Hör mir genau zu, Laurin«, eindringlich blickte er nun in die großen blauen Augen. »Versprich mir, dass du von jetzt an immer tust, was ich dir sage!«, forderte er und wartete ungeduldig die Antwort ab. Er las in den ausdrucksvollen Iriden des Kleineren, dass dieser nicht ganz verstand, was er damit bezwecken wollte, doch schließlich willigte er ein.

»Sag es!«, befahl Ascon. Er wollte es von Laurin hören.

»I-ich verspreche es...«, sagte der Junge etwas unsicher und veranlasste den Schwarzhaarigen zu einem zufriedenen Seufzen.

»Also gut. Wenn ich es getan habe, dann wirst du unverzüglich zurück in unseren Unterschlupf gehen.« Zur Sicherheit wies er dem Hellhaarigen noch einmal die Richtung. »Achte genau darauf, wann ich zurück komme. Ich denke dein Gehör ist gut genug, dass du mich aus einiger Entfernung erkennen wirst.« Er machte eine kurze Pause und schloss für einen Augenblick die Augen, weil er nicht so recht wusste, wie er Laurin vor sich schützen sollte. Leckte er ihm das Blut von der Wange würde mit Sicherheit seine zweite Persönlichkeit erwachen. Bis jetzt hatte sie noch geschlafen, aber dafür garantieren konnte er nach der folgenden Handlung nicht mehr. Und wenn sein zweites Ich erst einmal erwacht war, war eine Verwandlung bestimmt kaum zu verhindern. Damit stand unweigerliche Laurins Leben auf dem Spiel.

»Wenn du mich so siehst... « Absichtlich ließ Ascon die Schuppen auf seiner Haut erscheinen und hielt ihm einen Arm hin, sodass Laurin es sich genau ansehen konnte. Furchtsam schreckte Laurin ein Stück zurück, fing sich dann aber wieder.

»Dann lauf weg, lauf so schnell du kannst und versteck dich irgendwo. Klettere von mir aus auf einen Baum. Aber versuch einfach weg zu bleiben, verstanden?! Komm mir dann nicht zu nahe!«

Nachdrücklich ließ er seine Augen einmal rot aufglühen, bevor er den Kampfmodus wieder herunterfuhr und sein ursprüngliches Äußeres annahm.
 

Der Kleine war für kurze Zeit verschreckt. Die roten Augen machten ihm mehr Angst, als diese komischen Schuppen auf der Haut, und er war instinktiv zurück gewichen, starrte Ascon aus schreckgeweiteten Augen ängstlich an, bis er sich klar machte, dass ihm der Mann nichts tat. Unsicher leckte er sich über die trockenen Lippen, während erneut ein silbriger Tropfen auf seine Kleidung fiel. Er vertraute dem Dunkelhaarigen, das wusste er, und er machte es sich erneut noch einmal klar. Zwar verstand Laurin nicht, was das alles sollte, aber er spürte, dass es sehr wichtig war, also widersprach er nicht und fragte auch nicht nach, immerhin hing sein Leben davon ab. Wenn er erst einmal zu viel Blut verloren hatte war es aus. Wäre er doch bloß nicht wie ein Verrückter in den Wald gelaufen, er war an diesem ganzen Schlamassel schuld...

Den Blick senkend seufzte er einmal kurz lautlos, dann sah er Ascon mit festem Blick an, in dem keine Angst mehr lag sondern bedingungsloses Vertrauen. Um den Mann zu beruhigen sagte der Kleine leise, den Blick haltend:

»Ich... ich vertraue Euch, Ascon...«

In diesem Moment wirkte er irgendwie älter, als hätte ihn die ganze Situation reifer gemacht und er fügte noch an um zu zeigen, dass er alles verstanden hatte:

»Also... wenn sich meine Wunde geschlossen hat, laufe ich weg zu unserer Höhle und wenn Ihr dann kommt und... und so komisch ausseht, dann... dann klettere ich auf den nächsten Baum, möglichst weit weg, ja?«

Er sah den Dunkelhaarigen aus großen Augen an und rutschte wieder ein Stück heran.

»Müssen... müssen wir uns dann trennen... ist das schlimm?«

Ihm lagen einfach so viele Fragen auf der Zunge, eigentlich hatte er sie nicht stellen wollen, aber es war ihm einfach so heraus gerutscht. Er vertraute Ascon bedingungslos, aber alleine sein wollte er nicht, nicht hier...

Gedankenverloren und auf eine Antwort wartend steckte der Kleine seine Beine in den kühlen, schmalen Flusslauf und schloss die Augen halb, genoss die Frische. Aber er spürte, wie er ganz langsam schwächer wurde, seine Lebensenergie verlor, deswegen raffte er sich schon bald schnell wieder auf und lehnte sich zu dem Mann hinunter, damit dieser besser an seine Verletzung heran kam.

Laurin schloss wider Erwarten nicht die Augen, und zeigte auch keinerlei Angst. Er sah dem Mann vertrauensvoll in die Augen, atmete ganz ruhig und zitterte nicht einmal.
 

In gewisser Weise erleichtert und doch unendlich angespannt, nahm er Laurins Antwort entgegen.

Gut, der Kleine hatte verstanden, was er ihm sagen wollte. Er freute sich auch darüber, dass der Junge ihm vertraute. Das war mehr, als er nach all dem erwarten konnte und doch bedrückte es ihn. Was, wenn sein anderes Ich Laurin fand und verletzte, schlimmstenfalls tötete?

Es war nicht auszuschließen und allein der Gedanke daran verursachte ihm ein schlechtes Gewissen und seine Ungewissheit trieb ihn schier in den Wahnsinn. Nervös strich er sich noch einmal die offenen Haare zurück und merkte dann auch schon den kleineren Körper dicht an seiner Seite. Er spürte, dass Laurins Kräfte langsam nachließen und rang sich dazu durch dem Silberschopf noch einmal liebevoll über den Kopf zu streichen, bevor er auf die letzte Frage antwortete.

»Vorerst müssen wir uns trennen. Solange ich für dich fremd aussehe musst du dich von mir fern halten. Aber wenn wieder alles in Ordnung ist, dann werde ich dich schon finden, versprochen!«, versicherte er dem Kleineren.

Er hoffte nur, dass sein zweites Ich Laurin nicht zuerst fand...

Nachdrücklich sah er dem Kleineren noch einmal in die Augen. Dieser erwiderte seinen Blick unerschrocken und der Schwarzhaarige hielt ihn eine ganze Weile fest, sodass Laurin auch den Ernst der Lage vollständig begriff. Erst als er sich sicher war, überwand Ascon zögerlich den Abstand zwischen ihnen und begann vorsichtig über die tiefen Kratzer in dem zarten Gesicht zu lecken. Bedächtig glitt seine Zunge über jede kleine Verletzung die er entdeckte und er fasste dabei zärtlich unter Laurins Kinn, um es sachte anzuheben, damit er auch an die vereinzelten Wunden am Hals heran kam.

Plötzlich ging ein Ruck durch seinen Körper, Hitze durchströmte ihn wellenartig und er hielt in seiner Bewegung inne, biss sich um Beherrschung ringend auf die Lippen. Er hatte es gewusst! Seine zweite Persönlichkeit erwachte.

»Zeig mir deine Arme«, befahl er gepresst, wobei er versuchte durch pure Willenskraft, den Wandlungsprozess hinaus zu zögern.

Fahrig griff er nach dem schmalen Handgelenk, streckte Laurins Arm, sodass er alle Kratzer auf einen Blick erkennen konnte und leckte schnell und nicht mehr annähernd so sanft wie am Anfang darüber.

Das gleiche wiederholte er bei dem anderen Arm und es fiel ihm immer schwerer die Kontrolle zu behalten. Sein Rücken brannte bereits wie Feuer und er unterdrückte nur unter äußerster Anstrengung ein schmerzvolles Stöhnen. Die Konturen der Umgebung begannen langsam zu verschwimmen und schwarze Punkte tanzten vor seinem inneren Auge.

Grob schubste er Laurin schließlich von sich und brachte schwer atmend ein angespanntes »LAUF!« hervor. Er hatte nicht gedacht, dass es so schnell gehen würde, doch er spürte auch, dass er es nicht mehr lange zurückhalten konnte. Schuppen bildeten sich bereits auf seiner Haut und es war nur noch eine Frage von wenigen Minuten, bis er vollkommen die Kontrolle verlor und seinem zweiten Ich überlassen musste.

Laurins Blut hatte eine viel stärkere Wirkung auf ihn, als dessen Speichel oder seine Berührungen. Deswegen verlief die Verwandlung so schnell... zu schnell!

Gepeinigt von unsagbaren Schmerzen, krallte Ascon seine Hände in den feuchten Grasboden und krümmte qualvoll den Rücken.
 

Laurin spürte, wie Ascon mit sich rang und verstand das nicht so ganz, aber er fragte nicht nach. Er vertraute dem Dunkelhaarigen und erwiderte deshalb auch dessen Blick ruhig. Er seufzte wohlig, als der Mann ihm sanft über die Haare strich und schmiegte sich an ihn, die Situation beinahe ganz vergessend. Für Streicheleinheiten war immer Zeit, er liebte Streicheleinheiten über alles, war vollkommen verschmust, wenn der andere das zuließ, doch bisher hatten sich noch nicht viele Situationen ergeben… Schade eigentlich…

Der Hellhaarige wurde aus seinen Gedanken gerissen, als er die Stimme von Ascon hörte und lauschte auf die Worte, leise seufzend.

Er mochte ihn nicht alleine lassen, hier im Wald… Was, wenn ihm doch irgendetwas passierte und noch so ein Vieh kam? Der Kleine nagte an seiner Unterlippe herum und nickte schließlich. Merkte sich, erst wieder zu dem Anderen zu gehen, wenn er „normal“ aussah, auch wenn er ein wenig Angst hatte. Aber die Worte machten ihm auch Hoffnung, also atmete er noch einmal tief durch und nickte schließlich. Er hoffte wirklich, dass sie sich wieder fanden und er selbst sich nicht irgendwo verlief… Nachher fanden sie sich in der riesigen Wildnis hier nicht wieder!

Automatisch schloss er die Augen, als der Mann ihn näher zu sich heran zog und zärtlich begann, über die Verletzungen zu lecken. Seine Lippen waren leicht geöffnet und sein Atem beschleunigte sich. Er spürte, wie sich die Wunden sofort verschlossen und nichts als zarte, unberührte Haut hinterließen.

Doch der kurze Moment der Idylle wurde unterbrochen, als ein Ruck durch den Körper des anderen ging. Entsetzt sah Laurin auf, er spürte die Schmerzen, die der andere auf einmal erleiden musste, fast körperlich und wimmerte leise.

Verwirrt streckte er seine dünnen Arme vor, als der Dunkelhaarige das verlangte und bemerkte erst jetzt, dass er auch dort blutete. Das hatte er ja gar nicht mitbekommen! Die Augen zusammen kneifend ließ er die nun ruppigen Berührungen über sich ergehen und war vor Angst wie gelähmt, weil er spüren konnte, was in Ascon vorging.

Er schrie erschrocken auf, als der Mann ihn von sich stieß, doch dadurch verlor sich seine Starre und er rappelte sich zitternd auf, den anderen ängstlich anstarrend. Konnte er ihn hier alleine lassen? In diesem Zustand? Er war versucht zu bleiben, doch da erinnerte er sich an das Versprechen, dass er dem Dunkelhaarigen gegeben hatte. Zur Höhle laufen, und wenn Ascon noch immer so komisch aussah fliehen…

Laurin zuckte zusammen und wurde aus seinen Gedanken gerissen, als er den Schrei des anderen hörte, dass er laufen sollte. Er stolperte, als er sich hektisch umdrehte, fiel jedoch nicht, sondern schwankte ein wenig, dann hatte er das Gleichgewicht wieder gefunden und lief so schnell er konnte. Dabei blieb er am Bachlauf, wo keine Äste waren, die ihn verletzen konnten, und als das Wasser flach wurde, rannte er hindurch zur anderen Seite, bis er wieder auf Waldboden lief. So schnell war er noch nie gerannt. Seine Haare leuchteten nur noch schwach und er atmete schnell und unregelmäßig. Zum Glück verletzte er sich nicht noch einmal, sondern lief so schnell er konnte zu der Höhle zurück.

Schwer atmend kam er an der Höhle an, schlich sich um das nur noch schwach brennende Feuer herum und ließ sich auf das weiche Moos sinken. Aber dann sprang er wieder auf und legte Holz nach. Falls Ascon kam, war ihm bestimmt kalt… Er brauchte einige Zeit, um sich zu überwinden, dann griff er das trockene Holz und schmiss es auf den Haufen. Die Luft war ganz schön heiß da, aber er hielt es aus, und als es wieder höher brannte, verzog er sich zurück auf das Moos, das noch nach Ascon duftete…

Leise schniefte er und kleine Tränen kullerten von seinen Wangen hinunter und perlten und hüpften glänzend über den Boden. Es war alles seine Schuld, er war schuld, dass der Mann Schmerzen hatte…!

Allerdings lauschte er genau auf die Geräusche um sich herum, bereit, sofort aufzuspringen, sollte er etwas hören.
 

Sein Rücken brannte wie ein ganzes Inferno und er glaubte ohnmächtig zu werden. Verbissen wehrte er sich dagegen, kämpfte gegen die bestialischen Schmerzen an. Wenn er jetzt schon aufgab, hatte Laurin wahrscheinlich gar keine Chance. Zumindest ein bisschen durchhalten musste er noch, bevor er seiner anderen Persönlichkeit die Gewalt überließ.

In seinem Kopf herrschte Chaos und Ascon wusste wenig später nicht mehr, was er tun sollte. Je mehr er sich gegen die Verwandlung wehrte, desto heftiger versuchte Kiron, sein zweites Ich, die Kontrolle zu übernehmen und umso brutaler wurden auch die Schmerzen.

Schweißgebadet kniete er im Gras und hatte seinen Oberkörper mit den Armen umschlungen, während sein innerer Kampf auch auf seiner Haut sichtbar wurde. Immer wieder wechselten sich schwarze Schuppen und glatte dunkle Haut ab. Ascon keuchte, ihm lief vor Anstrengung der Schweiß die Kinnlinie entlang und tropfte in Gras, wovon er jedoch nichts mitbekam. Alles woran er denken konnte war, die Kontrolle zu behalten auch wenn er wusste, dass er niemals gewinnen konnte.

Wenig später erschlaffte sein Körper und er fiel auf den weichen begrünten Boden.
 

***
 

In den letzten Tagen war Tarêk recht zufrieden mit dem was sie geschafft hatten. Auf der virtuellen Karte des Planeten vor der er wieder einmal stand, um die Informationen aus zu werten, befanden sich nun bereits drei weitere Stellen, an denen Lebewesen entdeckt worden waren. So langsam bekam er einen Überblick über die Besiedlung des Landes und in nicht allzu ferner Zeit sollte es dann möglich sein mit den momentan noch Unbekannten Kontakt auf zu nehmen. Wie schon zuvor speicherte er die neu gewonnen Informationen im Archiv ab und streckte sich dann sorgenfrei. Bisher lief alles gut und deswegen würde er jetzt rausgehen und sich ein wenig entspannen.

Doch sowie er das Schiff verließ, beschlich den Braunhaarigen wieder dieses seltsame Gefühl. Es war stärker und eindeutiger geworden, sodass er es nicht mehr auf irgendeine Einbildung schieben konnte. Seine Instinkte suggerierten ihm, dass er beobachtet wurde und allmählich war er auch davon überzeugt. Fragte sich nur WER es auf ihn abgesehen hatten und WARUM? Anscheinend war das aber nur bei ihm so, denn als er seine Männer heute früh geschickt nach dieser Sache gefragt hatte, hatten alle nur mit dem Kopf geschüttelt.

Tja... Das verunsicherte ihn etwas und darüber ärgerte er sich. Doch er war fest entschlossen heraus zu finden, was es mit diesem Gefühl auf sich hatte. Außerdem war er sich sicher, dass es nicht nur Einbildung war, weil er an chronischem Haarbandmangel zu leiden schien. Und das immer nur wenn er in dem kleinen versteckten Teich baden war.

Deswegen fasste er einen Entschluss. Irgendwie würde er den Übeltäter schon ausfindig machen und er hatte auch schon eine Idee wie er das anstellen würde. Zielstrebig trat er von der Wiese in den Wald und schritt auf dem schmalen Pfad zu der Lichtung der Galadhrim, wo sich einige seiner Männer befanden und zwischen den Bäumen herum lungerten. Die Mittagshitze war unerträglich, weshalb er die Arbeiten hatte einstellen und die Leute in ihre Baumhäuser zurückkehren lassen. Er war nicht der Typ, der sich an anderer Leute Leid erfreute und außerdem handelte er auch in Ascons Sinne, der ebenfalls Rücksicht genommen hätte. Sie waren zwar eine kriegerische Rasse, dennoch aber auf das Wohl ihrer Untertanen bedacht. Denn Untergebene die sich geachtet und gut behandelt fühlten, zettelten keine Aufstände an und so hatten beide Seiten ihre Ruhe.

Da alles in Ordnung zu sein schien, strebte er tiefer in den Wald und erreichte auch schon bald seinen Lieblungsplatz. Sofort entspannte er sich etwas, bei dem wunderschönen Anblick. Das Wasser glitzerte wie tausend Diamanten und das tiefe Blau war einfach nur atemberaubend. Die satte grüne Umgebung, verlieh dem ganzen etwas urtümliches und gleichzeitig märchenhaftes, sodass er sich sofort von dem Bild gefangen fühlte. Nach einer Weile des Betrachtens löste er sich jedoch davon und setzte sich unter den nahe stehenden Baum.

Mit Absicht ging er nicht Baden, so wie er es sonst immer tat. Bevor er sich an die erstaunlich weiche Rinde lehnte, öffnete er seine Haare, sodass sie ihm locker über die Schultern fielen und behielt das Band in der Hand, wo es leicht vom Wind bewegt wurde. Dann schloss er die Augen und tat so als würde er schlafen wollen. Tatsächlich aber waren seine Sinne rasiermesserscharf und er nahm jedes noch so kleine Geräusch überdeutlich wahr. Äußerlich total entspannt wartete er also ab, was passieren würde...
 

Amien kicherte vor sich hin. Er saß in seinem Lieblingsbaum am See und war natürlich nicht zu sehen, so gut getarnt war er. Der Kleine hatte seinen Ärmel zurück geschoben und betrachtete die vier Lederbänder, die er schon darum geschlungen hatte. Und er konnte genau die Ereignisse aufzählen, mit denen sie verknüpft waren. Glücklich lächelte er und betrachtete sie noch eine ganze Weile, dann jedoch ließ er den langen, dünnen Ärmel wieder drüber fallen und schloss die Augen halb.

Er fühlte sich wohl, niemand hatte ihn gesehen und seinen Eltern schien es auch gut zu gehen. Und er konnte ungehindert diesen gutaussehenden Mann beobachten, den er in letzter Zeit häufiger zu Gesicht bekam, was ihn sehr freute. Und es ergab sich oft eine Gelegenheit, wo er eines dieser faszinierenden Lederbänder unbemerkt an sich nehmen konnte. Er wusste selbst nicht weshalb, aber irgendwie fand er es lustig, dass der andere das noch nicht mitbekommen und immer wieder ein Neues dabei hatte. War das nicht eigentlich unlogisch? Naja, es interessierte ihn nicht wirklich, solange er neue Erinnerungsstücke bekam, die so schön waren!

Er lächelte erneut und lehnte sich in die Baumkrone die so schön bequem war. Leicht gähnte er. Irgendwie war er ein wenig schläfrig, doch er wurde sofort wieder hellwach, als er Schritte hörte. Wer kam denn da? Aber die Schritte erkannte er sofort und ein freudiges Lächeln umspielte seine fein geschwungenen Lippen. Er kam wieder, bestimmt zum Baden, das traf sich gut! Er grinste und lehnte sich etwas vor, beobachtete ihn genau und musterte ihn von oben bis unten. Hach... so einen schönen, dunklen und durchtrainierten Körper hätte er auch gerne, aber leider war ihm das nicht vergönnt... Naja, musste er sich mit Anschauen zufrieden geben...

Erstaunt nahm Amien wahr, dass der Mann diesmal gar nicht baden ging, sondern sich genau an den Stamm seines Baumes lehnte, auf dem er gerade hockte. Lautlos kletterte der Kleine einige Zweige hinab, um sehen zu können, was der andere tat, ohne aber von unten selbst gesehen zu werden.

Das war ja eigenartig, er schien sich ausruhen zu wollen, das hatte er doch noch nie gemacht, das war unlogisch und roch geradezu nach einer Falle. Aber das Bändchen bewegte sich so verlockend im Wind! Und wenn er es hatte, dann hatte er einen ganz besonderen Augenblick gefangen! Wenn er es doch nur unbemerkt bekommen könnte! Aber wie sollte das gehen? Die Äste des Baumes reichten zwar tief, aber so tief nun auch wieder nicht! Nun, er könnte sich an den letzten Ast hängen und nach unten baumeln lassen, um es zu kriegen, aber wer garantierte denn, dass der Mann nicht zum Baum aufsah? Es sei denn, er schlief tief und fest...

Nachdenklich nagte der Kleine an seiner Lippe herum. Aber er war so gefangen in dem Gedanken, dieses Band mit dem Andenken endlich zu haben, dass er darüber keinen weiteren Gedanken mehr verschwendete. Er musste es haben, um jeden Preis!!!

Lautlos sprang er die Äste hinab, leichtfüßig und ohne die Balance zu verlieren. Als er am untersten Ast angekommen war, erschauderte er und hielt inne. Er war dem Mann näher als er je gewesen war und das ließ ihn den Moment inne halten. Er schloss die Augen und lächelte beseelt, doch dann erinnerte er sich wieder an das Ziel seiner Mission und er setzte sich auf den letzten Ast und ließ sich langsam kopfüber hinunter, so dass er sich mit den Beinen bequem an dem Ast festhalten konnte.

Lautlos atmete er und betrachtete das Gesicht, das so nahe war, schluckte und lächelte. Doch dann sah er das Band und er grinste, streckte eine zarte Hand danach aus und begann gaaaaanz langsam daran zu ziehen, aber nur in Abstand der Windstöße, die das Bändchen bewegten, damit es nicht auffiel. Und nach schier endloser Zeit hatte er es tatsächlich in den Händen, strahlte vor Glück und band es sich sofort leise um das Handgelenk, schob seinen Ärmel dann wieder bedeckend darüber und hielt inne. Verdammt, er hatte nicht darüber nachgedacht, WIE er da wieder RAUF kommen sollte!!! Panisch beugte er sich hoch und schaffte es, den Ast mit einer Hand zu umfassen. Jetzt musste er es nur noch ein Stückchen höher schaffen! Hoffentlich schlief der andere tief und fest, denn das ganze war eine ziemlich wacklige Angelegenheit!
 

Der leichte Wind umspielte ihn, streichelte seine Haut und ab und zu streifte eine Haarsträhne sein Gesicht. Das Band hielt er relativ locker und zuerst bemerkte er nicht wie es sich langsam bewegte. So angestrengt er auch lauschte, er hörte einfach nichts Auffälliges und fragte sich innerlich seufzend, ob das nicht doch ein wenig zu offensichtlich für diesen Dieb war.

Immerhin waren solche Leute gerissen und würden sich nicht von so etwas hinreißen lassen. Doch dann spürte er ganz plötzlich einen etwas stärkeren Zug an dem Band, spannte sich an und war schon versucht die Augen aufzuschlagen, doch entschied sich im letzten Moment anders und überlegte von wo der Dieb kommen mochte.

Schritte hatte er keine gehört, also befand er sich sicherlich nicht auf dem Boden. Blieb also nur noch der Baum... Sowie er diesen Gedanken gefasst hatte, nahm er einen geringfügig veränderten Geruch in der Luft war, der seine Nase lieblich umspielte. Davon abgelenkt merkte er nicht, wie das Band seine Finger verließ. Erst als der Duft verschwand registrierte er, dass er sich schon wieder erfolgreich hatte bestehlen lassen und schlug nun doch die Augen auf, richtete sein Augenmerk sofort nach oben wo er seinen Widersacher vermutete... und tatsächlich!!

An dem Ast über ihm hing ein Junge.

Auf den ersten Blick erkannte er, dass es einer der Galadhrim war und ganz automatisch schlug er kraftvoll mit seinem Arm gegen die Baum. Die Erschütterung sorgte dafür, dass der Kleinere erschrocken aufschrie, weil er den Halt verlor und er plumpste ungebremst in Tarêks Schoß, da sich dieser noch nicht aufgerichtet hatte.

Mit zusammengezogenen Augenbrauen starrte er den Kleineren ärgerlich an, der sich verschreckt in sein Hemd gekrallt hatte und nun leicht ängstlich mit geweiteten grauen Augen zu ihm aufsah. Eine Weile starrte er einfach nur zurück, ließ seinen Blick dann wandern und entdeckte auf Grund des hoch gerutschten hellen Ärmels an dem Arm des Jungen seine ganzen verschollenen Haarbänder. Daraufhin sah er ihm mit noch größerem Ärger wieder in die Augen.

»Du hast mich also wirklich beklaut, du kleiner Unhold!«, stellt er gepresst fest und meinte es gar nicht so böse wie er sich anhörte. Als ihm nämlich allmählich klar wurde, dass das auch der Junge sein musste, der ihn die ganze Zeit beobachtet hatte, ohne dass er ihn dabei zu Gesicht bekommen hatte, wich seine Verärgerung über den Diebstahl seiner Sachen leichter Belustigung. Doch das zeigte er nach außen hin nicht, sondern behielt seinen strengen Ausdruck bei.
 

Amien wollte gerade erleichtert aufseufzen, weil er es fast zurück auf den Ast geschafft hatte, der Sicherheit und Schutz für ihn bedeutete, als er auf einmal ein Geräusch hörte und der Baum anfing zu wackeln. Erschrocken schrie er auf und konnte nicht verhindern, dass er nach unten plumpste, weil er sich nirgendwo mehr festhalten konnte.

Doch er fiel entgegen seinen Erwartungen gar nicht hart, sondern ziemlich weich und sofort umfing ihn ein stark männlicher Duft, der ihm fast die Sinne raubte. Ein wenig benebelt davon hatte sich der Kleine an das Hemd des anderen geklammert, doch als er es merkte, zog er die Hände scheu zurück, rollte sich zu einer Kugel zusammen und sah ängstlich zu ihm auf. Verdammt, ihn hatte noch nie jemand erwischt, wieso gerade er?! Das war ja megapeinlich!!!

Sein Herz klopfte total schnell und eine gewisse Röte zeigte sich auf seinem Gesicht, die er eigentlich noch nie gehabt hatte, aber jetzt war sie da. Er war dem anderen so nah, berührte ihn, was einen Schauer durch seinen Körper jagte und seinen Atem schneller gehen ließ. Er stellte fest, dass er sich wohl fühlte, und dann noch diese männliche, tiefe Stimme, einfach herrlich...

Seine Angst wich der Bewunderung und Neugierde, und der Sinn der Worte des Mannes drang erst ziemlich spät zu ihm durch. Amien folgte dem Blick des anderen und errötete tief, als die fünf Lederbänder offensichtlich zu sehen waren. Er zog seinen Arm zurück, sah ihn trotzig an und legte anschließend den Kopf schief. Er verstand das Wort „Unhold“ nicht, das der Andere gesagt hatte, aber es musste irgend etwas Schlimmes bedeuten. Dabei hatte er überhaupt nichts Schlimmes gemacht, das sah er ja überhaupt nicht ein.

Außerdem, wieso sah ihn der andere so streng an?! Er hatte überhaupt nichts getan!

Mit festem Blick richtete er sich auf und meinte mit heller, ruhiger Stimme:

»Ich weiß überhaupt nicht, was Ihr habt, Ihr habt doch offensichtlich genug von den Dingern und ich habe sie aufgehoben, als Andenken.« Ohne den anderen ausreden zu lassen, streckte er seinen Arm, hielt ihm die Bänder vor die Nase und zählte erklärend auf: »Bei dem Band hier sah ich Euch zum ersten Mal am See baden, das zweite Band erinnert mich daran, wie Ihr so glücklich und entspannt im Wasser ausgesehen habt, bei dem dritten Band habt Ihr euch so langsam und verträumt ausgezogen, dass ich einfach etwas brauchte, um mich daran erinnern zu können, das vierte Band zeigt an, wo Ihr nach dem Baden noch eine ganze Weile am Ufer geblieben wart und die Natur genossen habt und das Band hier, das letzte«, meinte er grinsend, »erinnert mich an die Szene, wo ihr schlafend an meinem Baum gelehnt habt...« Er stockte kurz. »Naja... geschlafen habt Ihr wahrscheinlich sicherlich nicht... aber es sah so aus!«, rechtfertigte er sich und lächelte, strahlte den Mann an, wobei seine dunklen, grauen Augen glänzten.

Also er zumindest fand es toll, so viele schöne Erinnerungsstücke zu haben, und er würde sie nicht mehr her geben, so viel stand fest. Entschlossen sah er dem anderen in die dunklen Augen und versank ein Stück darin. Er hatte große Lust, den Mann jetzt zu küssen, aber Amien wusste, was das für weitreichende Folgen haben konnte, deshalb ließ er es lieber bleiben, nicht wenn der Mann nicht aufgeklärt wurde darüber. Aber angetan hatte es ihm dieser, und das sah man ganz deutlich, weil er auch nicht versuchte, es zu verbergen, so glücklich war er, und dieses Glück wollte er mit anderen teilen. Deshalb war der Schreck auch ganz schnell wieder vergessen, der Kleine liebte neue Situationen und kam sehr gut mit ihnen zurecht.
 

Tarêk überraschte die Frechheit des Kleinen außerordentlich. So etwas war ihm ja noch nie untergekommen. Schon gar nicht bei den Galadhrim, die, seitdem er sie kannte allesamt sehr ruhiges und zurückhaltendes Verhalten an den Tag legten und noch keine anderen Gemütszustände gezeigt hatten. Umso verwunderter reagierte er auf diesen Sonderling, wie er ihn erst mal bezeichnete, da er dessen Namen nicht kannte.

»Als Andenken also... «, wiederholte er ruhig, als der Kleine ihm aufgeweckt und frech seinen Arm präsentierte, um den er all die Lederbänder gewickelt hatte.

Missmutig knirschte Tarêk dann mit den Zähnen.

»Sicher hab ich noch ein paar davon, aber das gibt dir noch lange nicht das Recht mich, oder jemand anderes zu bestehlen! Sowas tut man nicht!!«, belehrte er den Jungen streng und wurde sich jetzt erst richtig bewusst, dass der kleine Frechdachs auf seinem Schoß saß. Als der Jüngere dann auch noch aus zu plaudern begann an was für eine Begebenheit ihn das jeweilige Band erinnerte, sog der Braunhaarige scharf die Luft ein.

Der war ja wirklich total dreist! Er selbst war ja nicht unbedingt prüde und hatte kein Problem angestarrt zu werden, aber so wie der Hellhaarige berichtete, hatte er ihn die ganze Zeit über bespannt, wie ein Stalker und das passte dem Mann überhaupt nicht in den Kram.

Allerdings war er sich nicht schlüssig, was er nun tun sollte. Einerseits müsste er den Kleinen für seine Diebstähle bestrafen, aber andererseits milderte das glückliche Strahlen des lieblichen Gesichtes seinen Ärger über das Geschehene etwas ab. Dennoch...

»Tja... Du hast mich bestohlen und alles von mir gesehen...«, begann er langsam zu sprechen und packte den anderen vorsichtig an den Schultern, denn verletzen wollte er ihn keinesfalls. Den Jüngeren von sich herunter hebend, stand er auf und stellte ihn dann nachdrücklich vor sich ab, blickte betont streng in die großen grauen Augen, die neugierig zu ihm aufsahen und immer noch dieses freche Funkeln beherbergten.

»Du bist mir etwas schuldig und deshalb will ich, dass du dich vor mir ausziehst!«, meinte er in unnachgiebigen Tonfall. Damit wollte er den Kleinen bestrafen, sicher würde er es als demütigend empfinden und Tarêk wäre nicht gezwungen andere Maßnahmen zu ergreifen. »Sieh es als ausgleichende Gerechtigkeit! Du hast mich bespitzelt, nackt wohlgemerkt und nun drehen wir das Spielchen einfach um.«

Mit verschränkten Armen lehnte er sich lässig zurück an den Baum, wartete und amüsierte sich über die geröteten Wangen des Kleineren, der ihm entrüstete Blicke zuwarf. »Nun komm schon... «, forderte er den Hellhaarigen abermals auf - diesmal jedoch in leicht gelangweiltem Ton - als dieser nicht reagierte und nur stur seinen Blick erwiderte. »Ich hab es dir doch oft genug vorgemacht und der dünne Fummel, den du momentan anhast, verdeckt ja nun wirklich nicht sehr viel!« Tarêk machte eine kurze Pause und bot dem Jüngeren dann eine Alternative an. »Aber wenn du nicht willst... « Er zuckte gleichgültig mit den Schultern. »Dann kann ich dich zur Strafe auch an einen Baum in die Mittagssonne hängen, damit du in Zukunft vorher überlegst, wen du bestielst.«
 

Amien sah den anderen aus großen Augen an und legte den Kopf schief. Er verstand das nicht, was war denn so schlimm daran, wenn er sich die Bänder genommen hatte, der Mann hatte doch selbst zugegeben, dass er noch genug davon hatte! Außerdem spürte er, dass der andere wütend war und das war gar nicht gut, er mochte ihn doch lieber so entspannt und friedlich wie an dem kleinen See und nicht so aufgebracht. Das stand ihm nicht, da hatte er nur so komische Falten auf der Stirn.

Als der Mann weiter sprach, verzog der Kleine nachdenklich und ein wenig verwirrt das Gesicht. Er wusste nicht, was „stehlen“ bedeutete, in seinem Volk gehörte jedem alles und jeder durfte sich etwas nehmen. So etwas wie private Dinge gab es nicht, sie waren ja ziemlich gleich und hatten nicht viel Unterschiedliches in ihren Häusern oder an Kleidungen. Aber offenbar ging es darum, dass er die Bänder genommen hatte, soweit kam er ja noch mit, und dass er den anderen angesehen hatte. Aber was war denn daran so schlimm? Manchmal lief sein Volk nackt rum, und zwar wenn die Nebelzeit kam, wenn sie denn mal kam, dann war es nämlich den ganzen Tag grau und schön kühl und das Feuchte in der Luft haftete so schön an der Haut, was sich richtig gut anfühlte. Da sah auch jeder von jedem Etwas, was war denn daran das Problem?? Nachdenklich kaute der Kleine auf seiner Unterlippe herum und versuchte, zu verstehen und einzuordnen, was der andere da von sich gab, aber so ganz nachvollziehen konnte der Kleine das nicht.

Amien sah auf, als der andere ihn von dem bequemen Schoß hob und murrte kurz, ließ sich eher widerwillig hinstellen und legte den Kopf schief, fragte sich, was das nun schon wieder sollte. Zum Glück war der Baum sehr groß und dessen Schatten demzufolge auch, so dass er keine Angst vor den Sonnenstrahlen haben musste. Angst hatte er davor ja eigentlich nicht, er war durch seine vielen Erkundungstouren schon abgehärtet und eine halbe Stunde in der Sonne zu stehen machte ihm nicht viel aus, erst danach war es ratsamer, sich in den Schatten zurück zu ziehen weil seine empfindsame Haut das dann doch nicht mehr so richtig mit machte. Das lag wohl an seiner Rasse und es ärgerte ihn, weil er sonst viel besser auf Pirsch gehen konnte, ohne immer gleich im Schatten bleiben zu müssen, aber ändern konnte er daran ja leider nichts...

Die Worte des Mannes drangen erst verspätet durch seine Gedanken hindurch in sein Bewusstsein und er stellte fest, dass er den anderen die gesamte Zeit lang angesehen hatte. Naja war ja auch kein Wunder, es gefiel ihm, was er sah, und so aus der Nähe betrachtet war er noch faszinierter von der dunklen, schimmernden Haut des anderen und den längeren, weichen Haaren...

Als er den Sinn endlich verstand, warf er dem anderen einen entrüsteten Blick zu und kam nicht umhin, dass sich seine Wangen leicht röteten. Verdammt, war das peinlich!! Er hatte nichts zu verbergen und es störte ihn nicht, nackt vor anderen zu sein, aber sich gerade vor IHM nackt zu präsentieren war nun doch etwas anderes, irgendwie fühlte er sein Herz schneller schlagen und der Kleine verstand nicht, wieso er auf einmal so hibbelig und aufgeregt wurde und weshalb er sich dagegen sträubte. Eigentlich freute er sich doch, die Aufmerksamkeit des faszinierenden Mannes zu bekommen und seine Stimme endlich zu hören, davon hatte er doch schon mehrmals geträumt... Trotzdem, der Klang der Stimme des anderen gefiel ihm gar nicht und deswegen zögerte er noch eine ganze Weile und überlegte, wie er sich entscheiden sollte. Das mit dem Baum machte ihm keine Angst. Wenn es einer der Bäume hier war, so kannte er einige Tricks, um davon loszukommen, das machte ihm nicht viele Sorgen, aber das stand auch nicht zur Debatte.

Allein schon wie der andere ihn ansah brachte ihn fast völlig aus dem Konzept und er brauchte eine Weile um sich zu fangen. Dann schnaubte er, zuckte gleichmütig mit den Schultern und begann seine dünne Hose vorne aufzubinden. Er hatte eine Schnur rein gemacht, damit sie ihn beim Klettern nicht behinderte, und er öffnete die Schleife, ließ den weichen Stoff auf den Boden gleiten und trat hinaus. Anschließend streckte er seine Ärmchen und zog sich das Oberteil über den Kopf, blieb erst mit der Frisur drin hängen und brauchte eine Weile, um sich rauszukämpfen, dann hatte er es jedoch geschafft. Er war rot im Gesicht, weil es ihm peinlich war, doch das verflog bald wieder. Er ließ das Oberteil auf den Sachenhaufen fallen und streckte sich kurz. Es fühlte sich befreiend an, nichts mehr auf der Haut zu haben und der Wind kühlte so schön. Er schloss die Augen halb, ließ seine Hände locker auf seinen Hüften liegen und atmete durch die halb geöffneten, feuchten Lippen, während der Wind mit seinen Haarsträhnen spielte, die nicht in der Frisur mit eingebunden waren. Die Bänder hatte er an seinem Arm gelassen, er wollte sie behalten, um jeden Preis und davon würde ihn auch der Mann nicht abhalten.
 

Tarêk war zufrieden. Der Kleine begann nun sich aus zu ziehen und die Röte auf den blassen Wangen zeigte deutlich, dass es dem Hellhaarigen peinlich war und dass er sich schämte. Allerdings verflüchtigte sich dieser Ausdruck mit der Zeit, aber das bemerkte der Dunkelhaarige gar nicht, zu sehr war er von dem nackten, feingliedrigen Körper gefangen. Bewundernd glitt sein Blick über den schmalen Hals und die Brust, die sich durch den leicht beschleunigten Atem relativ schnell hob und senkte. Die kleinen rosèfarbenen Brustwarzen hoben sich deutlich von der hellen, schimmernden Haut ab und Tarêk verspürte auf einmal das Verlangen zu dem Jungen zu gehen und ihn zu berühren.

Als er aber merkte in welche Richtung seine Gedanken abschweiften, rief er sich innerlich zur Ordnung und schüttelte unmerklich den Kopf. Er war unmöglich! Doch er erklärte sich sein plötzliches Begehren einfach damit, dass er schon lange keine Frau mehr gehabt hatte. Sie waren über zwei Monate unterwegs gewesen, bevor ihre Flotte auf diesen Planeten gestoßen war und hier verweilten sie nun auch schon wieder mehrere Wochen. Kein Wunder also, dass er sich bereits von einem nackten Jungen angemacht fühlte.

Nichts desto trotz musterte er den kleinen Dieb weiter, begutachtete den flachen Bauch und schließlich wanderte sein Blick auch zwischen die Beine des Hellhaarigen, der sich ausgiebig vor ihm streckte und die kühle Luft um seinen Körper zu genießen schien. Anscheinend hatte er sich mit der Situation abgefunden und seine Schamhaftigkeit überwunden...

Ungeniert starrte Tarêk weiter auf die Mitte des Jungen und ihm wurde langsam aber sicher heiß. Eine stetig wachsende Wärme breitete sich in ihm aus und er musste schlucken, als der Junge sich auch noch mit der Hand über den Bauch fuhr und sich unschuldig zwischen den seidigen Schenkeln berührte. Sein Herz setzte einen Schlag aus, nur um dann mit doppelter Geschwindigkeit weiter gegen seinen Brustkorb zu pochen und er schloss für einen kurzen Moment die Augen, versuchte sich wieder in den Griff zu bekommen und vor allem seine verrückt spielenden Hormone!

»Zieh dich wieder an... «, befahl er ein wenig später mit belegter Stimme und versuchte den Kleinen nicht mehr allzu neugierig zu mustern, vor allem nicht dessen Mitte.

Deswegen konzentrierte er sich auf das hübsche Gesicht, aus dem ihm fragende Blicke zugeworfen wurden, was bewirkte, dass Tarêk sich unbewusst noch mehr anspannte und seine Muskeln deutlich hervortraten.

Er ärgerte sich, denn mit dieser Aktion hatte er sich eher selber eins ausgewischt, als dem Kleinen eine Lektion zu erteilen, denn der stand immer noch einfach nur da und schien sich recht wohl zu fühlen. Verdammt! Und seine Lederbänder befanden sich immer noch um den Arm des Hellhaarigen gewickelt, wobei die Enden leicht vom Wind umspielt wurden und ihn zu verhöhnen schienen. Wiederbekommen würde er die nicht, da war er sich absolut sicher, aber gefallen tat ihm das nicht.
 

Der Kleine spürte den Blick des Mannes auf sich und grinste innerlich. Er hatte den Ausdruck in den Augen des anderen gesehen und begann, sich unschuldig über den Bauch zu streicheln, bis hin zu seinem unberührten Schoß. Da er noch nicht geschlechtsreif war, was erst durch den ersten leidenschaftlichen Kuss passierte, regte sich bei ihm auch nichts und er streichelte sich unschuldig weiter, fühlte, dass das den anderen anzumachen schien und fand es witzig. Es gefiel ihm, das hätte er nie gedacht!

Als er die Worte hörte, sah er verwirrt auf und blickte den anderen fragend an. Er verstand nicht, weshalb er sich jetzt auf einmal wieder anziehen sollte, es war doch gerade so schön gewesen!

Er zögerte noch kurz, dann zuckte er mit den schmalen Schultern und bückte sich, um seine Sachen von der Wiese aufzuheben, wobei er dem Mann unbewusst seinen unberührten, rosigen Hintern entgegen streckte. Langsam zog er sich wieder an, dem anderen dabei immer wieder laszive Blicke zuwerfend und grinste innerlich. Er fand es lustig.

Einen Blick zu dem Baum werfend überlegte er kurz, ob er die Chance nutzen und sich verdrücken sollte, doch er entschied sich dagegen. Der Mann kannte ihn schon, außerdem fand er es toll, in dessen Nähe zu sein, von daher blieb er wo er war und sah ihn aufmerksam und abwartend an, als er sich wieder angezogen hatte. Mal sehen, was der andere noch mit ihm vorhatte, da war er ja mal gespannt.

Er liebte neue Situationen und Abenteuer und wollte am liebsten sofort neue Dinge kennen lernen. Aber er riss sich zusammen und wartete mit unschuldigem Gesichtsausdruck ab, was der Mann entscheiden würde.
 

Tarêk verzog grimmig das Gesicht, als Antwort auf die verführerischen Blicke des Jungen. Der Kleine machte sich einen Spaß daraus den Spieß umzudrehen und ihn in Verlegenheit zu bringen. Doch nicht mit ihm! Er hatte schön öfter nackte Männer gesehen und auch wenn sich von denen keiner vor seiner Nase selbst angefasst und ihn dabei SO angesehen hatte, wusste er sich zu beherrschen und setzte eine unbeteiligte, ruhige Miene auf.

Dieser Ausdruck wich jedoch schneller wieder als er gedacht hatte, denn als ihm der süße Hintern des Kleinen entgegen gestreckt wurde, verschluckte er sich fast an seiner eigenen Spucke. Wollte der Hellhaarige ihn zur Weißglut treiben?! Mürrisch knirschte er mit den Zähnen, eine Angewohnheit die er sich von Ascon abgeschaut hatte und drückte so seinen Unmut über die ganze Situation aus.

Doch er konnte den Blick auch nicht von dem anderen Körper abwenden und starrte die ganze Zeit wie gebannt zu dem Jungen, war schon fast ein bisschen enttäuscht, als dieser wieder in seinen Sachen steckte. Dennoch weigerte er sich strickt vor sich zuzugeben, dass er den Kleinen irgendwie anziehend fand und sich durch jede Geste, die der andere ihm schenkte angemacht fühlte. >Der Spinnt doch!<, dachte Tarêk wüst und fuhr sich ruppig durch die offenen Haare, sich daran erinnernd, dass der Bengel ihm schon wieder das Haarband geklaut hatte.

»Was glotzt du so?!«, schnauzte er den Kleinen ungehalten an, der engelsgleich und mit den Händen auf dem Rücken dastand und auf irgendwas zu warten schien, dabei ein unschuldiges Lächeln auf den leicht feuchten rosa Lippen. Das ging ihm ja so was von gegen den Strich!

»Verschwinde bloß!« Mit einer wegwerfenden Handgeste drehte er sich um, denn im Augenblick verspürte er keine Lust sich in dem kühlen Wasser zu entspannen. Schon gar nicht, wenn der Kleine in der Nähe war und nur darauf wartete ihn zu bespannen. Innerlich seufzte er und war sich nicht sicher, wie er sich nun weiter dem anderen gegenüber verhalten sollte? Eigentlich hätte er ihn für diese ganzen Frechheiten härter bestrafen müssen, aber da er nicht besonders auf Quälereien stand, hatte er von den Optionen auspeitschen und in die Sonne hängen nicht viel gehalten. Dann schüttelte der Braunhaarige den Kopf und versuchte den Jungen einfach zu vergessen. Doch das stellte sich gar nicht als so einfach heraus und als er plötzlich eine kleine Hand nach seiner greifen fühlte, war das Vorhaben ganz zum Scheitern verurteilt. Mit wild funkelnden Augen drehte er sich um und starrte direkt in die großen grauen Augen des Hellhaarigen, der seinen aufgebrachten Blick ruhig und lächelnd erwiderte und nicht einmal Angst zu verspüren schien.

»Was willst du noch?!«, fragte Tarêk gefährlich leise, packte den Kleinen und drückte ihn mit seinem Körper gegen den nächsten Baum, bohrte seinen Blick tief in die Iriden seines Gegenübers und versuchte zu ergründen was dieser mit seinem Verhalten bezwecken wollte. »Willst du mein Hemd? Meine Hose? Oder hast du es lediglich nur auf Ärger abgesehen, weil du kleines Biest vor lange Weile nicht weißt, was du mit dir anfangen sollst, hm?«
 

Der Kleine blickte den Mann verwirrt an, als er dessen fragende Worte vernahm.

»Ihr guckt doch selber, wieso darf ich da nicht gucken?«, gab er von sich, weil er es nicht verstand. Wieso sollte er nicht gucken? Er guckte gerne, vor allem, weil es so viel gab zu gucken! Der Dunkelhaarige sah doch toll aus, wer da nicht hinguckte, der war definitiv krank!

Er verzog das Gesicht, als er die harten Worte hörte und machte ein gespielt trauriges Gesicht, zog dabei eine Schnute. Er wollte nicht weggehen, er wollte bei dem anderen bleiben, ihm Gesellschaft leisten, ihn immer angucken, nicht nur von weitem, sondern von ganz Nahem! Er wollte dessen Geruch einatmen und seine herrliche, tiefe Stimme hören und das den ganzen Tag!

Eine kurze Zeit sah er ihm noch hinterher, wie er dem Weg entlang ging, dann jedoch lief er ihm mit wenigen, lautlosen Schritten hinterher, streckte sich und bekam dessen Hand zu fassen, sah ihn dabei aus großen Augen an und lächelte verzückt, weil sich die dunkle Haut so wahnsinnig gut anfühlte! Ob sie wohl auch so gut schmecken würde, wie sie aussah? Das musste er bei Gelegenheit gleich mal ausprobieren!

Gerade wollte er sich darüber angenehme Gedanken machen, als er von dem anderen gegen den nächsten Baum gedrückt wurde, der hinter ihm ganz weich wurde und den Aufprall abfederte, sodass sich Amien nicht wehtun konnte.

Ein wenig verständnislos sah er ihn an weil er nicht verstand, was das sollte, aber es fühlte sich gut an, total gut! Er spürte, dass sie zusammen passten, wusste auch nicht so recht, wieso, aber er spürte es einfach. Ein Leuchten trat in seine Augen und sein Lächeln vertiefte sich. Ein wenig verspätet hörte er die Worte des anderen und erwiderte dessen Blich aufmerksam, als er zuhörte.

Er riss seine Augen auf und strahlte auf einmal über das ganze Gesicht.

»Ehrlich? Ihr würdet mir wirklich Euer Hemd und Eure Hose geben?« Er konnte es kaum fassen, er hatte eine Glückssträhne und bekam vor lauter Begeisterung gar nicht mehr den Rest des Satzes mit, den der andere sagte. »Das ist ja toll!« Aufgeregt sah er den Dunkelhaarigen an und zappelte herum, weil er es endlich haben wollte und war so glücklich wie noch nie.

Der faszinierende Mann wollte ihm wirklich seine tollen, herrlich duftenden Sachen als Andenken geben, einfach so? Das fand er toll, er wusste gar nicht, was er sagen sollte und sein kindliches Gesicht strahlte vor Freude. Sogar seine langen Haare erschienen noch heller als die Sonne, drückten seine Freude aus und aus strahlenden, tiefgrauen Augen sah er den Mann an, hatte die zarten, feuchten Lippen ein wenig geöffnet und zu einem glücklichen Lächeln verzogen, fühlte sich in diesem Moment vollkommen wohl und strahlte eine innerliche Wärme aus, wie sie noch nicht einmal von der Sonne kommen konnte.
 

Tarêks Augen wurden immer größer. War der denn noch zu retten?!! Der Bengel schien ihm ja alles was er sagte im Mund umzudrehen... Ärgerlich zog er die Augenbrauen zusammen und stemmte seine Faust neben dem Gesicht des Kleineren in den Baum. »Du hast da was nicht richtig verstanden!«, wies er den Kleineren mit dunkler, gefährlich klingender Stimme auf diesen Tatbestand hin, der ihn mit einem glücklichen Lächeln anstrahlte. Auch das helle Leuchten der feinen Haare war ihm nicht entgangen, was er bewundernd zur Kenntnis nahm. Doch der Größere war im Moment nicht für ein Spielchen zu haben und brachte seinen Unmut darüber auch zum Ausdruck.

»Ich meinte das ironisch. Du bekommst weder eines meiner Hemden noch meine Hose, oder sonst irgendwas, kapiert!«, schnauzte er den Jungen ungehalten und mit seiner Geduld fast am Ende an und sah wie das Leuchten der Haare und das Strahlen der großen grauen Augen sofort wieder nachließ.

»Außerdem hast du ja wohl deine eigenen Sachen. Wozu brauchst du dann meine..?!«, fragte er rhetorisch. Während der Dunkelhaarige das sagte, löste er sich von dem Kleineren, den er ja mit seinem Körper an den Baum gedrückt hatte. Es war ein richtig angenehmes Gefühl gewesen und jetzt wo er wieder auf Abstand gegangen war, erfasste ihn das Verlangen den Jungen wieder an sich zu ziehen.

>Das reicht jetzt aber Tarêk!!<, rief er sich selbst zur Ordnung. Was sollte denn das? Er war doch sonst nie so. Leise seufzte er und schüttelte dann diese Gedanken einfach ab. Der Hellhaarige verwirrte ihn, doch er ließ sich das nicht anmerken. Wieso auch?! Schließlich war der andere nur ein Kind, das jemanden suchte, den es ärgern konnte. Mehr nicht und so sollte er sich auch verhalten.

»Geh wieder zurück zu deinen Eltern und hör auf mich zu belästigen. Ich habe besseres zu tun, als mich mit einem Kind abzugeben und mich über deine Spielchen zu ärgern.« Dann drehte er sich wieder um und ging seines Weges, wobei er innerlich hoffte, dass der Kleine ihm nicht schon wieder hinterher laufen würde. Allmählich wusste er auch nicht mehr, was er dagegen tun sollte. Und verletzen wollte er den Jungen nicht, derartig gefrustet war er noch nicht, dass er anderen Schmerzen bereitete.
 

Der Kleine wurde ganz traurig, als er die harten Worte hörte und den Sinn verstand. Der andere wollte nicht… Aber er hatte ihm doch angeboten, dass er die Sachen haben konnte, wieso war er dann so gemein zu ihm? Die Galadhrim waren nicht ironisch, deshalb wusste er nicht, was das hieß. Wenn sie etwas sagten, dann standen sie auch dazu… Umso gemeiner fand er es, was der Mann da eben getan hatte.

Er bekam feuchte Augen, schniefte einmal und klammerte sich an seinen Sachen fest, wandte den Blick ab und sah auf das Gras. Das war ja so gemein!! Seine ganze Freude war dahin, seine Haare flackerten kurz und wurden dann wieder dunkler, fast unscheinbar und er rutschte an dem weichen Stamm des Baumes hinab, gegen den er bis eben noch gedrückt worden war, umschlang seine Knie mit seinen Armen und ließ seinen Kopf dazwischen sinken, so dass niemand mehr sein Gesicht sehen konnte.

Auf die Frage des Mannes antwortete er nicht, wieso sollte er auch, er hätte ihn ja sowieso nicht verstanden! Wie alle Galadhrim hatte er Stimmungsschwankungen, zwar nicht so enorm wie bei anderen, aber gerade weil der Mann, den er so sehr mochte, so gemein zu ihm war, machte ihn das so emotional. Sonst weinte er eigentlich nicht, aber heute überkam es ihn einfach mal und er schämte sich nicht einmal dafür.

Umso mehr verletzten ihn die letzten Worte, in denen der Dunkelhaarige eindeutig ausdrückte, dass er ihn nicht wollte, seine Gesellschaft nicht, und auch alles andere nicht.

Leise schluchzte der Kleine vor sich hin und dicke Tränen perlten von seinen Wangen, tropften auf das Gras, wo aus jeder Träne ein kleines, blau leuchtendes Blümchen wuchs. Er saß ein wenig verkrampft da, zitterte leicht, was man bei der dünnen Kleidung sehen konnte und redete nicht mehr.

Amien hörte, dass der andere ohne noch irgendwie zu reagieren wegging und war in diesem Moment ganz froh darüber. Er hätte ihn nie treffen sollen, das Beobachten an sich wäre schöner gewesen und er wäre nicht so verletzt worden wie jetzt. Das ganze hätte er sich sparen können. Dabei waren die kurzen Berührungen und die weiche, tiefe Stimme doch gerade schön gewesen!!!

Er schniefte leise vor sich hin und blieb bewegungslos sitzen, wollte nichts und niemanden mehr sehen. Wenn er sich sicher war, dass der gemeine Typ weg war, dann würde er sich auf seinen Lieblingsbaum verziehen und dort bleiben, und dann konnte ihn niemand mehr von da hinunter bewegen!! Das nahm er sich fest vor und inzwischen wurde er eher wütend als traurig, aber er wusste nicht, was er machen konnte, da gab es einfach nichts. Der Mann wollte ihn nicht und das klang ziemlich eindeutig… Vielleicht sollte er die Bänder von seinem Arm abmachen und einfach in den See schmeißen, das war vielleicht das Beste…
 

***
 

Laurin saß inzwischen schniefend in der Höhle und hatte sich in das warme, weiche Moos gedrückt. Er hatte zwar sein Zeitgefühl verloren, aber es kam ihm ewig lange vor. Was, wenn Ascon nicht wieder kam? Für diesen Fall hatten sie sich nichts ausgemacht. Aber der Mann hatte ihm doch versprochen, wieder zu kommen…

Er wischte sich die Tränen von den Wangen und schob die Perlen auf dem Boden genervt von sich. Heute war ihm nicht danach zumute, mit ihnen zu spielen. Seufzend schloss er die Augen und konzentrierte sich auf die Umgebung, griff nach dem wetterfesten Umhang, um ihn wieder ordentlich anzuziehen und wartete.

Er wusste, dass er noch mal da raus musste und seufzte erneut leise. Er hasste warten auf etwas Bestimmtes. Das war ätzend. Er stand total unter Spannung und hatte Angst, das wusste er. Nicht um sich, aber um Ascon, denn dessen gepeinigte Geräusche hatte er noch lange gehört, als er weggelaufen war…

Der Kleine starrte in das Feuer, bis ihm die Augen weh taten, und er wollte sich gerade etwas strecken, als er Schritte hörte, die noch ziemlich weit weg waren, aber sie schienen zielgerichtet hierher zu kommen. Und es waren eindeutig nicht Ascons Schritte, die kannte er mittlerweile sehr gut. Sie hatten zwar Ähnlichkeit, waren es aber nicht.

Erschrocken sprang Laurin auf und drückte sich an dem großen Feuer vorbei an den Eingang der Höhle. Da er sehr gut sehen konnte, glitten seine Augen durch die Baumstämme des Waldes hindurch und er erstarrte, als er eine Figur sah. Sie war groß, größer als Ascon, und das Furchterregendste waren wohl die roten Augen, die auf ihn fixiert waren, so schien es ihm zumindest. Er sah seinem dunkelhaarigen Begleiter ähnlich, aber nur auf den ersten Blick. Laurin sah, dass sich in der dicken, schwarzen Mähne rote Strähnen befanden, die ihn zusammen mit den dunklen Schuppen auf seiner Haut noch gefährlicher wirken ließen.

Beim genauen Hinsehen konnte er erkennen, dass es nicht ausschließlich schwarze Schuppen waren, sondern dass sie wie ein Muster von roten Schuppen ergänzt wurden. Im Gesicht waren sie nur vereinzelt zu finden, es sah Ascons ähnlich, außer die Augenfarbe und der Gesichtsausdruck, der den Kleinen noch immer erstarren ließ. Sein Herz setzte aus, er atmete nicht mehr, was für ihn aber kein Problem war und seine Beine gehorchten ihm nicht. Er konnte das Wesen einfach nur ängstlich anstarren, dass da durch den Wald direkt auf ihn zustampfte und wurde erst aus seiner Starre gerissen, als ein großes komisches Wesen über ihm anfing zu krähen und davon flog.

Da riss sich Laurin von dem Anblick los und rannte, rannte um sein Leben wie schon einmal heute, ohne auf irgend etwas zu achten, außer auf Äste, damit seine Haut nicht noch einmal verletzt wurde. Hastig sah er sich um, hatte keine Zeit um nachzuprüfen, ob das Wesen ihm folgte oder nicht, sondern rannte tiefer in den mit Felsen übersäten Wald hinein, bis er einen großen Baum fand.

Ascon hatte gesagt, er sollte auf einen Baum klettern, also tat er das auch. Mit flinken Bewegungen kletterte er nach oben und ließ sich schwer atmend in die unbequeme Baumkrone sinken. Er zitterte am ganzen Körper und Tränen rannen ihm über die Wangen. Er wusste nicht, weshalb er überhaupt weinte, wahrscheinlich, weil er Angst hatte.

Ruppig riss das schuppige Wesen sich das verklebte Hemd von der Brust und schleuderte es verachtungsvoll von sich, bevor es sich prüfend auf der Stelle umsah. Wo war er verdammt noch mal... fluchte Kiron einen Augenblick später, zog gefährlich die Augenbrauen zusammen und fragte sich wieso er überhaupt aufgewacht war. Dann erinnerte er sich plötzlich... Da war etwas gewesen, etwas warmes, süß duftendes und es hatte ihn verführerisch gelockt!

Ein tiefes Grollen rollte seine Kehle hinauf und klang wie das Knurren eines Wolfes, der kurz vor dem Angriff stand. Ascon hatte ihn aufhalten wollen!

Deswegen war es jetzt weg!

Unzufrieden knurrend blickte der große Krieger an sich herunter und bemerkte dabei sofort das silberne Schimmern an seinen Fingern. Neugierig hob er die klauenbestückte Hand, sodass er seinen Fund besser betrachten konnte. Probeweise roch er an der hellen Flüssigkeit, führte sie zu seinen Lippen und kostete vorsichtig davon, indem er mit der Zunge daran tippte. Ein wahres Feuerwerk an Emotionen raste von einer Sekunde auf die andere durch seinen Körper und seine empfindlichen Geschmacksknospen schienen schier zu explodieren, so eine intensive Wirkung hatte dieser Saft. Berauscht und mit dunkelrot glänzenden Augen genoss er das langsame Abklingen des Effektes, bevor er die Hand wieder sinken ließ.

Gleichzeitig witterte er einen schwachen ihm seltsam bekannt vorkommenden Geruch und er schlussfolgerte, dass die Person, der dieses silberne... was immer es auch war, gehörte der Ursprung des Duftes sein musste. Von seinen animalischen Instinkten getrieben, verfolgte Kiron die feine Spur des Geruchs mitten durch das Unterholz. Nebenbei schob er dichtes stachelgespicktes Gestrüpp beiseite, oder wich diesem aus. Anhaben konnte es ihm nichts, dazu war sein Schuppenpanzer viel zu dick und selbst wenn er kleine Verletzungen erlitt, heilten sie binnen Sekunden wieder ab.

Konzentriert streckte er seine Nase in die Luft... Der Duft wurde mit jedem Schritt den er ging intensiver und nach einer Weile entdeckte er die Quelle...

Ein Mensch! Sofort bleckte er die etwas längeren Eckzähne. Sein Gebiss war sehr gut ausgeprägt, weshalb ihn das eher wie ein Raubtier aussehen ließ, als nach einem Krieger. Gefährlich zogen sich seine Augenbrauen zusammen und seine Augen zu schmalen Schlitzen, aus denen es furcheinflößend rot hervorblitzte.

Eine Weile hatte der Junge nur so dagestanden, doch als er sich umdrehte und die Flucht ergriff, erwachte der Jagdinstinkt in Kiron und er setzte dem Kleinen unumwunden und flink wie ein Panther nach. Er war schnell und ausdauernd, leichtfüßig überwand er jedes Hindernis und der Sprint machte ihm nichts aus, nicht einmal sein Atem beschleunigte sich. Beinahe hatte er den Jungen eingeholt, als dieser sich unerwartet auf einen Baum rettete.

Ein bösartiges Grinsen breitete sich auf dem kantigen Gesicht des Schwarzhaarigen aus, als er neben dem Gehölz zum stehen kam und er schlug wütend aufschnaubend seine Klaue in die Baumrinde, hinterließ vier längliche Schlitze. Seine Nasenflügel blähten sich ärgerlich und die Muskeln unter den schwarzen, sowie roten Schuppen arbeiteten ununterbrochen.

Dann schlug er erneut seine Klauen in den Baum und begann geschickt daran hinauf zu klettern.

Als Laurin sah, dass das Wesen ihm tatsächlich so dicht gefolgt war und nun unten am Baum war, fing er an zu zittern und brachte nur ein erschrockenes Fiepen hervor. Er zitterte, weil er Angst hatte, das war nicht Ascon… und es sah so gefährlich aus!! Allein schon diese Krallen… Unaufhörlich rannen ihm Tränen der Angst über die Wangen und perlten nach unten, fielen auf das gefährlich aussehende Wesen, aber dieses bekam das wahrscheinlich noch nicht einmal mit.

Ängstlich und panisch schrie der Kleine auf als er bemerkte, dass das Wesen den Baum hinauf kletterte!!!

Ganz eng kuschelte er sich in den Baumwipfel und machte sich so klein wie möglich. Vielleicht kam das Wesen ja nicht bis hier hoch? Seine einzige Hoffnung war, dass der dünne Wipfel es nicht aushielt und durchbrach, aber dann war er ja selbst in Gefahr!! Na toll, was hatte Ascon sich dabei gedacht?! Auf einen Baum klettern… das brachte gar nichts!

Laut schniefte der Kleine, hatte schreckliche Angst und rollte sich noch kleiner zusammen, sein Gesicht schützend gegen seinen Bauch gedrückt. Die langen, leuchtenden Haare, die nur noch leicht flackerten hatten sich aus der Frisur gelöst und verdeckten ihn fast vollständig unter sich, aber die Geräusche, die stetig näher kamen, ließen das kleine Herz des Jungen noch schneller schlagen.

Seine letzte Stunde hatte geschlagen, er spürte es, wie kam er denn hier weg? Es gab keinen Ausweg, Ascon war nicht mehr da und einen anderen Weg gab es nicht, so wie das Wesen ausgesehen hatte, wäre es ihm ohne Mühe überall hin gefolgt…

»Ascon…«, wimmerte er leise, als das Atmen bedrohlich nahe war und erwartete das Schlimmste.

Kiron schnaubte als er spürte, wie ihn etwas am Kopf traf... und jetzt schon wieder!!

Wütend blickte er auf, seine roten Augen glühten vor Ärger und er verdoppelte seine Geschwindigkeit, mit der er den Baum erklomm. Die in ihm brodelnde Wut zeigte sich deutlich in den immer tiefer werdenden Rillen, die er mit seinen Klauen in die Rinde schlug. Dieses minderwertige Wesen konnte etwas erleben!! Es warf irgendwas nach ihm... niemand wagte es ihn zu bewerfen!

Als der Stamm des Baumes begann sich auf zu zweigen, wurde der Krieger automatisch wieder langsamer. Seine Instinkte schlugen Alarm und schließlich, als ihm die Äste zu dünn wurden hielt er inne, starrte mit brennenden Augen und zusammen gebissenen Zähnen zu dem anderen Wesen hinauf.

Er wollte es erreichen, es haben!

Kurz presste er die Lippen aufeinander und kletterte dann vorsichtig weiter. Sein Beharrlichkeit war stärker, als die mögliche Absturzgefahr, die er nun einfach ausblendete.

Fast hatte er das kleine Ding erreicht... nur noch wenige Zentimeter fehlten. Weiter wollte er aber dann doch nicht klettern, denn der Ast auf dem er stand, knackte schon unheilverheißend.

Prüfend warf Kiron einen Blick nach unten und kniff die Augenbrauen zusammen, bevor er erneut aufsah.

»Komm runter!«, zischte er fordernd und registrierte das Zusammenzucken des Wesens, dass sich ängstlich noch weiter an den Baum drückte.

Als keine weitere Reaktion erfolgte, schlug er aufgebracht gegen den Ast, sodass der obere Teil begann zu wackeln. Es war ihm egal, dass dieser Fremde leise aufschrie. Aber sowie erneut ein paar kleine Steine, wie er vermutete auf ihn nieder regneten, packte ihn Kiron die Raserei und er schlug kräftiger gegen den Ast. Sollte der andere doch runter fallen.

Wenn er seinen Forderungen nicht nachkam hatte er eben Peck gehabt. Immer und immer wieder malträtierte er den Baum, bis erneut ein Schrei ertönte, der ihn inne halten ließ.

Laurin zitterte inzwischen vor Angst. Das Wesen war einfach nur furchteinflößend und er würde alles tun, nur nicht freiwillig zu ihm hinunter kommen. Dann würde es ihn vermutlich auffressen, darauf hatte er nun wirklich keine Lust! Aber andererseits blieb ihm wohl kaum etwas übrig!

Er weinte weiter, lauschte dem Geräusch der Perlen, wie sie irgendwo auftrafen und auf das Atmen des Wesens.

Sich an die Äste klammernd holte er erleichtert Luft als er merkte, dass es nicht zu ihm rankam, weil es offenbar zu schwer war, doch die Erleichterung hielt nur für wenige Sekunden an, dann spürte er, wie der ganze Baum wackelte und schrie erschrocken auf, klammerte sich an dem Stamm fest und starrte ängstlich herunter, weinte noch immer. Wenn er jetzt herunter fiel…

Er könnte zu dem benachbarten Baum springen, aber er zweifelte nicht daran, dass das Wesen ihm folgen würde, so lange, bis er vor Erschöpfung zusammen brach. Erneut weinte er und spürte, wie seine Augen langsam anfingen zu brennen und das Schütteln stärker wurde. Er klammerte sich mit aller Macht fest, aber in diesem Moment übermannte ihn einfach die Wut.

Was sollte das?! Was konnte er denn dafür, dass er hier sein musste, war sein Leben nicht schon schwer genug?!!

»Hör endlich auf!!!!!!!«, rief er mit entschlossener Stimme und starrte das Vieh wütend an, das vor Verblüffung sogar aufgehört hatte, den Baum zu misshandeln. Vor Wut waren seine Haare ganz hell geworden, leuchteten weit in den Wald hinein und waren sogar heller als der Mond. Seine Haut hatte sich elektrisch aufgeladen, so dass jeder, der ihn berührte, einen Schlag bekommen würde und seine Augen waren golden.

»Was hast du mit Ascon gemacht?!! Gib ihn sofort wieder her! Und lass den armen Baum in Ruhe, er kann nichts dafür!«

Er zitterte vor Erschöpfung und Anstrengung und wusste, dass er es nicht mehr lange durchhalten würde, wenn dieses Vieh nicht endlich abhauen würde, deshalb hoffte er innig, dass es endlich vorbei wäre und Ascon wieder kommen würde, er hielt das nicht mehr aus! Der Mann hatte doch gesagt, er sollte auf einen Baum flüchten!! Toll, und das hatte nichts genützt!

»Ascon?« Verwirrt zog Kiron die Augenbrauen zusammen und starrte weiter nach oben in den Wipfel des Baumes. Prüfend schnupperte er in der Umgebung und nahm alle Gerüche in sich auf, wertete sie aus und tatsächlich!! Er roch einen Duft, der auf seine zweite Persönlichkeit hinwies. Dann kräuselte der Krieger nachdenklich die Stirn, was ihn ziemlich unberechenbar aussehen lassen musste, denn er spürte wieder etwas auf seinen Kopf treffen. Ärgerlich riss er die Augen, die er für einen Moment geschlossen hatte wieder auf.

»Komm runter!«, forderte er ein weiteres Mal, jedoch mit ruhigerer Stimme als zuvor. Wenn dieses Geschöpf Ascon gehörte, wollte er es sich erst genauer ansehen, bevor er es vorschnell tötete. Erneut weigerte sich der andere und Kiron war schon nahe dran doch kurzen Prozess zu machen, indem er einfach den Ast abhackte auf dem dieses seltsame Ding saß. Aber er hielt sich zurück.

»Nun komm schon... Zier dich nicht so!«, meinte er schließlich ungeduldig und streckte abwartend eine Hand aus. »Es sei denn du willst runter fallen... « Der letzte Teil war eine deutliche Warnung und um es dem Fremden noch verständlicher zu machen, schlug er die andere Klaue abermals in den Baum, sodass ein unheilvolles Knacken ertönte. Selbst Kiron wurde davon mulmig und wie um sich zu vergewissern, dass er selber noch sicher stand, schaute er nach unten.

Der Kleine seufzte leise und erleichtert, als er spürte und sah, wie das Wesen ruhiger wurde. Dennoch sah es verdammt gefährlich aus, und der Kleine rechnete nicht mehr damit, hier lebend und heil runter zu kommen. Er zitterte ja jetzt schon so stark, dass er auf der Stelle vor Erschöpfung einschlafen könnte, wenn da nur nicht so etwas Gefährliches genau darauf wartete!

Seine Haarfarbe normalisierte sich wieder etwas, und er schöpfte kurz ein wenig Kraft, weigerte sich jedoch erneut, herunter zu kommen. Da wäre er ja schön blöd, immerhin hatte er noch Hoffnung, dass vielleicht doch noch alles gut werden würde…

Allerdings wunderte er sich, weshalb die Stimme auf einmal nicht mehr so gefährlich klang, das war bestimmt ein Täuschungsmanöver, und so wie Ascons klang sie noch lange nicht, irgendwie tiefer… tierischer, er wusste auch nicht, was er davon halten sollte. Er hatte am Anfang auch nicht angenommen, dass das Wesen sprechen konnte, aber nun…

Laurin starrte ihn aus ängstlichen, goldenen Augen an, als er die letzten Worte vernahm und schniefte erneut leise, schrie auf, als der Baum erneut wackelte und er kurz davor war, runter zu fallen.

Es war aus, er wusste es einfach. Wäre er doch nie hierher gekommen, wäre er den Tag doch bloß in der Hütte geblieben, dann könnte er bei seinem Bruder sein und in Frieden leben…

Mit zitternden Beinen richtete er sich auf, setzte sich jedoch wieder, als das zu gefährlich war und schob sie ängstlich zu dem anderen runter. Es war sowieso aus, besser jetzt kurz und schmerzlos, als später total erschöpft…

Er beugte sich nach vorne und wunderte sich noch, wieso es eine seiner Klauen ausstreckte, aber in diesem Moment gab der Ast nach und er schrie erschrocken auf, griff die Klaue des anderen und landete auf ihm.

Zum Glück wog er fast nichts, sonst hätten sie wohl beide einen Abgang gemacht.

Ängstlich kniff er die Augen zusammen und wartete auf Schmerzen. Er wagte nicht, sich von dem Wesen zu lösen, aus Angst, runter zu fallen. Obwohl, vielleicht war das eine bessere Option?

Seine Haut war eiskalt und er zitterte noch immer stark, seine Haare leuchteten weiterhin und weil er extreme Angst hatte verströmte er einen süßlichen Geruch, der die Gedanken von Menschen benebeln konnte, aber welche Wirkung es bei diesem Wesen haben mochte stand in den Sternen. Wahrscheinlich gar keine.

Selbstzufrieden hatte Kiron geseufzt, als der andere sich zu ihm hinunter bequemte. Doch als es erneut knackte, schrillten bei ihm die Alarmglocken und keine Sekunde später spürte er das fremde Wesen in seine Arme fliegen. Geistesgegenwärtig krallte er sich mit einer Hand an den Baum. Mit der anderen hielt er den Kleinen fest an sich gedrückt. Argwöhnisch sah er dieses hellhaarige Etwas an, das sich hilflos an ihn klammerte und einen komischen Geruch verbreitete. War es tot und fing gleich an zu stinken?... Nein, es atmete und zitterte und ...

Kiron musste niesen. Dieser Geruch war ja schrecklich, stellte er für sich fest und schüttelte mit verkniffenen Gesicht den Kopf, dass die rotschwarze Mähne nur so über seinen Rücken wallte.

Anschließend entschied er sich mit seiner Beute zu beschäftigen, wenn er wieder von diesen Baum herunter geklettert war. Deswegen löste er die kleinen Hände unsanft von seiner Kleidung und warf sich den anderen wie einen Sack Mehl über die Schulter, ignorierte den ängstlichen Aufschrei, da er sich bereits auf den Abstieg konzentrierte.

Es dauerte auch nicht lange, da hatte er nur noch ein zwei Meter vor sich, die er mit einem Sprung überwältigte. Leicht in die Knie gehend, federte er die Wucht ab und richtete sich gleich wieder auf. Seine Last schob er einfach von sich, sodass der Hellhaarige hart auf den Boden fiel und leise aufwimmerte.

Sogleich wand er sich ihm zu, ging in die Hocke und griff nach den langen Haaren, zog den anderen auf diese Weise zu sich heran. Erneut entkam dem schlanken Wesen ein Wimmern und Kiron zog nicht mehr ganz so fest, ließ aber auch nicht los. Vielleicht rannte es wieder weg... Das wollte er damit verhindern.

Neugierig rückte er dem fremden Geschöpf näher, blieb nur einen kurzen Augenblick an dessen Augen hängen und musterte dann den schlanken Hals und den Teil der Brust, den er sehen konnte.

Automatisch suchte er an den Armen nach einem Zeichen, das darauf hindeutete, dass der andere zu Ascon gehörte, doch er fand nichts. Außer dem Duft, der unterschwellig von dem Wesen ausging nahm er nichts wahr. Dennoch war sein Interesse geweckt.

Wieso hatte Ascon ihn nicht zu seinem Besitz gemacht?

Unbeeindruckt schlitzte er deswegen das Oberteil seines Gegenübers mit einer seiner Klauen auf und legte die helle Haut frei. Vielleicht hatte seine zweite Persönlichkeit dort ein Zeichen hinterlassen...

Aber auch nachdem er die Stoff Fetzen beiseite gestrichen hatte, war nichts zu finden. Der kleine Körper zitterte wie Espenlaub und als Kirons rote Augen zu dem Gesicht zurück kehrten, erblickte er tiefe Furcht darin. Doch es machte ihm nichts aus. In dieser Beziehung entwickelte er keine Gefühle, denn er war ein Krieger und Gefühle waren da hinderlich. Und solange Ascon keinen Partner fand, würde er das sowieso nicht tun.

Nichts desto trotz wollte er testen, ob dieses Wesen nicht vielleicht doch mehr war, als er sich einbildete. Sein zweites Ich hatte das Geschöpf noch nicht geprüft, davon wüsste er sonst. Also würde er es übernehmen. Er rückte noch näher an den zitternden Fremden heran, als er sowieso schon war, doch da ging ein Ruck durch den anderen und er versuchte ihm zu entfliehen.

Lächerlich! Kiron musste sich nicht einmal anstrengen, um ihn wieder einzufangen.

Grob packte er den Kleineren an der Schulter und presste ihn mit dem Rücken gegen den Baum, von dem er eben herunter geklettert war. Verärgert blickte er in die verweinten Augen hinunter, aber davon Mitgefühl zu haben, war er weit entfernt. Stattdessen hielt er den anderen fest zwischen seinem kräftigen Körper und dem Baumstamm eingeklemmt und beugte sich zu dessen entblößter Schulter herunter. Einmal leckte er testend darüber, bevor er seine scharfen Eckzähne in dem zarten Fleisch versenkte.

Laurin hörte das Wesen schnüffeln und verzog das Gesicht.

Dieses Geräusch machte ihm schreckliche Angst, weil er nicht wusste, was als nächstes folgen würde! Offenbar würde es ihn doch auffressen!!! Schniefend wandte er sich ab, zitterte noch immer stark und hatte sich noch nicht von dem Fall erholt, als er leise aufschrie, weil er plötzlich und ohne Vorwarnung einen Druck in seiner Magengegend spürte.

Er wehrte sich zunächst nicht, so überrascht war er, doch dann wurde ihm schlecht, und er strampelte, um in eine andere Lage zu kommen. Es war gänzlich unbequem, so schlecht hatte er sich noch nie gefühlt, nicht einmal, als Ascon anfangs noch so gemein zu ihm gewesen war, und er schluchzte weiter, fragte sich, wann es endlich ein Ende hatte. Vielleicht hätte er doch oben bleiben und runterfallen sollen, dann müsste er das jetzt hier nicht ertragen!!

Seine Haut wurde abwechselnd kalt und heiß, doch er bemerkte es nicht einmal, ihm wurde schummrig vor den Augen, er nahm kaum noch etwas wahr, so schwach war er und er spürte, dass sein Ende nahte, wenn das so weiter ging, er hielt es nicht mehr aus!

Doch es sollte noch schlimmer kommen.

Als er die plötzliche Luftveränderung spürte, seine Ohren wehtaten und sein Herz einen Satz tat, schrie er panisch auf, sah die Erde auf sie zurasen und prallte dann hart auf den Waldboden, wobei sich einige harte Stöckchen in seinen Rücken gruben. Er gab einen zischenden Laut von sich und dachte schon, es wäre zu Ende, aber als er die Augen aufschlug bemerkte er, dass dieses fürchterliche Wesen direkt vor ihm hockte. Starr vor Angst konnte er sich keinen Zentimeter rühren und fixierte es aus panischen, goldenen Augen. Doch der folgende Schmerz riss ihn wieder aus seiner Starre.

Gepeinigt schrie er erneut auf, seine Stimme gab schon nach, er war schreien nicht gewohnt und der Schmerz war das Schlimmste, was er je gespürt hatte, denn an seinen Haaren war er sehr empfindlich. Wenn er selbst sich was rausriss, war das keinerlei Problem, aber sobald jemand damit ruppig umging, konnte er vor Schmerzen nicht einmal denken!!

»Lass… mich doch endlich gehen…«, flüsterte er heiser und weinte weiter, wobei die Perlen seine Wangen hinab kullerten und auf den Waldboden hopsten.

Er konnte nicht mehr, konnte das nicht endlich ein Ende haben? Er wollte nicht mehr, es ging einfach nicht mehr, er hielt es nicht mehr aus und war vollkommen fertig mit den Nerven und auch am Ende seiner Kräfte, denn nichts schien dieses Wesen abzuschrecken.

Ans Wegrennen dachte er schon gar nicht mehr, dazu war er sowieso schon zu schwach, er bezweifelte, dass er sich überhaupt für einige Minuten auf den Beinen würde halten können. Eigentlich hatte er schon lange aufgegeben, er hatte einfach keine Chance, nicht einmal die geringste, aber er konnte sich einfach nicht von dem Schmerz lösen, es tat so weh, wenn das Vieh ihn wenigstens an den Armen festhalten würde, das wäre vielleicht weniger schmerzhaft, aber doch nicht an seinen Haaren!!! Laurin kam sich vollkommen erniedrigt vor und sah nicht mehr auf, versuchte, sich so wenig wie möglich zu bewegen damit der Zug an seinen Haaren wenigstens einigermaßen erträglich wurde.

Der Kleine spürte, dass das Wesen irgendetwas suchte, konnte sich aber nicht vorstellen, was das war. Er dachte auch nicht weiter darüber nach, zu sehr lähmte der anhaltende, starke Schmerz seine Gedanken und er weinte nur noch leise vor sich hin. Bald würde er schon zu schwach sein, um weiter weinen zu können…

Deshalb reagierte er auch schon gar nicht mehr, als das Wesen sein Oberteil aufschlitzte. Es fühlte sich eigentlich ganz angenehm an, nicht mehr der schwere Druck auf seiner ohnehin schon gereizten Haut, aber gleichzeitig fühlte er sich entblößt, entblößt und erniedrigt vor einem Fremden, und das ließ ihn rot werden. Seine Körpertemperatur sank weiter ab, aber sonst reagierte er nicht. Was konnte er auch schon tun? Gar nichts, das war ja das Schreckliche. Zu wissen, dass das Ende bald kam und man nichts tun konnte, rein gar nichts…

Laurin wurde plötzlich aus seiner Starre gerissen, als er merkte, dass ihm das Vieh noch weiter auf die Pelle rutschte. Und er schreckte auf und achtete nicht mehr auf die schrecklichen Schmerzen, versuchte wegzulaufen. Er hatte solche panische Angst, dass er nur noch weg wollte, einfach weg, wo ihn dieses Vieh nicht bekam und ihm nicht so schrecklich wehtun konnte!!!

Hastig atmete er aus, als ein heftiger Schmerz durch seine Schulter fuhr und er merkte, dass er gegen den Baum geprallt war. Erneut perlten schimmernde Tränen aus seinen Augen. Die Bäume bei ihm zu Hause hätten ihn niemals so verletzt, sie waren freundlich… Aber was konnte er hier schon erwarten, richtig, gar nichts.

Er zog den Kopf ein, kniff die Augen zusammen und rollte sich Schutz suchend zusammen, wusste aber, dass es nichts brachte, denn er spürte, dass er eingeklemmt war und sich nicht befreien konnte.

Und auf einmal war da eine Zunge an seiner Schulter, und er japste entsetzt auf weil er nicht verstand, was das sollte. Als er jedoch die scharfen Zähne spürte, schrie er ein letztes Mal auf, bevor er sich sicher war, dass das Vieh ihn jetzt bei lebendigem Leibe verspeisen würde und ihm erneut schummrig vor Augen wurde. Er konnte nicht mehr, es tat so weh und er war so vollkommen erschöpft, es ging einfach nicht mehr…
 

Kiron spürte, wie der kleine Körper vor ihm zuerst erstarrte und dann ganz weich wurde. Misstrauisch zog er die Augenbrauen zusammen und legte seine großen Pranken um die schmale Hüfte des Wesens, damit es ihm nicht wegrutschte, während er seine Zähne langsam von der Wunde löste, die er geschaffen hatte. Sie war nicht sonderlich groß und blutete auch nicht großartig. Nur ein kleines Rinnsal der silbrigen Lebensflüssigkeit lief über die helle Haut der Schulter und setzte ihren Weg auf der entblößten Brust des Geschöpfes fort. Einen Moment verfolgte Kiron mit aufleuchtenden roten Augen fasziniert diese Spur, beugte sich herunter und leckte sie schließlich mit seiner rauen Zunge weg.

Wie schon zuvor schmeckte er die Süße der Unschuld in dem Blut des Fremden und es gefiel ihm. Er konnte kaum genug davon bekommen. Dennoch ließ er es bleiben abermals zuzubeißen. Er war zwar ein Krieger und entwickelte für andere, außer seinem Seelenpartner keine Gefühle, aber er hielt auch nichts davon Andersartige qualvoll zu töten.

Deswegen löste er eine Hand von der Hüfte, führte seinen Arm zu seinem Lippen und biss fest zu, bis auch dort Blut hervorsprudelte. Ohne Zögern drückte er die aufgerissene Stelle dann auf die Schulter des Hellhaarigen und wartete ab.

Sowie sich die beiden Flüssigkeiten vermischt hatten, reagierte Kiron auf das Wesen in seinen Armen. Eine seltsame, unbekannte Wärme stieg in ihm auf wie er sie noch nie gefühlt hatte. Es war wie ein angenehmer Regen der seinen gesamten Körper einhüllte, in jede Pore drang und ihn schließlich innerlich erfüllte. Überrascht riss er die Augen auf, die er bei dem fremden Empfindungen geschlossen hatte und bemerkte das goldene Leuchten um sich und den Kleinen in seinen Armen. Tausende von glimmenden Glühwürmchen schienen um sie herum zu fliegen, erhellten wie ein magischer Kreis die Umgebung und Kiron richtete den Blick atemlos auf seinen Arm, der auf einmal extrem begann zu kribbeln.

Er keuchte.

Dieses Kribbeln verwandelte sich einen Augenblick darauf in ein leichtes Stechen und die dunklen Schuppen auf seinem Unterarm verschwanden, hinterließen normale Haut, auf der noch die Wunden seines Bisses hässlich rot prangten. Ein einziger Blutstropfen löste sich aus dem aufgerissenen Fleisch und bildete langsam aber unaufhaltsam und wie von einer unsichtbaren Feder geführt ein bizarres Muster auf der gesamten Innenseite seines Unterarms, während die Verletzung von Sekunde zu Sekunde kleiner wurde und letztendlich gänzlich verschwand. Wie vom Donner gerührt hatte Kiron das alles verfolgt und biss die Zähne zusammen, als das Muster auf seiner Haut plötzlich zu glühen schien. Doch nur für einen kurzen Moment, dann war alles vorbei.

Erstaunt wanderten seine roten Augen zu dem bewusstlosen Wesen zurück, dass völlig kraftlos an seiner breiten Brust lehnte und nichts von dem Geschehenen mitbekommen hatte. Dabei fiel sein Blick auch auf die Schulter des Jungen, dort, wo er ihn verletzt hatte und er vergaß zu atmen...

Er blinzelte, schaute weg und sah ein zweites Mal hin, doch er träumte das nicht!

Auf der Schulter des Jungen befand sich das selbe Zeichen wie auf seinem Unterarm und markierte den Hellhaarigen auf diese Weise als zu ihm gehörig. Heftige Gefühle wallten auf einmal in ihm auf und gleichzeitig standen Tränen der Freude in seinem Augen.

Er hatte ihn gefunden... Seinen Seelenverwandten! Niemals hätte er damit gerechnet, schon gar nicht bei diesem komischen Wesen.

»Laurin... «, flüsterte er rau und von einer Erleichterung beseelt, die man nur fühlen konnte, wenn man nach langer Suche sein Ziel erreicht hatte. Mit einer Sanftheit, die er sich nie zugetraut hätte, streichelte er dem Kleinen mit seinen klauenartigen Händen über den Kopf, drückte ihn an sich und nahm ihn anschließend auf die Arme, um ihn in die Höhle zu tragen, aus der er vorhin vor ihm geflüchtet war.

Derweil sah er die ganze Zeit in das fein geschnittene Gesicht, das deutlich von Erschöpfung und Schmerz gekennzeichnet war und Schuldgefühle wallten in ihm auf. Er hatte dem Geschöpf weh getan...

Aber dafür konnte er ja nichts.

Erst als er die Reaktion seines Blutes auf das des Kleineren geprüft hatte und es positiv ausgefallen war, wurden seine vorher versiegelten Empfindungen erweckt.

Deswegen schob Kiron diese schweren Gedanken bei Seite, denn sie brachten eh nichts.

Von jetzt an würde er das schöne Wesen beschützen. Niemand würde ihm mehr weh tun! Seine Entschlossenheit spiegelte sich auch in seinen Gesichtszügen und es war seiner Haltung deutlich anzusehen, dass er es verdammt ernst meinte.

Vorsichtig und sanft bettete er den Jungen auf den Mooshaufen, als er die Höhle erreichte, richtete die mehr oder weniger zerrissenen Sachen ein wenig und bedeckte auf diese Weise die Blöße des anderen so gut es eben ging.

Dann hockte er sich neben das Lager und beobachtete seinen Seelenpartner ungeniert. Er war schön, musste er zugeben und streckte wie magisch angezogen eine Hand nach dem nur leicht schimmernden Haar aus, fuhr probeweise durch einzelne Strähnen. Neugierig rückte er letztendlich immer näher, musterte das zarte Gesicht... Die Wimpern waren wirklich lang, wie bei einem Mädchen, bemerkte er belustig und die Lippen waren auch recht voll, schimmerten leicht rosa. Vielleicht war es ja gar kein Junge, wie er schon die ganze Zeit gedacht hatte...?

Zweifelnd wanderten seine Augen an dem schlanken Körper hinunter und blieben am Schritt hängen. Als er nach einer Weile des Grübelns immer noch keine Antwort auf seine Frage hatte, weil sich ja nur durchs Ansehen nicht darauf schließen lief, ob es sich nun um Junge oder Mädchen handelte, ließ er seine große Hand einfach zwischen die Beine des Hellhaarigen gleiten und tastete ungeniert und ohne Hemmungslosigkeit dort herum, bis seine Wissbegierte gestillt war.

Allerdings registrierte er dann plötzlich ein unmerkliches Zucken und seine Aufmerksamkeit wurde wieder auf das Gesicht seines Seelenpartners gelenkt.

Verängstigte golden schimmernde Augen blickten ihn fast schon panisch an und Kiron hielt still, weil er den Kleineren erst mal nicht weiter verschrecken wollte. Aber dann siegte seine Neugier wieder einmal und er rückte dem anderen noch näher und sah ihm tief in die weit aufgerissenen Augen.

Laurin stöhnte, als er ganz langsam wieder zu Bewusstsein kam. Das letzte, woran er sich erinnern konnte waren Schmerzen, starke Schmerzen in seiner Schulter, die ihn fast wahnsinnig gemacht und ihm das Bewusstsein geraubt hatten.

Wo war er jetzt? War er schon tot? Lebte er gar nicht mehr? Würde er seinen Bruder nie wieder sehen? Und Ascon? Wo war Ascon, er hatte ihm doch versprochen bei ihm zu bleiben!!

Ganz langsam öffnete er die Augen und spürte, wie sein Kopf schmerzte. Nein, das war real, er lebte noch. Er lag auf etwas Weichem... Aber wie war das möglich? Wieso hatte ihn das Vieh nicht aufgefressen?!

Der Kleine griff sich an die Stirn und schloss die Augen noch einmal. Alles drehte sich davor, er konnte nichts erkennen...

Aber er konnte sich an einen Traum erinnern, einen wunderschönen Traum! Er wusste nicht mehr viel, nur dass er glücklich gewesen war, wunschlos glücklich, und dass da ganz viele goldene Glühwürmchen bei ihm gewesen waren und Licht und Wärme gespendet hatten, wie bei ihm zu Hause...

Zitternd vor Erschöpfung lauschte er auf die Geräusche und hörte das Knistern eines Feuers sowie entfernte Waldgeräusche. Aber da war noch etwas anderes...

Ein Atmen... ein tiefes, ruhiges Atmen, das definitiv nicht von ihm stammte!

Laurin öffnete die Augen nun doch erneut und riss sie auf, als er das Vieh sah! Panisch wollte er erneut fliehen, irgendwohin, wo es ihn nicht finden konnte, aber irgendetwas hielt ihn davon ab. Er spürte etwas Eigenartiges, es war ihm so, als wäre dieses Wesen überhaupt nicht mehr böse, sondern friedlich. Es hockte neben ihm und schien ihn zu betrachten...

Erst jetzt nahm der Kleine wahr, dass er so gut wie nichts mehr auf der Haut trug und seufzte erleichtert auf, schloss erneut kurz die Augen. Die gesamte Zeit war er in dieser Kleidung eingesperrt gewesen, jetzt so ruhig und entspannt ohne dazuliegen war ein Genuss, in den er vorher selten gekommen war, und deshalb beruhigte er sich langsam auch wieder. Er spürte, dass von dem fremden Wesen keine Gefahr mehr ausging und obwohl er sich noch lebhaft daran erinnern konnte, wie dieses ihn nicht gerade sanft vom Baum geholt hatte, spielte es für ihn jedoch keine Rolle mehr. Es war egal. Er war in der Höhle und offenbar sicher, außerdem war er noch immer zu erschöpft, um erneut Angst zu haben.

Laurin ließ seine Körpertemperatur ansteigen und seine Haare bekamen erneut ihr helles, ursprüngliches Leuchten zurück, das anzeigte, dass es dem Jungen gut ging. Er atmete ruhig und gleichmäßig, zuckte nur zurück, als das Gesicht des Anderen auf einmal so dicht vor ihm war und er blickte ihn kurz panisch aus goldenen Augen an, doch dann bemerkte er, dass das Wesen wohl nur guckte und entspannte sich wieder, erwiderte den Blick scheu aus tiefblauen Augen und nagte an seiner Unterlippe herum weil er nicht wusste, was er nun tun sollte.

So ganz geheuer war es ihm mit dem anderen nämlich nicht und er wollte nichts riskieren. Wer wusste denn schon, was für Stimmungsschwankungen es haben konnte, nachher fraß es ihn doch noch auf! Außerdem war es seiner Meinung nach viel zu nahe an ihm dran!

Der Kleine wollte gerade den Blick abwenden, als er auf einmal etwas spürte, was schon die gesamte Zeit lang da gewesen sein musste. Es war die Hand des anderen... Sie befand sich auf...

Mit einem Schlag wurde er knallrot und quietschte erschrocken, während er versuchte, seine Beine zusammen zu kneifen, um die Hand loszuwerden, die es sich dazwischen bequem gemacht hatte.

»Was... was machst du da?!«, piepste er und blickte ihn hochrot im Gesicht und verlegen an.

Er wusste selbst nicht so recht, weshalb er so reagierte, aber da hatte ihn noch nie jemand angefasst und er konnte nicht verstehen, warum es ihm auch noch GEFIEL, wenn jemand dieses komische nutzlose Anhängsel berührte, das auf einmal ein Eigenleben zu haben schien, was ihm gar nicht gefiel, weil er es nicht verstand!!

Das war noch nie zuvor passiert! Jemand völlig Fremdes fasste ihn da an, instinktiv wusste er, dass es falsch war und das es nur einen gab, den er ohne zu Zögern da ran lassen würde, und das war...

Erschrocken zuckte er zusammen als das Wesen auf einmal sprach und ihn aus seinen Gedanken riss.

»Dich anfassen... «, erwiderte Kiron unbeeindruckt und rückte noch ein bisschen näher, als ihm die komische Farbe auf dem Gesicht des anderen auffiel. Interessiert löste er seine Hand von Laurins Schritt und wollte dem Kleinen prüfend über die Wange streicheln, als dieser fiepend vor ihm zurück zuckte. Davon ließ er sich jedoch nicht beeindrucken, sondern setzte dem Silberhaarigen nach, hielt ihn fest und strich mit seinem Finger über die gerötete Haut.

»Was ist das?«, fragte er an Laurin gerichtet und sah ihn verständnislos an. »Warum änderst du deine Farbe?«

Der Kleine errötete tief, als er die Worte hörte und verstand nicht so recht. Was gab es denn da anzufassen, da war doch nichts? Außerdem war das peinlich, er mochte es nicht sonderlich und so war er froh, dass das Wesen sich schließlich doch von ihm löste, nur um wieder an ihn heran zu rutschen, und das so dicht, dass Laurin Angst bekam und zurück wich, wobei er leise fiepte, weil er erschrocken war.

Was wollte der andere schon wieder? Da war doch nichts! Er zitterte leicht, als er festgehalten wurde, doch als er merkte, dass nichts passierte, konzentrierte er sich nicht mehr so sehr auf die Berührung, sondern sah ihm in die Augen und beruhigte sich augenblicklich wieder, was ihn sehr verwunderte. Aber er dachte nicht weiter darüber nach, sondern lauschte auf die tiefe, wohlklingende Stimme und runzelte die Stirn, als er die Frage hörte.

»Meine… meine Farbe? Was für eine Farbe?«, wiederholte er verständnislos und legte den Kopf schief, bis ihm einfiel, dass sich seine Augenfarbe änderte, wenn er Angst hatte. »Ich… meine Augen werden golden, wenn ich Angst habe«, meinte er leise und scheu. »Und… wenn ich keine Angst habe, sind sie blau…«

War es das gewesen, was das Wesen hatte wissen wollen? Der Kleine wusste es nicht, er wusste nur, dass ihm gerade im Gesicht herumgefasst wurde, und er schob die große Hand mit einem scheuen: »Lass das, das kitzelt!«, beiseite und sah ihn lieb an. Er wusste selbst nicht so recht, er fühlte sich wohl in diesem Augenblick, so komisch es klang.

Aufmerksam betrachtete Kiron den anderen weiter. Er war fasziniert. Das Wesen konnte also auch seine Augenfarbe ändern? Aber das erklärte noch lange nicht die rote Farbe auf den Wangen.

Das seine Hand beiseite geschoben wurde, quittierte er mit einem leisen Knurren, das tief aus seiner Kehle kam, was aber nur seinen Unmut darüber zum Ausdruck brachte.

Doch er war einfach noch zu neugierig, um sich von dieser kleinen Geste von seiner Erkundungstour ablenken zu lassen. Stattdessen fasste er den Hellhaarigen an der Schulter, drückte ihn daran sanft aber mit Nachdruck zurück auf das Moos und kam über ihn. Er wollte alles von dem anderen wissen. Am besten jetzt sofort...

Deswegen fuhr er mit eingezogenen Krallen vorsichtig durch die helle Mähne, die sich wie kühle Seide zwischen seinen Fingern anfühlte, einfach wunderbar weich. Er begann zu schnurren wie ein zufriedener Kater und blickte dann hinunter in das immer noch leicht verschreckte Antlitz. Verwundert ließ er von dem Jungen ab, brachte sein Gesicht ganz nah an das von Laurin heran, sodass sie nur noch wenige Millimeter voneinander trennten und suchte in den großen blauen Augen nach dem Grund dafür.

Dabei fielen seine langen schwarz-roten Haare nach vorn, hüllten ihre beiden Gesichter wie einen Schleier ein und einige Strähnen kringelten sich sogar auf dem Bauch des Kleineren, was den Hellhaarigen zu Kirons Verwirrung leise lachen ließ. Jetzt verstand er ja gar nichts mehr!

Erst hatte der andere noch Angst vor ihm und nun lachte er? Was hatte er denn gemacht..?

Verständnislos zog er die dichten Augenbrauen zusammen und wirkte dadurch wieder etwas gefährlicher. Allerdings dachte Kiron nicht weiter über dieses Verhalten nach, sondern rollte sich kurz entschlossen neben den Kleineren und zog ihn besitzergreifend an seine breite Brust. Er war müde und nach allem was passiert war, würde Laurin es bestimmt auch sein. Jedenfalls nahm er das an und wenn er jetzt einschlief, wollte er seinen Seelenpartner bei sich wissen. Nach so langer Zeit war es wie eine Erlösung für ihn. Er brauchte jemanden den er gern haben konnte und da er ihn jetzt hatte, würde er ihn nicht mehr gehen lassen. Einen Moment wurde seine besitzergreifende Umarmung etwas fester und er knurrte noch einmal unzufrieden auf, als der Junge sich ein Stück von ihm wegbewegen wollte.

Das ließ er jedoch nicht zu. Laurin war sein!

Laurin zuckte erschrocken zurück, als er auf einmal das Knurren hörte, das tief aus der Kehle des anderen zu kommen schien. Ängstlich betrachtete er ihn und fragte sich, was das bedeuten sollte, irgendwie klang es bedrohlich... Doch das Wesen schien friedlich zu bleiben und tat ihm nicht wieder weh, auch nicht, als es ihn zurück in das weiche Moos drückte. Erst wollte der Kleine sich noch wehren, doch dann ließ er es bleiben weil er merkte, dass er gegen die Kraft des anderen keine Chance hatte. Außerdem war es auch bequemer so.

Aber unsicher war er noch immer, denn das Wesen kam ganz nahe über ihn und das bereitete ihm ein wenig Unsicherheit, denn er war es nicht gewohnt, so gerade auf dem Rücken zu liegen. Wenn er schlief, rollte er sich immer zu einer kleinen Kugel zusammen, und dass da jemand über ihm war, war er schon gar nicht gewohnt, deshalb spiegelte sich die Unsicherheit auch in seinem Gesichtsausdruck wieder, aber er hatte keine Angst, das würden sonst seine Augen anzeigen, die inzwischen die ganze Zeit blau blieben und den anderen aufmerksam musterten, um heraus zu finden, was es denn nun schon wieder vor hatte. Es schien sehr neugierig zu sein, hatte es so einen wie ihn noch nie zuvor gesehen?

Aber es kannte doch Ascon... Wo war überhaupt Ascon, eigentlich müsste sich der Kleine schreckliche Sorgen machen, aber aus irgendeinem Grund war er total ruhig und spürte irgendwie, dass es sich schon von selbst ergeben würde, es war einfach ein sicheres Gefühl, kein unruhiges, wie er es in letzter Zeit schon so oft vorausahnend gehabt hatte.

Laurin wurde aus seinen Gedanken gerissen, als das Wesen auf einmal durch seine inzwischen offenen und erneut leicht verfitzten Haare fuhr, zwar ein wenig unbeholfen aber sanft. Scheu sah er auf und betrachtete es, aber er atmete ganz ruhig und verspannte sich nur ein ganz klein wenig.

Das laute Schnurren jedoch, das er nicht kannte und noch nie zuvor gehört hatte, ließ ihn aufschrecken und er starrte den anderen verwirrt und ein wenig ängstlich an. Was erzeugte es da für komische Geräusche? Das war ja eigenartig, war das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen?

Der Hellhaarige beschloss, dass es kein schlechtes Zeichen sein konnte, weil das Wesen noch immer friedlich zu sein schien und mit seinen Haarsträhnen herumspielte, doch als es seinen Gesichtsausdruck sah, kam es sofort wieder näher, und zwar so nahe, dass sich ihre Nasenspitzen fast berührten. Laurin konnte nicht ausweichen und wurde für einen winzigen Augenblick panisch, weil er es hasste, wenn ihm jemand zu dicht kam, noch dazu im Gesicht!

Doch als er in die roten Augen sah, die ihren angsteinflößenden Blick verloren hatten und nun sanft und neugierig zu sein schienen, beruhigte er sich wieder und kicherte, als etwas weiches auf seiner Brust und seinem Bauch kitzelte. Ihm war vorher noch gar nicht aufgefallen, wie lang die rot-schwarzen Haare des Wesens waren und er hob scheu eine Hand und strich durch die kräftigen aber dennoch geschmeidigen Haare des anderen und lächelte dabei leicht.

Seine Haare leuchteten wieder heller und drückten sein Wohlbefinden aus. Irgendwie verspürte er gar keinen Drang zu Sprechen, es war, als würden sie sich auch ohne Worte verstehen, oder zumindest dabei sein, nachdem sie sich ordentlich „beschnuppert“ hatten und deshalb dachte er sich auch nichts dabei, als der andere kurz gefährlicher aussah, weil er etwas nicht verstand.

Der Kleine gähnte und beobachtete das Wesen dabei, wie es sich neben ihm zusammen rollte. Dabei lächelte Laurin, weil er es gut nachvollziehen konnte, wie bequem dieses Einrollen war, wenn man schlafen wollte. Irgendwie wurde auch er wieder schläfrig. Er hatte gar nicht mitbekommen, wie erschöpft er war, kein Wunder, er war ja auch den letzten Stunden puren Stress ausgesetzt gewesen, da forderte sein zarter Körper schon einmal den Schlaf, der ihm zustand.

Laurin wollte sich gerade umdrehen, als er schon an die breite Brust des anderen gedrückt wurde, der offenbar nicht alleine schlafen, sondern mit ihm kuscheln wollte. Dagegen hatte der Kleine ja auch nichts, wenn er nur endlich mal die Fetzen der Kleidung loswerden würde, die noch auf seiner Haut drückten! Also bewegte er sich und versuchte, sie so gut es ging von seinem Körper zu streifen, damit er sich freier bewegen konnte.

Das Knurren ließ ihn zusammenzucken und er wehrte sich gegen den festen Griff.

»Warte doch mal!«, sagte er leise. »Ich komme doch gleich kuscheln, ich will mir nur das Zeug vom Körper streifen...« Er sah dem Wesen entschlossen in die müden Augen. »Dauert nicht lange«, fügte er noch an und lächelte freundlich, war erleichtert, als der Griff wieder ein wenig lockerer wurde. Kurz richtete er sich ein Stück auf, zog die Stofffetzen von seiner Haut und ließ sich dann wieder, als nichts mehr drückte, wohlig seufzend in das weiche Moos und an den anderen, warmen und starken Körper sinken, wo er sich ankuschelte und sofort spürte, wie das Wesen ihn besitzergreifend an sich drückte.

»Ist ja gut...«, meinte er müde und gähnte. »Bin ja schon da und laufe nicht weg, du brauchst nicht so fest zuzudrücken.«

Die Worte seiner hellen Stimme schallten leicht von den Wänden zurück, doch das störte ihn schon gar nicht mehr. Er zog die Beine an, schmatzte noch einmal kurz wohlig, dann schloss er die mit langen, hellen Wimpern besetzten Augen und schlief augenblicklich ein, ruhig und gleichmäßig atmend. Und dieses Mal schlief er so tief wie schon lange nicht mehr, fühlte sich wohl und beschützt und war glücklich und zufrieden.

Dunkel hatte er aufgeknurrt, als der Hellhaarige sich von ihm abdrückte um los zu kommen. Wollte er ihn nicht haben, fragte sich Kiron deshalb, blickte finster drein und war bereit den anderen jederzeit einzufangen, falls er weglaufen wollte.

Die beschwichtigenden Worte beruhigten ihn jedoch wieder, ließen seinen halb aufgerichteten Körper in das Moos zurück sinken und er beobachtete nur wie der Kleinere sich auszog. Erneut begann er Laute des Wohlbefindens von sich zu geben, als sein Seelenpartner zu ihm zurückkehrte und sich an ihn schmiegte. Schnurrend legte er seinen Arm um den anderen und vergrub genießerisch sein Gesicht in den weichen Haaren. Die mochte er sehr gerne und sie dufteten auch noch so schön. Sein Schnurren wurde lauter, denn er schmuste sehr gerne und das kostete er in vollen Zügen aus. Erst eine ganze Weile nach Laurin schlief er ein, weil er sich nicht vom Anblick des Kleineren hatte lösen können, so glücklich war er darüber endlich jemanden gefunden zu haben, der allein ihm gehörte, für ihn bestimmt war.
 


 


 

Wie niedlich!!!!*schnief* *Taschentuch von desertdevil mopst* *reinschnieft*

Ich LIEBE solche tollen, einfühlsamen Szenen!!*smile* *sich über die feuchten Augen wischt*

Öhm...*sich umschaut* äh... ja, also und überhaupt...

Schreibt schön viele Kommis, damit es bald weitergeht!!

*wegwetzt*
 

SusyCutexDesertdevil
 


 

Hallihallo, wir sind es wieder *lol* Tut uns leid, dass wir länger kein kapi mehr on stellen konnten, aber wir haben irgendwie die beiden Pairings hintereinander geschrieben, so dass ich für die Story alles erst einmal wieder zusammen schneiden musste. Das war gar nicht so leicht, ich hoffe, ihr versteht das *lol* Aber ich denke, ab jetzt wird es wieder schneller gehen mit dem Hochladen.

Also, würden uns über Kommis freuen!!*knuddl*
 

SusyCutexDesertdevil



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  LDrache
2010-07-01T11:31:14+00:00 01.07.2010 13:31
hach schön das er endlicn seinen seelenpartner gefunde hat, das freut mich =) schönes kapitel bin gespannt wie es weiter geht =)
Von:  ReinaDoreen
2009-06-22T18:53:19+00:00 22.06.2009 20:53
Ich denke nicht das Ascons zweite Persönlichkeit Laurin etwas zu leide tut, aber das wird wohl erst festgestellt werden wenn Laurin mit Kiron konfrontiert wird.
Das was sich zwischen Tarek und Amien anbahnt ist nicht minder kompliziert.
Reni
Von:  aYaKaShI
2009-06-22T15:46:27+00:00 22.06.2009 17:46
naj ich hoffe das sich wenigstens die zwei halbwegs schnell zusammenraufen^^
ich freue mich auf jedenfall schon auf die fortsetzung

lg aya
Von:  evejean
2009-06-22T08:35:48+00:00 22.06.2009 10:35
schönes kapitel ^^
und freu mich schon riesig auf die nä. kapitel

lg eve


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