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Piratenblut

Reloaded
von

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Flaute

Leises Rauschen von den schwachen Wellen, die sich am Schiff brechen wird übertönt vom Gebrüll der Crew, die auf dem sonnigen, wenn auch windstillen Deck steht und ein Würfelspiel spielt. Langsam trete ich die schwarze Holztreppe, die unter jedem meiner Schritte knarrt, aufs helle Deck hinauf. Die warme Mittagssonne im himmelblauen, wolkenlosen Himmel empfängt mich. Doch kein Wind, nicht einmal eine Brise weht mir entgegen. Ein leises Seufzen entfleucht mir. Was hatte ich mir auch erhofft? Langsam sehe ich mich auf dem schwarzen, wunderschönen Deck der Black Pearl um. Alles wie immer. Die Crew in der einen Ecke mit ihrem Würfelspiel und jeder Menge Rum, das Ruder hinter mir mit Mister Cotton und seinem Papagei. Die Segel sind gerefft, doch hängen sie schlaff herunter. Ein weiteres Seufzen meinerseits und mein Blick richtet sich am Hauptmast nach oben ins Krähennest. Pintel hängt betrunken mit einer Flasche Rum darin und schläft. Eigentlich müsste ich ihn zu Recht weisen, aber was sollte er auch schon sehen? Ein Schiff? Selbst wenn, was sollte es nützen? Schwermütig wende ich mich ab und steige die große schwarze Holztreppe zu meiner linken hinauf. Ein kurzer Blick Mr. Cottons trifft mich und er nickt, während sein Papagei krächzt:„Wind in den Segeln. Wind in den Segeln“ „Ja, das wäre schön“, entgegne ich knapp und schaue mich um. Wasser, Wasser und noch mehr Wasser. Noch nie hat mich dieser Anblick so melancholisch gestimmt. Mein Blick wandert wieder über das Deck. Nicht einmal zehn Sekunden später betritt ein aufgebrachter und wild in der Gegend rumgestikulierender Mann das Deck. „JOHN?!“, brüllt er mit eindeutig gereizter Stimme. Seine schwarze, unbändige Mähne weht wild hin und her, als er sich auf dem Deck umsieht und sein schlanker, großgewachsener Körper leicht eingeknickt, wie angewurzelt auf einem Fleck steht, „JOHN! Wo zum Teufel bist du schon wieder???“ Inzwischen fühlt sich die Crew gestört und Mr. Gibbs dreht sich zu seinem Captain um. „Am Ruder“, spukt er ihm entgegen und dreht sich wieder zum Spiel um. Sein Oberkörper fährt herum, ehe seine Beine folgen und seine dunkelbraunen, zu Schlitzen verzogenen Augen fixieren mich aus den mit Kohle umrandeten Lidern. „JOHN!“, erklingt seine Stimme wütend und schwankenden Schrittes kommt er die knackende Treppe hinauf, seine Arme in die Luft gereckt, als hätte er Angst sich schmutzig zu machen. „Ist dir eigentlich klar, dass ich dich schon seit bestimmter Zeit suche?“, fragt er vorwurfsvoll und gestikuliert wieder wild herum. „Ja, ich hab dich gehört Captain“, antworte ich ruhig und schaue ihn an. Er macht Anstalten etwas zu sagen, aber anscheinend will es nicht heraus. Wohl auch besser für mich, denn er scheint wirklich böse zu sein. Obwohl ich mir nicht einmal sicher bin, ob er das überhaupt sein kann. Schließlich bleibt er still stehen, fixiert mich erneut, hebt den rechten Zeigefinger, lehnt sich mit dem Gesicht nach vorne und sagt bestimmt:„Das ist nicht hilfreich!“ Ein leichtes Lächeln meinerseits trifft ihn und er lässt die Schultern hängen. „Was ist denn?“, erkundige ich mich und richte meinen Blick wieder gen himmelblauen, wolkenlosen Himmel. Er richtet sich wieder auf und ein Grinsen erfasst seine Züge, sodass seine Goldzähne im Sonnenlicht aufblitzen. „Johnny“, er legt einen Arm um meine Schultern und zieht mich unter Deck, langsam, unauffällig, „Johnny-boy, Kumpel, Freund, First-Mate“ „Was willst du?“, bringe ich stöhnend heraus und befreie mich aus seinem Griff. Er setzt sein typisches Lächeln auf, freundlich, charmant, lebensfroh, spitzbubig. Doch ich, wie er weiß, dass er damit bei mir nicht weiterkommt. Jack kennt mich gut genug um zu wissen, dass er so nicht bekommt was er möchte, schon gar nicht, wenn es in irgendeiner Weise nicht anregend für mich ist. Stumm und starr schaue ich Jack an und er steht dort vor mir, still ohne sich zu bewegen. Mein Blick haftet weiter auf dem gut aussehenden und charmanten Piraten, der, abgesehen von seinem Aussehen, eigentlich nicht viel von einem Seeräuber hat. Furcht einflössend ist er nicht und auch wenn er auf den ersten Blick so scheinen mag, so ist er weder dreckig, noch rüpelhaft. Auch ist er nicht die Art Mensch, die anderen mit Absicht und schwer schadet…es sei denn natürlich es geht um seinen eigenen Hals. So muss ich bemerken, dass er trotz seines doch nun schon fortgeschrittenen Alters kein Jahr älter als dreißig aussieht. Aber was sage ich? Keiner der Crewmitglieder hat sich verändert. Das liegt wohl an dem Jungbrunnen, den sie vor meiner Zeit auf der Pearl entdeckt haben. Einer Zeit, als Pirat sein noch um so vieles leichter war, als es das heute ist. Immer mehr Inseln werden entdeckt, immer bessere Waffen entwickelt und immer mehr Soldaten jagen uns. Selbst einfache Handelsschiffe sind, ab und an, mit Kanonen ausgerüstet. Wo soll uns das alles nur hinführen?

„Immer noch derselbe“, bemerkt Jack spitz und wackelt den dunklen, schmalen Gang in Richtung seiner Kajüte entlang, mit der unausgesprochenen Forderung, dass ich ihm folge, welches ich auch tue. Ich folge ihm durch den schmalen, feuchten Gang. Der Geruch von feuchtem Holz, Rum und altem Essen kommt mir entgegen. Schon lange macht mir dies nichts mehr aus. Mit der Zeit gewöhnt der Mensch sich an alles. An ein Leben an Bord eines Schiffes, tagelanges Hungern, Schlachten, Kämpfe, Stürme, Verletzungen oder auch ein Leben ohne einen geliebten Menschen. Ja, der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Jack öffnet die große, schwarze aus massivem Holz bestehende Tür zur Kapitänskajüte. Ich betrete den nicht sehr großen, voll gepackten Raum. Gegenüber der Tür ist ein großes Fenster, davor der massive Eichenholzschreibtisch auf dem allerhand Karten, Messgeräte und auch einige Flaschen Rum stehen, liegen. Rechts davon steht ein großes Regal mit vielen Büchern, obwohl ich nicht glaube, dass Jack auch nur eines davon jemals gelesen hat, wenn er überhaupt lesen kann. Auf das Regal folgt ein großer, massiver, runder Holztisch mit vier Stühlen darum. An der linken Wand steht das große, wahrscheinlich unglaublich bequeme Bett. Natürlich nicht gemacht, durcheinander. Ein sehnsüchtiges, aber leises Seufzen entfleucht mir, als ich das Bett betrachte. Wie lange es jetzt wohl her ist, das ich das letzte Mal in einem Bett lag? Lange, sehr lange, zu lange. „John mach die Tür zu!“, reißt mich die Stimme meines Captains aus meinen Gedanken und ich gehorche. Er hat sich auf den Schreibtisch gesetzt, ungeachtet der Karten und Dinge die darauf lagen. Mit einer Hand greift er hinter sich und nimmt eine Rumflasche, leert sie in einem Zug. Ich ziehe eine Augenbraue hoch und schüttele den Kopf. Er wird sich niemals ändern! „Was wolltest du denn jetzt von mir?“, frage ich erneut und lehne mich gegen die Wand, die Arme vor der Brust verschränkend. Jacks Kopf wendet sich zu mir und ein zufriedenes Lächeln streift seine Züge. Verwirrt beobachte ich ihn. Was hat er nun wieder vor? „Sag mal John“, fängt er an und wirft die leere Flasche durch den Raum, sodass sie gegen das Bücherregal prallt und daran zerschellt, wie ein Schiff an einer Klippe, „Wie lange sitzen wir jetzt schon in dieser Flaute?“ „Eine Woche, vielleicht zwei“, antworte ich ihm und seine tiefbraunen Augen treffen die meinen. Eine Stille verbreitet sich, bis Jack vom Tisch springt und mich anschaut, „Du hast nicht“, er kommt langsam auf mich zu, „zufällig eine Idee, wie wir hier wieder rauskommen?“ Bitte? Diese Frage trifft mich wie ein Schlag in den Bauch, wie ein Blitz. Ich stehe wie erstarrt vor ihm und meine Gesichtszüge entgleiten mir. „Nein!“, bricht es aus mir heraus und ich festige wieder meinen Blick. „Nun ja….“, er grinst, „Was nützt uns, die wir ja hier in einer Flaute sitzen, wenn ich, der ja ebenfalls in einer Flaute sitzt einen Plan habe, der aber nur auszuführen ist, wenn wir diese Flaute verlassen, wenn wir, die wir ja einen Plan haben, aber in dieser Flaute sitzen, nicht aus dieser Flaute herauskommen?“ Ich schüttele den Kopf:„Jack! Das ist nicht witzig! Ist dir eigentlich klar, dass wir unter Umständen hier sterben könnten?“ „Unter womöglich eintreffenden Umständen, die vielleicht unter vielleichtigem Einwirken von womöglich eintretenden Komplikationen, eintreten KÖNNTEN, wäre es möglich das wir sterben“, entgegnet er und nimmt wieder seine typische ich-bin-der-coole-Pirat-der-sich-aus-nichts-aus-der-Ruhe-bringen-lässt-selbst-nicht-im-angesicht-des-wahrscheinlich-bald-eintreffenden-Todes-Pose ein. Jack wankt in Richtung des großen Fensters und schaut auf die stille See, sehnsüchtig, verträumt. „Nur eine kleine Prise, ein kleiner Sturm“, flüstert er wie zu sich selbst, „komm schon, tu mir doch den Gefallen. Wir hatten doch immer ein gutes Verhältnis zueinander Calypso. Komm schon…wir waren doch Freunde…irgendwann mal….gewesen…zu mindest…ein wenig“ „Jack?“, frage ich und gehe ein paar Schritte auf ihn zu. Schnell dreht er sich um, sein Gesichtsausdruck wie immer, cool, lässig. „Ja…also Johnny“, sagt er und legt einen Arm um meine Schulter, führt mich zur Tür, „Du gehst jetzt mal hoch und kümmerst dich so ein wenig um die Crew, während ich, da ich ja der Captain bin und du nicht, was ja logisch ist, da du der First Mate bist, nach einer Lösung für unser klitzekleines eigentlich gar nicht existierendes Problem suche“ Er öffnet die Tür schiebt mich hinaus und schließt sie wieder. Überrumpelt starre ich auf die schwarze, geschlossene Tür vor mir.

Als ich wieder das Deck betrete, ist die Crew immer noch am Spielen. Wegen einer Meuterei mache ich mir weniger sorgen, als wegen der Vorräte. So hatte ich mir das Piratenleben nicht vorgestellt. Hungern, Flauten, tagelange Langeweile bevor eine große Schlacht kommt oder ein mehrere Tage anhaltender Sturm. Wie jedes Kind, wie jeder Mensch war ich der naiven Vorstellung des „romantischen“ Piratendaseins verfallen. Über das Meer segeln, Sonnenschein, Gold und Juwelen. Aber die Realität war doch im Grunde das genaue Gegenteil.

Tief durchatmend und den Duft des salzigen Meeres und der sonnigen Luft einsaugend lehne ich mich gegen die Reling und schaue auf das stille und endlose Meer. Wie lange wohl der Vorrat noch reicht? Wahrscheinlich nicht sehr lang. Hoffnungsvoll blicke ich auf das endlose Blau, welches sich vor mir erstreckt, unendlich weit. Mit einem lauten Schrei, der mich zusammenzucken lässt, taucht auf einmal Jack, der kleine Affe, vor mir auf und springt aufgeregt auf und ab. Sanft streichele ich ihm das kleine Köpfchen und er streckt sich meiner Hand glücklich entgegen. Ich lächele gutmütig und der kleine Affe springt auf meine rechte Schulter, während ich über das Deck zur Crew wandere. „Ich habe gewonnen“, ruft Pintel aus und schnappt sich die letzte volle Rumflasche. „Hast du nicht“, entgegnet Marti und ein unerbitterlicher Kampf zwischen den Beiden um die Rumflasche entbrennt. Bald darauf beteiligen sich auch weitere Crewmitglieder um das geliebte Gebräu. Ich schaue auf die Prügelei vor mir und weiche einige Schritte zurück. Soll ich mich nun wirklich einmischen und dem ein Ende setzen? Mit einem skeptischen Blick auf die sich prügelnden Männer vor mir, wende ich dem den Rücken zu und steige die knarrende Treppe zum Ruder hinauf. Mr. Cotton wirft mir einen fragenden Blick zu und ich nicke. Er lässt das Ruder los und läuft hinunter, um sich auch an der Prügelei zu beteiligen. Sein Papagei flüchtet sich indes auf meine linke Schulter und ich bleibe am Ruder, man weiß ja nie. Mit strengem Blick bleibt mein Blick auf den Haufen Männer gerichtet, um im Falle des Falles einzugreifen, aber sie wollen nur ihre überschüssige Energie los werden. Außerdem liegen alle Nerven blank, vielleicht fühlen sie sich danach ja besser und die Stimmung an Bord wird wieder besser.

Es sind fünfzehn Minuten vergangen und immer noch sind sie sich am verprügeln. Faszinierend, diese Ausdauer die sie an den Tag legen. Ich warte noch einige Minuten ehe ich mich wieder zu ihnen begebe und meine Waffe ziehen. Ein lauter, donnernder Schuss in die Luft und alle Blicke sind auf mich gerichtet. „Genug“, sage ich bestimmt und drehe mich wieder um.

„John“, erklingt Mr. Gibbs Stimme hinter mir, als ich wieder am Ruder stehe, „Die Crew ist… na ja…ziemlich unzufrieden mit der vorherrschenden Situation“ Mein Blick ist starr geradeaus gerichtet. „John, hörst du mir überhaupt zu?“, fährt Mr. Gibbs fort, „Die Crew, einschließlich mir fängt an, an der Kompetenz unseres Captains zu zweifeln“ Mein Blick richtet sich auf den dicklichen Piraten neben mir. „Also dachten wir“, stammelt er weiter. „Dachtet ihr was?“, frage ich nach und lehne mich mit dem rechten Arm gegen das Ruder. „Das vielleicht Du, als guter und treuer Frist Mate, zumindest für eine bestimmte Zeit, die Kontrolle über die Pearl übernehmen solltest…“, antwortet Mr. Gibbs, das unwohle Gefühl, welches er bei diesen Worten hat, kann er nur schwer verbergen. Die Crew hat ihn mal wieder vorgeschickt. „Wie Ihr schon sagtet Mr. Gibbs, ich bin ein treuer First Mate“, entgegne ich ihm, „Ihr könnt der Crew ausrichten, dass jeder der sich gegen Jack stellt einen sicheren Platz in der Brigg hat“ „Aye Sir“, entgegnet er mit eingezogenem Kopf und geht zurück zur schon wartenden Crew. Niemand stellt sich gegen meinen Captain!
 

Es ist eine Woche vergangen und wir sitzen immer noch in dieser gottverdammten Flaute fest. Jack ist nicht mehr an Deck gekommen. Wahrscheinlich versucht er immer noch eine Lösung für dieses Problem zu finden. Unsere knappen Vorräte sind zur Neige gegangen und die Stimmung an Bord ist kritisch gesunken. Es ist dunkel als ich an Deck der Pearl stehe und aufs Meer schaue. Alle sind unter Deck, nur ich stehe hier oben und schaue auf das unbändige Blau. „Calypso“, flüstere ich leise in die Dunkelheit, „Calypso“ Ein heller Schein am Horizont, nur für einen kurzen Augenblick und ein lauter Donner. „Calypso“, murmele ich weiter, „Ich weiß du hörst mich“ Ein erneuter Donner und ein tiefer Atemzug meinerseits, „Ich habe dich niemals um Hilfe gebeten. Ich habe dich immer aus allem rausgehalten“ Ein heller Blitz und Donner. „Calypso“, flüstere ich erneut, „Glaubst du nicht du bist mir etwas schuldig. Nach allem was du mir angetan hast, nach allem was passiert ist, nach allem was ich für dich getan habe“ Ein lauter Donner, markerschütternd, „Calypso“ Ich wende mich von der See ab, ein leises Lied auf meinen Lippen, „Die Königin wurde vom König entführt, am Ende siegte er. Es ist vollbracht“, ein lauter Donner, „er hat die Macht und uns gehört das Meer“ Der lauteste Donner, den ich je gehört hatte und ein breites Lächeln auf meinen Lippen.

„Captain! Captain!“, hallt Ragettis Rufen durch das Schiff, „Captain! Wind, die Flaute ist vorbei!” Mit einem bedächtigen Lächeln auf den Lippen betrete ich neben der jubelnden Crew das sonnenbeschienene Deck und werde von einer kühlen Brise empfangen. Wie sehr ich mich danach gesehnt habe. „Danke Calypso“, flüstere ich in den kühlen Wind und das Schiff schaukelt sanft in den Wellen, „Pass gut auf meinen Bruder auf“



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