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Shiomari

Waffen, Brüder und andere Probleme
von

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Arm dran

Es war früh am nächsten Morgen, noch vor Sonnenaufgang, als Tomoki die Hütte betrat und sowohl Jaken als auch Rin in einem Ton erklärte, der keinen Widerspruch duldete: „Sobald euer Herr den Verschlag betreten hat, werdet ihr euch von diesem fernhalten, bis er wieder herauskommt.“ Geduldig wartete Tomoki bis die Beiden nach einem Blick auf den Hundeyōkai genickt hatten und fügte hinzu: „Ihr werdet euch in der nächsten Zeit selbst versorgen müssen, solang ihr im Bannkreis bleibt, wird euch keine Gefahr drohen, verlasst ihr ihn, seid ihr auf euch selbst gestellt.“ Ohne abzuwarten, ob Jaken oder Rin darauf etwas zu sagen hatten, wandte sich Tomoki anschließend zu Sesshōmaru und forderte ihn auf ihm in den Bretterverschlag zu folgen.
 

Als die beiden Männer den kleinen Raum betraten, saß bereits Mitsuki an einer Feuerstelle in der Mitte des Raumes, um die sich ebenfalls ein Muster der Zeichen befand, die an die Schuppenwände geschrieben worden waren. Während Mitsuki Sesshōmaru aufforderte sich neben sie zu setzen, ließ sich Tomoki direkt vor dem Eingang auf dem Boden nieder, den Rücken an die Tür gelehnt. Wachsam und leicht angespannt blickte der Dämon zwischen den beiden Gastgebern hin und her, immer darauf gefasst im nächsten Moment um sein Leben kämpfen zu müssen, doch keiner der beiden zeigte auch nur im Entferntesten Anzeichen von Kampfbereitschaft. Stattdessen bat Mitsuki ihn, ihr Tenseiga zu überlassen und den Stumpf seines linken Oberarms aus seinen Kleidern zu befreien.
 

In dem Wissen, dass sie ihm mit Tenseiga keinen Schaden würde zufügen können und er in jedem Fall schnell genug wäre sie einzuholen, sollte sie versuchen mit dem Schwert zu fliehen, überließ es ihr der Yōkai, bevor er seine Rüstung ablegte, die Seidenschleife an seiner Hüfte löste und anschließend aus dem linken Ärmel seiner Uwagi schlüpfte. Unterdessen hatte Mistuki Tenseiga quer über ihre Oberschenkel gelegt, beide Hände flach auf die Schwertscheide gelegt und schien tatsächlich so etwas wie Zwiesprache mit Tenseiga zu halten. Schließlich sah sie wieder zu Sesshōmaru auf, nickte, als sie sah, dass er ihrer Aufforderung nachgekommen war und erhob sich kurz, nachdem sie Tenseiga vorsichtig auf den Boden gelegt hatte.
 

Schweigend sah Sesshōmaru zu, wie sie sowohl seine Rüstung als auch Tōkejin aufhob und in der Nähe der Tür in einer Ecke ablegte, bevor sie einen Gegenstand, der sich bereits zuvor dort befunden hatte, aufhob und zu dem Dämon am Feuer zurückkehrte. Es handelte sich um eine längliche, schmale Holzkiste, die Mitsuki öffnete, sobald sie sich wieder gesetzt hatte, und Sesshomaru den in der Kiste befindlichen aus Holz, Leder und Sehnen gearbeiteten Arm zu Gesicht bekam. Auch auf diesem Arm befanden sich wiederum die bereits von der Hüttenzeichnung her bekannten Symbole. Ohne zu fragen, ob er mit dieser Arbeit zufrieden war oder sich ein letztes Mal zu vergewissern, ob er es sich vielleicht doch anders überlegt hatte, zog Mitsuki Tenseiga aus der Scheide, nachdem sie die Kiste samt Arm geöffnet neben Sesshōmaru gestellt hatte. Mit einer geschmeidigen Sicherheit, die verriet wie vertraut sie im Umgang mit Schwertern war, schwang Mitsuki Tenseiga in Richtung des Armstumpfes, der kaum, dass die Klinge diesen berührte hatte, zu bluten begann, als wäre der Arm eben erst abgetrennt worden. Für einen winzigen Augenblick verengte Sesshōmaru bei diesem Anblick die Augen, sonst jedoch war seinem Verhalten nicht zu entnehmen, ob er überrascht war oder Schmerzen empfand. Ohne innezuhalten oder auf das Blut zu reagieren, dass ungehindert auf den Lehmboden des Verschlags floss, schwang Mitsuki Tenseiga ein zweites Mal, diesmal auf das obere Ende der Armprothese gerichtet. Im nächsten Moment hatte sich dieses Ende verändert und wirkte nun wie die Schnittfläche eines gerade abgetrennten Armes, sobald diese Veränderung eingetreten war, fügte Mitsuki den künstlichen Arm an den noch immer blutenden Armstumpf des Dämons, ließ anschließend Tenseigas Griff los, um es in der Mitte der Klinge anzufassen, hielt es dann für Sekunden ins Feuer bis die Spitze der Klinge zu glühen begann und presste diese schließlich auf die Stelle wo Prothese und Stumpf aufeinander trafen. Es zischte leise, als Haut und Leder versenkt wurden und ein unangenehm stechender Geruch hing in der Luft, der sich noch verstärkte, als Mitsuki diese Prozedur wiederholte.
 

Trotzdem Sesshōmaru genau beobachtet hatte, was Mitsuki tat und auf diese Weise zumindest ein wenig vorgewarnt worden war, kostete es ihn doch einiges an Selbstbeherrschung sich den Schmerz, der begonnen hatte in seinem linken Armstumpf zu wüten, nicht anmerken zu lassen. Bis jetzt trafen Mitsukis Worte noch nicht zu, der Schmerz überstieg noch nicht den, als er seinen linken Arm verloren hatte, aber er war sich nicht sicher, wie lange das noch so bleiben würde.
 

Unterdessen hatte Mitsuki immer wieder aufs Neue die Klinge Tenseigas ins Feuer gehalten, bis diese glühte, um sie anschließend senkrecht zu der Linie an der Armstumpf und Prothese auf einander trafen auf diese zu drücken. Dieser Vorgang wiederholte sich solang, bis der Arm vollständig umrundet worden war. Das Interessante war, dass nach dieser Prozedur nicht mehr zu erkennen war, wo der Armstumpf geendet und die Prothese begonnen hatte und zugleich die Haut des neuen Arms begonnen hatte sich zu regenerieren.
 

Sobald die Prothese mit dem Körper des Dämons verbunden war, ließ Mitsuki den Arm los, sodass dieser widerstandslos herabfiel, räumte die leere Kiste beiseite und überließ Tomoki Tenseiga, damit dieser es nach den überstandenen Strapazen pflegte.

Nach wie vor schweigend setzte sich Mitsuki wieder neben Sesshōmaru und schien sich gelassen auf eine lange Wartezeit einzurichten, während der Yōkai inzwischen bereits die Zähne zusammenbeißen musste, um keinen Laut von sich zugeben oder sich in sonst einer Form etwas anmerken zu lassen.
 

Der Schmerz wurde immer stärker, er tobte, wütete, gebärdete sich wie eine außer Kontrolle geratene Bestie und schien auf diese Weise an Macht zu gewinnen. Sesshōmaru war bemüht diesen Schmerz möglichst zu ignorieren, ihn sich nicht anmerken zu lassen, während der Schmerz begann sich auszubreiten, sich immer weiter in Richtung der Hand des neuen Arms fraß und zugleich immer mehr an Intensität gewann.
 

Um sich abzulenken, besah sich der Hundedämon den Arm genauer. Das, was bis vor kurzem noch ein vollständig künstliches Hilfsmittel gewesen zu sein schien, hatte sich inzwischen bis zur Hälfte des Oberarms in eine vollkommen natürlich erscheinende, zweite Ausgabe seines rechten Arms verwandelt. Und diese Veränderung hielt an, immer mehr verdrängten Haut, Fleisch und Knochen die zuvor künstlichen Bestandteile, wandelten die Prothese zu einem vollwertigen Bestandteil des Dämonenkörpers. Allerdings erzeugte diese Veränderung eine Qual als würde ein glühender Schürhaken immer wieder mit voller Wucht der Länge nach in seinen Arm gerammt werden, verbunden mit dem Gefühl bei lebendigem Leib gefressen und zugleich von einer Vielzahl innerer Explosionen zerfetzt zu werden. Je weiter die Verwandlung fortschritt, umso mehr potenzierte sich der Schmerz. Fraß sich allmählich von den Nervenenden bis in sein Gehirn, begann die eiserne Selbstkontrolle zu zersetzen, löschte allmählich alles bis auf die Existenz des Schmerzes aus.
 

Sesshōmaru nahm nicht mehr bewusst wahr, dass er schließlich nicht mehr mit stoischer Gelassenheit am Feuer saß, sondern stattdessen begonnen hatte in dem kleinen Verschlag auf und ab zu laufen, in dem instinktiven Drang jedes Lebewesens der Ursache des lebensbedrohenden Schmerzes zu entkommen.

Je mehr er seinen bewussten Willen verlor und je mehr seine Instinkte und Reflexe die Oberhand gewannen, umso mehr rötete sich das Weiß seiner Augen, umso breiter wurden die Striche seiner Gesichtszeichnung, umso hundeähnlicher wurde er.
 

Schließlich genügte es nicht mehr zu versuchen dem Schmerz allein durch laufen zu entkommen und der Yōkai begann sich gegen eine der Holzwände zu werfen, in dem Versuch einen Ausweg zu schaffen. Dem eigentlichen Schmerz einen anderen entgegenzusetzen und sie so gegenseitig zu neutralisieren. Die kleine Hütte ächzte unter dem geballten und wiederholten Ansturm des beinahe vor Schmerz wahnsinnigen Dämons, hielt jedoch Dank der aufgetragenen Symbole stand.

Mitsuki und Tomoki sahen dem Geschehen vorerst tatenlos zu, warteten ab, wie lange der Yōkai dem Schmerz noch würde standhalten können. Je länger er diese Tortur durchhielt, ohne dass er vollständig das Bewusstsein verlor, umso besser standen die Chancen, dass er seinen Arm ohne Einschränkungen würde gebrauchen können.
 

Unterdessen saßen Rin und Jaken in gebührendem Abstand vor der Hütte, in der sich Sesshōmaru befand, und warteten angespannt. Es waren bereits mehr als vierundzwanzig Stunden vergangen, seit Tomoki und Sesshōmaru in der Hütte verschwunden waren und innerhalb dieses einen Tages war zunächst vereinzeltes, tiefbedrohliches Knurren aus der Hütte erklungen, aus dem allmählich eine Art unmenschlich gespenstisches Heulen wurde, immer wieder unterbrochen durch einen nicht zuordbaren Klagelaut, der ihnen kalte Schauer über den Rücken jagte und in ihnen zum ersten Mal tatsächlich Angst um den mächtigen Hundeyōkai aufkommen ließ.
 

In der Hütte hatte Mitsuki inzwischen einen zusätzlichen Bannkreis in den Holzwänden errichten müssen, um sie am Zusammenbrechen zu hindern. Würde der blindwütige Yōkai in diesem Zustand entkommen, wäre nichts und niemand außerhalb dieser Wände vor ihm sicher.

Irgendwann schien der Dämon einzusehen, dass er auch auf diese Weise nicht weiter kommen würde. Erschöpft war er nach einem letzten Versuch die Bretterwand mit seinem gesamten Gewicht zu zertrümmern für einen Moment am Boden zusammengesunken, eine hilflos gequälte Mischung aus Heulen und Fiepen von sich gebend. Doch die Ruhepause dauerte nur einen kurzen Moment, dann wurden der Schmerz und das Verlangen diesem zu entkommen wieder übermächtig. Mühsam richtete sich der bereits stark angeschlagene Yōkai auf, ließ ein wütendes Knurren hören, das bewies, dass er sich noch immer weigerte einfach aufzugeben und begann mit zielstrebig zorniger Entschlossenheit die Ursache der Schmerzen direkt zu bekämpfen, indem er mit Klauen und Zähnen versuchte seinen linken Arm wieder vom Körper zu trennen.
 

Das war der Augenblick, in dem Mitsuki zum ersten Mal das Schweigen brach, während sie sich gleichzeitig erhob. „Shioken“, war alles was sie sagte, worauf Tomoki lediglich mit einem „wakatta“ antwortete und im nächsten Moment in der Gestalt der Pferdekatze im Raum stand. Allerdings als verkleinerte Ausgabe, da er sonst keinen Platz gehabt hätte.
 

Mitsuki hatte unterdessen die Aufmerksamkeit Sesshōmarus auf sich gelenkt und ihn auf diese Weise dazu gebracht von seinem Arm abzulassen. Gleichzeitig hatte dies zur Folge, dass der Hundedämon Mitsuki angriff, um sie zu töten. In dem Moment jedoch, als er sie erreichte, stand sie mit einem Mal inter ihm, schob ihre Arme unter seinen Achseln hindurch, bevor er dazu kam sich herumzudrehen und erneut anzugreifen, und hielt ihn scheinbar mühelos an den Schultern fest. Fauchend und geifernd wehrte sich der auf diese Weise gefangene Dämon, versuchte sich zu befreien, während sich sein Gesicht verzerrte, als wollte es im nächsten Moment die natürliche Hundeform annehmen, jedoch auf halben Wege stoppte und auf diese Weise eine verzerrte Fratze halb Mensch, halb Hund zeigte.
 

Sobald Mitsuki Sesshōmaru an den Schultern gefangen hielt, näherte sich Tomoki in Gestalt der schlohweißen Pferdekatze, stellte sich auf die Hinterpranken, stützte sich mit den Vorderpfoten auf den Schultern des Hundeyōkais ab und brachte ihn zusammen mit Mitsuki dazu sich auf den Boden zu legen, ohne dass die Beiden dabei sonderlich sanft vorgingen.
 

Kaum lag Sesshōmaru am Boden, wobei er sich noch immer gegen seine Widersacher zu wehren versuchte, machte es sich die Pferdekatze auf ihm bequem, sodass der Dämon nicht mehr in der Lage war, sich selbst zu verletzen oder sich groß zu bewegen. Ein zorniges Heulen war dessen Reaktion darauf, was wiederum ein ungehaltenes Knurren der Pferdekatze zur Folge hatte.
 

Dass dieses Knurren keinerlei Eindruck hinterließ wurde nur zu schnell deutlich, als der durch den Schmerz völlig wahnsinnige Hundedämon sich in der Schulter der Pferdekatze verbiss und gleichzeitig mit den Klauen der rechten Hand und seinen Beinen versuchte diese irgendwie abzuschütteln.
 

Dieses Mal war es Tomoki der aufbrüllte, als sich die scharfen Reißzähne des Hundedämons schmerzhaft in seiner Schulter vergruben, allerdings erhob er sich dennoch nicht von dem unter ihm liegenden Körper. Stattdessen veränderte er lediglich seine Position, bis Sesshōmaru vollends bewegungsunfähig war und legte anschließend seinen Kopf auf die linke Schulter des Hundedämons. Anschließend ließ Tomoki ein leises Schnauben, gefolgt von einem Brummen hören, als wäre er sowohl belustigt als auch etwas genervt von dem Verhalten des Welpen unter ihm, zuckte noch einmal kurz mit den Ohren und schloss dann die Augen, als gäbe es keinen besseren Ort, um ein kleines Nickerchen zu halten.
 

Der gleichmäßige Atem und der ruhige Herzschlag der Pferdekatze, seine eigene Erschöpfung und das allmähliche Nachlassen des Schmerzes in seinem Arm ließen Sesshōmaru schließlich auf dem Lehmboden der Hütte eindämmern, noch immer unter dem Gewicht Tomokis begraben.
 

Sobald Tomoki sicher war, dass Sesshōmaru eingeschlafen war, erhob er sich geschmeidig von dem erledigten Hundedämon und verwandelte sich wieder in seine menschliche Form.
 

„Ist es vorbei, Mamori?“, erkundigte er sich leise, neben Mitzuki tretend und ebenso wie diese auf den jungen Yōkai herabsehend. Mitzuki nickte, „er hat es geschafft. Die Umwandlung hat sich erstaunlich schnell vollzogen. – Wir sollten seinen Begleitern sagen, dass alles in Ordnung ist, sie sitzen vor der Hütte und warten.“ „Hm“, stimmte Tomoki zu, während er sich die Stelle an der Schulter massierte, in die er zuvor gebissen worden war. Von einer Wunde war bereits nichts mehr zu sehen, nicht einmal die Kleidung war zerrissen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  inuskaya
2009-01-03T14:57:10+00:00 03.01.2009 15:57
Ja, hoffentlich erholt er sich auch wirklich.
Das war richtig grausam für ihn.
Der arme, er kann einem wirklich leid tun,
aber nur wenn er schmerzen hat. :D

Bye...
Von:  Tigerin
2008-10-11T13:37:17+00:00 11.10.2008 15:37
Ach herje... er kann einen Leid tun. Immerhin scheint es ihm einen voll funktionsfähigen Arm beschert zu haben^^
Irgendwie fehlt mir immer noch die Vorstellungskraft, was eine Pferdekatze angeht. Tja. Kann sie eigentlich auch so eine tierische Gestalt annehmen?
Allerdings stell ich es mir irgendwie lustig vor, wie so ein Viech auf Sess draufliegt und der nichts machen kann.. *g*

Bye Tigerin^^
Von:  Hotepneith
2008-10-02T16:11:52+00:00 02.10.2008 18:11
Die Beschreibungen des Kampfes gegen den Schmerz bzw. die Torturen hast du sehr bildhaft und lebendig beschrieben. Er konnte einem wirklich Leid tun.
Hoffentlich erholt er sich bald - es scheint ja noch so einiges auf ihn zu warten....

bye

hotep


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