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Release Me!

Zwispalt Hass & Liebe -- ♥♥ Seto X OC X Yami Yugi ♥♥ ~~ >Wird überarbeitet!<
von

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Chaos - Work, Emotions & the Fourth Copy

Kapitel 10:

Chaos - Work, Emotions & the Fourth Copy
 


 

Ich grinste. „Dann fang' mich mal. Versuch' es wenigstens.“

„Aber wenn ich dich kriege, dann schuldest du mir was.“

„Und was soll das sein?“

„Naja, wie wäre es mit einem Date?“

„Ein Date?“

„Und ich allein bestimme wann und wie lange.“

„Meinetwegen.“, antwortete ich siegessicher.
 

Ich beschleunigte das Motorrad auf 80 km/h. Noch war nichts von Seto zu sehen.

>Verdammt.<, fluchte ich, als ich bemerkte, dass ich mitten im Berufsverkehr steckte. Jetzt kam ich nur noch im Schneckentempo voran.

Einen Blick in den Rückspiegel bereute ich schnell, da ich bereits nach wenigen Minuten Kaibas Proll-Auto etwa zwanzig Meter hinter mir entdeckte.

„Gleich habe ich dich.“, hörte ich ihn in das Mikrofon sagen.

„Wart's nur ab, wart's nur ab.“

Ich entfernte mich von den überfüllten Hauptstraßen, als ich endlich weiter kam und niemanden mehr vor mir hatte, der mir den Weg hätte versperren können. Leider sank damit auch die Wahrscheinlichkeit, dass ich meinen Verfolger namens Stinkstiefel Kaiba abwimmeln konnte.
 

Irgendwann kam ich zum Park, leider hatte ich in der letzten halben Stunde deutlich getrödelt, sodass Kaiba nun direkt hinter mir im eine Häuserecke auf mich zu gerast kam.

„Jetzt hab' ich dich.“

„Ich habe noch ein Ass im Ärmel. Pass' bloß auf.“, hörte ich ihn durch das Mikrofon sagen, durch das wir in Verbindung standen.

Ich wusste, dass es nur wenige Meter eine große Treppe gab, die, wenn man ihr folgte, in die untere Ebene des Parks führte, wo es außerdem noch zum nahe gelegenen Flussufer führte.

„Du willst doch nicht...“

„Und ob ich das will!“

Und schon bretterte ich mit Vollgas auf die Treppe zu und flog geradezu mit dem Motorrad über die fünf Dutzend Treppenstufen unter mir, bis ich mit dem Vorderrad nach etwa acht Sekunden Freiflug den Boden berührte und eine nahezu perfekte Landung hinlegte.
 

Ein klatschender Kaiba kam die Treppen zu Fuß herunter. „Hätte ich gar nicht von dir erwartet, dass du so einen Stunt drauf hast.“

Ich sah auf die Anzeigen des Motorrads. Zu meinem Pech war der Tank mittlerweile leer.

>Scheiße.<

Ich öffnete den Verschluss des Motorradhelms unter meinem Kinn und zog den Helm aus.

„Wochenlanges Training mit meinem alten Motorrad, das leider einen Totalschaden erlitten hat, als ich auf dem Weg zum Turnier in einen Unfall verwickelt wurde.“, antwortete ich ironisch.

Etwa zwei Meter von mir entfernt blieb er stehen.

„Jetzt, da der Tank leer ist und dir keine Möglichkeit zum Fliehen mehr bleibt, gehe ich davon aus, dass ich die Wette gewonnen habe.“
 

„Ich kann noch immer abhauen. Vergiss' das nicht.“

„Und ich habe noch meinen Ferrari. Falls du also versuchen solltest, wegzulaufen, jage ich dich durch die ganze Stadt. Für dich gibt es kein Entrinnen. Und jetzt will ich die Belohnung für meinen Sieg abholen.“

Bevor ich auch nur ein Wort sagen konnte, hatte er mich geküsst und fuhr mit seiner Zunge über meine Lippen.

Ich kam seiner Aufforderung nach, den Mund für ihn zu öffnen und schon begann zum zweiten Mal heute der Kampf unserer beiden Zungen. Doch als er begann, an meinem Ohrläppchen zu knabbern, nachdem sich unsere Lippen getrennt hatten, stieß ich ihn von mir.
 

„Ich bin nicht hergekommen, um mich von dir wieder um den Finger wickeln zu lassen. Bevor die Geschäfte schließen, will ich noch etwas bummeln gehen. Also halte mich nicht unnötig auf, ja?“

Er antwortete nichts, griff stattdessen zu seinem Handy und befahl einem seiner Untergebenen, das Motorrad abzuholen.

„Wenn es dir nicht schnell genug geht, nehme ich dich in meinem Wagen mit.“

„Nein danke, kein Bedarf.“

„Du zierst dich schon wieder, weil du denkst, deine Unschuld wäre in Gefahr, stimmt's?“ Dieser Mistkerl lachte schon wieder über mich.

„Irgendwann schneide ich dir dein selbstgefälliges Grinsen aus deiner hässlichen Fratze. Arschloch. Lass' mich in Ruhe.“

„Wenn du meinst. Dann werde ich nach Hause fahren. Ich habe besseres zu tun, als mir deine Zickerei noch länger antun zu müssen.“ Er wandte sich von mir ab und ging die Treppe wieder hinauf zu seinem Wagen.

Ich dagegen drehte mich um und betrachtete den Sonnenuntergang.
 

Kaiba ließ den Motor seines Wagens aufheulen und raste davon. Also hatte er es ernst gemeint mit dem nach Hause Fahren.

Ein tiefer Seufzer entfuhr mir. Jetzt war ich hier, weit weg von der Villa und der Einkaufsmeile, mit einem Motorrad ohne Sprit und niemandem, der mich durch die Gegend fahren würde.

>Ob ich noch vor Einbruch der Dunkelheit wieder zurück bin?<, dachte ich, >Naja, je weniger ich trödle, desto schneller bin ich zurück.<

Enttäuscht von allem, ging ich die vielen Treppenstufen in Richtung Straße nach oben und was ich dort sah, ließ mich stocken.

„Hast es dir doch überlegt, was? Komm' steig endlich ein, wenn du nicht zu Fuß gehen willst.“

„Was – Wieso – Ich dachte, du wärst nach Hause gefahren?!“

„Du sollst nicht denken. Steig' endlich ein.“

Widerwillig stieg ich in Kaibas Wagen ein.
 

„Fahr' mich zur Einkaufsstraße. Den Rest des Weges kann ich nachher auch zu Fuß gehen.“

„Ich bin sowieso auf dem Weg dorthin. Ich muss noch ein paar Sachen für unser Date besorgen.“

„Ach, scheiße. Ich habe schon inständig gehofft, dass du es vergessen hast. Und wann will es der Herr denn über die Bühne bringen?“

„In einer Woche.“

„Eine Woche hat sieben Tage. An welchem Tag?“

„Am Sonntag.“

„Der 25.?“

„Vergiss' das Geburtstagsgeschenk nicht.“

„Wer hat Geburtstag?“

„Na rate mal.“

„Von mir kriegst du nix. Reicht schon, wenn du mich auf ein Date einlädst. Mehr bekommst du nicht von mir.“

„Ich will aber ein Geschenk von dir haben.“

„Kriegst. Du. Aber. Nicht. Ende der Diskussion.“

„Ich kriege aber immer, was ich will. Dich miteinbezogen.“

„Halt bloß die Klappe. Können wir jetzt mal fahren? Ich will heute noch ankommen.“

„Können wir nicht lieber da weitermachen, wo wir heute morgen aufgehört haben?“

„Fahr' endlich.“

„Wenn du dich mir heute Nacht zur Verfügung stellst, gern.“
 

„Ah, scheiße. Ich glaube, die Wunde ist aufgerissen.“ Ich drückte mit meiner rechten Hand auf die Wunde am linken Oberarm und kniff die Augen zusammen. Wer weiß, vielleicht glückte mein Versuch, ihn reinzulegen.

Seto sag mich an und grinste. „Um mich reinzulegen musst du schon früher aufstehen.“

„Ich lege dich nicht rein!“

Er sah mich noch immer skeptisch an.

„Du hast gewonnen. Und jetzt hör' auf, mich so anzugrinsen! Sonst hast du nachher nichts mehr zu lachen.“

„Soll ich jetzt Angst kriegen? Vor dir?“

„Soll ich dir beide Arme brechen? Mit Vergnügen.“

Endlich fuhr Kaiba los und bretterte mit 105 km/h durch die Stadt, in der es mittlerweile wieder ruhiger war. Der Berufsverkehr hatte sich gelegt und man hatte keine Mühe mehr, zügig durch die Stadt zu kommen.
 

~Etwas später~
 

Ich glaube, ich ging Kaiba mit meiner hin und her Springerei ziemlich auf den Nerv. Von einem Regal zum anderen, wieder zurück, ab zur Umkeide.

„Kaiba, hol' mir dies, bring' mir das, das eine Größe größer, aber häng' dieses potthässliche Teil weg.“ Ich genoss es sichtlich, ihn herumzukommandieren. Er rannte dutzende Male quer durch das Kaufhaus und wieder zu meiner Kabine, bis er feststellte, dass die Sachen noch immer nicht passten. Bis er mir irgendwann Reizwäsche in die Kabine reichte.

„Zieh' das doch mal an.“

„Zieh' es selbst an, Perversling! Und jetzt hol' mir das Shirt eine Größe größer.“

„Sieht doch super aus.“

„Ha ha. Für dich vielleicht. Meine Oberweite ist viel zu groß dafür. Sieht aus wie Wurst in Pelle.“

„Beschwer' dich doch nicht, sie sind schön handlich. So wie ich's mag.“

„Jetzt reicht's. Raus aus meiner Kabine. Wenn du Spaß haben willst, dann angel' dir die Verkäuferin da hinten.“

„Die ist nicht mein Typ.“

„Dann eben eine andere. Und jetzt raus. Tschüss. Auf Wiedersehen.“ Gewaltsam stieß ich ihn aus der Umkleide. „Untersteh' dich und lass' wieder so einen dummen Spruch ab. Denk' an deine Arme. Wäre ein echtes Hindernis, wenn du wie immer deine Sekretärinnen vögeln willst. Och, wie schade für dich. Sechs Wochen Sex-Entzug für den armen Kaiba.“
 

Plötzlich ging der Vorhang auf und wieder zu. Nur Leider stand jetzt Kaiba vor mir und musterte mich von oben bis unten.

Da ich nur in Unterwäsche, genauer gesagt, in einem schwarzen BH und schwarzen Hotpants mit roten Rüsschen, vor ihm stand, lief ich purpurrot an und nahm meine Jacke, um meinen Körper zu verdecken, was jedoch nichts nutzte, da er sie mir sofort wieder aus den Händen riss.

„Ich sagte doch, dass sie handlich sind.“, meinte er mit einem Grinsen, als er meine Brüste mit seinen Händen massierte.

„Finger weg!“

„Schluss mit den Kommandos. Jetzt bin ich dran.“
 

„Ich darf darum bitten, dass Sie das unterlassen, was immer Sie gerade in der Umkleide tun.“

Kaiba steckte seinen Kopf aus dem Vorhang, darauf bedacht, dass mich niemand von außen sah.

Sein Hintern lud zu einem deftigen Arschtritt ein, den ich mir aus einem unbekannten Grund verkniff.

„Halten Sie sich gefälligst da raus. Was ich mit meiner Freundin wo und wann mache, geht sie einen feuchten Dreck an. Und wenn Sie die Polizei oder wen auch immer rufen wollen, bitte, ich will Sie nicht davon abhalten. Dabei sollten Sie aber bedenken, dass ich ihren Laden dicht machen kann, wenn Sie sich gegen mich auflehnen.“

„Na – Natürlich, Mister Kaiba. Entschuldigen Sie.“

Die Verkäuferin verschwand so schnell, wie sie gekommen war. Na toll. Dann musste ich mich also wieder selbst gegen ihn verteidigen.
 

„Gut zu wissen. Ich bin also deine Freundin, was?“

„Was ist dir lieber? Freundin? Geliebte? Sexgespielin?“

Dieses fiese Grinsen. Wie ich ihn dafür hasste.

„Hör' bloß auf. Und wenn du heute noch nach Hause willst, solltest du jetzt lieber diese Kabine verlassen und das tun, was ich dir sage.“
 

Nach kurzer Zeit gelang es mir dann doch, ihn wieder dazu zu zwingen, zu tun, was ich ihm sagte, so lange wir uns durch die Kaufhäuser kämpften.

Um kurz nach halb neun ging es dann in Richtung Villa zurück, der Wagen voll mit Tüten und Taschen. Ich wusste gar nicht mehr, was ich gekauft und wie viel ich insgesamt ausgegeben hatte. Aber was ich wusste war, dass erstens nicht alles auf meine Kosten ging, weil der Herr unbedingt darauf bestand, mir Unterwäsche und durchsichtige, extrem knappe Nachthemden zu kaufen. Dass er es nie versteht.

Die ganze Fahrt über sagten wir nichts, bis Kaiba das Schweigen brach.

„Was macht dein Arm?“

„Nach deinen sexuellen Übergriffen tut er noch immer höllisch weh. Ich werde gleich mal den Verband aufschneiden und mal sehen, ob die Wunde mittlerweile aufgegangen ist. Wäre ja kein Wunder, wenn, nach dem ganzen Theater.“
 

Als wir die Villa erreichten, trug ich die nicht zu schweren Taschen nach drinnen, Seto dagegen rief lieber drei Hausmädchen herbei und ließ sie nach oben in sein Zimmer tragen. Dort angekommen stellte ich die Taschen rechts neben der Türe an die Wand.

„Ich will noch immer mein eigenes Zimmer. Gib' mir einen Schlüssel dafür und dann hat sich die Sache.“

„Du kriegst aber kein eigenes. Du wirst weiterhin hier schlafen. Ist gemütlicher.“

„Ja, klar. Sich aber beschweren, wenn ich nachts rede, weil ich Alpträume habe.“

„Hm.“

„Dann klau' ich mir eben den Generalschlüssel und nehme mir mein eigenes Zimmer, wenn du mir eins geben willst. Aber ich schlafe auf keinen Fall mit dir in einem, nachdem was heute morgen passiert ist...“

„Und ich dachte, dir hat es gefallen.“

„Das hat es auch...aber...aber...“ Auf meine Wangen legte sich ein roter Schleier.
 

„Sag' ich doch. Also warum bist du so verklemmt? Ich werde dich schon nicht vergewaltigen. Außerdem kriege ich früher oder später, was ich will. Weißt du, was mir bei dem Gedanken einfällt?“

„Ich will es gar nicht wissen. Ach ja, ich bin nicht verklemmt!“

„Du hast mir heute morgen gesagt, dass du es nicht in der Kirche tun willst. Jetzt sind wir ungestört. Mokuba ist außer Haus und auch die letzten Hausmädchen haben Feierabend.“

Er kam auf mich zu und strich mir mit seinen Fingerspitzen über mein Gesicht.

„Glaub' nicht, dass du mich schon wieder rum kriegst.“

„Und wenn ich das hier mache?“

Ich fiel rückwärts auf sein Bett und er stütze sich über mich, sah mir tief in die Augen und küsste mich. Schon unzählige Male hatten seine Lippen die meinen berührt. Und jedes Mal hat es mir gefallen. Ich kann seinen Küssen einfach nicht widerstehen.
 

„Das machst du absichtlich. Weil du weißt, dass ich deinen Küssen nicht widerstehen kann.“

„Kann sein.“

Und wieder küsste er mich und begann damit, mein lästiges Oberteil von mir zu entfernen, um meinen Hals mit feurigen Küssen zu übersähen. Ich wusste, was er wollte, und wozu unsere Handlung führte. Aber ich ließ ihn. Weil ich ihm nun verfallen war. Obwohl ich mich immer dagegen sträubte, jetzt konnte ich einfach nicht anders. Schon seit längerer Zeit hatte mich ein Gefühl verspürt, das ich nur bei ihm entwickelt hatte und nur er war in der Lage, mich so empfinden zu lassen. Das Gefühl dieser starken Zuneigung ihm gegenüber, vielleicht nannte es dich sogar Liebe.

„Du weißt, ganz genau, dass ich dir, wenn du so weiter machst, mehr und mehr verfalle. Habe ich Recht?“

Ein verschmiltztes Grinsen umspielte seine Lippen. „Kann sein.“

Seine Hände wanderten weiter zu meiner Hose, um sie mir ebenfalls zu entledigen, die auch nach kurzer Zeit schon ihren Weg auf den Fußboden beendet hatte.

„Dir kann es wohl nicht schnell genug gehen.“

„Psst.“ Er legte mir seinen rechten Zeigefinger auf die Lippen und küsste mich leidenschaftlich...
 

~*~*~
 

Er ließ sich, ebenso erschöpft, wie ich es war, neben mir auf dem Bett nieder, als er meinen Körper verlassen hatte.

Mir liefen ein paar Tränen die Wangen herunter, als sich Seto zu mir drehte.

„Was ist los?“

„Nichts.“

Wir atmeten beide noch recht schnell, beruhigten uns aber nach kurzer Zeit. Ich war schläfrig geworden und streichelte Seto über sein Gesicht.

„Seto...“

„Hm?“

„Ich liebe dich...“

Und schon schlief ich in seinen Armen ein...
 

~*~*~
 

Am nächsten Morgen wachte neben ihm auf. Er hatte mich wirklich um den Finger gewickelt, obwohl ich mich anfangs stickt dagegen gewehrt hatte. Ich hatte ihn sehr gern, so sehr, dass ich ihn zu lieben gelernt hatte, wie damals; ich konnte einfach nicht ohne ihn sein. Aber jetzt, da er bekommen hatte, was er wollte, hatte ich Angst, ihn zu verlieren. Ja, ich habe mit ihm geschlafen. Und ich bereue es nicht. Denn jetzt wusste er, was ich für ihn empfand und ich hoffte stetig, dass er meine Gefühle erwiderte. Und nicht nur er war sich über meine Gefühle im Klaren geworden. Ich war es auch, da ich jetzt wusste, wie sehr ich ihn liebte – abstreiten wäre sinnlos.
 

Leise stand ich auf und wickelte die seidige Decke um meinen nackten Körper. Vorsichtig, um ihn nicht zu aufzuwecken, schritt ich zu den Einkaufstaschen und entnahm einen Schwung Unterwäsche, die ich gleich anzog, nachdem ich mich im Bad nebenan ordentlich geduscht hatte. Und Seto schlief noch immer. Ein Lächeln umspielte meine Lippen. Die Nacht mit mir musste ihn ja wirklich Kraft gekostet haben.
 

Nachdem ich meine mittlerweile gewaschene Schuluniform anzog und nach unten ging, um zu frühstücken, merkte ich, wie ruhig es doch im Haus war. Keine Dienstmädchen zu sehen, nicht mal der kleine Mokuba, der schon am frühen Morgen quicklebendig durch die Villa hastete und dem einen oder anderen damit ziemlich auf den Geist ging. Damit war natürlich sein großer Bruder gemeint.

>Komisch. Wo sind denn alle? Noch immer aus dem Haus? Aber heute ist doch Schule.<

Also bereitete ich ein Frühstück zu, weil niemand da war, der es mir hätte machen können. Nach einigen Minuten Umher-Schleicherei, um niemanden aufzuwecken, fand ich auch endlich die Küche, die bestimmt schon knappe vierzig Quadratmeter groß war. Hier war eben nichts normal.

Es dauerte etwa eine halbe Stunde, bis ich alles für ein vernünftiges Frühstück da hatte, konnte dann aber endlich anfangen, etwas zu kochen. Ich hatte vor, Onigiri zu machen. Mit verschiedenen Füllungen und noch ein paar Beilagen.
 

„Guten Morgen, Kyoko. Du machst Frühstück?“

Erst bemerkte ich nichts, da ich zu konzentriert ausdie Reisbällchen war. Bis Mokuba plötzlich neben mir stand und ich einen riesigen Schrecken bekam.

„Ah, guten Morgen, Mokuba. Ja. Ich dachte mir, da noch niemand da war, als ich nach unten kam, dass ich mal als kleine Entschädigung ein Frühstück zubereiten sollte.“

„Das sieht lecker aus. Was ist das?“

„Das sind selbstgemachte Onigiri, wie sie meine Mutter immer gemacht hatte, als ich klein war. Mit verschiedenen Füllungen in der Mitte.“ Die Traurigkeit in meinen Worten war unüberhörbar, der Gedanke an meine Mutter versetzte mir einen Stich ins Herz.

„Darf ich mal eins probieren?“

„Oh, ja klar, natürlich. Bedien' dich ruhig. Ich mache noch mehr.“ War heute wirklich nicht mein Tag, so wie er begonnen hatte. Ich bin total durch den Wind! Und das scheinbar nur wegen ihm...
 

Schon griff der kleine Schwarzhaarige nach einem der Onigiris, die auf einem etwa vierzig Zentimeter langen und etwa zwanzig Zentimeter breiten Silbertablett lagen.

„Das ist super lecker!“

Ich lächelte. „Danke. Es freut mich, dass es dir schmeckt.“

Er kaute noch eine Weile, bis er zu einer Frage ansetzte.

„Kann ich dir helfen? Oder besser gesagt, kannst du mir zeigen, wie man so lecker kocht?“

„Ich weiß nicht...“

Mokuba legte wieder seinen Dackelblick ein.

>Ich kann einfach nicht nein sagen. Er ist so süüüüß!<

„Okay. Ich bringe es dir bei.“

Und so zeigte ich Mokuba, wie man gefüllte Onigiris macht.

„Das ist ja ganz leicht! Danke, Kyoko! Ich werde meine gleich Seto geben!“
 

Schnell verschwand Mokuba mitsamt ein paar Onigiris aus der Küche, um seinen Bruder aufzuwecken und ihn bis in die Küche zu schleifen; was er jedoch nicht wusste, war, dass sein großer Bruder im selben Moment durch eine andere Türe eintrat.

„Na, habe ich dich doch bekommen, was?“

„Guten Morgen, Kaiba, ja ich habe gut geschlafen, danke der Nachfrage.“

>Lustmolch.<

„Hast wohl die Gedächtnis nach dieser durchaus erfolgreichen und schönen Nacht verloren, was? Wir haben heute Samstag. Heute ist keine Schule. Außerdem war ich überrascht von dir, zumal du bis letzte Nacht noch eine Jungfrau warst.“

„Ich hab' Frühstück gemacht. Willst du probieren?“

>Dieser Kerl macht mich nur rasend. Hätte ich mich doch nicht von ihm verführen lassen! Ich hätte mir doch denken können, dass er mir das mindestens noch einen oder mehrere Tage, wenn nicht sogar Wochen nachträgt. Scheiße.<

„Von dir probiere ich immer gern, Zuckerstückchen.“
 

„Hier bist du also, Seto. Sieh' mal, Kyoko hat Frühstück gemacht.“

„Wann ist es fertig?“, fragte der große hinter mir.

>Nicht so desinteressiert, Seto.<, dachte ich.

„Dauert noch was. Geht ins Esszimmer und wartet.“

Und schon verschwand Mokuba wieder, so schnell, wie er wiedergekommen war.

„Du sollst auch dort warten.“

„Ich ziehe dich lieber ein wenig auf.“ Er umarmte mich von hinten und ließ eine Hand unter meinen Busen und die andere zu meinen Oberschenkeln wandern. „Mir hat es ziemlichen Spaß gemacht. Ich hoffe, dir auch, besonders, als du mir sagtest, dass du mich liebst.“

>Sein fieses Grinsen kotzt mich an. Ganz ruhig bleiben. Der will nur, dass du dich aufregst.<
 

„Naja, ich habe es mir besser mit dir vorgestellt, zumal du so eine große Erfahrung von den Nächten mit den anderen Frauen hast, im Gegensatz zu mir. Dank deinen Verführungskünsten habe ich ja heute Nacht nicht einfach so meine Unschuld verloren.“

>Ha! Damit hast du nicht gerechnet, was, Seto? Tja, spätestens jetzt solltest du wissen, dass man mit mir nicht spielen sollte.<

„Du meinst also, dass ich zu sanft zu dir war? Na gut, dann machen wir es heute Nacht eben anders.“

„Eben nicht. Du hast bekommen, was du wolltest. Und was das Liebesgeständis von mir angeht: Das ist mir nur so raus gerutscht. Du hast mir, wie immer, einfach nur den Kopf verdreht. Das ist alles. Also lass' mich in Ruhe. Bilde dir nichts auf unser Techtelmechtel ein.“

Er verließ mit skeptischem Blick und einem kurz darauf sichtbar werdenden Grinsen die Küche und ging wie Mokuba vor ihm, ins Esszimmer nebenan.
 

„Guten Morgen.“

„Morgen, Jun. Du siehst ja alles andere als ausgeschlafen aus.“

„Bin ich auch nicht. Ich konnte nicht schlafen.“

>Oh nein, sag' nicht, er hat gehört, wie Seto und ich...<

„Warum nicht?“

„Ich habe nachgedacht. Und bin zu dem Entschluss gekommen, dass...“

„Ja?“

„Ich ab heute mit Kaiba um die Häuser ziehe, um Weiber abzuschleppen. Gleich werde ich ihm den Vorschlag machen.“ Trotzig hob er seinen rechten Arm und ballte die Hand zur Faust.

Ich hätte schwören können, ein paar Sternchen in seinen Augen gesehen zu haben.

Ich gab ihm eine Kopfnuss, die sich gewaschen hatte. „Idiot. Geh' und setz' dich ins Esszimmer nebenan. Es gibt Frühstück.“

Jun ging sich den Kopf haltend und gleichzeitig langsamen Schrittes ins benachbarte Esszimmer.
 

Alle saßen bereits am Tisch und warteten auf das Essen.

„Endlich kommst du mit dem Frühstück. Wo ist mein Kaffee? Und die Zeitung?“

„Ich bin nicht dein Diestmädchen.“

„Nicht?“ Er grinste.

>Wie ich es hasse. Wie ich mich hasse. Wie ich Seto hasse.<

„Hier Mokuba. Eine Extra-Portion für dich. Ich hoffe, dass dir die anderen Sorten auch schmecken.“

„Danke, Kyoko!“ Mokuba war sichtlich begeistert von meinen Kochkünsten. Sein Lachen erfreute mich und lenkte mich für kurze Zeit von Seto's dummen Sprüchen ab, die mich innerlich vor Wut platzen ließen.

„Und eine Portion für dich, Jun. Mit dir hab' ich übrigens noch ein paar Hühnchen zu rupfen.“ Ich grinste und gab ein komisch klingendes, böses Lachen von mir.

Jun erstarrte, als ich meinen letzten Satz beendet hatte. Da fiel mir nur ein Wort ein: Evil!

Ich nahm zwischen meinem großen Bruder und Mokuba Platz, ganz weit weg von Seto.
 

„Was ist mit meinem Kaffee? Und meiner Zeitung? Warum kriege ich nichts zu Essen?“, rief Kaiba empört. Innerlich lachte ich mich zu Tode.

>Das geschieht dir Recht, Großkotz.<

„Weil du mich immer aufziehst. Außerdem weiß ich nicht, wo die Zeitung liegt und wie du deinen Kaffee magst. Und wie ich dich kenne, speist du mein Essen sowieso aus, weil es dir nicht mundet. Ich kenne dich doch – das Essen der 'Unterschicht' rührst du nicht an. Bei dir muss es immer Kaviar und Prosecco zum Frühstück geben.“

Beleidigt saß Seto auf dem Tisch und klopfte mit seinen Fingern auf der Tischplatte herum. „Nebenbei hasse ich Prosecco. Das Zeug ist viel zu trocken. Ein Kaffee würde durchaus reichen!“

Voller Euphorie rief ich Seto zu: „Dann hol' dir selbst einen. Da hinten ist die Küche.” und zeigte mit dem rechten Zeigefinger auf die nächstgelegene Türe zu meiner Linken.
 

Ich genoss das Frühstück, wie alle anderen, außer Seto natürlich, dessen Magen lautstark knurrte. Scheinbar war er doch zu bequem, aufzustehen und sich seinen Kram selbst zu holen.

„Vielleicht hast du nach dem Frühstück mehr Glück, falls wir dir denn was übrig lassen. Sonst heißt es verhungern.“

Vermutlich dachte er so was wie >Das zahle ich dir noch heim, Kyoko! Glaub' nicht, nur, weil ich dich endlich rumgekriegt und mit dir geschlafen habe, dass du mich abwimmeln kannst und ich dich in Ruhe lasse.<. Jetzt war er so leicht zu durchschauen...
 

„Ach, was ich dich noch fragen wollte...“ Ich lehnte mich über den Tisch, um Seto, der mir sonst nicht sichtbar war, da Jun den direkten Blickkontakt zwischen ihm und mir verhinderte, anzusehen. „Wie wäre es mit einem Duell an diesem Wochenende?“

„Ich muss eine Firma leiten und mussalles für eine Geschäftsreise in einer Woche vorbereiten. Für so einen Kinderkram habe ich jetzt und in den nächsten Tagen überhaupt keine Zeit.“

„Ach ja, Yugi hat mir übrigens Bescheid gegeben, dass wir uns morgen im Park duellieren. Kann ich gleich nutzen, um ein wenig Publicity zu machen. Wenn du gegen mich auch nur eine kleine Chance haben willst, sobald ich mich gegen dich duelliere, solltest du dort morgen besser aufkreuzen. Das heißt, wenn du dich nicht in deiner Firma verbarrikadierst, weil du Schiss hast, gegen mich zu verlieren.“

„Ich und gegen dich verlieren? Niemals!“

„Dann komm' morgen um zwölf Uhr in den Park. Den genauen Ort sage ich dir vorher noch.“

„Du verlierst gegen Yugi. Niemand außer mir wird ihn eines Tages schlagen.“
 

„Naja, wenn ihr mich jetzt entschuldigen würdet, ich werde mir erst noch meine Beine vertreten und mich dann in einem der vielen Zimmer einschließen, damit ich in Ruhe meine Taktik ausfeilen kann. Und wenn ich 'in Ruhe' meine, dann will ich auch meine Ruhe und von niemandem bis heute Abend gestört werden.“

„Du willst bis heute Abend deine Strategie durcharbeiten?“, fragte Mokuba erstaunt.

„Wenn ich einen ernst zu nehmenden Gegner wie Yugi schlagen will, dann muss ich schon für ein paar Stunden dafür arbeiten. Sonst wird das nichts.“

„Das wird so oder so nichts. Da kannst du dich auch für die nächsten zwei Jahre einschließen.“

>Der glaubt wohl, der kann sich alles erlauben, nur, weil ich letzte Nacht mich habe um den Finger wickeln lassen! Aber nicht mit mir! Ich habe auch meinen Stolz!<, grübelte ich und schlug die rechte Hand auf den Tisch, sodass Juns Kaffeetasse, die nicht weit entfernt von mir stand, umfiel und sich der brennend heiße Kaffee seinen Weg über die Tischplatte in Richtung Kante und schließlich auf den Teppichboden bahnte.
 

„Halt bloß deine Klappe, Großmaul. Du hast ihn noch nicht ein einiges Mal gesiegt, obwohl du dich schon tausende Male gegen ihn angetreten bist, also hör' auf, große Töne zu spucken. Ich bin gut auf das Duell vorbereitet! Ich werde Yugi morgen besiegen und dich in der Luft zerreißen, sobald ich mit ihm fertig bin, weil du dann nämlich dran glauben musst!“

„Ernsthaft? Das wagst du nicht.“

„Ach ja? Dann kennst du mich aber schlecht. Noch schlechter, als du immer tust.“

Ich erhob mich von meinem Platz und nahm das Geschirr mit in die Küche. Nachdem ich es weggeräumt hatte, kehrte ich ins Esszimmer zurück und ging zu meinem Bruder.

„Vergiss nicht, ihn auf die Sache mit dem Mädels-Abschleppen anzusprechen.“, flüsterte ich in sein Ohr und sah dabei Seto mit einem fiesen Grinsen an.

„Was tuschelt ihr da?“

„Was geht dich das an? Ich dachte, du hast für so einen Kinderkram keine Zeit?!“

Er wandte sich von mir ab. Das Beleidigte-Leberwurst-Spielchen schien ihm scheinbar Spaß zu machen. Schon zum zweiten Mal sagte er nichts mehr, kein einziges Wort.

„Das kann dir gleich mein großer Bruder sagen. Ich bin jetzt erst einmal für einige Zeit unterwegs, vermisse nicht eines deiner Motorräder. Ich werd' mir nochmal eins leihen. Bis irgendwann.“
 

Mit diesen Worten verließ ich das Zimmer mit gehobener rechter Hand und ging in Setos Schlafzimmer, kramte ein paar von den neuen Klamotten aus den noch unangetasteten Einkaufstüten, die sich noch immer neben der Türe stapelten und verschwand im Bad. Ich wollte nicht riskieren, dass mich Kaiba beim Umziehen unterbrach und sonst noch etwas tat.

Dann holte ich mir mein Deck und meine Duel Disk aus meiner Tasche, die unter meinen Jacken, die im Kleiderschrank hingen, stand, und verließ die Villa mit einem von Setos Motorrädern.

Es waren noch nicht viele Leute unterwegs, so mancher lag noch in seinem kuscheligen Bett, hockte am Frühstückstisch und schlürfte an seinem Getränk, saß im Auto und lauschte der Musik, während der Weg zur Arbeit immer kürzer wurde oder langweilte sich am Arbeitsplatz und hoffte, dass der Tag sobald wie möglich wieder endete.
 

Gelassen machte ich mich auf zum Laden von Yugis Großvater, um mich davon in Kenntnis zu setzen, was für Karten er verkaufte und ob er noch ein paar gute da hätte, die mir morgen helfen könnten.

Mit dem Motorrad und ohne aufhaltenden Verkehr war ich bereits nach knapp zehn Minuten Fahrt angekommen. Neben dem kleinen Gebäude packte ich mein Motorrad und nahm meinen Helm ab, den ich in meiner Hand hielt, während ich auf die Ladentüre zuging.

>Bargeld habe ich keins dabei, ich zahle einfach mit der Kreditkarte meines Bruders.<

Ich blickte auf das Schild an der Türe, der Laden war noch eine halbe Stunde geschlossen. Naja, muss ich mir die Zeit eben anders vertreiben. Zur Not könnte ich einfach den Tank des Motorrades leer fahren. Oder zumindest ansatzweise. Doch aus diesem Gedanken wurde nichts mehr, da bereits jemand hinter mir stand. Es war ein kleiner Junge.
 

„Entschuldigen Sie, wenn ich störe. Sind Sie nicht Karasuma Kyoko-san? Die Duellantin, die immer im Fernsehen ist?“

Ich ging in die Hocke und lächelte ihn an. „Ja, die bin ich. Kann ich etwas für dich tun?“

„Geben Sie mir ein Autogramm? Ich habe schon lange davon geträumt, Sie mal zu treffen!“ Er reichte mir einen Stift und ein kleines, bereits von ihm aufgeschlagenes Album. Es war eine meiner Lieblingskarten eingeklebt, allerdings nur eine billige Fälschung von meiner echten, über der rechten Seite des Buches stand mein Name. Das die eingefügte Karte eine Fälschung war, musste ich ihm meiner Meinung nach aber nicht unter die Nase reiben.

„Wie heißt du, Kleiner?“

„Rei.“

„Für Rei, den besten Fan, den man haben kann. Kyoko Karasuma.“, sagte ich leise, während ich es in das Buch kritzelte.

„Danke, vielen Dank, Karasuma-san!“ Er verbeugte sich und eilte davon.
 

„Du hast ja schon so manchen Fan in deinen Bann gezogen, was?“, ertönte es hinter mir.

„Yugi, hallo. Was treibt dich denn so früh schon nach draußen?“

„Das selbe wollte ich dich auch gerade fragen. Ich habe gerade ein paar Sachen für das Frühstück geholt. Willst du mit rein kommen?“

„Ich wollte eigentlich ein paar Karten kaufen, aber der Laden ist noch zu. Es wäre kein Problem für mich, wenn ich hier draußen warte. Ich möchte auch nur ungern euer Frühstück stören.“

Er steckte einen Schlüssel in das Schloss der Ladentüre, drehte ihn ein paar mal um die eigene Achse und schon waren wir drinnen.

„Du störst nicht. Komm' ruhig rein. Wir freuen uns über deinen Besuch.“
 

„Ich bin wieder da!“, rief der kleine neben mir, schloss hinter sich wieder ab und eilte die Treppe hinauf. „Komm' mit. Großvater und Yami sind oben.“

Langsam folgte ich ihm nach oben und senkte den Blick auf der Treppe nach unten, erst, als ich oben in der Wohnung eintrat, hob ich mein Gesicht und sah Yugis Großvater auf der Couch vor dem Fernseher.

„Da bin ich wieder. Und ich habe jemanden mitgebracht.“

„Ah, Kyoko-san, guten Morgen.“ Yugis Großvater lächelte.

Ich verbeugte mich höflich und trat näher, damit Yugi hinter mir die Türe schließen konnte. „Ich wünsche einen schönen guten Morgen.“

„Yami, ich bin wieder da!“, reif Yugi und steckte seinen Kopf zwischen Tür und Türrahmen eines angrenzenden Zimmers.
 

„Setz' dich doch. Was führt dich schon an so einem frühen Morgen hierher?“, fragte mich, der mir gleich auf der gegenüberstehenden Couch einen Platz anbot.

„Ich wollte mir mal den Laden ansehen und vielleicht ein paar neue Karten kaufen. Aber Yugi hat mich gleich mitgebracht, obwohl ich ihm gesagt habe, dass ich auch unten vor dem Geschäft warten könnte und es mir nichts ausmachen würde, aber Yugi meinte, es wäre okay, wenn ich ihrem Frühstück beiwohnen könnte.“

„Natürlich ist es das. Du bist hier immer willkommen.“, antwortete der ein wenig gebrechlich wirkende, alte Mann.

„Yami, nun komm' schon. Gleich muss schon das Geschäft geöffnet werden, dann haben wir keine Zeit zum Frühstücken.“, rief Yugi, der sich zu uns gesellte und sich neben seinen Großvater setzte.

Ein verschlafenes „Ja, ja, ich komme ja schon.“ war aus dem Zimmer zu hören, in das Yugi vorhin noch seinen Kopf gehalten hatte und ein halb nackter Yami stand auf einmal vor mir.
 

~Einige Zeit später~
 

„Du hättest mir ja mal sagen können, dass sie hier ist! Dann wäre die Situation nicht so eskaliert.“, beschwerte sich ein knallrot gewordener Yami bei Yugi.

„Es ist doch nichts passiert. Oder, Kyoko-san?“, fragte der alte.

Ich schüttelte den Kopf. „Das müssten Sie eher Yami fragen. Er war ja ziemlich verlegen. Ich war es auch, weil...naja...ist ja auch egal. Vergessen wir das ganze einfach.“

Yami, der noch immer errötet neben mir saß, nickte und nippte an seiner Milch. Er hatte sich mittlerweile auch eine dunkelblaue Hose und ein T-Shirt angezogen.

„Was ich dich noch fragen wollte, Yami. Setzt du auch deine Götterkarten bei unserem morgigen Duell ein?“

Ein Grinsen umspielte seine Lippen und seine Augen verengten sich.

„Ich will es dir ja schließlich nicht zu leicht machen. Ich verliere nur ungern meinen Meistertitel. Außerdem will ich die Wahrscheinlichkeit, dass du mich besiegst, möglich gering halten.“

Ich seufzte schwer.

„Na das kann ja was werden.“

„Sei doch froh. Dann weißt du, wie viel Respekt er vor dir hat. Du bist eine echt harte Nuss.“, meinte Yugi daraufhin.

„So gut bin ich doch gar nicht...“

„Jetzt tu' nich so. Wir haben immer deine Duelle verfolgt und du hast wirklich ein hohes Potential. Deine Duelle sind spitzenklasse. Einfach nicht zu toppen.“

Verlegen kratze ich mich am Hinterkopf.
 

„Naja, ich bin unten im Laden, wenn etwas sein sollte.“ Der alte Mann stand auf und ging zur Wohnungstüre.

„Okay, ich komme gleich nach und sehe mir ein paar Karten an.“, rief ich ihm nach.

„Mach' das.“ Und schon verschwand der ältere Mann im Treppenhaus.

„Kann ich dich kurz unter vier Augen sprechen?“, fragte mich Yami.

„Klar. Was gibt’s?“, fragte ich, als wir uns in Yamis Zimmer begaben.

„Naja, weißt du, mich quält schon die ganze Zeit über die Frage, was jetzt eigentlich zwischen dir und Kaiba ist, nachdem du mir gestern gesagt hast, dass du meine Gefühle nicht erwidern kannst. Du weißt schon.“ Er ließ sich auf seinem Bett nieder. „Ach, vergiss' die Frage. Es geht mich ja gar nichts an...“

„Ich weiß es nicht. Ehrlich. Keine Ahnung, was wir für eine Beziehung zueinander haben. Ich habe manchmal das Gefühl, dass er wie jemand, der sich in einer Zwangsgemeinschaft befindet, handelt, aber von einem Moment auf den anderen ist er ungewöhnlich nett und freundlich zu mir, sorgt und kümmert sich sogar liebevoll um mich und tut alles, um mich glücklich zu machen. Doch ganz plötzlich ist er einfach nur eiskalt und abweisend, ich weiß nicht, was ich von ihm halten soll und das immer, wenn ich denke, dass ich ihn frage, was er von mir hält und was ich eigentlich für ihn bin. Dann mach er mich rasend und ich werfe ihm Schimpfwörter an den Kopf, um seine blöden Sprüche nicht auf mir ruhen zu lassen und einen geknickten Eindruck bei ihm zu hinterlassen.“
 

„Ich bin mir sicher, dass er nur dein bestes will, auch, wenn er eine komische Art hat, dies auszudrücken. Er hat dich sehr gern und achtet dich und versucht auch, auf deine Gefühle Acht zu geben.“

Ich sah zu Boden und setzte mich auf einen Drehstuhl, der nicht weit von mir im Zimmer stand. Yami sah mir tief in die Augen.

„Du bist verzweifelt und du weißt nicht, was du tun sollst. Du hast Angst und wirkst ziemlich verletzt. Du weißt, dass du mir alles sagen kannst, was dir auf der Seele lastet. Ich werde auch alles für mich behalten.“

>Er hat Recht! Und das kann er sehen, in dem er mir in die Augen schaut... einfach unglaublich!<

„Daran zweifle ich nicht, aber ich will dir auch nicht meine Probleme auferlegen, zumal du doch gar nichts damit zu tun hast und es für dich dadurch nicht einfacher wird, weil ich weiß, dass du für mich viel mehr, und ich für dich eben nicht mehr als Freundschaft empfinde. Also in solchen Dingen bin ich schon ziemlich vorsichtig, aber danke, dass du mir helfen willst. Ich weiß es sehr zu schätzen und bin auch sehr froh darüber, dass du mich unterstützen willst.“
 

„Kommt Kaiba morgen eigentlich auch?“

Ich lachte, nachdem er diese Frage gestellt hatte und drehte mich mit einem Strahlen auf dem Gesicht auf dem Drehstuhl einmal um meine eigene Achse. „Er verschanzt sich in seiner Firma. Heute morgen beim Frühstück meinte er, er käme nicht, weil erstens in der Firma die Arbeit auf ihn warten würde und er, ich zitiere, für so einen Kinderkram jetzt und in den nächsten Tagen überhaupt keine Zeit habe. Der hat nur Angst, dass ich dich schlage, was er nie geschafft hat und später gegen mich zu verlieren.“

Yami lächelte. „Da ist bestimmt was dran. Mal sehen, ob er doch morgen aufkreuzt.“

„Er wird es schon sehen. Entweder live oder bei der Übertragung im Fernsehen. Bestimmt werden Journalisten da sein, die das ganze als Live-Übertragung im ganzen Land, vielleicht auf dem ganzen Kontinent verbreiten. Aber wollen wir mal nicht übertreiben.“ Ich machte eine Pause und stand auf. „Wenn du nichts dagegen hast, dann würde ich jetzt gerne runter in den Laden gehen und mir die Karten ansehen.“

„Okay. Wenn noch etwas sein sollte, frag' Yugis Großvater oder komm' nach oben und frag' mich.“ Er zwinkerte.

„Gern.“ Ich lächelte.
 

Kurze Zeit später ging ich nach unten und besah mir die Karten, die in verschiedenen Vitrinen zu bestaunen waren.

„Muto-san, haben Sie vielleicht auch noch Karten von der sehr seltenen Sorte?“

„Da müsste ich mal nachschauen. Warte kurz einen Moment.“ Der alte Mann verschwand für kurze Zeit in einem Raum hinter dem Tresen.

„Hier sind noch ein paar. Schau' sie dir in Ruhe an.“

Es waren wirklich ein paar gute dabei, drei, die mir auf Anhieb gut gefallen und von der Stärke und vom Typ her auch gut in mein Deck passen würden. Außerdem entschied ich mich für zwei weitere Karten.

„Schade, dass Sie keinen weißen Drachen mit eiskaltem Blick da haben.“, murmelte ich vor mich hin.

„Doch, ich habe einen da.“

„Was? Ehrlich?“

„Ein einziges Exemplar habe ich hier, aber ich darf dich warnen, der Preis dafür ist extrem hoch. Sie ist eine der teuersten Karten, die ich besitze. Viele Leute vor dir wollten diese Karte kaufen, es scheiterte jedoch am Preis und niemand vor dir konnte sie sich leisten.“
 

„Ich kaufe sie! Egal, wie viel sie kostet!“

„Bist du sicher, dass dir 22 Millionen Yen nicht zu viel sind?“ (22 Millionen Yen sind umgerechnet etwa 150.000 Euro.)

„Ich kriege das schon hin! Legen Sie mir die Karte zurück? Ich werde sie nachher abholen und mit Kreditkarte bezahlen.“

„Tut mir Leid, Kreditkarten nehmen wir nicht. Ein Check wäre bei dieser Summe am besten. Und ja, ich lege sie zurück.“

„Dann legen sie die anderen auch dazu. Ich komme nachher vorbei und hole sie mir alle ab. Versprochen.“

„Das macht dann insgesamt 23,5 Millionen Yen.“

„Na – Natürlich. Bis später.“
 

Ich verließ den Laden und seufzte schwer, bis die Panik mich packte.

>Wie zur Hölle soll ich bis heute Nachmittag 23,5 Millionen Yen auftreiben? Ich bin so blöd! Und ich habe versprochen, dass ich sie kaufe! Dabei will ich sie unbedingt! Ich will mein neues Fusionsmonster endlich testen!<

Nachdenklich für ich zur Villa zurück und stellte das Motorrad in der Tiefgarage ab, fuhr mit dem Aufzug nach oben und suchte das Zimmer meines Bruders. Er muss mir dabei helfen, auf mein Konto zuzugreifen. Ohne seine Erlaubnis kann ich kein Geld abheben, weil ich noch siebzehn bin.

„Jun? Jun!“, rief ich, der einzige, der auftauchte, war Mokuba.

„Dein Bruder ist vor einer halben Stunde mit meinem Bruder zur Kaiba Corp. gefahren. Vielleicht stellt Seto ihn ein, nachdem Jun seinen alten Job verloren hat.“

„Ich muss zu ihm und zwar schnell. Dann werde ich mal schnell mit dem Motorrad hinfahren. Wir sehen uns später.“

Und wieder machte ich mich auf zur Tiefgarage, fuhr das Motorrad wieder raus, setzte meinen Helm auf und fuhr zu Setos Firma.
 

Als ich dir Firma betrat, wurde ich von Blicken geradezu durchbohrt. So viele Angestellte, die im Eingangsbereich arbeiteten und herumliefen, als würde jemand mit einem Gewehr hinter ihnen stehen.

„Wo finde ich das Büro von Seto Kaiba?“, fragte ich die Frau an der Rezeption, die mich eifersüchtig musterte, als ich die Frage stellte.

„Master Kaiba ist zur Zeit beschäftigt und befindet sich in einer Besprechung. Kommen Sie wann anders wieder.“

„Ich muss aber zu ihm. Von mir aus können Sie ihm sagen, dass Kyoko Karasuma hier ist, und dass ich mit Jun Ishino sprechen will, der in diesem Moment bei ihm sein dürfte.“

>Dumme Ziege. Die denkt wohl, ich wär' so einfältig wie sie. Vertan, sprach der Hahn.<
 

Die aufgebretzelte Schnepfe vor mir tippte eine Nummer in ein Telefon und faselte kurz darauf etwas, was ich aufgrund ihrer Distanz, die sie absichtlich herstellte, akustisch nicht verstand.

„Was ist jetzt? Ich habe nicht ewig Zeit!“

„Siebzehnte Etage. Das Büro können Sie nicht verfehlen.“

Ich wandte mich mit einem wütend klingenden „Danke.“ ab worauf ich nur das Wort „Bitte sehr, Schlampe.“ an den Kopf geworfen kam.

>Der stellt wirklich nur Frauen ein, die blöd wie'n Edding sind und deren Brüste aus ihren fünf Nummern zu klein geratenen Blusen platzen. Wie erwartet. Aber dass er meinen Bruder einstellen will, finde ich komisch. Der wird doch wohl nicht auf Männer und Frauen stehen?<

Bei dem Gedanke drehte sich mir der Magen um und der Brechreiz in meinem Magen und meiner Speiseröhre ließ mich die Hände vor den Mund halten.
 

Endlich im Obergeschoss angekommen, sah ich direkt vor mir eine dunkle, riesige, hölzerne Türe, in die das Logo der Kaiba Corporation und noch andere Sachen eingearbeitet waren. Auch auf diesem Gang liefen ein paar Frauen herum, die genauso schlampig gekleidet waren, wie die anderen, die ich bereits gesehen hatte.

„Sie dürfen nicht in dieses Büro, wenn Sie keinen Termin haben oder Master Kaiba Sie nicht herein ruft.“

„Das ist mir egal. Man hat mir an der Rezeption gesagt, dass ich hierher kommen und mich bei ihm melden soll – ich werde jetzt bestimmt nicht zurückgehen, weil Sie es mir vorschreiben. Also kümmern Sie sich gefälligst um ihren eigenen Kram und ziehen Sie sich nicht so schlampig an. So werden sie garantiert nicht bei Ihrem Chef landen. Und jetzt entschuldigen Sie mich.“

Wütend riss ich die Bürotüre auf, worauf Seto und Jun, die sich an den riesigen Schreibtisch gesetzt hatten, sofort aufhörten, zu reden.
 

„Ich habe Sie gewarnt. Verschwinden Sie gefälligst, oder sehen Sie nicht, dass sich Master Kaiba in einer Besprechung befindet?“, schrie die Sekretärin hinter mir.

„Ich will nur meinen Bruder sprechen. Das ist alles.“, antwortete ich halbwegs gelassen.

„Und ich sagte, dass Sie gehen sollen!“

„Ruhe jetzt!“, brüllte Kaiba. „Was soll der Lärm? Siehst du nicht, dass ich beschäftigt bin?“

„Mokuba hat mich hergeschickt, nachdem ich euch in der Villa gesucht habe. Ich muss unbedingt mit meinem Bruder sprechen. Es ist wichtig.“

„Kann das nicht warten?“, fragte Kaiba.

„Nein, kann es nicht.“ Ernst sah ich Seto an und verengte die Augen.

Die Frau hinter mir packte mich am Arm und platzte gleich vor Wut. Vielleicht auch, weil ich eine Bekannte von Seto und sie neidisch und eifersüchtig auf mich war.

„Master Kaiba, diese Person hat sich unerlaubt in ihr Büro begeben! Werfen Sie dieses Mädchen raus!“
 

„Ich habe Kyoko gebeten, zu mir zu kommen - noch immer entscheide ich, wer Zutritt zu meinem Büro hat und wer nicht. Ich werfe hier nur einen raus. Und das bist du. Verschwinde, du bist gefeuert. Und jetzt lass' uns allein.“

„Aber sie hat...“

„Ich sagte, dass du verschwinden sollst. Brauchst du es schriftlich oder was? Da ist die Tür. Und sag' allen Bescheid, dass ich nicht gestört werden will, bis mein Besuch das Gebäude verlassen hat.“

Die Türe ging hinter mir zu und eine heulende Sekretärin rannte auf dem Korridor herum, bis es still wurde und wir das Gespräch unter sechs Augen fortsetzten.
 

„Du solltest dir qualifizierteres Personal suchen. Ich werde hier schief angeschaut, beleidigt und fast rausgeworfen. Und ihr Kleidungsstil geht gar nicht.“

„Womit habe ich die Ehre, dass du mich während der Arbeit besuchst?“, fragte Seto stattdessen.

„Ich möchte kurz mit meinem Bruder sprechen.“

„Nur zu.“

„Unter vier Augen. Das heißt, nur er und ich, falls du nicht bis vier zählen kannst.“

„Ich werde schon nichts weitererzählen.“

„Darum geht es nicht.“

„Worum dann?“

„Lass' mich einfach unter vier Augen mit ihm reden.“

„Nein.“

„Wann bist du hier fertig, Jun?“

„Dauert noch was. Wenn du es eilig hast, mach' es kurz und kein Geheimnis draus!“, forderte Seto, ich versuchte, ihn einfach zu ignorieren.
 

Ich sah meinen Bruder an. „Du musst gleich mit mir zur Bank. Ich habe ein großes Problem.“

„Ist was passiert?“, fragte Seto.

„Bist du mein Bruder?“

„Nicht das ich wüsste.“

„Also halt dich da raus, wenn du uns schon nicht allein lässt.“ Ich wandte mich wieder Jun zu. „Es ist dringend.“

„Dürfte ich wissen, worum es hier eigentlich geht?“

„Sei nicht so neugierig, Seto! Halt endlich die Klappe. Vielleicht sage ich es dir nachher, vorausgesetzt, du lässt mich jetzt mit meinem Bruder reden.“

Beleidigt wandte sich Seto seinem Computer zu und tippte darauf herum.

>Und wieder die beleidigte Leberwurst-Nummer! Seto, in solchen Momenten bist du echt zum Schießen komisch!<
 

„Ich brauche unbedingt 23,5 Millionen Yen.“

„Was? Wofür?“ Mein Bruder kippte vor Schreck fast vom Stuhl.

„Das sage ich dir, wenn ich mir sicher bin, dass uns Kaiba nicht belausch...“

„Ab morgen wirst du die Graphik-Abteilung leiten. Ich bin auf deine Ergebnisse gespannt und hoffe, dass du diesem lahmen Haufen etwas mehr Disziplin beibringst.“, unterbrach mich Seto.

„Vielen Dank, Mister Kaiba.“

„Du kannst gehen.“
 

Gleich zog ich meinen Bruder nach draußen und lief mit ihm in den nächsten Aufzug.

„Wofür brauchst du das Geld?“

„Ich habe mir ein paar neue Karten beschafft, und, naja, wie soll ich es ausdrücken...sie haben einen Gesamtwert von 23,5 Millionen Yen. Von einer dieser Karten, eine Monsterkarte und dazu noch eine ziemlich mächtige, gibt es nur weniger als eine Hand voll, deshalb habe ich sie mir zurücklegen lassen und will sie mir gleich abholen, wenn ich das Geld habe. Und da es schließlich meine Karten sein werden, will ich sie auch selbst bezahlen, auch, wenn der Preis fast das gesamte Preisgeld ist, was ich bei meinen bisherigen Turnieren bekommen habe.“

„Bist du sicher, dass du so viel Geld ausgeben willst?“

„Natürlich. Ich brauche diese Karten, wenn ich Yugi morgen schlagen will.“

„Na gut, wenn du es willst, dann werde ich dich auch nicht daran hindern. Ich kann dir diesen Wunsch nicht ausschlagen, für dich ist das Duellieren alles. Also sollst du auch bekommen, was du haben willst.“
 

Was ich allerdings nicht wusste, war, dass ich belauscht wurde...
 

~Seto's Sicht~
 

Sichtlich gelangweilt drehte ich mich in meinem Ledersessel um neunzig Grad und sah aus der vollkommen verglasten Rückwand meines Büros.

>Was für Karten sie wohl bestellt hat...es gibt ja nicht viele Karten, von denen es nicht weniger als fünf gibt.<

Wieder drehte ich mich in meinem Sessel und durchstöberte die Duel Monsters Karten-Datenbank, um herauszufinden, welche Karten in Frage kämen. Es waren einige Monster dabei, aber ich bemerkte, dass auch mein 'Weißer Drache mit eiskaltem Blick' darunter viel. Es gab nur drei Exemplare, und alle besaß ich.

>Es gibt doch nicht noch eine vierte...<

Mein Notebook sagte jedoch etwas anderes. Es gab insgesamt vier Karten. Aber dass ausgerechnet sie diese Karte kaufen würde, wäre recht unwahrscheinlich.

Ich betrachtete den Wert der Karte und staunte nicht schlecht. Diese Karte hatte einen Wert von zweiundzwanzig Millionen Yen.

>Das könnte doch so ungefähr passen. Wenn sie 23,5 Millionen braucht, dann sind zweiundzwanzig davon bestimmt für das vierte Exemplar...<
 

„Master Kaiba, ein Anruf für Sie.“, ertönte es plötzlich durch einen Lautsprecher an einem Mikrofon auf meinem Schreibtisch. Ich drückte einen Knopf und fragte, wer mich denn nun wieder stören wollte.

„Eine Frau namens Kaname Honami.“

„Honami?“

Mir schoss das Telefonat durch den Kopf, dass ich einmal mit Kyoko geführt hatte. Sie meldete sich ein Mal mit Honami. Nicht, dass diese Frau, die mich da anruft, noch mit Kyoko verwandt ist...

„Ja, Master Kaiba. Soll ich ihr sagen, dass Sie zur Zeit nicht erreichbar sind?“, fragte eine meiner Sekretärinnen durch die Sprechanlage.

„Nein, stell' sie durch. Aber von nun an will ich meine Ruhe haben.“

„Natürlich, Master Kaiba.“
 

Ich hob den Hörer ab und hörte eine weibliche Stimme am anderen Ende der Leitung.

„Ich hoffe, ich störe nicht, Mister Kaiba.“

„Wer sind Sie? Und was wollen Sie von mir?“ Wütend brüllte ich in das Telefon, doch meine Gesprächspartnerin schien das nicht zu stören und setzte gelassen das Gespräch fort.

„Na, wir wollen doch nicht gleich aggressiv werden, Mister Kaiba. Zumal Sie noch nicht einmal den Grund für meinen Anruf wissen. Und ich garantiere Ihnen, wenn dieses Telefonat beendet ist, dann wird ihre Welt von einem Wimpernschlag auf den anderen eine völlig andere sein.“

„Was reden Sie da für ein dummes Zeug?“

„Dummes Zeug also? Lassen Sie mich doch erst einmal ausreden. Zunächst will ich mich vorstellen. Mein Name ist Kaname Honami, bin achtunddreißig Jahre alt, bin geschieden und habe eine siebzehnjährige Tochter.“
 

„Wollen Sie mir meine freie Zeit nehmen oder warum erzählen Sie mir so einen Mist?“

„Meine Tochter kennen Sie bereits. Sie ist ihre Konkurrentin, ihre Erzrivalin und das Mädchen, dass in ihrem Haus wohnt. Kyoko Karasuma ist meine Tochter.“

„Was?“

„Und nicht nur das. Sie und Kyoko, wie sie sich jetzt nennt, haben sich bereits vor zehn Jahren getroffen. In dem Waisenhaus, in dem Sie und ihr kleiner Bruder lebten, bis sie von Guzaburo Kaiba adoptiert wurden, weil Sie ihn in einer Schachpartie schlugen. Sie ist das Mädchen, dass von mir, ihrer Mutter, abgeholt und von Ihnen getrennt wurde.“

>Dann ist sie es also doch...aber warte...<

„Das kann nicht sein! Sie wollen mich wohl verarschen! Ihr Name war nicht Kyoko, sondern ein ganz anderer...“

„Woher wollen Sie das wissen? Kennen Sie überhaupt ihren wahren Namen?“

„Natürlich kenne ich ihn.“

„Und wie lautet er?“

Ich schwieg. Ihr Name war mir tatsächlich entfallen.

„Sagt Ihnen vielleicht 'Riiko' etwas?“

>Das war er...<

„Sie wollen mir doch nicht ernsthaft weiß machen, dass Riiko und Kyoko ein und die selbe Person sind?“

„Genau das will ich.“

„Völlig unmöglich.“
 

„Das glauben Sie wirklich? Und warum sieht sie ihr so ähnlich? Warum schleicht sie sich in ihr Haus, lässt sich durchfüttern und lässt sich dann mit ihrem Feind ein? Lässt sie einfach stehen? Sie sind wirklich naiv, noch mehr, als ich es mir dachte.“

„Sie wagen es...“

„Meine Tochter hegt einen tiefen Groll gegen Sie. Sie würde nie, niemals, etwas ernstes von Ihnen wollen. Sie will Sie dafür bluten lassen, dass Sie sie damals im Stich gelassen haben und nichts getan haben, um sie zu retten. Sie hat Ihnen vertraut, sie hat auf Ihr Versprechen, dass sie ihr gegeben haben, gebaut und hat gehofft, dass Sie und meine Tochter für immer zusammen blieben. Doch als Sie ihr Versprechen brachen, da hat sie begonnen, Sie zu hassen und sich geschworen, Sie für alles zur Rechenschaft zu ziehen, was Sie ihr angetan haben. Sie haben ihr gesamtes Leben zerstört, weil Sie von ihr wussten, was passieren würde, was ihr geschehen würde, sobald ich sie nach Hause zurückholen würde. Doch Sie haben sie nicht unterstützt sondern Sie einfach fallen gelassen, wie eine heiße Kartoffel. Sie hat sie geliebt, Mister Kaiba.“

„Sie wollen mich wohl lächerlich machen.“

„Dann fragen Sie doch gleich meine Tochter, wenn sie ihre Bankgeschäfte erledigt hat. Fragen Sie sie, was sie sich bei ihren ganzen Aktionen denkt und wie lange sie noch so weitermachen will. Fragen Sie sie, ob sie Sie damals wirklich so empfunden hat.“

Ich schwieg.
 

„Nehmen Sie sich vor ihr in Acht. Sie hat etwas vor. Und glauben sie nicht, dass sie das Opfer ist. Nein, sie ist der Drahtzieher der ganzen Sache. Wenn es zu spät ist, werden Sie bestimmt darüber nachdenken, was Sie falsch gemacht haben und warum Sie ihr noch weiter vertraut haben. Sie wird ihren Rachefeldzug bald beenden, aber passen Sie auf, Sie werden sehr darunter leiden. Ach, und noch etwas. Passen Sie auf ihren Bruder auf. Vielleicht wird Sie ihm etwas antun...“

„Was...“

“Ich wünsche noch einen angenehmen Tag, Mister Kaiba.”

Die Frau hatte aufgelegt.

>Dann war es also wahr. Sie und Riiko waren ein und die selbe Person. Und sie hasst mich dafür, was damals passiert ist. Deshalb ist sie auch immer so gereizt, wenn ich mit ihr rede und fährt immer so aus der Haut, wenn sie auf mich sauer ist.

Das, was diese Frau da sagte, klingt ein wenig einleuchtend. Wenn Kyoko, oder Riiko, mich wirklich so abgrundtief hasst, dann ist es wohl ein Teil ihres Plans, dass sie sich erst mein Vertrauen erschleichen will, um mir dann ungehindert Schaden zuzufügen. Das einzige, was ich ihrer Mutter nicht recht glauben kann, ist, dass Sie angeblich etwas gegen mich ausheckt. Das kann ich nicht glauben. So verkorkst ist dieses Mädchen nicht. Das traue ich ihr einfach nicht zu. Villeicht würde sie es schaffen, mir einen Streich zu spielen, aber sie würde nie meinem Bruder oder mir etwas antun. Nein, das kann ich einfach nicht glauben...<
 

~Inzwischen in der Kaiba-Villa: Kyoko's Sicht~
 

Ich verbarrikadierte mich in einem mir unbekannten Zimmer, weitab von den Zimmern der anderen. Es war abgeschlossen, doch mit ein wenig Fachwissen und einer meiner Haarnadeln konnte ich die abgeschlossene Türe öffnen und fand prompt neben der Türe im Zimmer einen Schlüssel für die Türe und schloss sie von innen ab.

„Was ist das hier für ein Raum?“, fragte ich mich.

Der gesamte Raum war dreckig, staubig und dunkel, nur durch einen der Vorhänge fiel ein wenig Sonnenlicht, da sie an einigen Stellen große Löcher hatten.

Ich suchte nach einem Lichtschalter, griff allerdings ein paar mal ins leere oder in staubig gewordene Spinnennetze. Dieses Zimmer war das einzige, was ungebraucht und schon seit Jahren weder betreten, noch gesäubert zu sein schien.

Endlich fand ich einen Lichtschalter und eine kleine, flackernde Funzel an der Decke des Zimmers warf ein wenig Licht auf den staubigen Teppichboden, worauf ich mich notgedrungen setzte. Ob ich mich jetzt auf einen mit Spinnenweben umwickelten, staubigen Stuhl oder den dreckigen Teppich setzte, spielte jetzt auch keine Rolle mehr. Aber wenigstens hatte ich einen Platz gefunden, wo ich in Ruhe meine Pläne studieren und mich konzentieren konnte. Außerdem würden weder Kaiba noch sonst irgendjemand je auf die Idee kommen, dass ich in diesem Raum war.
 

Nebenbei entdeckte ich alte Gemälde von einem alten Mann mit einer Menge Stirn- und Augenfalten, sowie grauen Haaren und dichte Augenbrauen und einem Schnurrbart. Ich nehme mal an, dass das Guzaburo Kaiba war, der Seto und Mokuba adoptiert hat, als Seto zwölf war. Wahrscheinlich war dieses Zimmer von diesem alten Knacker. Naja, mir sollte es recht sein; es würde bestimmt niemanden stören, wenn ich hier war.

Was mir zudem auffiel, war, dass die Luft in diesem Raum recht voll von winzigen Staubpartikeln war und es an frischer Luft mangelte. So langsam musste ich den Raum mal wieder verlassen oder ein Fenster finden, das man auch öffnen konnte, sonst würde ich hier drin vielleicht noch ersticken.
 

Ich vertiefte mich in mein Deck und sortierte meine Karten und ihrer Effektivität. Ja, Raigeki musste in mein Deck. Es war ja immer darin, nur heute freute ich mich besonders darüber, diese Karte zu besitzen.

„Wer weiß, vielleicht hilft mir diese Karte noch...“

Eine lange Zeit studierte die neuen Karten, die ich mir nun doch zusammen mit meinem Bruder gekauft hatte und überlegte mir ein paar neue Kombinationen.

>Der Kampf gegen die drei ägyptischen Götter morgen wird nicht sehr einfach. Aber zum Glück habe ich nun den 'Weißen Drachen mit eiskaltem Blick', die Zauberkarten 'Buch von Taiyou' und das 'Buch des Mondes' und die Falle 'Letzter Spielzug'. Die werden mich im Kampf morgen sicher gut unterstützen.<, dachte ich.
 

„Kyoko? Bist du hier irgendwo? Wo bist du, Kyoko?“, hörte ich Mokuba auf dem Gang rufen. Sicher vermisst er mich, weil es schon Nachmittag war.

>Seto ist bestimmt in der Firma, aber das Risiko eingehen, dass er oder Mokuba mich sieht, sobald ich aus dem Zimmer komme? Nein, ich habe keine Lust darauf. Vielleicht bin ich mit dem Betreten dieses Zimmers doch einen Schritt zu weit gegangen. Verdammt.<
 

Als es im Korridor wieder ruhig war, schloss ich die Türe auf, doch dann passierte das, was ich mir nie erträumt hatte. Der Schlüssel brach ab und die Türe ließ sich nicht öffnen.

Verzweifelt dachte ich nach, was nun zu tun war, bis ich mich dazu überwand, an der Türe zu klopfen.

„Mokuba? Mokuba! Ich bin hier! Aber ich komme hier nicht raus!“

Keine Antwort. Wahrscheinlich hatte er bereits das Stockwerk gewechselt.

Und die Batterie des Handys tat es auch nicht mehr lange, bis sie leer wurde. Ich versuchte, Mokuba auf seinem Handy zu erreichen, doch niemand hob ab. Ich rief sogar auf Setos Handy an, aber auch er ging nicht ran. Und mein Bruder, naja, sein Handy war ausgeschaltet. Und für einen weiteren Anruf war es zu spät – mein Handy gab den Geist auf.

„Mokuba. Mokuba!“

Immer noch nichts.

„Verdammt, was habe ich mir nur wieder dabei gedacht?“, flüsterte ich und setzte mich mit dem Rücken gegen die Türe gelehnt auf den Boden.

Ich klopfte, versuchte, so viel Lärm zu machen, wie es ging, aber niemand schien meine Hilferufe wahrzunehmen.
 

„Mokuba...Seto...irgendjemand muss doch da sein...“

Es war Abend geworden. Die Dämmerung hatte bereits eingesetzt, es war schon fast dunkel. Und das hieß, dass ich gleich in einem nahezu unbeleuchteten Zimmer war, das mit mittlerweile immer angsteinflößender und bedrohlicher vorkam.

Was noch schlimmer war, die Lüftung ging an – scheinbar hatte sie jemand eingeschaltet – und blies noch mehr Staub in das Zimmer. Die Luft und der auf dem Boden und überall haftende Staub wurde aufgewirbelt und somit befand sich nun noch mehr Feinstaub in der Luft, der mir immer weiter zusetzte.

Ich legte meine Arme auf die Knie und vergrub mein nun schon verweintes Gesicht darin.

Selbst die Balkontüre war fest abgeschlossen. Das Ausbrechen – in diesem Falle – war aufgrund des Hochsicherheitsschlosses unmöglich. Ich nahm eine alte Schreibtischlampe zur Hand und versuchte, einen Alarm auszulösen, doch weder das Schloss ging kaputt, noch das Glas.

>Na toll. Habe ich ja wieder super hinbekommen. Prima.<
 

Die Luft hier drin war auf Dauer unerträglich geworden. Nun saß ich hier bestimmt schon sechs Stunden fest, hatte aber vorher nie so ein großes Problem mit der staubigen Luft gehabt. Aber jetzt durch die vielen Anstrengungen, hier irgendwie herauszukommen, war jeder Atemzug eine Qual.

„Mokuba! Seto! Jun! Bitte helft mir...Ich komme hier nicht wieder heraus...“

Der Staub in der Luft ließ mich Husten.

„Kyoko? Wo bist du?“

„Hier, Mokuba! Ich bin hier!“

Das brachte ihm auch nicht sehr viel, dachte ich, aber um einen langen Vortrag zu halten, war ich nicht mehr in der Lage.

Ich hämmerte von innen gegen die Türe.

„Endlich bist du da, Mokuba...bitte, hol' mich hier raus. Ich kriege keine Luft...“

„Ich hole Seto! Der kann dir eher helfen, mehr als ich jedenfalls!“

„Beeil' dich, bitte!“
 

Die Minuten, die er weg war, kamen mir wie Stunden vor.

„Wo ist sie?“

Endlich hörte ich Setos Stimme am Ende des Flures. Ein kleiner Funken Hoffnung und Erleichterung keimte in mir auf.

„In Guzaburos Arbeitszimmer.“

„Was?“

„Seto...hilf' mir...ich kann kaum noch atmen...“

„Kyoko? Kannst du mich hören?“, rief Mokuba.

„Ja, das kann ich. Bitte hol' mich hier raus, ich weiß nicht, wie lange ich das noch überstehe...“
 

~Chapter 10 Ende~



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  fahnm
2009-02-18T01:35:10+00:00 18.02.2009 02:35
Jetzt wird es gefärhlich für die Kleine mal sehen wie es weiter geht.

mfg
fahnm


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