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Le coeur a ses propres raisons que l'entendement ne comprend pas

von

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//Es ist still und die Sonne wird bald untergehen... Ein mittlerweile so seltenes Bild... Und dennoch fühle ich mich nicht alleine... An einem Ort auf dieser Erde, der die Zeit durchlebte... Der Geschichte schrieb. Morgen wird es sich wieder ändern. Nur die Montage bleiben. Die Bildschirme im Empfang der Vorhalle des Nordflügels, an der La Chapelle Royale, sind schwarz, die Lichter aus und die Türen geschlossen. Alles liegt ordentlich an seinem Platz. Was würde er nur sagen, würde er all dies hier sehen? Er wäre sicher sehr begierig zu erfahren, wie es zustande kam. Warum die Dinge sind, wie sie nun einmal sind.//

Ein sanftes Lächeln zeichnet sich auf Emilys Lippen ab, die sich an eine der großen Mamorsäulen lehnte. Sie griff in die Seitentasche ihrer schwarzen Hose und holte einen recht großen und scheinbar alten Schlüsselbund hervor. Kurz fiel ihr Blick auf diesen, während ihre Finger ihn umspielten.

//Nie hätte ich gedacht, diesen einmal besitzen zu dürfen... Und nun halte ich ihn, wie so oft, wieder in meinen Händen. Warum schenkte man mir dieses Vertrauen? Wegen meiner Arbeit hier? Erscheine ich ihnen nicht seltsam? Wie so vielen anderen auch... Hm.. Aber ich bin dankbar, dass sie mir diese Chance gaben. Welches Glück es doch ist. Hier kann ich seine Wege gehen, ohne Angst zu haben, diese je wieder verlassen zu müssen. Wie war es für ihn? Was würde er dazu sagen, könnte er mich sehen... Sehen, wie ich fast täglich den Menschen die Vergangenheit nahe bringe… Seine Vergangenheit... Seine Gegenwart. War das nicht immer mein Wunsch, seit so vielen Jahren? Würde er mich überhaupt beachten?//

Mit einem leichten Ruck drückte sie sich von der Säule ab und machte sich auf den Weg zu der kleinen Wendeltreppe, die sich seitlich an den großen goldenen Türen der unteren Etage der Chapelle befand.

//Alles schallt an diesem menschenleeren Ort. Nichts erinnert an damals, oder tut es das in solchen Momenten doch? Dennoch versucht man es nun zu erhalten... Doch der Zauber ist verblasst. Es wird nie wieder wie einst sein...//

Leisen Schrittes ging es langsam aufwärts. Die oberste Vorhalle zur königlichen Chapelle passierend, trat die Mademoiselle nun durch den, so sagte man ihm bereits damals schon nach, schönsten Saal im ganzen Schloss. Die vielen Farben der einzelnen Mamorfrakturen in Grün, Rot und Weiß, sowie die imposanten Deckenmalerrein, die aber nicht nur hier vertreten waren, bildeten ein Blickfang. Aber dieses Mal blieben sie unbeachtet. Der Weg führte nach rechts und in den ersten von drei grünen Räumen im diesem Château. Der Saal des Überflusses hatte eigentlich nichts mit seinem Namen gemein. Bilder der Söhne Ludwig XIV. schmückten ihn, wie auch etwas Mobiliar, von dem man, wie bei den meisten, nicht wusste, gehörte es auch hier an diesen Platz. Der Boden quietschte und knarzte bei fast jedem Schritt. Die Fenster waren geschlossen und auch die schweren Damastvorhänge waren beinahe, gänzlich zugezogen. Mit wenig Licht trat Emily weiter. Es schien wie Absicht, dass sie das Licht nicht eingeschaltet hatte. Auch wenn es vollkommen Dunkel gewesen wäre, wusste sie welchen Weg sie zu gehen hatte. Es war eben nicht nötig gewesen. Wie eine Art Tradition war es, das Emily, bevor sie abends wieder in ihr kleines Apartment zurück fuhr, eine letzte Runde durch diese zu Räume tätigten.

Es folgte der Venus Saal. Sehr beliebt durch die Darstellung Ludwig XIV. als Gott Jupiter.

//Ich erinnre mich noch an damals... An die Zeit, als ich nur zweimal im Jahr hier sein konnte. Immer um dieselben Jahreszeiten. Im Januar wie auch in den Sommermonaten... Das erste Mal war alles so imposant für mich, auch diese Räume hier... Sie sind es auf eine Art immer noch, nur sehe ich alles nun mit anderen Augen. Diese Räume sind nicht das, was mein Herz einst hierher bewegte... Der Einzige, der mich heute noch fängt, ist nur der Apollo-Saal.//

Kurz blieb sie stehen und betrachtete die Abbildung des Sonnenkönigs, die von Schatten geradezu überzogen war.

//In der Nacht, kommt alles zum Vorschein. Oft spiegeln sie unsere Seelen wieder. Und oft verschlingen sie uns, bis nichts mehr von uns über ist... Sie sind Vorreiter, doch kaum wer nimmt sie wirklich wahr.//

Kurz seufzte sie und öffnete die linke Tür neben dem in Stein verewigten König. Wie als könne sie jemanden wecken, schloss sie diese auch wieder leise zu. Es sollte auch nicht die einzige Tür bleiben.

Nachdem Emily sich umgedrehte hatte, setzte sie ihren Weg fort. Ihr Blick hob sich nach rechts und somit in den Spielsaal des Mannes, weswegen sie überhaupt erst nach Frankreich gekommen war. Eigentlich war es fast unmöglich in diesem nun etwas zu erkennen. Der recht schmale Türrahmen bot einen Einlass, der ins schwarze Nichts zu führen schien. Ohne dass sie hinsah, strich Emilys Hand hinterrücks über den Samtbezug der Abdichtung des Billardtisches ihres Liebsten.

//Ob der Sieg oft ausblieb? Wenn er denn mal verlor!? Mit wem spielte er am Liebsten? Ich hätte ihn zu gerne gesehen, wie er hier seinen Kaffee, der viel kälter war, als bei allen anderen, getrunken hat, wenn er [1]Tricktrack spielte. Während der Graf d´Artois sich beim Billard vergnügte und Monsieur seine [2]Whist-Partie arrangierte. Er liebte es nie hoch zu spielen. //

Ein sanftes Schmunzeln zeichnete sich auf ihren Lippen ab.

//Eine Spielmarke war ein [3]Écu wert. Es war sein maximaler Einsatz...//

Mit diesen, wieder einmal offenen stehenden Fragen, betrat sie nun den Speisesaal, der einst von Ludwig XV. ins Leben gerufen worden war. Bis 1789 wurden hier die privaten Soupers des Königs abgehalten, zu denen rund vierzig Personen eingeladen wurden.

//Das Porzellan wird immer sehr bestaunt... Und die Damen sind überrascht, wen sie hören, es gehörte nicht Marie Antoinette. Ja, auch ein Mann besitzt Geschmack. Sonst hätte er in seiner Regentschaft, wohl kaum jedes Jahr zu Weihnachten hier die neusten Stück der Porzellanmanufaktur von Sévres ausstellen lassen...//

Leicht kicherte sie. Doch auch dieser Raum fand rasch sein Ende, denn der Nächste hatte eine weit aus höhere Bedeutung für Emily. Mit schneller pochendem Herzen öffnete Emily sachte die Tür und betrat die große Bibliothek. Im Gegensatz zu den anderen Räumen, schob sie hier die Vorhänge etwas zur Seite, damit die Dämmerung Einzug nehmen konnte.

//Oft war er hier... Sei es wegen seiner Arbeit… Seiner Pflicht, aber auch weil er hier etwas Ruhe suchte. Entspannung sowie Sicherheit in der Präzision, der Genauigkeit von Fakten. Wie er es immer tat... Aber ebenso in der wunderbaren Welt der Geschichte seiner Zeitepoche, der Künste und Literatur. Doch wird es auch geschmückt mit seinem eigenem Werk. Wie glücklich ich doch war, als ich einst erfuhr, das es wirklich noch erhalten war und ist... Sein achtundfünfzig Seiten umfassender Führer durch Compiégne. Er war grade erst 11 Jahre alt als er ihn verfasste. Gerne hätte ich auch seine moralischen und politischen Maximen, hergeleitet vom Telemach, über die Lehre vom Königtum und das Wohlergehen des Volkes gelesen. Aber beides blieb mir, wie so vieles, verwehrt.//

Mittlerweile war Emily über die Absperrung zu den, in den Wänden und Türen, eingebauten Vitrinenschränken gegangen. Gezielt zu dem, von dem Fenster gesehen gegenüberliegenden Teil der Manufaktur. Die in den Türen waren nur Fassade. Sie schluckte etwas und berührte wie einen Hauch die Scheibe in einer bestimmten Höhe. Dort wo sich sein Führer befand.

In der Spiegelung sah sie, den aus einem Stück gefertigtem Mahagonitisch, mit seinen fünf weißen kleinen Skulpturen. Wie auch ein paar der Stühle, die an diesen wieder einmal gestellt worden waren. Rechts neben ihr, ein ebenfalls aus Mahagoni bestehender Sekretär, auf dessen ihr Blick kurz fiel. Und sie spürte plötzlich, das Aufkommen von Tränen beim Betrachten des Möbelstückes. Erneut schluckte die junge Frau, um dem entgegen zu wirken.

//Immer wieder sehe ich dich hier sitzen... Ich sehe dich so deutlich... Sehe dich, wie du einen Brief verfasst oder in dein Tagebuch schreibst. Dazu weit über das Papier gebeugt, während du kurz deine Brille zu Recht schiebst. Wie du am Fenster stehst und dem Treiben zu siehst. Die Arme auf dem Rücken verschränkt...//

Wieder neigte und wendete sich ihr Haupt wie auch ihr Blick zu den Fenstern.

//Es tut weh... Und dennoch bin ich glücklich, wenn ich daran denke... Immer wieder dasselbe Spiel... Was hast du nur mit mir gemacht?//

Tief atmete Emily durch, um sich wieder zu fassen. Rasch fuhr sie durch ihr langes, rotes Haar und strich sich ihren Pony kurz nach hinten. Worauf sie sich nun auch eilig von der Vitrine entfernte und ebenso den Raum verließ, nachdem sie alles wieder gerichtet hatte. Die Tür hinter sich schließend, lehnte sie sich sackend an diese.

//Ich muss mich beherrschen... Wofür sich auch leiten lassen...? Ich tat es so oft... Es nützt doch nichts... Zudem muss ich stark sein. Stark für ihn!// Schwer seufzte sie, drückte sich wieder ab und ging vor ran.

Das Kabinett des Goldgeschirrs war nicht sehr ausladend. Dennoch beinhaltete es eine kleine außergewöhnliche Besonderheit. Ein kleines Schränkchen, fein gestalltet mit einer Kunst in sich eingearbeitet von präparierten Schmetterlingen in Wachs. Niemanden war es jemals gelungen zu erfahren, wie der Künstler, der ebenfalls bis Heute unbekannt geblieben war, diese zustande gebracht hatte. Angeknüpft war an diesem Raum und rechts gelegen von dem Schränkchen, hinter einer fast versteckten Tür, ein sehr schmaler Gang, der mit den damaligen Kleider kaum passierbar war und von wo man in den sogenannten Baderaum gelangte. Das war der letzte Raum den Ludwig XV. um dekorieren ließ. Jedoch wurde dieser, nach dessen Tod, nicht weiter als solcher benutzt und in den Kassettenraum umgewandelt, wo der König über seine Privatkonten Buch führte. Wobei die Gestaltung der Wände immer noch an den Ursprung erinnern ließen. Auch leitete sich aus dem Gang eine Treppe nach oben auf den Dachboden ab. Mehr als oft zog sie Emily an, aber diesmal nicht. Ein weiterer Raum, das hintere Kabinett, verwahrte eine weitere Kostbarkeit. Besonders für Emily. Er gehörte eigentlich zu den unscheinbarsten Orten in ganz Versailles. Nicht viel füllte ihn aus, bis auf ein Wandregal, das bis zur Decke reichte und in dem nur noch hohle attrappenartige Bücherreihen standen. Dort, wo früher die Staats und Finanzbücher Platz fanden. Ein kleiner Zierkasten war zu sehen, der sich direkt gegenüber an einem freien Stück Zwischenwand befand. Doch kaum das sie diesen erblickte, spürte die zierliche Frau die Tränen zurückkehren. Dicht stellte sie sich an das Kästchen und berührte vorsichtig dessen Scheibe mit ihren Fingern.

//Seine Taschenuhren... So wunderschön. So einmalig. Sie sind, wie du es warst und bist! Diese Uhren sind durch deine Hände gelitten. In jeder Einzelnen stecktest du deine Sorgfalt und Hingabe. Wie in allem, was du tatest... Und sie funktionieren immer noch, würde man sie aufziehen.//

Doch diesen letzte Gedanke, hätte Emily nun nicht zulassen dürfen. Denn sogleich begann ihre Hand zu zittern. Und die Tränen stauten sich weiter. Kurz schloss sie ihre Lider.

//Ihr “Herz” kann aufs Neue schlagen, würde man es wollen. Deines nie wieder. Nie wieder wirst du uns mit so einer Kunst erfreuen. Nie wieder sieht man dich Lächeln. Die Freude und die neugierige Leidenschaft in deinen Augen leuchten. Den Stolz über dein Werk in ihnen lodern. Was gäbe ich dafür, könnte ich es… Aber ich bleibe weiter hilflos... Könnte ich dich doch nur einmal Lächeln sehen... Dir bei deinen Arbeiten zusehen... Dir helfen... Dir nahe sein. Dich berühren... Dir sagen, das... Aber du kannst es nicht... Wie auch ich nicht.//

Ihr Atem wurde schwerer, dabei presste sie die Zähne aufeinander. Doch so sehr sie es auch versuchte, Emily konnte nicht dagegen an. Eine Träne fand ihren Weg und mit ihr auch die Zweite. Noch schienen sie stumm zu sein. Doch das was nun wieder in ihrem Herzen hochkam, schien immer mehr von ihr besitzt zu ergreifen. Bilder taten sich vor ihrem geistlichem Auge auf. Bilder, die sie eigentlich erfreuen und auch niederschmettern konnten.

Wie eben in solch einem Augenblick. Hastig wischte sich die junge Frau über ihre Wangen. Und eben so schnell entfernte sie sich auch aus diesen kleinem Raum. Recht eilig trugen sie ihre Füße nun durch das Innenkabinett und das Pendeluhr-Kabinett, in das kleine Schlafgemach des Königs. Hecktisch löste sie eine Seite der Absperrung und verkroch sich in die linke Ecke der Alkove. Dort hatte damals das eigentliche Bett gestanden. Zudem war sie mit goldbroschierten Lampas bespannt, die den 1789 ursprünglich hier angebrachten Wandbehängen nachempfunden worden waren. Eng presste sie sich an die Wand und hoffte dabei immer und kleiner werden zu können. Ihre Beine zog sie eben so eng an ihren Körper und vergrub ihr Gesicht an diesen. Aber auch ihr langes rotes Haar verteilte sich wie ein verdeckender Teppich leicht über sie. Leise ertönte ein Wimmern. Emilys Körper bebte unter ihrem bitterlichen Tränenfluss.

//Warum? Warum ist das alles nur geschehen...? Warum weine ich, wo ich doch glücklich sein sollte? Ich weiß doch, dass ich es nicht mehr ändern kann... Und dennoch...//

Kurz schallte ein seichtes Schluchzen durch den Raum.

//Bitte... Es ist... Es war nicht fair! Warum hat man dir das nur angetan? Dir! Dich für etwas bestraft, für das du keine Schuld getragen hast? Warum verurteilte man dich zu einem Leben, das du, wo es dir nicht dasselbe zu Teil kommen ließ, immer mit Respekt und Würde behandelt hast? Ein Leben, das du nie führen wolltest! Warum wusste man dich einfach nicht zu schätzen? Warum demütigte man dich? Hinterging dich? Warum? Bitte Gott, sag mir warum...? Er hatte es doch wirklich nicht verdient... Nicht er! Nicht so! Von Geburt an nur Leid und Kummer. Verleumdungen und Intrigen. Verrat und Verachtung. Und es ist bis heute so... Warum konnten sie nicht sehen, was für ein Geschenk Gottes sie unter sich hatten? Wer von allen, war denn je wie er es war? Hat er nicht immer alles getan, was du wolltest? Er war dir doch treu? Und was war der Dank?//

Leicht hob Emily ihren Kopf, so dass man einen Blick auf ihr Gesicht erhaschen konnte.

//Liebtest nicht wenigstens du ihn? Warum hast du dies nur zugelassen? Gib ihn mir doch zurück...bitte.... Bitte...komm zu mir zurück... Ich brauche dich doch... Alles was ich tue, tue ich doch nur einzig und allein für dich... Seit all den Jahren... Du bist doch alles was ich habe... Was ich brauche. Nur dich allein! Tag für Tag, Jahr für Jahr... bist du der Einzige, nachdem ich mich sehne! Seit dem Augenblick, als ich deine wunderschönen blauen Augen sah. Seit ich lernte... Seit ich verstand... Ich ließ mich nicht blenden. Du nahmst mein Herz für dich gefangen und ich schenkte es dir nur all zu gerne. Ich möchte es nie wieder zurück... Ich liebe dich doch... Und Gott weiß wie sehr! //

Wieder und wieder schluckte sie. Emily glaubte nicht an den Herrn im Himmel. Und dennoch erbat sie ihn um Hilfe in solchen Momenten.

//Ist das, was ich tue eigentlich von Nutzen? Was bringt es mir? Was bringt es ihm? Habe ich denn je wirklich erreicht? Ich weiß, wie viele über mich denken... Was ich für sie bin... Wäre es nicht besser, es zu beenden? Ihn gehen zu lassen, als ständig dieses zerreißende Gefühl der traurigen Tatsachen zu durchleben, die nie ein Ende zu haben scheinen?//

Es dauerte eine Weile bis Emily wieder etwas zu sich fand in all ihren Gefühlen. Leicht schniefte sie. Da die Fensterläden und Vorhänge in diesem Raum nie ganz zu gezogen waren, merkte sie nun immer deutlicher, wie es dunkler wurde, da die Sonne endlich unterzugehen schien.

//Immer wieder stelle ich mir dieselben Fragen... Und immer wieder kommen dieselben Antworten, wenn es überhaupt welche gibt. Und immer wieder lasse ich mich überwältigen, wenn ich hier alleine bin... Ich bin so dumm. Eine Närrin! Warum passiert dies nur immer wieder? Ich verstehe es nicht... Ich sollte wirklich anfangen es aus einem anderen Winkel zu betrachten. Denn das Wunder, das ich erbitte, das ich mir so sehr wünsche, wird niemals in Erfüllung gehen... Nichts wird geschehen, egal wie lange ich auch darauf warten werde...//

Wieder säuberte sie ihre Gesicht so gut es mit der Hand und den Ärmel ihre dunkelgrünen Bluse ging. Auch rappelte sich Emi wieder an der Wandnische, in der sie saß, hoch. Für einen Moment fasste sie sich an die Schläfe und strich sich über die Stirn.

//Na komm, kriegt dich wieder ein... Ich muss hier auch noch fertig werden und kann ja hier nicht übernachten... Bestimmt sieht es morgen wieder anders aus... Morgen auf meiner Führung hierdurch. Schließlich ist es mit weg mein Job...//

Wieder ging ein tiefer Seufzer durch ihren Körper, als sie diese Worte selber zu sich “sprach”. So setzte sie ihre Weg fort und nahm sich nun vor, es recht zügig zu absolvieren.

Von hier, über das Ratskabinett, gelangte Emily in den mit weg imposantesten Teil des ganzen Anwesens, wo über ein Jahrhundert alle bedeutenden politischen Entscheidungen getroffen worden waren, wie z.B. die Teilnahme an dem Unabhängigkeitskrieg, der die Vereinigten Staaten von Amerika begründen sollte . Die Galerie des Glaces oder auch Galerie de Louis XIV. Der Spiegelsaal. Dieser Teil war ein Meisterwerk menschlicher Kunst. Wie auch Versailles selbst. Kaum das man ihn betrat, wurde man von seiner Schönheit gefangen genommen und vezraubert. Doch eigentlich diente er nur als Durchgang und wurde sonst nur zu besonderen Anlässen benutzt. Zu den Berühmtesten zählen hier: der Empfang des Botschafters von Siam 1686, der Empfang der Botschafter von Persien 1715, die Trauung des Herzogs von Bourgogne mit Marie-Adédaïde von Savoyen im Dezember 1697, der Maskenball anlässlich der Vermählung des Dauphins mit der Erzherzogin von Österreich im Mai 1770, wie auch der Versailler Friedensvertrag, der den ersten Weltkrieg beendete und am 28.Juni 1919 hier unterzeichnet wurde. Seither empfingen die Präsidenten der französischen Republik hier ihre offiziellen Gäste. Das Farbenspiel der untergehenden Sonne tauchte alles in einen Traum aus einmaligen Gelb- und Rottönen. Wobei sich das Licht in den hinter Emily befindlichen Spiegelreihe brach und alles in einen Augenschmaus verwandelte. Die großen pompösen Deckenleuchter, wie auch die, von den vergoldeten Frauenstaturen gehaltenen kleineren Leuchter, erstrahlten und gaben ein Lichtspiel der schönsten Regebogenfarben wieder. So wie es einst auch von Ludwig XIV. beabsichtig worden war. Der, somit in Gold getauchte Raum, sollte die uneingeschränkte Macht des Königs von Frankreich wieder spiegeln. Emily trat dichter an die Fensterreihen und wandelte in dessen Licht- und Schattenspiel. Ihr langes rotes Haar funkelte dabei wie tausende kleine einzelne Rubine.

Vier, der sonst wieder einmal versteckten Türen in den Spiegeln leiten sich von dem Saal ab. Die Erste aus der Emily in diesen gekommen war. Die anderen Drei etwas weiter gelegen und führend in das Vorzimmer des großen Bullauges oder auch Ochsenauges genannt, dem Salon de l'Œil-de-Bœuf. Ein Vorzimmer zu dem offiziellen königlichem Schlafgemach für die alltägliche Aufsteh- und zu Bett geh Zeremonie. Immer noch ließen Emily ihre Gedanken keine Ruhe. Immer noch waren sie bei dem Mann, der das alles in ihr ausgelöst hatte, während sie hinaus in das Meer der Abendröte sah, wie es sich über den Garten hinweg zog. Ihr Blick schien Bände zu sprechen und immer noch konnte man ein leichtes, feuchtes Schimmern in diesem erkennen.

//Woher weiß ich, das mein Weg der richtige ist? Woher? So steinig wie er erscheint... Oder bin ich vielleicht einfach nur undankbar?//

Doch es brachte alles nichts. Direkt seitlich stand Emily vor dem dritten, der drei genannten Zugängen. Und sie waren offen. Auch schmückte ein Schild die Wand, welches an der Seite angebracht war und besagte wohin dieser Weg führte. Eines von etlichen in diesem Kulturerbe. Ohne wirklich aufzusehen, obwohl sie ganz genau wusste was sich und vor allem wer sich, auf einem Sockel thronend, ihr in diesem Vorzimmer entgegengestellt war, trat sie nur ein paar Schritt durch den Türrahmen, ohne wie sonst gezielt auf das, was sich ihr dort bot, zu zugehen. Plötzlich fiel ihr Augenmark auf das mit rotem Samt bezogene Bänkchen, das ebenfalls rechts neben ihr stand und entdeckte dort eine Art Taschenbuch. Sicherlich hatte es Annabelle, einer der Herzchen vom Sicherheitsdienst, die für diese Abteilung zugeteilt war, dort vergessen. Emily kannte sie dafür, dass sie gerne las, besonders wenn ihre restlichen Stunden hier begonnen hatten, nachdem die Touristen ihre letzten Runden drehten. Sie nahm das Buch an sich und wendete es, nachdem sie den Titel gelesen hatte. Ihre Augen überflogen die kleine Inhaltsangabe, bis auf den letzten Satz.

//Le coeur a ses propres raisons que l'entendement ne comprend pas.//

Doch kaum das sie diesen gelesen hatte, erstrahlte und blitzte, die sich fast dem Ende zu neigende Sonne plötzlich auf. Das helle und klare Licht bildete einen einzelnen Strahl, der sich gezielt an Emily vorbei und auf ihre eigentliche Begierde richtete. Emi hatte sich kurz ihre Hände schützend vors Gesicht gehalten und abgewendt, als dies geschah. Ihre Augen weiteten sich etwas, als sie sich wagte wieder aufzusehen. Sanfte Lichtpartikel tanzten in dem weißen Schein und um die Büste König Ludwig XVI. Direkt kam der jungen Studentin ein spontaner Gedanke. War es Zufall, eine Laune der Natur oder war es ein Zeichen? Das ,um welches sie gebeten hatte? Das zarte Lächeln kehrte zurück auf ihre zarten rosa Lippen.

Und mit dem Buch weiter fest in ihrer Hand haltend, trat sie nun zu ihm. Wie in Zeitlupe hob sie ihre freie Hand und berührte den kalten weißen Stein.

//Was es auch sein mag....//

Für einen Augenblick senkte sie ihr Haupt. Hielt aber ihr Lächeln. Dabei kehrte ihr Blick zurück auf das kleine Gut in ihrer Hand und las die letzten Worte erneut.

//Le coeur a ses propres raisons que l'entendement ne comprend pas.//

“Ja...es ist wahr.... Das Herz hat seine eigene Gründe, die der Verstand nicht begreift.”
 

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Erklärungen
 

1.)Tricktrack

Tricktrack (auch Wurfzabel, Trictrac oder Puff) ist ein mittelalterliches Würfelbrettspiel. Die Bezeichnung Puff leitet sich vom Würfelwurf Pasch ab. Der Vulgärausdruck für Freudenhaus geht auf den Namen des Spieles zurück, das in diesen Häusern früher gespielt wurde − man ging also „zum Puff“.

http://de.wikipedia.org/wiki/Wurfzabel
 

2.) Whist

Whist ist ein Kartenspiel für vier Personen, das Whist ist der Vorläufer des Bridge-Spiels.

http://de.wikipedia.org/wiki/Whist
 

3.) Écu

»Mit Écu wurden französische Gold- und Silbermünzen vom Mittelalter bis zum 18. Jahrhundert bezeichnet. Der Name leitet sich vom auf der Münze abgebildeten Wappenschild ab. Goldmünzen – auch „Écu d'or“ (die Königsbüste zeigend: „Louis d’or“), im Deutschen in Anspielung auf die ab 1703 auf den Münzen abgebildete Sonne als Symbol des Sonnenkönigs „Sonnen-Pistole“ genannt – wurden zu schwankenden Umrechnungskursen in die Silbereinheit Livre geprägt – die Schwankungen zwischen den Metallwerten erlaubten keine statische Fixierung von Goldmünzen im allgemeinen silberfixierten Münzfuß. Der Écu blanc (auch „Ecu d'argent“ oder „Louis blanc“ genannt) wurde zum Wert von 60 Sols respektive 3 Livres von 1641 bis 1794 geprägt.« Quelle Wikipedia.
 

Was kosten 3 Livres in Euro? Bzw. was ist 1 Livre wert?

Nun dies ist leider nicht mehr wirklich nachzuvollziehen. Auf Grund der geschichtlichen Entwicklung des "livre", was fast immer nur eine Recheneinheit war. Es hat nur ein einziges Mal eine Münze gegeben (im Jahr 1656), die der Rechnungseinheit "livre" entsprach. Diese bestand u.a. aus etwa 8gr. Silber. Nach heutigen Welthandelspreis von Silber als Grundlage nimmst, kommt man auf einen Wert von ca. 2,53 €, weil Feinsilber im August dieses Jahres (2007) ca. 316€/kg kostete. Jedoch sagt man auch, dass der Kurs, der in 1780 bis 1790 galt, eben so verwendbar ist. 1 Livre = 10–15€.



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von:  Caro-kun
2010-11-30T20:09:07+00:00 30.11.2010 21:09
Wow, sag mal hast du diese Route durch Versaille auswendig im Kopf?
Und ich muss ehrlich sagen, du schreibst genauso gut, wie du zeichnest.
Die Geschichte hat mir wirklich auserordentlich gut gefallen ^^

Aber es ist doch wirklich immer wieder erstaunlich, wie leicht man sich Fakten, Jahreszahlen und Details über historische Persönlichkeiten merken kann, sobald man sich in eine von ihnen verguckt *g*
Prinz Albert von Sachsen Coburg-Gotha, das ist der, den ich jetzt seit fast einem Jahr immer mehr bewundere ^.~

Ich kann Emilys Gefühle also sehr gut nachempfinden ^^
Und deine Begeisterung für Ludwig auch =)
Von:  Mina-Gravestone
2010-05-09T08:55:02+00:00 09.05.2010 10:55
Wirklich wunderschön, du hast einen großartigen Schreibstil, gefällt mir. Man merkt wirklich, dass du diese Zeit liebst und dich sehr mit ihr befasst hast. Ich finde aber auch, dass manschmal die Stimmung durch, wie ich finde, triviale Dinge zu nichte gemacht wurde.
Von:  -Amalthea-
2009-01-05T19:44:46+00:00 05.01.2009 20:44
Schöne Geschichte, sehr ehrlich und ergreifend ^^

Aber Vorsicht mit der Ortographie, da sind mir ein paar Fehler aufgefallen :-)
Von:  Zauber-Maus
2008-11-10T17:58:36+00:00 10.11.2008 18:58
Eine sehr schöne Kurzgeschichte^^ Zuerst muss man ja die Idee an sich loben, diese Führung mit Emilys Gefühlswelt in Zusammenhang zu bringen. Und dann natürlich die Umsetzung: Du hast den Inhalt nahezu perfekt mit dem Rundgang abgelichen und die erläuternden Passagen wechseln sich sehr gut mit den Gedanken ab. Man merkt wirklich, wie Emily leidet; ihre Gefühle werden gut transportiert.
Nur zwei Dinge "muss" ich monieren, weil sie mir sehr stark aufgefallen sind^^ 1) Ich bin über diesen Satz gestolpert: "Hecktisch löste sie eine Seite der Absperrung und verkroch sich in die linke Ecke der Alkove, in der damals das eigentliche Bett gestanden hatte und die mit goldbroschierten Lampas bespannt waren, die den 1789 ursprünglich hier angebrachten Wandbehängen nachempfunden worden waren." Das ist eine so emotionale Szene, Emily ist in Bewegung und dann dieser nüchterne Fakt über das Bett. Das passt in meinen Augen nicht und zerstört die ganze Atmosphäre, die du vorher aufgebaut hast^^
2) Wortwahl (hätte dir mein Lehrer jetzt an den Rand deines Manuskriptes geschrieben^^) Wieder ein Beispielsatz: "Wie eine Art Tradition war es, das Emily, bevor sie abends wieder in ihr kleines Apartment zurück fuhr, eine letzte Runde durch diese Räume tätigte." Tätigen? Passt nicht mit dem Substantiv zusammen ^.-

So! Man, hab ja fast nen Roman geschrieben^^ Hoffe, du nimmst mir meine "Kritik" nicht übel, aber ich finde, dass konstruktive Kritik ganz hilfreich sein kann (wenn sie vernünftig vorgebracht wird).

FAZIT: Tolle Geschichte, vielleicht schreibst du in Zukunft ja mehr????
Von:  _Lucrezia_
2008-11-09T22:28:25+00:00 09.11.2008 23:28
Hi^^

Hac ich find deine FF auch wunderbar,sie ist melancholisch in meinen Augen,Emily tut mir auf der einen Seite leid weil sie sich in jeden Raum den sie da durchwandert an ihn erinnert fühlt,aber auf er anderen Seite denk ich auch ist sie dankbar das sie ihn "Kennen gelernt" hat und mit den Räumen viel mehr als nur eine vegangene Epoche verbindet.

Lg
annchen^^
Von:  weisserose
2008-11-09T21:29:31+00:00 09.11.2008 22:29
Ich finde eine FF auch sehr schön. Die ist sehr schön geschrieben. Man kann sich alles gut vorstellen.

Deine
weisse rose
Von:  She-Ra
2008-11-09T17:54:40+00:00 09.11.2008 18:54
Nun, jetzt ist es soweit und deine erste FF ist on;) *kicher*
Ich finde deine Idee diese Story so aufzubauen sehr gut. Es ist einmal etwas anderes. Die Gefühle kommen schön rüber und man kann es auch nachvollziehen. Eigentlich müsste ich es mir ausdrucken und beim nächsten Versailles Besuch danach mal etwas Emilys Route nachgehen;)
Meiner Meinung nach hast du den Oberbegriff des WBs und das Zitat dazu, schön in die Handlung eingebaut. Gefällt mir gut.^^

Deine She


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