Geisterlibelle
Entschuldigt die Verspätung, ich hatte ein paar Prüfungen. ;) Aber hier gehts nu weiter. Meinungen wie immer gerne gesehen.
Kapitel 3 - Geisterlibelle
Tag 24.
Sakura fühlte sich nicht gut. Ihre Hand tastete nach dem kleinen Anhänger auf ihrer Brust, während ihr Puls raste. Der Anhänger gab ihr scheinbar Sicherheit.
Wieder hatte sie die Nacht nicht gut geschlafen, wieder hatte sie das beständige, wenn auch sehr schwache Gefühl, nicht allein zu sein. Niemals allein zu sein. Aber es gelang ihr nie, jemanden zu entdecken. Einmal war sie sich sicher gewesen, jemand wäre ihr in der dunklen Straße nach Arbeitsende gefolgt, doch es hatte sich als eine streunende Katze herausgestellt, ein anderes Mal war es eine Ratte gewesen, und wieder ein anderes Mal war es nur der Wind, der ihr in der schattigen, verfallenden Stadtstraße Streiche gespielt hatte.
Sakura schüttelte den Kopf und legte eine kühle Hand gegen die Stirn.
Sie hatte das Gefühl, verrückt zu werden.
Als ausgebildete Ärztin diagnostizierte sie bei sich selbst Paranoia. Der Auslöser dafür war unbekannt. Vielleicht lag es einfach an der Stadt? Sie konnte sich auf ihre Ninjafähigkeiten bisher immer verlassen, nur dieses Mal sagten ihr ihre Instinkte nur schwach, dass etwas nicht stimmte, wohin gegen ihr Verstand seit zwei Wochen ebenfalls keinen Beweis dafür liefern konnte.
Ino teilte ihre Besorgnis nicht. Ino wollte nur so schnell wie möglich die Mission hinter sich bringen und dann nach Hause nach Konoha zurück. Sakura konnte es verstehen, sie wollte auch nach Hause. Nichts lieber als das.
Aber wenn sie jetzt so einfach abdrehen würden, ohne den Anhänger, dann wäre ihre Mission als gescheitert zu betrachten. Gescheitert. Bei ihrem ersten, eigenständigen Undercover-Einsatz. Nein, danke.
Nervös fuhr sich Sakura die Haare aus dem Gesicht. Sie versuchte ihren Puls zu beruhigen, der nach wie vor raste. Wieso raste er so?
Konzentrier dich, Sakura, alles wird gut. Das wird schon wieder. Du bist einfach nur übermüdet… Du wirst doch nicht wirklich in die Wechseljahre kommen?! VOR Ino!?
Heute Nacht sollte die Übergabe stattfinden, und Sakura und Ino hatten sich einen guten Plan ausgedacht, wie sie die Libelle durch ein Karawimi austauschen, und mit dem Original verduften konnten.
Nicht mehr lange also.
Heut Nacht war es soweit, und jetzt wollte sich Ino noch einmal mit Sakura im Park treffen, um die letzten Details ein letztes Mal durchzugehen.
Sakura wartete also im Park. Doch Ino verspätete sich.
Es war später Nachmittag, und Sakura wartete bereits eine halbe Stunde. Der Himmel bewölkte sich finster und zog zu. Erste Regentropfen fielen hinab und schlugen auf die heiße Erde, die in den letzten Sommertagen nur schier unerträgliche Hitze gesehen hatte. Sogar der Nebel war wieder zurückgekehrt und ließ die Stadt wieder grau und schmutzig wirken. Nicht, dass sie nicht die ganze Zeit so wirkte.
Viele Menschen waren heute im Park unterwegs, der nahe gelegene Marktplatz hatte noch geöffnet, und viele Bürger der Stadt kamen von dort direkt in die einzige Grünanlage dieser hässlichen Metropole marschiert wie grimmige Marionetten. Das aufkommende Unwetter schien die Menschen hier nicht weiter zu stören, sie waren daran gewöhnt und überfüllten gleichgültig die Straßen.
Da entdeckte Sakura Inos Blondschopf zwischen den Massen.
Ino eilte strahlend und mit schnellen Schritten auf Sakuras Standort zu, sie zwängte sich zwischen den Menschen hindurch und war keine hundert Meter mehr von Sakura entfernt, als plötzlich Männer sich grob durch die Menge drängelten, und Ino abpassten. Sie waren schwer bewaffnet, ihre Rüstungen und Helme wiesen sie als Soldaten Yaigenyagaharas aus.
„Einen Moment mal, junge Frau!“
„Keinen Schritt weiter!“
„Öhm,… Was ist denn?“
„Sind Sie die Kunoichi Yamanaka Ino aus Konoha? Dann müssen wir Sie in Verwahrung nehmen!“
Ino erschrak bis in die Knochen. Das kam plötzlich! Entsetzt schossen ihr die wildesten Gedanken durch den Kopf. Sie war entdeckt worden? Was hatte sie verraten? Wie hatte das passieren können? Es war eigentlich nicht möglich! Sie hatte nichts bei sich, was sie mit ihrem vollen Namen auswies! Nicht einmal in ihrem Zimmer bei Yunsen! Das war alles bei Sakura! Wie also… Wer… !? …
Da fiel ihr etwas ein. Sakuras Bedenken… Sakuras Befürchtungen, jemand könne sie verfolgen… jemand… Könnte dieser jemand etwa in Sakuras Wohnung…?
„Bitte leisten Sie keinen Widerstand, sonst sind wir gezwungen, Gewalt anzuwenden!“
Ino blickte sich panisch um. Die Menschen die hier auf dem Marktplatz standen schauten ebenfalls alle stumm und anklagend auf sie und machten mit ihren grimmigen Gesichtern deutlich, dass sie für eine Flucht der Kunoichi aus Konoha keinen Deut zur Seite weichen oder sie unterstützen würden.
Ino brach der Schweiß aus. In einer solchen Situation hatte sie sich noch nicht befunden. Ertappt wie von Mama beim Teignaschen. Nur in etwas größerem Umfang, und sie würde nicht bloß auf die Finger bekommen. Aber wo war…? Sie entdeckte Sakuras Haarschopf am Rande der Menschenmasse, und konnte erkennen, wie sich die zweite Kunoichi zu ihr durcharbeitete. Dummkopf, von dir haben sie noch nichts gesagt, vielleicht wissen sie nicht, dass du auch aus Konoha bist! Bleib gefälligst weg von mir, damit du mich später noch heldenhaft retten kannst!
Ino warf Sakura eindringliche Blicke zu und machte möglichst unauffällig entsprechende Gesten. Verschwinde, Sakura! Verschwinde auf der Stelle!
Ino blickte die Soldaten an. „Meine Herren, ich weiß nicht wie sie darauf kommen ich könnte aus… wie sagten sie? Aus Kanaha kommen? Was soll das sein?“
„Stell dich nicht dumm, wir wissen über dich bescheid.“ Ein Soldat ergriff ihren Arm und verdrehte ihn grob auf den Rücken.
„Vorsicht, ich bin schließlich eine Frau!“, fauchte Ino erbost.
Der Soldat schien nur noch wütender zu werden. „Konoha-Shinobi!“ Er spuckte aus, und ein Teil seines Speichels blieb Ino im Gesicht haften. Angewidert kreischte sie auf, entwand sich dem stahlharten Griff des Soldaten, packte ihn und hebelte seine Arme so, dass er nun den Boden küsste und sich nicht mehr bewegen konnte. Als allerdings nun ungefähr zehn Kurzschwerter sich auf Ino richteten, musste sich die junge Kunoichi eingestehen, dass sie entweder ganz schnell ein Wind- oder Feuerjutsu erlernte um ordentlich für Furore zu sorgen, oder sie ergab sich. Noch bevor sie den Gedanken zu Ende gedacht hatte, schlug ein Soldat ihr seinen Schwertknauf in den Nacken, und mit einem Aufschrei sackte sie zu Boden. Sofort packte sie der Soldat, den sie zuvor selbst noch niedergerungen hatte, und wütend schaute sie auf. Fesseln banden ihre Hände auf den Rücken, und grob wurde sie auf die Füße gezerrt. „Ihr irrt euch, ich bin weder aus Konaho noch aus sonst wo mit K, ich…“- „Klappe halten, Shinobi, wir haben unsere Information von ganz oben, und alles was von dort kommt stimmt immer!“
„Ts, ihr macht euch wohl nie die Mühe, selbst mal zu denken, was? Vielleicht erzählen die von Oben euch ja auch Mist und lachen sich dann über euch schlapp.“ Dafür kassierte Ino einen weiteren Knuff mit dem Ellebogen, der ihr wahrscheinlich ein sattes Veilchen verursachen würde.
Ino blickte zur Seite und entdeckte Sakura, die immer noch versuchte, sich durch die engen Menschenmengen zu ihr durch zu boxen. „Hätte ich eine schrecklich breite Stirn, würde ich sofort mein Heil in der Flucht suchen, aber ich bin nur eine schwache, junge Frau die auf eine starke Hand in ihrem Leben hofft, die ihr Haus und Hof verdient. Ich allein könnte niemals etwas Großes zustande bringen, ich bin doch am Ende nur ein Mädchen, dass allein in dieser Welt nicht überleben kann…“ Ino hatte ihre Worte verzweifelt und laut ausgesprochen, in der primären Hoffnung, dass Sakura die versteckte Botschaft darin verstand, verschwand und sie später noch befreite, und der sekundären Hoffnung, dass der Pöbel um sie herum ein bisschen Mitleid für sie empfand, ebenso wie ihre Soldaten. Aber in dieser herzlosen Stadt waren ihre Wünsche wohl ziemlich fehl am Platz… Als Antwort wurde sie von den grimmigen Stadtbewohnern mit Tomaten und fauligen Salatblättern beworfen, und ziemlich unsanft fort gezerrt.
Sakura blieb schließlich stehen und beobachtete aus weiten Augen, wie Ino von einem Haufen Soldaten abgeführt wurde, und sich die Menge träge für ihren Abzug teilte.
Sakura glaubte, sie verstünde die Welt nicht mehr.
Was um alles in der Welt war hier gerade passiert? Sie hörte die gemurmelten Gespräche der Menschenmenge, die sich darüber unterhielten, dass hier anscheinend eine Kunoichi aus dem verhassten Konoha von der Obrigkeit aufgespürt worden, und umgehend in Verwahrsam genommen worden war. „Lebendig verlässt dieses Hexenweib bestimmt nicht unsere Stadt…!“
Sakura zitterte am ganzen Leib. Ino enttarnt… Woher hatten diese Leute das erfahren? Wie hatten sie wissen können, woher Ino kam und wer sie war? Und sogar, wie Ino aussah war kein Geheimnis? Hatte jemand hier sie wiedererkannt? Hatte Yunsen ihre Identität entdeckt? Aber nein, Ino war so vorsichtig gewesen, sie hatte kaum Ninja-Sachen bei Yunsen, und die Daten, die sie hätten identifizieren können, hatte Ino sogar vorsichtshalber bei Sakura zwischengelagert… Sakura wurde eiskalt.
Wäre es…
Wäre es etwa möglich…
War nicht Ino das Leck, sondern sie…?
Was wäre, wenn…
Ihre zitternde Hand wanderte ruckhaft an ihren Anhänger und klammerte sich dort fest. Hektisch schaute sie sich um. Sie durfte nicht mit Ino in Verbindung gebracht werden, besser, sie verschwand vom Marktplatz, bevor sie noch jemandem auffiel der sie beide öfter zusammen gesehen hatte.
Ihre Hand klammerte sich an den kleinen zierlichen Anhänger an ihrem Hals, den einzigen Halt den sie im Augenblick verspürte, und sie eilte zwischen der aufgebrachten Menschenmenge in Richtung des angrenzenden Parks.
War ihnen jemand auf der Spur? Waren sie entdeckt worden? Waren sie… verraten worden? Aber warum dann nur Ino? Warum wurde nicht nach ihr gesucht, warum nur nach Ino?
Sakuras Gedanken rasten und überschlugen sich.
Schluss damit!, mahnte sie sich. Sie wusste schließlich, was sie zu tun hatte. Sie würde ihre Kontakte anzapfen, Inos Aufenthaltsort herausfinden, sie in der Nacht befreien, sodass sie anschließend um Mitternacht die Übergabe des Libellenanhängers stören konnten um den Anhänger zu beschaffen, und dann würden sie schleunigst das Weite suchen und nach Konoha zurückkehren. Ja, so würde es funktionieren.
Dennoch…
Es war alles so ungewiss, so viele unsichere Stellen und fehlende Details in ihrem Plan, so viele Lücken im Gesamtüberblick… Sakura hatte tatsächlich Angst. Konoha war viele Tagesreisen entfernt, in diesen Bergen hasste man Blattninjas bis aufs Blut - sie war nun ganz auf sich allein gestellt…
Ihr erster Undercover-Einsatz ohne die Leitung von einem höherrangigem Shinobi.
Sie hatte ja gewusst, dass es gefährlich war in diese Stadt zu gehen, und wie ewig schien es ihr inzwischen zurück zu liegen, dass sie das erste Mal einen Fuß in diesen Ort setzte. Aber sie war doch ein Ninja, und somit brauchte sie keine Angst zu haben…
Dennoch…
Dennoch gab es so vieles, was ohne ihr Wissen geschehen war, was ohne ihre Kontrolle geschehen war… Sie war bis an diesen Punkt in Yaigenyagahara gekommen, weil Ino als eine zuverlässige Stütze an ihrer Seite gewesen war, doch nun war sie fort… Du wirst doch wohl jetzt nicht in Panik geraten, Mädchen!, mahnte sie sich, und atmete tief durch.
Ihre bester Freundin schwebte in Lebensgefahr, und jemand hatte sie verraten. Sie musste Ino sobald wie möglich befreien. Sie brauchte einen Plan! Einen guten Plan! So einfach war das.
Ein Geräusch ließ sie aufhorchen. Sakura stockte mitten in ihrem Schritt, und sah sich um. Sie war so in Gedanken versunken gewesen, dass sie gar nicht gemerkt hatte, wie weit sie eigentlich in den Park gegangen war, und sie war auch zu abgelenkt gewesen um zu bemerken, dass sie nicht mehr allein war.
Ihre Nackenhärchen stellten sich auf, und ein kalter Windzug streifte neckend ihre nackten Unterarme. Es war totenstill. Die Menschen und das Getümmel vom Marktplatz lagen weit hinter ihr; hier im Park machten nicht einmal die Tiere mehr einen Laut…
Der Puls raste und plötzlich ergriff eine riesige Furcht von Sakura Besitz. Was wenn…! Sie drehte sich abrupt um, doch hinter ihr war niemand. Nur Nieselregen und Nebel… Niemand… Das... Das war kein Nebel! Das war… Da packte plötzlich eine lederbehandschuhte Hand fest ihren Arm, zog sie gewaltsam nach hinten gegen einen harten Körper und presste ihr ein nasses Tuch auf Mund und Nase.
Es war so unglaublich schnell gegangen, dass Sakura nicht einmal mehr mitbekam, wie schlagartig alle Kraft aus ihren Gliedern wich und sie ohnmächtig in den Armen des fremden Mannes, der seine Sakura inzwischen so gut kannte, zusammenbrach.
~~~Ende Kapitel 3 – Geisterlibelle~~~