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Digimon - Cut

von

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Eine Führung, die ist ...

Hermann betrachtete sein verzerrtes Spiegelbild auf dem auf Hochglanz polierten Modell. Je nachdem, wie er seinen Kopf, oder den Körper hielt, verwandelte sich sein Gegenüber in eine schauderhafte Verzerrung seiner selbst, fast so, als hätte Frankenstein persönlich Hand angelegt.

Kritisch kniff er die Augen zusammen. Mit seiner Frisur schien dennoch etwas nicht zu stimmen. Er strich sich über die kurzen roten Haare hinweg, war aber mit dem Ergebnis immer noch nicht zufrieden.

Hinter ihm räusperte sich jemand. Hermann fuhr herum und blickte in das strenge Gesicht des Prof, der ihn mit festen Augen musterte. „Wenn der feine Herr Lomban dann geneigt wäre, sich von seinem Spiegelbild loszureißen und uns seine volle Aufmerksamkeit zu schenken, damit wir endlich beginnen können, wären alle Anwesenden sicherlich hellauf begeistert.“ Spott klang leise in der Stimme des Professors mit.

Schuldbewusst drehte sich der Angesprochene um und blickte in jede Menge belustigte Gesichter. Hermann grummelte etwas unverständliches und gliederte sich wieder in die Gruppe ein. Er griff sich an den Kopf.

Eigentlich war diese Fahrt genau das richtige gewesen. Hermann hatte sich tierisch gefreut, als das Ziel ausgegeben wurde, doch ausgerechnet an dem Tag, wo es zu seinem ‚Traumziel’ ging, plagten ihn Kopfschmerzen, gegen die kein Kraut gewachsen zu sein schien. Kurz vor Fahrtantritt hatte Hermann zwei Tabletten geschluckt, doch sie halfen nicht wirklich. Immer noch plagte ihn ein dumpfes Hämmern direkt hinter der Stirn. Jetzt hoffte Hermann darauf, dass es vielleicht verschwinden würden, wenn er ihnen keine Beachtung mehr schenkte und sich stattdessen auf die Ausführungen ihres Führers konzentrierte.

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„Wie weit sind die Vorbereitungen?“ – „Fast abgeschlossen. Alle Parameter im grünen Bereich.“ – „Gut, wie sehen Werte für einen möglichen Fehlschlag aus?“ – „Liegen noch bei 12%.“ – „Versuchen sie den Wert weiter zu drücken. Wir dürfen kein Risiko eingehen. Schon der erste Versuch muss ein Erfolg sein.“ – „Ja.“

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‚Wann zeigen die uns nur endlich mal die Computer,’ Hermann lief, zusammen mit der Gruppe jetzt schon eine geschlagene Stunde durch irgendwelche Tunnel und lauschte den Worten ihres Führers. Doch bisher waren dessen Ausführungen über die Arbeit, welche hier betrieben wurde, eher dürftig ausgefallen. Umso mehr schien er es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, die Firmen, die hinter KERN standen, anzupreisen, fast so, als befänden sie sich auf einem Verkaufsgespräch. Das nervte Hermann ziemlich ab.

Wenigstens waren die Kopfschmerzen mit der Zeit tatsächlich abgeklungen und er nutzte diese Gunst, um die Umgebung besser in Augenschein zu nehmen, auch wenn es hier unten nicht sonderlich viel zu entdecken gab. Rohre, soweit das Auge blicken konnte, Relais, noch mehr Rohre, Schaltkästen, noch mehr Rohre mit und ohne Isolationsmaterial und ein paar kryptische Buchstaben und Zahlen, die niemandem, außer vielleicht dem Führer etwas sagten. Sicherlich hätte man der Sache etwas Interessantes abgewinnen können, wenn der Erzähler nicht so eine Schlaftablette wäre. Seine Stimme war vollkommen monoton und einschläfernd.

Immer wieder sah Hermann Mitstudenten hinter vorgehaltener Hand gähnen. Der Schein entwickelte sich langsam aber sicher zu einer echten Geduldsprobe.

Wenn sie doch wenigstens mal langsam im Kontrollraum angelangen würden. Hermann interessierte sich mehr für die sichtbaren Abläufe als für die gesprochene Theorie, was ihm im Kurs immer wieder auch kleinere Probleme einhandelte, da sein Gebiet nun mal die praktische, nicht die theoretische Physik war. Da konnte man wenigstens erkennen, was das Ergebnis war und es blieb nicht nur blanke Theorie. Hermann waren fassbare Beweise lieber.

„Hinter dieser Wand befindet sich der Teilchenbeschleuniger. Leider darf ich ihnen diesen während des laufenden Betriebes nicht zeigen. Sicherheit, sie verstehen bestimmt. Aber seien sie sich gewiss, dass sie dort nichts verpassen, was man sich nicht später im Kontrollraum viel besser ansehen könnte.“ Der missglückte Versuch eines Lächelns zeigte sich auf dessen Gesicht und Hermann verdrehte die Augen. Dann blickte er zur grauen Betonwand hinter der sich das Gerät seiner Begierde verbarg.

Hermann fragte sich, was sie eigentlich hier unten taten. Immerhin liefen die Prozesse im Beschleuniger in Lichtgeschwindigkeit ab und man würde sicherlich nicht viel mehr sehen, als weitere Rohre, Kabel, Magnete und Schaltungen. Dennoch wäre er gerne mal, wenigstens für ein paar Minuten, dem Gerät näher gekommen.

Allerdings schien Hermann mit dieser Meinung nicht ganz alleine zu sein, denn ein schwarzhaariger Junge trat an besagte Mauer und streckte die Hand aus, um sie zu berühren. „Wozu sind wir dann eigentlich hierher gekommen, wenn wir das, worüber wir, unter Umständen sogar geprüft werden, nicht mal mit eigenen Augen sehen dürfen?“

Der Prof warf dem Jungen einen vernichtenden Blick zu. Hermann brauchte einen Moment, bis er den Namen parat hatte. Quinn… und dieser spielte nun sichtbar mit der Gunst des Professors. Irgendwo in den hinteren Gegenden seines Gedächtnisses meinte Hermann sich daran zu erinnern, dass dieser Quinn wohl auf dem Gymnasium schon eine Ehrenrunde gedreht hatte, und darauf auch noch ziemlich stolz war.

Allein an der Gesichtsfarbe des Professors war abzulesen, dass man jetzt wohl besser den Mund halten würde, doch Quinn schien das nicht so zu sehen. „Wenigstens einen kleinen Blick? Das sollte doch OK gehen, oder?“ – „Kinkel, es reicht.“ Die Stimme des Professors klang gepresst und es schien ratsam zu sein besser im Moment seinen Anweisungen Folge zu leisten.

Quinn gähnte nur und ließ die Wand los, bevor er zu den Anderen zurück schritt. „Schade“, murmelte er gespielt trauernd. Der Prof warf dem Jungen einen weiteren finsteren Blick zu.

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„Alles ok soweit?“ – „Sind im letzten Abschnitt des Countdowns. T – 30 Sekunden.“ – „Mist, Fehler in Konverter 5.“ – „Abschalten!“ – „Nicht mehr möglich, der Strahl ist bereits unterwegs.“ – „Lösen sie stummen Alarm aus. Evakuierung des betroffenen Bereiches.“

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Für einen Moment erschien es Hermann so, als wäre ihr Führer zusammengezuckt, doch dieser unterbrach seinen Redefluss nicht, weshalb er es als Hirngespinst abtat. Jedenfalls zeigte keiner der anderen Anwesenden, dass er diese Reaktion ebenfalls bemerkt hätte.

Doch dann merkte Hermann, dass ihr Führer nicht mehr ganz so langsam seinen Vortrag hielt, sondern ihn beschleunigte und nun seinen Weg änderte, während er sich über den rechten Arm rieb.

„Wenn sie mir nun bitte folgen wollen, wir begeben uns jetzt zu einem der Sicherungsräume…“ Eine gelbe Lampe begann aufzuleuchten und sich zu drehen. Gleichzeitig ertönte ein auf- und abschwellendes Summen.

„Was hat das zu bedeuten?“ Der Prof wirbelte zu ihrem Führer herum, der nun nicht mehr so glücklich aus der Wäsche schaute. „Das ist nur eine Vorsichtsmaßnahme. Keinen Grund beunruhigt zu sein. Wir werden nur aufgefordert den Bereich hier zu verlassen.“ Ihr Führer zuckte kurz mit den Schultern. „Scheint, dass wir etwas zu langsam sind. Für heute waren noch Belastungstest angesetzt, deshalb wird dieser Bereich geräumt. Wenn sie mir also jetzt bitte folgen würden?“

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„Abschottung des Bereiches wird eingeleitet.“

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Ein anderer Signalton erklang und diesmal war ihr Führer sichtbar nervös. „Das muss schneller gehen. Gleich wird hier alles abgeriegelt.“ Er verschärfte sein Tempo zu einer Metalltür, die sich langsam zu schließen begann. Immer wieder forderte er die Studenten mit Gesten auf sich schneller zu bewegen.

„Erzähl mir, was du willst, aber das ist doch kein normaler Testlauf“, flüsterte Hermann Quinn zu, als er zu diesem aufgeschlossen hatte. „Glaube ich auch nicht“, stimmte dieser ihm zu und blieb im nächsten Moment mit seiner Hose an einem hervorstehenden Metallstück hängen. Quinn verlor das Gleichgewicht und fiel zu Boden. Fluchend rappelte er sich halb auf, rieb sich die Nase und begann an seiner Hose zu ziehen. „Mist. Verdammt, hilf mir mal.“

Ein Teil seines Hosenbeines hatte sich ausgerechnet an einer Metallspange verfangen, das jetzt, wohl durch den Ruck, ein Stück weit in den Boden geglitten war. Das Metallteil gehörte zu einem größeren Gebilde, das viel zu schwer war, als das man es einfach anheben konnte. Damit war ihnen jegliche Möglichkeit entzogen es normal zu lösen. Fieberhaft versuchte Quinn sich zu befreien. Hermann begann ebenfalls an dem Hosenbein zu ziehen, doch der Jeansstoff war von sehr guter Qualität und gab nicht nach.

„Hey“, Quinn blickte zu den Anderen zurück, die bereits alle hinter der Schutztür standen, die nun halb geschlossen war. Die Meisten sahen ihn nur mit fassungslosen Gesichtern an, doch niemand machte sich bereit ihnen zur Hilfe zu kommen. Stattdessen starrten sie die Jungs nur an ohne ein Wort zu verlieren.

„Scheiße, was soll das. Helft mir, oder soll ich hier drin verrecken?“ Quinns Stimme überschlug sich fast, während er weiter an dem Hosenbein zerrte. Er durchlebte Todesangst. „So schlimm wird es nicht kommen“, beschwichtigte ihn ihr Führer. „Dir kann nichts passieren. Die Verriegelung ist nur eine reine Vorsichtsmaßnahme. Das System ist vollkommen sicher. Wenn der Test vorbei ist kommen wir und befreien dich. Keine Sorge.“ Quinns Gesicht wechselte zwischen kreidebleich und wutrot. „Das ist doch jetzt nicht ihr Ernst oder?“

„Platz da“, mit einem Mal wurde der Führer zur Seite gestoßen und Katrin schlängelte sich an ihm vorbei. Sie eilte zu den Jungs und begann ebenfalls zu zerren. „Hey kommt zurück. Ihr dürft nicht dort bleiben.“ Katrin funkelte den Führer böse an. Auch sie versuchte irgendwie die Hose von Quinn zu lösen. „Los, mach die Schnalle auf.“ – „Ich soll was?“ – „Zieh die verfluchte Hose aus. LOS!“

Wieder erhielt der Führer einen Stoß und Simone eilte an ihm vorbei. Diesmal griff der Forscher zu. „Hiergeblieben. Das Gelände ist jetzt Sperrgebiet.“ – „Sorry, I don't understand you.“ Mit einer fließenden Bewegung riss sich von ihm los, grade im letzten Moment, wo der Spalt so breit war, als das man noch hindurchschlüpfen konnte.

Durch ein extrem dickes Fenster blickten die Zurückgebliebenen auf die 4 Eingeschlossenen. Zu dritt zerrten sie an der Hose, während Quinn versuchte sie loszuwerden. Doch dann gab sie mit einem Ruck und einem reißenden Geräusch nach. Die Ziehenden fielen nach hinten auf den Boden. Aber wenigstens war Quinn nun frei.

Hastig rappelten sie sich wieder auf und zogen Quinn auf die Beine. „Los, machen sie die Tür wieder auf!“ schrie Katrin und hämmerte gegen das Fenster. Doch die Leute auf der anderen Seite konnten sie nicht verstehen.

Hastig deutete sie an, dass man die Tür öffnen sollte, doch da veränderte sich ohne Vorwarnung das Licht im Raum. Es wurde dunkelrot und die Leute, die die Szenerie am Fenster beobachteten wichen erschrocken zurück.

Die 4 Eingeschlossenen wurden hektisch und sahen sich nach einer Möglichkeit um, wo sie Schutz suchen konnten, doch da war nichts. Unterbewusst spürten sie, dass es nicht mehr so ‚harmlos’ war, wie dieser Führer behauptet hatte.

Der Boden begann zu vibrieren und neben Katrin tanzte ein loses Metallblättchen auf einem Rohr in minimalem Abstand auf und nieder.

Schlagartig wurde es Finster und still im Raum, so als hätte man alles Licht und Laute einfach ausradiert.

Die Studenten hinter dem Fenster hielten den Atem an. Ihr Führer riss sich vom Anblick los und eilte zu einer, in der Wand eingelassenen, Kommunikationseinheit. Hastig riss er das kleine Gerät aus der Halterung und steckte es sich ins Ohr. „Zentrale, was auch immer sie da grade machen, stoppen sie alle Aktionen. Es sind Personen im inneren Kreis. Ich wiederhole: Es befinden sich noch Personen im inneren Kreis. Code Rot.“

Ein buntes Lichtermeer an Alarmleuchten und Sirenen begann loszuheulen und der Forscher wurde kreidebleich. „Los kommt. Alle Mann raus hier. Wir müssen weiter aus diesem Kreis heraus.“ – „Aber meine Studenten…“ stammelte der Professor und deutete zur verschlossenen Tür. „Unsere Leute werden sich um sie kümmern, aber jetzt müssen wir uns weiter zurückziehen. Kommen sie, los kommen sie.“

Der Führer schleuste die Studenten und den Professor in neuer Rekordzeit aus den unteren Bereichen des Komplexes zurück an die Oberfläche. Je weiter sie sich von dem Platz entfernten, desto mehr schien er seine Sicherheit zurück zu gewinnen.

Als sie oben ankamen, schien es sogar fast so, als habe es den Vorfall unten nie gegeben. „Tut mir leid, dass wir unsere Führung so abrupt abbrechen müssen, aber sie sehen ja, was hier los ist.“

Drei Leute kamen auf die Gruppe zu. „Meine Kollegen werden sich um sie kümmern. Wir möchten uns noch einmal für die Unannehmlichkeiten entschuldigen.“ Ihr ehemaliger Führer drehte sich zu der Gruppe um. „Bitte verstehen sie, dass wir sie nun bitten müssen, ein paar kleinere Untersuchungen über sich ergehen zu lassen. Es ist nichts, was sie beunruhigen sollte. Alles nur eine reine Vorsichtsmaßnahme.“ Mit einer fließenden Bewegung deutete er in die Richtung eines hastig aufgebauten Zeltes.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Ichitaka
2008-12-08T21:53:48+00:00 08.12.2008 22:53
Das Kapi ist sehr gut geschrieben und bei deiner Evakuierung war sone Herzpochszene, also ne spannende, wenn die da so eingeschlossen sind.XD
Die Liste schick cih dir dann zu.XD
Von:  Alaiya
2008-12-04T18:35:47+00:00 04.12.2008 19:35
So, siehst du, Alaiya hat auch mal gelesen xDD
Naja, was soll ich sagen
Spannend ist es, aber der Schreibstil varriert. Am Anfang war es ein wenig trocken zu lesen. Am Ende gings.
Ich hätte diese Abschnitte mit "Evakuierung eingeleitet" und so mit Kursiv oder Blockschrift abgetrennt. Wäre besser gewesen, glaub ich.
Und Zahlen bis Zwanzig schreibt man in einem Fließtext immer aus ^^"


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