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Die Vergessenen

Stargate Atlantis
von

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Prolog

„Was soll das jetzt wieder heißen? Natürlich bin ich mir sicher.“ Mit einem verachtenden Schnauben beförderte Rodney den Stapel Papiere, den er bis eben noch zwischen seinen Fingern gedreht hatte, auf den Schreibtisch vor sich und funkelte sein Gegenüber herausfordernd an. „Ich habe diese Daten mehrmals überprüft, es besteht nicht der geringste Zweifel an deren Richtigkeit.“

„Rodney, bitte!“ Dr. Weir legte dem aufgebrachten Mann beruhigend eine Hand auf die zuckenden Finger und kam damit einem wesentlich unsanfteren Einwand Colonel Sheppards zuvor. „Niemand behauptet, dass Sie im Unrecht sind. Alles was ich wissen will ist, ob sich das Risiko tatsächlich lohnt, eine Expedition auf diesen Planeten zu senden.“

Der Wissenschaftler richtete sich mit einem leisen Murren auf, wobei sein Blick von Dr. Weir zu Sheppard huschte. Er würde ihn in seinem Vorhaben unterstützen, ganz sicher. Zumindest, wenn er um die Wichtigkeit seiner Entdeckung wusste. Er atmete tief durch und versuchte sich wieder ein wenig zu beruhigen. „Schön. Also gut. Ich gebe zu, dass die Daten große Lücken aufweisen, die ich nicht mehr beheben kann. Aber das was ich der Datenbank noch entnehmen konnte, ist immer noch beeindruckend genug, Elizabeth!“

„Rodney, Sie sagen doch selbst, dass sich die Antiker mehr als wage ausdrücken, was diesen Planeten betrifft. Das sollte uns zu Denken geben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie sich ohne Grund so sehr bedeckt gehalten haben.“ Sheppard blickte seinen Freund mit hochgezogenen Brauen an, so als sei es das Offensichtlichste überhaupt und er könne nicht nachvollziehen, weshalb grade Rodney diese Tatsache übersehen haben könnte.

„Na, aber eben deshalb doch grade!“ Er rollte ungeduldig die Augen. „Ich habe keinerlei Hinweise gefunden, dass sich irgendwo auf diesem Planeten Gefahren befinden... ausgenommen den üblichen Risiken, die eine Erkundung in fremder Umgebung so mit sich bringt.“ Einen Moment lang schien es, als würden diese Risiken ihm schon genügen, sein Vorhaben platzen zu lassen. Doch er besann sich eines Besseren. „Aber dieses Risiko ist es wert. Wenn mich nicht alles täuscht, haben die Antiker auf diesem Planeten einen ihrer mächtigsten Vorposten bewirtschaftet, und das bedeutet für uns ein unermessliches Plus an Informationen, möglicher Weise neuer Technologie und mit etwas Glück auch einem weiteren ZPM.“ Mit leuchtenden Augen sah er sich um. Er hatte sich in der Vorstellung all dieser Möglichkeiten regelrecht heiß geredet.

Als er den nachdenklichen Ausdruck auf Dr. Weirs Gesicht sah, wusste er, dass er seinem Ziel schon sehr nahe war. Es war auch selbstverständlich, eine solche Chance konnte sie unmöglich in den Wind schlagen. Zu sehr waren sie auf ein weiteres ZPM angewiesen und im Grunde war jedes kleinste Detail, das ihnen helfen konnte die Technologie der Vorfahren zu verstehen, von solch immensem Wert, dass ein 'Nein' gar nicht erst in Frage kommen sollte.

Er wandte sich um, als Weirs fragender Blick an Rodney vorbei zu Sheppard schweifte. „Wie steht es mit der Bevölkerung? Mit was müssten wir rechnen, wenn wir dort sind?“

Siegessicher verschränkte der Wissenschaftler die Arme vor der Brust. Eine Geste, die bei ihm durchaus etwas linkisch wirkte und den Colonel leicht zum Schmunzeln brachte. „Ganz zu unserem Vorteil sieht es so aus, als wäre der Planet nicht besiedelt. Ich kann natürlich nicht für den ganzen Planeten sprechen. Aber die Koordinaten, zu denen wir vordringen müssten, sind nicht allzu weit vom Stargate entfernt. Mit dem Jumper könnten wir binnen einer Stunde hin und wieder zurückfliegen.“

„Dazu brauchen wir nicht mal einen Jumper! Diese Strecke können wir durchaus auch fußläufig bewältigen.“ Sheppard grinste diabolisch.

Rodney ersparte sich ein Kommentar. Es hätte zig Gründe gegeben, die Flugmaschine auf diese Mission mitzunehmen. Aber er war sich auch klar, dass ihm jeder einzelne als Ausrede ausgelegt werden würde, mit der er sich um den Marsch drücken wollte. Ganz unrecht hatten sie damit schließlich auch nicht.

Dr. Weir riss ihn aus seinen düsteren Grübeleien. „In Ordnung. John, trommeln Sie ihre Leute zusammen. Sie können noch heute aufbrechen. In Anbetracht der örtlichen Nähe erwarte ich, dass sie bis heute Abend zurück sind.“

Der Colonel nickte und schickte sich an, das Büro zu verlassen. Als er Rodneys entrüsteten Gesichtsausdruck jedoch bemerkte, kehrte er noch einmal um und zog den Wissenschaftler mit sanfter Gewalt aus dem Raum. „Wie kann sie befehlen, dass wir bis zum Abend zurück sein sollen? Wer weiß was wir alles dort finden? Da reichen zehn Stunden im Leben nicht!“ Pikiert machte er sich von Sheppard los, lief aber weiterhin neben ihm her. „Das müssen Sie sich nur mal vorstellen!“

„McKay!“ Ich Johns Stimme schwang eine deutliche Spur Ungeduld mit, die jegliche weitere Schimpftirade des Angesprochenen unterband. „Zehn Stunden sind eine verdammt lange Zeit. Wir werden genügend Zeit haben um uns umzusehen und einen Überblick zu gewinnen. Wenn wir dann mit etwas zurückkehren, das Elizabeth Interesse gewinnen kann, werden wir nicht zum letzten Mal dort gewesen sein.“ Er lächelte seinen verblüfften Freund von der Seite an. „Alles klar?“

Ihm war anzusehen, dass er die Sache bislang nicht von dieser Seite betrachtet hatte und John lachte amüsiert auf. „Also, worauf warten Sie? Holen Sie ihre Ausrüstung, Ich erwarte Sie in einer Stunde einsatzbereit am Gate.“

Beware

Die Dunkelheit der Nacht umschloss sie, als sie nacheinander den Ereignishorizont des Tores durchschritten und auf der anderen Seite heraustraten. In Atlantis war der Mittag grade erst angebrochen. Es war kühl, aber in der sanften Brise, die ihnen entgegenwehte, lag der deutliche Duft eines warmen Sommers. Sheppard grinste unwillkürlich. Er hatte diesen Geruch schon seit einer halben Ewigkeit nicht mehr wahrgenommen und machte ihm diesen fremden Planten augenblicklich sympathischer.

Nachdem er mit einem prüfenden Blick in die Runde festgestellt hatte, dass ihnen aus der unmittelbaren Umgebung keine Gefahr drohte und Teyla und Ronon weiterhin aufmerksam in die Nacht spähten, ließ er seine P90 sinken und trat neben Rodney. „Also?“

Der Wissenschaftler starrte angestrengt auf das kleine Gerät in seinen Händen, fuchtelte aber mit der freien Hand in eine Richtung linksseitig des Colonels. „Wir müssen in diese Richtung. Es dürften nur ein paar Kilometer sein.“ Seine Stimme klang dabei ein wenig wehleidig und John wusste, dass er sich bereits jetzt insgeheim bemitleidete und ihn verfluchte, den Jumper nicht mitgenommen zu haben. „Keine Lebenszeichen im gesamten Erfassungsbereich.“

Das genügte ihm vorerst und so wies er die anderen mit einer knappen Geste an, ihm zu folgen.

Trotz der nächtlichen Dunkelheit war es erstaunlich hell, da zwei bleiche Monde über ihnen am sonst vollkommen sternenklaren Himmel leuchteten und ihnen das Vorwärtskommen auf diese Weise erheblich erleichterten. Ronon, der die Nachhut bildete, schaute immer wieder mit einem grimmigen Ausdruck in den Augen zu ihnen hinauf.

„Sie können sie nicht herunterholen. Weder mit Ihrem bösen Blick, noch mit Ihrem Stunner.“

Unwillig wandte Ronon den Blick ab und schloss zu Sheppard auf, der in einiger Entfernung auf ihn gewartet hatte. „Es ist nicht gut.“ Er sprach leise, was den Colonel zu einem nachdenklichen Stirnrunzeln veranlasste. „Nun, wir sehen besser. Ich kann nicht sagen, dass ich das als so etwas Schlechtes empfinde.“

„Aber wir werden auch besser gesehen.“ Wie um diese Worte noch zu unterstreichen ließ er das kunstvoll geschmiedete Schwert, welches er auf seinem Rücken mit sich führte, mit einem leisen Zischen aus der Scheide gleiten. „Wir sollten vorsichtiger sein.“

„Rodney hat kein einziges Mal auch nur ein Lebenszeichen auf seinem Gerät festgestellt, Ronon. Entspannen Sie sich ein bisschen.“

Der Krieger sah John kurz in die Augen und seufzte dann tief. „Grade deswegen sollten wir unsere Aufmerksamkeit nicht beschneiden! Da, wo ich herkomme, gibt es Geschichten. Erzählungen, die besagen, dass unter einem vollen Mond nichts unerkannt bleibt, jedes Unrecht ans Licht befördert wird und Verdecktes aufgedeckt wird. Man wird uns bemerken.“

„Aber es gibt niemanden, der uns entdecken könnte.“ Sheppard klopfte seinem Freund kurz aufmunternd auf den Arm, und sah dann zu, dass er den Anschluss an die anderen beiden nicht verlor. „So wie Sie es sagen, könnten wir es auch durchaus zu unserem Vorteil auslegen.“ Er grinste kurz über seine Schulter. „Was auch immer einen Hinterhalt für uns plant, sollte in dem Fall rechtzeitig von uns erkannt werden, nicht wahr?“

Ronon gab sich geschlagen und folgte den anderen. Sein Schwert beließ er allerdings locker in der rechten Hand.

Aus der Ferne konnten sie das mächtige Grollen eines für sie noch unsichtbaren Ozeans hören, der unermüdlich gegen eine Steilküste schlug. Weit hinter ihnen zeichnete sich der groteske Schatten eines schier gigantischen Waldes ab, der seine vereinzelten Ausläufer in Form von kleinen Hainen selbst bis so weit in die Ebene aussandte. Vor ihnen erstreckte sich die Ebene in sanften Wellen bis zum Horizont, ohne jeglichen Hinweis auf menschliches Leben. Auf einer etwas höheren Erhebung blieben sie stehen, um sich genauer umsehen zu können. „Nun, Dr. McKay, ich kann weit und breit nichts erkennen, was auf Ruinen der Antiker hinweisen könnte. Sollten wir nicht langsam irgendetwas zu sehen bekommen?“Sheppard bedachte den Wissenschaftler mit einem fragenden Blick.

„Ich versteh das nicht. Es müsste längst zu sehen sein.“ Ratlos drehte er sich im Kreis und drückte scheinbar wahllos auf den Knöpfen seines PDA herum. „Vielleicht liegt es in einem tieferen Tal als wir bislang angenommen haben. Oder die Ruinen sind versunken. Wenn wir noch ein kleines Stück weitergehen, können wir vielleicht mehr erkennen.“

Ronon brummte unwillig. „Das mit dem Versinken gefällt mir nicht. Es könnte auch für uns zu einer Falle werden.“

„Wir werden aufpassen.“ Sheppard setzte sich wieder in Bewegung. „Wenn wir in einer halben Stunde noch immer keinen Hinweis gefunden haben, kehren wir um.“

„Aber...“

*Rodney! In dem Fall wären wir schon weit über die eigentlichen Koordinaten hinaus. Jetzt in der Nacht bringt es uns herzlich wenig wie ein Blinder umherzutappen. Wir können dann bei Tageslicht noch einmal mit dem Jumper herkommen und die Oberfläche scannen.“

Das Funkeln in den Augen McKays war ihm nur zu bekannt, also drehte er sich einfach um und lief den seichten Abhang des Hügels hinab. Er hatte jetzt keine Lust sich auf eine Diskussion einzulassen, dass sie das Fluggerät eben doch jetzt schon hätten mitnehmen sollen.

„Wie wäre es mit einer Rast?“

Sheppard seufzte innerlich und kreiselte noch in der Bewegung herum. Mehr als einen entnervten Blick würde er Rodney nicht gönnen. „Eine halbe Stunde.“ Er hörte, wie sein Freund hinter ihm theatralisch ächzte, aber er ging weiter. Gut so.

Die halbe Stunde war fast um und Teyla setzte leichtfüßig den nächsten Hügel hinauf, als sich die Eintönigkeit der kleinen Expedition schlagartig wandelte. Kaum hatte die Athosianerin die Kuppe der Erhebung erreicht, als sie sich auch schon zu Boden fallen ließ und hastig in Deckung kroch. Sie blickte sich zu den anderen um und wies sie an, vorsichtig zu ihr heraufzukommen. McKay blieb schnaufend am Fuß des Hügels zurück, während Ronon und Sheppard mit wenigen Sätzen an Teylas Seite waren. „Was ist los?“

Sie antwortete nicht, stattdessen kroch sie behutsam bis an die Kuppe heran und bedeutete ihnen, es ihr gleich zu tun. Der Blick in das dahinter liegende Tal genügte, um John inbrünstig fluchen zu lassen. Beinah unsichtbar im Schlagschatten der Hügel lag dort ein Wraith-Jäger. Offensichtlich hatte er eine Bruchlandung hinter sich, da er einen ganzen Berg an Erdreich vor sich aufgetürmt hatte. Doch das Verdeck war noch verschlossen und ließ daher unmöglich einen Schluss auf den Zustand des Piloten zu.

„Ich hatte es befürchtet.“ Teylas Stimme klang dünn und brüchig, es war deutlich zu hören, dass sie sich große Vorwürfe machte. „Etwas stimmte nicht, vom ersten Moment an dem wir einen Fuß auf diesen Planeten gesetzt haben. Ich habe einen Fehler gemacht, Colonel.“ Sie sah ihn an, als erwarte sie postwendend eine Bestrafung.

Doch John tat nichts dergleichen. Er fragte sich natürlich, weshalb Teyla sich ihm nicht anvertraut hatte und von Anfang an gesagt hatte, dass hier etwas vorging, das ihr Sorgen bereitete. Allerdings war es ihnen nun auch schon des öfteren passiert, dass die Anwesenheit der Wraith durch irgendetwas verschleiert wurde. Er wusste, dass die Wraith-Jäger abgeschirmt waren, vermutlich war es der Athosianerin deshalb so schwer gefallen, den Verdacht auf die Anwesenheit von Wraith zu stützen.

„Wir sollten von hier verschwinden.“ Doch Sheppard wehrte Ronons Vorhaben mit einer kurzen Handbewegung ab. „Nein. Ich möchte zu gerne wissen, was ein Wraith-Jäger auf einem Planeten wie diesem verloren hat.“

„Colonel...“

„Denkt doch mal nach. Auf diesem Planeten gibt es nichts für die Wraith und laut der Antikerdatenbank hat es hier auch noch nie etwas für sie gegeben. Was also gibt es hier, das sie so sehr interessiert?“

„Der Jäger könnte beim letzten Ausdünnen hier zurückgeblieben sein.“ wandte Ronon warnend ein.

„Dann geht von ihm ganz offensichtlich keine Gefahr mehr aus.“ Sheppard spähte zu dem Jäger hinunter. „Das letzte Ausdünnen muss verdammt lange her sein, das überlebt nicht einmal ein Wraith.“ Er sprang auf die Füße und huschte geduckt den Hang hinunter auf das Flugschiff zu.

Die andern folgten ihm hastig und mit einigem Abstand. Es sah tatsächlich danach aus, dass der Jäger hier seit einer längeren Zeit lag. Die Spuren von Witterungseinflüssen waren unübersehbar.

„McKay, können Sie irgendein Lebenszeichen erkennen?“

Auf das Kopfschütteln hin kletterte Sheppard über den Erdhaufen auf den Jäger und tastete sich behutsam bis zum Verdeck vor. Ein kurzer Blick zu den anderen bestätigte, dass sie die Waffen im Anschlag hielten und ihm, wenn nötig, Feuerschutz geben würden. Dann stemmte er sich mit all seinem Körpergewicht gegen das Verdeck und versuchte es aufzudrücken. Mit einem protestierenden Kreischen gab es letzten Endes nach und John musste einen hastigen Satz über das Cockpit hinweg machen, um nicht hineinzustürzen.

Es war leer. Vollkommen leer. Der Pilot musste sich irgendwie noch aus dem Wrack befreit haben. Während die anderen nun neugierig näher kamen, ließ Sheppard sich vorsichtig in das Innere des Fliegers gleiten und schaute sich um. Zu seinem Bedauern, konnte er nichts Nützliches finden. Das gesamte System schien offline zu sein. Allerdings...

„Was blinkt da?“ Ronon wies mit dem Lauf seines Stunners auf eine winzige Lampe unterhalb der Steuerkonsole. Einen Moment lang starrten alle Vier dieses Licht wie gebannt an, dann erwachte Sheppard als erster zum Leben und sprang aus dem Cockpit zu Boden. „Wir müssen weg. Sofort.“

Während Teyla und Ronon ohne großes Federlesen die wenigen Ausrüstungsgegenstände, die sie mitführten, aufsammelten, blickte Rodney noch immer wie paralysiert auf das blinkende Licht. „Sheppard, was hat das zu bedeuten?“

John schubste seinen Freund von dem Jäger fort und den Hang hinauf. „Das bedeutet, dass Sie dieses Mal den Weg zum Stargate etwas schneller bewältigen müssen als sonst. Los jetzt, wir haben keine Zeit zu verlieren.“

„Aber... aber was ist mit den Antikerruinen?“

„Die sind für uns verloren. Und wenn Sie hier noch weiter herumstehen und jammern, werden auch wir vielleicht verloren sein. Es könnte hier in nicht allzu ferner Zukunft nur so von Wraith wimmeln. Wollen Sie dann noch hier sein?“

Rodney spürte, wie ihm das Blut in den Adern gefror. Wraith? Hier? Das genügte, um ihn aus seiner Lethargie zu rütteln und dafür zu sorgen, dass er in einen leichten Laufschritt verfiel. Klar, er war noch immer wesentlich langsamer als die anderen drei, aber er rannte. War die Gegend vorhin etwa auch so uneben und hügelig gewesen? Es war ihm gar nicht aufgefallen.

Sheppard fiel zurück, um an seine Seite zu gelangen. Eine Hand im Rücken des Wissenschaftlers, zwang er ihn schneller zu laufen. Rodney wollte grade heftig gegen diese erniedrigende Behandlung protestieren, als Teyla langsamer wurde und sich mit großen Augen zu den anderen umdrehte. „Es ist zu spät. Sie sind hier.“

„Unmöglich. Sie hätten sich bereits im Orbit befinden müssen, um so schnell hier her zu gelangen.“ Der Colonel verfluchte sich und seine Torheit, so gedankenlos an dem Jäger herumgespielt zu haben. Aber wer sagte ihm denn, dass dieses Notsignal nicht schon die ganze Zeit gelaufen war und sie nur auf diese Weise darauf aufmerksam geworden waren und er so eine wesentlich schlimmere Katastrophe hatte abwenden können? Er bremste sich, noch waren sie nicht in Sicherheit und das Gate war noch ein ganzes Stück entfernt. „Wie viel Zeit bleibt uns noch?“

Als Antwort vernahm er das entfernte Heulen eines herannahenden Jägers. Keine Zeit mehr. Überhaupt keine Zeit.

Mit einem beklemmenden Gefühl der Furcht rannten sie los. Sie konnten die Jäger in der Dunkelheit hören, doch zu Gesicht bekamen sie sie noch nicht. Jeder Augenblick, der ihnen dadurch geschenkt wurde, brachte sie näher ans rettende Gate.

Keuchend hielt Rodney auf der Kuppe eines weiteren Hügels an und stütze die Hände schwer atmend auf die Knie. Unmöglich. Er würde die Strecke nie schaffen. Ein verschwommener Blick auf sein PDA weissagte ihm, dass das Gate noch über einen Kilometer entfernt war. Zu weit.

Er wurde zu Boden gerissen, als einer der Jäger im Tiefflug über sie hinweg schoss. Er schien den Wissenschaftler und den Colonel nicht bemerkt zu haben, sondern steuerte auf das entfernte Wrack zu, das sich ihren Blicken bereits wieder entzogen hatte. Voller Angst blickte Rodney dem Schatten hinterher und bemerkte dann erst die Hand, die ihm von Sheppard entgegengehalten wurde. „Kommen Sie.“

Er würde hier sterben, ganz sicher. „Sheppard...“

„McKay, stehen Sie auf! Es ist nicht mehr weit und ich werde einen Teufel tun und Sie hier zurücklassen.“ Die blauen Augen funkelten ihn herausfordernd an und Rodney gab auf. Sheppard würde ihn hier niemals allein zurück lassen. Und er würde die Schuld nicht ertragen können, dass sein Freund wegen ihm in die Hände der Wraith gelangte. Er lachte gequält, es war schon ein verzwicktes Dreieck. „Wo sind Teyla und Ronon?“

„Direkt vor uns. Ich habe sie vorausgeschickt um das Gate anzuwählen. So müssen wir beide dann nur noch hindurch laufen, das ist doch was.“ Es war eine gewagte Entscheidung gewesen, doch in Anbetracht ihrer derzeitigen Lage musste John alles tun, um ihnen jede noch so kurze Sekunde zu sichern. Es würde schwer genug werden, Rodney zum Durchhalten zu überreden. Er versuchte sich also in einem aufmunternden Grinsen und machte sich wieder auf den Weg. Das anhaltende Schnaufen in seinem Rücken bestätigte ihm dabei, dass auch der Wissenschaftler wieder losgelaufen war.

Eine ganze Zeit lang schien es beinah so, als sollten sie unbehelligt bis zum Gate gelangen. Sheppard konnte Teyla und Ronon in einiger Entfernung im Schutz eines kleinen Haines ausmachen, wie sie ungeduldig auf die Nachzügler warteten, als wie aus dem Nichts ein Wraith-Jäger erschien und in einem waghalsigen Tiefflug auf sie zu steuerte. John riss seine P90 hoch und feuerte ohne noch einen Moment länger zu zögern das gesamte Magazin auf den Jäger ab. Er musste ihn vom Himmel holen, bevor er die beiden in ihrem Versteck erreicht hatte.

Tatsächlich kräuselte sich eine dünne Rauchfahne aus dem Heck und zwei gezielt gesetzte Treffer aus Ronons Waffe brachten den Jäger endgültig ins Trudeln. Hastig brachte er sich und Telya in Sicherheit, ohne jedoch zuvor noch einen Blick auf Sheppard und Rodney geworfen zu haben.

Rodney war gestürzt und hatte offensichtlich ernsthafte Schwierigkeiten wieder auf die Beine zu kommen. Sheppard setzte mit einigen langen Sprüngen zu ihm zurück und winkte dann zu Ronon hinüber. „Lauft! Wählt das Tor an, sie sollen ein ärztliches Notfallteam bereithalten.“

Aber es war bereits zu spät. Teyla konnte grade noch einen Warnschrei ausstoßen, als überall um sie herum Wraith auftauchten. Sie kamen hinter den Hügeln hervor und aus den Hainen gelaufen, die hier, so nahe des großen Waldes, sehr zahlreich waren. Und es waren so verdammt viele!

Mit fliegenden Fingern wechselte Sheppard das Magazin der Maschinenpistole, wild vor sich hinfluchend. Das war unmöglich. So viele Wraith konnten unmöglich mit einem Mal aus dem Nichts erscheinen. Teyla hätte es bemerkt, wenn ihnen hier ein Hinterhalt gedroht hätte.

Wie dem auch sei, jetzt blieb ihnen nichts anderes mehr übrig, als sich ihrer Haut zu erwehren. Er eröffnete das Feuer und mähte die erste Angriffswelle nieder. Ein Blick zu der Athosianerin und ihrem Partner zeigte ihm, dass auch sie in arge Bedrängnis geraten waren. Die Hoffnung rechtzeitig zum Gate zu gelangen, war dahin.

Sheppard wirbelte herum, als er Rodney hinter sich schreien hörte. Er hatte sehr wohl vernommen, dass auch er seine Pistole gezogen und den Feind beschossen hatte. Allerdings musste das Magazin der wesentlich kleineren Waffe längst leer sein. Entsetzt musste er feststellen, dass der Wissenschaftler ein gutes Stück von ihm weggezerrt worden war und nunmehr hilflos auf zwei Drohnen eindrosch, die versuchten ihn in ihre Gewalt zu zwingen. In wildem Zorn schoss John einen der beiden nieder, dann hatte er Rodney erreicht und hämmerte der zweiten Drohne den Griff seiner P90 gegen den Schädel. Es knirschte widerlich und der Angreifer sackte zu Boden. „Bleib wo du bist!“

Mit weit aufgerissenen Augen starrte Rodney zu Sheppard auf, der sich schützend über ihm aufbaute und zwei weitere Wraith mit gezielten Salven niederstreckte. Es war offensichtlich, dass sie keine Chance hatten. Dennoch schien der Colonel nicht weniger entschlossen, diesen Kampf für die Atlanter zu entscheiden.

Aber es kam wie es kommen musste. Auch das Magazin einer P90 währt nicht ewig und Sheppard warf die nutzlose Waffe mit einem wütenden Aufschrei dem nächsten Angreifer entgegen. Durch dieses Manöver abgelenkt, gelang es ihm unter dessen ausgestreckten Armen hindurchzutauchen. Er beförderte die Drohne zu Boden und brach ihr mit einer ruckartigen Bewegung das Genick.

Hinter ihm stieß Rodney einen entsetzten Warnschrei aus, doch die Reaktion des Colonels kam zu spät. Schmerz explodierte in seinem Rücken und ließ ihn auf die Knie gehen. Im nächsten Moment wurde er mehrere Meter weit durch die Luft geschleudert und schlug hart auf dem unebenen Untergrund auf. Schwarze Punkte vor seinen Augen und in seinen Lungen schien kein Funke Sauerstoff mehr zu sein. Keuchend rang er nach Atem. Er durfte nicht aufgeben, nicht jetzt und nicht hier. Schwerfällig stemmte er sich auf die Ellenbogen und kämpfte mit seinem Kopf, wieder klarer sehen zu können. Doch alles was er von dem nächsten Angreifer zu sehen bekam, war ein dunkler Schemen in seinem Blickfeld.

Dieses Mal verlor er beinah das Bewusstsein, überschlug sich mehrfach, ehe er zum Stillstand kam. Er konnte den metallenen Geschmack seines eigenen Blutes im Mund schmecken und spuckte es angewidert aus.

„Sheppard!“

Es war McKay, der in schier panischer Angst nach seinem Freund brüllte und ihn davor bewahrte, in die Dunkelheit einer Ohnmacht abzugleiten. Mit all seinem Willen zwang er die Schwärze zurück und öffnete die Augen. Und was er zu sehen bekam genügte, um seine Kräfte noch einmal zu mobilisieren. Rodney wurde von drei Wraith-Drohnen fortgeschleift.

Die Schmerzen in seinem Körper ignorierend kam er auf die Füße und rannte hinter seinem Freund her. Teyla und Ronon würden auf sich selber aufpassen können, aber Rodney war auf seine Hilfe angewiesen.

Sein Vormarsch wurde allerdings jäh unterbrochen, als ihm gleich zwei Wraith entgegen traten. John machte sich nichts vor, er würde nicht die leiseste Chance gegen sie haben. Trotzdem griff er den rechten von beiden an und rang ihn tatsächlich zu Boden. Doch dann wurde er am Kragen seiner taktischen Weste gepackt, eine andere Hand schloss sich wie ein Schraubstock um seinen Hals und er wurde von dem Wraith heruntergezerrt. Mit einem wilden Knurren versuchte Sheppard sich aus dem Griff zu lösen, dann spürte er den lähmenden Schmerz eines Stunners durch seinen Körper fluten.

Verloren!

Sein verschwommener Blick huschte zu dem Hain hinüber, in dem er Teyla und Ronon zum letzten Mal gesehen hatte. Die Athosianerin lag vollkommen regungslos am Boden und Ronon ging in diesem Moment getroffen nieder. Verloren...

Dann wurde seine Welt in Dunkelheit gehüllt.

Trapped

Als er erwachte, herrschte um ihn herum absolute Stille. Nichts war zu hören, keine lauten Stimmen, keine lauten Schritte, nichts. Einen Moment lang genoss er die Dunkelheit und die Tatsache, endlich aus diesem furchtbaren Traum aufgewacht zu sein. Was genau er überhaupt geträumt hatte, konnte er gar nicht mehr mit Sicherheit sagen, aber es war definitiv nichts Gutes gewesen. In letzter Zeit passierte ihm das öfters, aber er würde auch diesmal die Schatten der Nacht vertreiben, schließlich gab es noch genügend für ihn zu tun, das nichts mit seiner imaginären Traumwelt zu tun hatte. Trotzdem, er würde Sheppard bei Zeiten darauf ansprechen, dass diese Außenmissionen absolut nichts für ihn seien und er wünsche, nicht noch ein weiteres Mal gegen seinen Willen mitgenommen zu werden. Er war schlicht und ergreifend viel zu wertvoll für die Atlantis-Expedition, als dass er sich ständig in solche Gefahr bringen dürfte.

Merkwürdig nur, dass sein Bett sich so hart anfühlte. Und er hatte auch keine Idee, weshalb ihm sein Schädel so fürchterlich brummte. Im Gegensatz zum Colonel war er nicht der Typ, der eine halbe Nacht durchzechen konnte.

„Er ist wach.“

Was sollte das jetzt wieder heißen? Natürlich war er wach, aber wen interessierte das und vor allem: Wer hatte sich ungefragt Zutritt zu seinem Zimmer verschafft? Verärgert öffnete er die Augen und blickte sich um. Teyla und Ronon, natürlich. Und Teyla saß auch noch auf seiner Bettkante und schaute mitleidig zu ihm herunter. - Mitleidig?

„Dr. McKay, ist alles in Ordnung mit Ihnen?“ Ihre großen dunklen Augen musterten ihn forschend. „Sie waren lange bewusstlos.“

Bewusstlos? Wovon in allen Teufels Namen redete sie da? Er ließ seinen Blick an der Athosianerin vorbeischweifen und nahm zum ersten Mal seine Umgebung bewusst wahr. Er war nicht in seinem Zimmer auf Atlantis, ganz und gar nicht.

Ruckartig fuhr er aus der liegenden Position hoch und lediglich die traumhaft schnelle Reaktion Teylas bewahrte ihn davor, mit der niedrigen Decke über sich zu kollidieren. Heftiger Schwindel griff nach seinem Geist und zwang ihn zurück auf sein unbequemes Lager. Ihm war speiübel.

„Rodney? Rodney!“

Er konnte zwar hören, dass irgendwer seinen Namen rief, aber es war ihm für den Augenblick gleich. Vor seinem inneren Auge blitzte Mündungsfeuer auf, er sah mehrere Wraith unmittelbar vor sich zu Boden gehen und Sheppard einem Racheengel gleich über sich stehen. Der heiße Schmerz in seinen Seiten erschien ihm unerträglich, so als wolle er verhindern, dass er jemals wieder Luft bekam. Er spürte die abgrundtiefe Verzweiflung, als Sheppard zu Boden ging. Für einen Augenblick war die Angst um seinen Freund sogar stärker als die Sorge um sein eigenes Leben. Schuldgefühle, da der Colonel nur wegen ihm zurückgeblieben war. Schuldgefühle, weil sie nur wegen ihm so langsam gewesen waren und das Gate nicht mehr rechtzeitig hatten erreichen können. Schuldgefühle die ihn jetzt und hier zu erdrücken schienen.

„Rodney kommen Sie zu sich!“

Er wurde in eine sitzende Position gebracht, spürte wie jemand an ihm rüttelte, aber er wollte sich jetzt nicht mit der Realität auseinandersetzen. Es war keiner seiner Träume gewesen. Dieses Mal war es tatsächlich geschehen und er wollte sich weigern, das zu akzeptieren.

Der plötzliche Schmerz einer Ohrfeige riss ihn aus seiner Lethargie und er starrte mit weit aufgerissenen Augen in Ronons Gesicht, das nur wenige fingerbreit von seinem entfernt war. Ein breites Grinsen verzog das Gesicht des Kriegers. „Wir haben ihn wieder.“

Vollkommen entgeistert rieb sich der Wissenschaftler über die schmerzende Wange. Ronon hatte ihn tatsächlich geschlagen.

„Du hättest etwas sanfter mit ihm umgehen können.“ tadelte Teyla ihren Freund und ließ sich dann neben Rodney auf die Kante der Pritsche sinken. „Wie geht es Ihnen?“

Einen Moment lang brachte er keinen Satz über die Lippen.

„Er ist noch immer nicht ganz bei sich.“

Unwillkürlich zuckte er vor Ronon zurück, der seine Hand hob, um ihn scheinbar erneut zu schlagen. „N..nein! Nein, ich bin... es ist noch alles dran, schätze ich.“ Fahrig wischte er sich das Haar aus der Stirn und lauschte dann aufmerksam in sich hinein. Doch er konnte keine furchtbaren Verletzungen bemerken. Ihm tat lediglich der Kopf weh, er war erschöpft und entsetzlich hungrig. „Haben sie uns wenigstens die Energieriegel gelassen?“

Seufzend erhob sich der Krieger, um zu einem kleinen Haufen hinüber zu gehen, der einmal ihre Ausrüstung gewesen war. Nach einigem Suchen förderte er mehrere der kleinen Wunder zu Tage und warf sie Rodney zu. „Aber nicht alles auf ein Mal!“

McKay schnitt eine Grimasse und machte sich dann gierig über die Riegel her. Jemand wie er brauchte diese Energie dringend, um zu funktionieren. Aber ein Mensch wie Ronon konnte das schließlich nicht verstehen. Kauend saß er da und sah sich ein weiteres Mal, dieses Mal allerdings wesentlich aufmerksamer, um. Sie saßen in einem beengten Raum ohne Tageslicht, in dem es unangenehm feucht war und widerlich roch. Die Wände waren grob behauener Stein und die einzige Tür bestand aus verrostetem Eisen. Folglich waren sie nicht auf ein Basisschiff gebracht worden sondern befanden sich aller Wahrscheinlichkeit noch auf dem fremden Planeten. Zumindest ein kleines bisschen Hoffnung, denn Elizabeth würde ein weiteres Team losschicken, wenn sie sich nicht in der abgesprochenen Zeit meldeten. Zudem war Dr. Weir bekannt für ihre Gabe der Vorhersehung, sei es weibliche Intuition oder nicht. Jedenfalls war er überzeugt, dass ihre Hilfe bereits auf dem Weg war.

Er stockte. Einen ganz bedeutenden Faktor hatte er dabei allerdings ganz übersehen. Oder einfach verdrängt. „Wo ist Sheppard?“

Teyla und Ronon blickten ihn betrübt an und er wünschte sich insgeheim, diese Frage niemals gestellt zu haben. Er fürchtete sich zu sehr vor der Antwort. „Ist er...“

„Wir wissen nicht wo sie ihn hingebracht haben.“ Teyla seufzte tief. „Wir hatten gehofft, dass Sie uns mehr über seinen Verbleib sagen könnten. Sie waren zuletzt bei ihm.“

Entsetzt starrte er die beiden an. Das letzte, woran er sich erinnern konnte, war das Bild, wie Sheppard von einem Stunner getroffen zusammenbrach. Dann hatten ihn seine beiden Häscher aus dem Blickfeld getragen. „Das bedeutet also, dass wir nicht wissen, wo sie ihn festhalten. Geschweige denn, ob er überhaupt noch lebt.“

Betretenes Schweigen antwortete ihm und Rodney barg verzweifelt das Gesicht in seinen Händen.
 

John stieß ein verärgertes Knurren aus, als er sich ein weiters Mal gegen seine Fesseln zur Wehr setzte. Doch er erreichte damit lediglich, dass sich die Stricke um seine Hand- und Fußgelenke fester zogen. Nur langsam fiel die Taubheit, die der Treffer des Stunners in seinem Körper hinterlassen hatte, von ihm ab und mit dem zurückkehrenden Gefühl kehrte auch der Schmerz zurück. Gut so, das zeigte ihm wenigstens, dass er noch lebte. Er verfluchte die Wraith für ihre geschickte Kunst ihre Gefangenen zu binden, aber er würde nicht aufhören nach einer Schwachstelle in seiner Fesselung zu suchen. Irgendwo mussten sie einen Fehler gemacht haben. Es war der einzige Gedanke, an dem er sich zu diesem Zeitpunkt festhalten konnte. Erst dann machte es überhaupt Sinn über sein weiteres Vorgehen nachzudenken.

Erschöpft ließ er den Kopf auf den kalten Steinboden sinken, auf dem er lag, und schloss die Augen. Er war erschöpft. Er wusste nicht, wie lange er hier schon lag und wie lange er nun schon mit seinen Fesseln kämpfte. Doch es kam ihm wie eine halbe Ewigkeit vor. Sie hatten ihm seine sämtliche Ausrüstung abgenommen, ihm die Arme auf den Rücken gebunden und seine Fußfesseln mit den Armfesseln verknüpft. Sie mussten ihn wirklich für gefährlich halten. Nur in Shirt und Hose kühlte sein Körper auf dem kalten und feuchten Untergrund langsam aus und er konnte nicht erkennen, wo er sich befand, da er seitwärts mit dem Gesicht dich an einer Wand lag.

Fakt war, dass seine Gelenke bereits wundgescheuert waren und seine geprellten Rippen immer mehr seine Aufmerksamkeit einforderten. Er musste hier raus, und zwar am besten jetzt gleich.

Mühsam rollte er sich auf den Bauch und versuchte dann seine Beine unter sich zu ziehen. Doch seine Fesseln ließen das nicht zu. Irgendwie musste er doch auf die Knie kommen.

Weshalb ihn die Wraith so lange Zeit schon unbehelligt ließen, gab ihm ebenfalls zu denken. Sie hatten ihn mitgenommen und nicht gleich getötet, was nur bedeuten konnte, dass sie etwas von ihm wollten. Er konnte sich auch bildhaft vorstellen, was das sein könnte und schob den Gedanken mit einem Schaudern zur Seite. Es bestand also die Gefahr, dass jeden Moment einer von ihnen hier aufkreuzen und ihn mitnehmen konnte, was er entschieden verhindern wollte.

Die Mauer verhinderte, dass er sich weiter umdrehen konnte, doch zumindest konnte er jetzt seinen Kopf so drehen, dass er die Umgebung begutachten konnte. Er war nicht auf einem Basisschiff und ein schwacher Hoffnungsschimmer erwachte in ihm. Die Möglichkeit einer Flucht war damit wesentlich greifbarer. Allerdings konnte er keine Spur von den anderen finden. Weshalb hatte man sie getrennt? Oder war er vielleicht der einzige, der den Überfall überlebt hatte? Voller Grauen verdrängte er diese Möglichkeit. Sie waren mit Sicherheit ganz in der Nähe, womöglich nur einen Raum neben ihm. Alles was er tun musste war einen Weg zu finden, mit dem er sich befreien konnte. Dann würde er auch sie aus diesem feuchten Verließ herausholen.

Schritte näherten sich seiner Zelle und John versteifte sich. Nein, nicht jetzt schon. Er hatte bisher nicht mal ansatzweise einen Ausweg gefunden. Das durfte nicht sein.

Irgendwo außerhalb seines Blickfeldes wurde kreischend eine schwere Tür geöffnet, dann sah er ein paar schwere Stiefel direkt vor seinen Augen auftauchen. „Tut mir leid, Jungs, wenn ich euch nicht zur Begrüßung umarmen kann, aber ich bin ein klein wenig verhindert, müsst ihr verstehen.“

Heißer Schmerz zuckte bis in seine Haarwurzeln hinauf, als ihn ein mehr als unsanfter Tritt in die Seite traf. Dann wurde er am Schopf ergriffen und mit einer einzigen Bewegung auf die Füße gestellt. Der Schwindel, der Sheppard daraufhin überfiel, hätte ihn beinah wieder stürzen lassen, doch die zwei Wraith-Drohnen, die rechts und links von ihm Aufstellung bezogen hatten, verhinderten dies mit einem äußerst unangenehmen Zug an seinen Fesseln.

„Du wirst deinen Mut noch früh genug verlieren, Mensch!“

Die Stimme des Wraith war unangenehm und verursachte John eine Gänsehaut, die sich über seinen ganzen Körper zog. Trotzig starrte er sein Gegenüber an. Das schimmernd silberne Haar rahmte in langen Strähnen das unmenschliche Gesicht des Wraith ein. Gelbe, amphibienartige Augen musterten ihn und der Hunger, den John in ihnen nur zu deutlich erkennen konnte, war unermesslich. Dunkle Tätowierungen waren in die bleiche Haut unter diesen Augen eingraviert und sie wiesen den Blick eines Betrachters in unangenehmer Weise auf das grausame Gebiss dieser Wesen hin. Den Wraith schien diese genaue Musterung zu amüsieren, denn er lachte hässlich, ehe er ein schimmerndes Messer in seine Hand gleiten ließ, mit dem er aufreizend langsam an Sheppards Oberkörper entlang glitt. „Deine Anwesenheit wird gewünscht.“

John konnte nicht verhindern, dass er zusammenzuckte, als der Wraith das Messer unerwartet abwärts führte und die Fußfesseln durchtrennte. Ein warmer Schmerz an seinem Oberschenkel verriet ihm unmittelbar darauf, dass ihn die Klinge hierbei tatsächlich berührt hatte.

Der Wraith lächelte ihn verschlagen an, dann wandte er sich um und verließ mit langen Schritten die Zelle. John wurde kurz darauf von den beiden Drohnen vorwärts gestoßen, so dass ihm nichts anderes übrig blieb, als ihm mit unsicheren Schritten zu folgen.

Auf dem Weg durch die gewundenen Gänge spähte er immer wieder verstohlen mal hierhin und mal dorthin, in der stillen Hoffnung einen Hinweis auf den Verbleib seines Teams zu erhalten. Doch er wurde enttäuscht. Schwere Eisentüren schienen hier keinen Mangelware zu sein und jede von ihnen war verschlossen, so dass sich Rodney, Teyla und Ronon im Grunde hinter jeder einzelnen befinden konnten. Er musste Geduld haben und auf sein Glück bauen. Sofern man in seiner Situation überhaupt noch von Glück reden konnte.

Es kam ihm merkwürdig vor, dass diese Wraith offensichtlich auf dem Planeten sesshaft geworden waren. Das passte kein Stück zu ihrer Rasse und da es in der näheren Umgebung keine lebende Seele mehr zu geben schien, konnte er sich nicht erklären, wie sie für ihr Überleben sorgten. Misstrauen regte sich in ihm. Er hatte es lieber mit einem Feind zu tun, den er kannte und einschätzen konnte, als mit einer neuen und somit vielleicht unberechenbaren Unterart dieses Feindes. Was würden sie von ihm wollen? Er und sein Team konnten unmöglich die Nahrungsalternative für eine ganze Wraith-Kolonie sein.

Sie betraten einen Raum, den Sheppard in einer anderen Situation vielleicht als geräumig bezeichnet hätte, wäre mehr Mobiliar vorhanden und das einzige Fenster, durch das wärmendes Sonnenlicht fiel, nicht weit oben in der Decke eingelassen gewesen. Er legte den Kopf in den Nacken und blinzelte hinauf. Selbst wenn man ein guter Kletterer war, befand sich dieses Fenster außer Reichweite.

Die Helligkeit, die so beinah senkrecht ins Innere des Raumes flutete, sorgte für ein unangenehmes Licht und Schattenverhältnis. Sheppard selber stand mitten in dem einfallenden Licht, konnte auf diese Weise aber kaum erkennen, was sich jenseits dieses hellen Fleckes bewegte. Die Drohnen hatten sich zurückgezogen und auch ihr Führer schien wie vom Erdboden verschluckt. Dennoch spürte er deutlich, dass er nicht allein war. Angestrengt versuchte er in der diffusen Dämmerung etwas zu erkennen und fuhr dann erschrocken zusammen, als eine Stimme unmittelbar hinter ihm erklang. Er wirbelte herum und starrte den Wraith an, der zuerst lässig an der Mauer gelehnt hatte und nun langsam in einem weiten Bogen auf ihn zuschritt.

Es war ein Männchen, was den Colonel in sofern zumindest ein kleines Stück aufatmen ließ, da er bereits mit dem erneuten Zusammentreffen mit einer ihrer Königinnen gerechnet hatte. Die letzte Begegnung mit einer ihrer Art stand ihm noch deutlich vor dem inneren Auge. Er hoffte, dass seine Annahme, männliche Wraith könnten niemals so mächtig wie weibliche Wraith werden, die richtige war.

Aber er konnte auch nicht leugnen, das dieses Exemplar vor ihm in beeindruckender Weise stattlich wirkte. Der lange tiefschwarze Mantel umwehte einen hochgewachsenen, breitschultrigen Körper, der ebenso in nachtschwarzer Kleidung verborgen war. Im krassen Gegensatz dazu schimmerte das lange Haar wie flüssiges Silber, wenn das Sonnenlicht darauf fiel. Er hatte die vorderen Strähnen, wie es bei seiner Rasse üblich war, am Hinterkopf zusammengefasst, der Rest fiel offen seinen Rücken hinab. Das Gesicht war markant und scharf geschnitten, ohne den Makel einer Tätowierung und umrahmte die unheimlichen Augen, in denen eine erschreckende Schläue stand. Abgesehen von dem raubtiergleichen Gebiss, hätte man ihn beinah als ansehnlich bezeichnen können.

Der Wraith umkreiste John mehrmals, ohne das Wort an ihn zu richten und der Colonel verfolgte jede seiner Bewegungen nach. Freiwillig würde er ihm nicht noch einmal den Rücken zukehren.

Schließlich beendete der Wraith seine Wanderung und blieb eine Armlänge vor seinem Gefangenen stehen. „Colonel John Sheppard.“

Sheppard schnaubte. „Was du nicht sagst. Scheinst ja ein richtiger Schlaufuchs zu sein.“ Herausfordernd funkelte er sein Gegenüber an. „Genau der bin ich und ich will jetzt ganz genau wissen, was du mit dem Rest meines Teams getan hast. Wo sind sie?“

Der Wraith blieb vollkommen unbeeindruckt. „Rebellisch und vorlaut. Du wirst schnell merken, dass ich es nicht schätze, wenn man derart mit mir spricht.“

„Oh, der feine Herr.“

Dieses Mal reagierte der schwarz Gekleidete und John stürzte sich überschlagend zu Boden. Sein Unterkiefer erweckte den Eindruck in Flammen zu stehen, wo ihn die Faust getroffen hatte.

„Du bist eindeutig nicht in der Position mir Forderungen zu stellen, Mensch.“

Mühsam kämpfte Sheppard sich wieder auf die Knie, ein böses Lächeln auf den Lippen. „Bin ich nicht, was? Was seid ihr für welche? Ohne einen Kreuzer, mit dem ihr eure Weidegründe aufsuchen und euren Hunger stillen könnt. Eine Landplage die hier festsitzt und nichts mehr hat, weil sie ihr 'Vieh' bereits ausgerottet hat. Wovon wollt ihr Leben? Ihr seid dem Untergang geweiht. Mein Team und ich können vielleicht einen Teil von euch wenige Tage länger am Leben erhalten. Aber was ist dann? Dann werdet ihr hier elendig verenden.“ Er beobachtete den Wraith genau, konnte aber keinerlei Regung bei ihm feststellen. „Was habt ihr getan, dass ihr vom Rest eurer Rasse so abgeschnitten seid? Was habt ihr getan, dass man euch einfach vergessen hat?“

Ein hässliches Grinsen verzog das Gesicht des Wraith und er trat auf Sheppard zu, um ihm eine klauengleiche Hand unter das Kinn zu legen. Beinah liebevoll hob er den Kopf des Colonels an, bis sich ihre Blicke wieder trafen. „Du wirst der Schlüssel zu unserer Befreiung sein. Alles was ich brauche befindet sich hier in deinem Kopf.“ Er glitt mit seinem Zeigefinger an Johns Schläfe entlang, so als könne er durch die bloße Berührung in seinen menschlichen Geist vordringen. „Alles was ich brauche.“ Er zog die Hand ruckartig zurück und hinterließ vier blutige Kratzer auf der Kehle des Colonels.

„Wenn du glaubst, dass ich dir und deiner Brut dabei helfe, diesen Planeten zu verlassen, muss ich dich leider enttäuschen.“ Er drängte den Schmerz zurück. Sein Kopf musste klar sein, wenn er in diesem Spiel weiterhin als gleichberechtigt gelten wollte. „Du wirst weder aus mir, noch aus irgendeinem meiner Leute die Informationen erhalten, die du dir erwünschst. Spar dir die Mühe.“

Wieder lächelte der Wraith und John bekam langsam den Eindruck, dass er irgendetwas ganz entschiedenes vergessen hatte. Sein Gegenüber war sich seiner Sache viel zu sicher.

„Wenn ich dich erst einmal gebrochen habe und du meinen Geist in deinem innersten Selbst fühlst, können wir uns gerne noch einmal darüber unterhalten.“

Sheppard prallte zurück. Er war fest davon überzeugt gewesen, dass lediglich eine Königin die Fähigkeit hatte, gezielt und mit Gewalt in den Geist eines anderen einzudringen. Offensichtlich hatte er sich getäuscht und sein Plan musste ein völlig neues Gesicht erhalten.

„Wie ich sehe überrascht es dich zu hören, dass ich dazu in der Lage bin, Mensch.“ Es schien den Wraith ungemein zu amüsieren. „Es sind nicht allein die Weibchen, die eine solche Stärke erreichen können. Doch sie würden niemals ein Männchen in einer solchen Position dulden.“

Kam es ihm nur so vor, oder hatte er da tatsächlich grade einen Anflug unverhohlenen Zorns in der Stimme des schwarz Gekleideten vernommen?

„Sie haben mich und mein Schiff verstoßen, weil ich mich gegen diese Tyrannei aufgelehnt habe.“

John musste sich beherrschen nicht laut loszulachen. Er sprach von Tyrannei, machte wohl Witze.

„Ich wollte ihnen beweisen, dass ich in der Lage bin das selbe zu leisten wie sie. Stattdessen haben sie mir mein Schiff genommen und mich und meine Mannschaft auf diesem Planeten zurückgelassen. Ich bin in Ungnade gefallen.“ Einen Moment schwieg der Wraith und schien gänzlich in seinen Gedanken vertieft zu sein. Dann hob er den Kopf und fixierte Sheppard mit seinen gelben Augen. „Ich kenne dich und ich weiß, dass ihr von dem Planeten mit dem Namen Erde stammt. Reiche Weidegründe, die mir und meiner Rasse das Weiterleben ohne Hunger ermöglichen werden. Ich werde dir jedes noch so kleine Geheimnis entreißen. Mit diesem Wissen werden sie keine andere Möglichkeit haben, als uns wieder in ihren Reihen aufzunehmen.“

Fight

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Sorrow

Der Schmerz erwachte wie ein hungriges Tier und tobte durch seinen Körper, als der Griff der ihm so willkommenen Ohnmacht nachließ und ihm sein Bewusstsein zurückgab. Beinah wäre er auch wieder in den Abgrund hinabgestützt, doch als wolle dieser ihn verhöhnen, wich er immer weiter zurück, bis er ganz außer Reichweite war. John stöhnte gepeinigt und rollte sich auf der Seite zusammen. Das er wach war konnte nur bedeuten, dass ihm die nächste Prüfung unmittelbar bevor stand. Angst machte ihm das Atmen schwerer und lastete schwer auf seiner Brust.

Als ihn etwas an der Stirn berührte, fuhr er voller Panik zurück, wurde aber von zwei starken Händen festgehalten und wieder zu Boden gedrückt. „Ruhig! John beruhige dich. Du bist in Sicherheit, die Fremden können dir nichts mehr tun.“

Doch er glaubte der Stimme kein Wort. Er konnte die fremde Präsenz eines anderen Geistes deutlich in sich spüren, der sich Zugang in sein tiefstes Selbst verschafft hatte. Voller Verzweiflung bäumte er sich auf und versuchte seine geistigen Schutzbarrieren zu verstärken, scheiterte aber kläglich. Schweiß brach ihm am ganzen Körper aus, sein Herz raste.

„Ich will dir nichts Böses!“

Lüge! Alles Lüge. Diese Stimme war nicht real zu hören, sie hallte in seinem Kopf. John schrie erneut auf, als er von Krämpfen geschüttelt seine Gegenwehr einstellen musste. Er stand kurz vor dem endgültigen Zusammenbruch, sowohl körperlich als auch geistig.

Wieder spürte er den fremden Geist, der nach dem Kern seiner Existenz zu greifen schien, sich in jede Faser seines Körpers ausbreitete und jeglichen Wiederstand erstickte. Er wappnete sich, um sich ein letztes Mal mit all seiner verbliebenen Kraft gegen den Eindringling aufzulehnen – da verblasste plötzlich der beißende Schmerz, wurde schwächer, bis er nur noch ein dumpfes Pochen wahrnehmen konnte.

Verwundert hielt Sheppard inne. Kribbelnde Wärme durchströmte ihn und löste die Verkrampfung seiner Muskulatur, legte sich beinah zärtlich um seine Schmerzen und löschte sie aus. Sein Herzschlag beruhigte sich und ermöglichte ihm wieder freier zu atmen. Erleichterung trat an die Stelle, an der ihn eben noch bodenlose Furcht beherrscht hatte. Die Welt konnte ohne ständige Schmerzen wahrhaft wundervoll sein.

Ein unterdrücktes Stöhnen ganz in seiner Nähe ließ ihn verwundert die Augen öffnen. Es war ihm nicht klar, wie ein solches Wunder überhaupt möglich war, doch ganz offensichtlich hatte er einen Wohltäter, der ihn von diesen Qualen befreit hatte. Und diesen Wohltäter wollte er kennen lernen noch bevor die immense Erschöpfung, die er in sich aufsteigen fühlte, ihren Tribut forderte.

Sheppards Augen weiteten sich erschrocken. Eine junge Frau kniete neben ihm, eine Hand auf seiner Stirn, die andere knapp unterhalb seines Brustkorbes – und sie sah aus wie der wandelnde Tod. Ihr Atem ging stoßweise und sie war bleich wie ein Laken, überströmt von riesigen Tropfen Schweiß. Aber am meisten konsternierten ihn die Augen. Für einen winzigen Augenblick kehrte die Furcht zu ihm zurück, denn die Ähnlichkeit mit den Augen der Wraith war frappierend! Geschlitzte Pupillen waren auf ihn gerichtet, schienen allerdings durch ihn hindurch zu blicken, und die Iris war von einem durchdringenden Gelb. Jedoch ein dumpf glimmendes, feuriges Goldgelb, welches trotz des Leids, das deutlich in ihnen zu erkennen war, eine tiefe allumfassende Wärme ausstrahlte. Dies und die Tatsache, dass er Tränen in ihnen schimmern sehen konnte, ließ seine Furcht wieder schwinden. Wer immer sie war, sie rettete ihm soeben das Leben und John hegte den furchtbaren Verdacht, dass sie dafür seine Qualen auf sich übertrug.

„Hör auf damit!“ Seine Stimme klang noch immer schwach und kratzend, also wiederholte er seine Forderung noch einmal mit mehr Nachdruck. Doch die Frau reagierte nicht. Mühsam hob er seine rechte Hand und ergriff sie am Arm, um ihn von sich zu lösen. Da fokussierten sich die unheimlichen Pupillen plötzlich auf ihn und musterten ihn mit einem unglaublich durchdringenden Blick.

„Nicht!“ Ihre Stimme klang tatsächlich noch schlimmer als seine eigene, was ihn in seinem Entschluss aber nur noch mehr bestärkte. Er versuchte sich von ihr zu lösen und mit einem Mal verspürte er wieder dumpfen Schmerz tief in seinem Innern.

Die junge Frau ächzte gequält. „Nicht!“

„Es geht mir schon viel besser. Hör auf dich zu quälen, verdammt noch mal!“ Er hatte gar nicht so schroff sein wollen, doch das Entsetzen über das, was sich da vor seinen Augen abspielte, reizte ihn zu sehr.

„Du verstehst nicht...“ Sie wankte gefährlich und hielt sich scheinbar nur noch mit Mühe aufrecht. Ein heißer Schmerz zuckte durch Sheppards Unterleib und führte ihm auf diese Weise nur allzu deutlich vor Augen, dass er noch ganz und gar nicht geheilt war. Für einen winzigen Augenblick hatte er seine inneren Verletzungen deutlich wahrgenommen.

Die Wärme, die seinen Körper nach wie vor durchströmte, nahm noch ein Mal zu, der Schmerz verblasste wieder und machte einer wohligen Entspannung platz. Als unmittelbare Reaktion darauf keuchte seine Wohltäterin auf und er beobachtete erstaunt, wie ihre reptiliengleichen Augen schlagartig zu denen eines Menschen wurden. Von einem Moment auf den anderen begegnete der Blick seiner blauen Augen dem Blick aus zwei tiefbraunen Augen.

Und noch etwas anderes geschah in diesem Moment. John war sich der unwahrscheinlichen Nähe ihrer beider Geister plötzlich überdeutlich bewusst. Er fühlte was sein Gegenüber ausmachte und er fühlte die maßlose Verwirrung über etwas, das eindeutig mit ihm zu tun hatte. Etwas das sie aufwühlte und das sie selber jedoch nicht verstand. Die Antwort darauf war zum Greifen nahe, er würde sich nur danach umdrehen müssen, um sie zu erkennen und tief in sich wusste er um den Auslöser dieser Verwirrung. Doch bevor er dies in die Tat umsetzen konnte, riss die Verbindung zwischen ihnen ab.

Schneller als er es für möglich gehalten hätte fuhr Sheppard aus der liegenden Position auf und konnte grade noch verhindern, dass die junge Frau haltlos zur Seite kippte. Erst als er sie fest an den Schultern ergriffen hatte und sich ihr Atem langsam wieder normalisierte, gönnte er sich einen Moment seine beinah absolute Schmerzfreiheit zu bewundern. Dann musterte er sein Gegenüber forschend.

Sie hatte langes Haar, das jetzt im Schein des kleinen Feuers in ihrer Nähe in den verschiedensten Brauntönen leuchtete und das sie zu einem langen Zopf geflochten trugt. Einige widerspenstige Strähnen hatten sich daraus gelöst und umspielten ihr markantes Gesicht, das hohe feingeschwundene Wangenknochen und eine kleine Nase beherbergte. Sie trug ein verstärktes Lederwams und wattierte Hosen aus Wildleder. Alles in allem erweckte sie den Eindruck aus der Zunft der Jäger zu stammen, was auch den Waffengurt um Hüfte und Kreuz erklären würde.

„Geht es dir besser?“ fragte er vorsichtig.

Zuerst reagierte sie nicht, doch dann nickte sie langsam und hob sogar den Kopf, um ihn anzusehen. Ein schwaches Lächeln umspielte ihre Lippen. „Es ist in Ordnung. Du warst schwer verletzt und ich wäre beinah zu spät gekommen. Es hat mir fast meine ganze Kraft gekostet, diese Verletzungen zu beheben.“ Ihre Augen waren nach wie vor die eines Menschen.

Nachdenklich runzelte Sheppard die Stirn. „Warum hast du das getan? Du hättest mir einige der Wunden als Denkzettel lassen können.“

Ihr heiteres Lachen war ernüchternd. „Oh, das habe ich. Glaube nicht, dass dein Körper schon jetzt wieder vollständig genesen ist. Dem ist nicht so! Ich habe ihn lediglich in seinem Tun unterstützt und deine lebensbedrohlichen Verletzungen frühzeitig verschlossen. Du bist außer Lebensgefahr, aber du wirst noch eine ganze Weile brauchen, bis die Schäden wirklich verheilt sind.“ Sie blickte ihm ernst in die Augen. „Du wirst Ruhe und viel Schlaf benötigen. Der Körper wird trotz meiner Mühen das von dir einfordern, was er zu seiner vollständigen Regeneration benötigt.“

Es gefiel ihm nicht was sie da sagte, doch zumindest im Moment konnte er deutlich spüren, dass sie Recht hatte. Er war sich der bleiernen Müdigkeit schon die ganze Zeit unterschwellig bewusst gewesen, hatte sie jedoch bisher erfolgreich verdrängen können. Jetzt, wo sein Gegenüber ihn explizit darauf hinwies, schien sie sich nicht länger beherrschen zu lassen. Er gähnte und streckte sich auf seinem provisorischen Lager aus. Er würde jetzt schlafen, und morgen, wenn ein neuer Tag angebrochen war, würde er sich auf den Weg machen und sein Team aus den Klauen der Wraith befreien. Jetzt würde er keine zwei Schritte weit kommen. Und auch die Fragen, die ihm auf der Seele brannten, würde bis morgen warten können.

„Wie heißt du überhaupt?“ Seine Gedanken schweiften bereits ab, aber diese eine Frage musste er noch stellen, bevor der Schlaf ihn überrannte.

„Man nennt mich Rhyan.“

„John Sheppard. Aber... du kannst mich auch einfach John nennen.“

Sie nickte mit einem leisen Lächeln, doch Sheppard war bereits eingeschlafen.
 

Er wusste nicht, wie lange er geschlafen hatte, doch die Sonne stand bereits hoch am Himmel, als er endlich die Augen aufschlug. Sie schien in langen, dünnen Strahlen durch den niedrigen Höhleneingang und zeichnete warme Muster auf die verstreute Ausrüstung auf dem Boden. Sheppard streckte sich vorsichtig, wobei er aufmerksam in sich hinein lauschte. Doch kein Schmerz zuckte auf und kein Muskel verweigerte ihm den Dienst. Erleichtert darüber, setzte er sich auf und sah sich um. Die Höhle, in die ihn Rhyan gebracht hatte, war lediglich eine Art kleiner Unterschlupf, der grade genügend Platz für zwei ausgewachsene Menschen bot. Eine Grube, die unter einen überhängenden Felsvorsprung gegraben worden war, so dass der Boden aus relativ weichem Erdreich bestand. John stand auf, er konnte hier nur geduckt stehen, und trat dann zögernd hinaus in die Sonne. Ein blinzelnder Blick in die Runde sagte ihm, dass von der jungen Frau keine Spur zu sehen war. Allerdings konnte er die Vorbereitungen für ein Feuer erkennen, ebenso eine Vorrichtung, die ihm verdächtig nach einem Rundgrill aussah. Vermutlich war sie demnach auf die Jagd gegangen und Sheppard konnte nicht leugnen, dass er mächtigen Hunger hatte. Als wolle sein Magen diese Überlegung mit Nachdruck unterstützen, knurrte er laut. Es war in der Tat schon eine beträchtliche Weile her, seit dem er das letzte Mal etwas zu sich genommen hatte.

Grübelnd sah er zur Sonne auf. Er wusste nicht, ob Rhyans mysteriöse Heilkunst auch sein Bedürfnis nach Nahrung beeinflusst hatte, doch wenn er seinen Körper richtig verstand, lag seine letzte Mahlzeit länger zurück als es hätte sein dürfen. Es war Nacht gewesen, als Rhyan ihn hier her gebracht hatte und die Sonne hatte jetzt den Zenit schon weit überschritten und neigte sich bereits wieder dem Horizont zu. Doch etwas ließ ihn zweifeln, dass er nur acht oder neun Stunden geschlafen hatte. Wenn das stimmte, so hatte sein Team länger hilflos in den Fingern der Wraith gelitten, als er hätte zulassen dürfen.

Sofort erwachte tiefe Sorge in ihm und eine heftige Unruhe überkam ihn. Wie lange hatte er wirklich tatenlos hier herumgelegen? Er konnte nur beten, dass man ihnen noch nicht so zugesetzt hatte, dass er zu spät kommen würde.

Mit leisem Bedauern warf er der Feuerstelle einen letzten Blick zu. Es war wirklich ein Jammer, doch er durfte nicht noch mehr Zeit verlieren. Sein Entschluss stand fest. Er musste gehen. Und zwar sofort. Da er nichts weiter mehr besaß als die Kleidung, die er am Leib trug, brauchte er keine großen Vorbereitungen vor seinem Aufbruch treffen. Natürlich wusste er nicht, in welcher Richtung sich die Stellung der Wraith befand, aber würde sich auf seinen Instinkt und seine schwachen Erinnerungen an die Landmarken halten, an denen sie auf ihrem Weg vom Gate vorbeigekommen waren. Nach einem letzten Blick zurück wandte er sich ab und verfiel in einen leichten Trab, von dem er wusste, dass er die Geschwindigkeit eine ganze Zeit lang würde durchhalten können, ohne zu sehr zu ermüden. Es tat ihm leid, Rhyan so undankbar zu behandeln. Doch seine Verpflichtungen seinem Team gegenüber waren um Lichtjahre wichtiger.
 

Als Rhyan mit zwei langbeinigen Gambas über der Schulter ins Lager zurückkehrte, hatte sich die Sonne bereits hinter die Hügeln der Ebene zurückgezogen und spendete nur noch ein schimmerndes Glühen, das die Schatten lang und düster wirken ließ. Ein schwaches Lächeln huschte über ihre Züge. Allem Anschein nach schien ihr Gast noch immer zu schlafen. Sie würde hin wecken, sobald die Tiere ausgeweidet waren und über dem Feuer brutzelten.

Sie schwang sich vom Rücken ihres mächtigen schwarzen Hengstes – und erstarrte. Den Blick fest auf den sandigen Boden gerichtet ging sie in die Hocke. Deutlich konnte sie darin relativ frische Abdrücke erkennen, die zwar aus der Höhle herausführten, allerdings nicht wieder zurück. Die Gambas achtlos zu Boden fallen lassend, huschte sie geduckt in die Höhle hinein, wo sie ihren Verdacht bestätigt sah. Sheppard war verschwunden, die Decken, in die er gehüllt gewesen war, bereits ausgekühlt. Einen unflätigen Fluch auf den Lippen trat sie wieder nach draußen und ließ ihren unmenschlich scharfen Blick besorgt über die abendliche Landschaft gleiten. Sie hätte es wissen müssen und ihn nicht einfach allein zurücklassen sollen. Doch sie hatten dringend etwas Essbares benötigt, also war ihr im Grunde nichts anderes übrig geblieben, als fortzugehen. Wütend starrte sie die beiden Gambas an. Die Jagd hätte sie nicht so lange von hier fort halten dürfen.

Ihre Finger strichen geistesabwesend über den warmen Hals des Pferdes neben ihr, nur um sich dann in die dichte Mähne zu verkrampfen. Sie musste ihn suchen und wiederfinden. Er war noch nicht so weit erholt, dass er auf sich selbst gestellt zurecht kommen könnte. Sein Körper hatte bislang nur einen Bruchteil der Kraft wiederherstellen können, die er zuvor besessen hatte. Im Grunde hätte Sheppard das selbst spüren müssen, weshalb sich Rhyan nicht erklären konnte, was für ein Teufelsgedanke den Mann dazu veranlasst haben könnte, so gedankenlos davonzulaufen. Die Fremden waren immer noch dort draußen und sie wusste von ihren täglichen Streifzügen, dass sie offenbar auf der Suche nach ihrem entflohenen Opfer waren. Es würde demnach lediglich eine Frage der Zeit sein, wann John ihnen in die Arme laufen würde.

Ein tiefes Grollen entfloh ihrer Kehle und sie schwang sich geschmeidig auf den Rücken des großen Tieres. „Wir müssen ihn finden, Markor. Noch heute Nacht.“ Als würde er ihr antworten, warf der Hengst seinen Kopf in den Nacken und schnaubte unwirsch. Dann spannten sich die mächtigen Muskeln unter dem nachtschwarzen Fell und keinen Augenaufschlag später ließ er das Lager mit ausgreifenden Sätzen hinter sich zurück.

Lange irrten sie auf diese Weise durch die immer satter werdende Dunkelheit, ohne auch nur den kleinsten Hinweis auf Sheppards Verbleib zu finden. Und Rhyans Unruhe wuchs mit jedem Atemzug. Es war ihr noch nicht möglich gewesen, den Ursprung ihrer Inneren Verwirrung zu ergründen, dessen Auslöser dieser fremde Mann war. Stundenlang hatte sie an seiner Seite gesessen und darüber nachgedacht. Immer und immer wieder hatte sie dabei die Hundemarken berührt, in der Hoffnung, dass sie ihr einen weiteren Erinnerungsschub schenken würden. Doch nichts dergleichen geschah. Es blieb ein Rätsel. Aber sie fühlte sich mit diesem Menschen verbunden, wie mit keinem anderen Lebewesen zuvor. Und das stürzte sie in tiefe Zerrissenheit.

Rhyan hielt Markor auf der Kuppe eines etwas höher gelegenen Berges an und sah sich ein weiteres Mal suchend um. Ihre Nachtsicht war gut, doch es reichte nicht, um die gesamte Ebene zu erfassen. Sie brauchte Hilfe.

Mit einem tiefen Seufzen schloss die junge Frau ihre Augen und richtete ihren Geist nach Innen, suchte dort nach der Präsenz eines noch viel mächtigeren Wesens. Sie fand sie mühelos, wobei sie nie mit Sicherheit sagen konnte, ob ein Teil von ihm nicht doch jederzeit bei ihr weilte, trotz dem sie ihn vor so vielen Jahren freigegeben hatte. Seine Gegenwart war tröstlich und nahm einen großen Teil ihrer erdrückenden Sorgen von ihren Schultern.

„Finde ihn. Finde ihn, bevor sie es tun!“

Ihr geistiger Ruf war stark und trug jede Fassette ihrer Emotionen zu ihm hin. Sie brauchte ihm nicht mehr zu sagen, er wusste bereits alles was nötig war.

Der sternenklare Himmel wurde von mächtigen Schwingen verdunkelt, als sich das Wesen auf Rhyans Ruf hin in die Lüfte erhob.

Despair

McKay sprang mit einem unterdrückten Aufschrei von der Tür zurück, als sich diese plötzlich wie von Geisterhand öffnete und durch den Schwung weitergetragen mit einem ohrenbetäubenden Krach gegen die Mauer schlug. Mit einem beherzten Satz brachte er sich hinter Ronon und Teyla in Sicherheit. Er wollte nicht der Erste sein, auf den die Wraith zugriffen.

Zwei Drohnen betraten den beengten Raum der Zelle und flankierten die Tür zu beiden Seiten. Die Stunner in ihren Händen waren drohend auf die drei Insassen gerichtet und, wie Rodney voller Unbehagen registrierte, auch auf die höchste Stufe eingestellt. Sie brauchten nicht einmal an einen Fluchtversuch zu denken.

Dann betrat ein weiterer Wraith den Raum. Hochgewachsen, düster und ganz eindeutig ziemlich übel gelaunt. Seine Augen versprühten Blitze, während er jeden Einzelnen von ihnen gründlichst musterte. Nacheinander wanderte sein Blick über Teyla und Ronon, um dann an McKay hängen zu bleiben. Er trat auf den Wissenschaftler zu, doch Ronon versperrte ihm mit trotzig verschränkten Armen den Weg. „Such dir wenigstens einen ebenbürtigen Gegner, Monster!“ Rodney musste dem Krieger hierbei ausnahmsweise einmal zustimmen, er war ganz und gar nicht erpicht darauf diesem einschüchternden Wraith-Exemplar zu nahe zu kommen.

Allerdings schien dieser einer gänzlich anderen Ansicht zu sein. Er bedachte Ronon mit einem abfälligen Blick, der unmittelbar darauf von einem Stunner getroffen zu Boden ging. Voller Grauen wich Rodney von seinem reglosen Freund zurück. Es war erschreckend, den wilden und schier unzähmbaren Mann so hilflos stürzen zu sehen. Aus dem Augenwinkel sah er, wie Teyla vortrat, um sich nun ihrerseits vor den Wissenschaftler zu stellen. Schamesröte schoss ihm ins Gesicht. War er wirklich so ein Hindernis, dass sich das Team als seine Bodyguards aufführen musste? Sheppard war bereits gescheitert bei dem Versuch, ihm den Hintern zu retten und der Himmel allein wusste, was mit ihm geschehen war. Er konnte nicht zulassen, dass es Ronon und Teyla ähnlich erging.

„Teyla, warte!“ Überrascht über den festen Ton seiner Stimme, hob Rodney etwas verunsichert den Kopf und blickte zwischen dem Wraith und der Athosianerin hindurch. Er konnte jetzt keinem von beiden in die Augen sehen, andernfalls würde ihn höchstwahrscheinlich das kleine bisschen Mut, dass er sich soeben angesammelt hatte, wieder verlassen.

Das kratzende Lachen des Wraith ließ ihn erschauern. „Du weißt, dass deine Freunde wertlos für mich sind. Zumindest zu einem gewissen Grad. Das Wissen, das ich benötige, ist einzig in dir zu finden. Und du wirst es mir überlassen, oder die anderen beiden werden einen ähnlich qualvollen Tod sterben wie mein vorheriges Opfer.“

Teyla sog scharf die Luft ein, hatte sie die Bedeutung der Worte doch sehr wohl verstanden. Sollte das heißen, dass Sheppard bereits tot war? Der Wissenschaftler bekam weiche Knie. John war viel stärker als er es war und hatte sich zuvor bereits dem geistigen Zugriff von Wraith erwehren müssen. Er hingegen war lächerlich schwach und würde nicht einmal im Ansatz den Wiederstand leisten können, wie der Colonel es wohl getan hatte. Trotz regte sich in Rodney. Er war vielleicht körperlich nicht der stärkste. Doch geistig, dass wusste er mit unverrückbarer Sicherheit, war er gefestigter als viele andere Menschen. Sollte dieses Biest doch versuchen, an die gewünschten Informationen über Atlantis oder Gott weiß was zu gelangen. Ein für den Wissenschaftler ungewohnt verschlagenes Grinsen schlich sch auf dessen Züge. „Versuch es doch.“

„Rodney!“ Teyla war ehrlich schockiert.

„Lass ihn, Teyla. Er wird wissen, dass er damit nur seine Zeit verschwendet. Er kann uns nicht töten, da er viel zu sehr auf die Informationen angewiesen ist. Und mit jedem Moment, den er mit uns sein hässliches kleines Spiel spielt, steigt die Gefahr, dass unsere Verstärkung eintrifft und ihm und seinem Pack das Leben zur Hölle macht.“ Er hatte keine Ahnung, woher er diese Überzeugung nahm und war sich im Grunde seines Herzens auch ganz und gar nicht sicher. Aber es half ungemein, sich das einzureden.

Also wartete er nun reglos und mit heftig klopfendem Herzen darauf, dass sie ihn mitnahmen oder doch zumindest zum Mitgehen aufforderten. Doch nichts dergleichen geschah.

Der hochgewachsene Wraith schien mit einem Mal von irgendetwas abgelenkt zu sein, seine Miene zeigte deutliche Spuren geistiger Abwesenheit. Sah es etwa so aus, wenn die Wraith telepathisch miteinander in Kontakt traten? Offenbar, denn keine Minute später machte er auf dem Absatz kehrt und verließ, ohne Rodney auch nur noch eines Blickes zu würdigen, die Zelle. Die zwei Drohnen folgten dicht auf, die Tür hinter sich ins Schloss ziehend.

Er hatte den Eindruck, dass ihm jeden Augenblick die Beine wegknicken mussten, so sehr durchströmte Rodney das Gefühl der Erleichterung. Nie in seinem Leben war er glücklicher gewesen. Die Wraith hatten ihn tatsächlich verschont.

Albern grinsend sah er zu Teyla hinüber, wurde aber schlagartig wieder ernst, als er ihren besorgten Gesichtsausdruck gewahrte. „Was sollte denn das grade bedeuten?“ Sie schüttelte verwirrt den Kopf und ging dann neben dem noch immer bewusstlosen Ronon in die Hocke.

Das Gefühl der Erleichterung verebbte. Rodney wurde klar, dass er absolut keinen Grund hatte glücklich zu sein. An ihrer Situation hatte sich nichts geändert und nur weil die Wraith für den Moment gegangen waren, hieß das nicht, dass sie nicht später wieder zurückkehren würden. Allerdings. Das Lächeln kehrte auf seine Züge zurück. Es konnte nur eine Ursache geben, welche die Wraith derart ablenkte. Das Rettungsteam aus Atlantis musste eingetroffen sein und ihre Befreiung damit in greifbare Nähe rücken.

Er ging hinüber zu Teyla und half ihr, Ronon vom Boden auf eine der Pritschen zu legen. Dann setzte er sich auf deren Kante und wartete.
 

Erschöpft ließ sich Sheppard in dem Schatten eines ausladenden Nadelbaumes nieder und lehnte den Kopf an dessen raue Rinde. Er musste eine Pause machen, und wenn es nur für ein paar kurze Atemzüge war. Seine Lunge schmerzte von dem langen Lauf und die Sonne, die seit den frühen Vormittagsstunden von einem wolkenlosen Himmel strahlte, hatte ihm teuflische Kopfschmerzen beschert. Er hatte gesucht und hatte versucht, niemals die Orientierung zu verlieren. Aber es war wie verhext. Nicht einmal den Weg zum Gate hatte er wiederfinden können. Hatte Rhyan ihn tatsächlich so weit fortgebracht? Vorstellen konnte er sich das kaum, aber im Grunde war es schon erstaunlich, dass ein schmale Gestalt wie sie es war einen Mann wie ihn aus unterirdischen Gängen trug.

John stöhnte leise. Ihm lief die Zeit davon, aber er hatte deutlich gespürt, wie sein Körper in den letzten Stunden mehr und mehr abgebaut hatte und mittlerweile war es so deutlich, dass er es nicht mehr einfach so überspielen konnte. Hunger nagte an ihm und schwächte ihn noch zusätzlich. Zum Glück war er irgendwann an einem Fluss entlang gekommen, so dass er zumindest seinen Durst hatte stillen können. Trotzdem machten ihm die Kopfschmerzen zu schaffen. Er zitterte trotz der wärmenden Sonne und ein gleichbleibender Schmerz hatte sich in seinen Gliedern eingenistet. Eine Schnittwunde an seiner Seite war durch die Belastung wieder aufgebrochen und blutete seither. Doch er durfte all diesen Symptomen keine Beachtung schenken, wenn sein Team auch nur die kleinste Hoffnung auf Rettung haben wollte. Natürlich hoffte er außerdem, dass von Atlantis bereits ein weiteres Aufklärungsteam gestartet war, auf das er mit ein wenig Glück vielleicht auch treffen würde. Doch bisher war ihm sein Glück nicht allzu hold gewesen.

Schwankend kam er wieder auf die Füße und sah sich um. Er hatte den großen Wald, der in einiger Entfernung am Horizont zu erkennen war, immer zu seiner Linken gehalten und war kontinuierlich nach Westen gewandert. Jetzt überkamen ihn langsam Zweifel, dass er die richtige Richtung gewählt hatte. Als sie durch das Gate getreten waren, hatten sie das Geräusch eines Ozeans vernommen. Doch hier war weit und breit keine Spur des großen Meeres zu finden. Nicht einmal Seevögel in der Luft.

Fluchend trat er aus dem Schatten des Baumes heraus. Es machte keinen Sinn sich darüber Gedanken zu machen. Er hatte keine Ahnung, wo die Wraith ihn und sein Team im Anschluss an den Überfall hingebracht hatten. Es könnte überall sein, nicht zwingend am Meer.

Ein Geräusch in seinem Rücken ließ ihn herumfahren. Er hatte es schon vorher ein paar Mal gehört, doch jetzt war er sich sicher, dass es nach Schritten geklungen hatte. Hohes Gras und wild wachsendes Buschwerk erschwerten es ihm, irgendetwas zu erkennen. Wenn ihm einer der Wraith auf den Fersen war, so war er dem unterirdischen Komplex vermutlich näher als angenommen. Wenn es allerdings Rhyan war, die seiner Spur gefolgt war, drohte ihm keine Gefahr.

Behutsam zog er sich in den Schatten des Nadelbaumes zurück und kauerte sich nahe des Stammes an die Erde. Er hoffte zwar, dass es ein Wraith war, doch einen Kampf würde er in seinem jetzigen Zustand keinesfalls gewinnen können. Also musste er versuchen sich unsichtbar zu machen, damit der Feind ihm versehentlich den Weg zum Eingang der Tunnel wies.

Eher einer inneren Eingebung folgend als dem leisen Knarren über sich, hob Sheppard den Kopf und blickte hinauf ins Astwerk des Baumes. Doch es war bereits zu spät. Es war tatsächlich ein Wraith, der sich auf seine Fährte gesetzt hatte und ihn nun von oben her angriff. Mit einem beherzten Satz zur Seite versuchte er sich vor seinem Angreifer in Sicherheit zu bringen, doch die rechte Hand schoss auf ihn zu und packte ihn wie einen hilflosen Welpen am Genick. Er wurde durch die Luft geschleudert und kam mehrere Meter weit entfernt hart in einem Gebüsch zur Landung.

Die Welt um ihn herum kippte und bestand für einige Momente nur noch aus verschwommenen Braun- und Grautönen. John fluchte mit zusammengebissenen Zähnen. Der Busch hatte seinem Sturz zwar die Wucht genommen, doch statt dessen bohrte sich eine Unzahl spitzer Äste durch seine Kleidung, so als wollten sie ihn zwingen schnellstmöglich wieder auf die Beine zu kommen. Der erste Versuch in diese Richtung scheiterte kläglich.

Jemand trat vor die Sonne, ein schwarzer Schatten umgeben von einer leuchtenden Aura. Es genügte zu erkennen, dass die Haare dieses Schattens in verfilzten langen Strähnen herabhingen und eindeutig weiß waren. Im nächsten Moment wurde Sheppard von einer kräftigen Hand an der Kehle gepackt und auf die Füße gezogen.

Trotz regte sich irgendwo tief im Innern des Colonels. Trotz, der es ihm erlaubte den Schmerz in seinen Gliedern zu verdrängen und einen Gegenangriff zu starten. Er umschloss den Unterarm des Wraith mit beiden Händen, zog die Beine an und trat mit all der Kraft, die er aufbringen konnte, gegen den Oberkörper seines Widersachers. Tatsächlich löste sich der Griff ein Stück und der Wraith stolperte einige Schritte rückwärts. Doch es genügte nicht, damit Sheppard sich aus dessen Griff befreien konnte. Ganz im Gegenteil. Der Wraith war alles andere als erfreut über den Wiederstand, den sein Opfer leistete. Folglich lag es auf der Hand, diesen Wiederstand zu unterbinden.

John konnte spüren, wie seine grade verheilte Rippe ein weiters Mal brach, als ihn mehrere harte Schläge in den Bauch trafen. Er keuchte gepeinigt. Zwecklos. Er konnte nicht gegen diesen einen Wraith bestehen. Wie sollte er sich und sein Team dann gegen all diejenigen verteidigen, die sich innerhalb des unterirdischen Komplexes befanden und ihnen bei der Flucht den Weg versperren würden?

Sein Bewusstsein drohte bereits zu schwinden, als er im Rücken des Wraith eine Bewegung ausmachte. Verwundert zwang er sich genauer hinzusehen und riss dann erstaunt die Augen auf. Natürlich hatte er sich gedacht, dass Rhyan seiner Spur gefolgt sein würde. Aber er hatte nicht erwartet, dass sie in einem solch passenden Augenblick auftauchen würde.

Mit langen Sätzen jagte sie auf dem Rücken eines beeindruckend großen schwarzen Rappen heran, wie es aussah direkt auf sie zu und Sheppard konnte ein Schaudern nicht unterdrücken, als er in ihre Augen blickte. Die Zeit, die er bei ihr in dem Unterschlupf verbracht hatte, waren ihre Augen menschlich gewesen und er war beinah bereit gewesen zu glauben, dass er sich die unmenschlichen Reptilienaugen nur eingebildet hatte. Er revidierte diese Vermutung jetzt. Das Goldgelb ihrer Iris loderte in einem unergründlichen Feuer und strahlte einen derartigen Hass aus, dass er bis ins Mark erschrak. Er wollte niemals Ziel dieses Hasses sein.

Der Wraith drehte sich um, kurz bevor das Pferd sie beide erreicht hatte, ließ Sheppard achtlos zu Boden fallen und brachte sich mit einem Sprung zur Seite in Sicherheit. Mit einem weiten Sprung setzte der Hengst über den sich zusammenrollenden Colonel hinweg, kam in einer aufwirbelnden Staubwolke zum Stehen und wandte sich dann wieder dem Wraith zu.

Langsam, beinah bedächtig glitt Rhyan zu Boden, klopfte dem schweißnassen Hengst zärtlich den Hals und trat dann zu John, ohne jedoch den Blick von dem Wraith zu wenden, der ein Stück abseits stand und offenbar nicht so recht wusste, was er von dieser Situation halten sollte. Es war klar, dass Sheppard einen zu großen Wert für ihn besaß, als dass er ihn einfach zurück lassen konnte.

„Bist du in Ordnung?“

Es dauerte einen Augenblick, bis John begriff, dass sie ihn angesprochen hatte. „Ja. Doch, ich denke schon.“

„Dann bleib. Markor wird auf dich Acht geben.“

Bevor er fragen konnte, was sie damit meinte, hörte er den Hufschlag hinter sich. Der schwarze Hengst hatte sich an seine Seite gesellt und bedachte ihn nun mit aufmerksam aufgestellten Ohren und einem für ein Tier viel zu wissendem Blick. Er erwiderte diesen Blick konsterniert, ehe er seine Aufmerksamkeit wieder den Geschehnissen vor sich zuwandte.

Rhyan hatte sich dem Wraith auf mehrere Schritte genähert, blieb jetzt aber stehen, als sie zwei weitere Angehörige seiner Rasse unmittelbar in dessen Nähe gewahrte. Ein hämisches Lächeln stahl sich auf ihre Züge. Es war schon eine ganze Weile her, seitdem sie die letzten Fremdlinge getötet hatte und demnach längst überfällig ihnen erneut ins Gedächtnis zu rufen, dass sie auf diesem Planeten nichts verloren hatten.

Ein tiefes Grollen entwich ihrer Kehle, als sich die drei Wraith vor ihr formierten, ihr Körper spannte sich. Sie konnte die Kraft fühlen, wie sie jeden Winkel ihres Körpers durchströmte. Diese Kraft, die sie einst vor so vielen Jahren als Geschenk erhalten hatte und auf die sie seither zu jeder Zeit zugreifen konnte, wann immer sie sie brauchte. Doch es hatte sie auch verändert. Sehr verändert sogar.

Dann schnellte sie vor und griff an. Mit einer unglaublichen Geschwindigkeit hatte sie die letzten Schritte überwunden und war über dem in der Mitte stehenden Wraith, noch bevor dieser überhaupt begriff, dass der Angriff ihm galt. Sein Schrei brach die Stille, die bis zu diesem Augenblick über der Ebene geschwebt hatte, und verursachte bei Sheppard eine Gänsehaut.

Alles was er dort grade beobachtete ließ ihn frösteln.

Rhyan kämpfte mit einer Eleganz und Geschwindigkeit, die es einem Zuschauer kaum ermöglichten ihre genauen Attacken zu verfolgen. Sie tauchte unter den Angriffen der zwei flankierenden Wraith hindurch, kreiselte herum und schlug jedem von ihnen eine ausgestreckte Hand ins Gesicht. Von der Wucht des Gleichgewichtes beraubt, stürzten sie sich überschlagend zu Boden. Blut fing das Sonnenlicht ein und reflektierte es, bevor die Tropfen auf dem Boden aufkamen und in der Erde versickerten.

Rhyan stand wie ein Racheengel als einzige noch aufrecht. Achtlos wischte sie sich das Blut aus dem Gesicht und schüttelte es von ihren Händen. Etwas war mit ihr geschehen. Etwas das selbst die Wraith zu spüren schienen, da sich einer der Drei in kopfloser Furcht davonmachte.

Rhyan beachtete ihn nicht. Ihre Augen funkelten und als sich ihre Lippen zu einem bösartigen Grinsen verzogen, schien es John, als könne er die Sonne auf langen spitzen Zähnen glitzern sehen.

Die zwei verbliebenen Wraith hatten sich von dem Angriff erholt. Blutige Striemen zogen sich quer über ihre Gesichter, entstellten die Tätowierungen auf Wangen und Stirn. Einer von ihnen hatte ein Auge eingebüßt. Doch sie schienen entschlossen, den Angriff weiter zu führen.

Diesmal war die Attacke der Wraith überlegter und sie handelten gemeinsam. Von zwei Seiten drangen sie jetzt auf Rhyan ein, mal mit brutaler Gewalt, mal mit ausgeklügelten Finten. Dennoch blockte sie mühelos jedwede Art von Angriff ab. Beinah sah es so aus, als würde sie mit ihnen spielen.

Dann nutze sie eine plötzlich auftauchende Lücke in der Deckung der beiden Wraith und schoss ihre linke Hand vor, riss das Wams des Rechten auf und bohrte sie unmittelbar unter dessen Rippen in den Leib. Blut quoll hervor und übergoss ihre Finger mit einer klebrigen Wärme. Dem Wraith blieb grade noch genügend Zeit ein verwundertes Ächzen auszustoßen, eher er kraftlos in die Knie brach und verendete.

Angewidert trat Rhyan ihn von sich weg und konzentrierte sich dann voll und ganz auf den letzten verbliebenen Gegner, dessen Attacke sie aus dem Augenwinkel auf sich zukommen sah. Mit einem wütenden Knurren wich sie dem Angriff aus, ließ den Wraith durch seinen eigenen Schwung an sich vorbei laufen und setzte ihm dann mit gefletschten Zähnen nach. Sie sprang auf ihn zu, die Hände zu Klauen verkrümmt, und trieb ihn mit machtvollen Schlägen vor sich her, die er nur noch mit hilflos erhobenen Armen abzuwehren versuchte. Schon bald war seine Haut an den Unterarmen in Fetzen gerissen. Seine Verteidigung brach zusammen und sie riss ihm mit einer einzigen Handbewegung die Kehle auf.

Leblos stürzte er zu Boden. Es war vorbei.

Fassungslos hatte Sheppard diesen ungleichen Kampf verfolgt. Er kannte die Wraith und er wusste verdammt gut, dass sie starke und zähe Gegner waren, die man nur mit sehr viel Mühe und Geschick töten konnte. Doch das, was sich eben in den letzten Minuten vor seinen Augen abgespielt hatte, sprach eine ganz andere Sprache. Erst jetzt merkte er, dass sein Herz in seiner Brust hämmerte und er offensichtlich unbewusst den Atem angehalten hatte. Erst jetzt, da sich Rhyan zu ihm umwandte und ihm einen Blick zuteil werden ließ, der ihn bis ins Mark erschütterte. Er prallte zurück und konnte nicht verhindern, dass er Sorge in sich aufsteigen fühlte.

Der wütende Ausdruck auf ihren Zügen machte indes einer ganz anderen Emotion platz. Bildete sich erst eine steile, nachdenkliche Falte zwischen ihren Augen, machte sich nun Bestürzung auf ihrem Gesicht breit. Ihre Augen weiteten sich, so dass John deutlich das Flackern in ihnen erkennen konnte, dann begegnete sein Blick ihren menschlichen braunen Augen. Was auch immer mit ihr geschehen war, jetzt schien es verschwunden zu sein, so als hätte es gar nicht existiert.

Rhyan wich nun ihrerseits vor ihm zurück, einen kurzen Blick auf ihre blutverschmierten Hände werfend, dann sank sie neben einem der Wraith auf die Knie und begann sich an dessen Kleidung zu säubern.

Sheppard beobachte sie dabei nachdenklich und stand erst wiederwillig auf, als ihm der Hengst, der noch immer an seiner Seite stand, zum wiederholten Mal das weiche Maul in den Nacken stieß. John warf ihm einen missbilligenden Seitenblick zu, ging dann aber doch zu Rhyan hinüber. „Ich hätte nicht weglaufen sollen. Du hattest mich schließlich gewarnt.“

Die Hände auf die Oberschenkel gestützt blickte sie zu ihm auf und nickte dann schwach. Ein Zeichen, dass sie seine Entschuldigung annahm. Sie musterte ihn forschend, so als suche sie nach irgendetwas in seinem Gesicht. Vielleicht der Furcht, die so viele andere ihrer Person entgegenbrachten, wenn sie erst einmal erfahren hatten, was ihr wirkliches Wesen war. Doch sie fand nichts dergleichen. Sheppard hatte auf seinen Reisen durch die Sternentore schon vieles gesehen und Rhyan hatte ihn schließlich bereits zum zweiten Mal aus einer lebensbedrohlichen Lage befreit. Er würde sie daher nicht einfach als Monstrum abstempeln.

„Du musst verstehen, ich...“

Rhyan hob die Hand, um seinen weiteren Redefluss zu unterbrechen. Ein schwaches Lächeln auf den Lippen. „Schon gut. Wir werden später noch Gelegenheit haben zu reden. Ich denke, es gibt auf beiden Seiten einiges, das an Erklärung bedarf.“ Sie stand auf und klopfte sich den Staub von der Hose. „Es werden andere kommen und ich wäre froh, wenn wir dann schon weit weg von hier wären.“

Er nickte nur. Er fühlte sich zerschlagen und müde. Um seinem Team eine wirkliche Hilfe zu sein, musste er sich einen besseren Plan ausdenken als das bloße Handeln. Und vielleicht würde ihm Rhyan auch dabei helfen. Dann wären sie zumindest schon zu zweit.

New hope

Die Nacht war bereits hereingebrochen, als sie zu ihrem Lager zurückgelehrt waren und Rhyan hatte trotz Sheppards Bedenken ein kleines Feuer angefacht, über dem jetzt eines der beiden Beutetiere vom Nachmittag schmorte. Im Endeffekt war er dankbar für diese kleine Wärmequelle und so hatte er sich nahe der Flammen in seine Decken gehüllt zusammengekauert und starrte nun gedankenverloren ins das orangene Licht. Er war enttäuscht und wütend, dass er so kläglich gescheitert war. Doch die Schmerzen und die bleiernde Schwäche in seinen Gliedern erlaubten ihm keine andere Wahl. Die Sorge um Teyla und Ronon nagte an ihm und der Gedanke an McKay war beinahe noch viel unerträglicher. Wenn sich die Wraith dazu entschlossen, anstatt des stärksten das schwächste Glied für ihre Informationsgewinnung zu wählen, so würde Rodney nicht lange überleben können. Er hasste sich für diesen Gedanken. Doch der geniale Wissenschaftler war nun einmal ganz und gar nicht für den Kontakt mit dem feindlichen Gegenüber geeignet. Zumindest nicht im direkten Kontakt.

Rhyan saß ihm direkt gegenüber und beobachtete ihn durch die Flammen hindurch mit nachdenklicher Mine. Sie hatten nicht ein Wort mehr miteinander geredet, seit dem Kampf gegen die Wraith. Aber sie spürte, dass ihn irgendetwas furchtbar belastete. Er versuchte offenbar verschlossen zu wirken, doch seine Augen verrieten ihn. Er schaute in das Feuer, so als könne er in den Flammen etwas erkennen, das nur für ihn sichtbar war. Etwas, das sich in Wirklichkeit tief in seiner Seele abspielte.

Sie rang mit sich, ihn anzusprechen und aus den Grübeleien zu befreien. Doch bisher hatte die Scheu vor einer möglichen Zurückweisung über diesen Entschluss gesiegt. Sie wusste nicht, was er von ihr hielt. Und tief in sich wollte sie es auch gar nicht wissen. Sie biss sich auf die Lippe. Sie wollte nicht hören, dass er sie für ein Monster hielt, keinen Deut besser als die bleichen Fremdlinge.

Allerdings schien der Auslöser für seine Sorge ganz wo anders seine Wurzeln zu haben.

„Du bist nicht allein gewesen, habe ich recht?“

Erstaunt blickte Sheppard auf. Er hatte vieles erwartet, aber nicht, dass sie ihn derart gezielt ansprechen würde. Es war nicht allzu schwierig, seine Beweggründe zu deuten, nahm er an. Wer würde sonst in einer ihm fremden Umgebung fortlaufen, wenn er doch wusste, dass er noch nicht wieder genesen war? Und wenn er ihre Hilfe erwünschte, würde er sie ins Vertrauen ziehen müssen. Im Grunde gab es auch keine plausible Erklärung, weshalb er das nicht tun sollte. Doch ihr Auftreten am Nachmittag hatte ihn mehr als einfach nur ein bisschen verunsichert.

Er stieß in einem langen Atemzug die Luft aus. „Ganz recht. Ich in nicht allein hier her gekommen. Wir waren zu viert. Die anderen drei...“ Er stockte. Die Angst um seine Freunde war wirklich beträchtlich. „Die anderen sind noch in den Händen der Wraith. Bereits seit mehreren Tagen.“

Ihr war nur allzu klar, was er damit ausdrücken wollte. Jeder Tag in Gefangenschaft bedeutete weniger Hoffnung für sie. „Wraith?“

Sheppard fuchtelte halbherzig in die Richtung, aus der sie gekommen waren. „Ja, Wraith. So nennen wir diese weißhaarigen Nichtsnutze.“

Rhyan nickte langsam und war offensichtlich überrascht, dass er diese Wesen bereits kannte. Sie murmelte das Wort mehrmals leise vor sich hin, schüttelte dann jedoch den Kopf, so als würde sie einen Gedanken, den sie damit verbunden hatte, wieder verwerfen. Etwas schien sie zu verwirren.

„Es überrascht mich ein wenig, dass du diese Wesen bereits kennst. Weißt du, ich...“ Ihre Stimme erstarb und sie schaute ihm mit einem unergründlichen Blick in die Augen. „Ich hatte immer gedacht, dass sie von irgendwo auf diesem Planeten kommen würden. Von einem anderen Kontinent. Aber nicht, dass sie von weiter her stammen.“ Es war nicht die ganze Wahrheit, die sie ihm da sagte. Aber alles weitere hätte selbst in ihren Ohren zu verworren geklungen, als dass es irgendwer hätte verstehen können. Sie verband etwas mit Sheppard, ein Gefühl des Bekannten und Vertrauten, das sie jedoch noch immer nicht genauer benennen konnte. Aber sie wusste, dass ihr die Wraith auch bekannt vorkommen sollten, wenn er ihr bekannt war. Doch das taten sie nicht. Und das verunsicherte sie.

John lachte freudlos. „Es ist erstaunlich, was für eine bösartige Energie du deinem eigenen Heimatplaneten zusprichst, dass er solche Schreckenskreaturen hervorbringen könnte. Nein, dem ist nicht so. Die gesamte Galaxie leidet unter dem Joch dieser Rasse und viele der Planeten, die von ihnen heimgesucht werden, sind bereits in Vergessenheit geraten und ohne jegliches menschliches Leben zurückgelassen worden.“

Rhyan starrte ihn entsetzt an. Wie viele von diesen bleichen Fremden musste es denn geben? „Ich... verstehe nicht ganz...“

„Nun, im Grunde ist es ganz einfach. Die Wraith haben sich aus einem Käfer entwickelt, der sich von der menschlichen Essenz ernährt hat.“ Er zog eine Grimasse, als ihm seine ganz persönliche Erfahrung mit diesen Insekten in den Sinn kam. Es war wirklich grausam was für Lebensformen es tatsächlich geben konnte. „Auf diesem Weg haben sie mehr und mehr menschenähnliche Eigenschaften angenommen und wurden zu den Wraith. Die Wraith... brauchen uns Menschen zum Überleben, wir sind ihre einzige Nahrungsquelle. Und so halten sie die Bevölkerungen ganzer Planeten wie Vieh und kehren in Abständen immer wieder zurück, um ihre Zahl zu dezimieren und sich an ihnen zu nähren.“ John schüttelte sich. „Wir kämpfen gegen sie... so gut es uns eben gelingt. Und wir versuchen sie von unserem eigenen Heimatplaneten fernzuhalten.“

Rhyan hatte ihm mit wachsendem Grauen zugehört, doch jetzt runzelte sie nachdenklich die Stirn. Sie verstand nicht, weshalb sie dann nicht auf ihren Planeten zurückkehrten, auf dem sie ohne Angst vor diesen Wesen leben konnten. Als sie dem Colonel diese Frage stellte, trat tiefer Schmerz in seine Augen und er wandte den Blick beinah beschämt von ihr ab. „Dazu ist es bereits viel zu spät. Sie wissen von der Existenz der Erde und sie wissen, dass die dortige Bevölkerung all ihre Probleme lösen würde, wenn sie nur die Position des Planeten hätten.“ Er fuhr sich durch das wirre schwarze Haar und seufzte. „Wir tragen in Wirklichkeit die Hauptschuld daran, dass so viele Wraith auf einmal aus ihrem Stasis-Schlaf erwacht sind. Wir waren zu dem Zeitpunkt von unserem Heimatplaneten abgeschnitten und auf der Suche nach Hilfe... als wir auf eines ihrer Basisschiffe stießen. Ich tötete die Wächterin dieses Schiffes und besiegelte das Erwachen sämtlicher Wraith in dieser Galaxie.“

Fassungslos starrte Rhyan ihr Gegenüber an. Diese Geschichte war wahrhaft zu fantastisch, als dass sie nur erfunden sein konnte. Ihr Nacken kribbelte unangenehm bei der Vorstellung, was das bedeuten mochte.

„Das wir ausgerechnet hier auf sie gestoßen sind, ist denke ich einfach nur riesengroßes Pech. Wir sind aus einem ganz anderen Grund hier hergekommen. Doch dann trafen wir auf ihren Jäger... und das Schicksal nahm seinen Lauf. Meine Freunde sind noch immer in den Händen der Wraith und das bedeutet, dass sowohl ihr Leben auf dem Spiel steht als auch das Wissen über unsere Heimat. Sie haben versucht es aus meinem Geist zu erfahren, doch du hast mich gerettet bevor sie meinen Wiederstand brechen konnten. Jetzt werden sie es bei den anderen versuchen und dann haben sie keinen Grund mehr, sie länger am Leben zu lassen.“

Rhyan schüttelte sich und starrte für einige Herzschläge gedankenverloren in die Flammen des kleinen Feuers. Was Sheppard ihr da grade erzählt hatte klang unglaublich und ließ sie voller Grauen Schaudern. Sie wusste, dass es mehr gab als ihre kleine beschränkte Welt. Viel mehr. Und so konnte sie auch durchaus mit der Vorstellung leben, dass es Reisende zwischen den Welten gab. Allerdings war es ihr ein Rätsel, wie so etwas vonstatten gehen konnte.

Als sie John eine entsprechende Frage stellte, lächelte er schief. „Die Sternentore ermöglichen uns solche Reisen. Tore wie der große metallene Ring, der hier irgendwo in der Ebene herumsteht. Er wird dir aufgefallen sein."

Rhyan nickte langsam. Es war offensichtlich, dass sie bisher von seiner Bedeutung nichts geahnt hatte.

„Man kann verschiedene Adressen anwählen, die sich in den Symbolen auf dem Ring selbst wiederfinden, und öffnet so ein Wurmloch zu einem anderen Planeten. Es sieht aus wie Wasser, ist aber keines. Man geht hindurch," John zuckte mit den Achseln und grinste leicht, als er sich an sein erstes Mal erinnerte, als er zaudernd vor dem Ereignishorizont gestanden hatte, auf dem Weg nach Atlantis. „Man geht hindurch und kommt nur wenige Augenblicke später auf der anderen Seite wieder heraus. Nur eben auf einem anderen Planeten. Es ist wirklich...freaky." Er blickte zu der jungen Frau hinüber und musste feststellen, dass sie ihm scheinbar nicht mehr folgte. Ihre Augen hatten sich voller Staunen geweitet und ihr Blick ging glatt durch ihn hindurch. John war es gewohnt, dass manche Menschen mit Erstaunen auf die Funktion des Sternentores reagierten. Doch Rhyans Reaktion verwunderten ihn dann doch ein wenig. „Ist alles in Ordnung?"

Nichts war in Ordnung. Als hätte man einen Vorhang in ihrem Geist gehoben, erwachten plötzlich Erinnerungen in Rhyan. Erinnerungen die sie zum einen verstörten, zum anderen aber auch erleichterten, da sich offensichtlich das Rätsel, weshalb sie sich dem Colonel so verbunden fühlte, löste. Zitternd stieß sie den Atem wieder aus und beobachtete, wie er sich in einer kleinen Kondenswolke ausbreitete und in der Nachtluft verlor.

Sie wusste nicht, weshalb sie all diese Erinnerungen so sehr verdrängt hatte. Vielleicht war es auch ein unvermeidbarer Teil ihrer unnatürlichen Veränderung gewesen, der sie ihre Vergangenheit hatte vergessen lassen. Doch jetzt kehrte all das wieder zu ihr zurück.

„Rhyan, bist du ok?" Sheppard stand auf und kam um das Feuer herum, um sich an ihrer Seite in die Hocke sinken zu lassen. Behutsam berührte er sie an der Schulter, wobei sich seine Hundemarken unter dem T-Shirt lösten und frei an der zierlichen Kette schwangen. Rhyan griff nach ihnen. Jetzt machte alles plötzlich wieder einen Sinn. Jetzt wusste sie, warum ihr der Begriff der US Airforce so bekannt vorgekommen war. Ihr Herz zog sich schmerzhaft in ihrer Brust zusammen. Endlich wusste sie wieder wo sie hingehörte. Endlich wusste sie wieder wer sie wirklich war...oder einmal gewesen war.

Die Erde. Der blaue Planet. Ihre Heimat. Wie Colonel John Sheppard war sie auf dieser Welt geboren worden und hatte ihre Wurzeln dort. Dort und nirgendwo sonst. Sie hatte sich verändert, doch tief in sich war sie noch immer die Rhyan, die damals die Erde verlassen hatte. Ein Mensch, so wie Sheppard und die anderen, mit denen er hier her gelangt war. Sie würde nicht länger alleine sein.

Natürlich hatte sie hier Anschluss gefunden und natürlich war sie hier nicht allein. Doch sie hatte immer schon gespürt, dass sie anders war. Das sie sich von den Einheimischen unterschied, obwohl sie diesen Unterschied nie hatte benennen können.

Jetzt war ihr auch bewusst warum.

Sie sog die kühle Nachtluft tief in ihre Lungen und blickte John dann offen ins Gesicht. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, welches er jedoch nicht erwiderte. Stattdessen musterte er sie mit einem nachdenklichen Stirnrunzeln. „Du bist wirklich unheimlich."

„Nein. Nicht unheimlich. Nur vielleicht etwas...ungewöhnlich." Ihre Augen blitzten verschmitzt. „Auch ich bin einst durch dieses Sternentor hier her gelangt. Nur war mir das bislang nicht klar. Und mittlerweile ist es so lange her, dass ich mich schon gar nicht mehr recht erinnern kann. Ich verfolgte jemanden. Einen roten Priester, der den Tod meines Freundes verschuldet hat, und trat durch das Tor ohne wirklich zu wissen, was mich überhaupt erwartete. Ich jagte ihn und tötete ihn. Und wurde nach und nach immer mehr zu dem, was ich jetzt bin." Das verschlagene Lächeln, das über ihre Züge huschte, enthüllte mit einem sanften Blitzen die scharfen Zähne und ließen vor Johns innerem Auge die Bilder des Kampfes gegen den Wraith aufleuchten. Sie war in der Tat anders.

„Aber ich bin kein Monster. Um den Kampf gegen den Priester gewinnen zu können, habe ich eine Verbindung mit einem Wesen angenommen das noch viel mächtiger ist, als dieser Scharlatan es jemals hätte sein können. Ich verband mich mit einem Drachen, ging eine Allianz ein, die meine Seele mit der des Drachen verschmolz. Und obwohl ich ihn bereits vor vielen Jahren von dieser Bürde losgesagt habe, ist tief in mir der Funke einer Drachenseele erhalten geblieben und hat dafür gesorgt, dass mein menschliches Wesen mit dem eines Drachen verschmolz. So ist es mir möglich die Existenz anzunehmen, die du in dem Kampf vorhin erkennen konntest."

Nun war es an Sheppard mit offen stehendem Mund zu staunen. Und da sage ihm noch mal jemand, dass seine Geschichten fantastisch seien! Dass Rhyan von der Erde stammte, der selben Erde wie er und alle andern der Atlantis Expedition, verwunderte ihn sehr. In keiner der Datenbanken des SGC hatte er von einem Menschen gelesen, der in andere Welten reiste und nicht zum Stargate Kommando gehörte. Die Sternentore der Erde standen unter strengster Aufsicht und es war unmöglich, unbemerkt hindurch zu gelangen. Es sei denn Rhyan war durch eines der Tore gelangt, bevor sie in Vergessenheit geraten und vom Staub der Zeit begraben worden waren. Doch so lange konnte ein Mensch selbst in einer anderen Welt nicht überleben.

Und dann noch ein Drache. Er war durchaus schon Drachen begegnet und er wusste auch aus Berichten des SG-1 Teams, dass es auf vielen Welten noch immer Drachen gab. Aber dass sie sich mit einem Menschen zusammentaten war eine Wendung, die ihm nicht in den Kopf wollte. Doch er konnte nicht leugnen, dass diese Erklärung dem Erscheinungsbild von Rhyan einen Sinn gab. Allem voran den Augen.

Er kauerte sich neben Rhyan auf den Boden und rieb sich über das müde Gesicht. "Ein Drache, wie?" Sein Lächeln misslang gründlich, was Rhyan jedoch offensichtlich als äußerst amüsant empfand.

„Ein Drache. In der Tat. Und wir werden dir helfen, deine Freunde aus den Klauen der Wraith zu befreien.“ Sie streckte die Hand aus und nahm das mittlerweile durchgegarte Beutetier vom Feuer. Mit geschickten Fingern zerlegte sie es, warf ungenießbare Einzelteile zur Seite und reichte Sheppard dann einen Teil zum Verzehr. Sein Magen knurrte ungeduldig in Erwartung einer warmen Mahlzeit. Das Fleisch sollte ihm genügend Kraft spenden, um schnell wieder auf die Beine zu kommen.

„Wenn das was du sagst der Wahrheit entspricht... und ich habe keinen Zweifel, dass dem so ist... stimme ich mit euch überein, dass man diesen Wraith niemals erlauben darf, die Erde zu finden. Wir werden an eurer Seite kämpfen, das verspreche ich dir. Ihr seid weit von zu Hause fort. Und auch ich bin weit fort, weiter als dass ich jemals wieder dorthin zurückkehren könnte. Aber ich kann euch helfen, unser gemeinsames zu Hause zu schützen.“ Sie lächelte wehmütig, gefangen in längst vergessenen Erinnerungen und John spürte ihre Trauer, die sich unmittelbar neben der Erleichterung hielt, endlich wieder unter ihresgleichen zu sein.

Erschrocken fuhr er zusammen, als eine unerwartet starke Windböe die Flammen des Feuers zuckend höher schlagen ließ, so das tausende kleiner Funken tanzend in den dunklen Himmel aufstiegen. Sein Blick suchte instinktiv nach einem nahenden Unwetter, doch erkennen konnte er nur die sternenklaren Nacht. Und einen schwarzen Schatten, der in einiger Entfernung wendete und auf sie zugeglitten kam. Sein Herz setzte für einen Schlag aus und er sprang alarmiert auf.

„Sei unbesorgt. Uns droht keine Gefahr.“ Rhyan übergab den abgenagten Knochen dem Feuer und sah lächelnd zu dem verwirrten Colonel auf. „Ich ging davon aus, dass du alle deine Allianzpartner kennenlernen möchtest, bevor wir den Kampf gegen die Wraith eröffnen.“

Johns Herz hämmerte wild in seiner Brust, als ihm die Bedeutung ihrer Worte erst bewusst wurde, und er ließ sich behutsam wieder zu Boden sinken, in der Hoffnung, dass man das Zittern seiner Knie nicht bemerken würde.

Der Schatten kam näher, schien einen Moment lang reglos in der Luft zu verharren, ehe er herabsank und außerhalb des Lichtkreises des Feuers den Boden berührte. Die Anwesenheit einer unglaublich mächtigen Präsenz ließ Johns Haut kribbeln und er konnte nicht verhindern, dass er tief in sich den Wunsch verspürte, Hals über Kopf davon zu laufen. Etwas vergleichbares war ihm auf all seinen Reisen durch die Sternentore nur selten begegnet. Voller Ehrfurcht starrte er auf den gehörnten Schädel, der sich nur wenige Augenblicke später in den Feuerschein reckte.

Sheppards erster Gedanke war, dass die Zeichnungen altgermanischer Drachen durchaus keine Erfindung wilder Fantasien waren, sondern einen überaus wahren Kern besaßen. Mächtige geschwungene Hörner wanden sich aus seiner Schädeldecke, umrahmten das Gesicht und schützten den empfindlichen Halsansatz. Zwischen ihnen spannten sich hauchdünne, teils schon gerissenen Häutchen. Auch einige der Hörner wiesen Scharten und Brüche auf. Zwischen den Nüstern bog sich ein kleineres Horn zu den Augen, die von zähen Wülsten eingebettet wurden. Die Augen waren von dem selben leuchtenden Gold-Gelb wie die von Rhyan, strahlten jedoch eine Würde und ein Wissen aus, das John sich mickrig und unbedeutend vorkam, als ihn der Blick aus diesen Augen traf. Die unglaublich zahlreichen kleinen Schuppen schillerten im Feuerschein in einem dumpfen schwarz-rot, fast schon wie geronnenes Blut. Allein diese Reflexion ermöglichte es einem Betrachter überhaupt, den Drachen vor dem nächtlichen Hintergrund zu erkennen. Der Rest des geschuppten Leibes verschmolz mit der Dunkelheit.

„John, es ist mir eine Ehre, dir Arokh vorzustellen. Arokh, das ist Colonel John Sheppard.“

Es war wirklich seltsam einem Wesen wie diesem so förmlich vorgestellt zu werden und Sheppard wusste nicht so recht, wie er mit dieser Situation umgehen sollte. Also neigte er nur leicht den Kopf. Das alles war so überaus... unwirklich. Doch allein die Möglichkeit mit einem derart mächtigen Partner gegen die Wraith zu kämpfen, ließ Sheppards Herz frohlocken. Sie würden eine reelle Chance haben Rodney, Teyla und Ronon zu befreien.

Rhyan riss ihn aus seinen Träumereien. „Morgen werden wir aufbrechen und nach dem unterirdischen Komplex suchen. Aus der Luft können wir ein wesentlich größeres Terrain absuchen als vom Boden aus. Du solltest dich schlafen legen und deine Kräfte sparen.“ Ihr Blick hielt seinem stand, wusste sie doch genau, dass er innerlich voller Unruhe war und am liebsten sofort aufbrechen würde. „Schlaf. Schlaf um deiner Freunde Willen.“

Widerwillig stand er auf und zog sich in den Unterschlupf zurück, um sich auf den Decken auszustrecken. Er fühlte sich derart aufgewühlt, dass er in naher Zukunft kein Auge würde zumachen können. Seine Rippen schmerzten ebenso wie seine Muskeln. An stilles Liegen war nicht zu denken und schon gar nicht an erholsamen Schlaf.

Noch während er sich darüber den Kopf zerbrach, glitt sein Geist davon und umhüllte ihn mit friedlichem Schweigen.

Hunt

Die Sonne stach unbarmherzig vom wolkenlosen Himmel und John war mehr als nur ein bisschen dankbar für den kühlen Schatten des Waldes, als sie sich nahe des Gates zur Rast niederließen.

Zwei Tage waren vergangen. Zwei Tage, in denen sie unablässig gesucht hatten. Es hatte sich als schwieriger als erwartet herausgestellt, den unterirdischen Komplex der Wraith zu finden. Und noch schwieriger war es gewesen, einen geeigneten Zugang zu finden. Die letzten Stunden hatten sie damit verbracht fußläufig das Terrain nahe des auserwählten Einganges zu erkunden. Nichts sollte ihren Plan in Gefahr bringen. Wenn sie erst einmal mit der Rettung von Sheppards Team begonnen hatten, durfte nichts mehr schief gehen.

Mit einem müden Lächeln nahm er die Feldflasche von Rhyan entgegen und genoss das Wasser, das seine ausgedörrte Kehle hinab rann. Er fühlte sich bereits wieder besser, die Schwäche war aus seinen Gliedern gewichen und der Schmerz seiner gebrochenen Rippe war zu einem dumpfen Pochen abgeklungen. Er hatte so viel anderes im Kopf gehabt, dass er gar keine Zeit gefunden hatte, über seinen mangelhaften körperlichen Zustand nachzugrübeln. Wenn er an die Flüge auf dem Rücken des Drachen zurückdachte, durchströmte noch immer pures Adrenalin seine Venen und ließ ihn kindlich grinsen. Er war ein Flieger mit Leib und Seele. Schon immer gewesen. Doch das war eine Erfahrung gewesen, wie er sie noch nie zuvor erlebt hatte. Wie auch. Er war tausend Tode gestorben, als er zum ersten Mal hinter Rhyan zwischen den mächtigen Schultern des Drachen platz genommen hatte und er die Muskeln unter sich gefühlt hatte, wie sie sich für den gewaltigen Sprung gen Himmel spannten. Wind und Geschwindigkeit hatten ihm dann sowohl seinen Atem als auch seine Sicht genommen und ihm nichts als sein wild jagendes Herz gelassen. Dann, als Arokh an Höhe gewonnen hatte, hatte er sich die Tränen aus den Augen gewischt und voller Ehrfurcht auf die weit unter ihm vorbei huschende Ebene geschaut. Es war berauschend. Einfach nur unglaublich und gab Sheppard einen Kick, den er mit keiner Flugmaschine würde erreichen können.

Rhyan hatte sich zu ihm umgedreht und nur verschmitzt gelächelt, als er in jubelndes Gelächter ausgebrochen war.

Er verschraubte die Flasche wieder und packte sie zurück zum Rest ihrer Ausrüstung. Diese Flüge waren gestohlene Zeit gewesen. Zeit, in der er seine erdrückende Sorge in den Hintergrund hatte schieben können. Doch jetzt galt es das Ziel, das sie sich gesetzt hatten und das so nah vor ihren Augen lag, auch zu erreichen. „Wir sollten nicht mehr viel länger warten. Ich habe meinen Leuten bereits viel zu viel zugemutet. Wenn die Mittagshitze vorbei ist, sollten wir angreifen.“

Rhyan saß neben ihm, den Rücken an einen Baum gelehnt und musterte ihn forschend. Und entgegen Johns Annahme erhob sie dieses Mal keinen Wiederspruch, sondern nickte leicht. Sie wusste, sie konnte ihn nicht länger daran hindern, seinem Team zu Hilfe zu eilen. Sie hatte ihr Möglichstes getan, um ihn wieder auf die Beine zu stellen, jetzt blieb ihr nur noch ihr Versprechen einzulösen und an seiner Seite zu kämpfen. Seine blauen Augen strahlten harte Entschlossenheit aus.

„So sei es. Wenn das Glück uns hold ist, können wir es nach Sonnenuntergang wieder nach draußen schaffen. Der Vorteil wird auf unserer Seite sein, wenn die Wraith uns an die Oberfläche folgen und sie Arokh nicht sofort erkennen. Er wird unsere Flucht zum Gate decken.“ Sie streckte die Beine aus und schloss die Augen. „Wir werden deine Freunde da rausholen, das verspreche ich dir!“

John lächelte schwach. Sie kannten sich nicht wirklich lange, aber er hatte bereits herausgefunden, dass er ihr nicht allzu viel vormachen konnte, was seine innere Zerrissenheit anging. Sie schien genau zu spüren, wie sehr ihn die Sorge um diese drei Menschen niederdrückte und an seinen Nerven nagte. Er hatte auf den bisherigen Gate-Missionen bedauerlicher Weise schon das ein oder andere Expeditionsmitglied verloren. Doch sein eigenes Team hatte noch einmal zusätzlich einen vollkommen anderen Stellenwert. Auch wenn er versuchte sich das nicht zu sehr anmerken zu lassen. Es belastete ihn mächtig.

Er beobachtete den Weg der Sonne und entschied, dass die Zeit wie zäher Sirup vorbei strich. Außer ein paar zirpenden Insekten und dem vereinzeltem Gezwitscher von Vögeln, war nichts in der Mittagshitze zu hören. Er wurde träge und schlief ein.

Rhyan weckte ihn sanft aus dem Tiefschlaf, als die Sonne den Zenit bereits um ein gutes Stück hinter sich gelassen hatte. Die Hitze war nicht mehr so drückend wie noch vor ein paar Stunden und vom Meer wehte ein frischer Wind auf die Ebene. Es war Zeit zu gehen.

Ohne ein weiteres Wort zu wechseln packten sie ihre wenige Ausrüstung zusammen, jeder für sich hoch konzentriert auf die vor ihnen liegende Aufgabe bedacht. Es war eine Befreiung, dass das Warten endlich ein Ende hatte und dass sie endlich etwas gegen die missliche Lage von Ronon, McKay und Teyla unternehmen konnten. Doch gleichzeitig nistete sich eine schmerzende Leere in Sheppards Magen ein, die Angst vor der Ungewissheit, ob er zu spät kommen würde.

Er saß hinter Rhyan auf den schwarzen Hengst auf, der sie mühelos die restlichen Kilometer zu dem Eingang trug, durch den sie in den unterirdischen Komplex vordringen wollten. Der Weg zum Stargate würde weit sein, aber sie hatten keine andere Wahl. Für den Fall, dass einer der drei so stark verletzt war, dass eine Flucht zu Fuß nicht mehr möglich erschien, würde Arokh als Verletztentransport einspringen. Der Plan hatte wahnsinnig viele 'Wenns' und 'Abers', die John reichlich Kopfschmerzen bereiteten. Doch er hatte bislang kaum einen Plan erlebt, der nicht voller Eventualitäten gewesen wäre. Nicht hier, irgendwo in einer fernen unbekannten Galaxie.

Markor stoppte auf der Kuppe eines bewaldeten Hügels, von dem aus sie den Eingang bereits sehen konnten. Hier ließen sie alle überflüssige Ausrüstung zurück und legten den Rest der Strecke fußläufig zurück. Weit und breit war kein Wraith zu entdecken, so dass sie ohne Schwierigkeiten den Eingang erreichten und in die Dunkelheit des dahinter beginnenden Tunnel eintauchten. Ein Handicap, welches John nicht bedacht hatte. Er blieb stehen und bemühte sich, seine Augen so gut es eben ging an die Finsternis zu gewöhnen. Doch schon wenige Meter hinter dem Eingang war die Schwärze so allumfassend, dass er nicht einmal mehr seine eigene Hand vor Augen sehen konnte. „Rhyan, warte.“ Er hörte, wie die junge Frau irgendwo vor ihm stehen blieb und sich zu ihm umdrehte. „Ich kann nichts erkennen.“

Sie gab einen Laut von sich, der irgendwo zwischen schuldbewusstem Murmeln und amüsiertem Kichern lag. Sie selbst hatte nicht die geringsten Schwierigkeiten, ihre Nachtsicht erlaubte es ihr sich ganz natürlich in dieser Dunkelheit zu bewegen. Dann spürte er, wie sie seine Hand ergriff und auf ihre Schulter legte. „Halt dich an meinem Shirt fest. Wenn mich nicht alles täuscht, sind es nur die weniger benutzten Nebengänge, die nicht beleuchtet sind. Früher oder später werden wir auf Fackeln stoßen.“ Sie wartete seine Bestätigung nicht ab, sondern wandte sich wieder um und begann vorsichtig tiefer in den Komplex vorzudringen. Sheppard hasste es, derart von jemandem abhängig zu sein und zu seinem Leidwesen verlor er nach einer weiteren Biegung auch endgültig die Orientierung.

Immer wieder blieb Rhyan stehen, lauschte schweigend in die Schwärze hinein. Sie hatte aus den Gedanken des Colonels genug über dessen Freunde erfahren, dass sie deren Präsenz wahrnehmen würde, wenn sie nahe genug an sie herangekommen waren. Nur hatte sie keine Idee, wie weit sich diese unterirdischen Gänge verzweigen mochten. Sie konnten nur einen Joker setzen, welcher derart aussah, dass sie sich in den Bereich begeben würden, in dem die Wraith auch John gefangen gehalten hatten. Die Wahrscheinlichkeit war groß, dass das Team nicht allzu weit voneinander getrennt worden war. Zumindest hoffte Rhyan das.

Zeit und Raum verloren hier unten an Bedeutung. Immer wieder waren sie gezwungen Wege zurückzugehen oder hastig in einen abzweigenden Seitengang auszuweichen, wenn sie vor sich Schritte wahrnahmen. Lediglich das Licht vorbeiziehender Fackeln kündete dann von dem sich nähernden und entfernenden Feind. Es war ein Katz und Maus spiel, dessen Falle jederzeit zuschnappen konnte.

Als sich ihnen wieder einmal Schritte eines einzelnen Wraith nährten, drängte Rhyan den Colonel lediglich hinter die nächste Weggabelung und wies ihn an, still zu sein. Gegen die kühle Steinmauer gekauert warteten sie, bis die Schritte und das Licht auf Höhe der Kreuzung angelangt waren. Dann schnellte die junge Frau aus der Dunkelheit hervor, riss ihrem überraschten Opfer die Fackel aus der Hand und beendete dessen Existenz mit einem gezielten Stich ihres Dolches. Lautlos sackte der Wraith zusammen.

„Hah!“ Rhyans Stimme klang in der dumpfen Stille des Ganges unheimlich und wurde in leisen Echos immer wieder zu ihnen zurückgeworfen. Triumphierend drehte sie sich zu Sheppard, die Fackel wie ein Zepter vor sich haltend. „Damit hätten wir ein Problem weniger. Hoffen wir, dass es noch ein wenig dauern wird, bis die anderen ihren Freund hier vermissen. Jetzt kommen wir wenigstens schneller voran.“

John kam nicht umhin, den letzten Satz als einen Seitenhieb auf sich zu beziehen, schwieg allerdings mit zusammengebissenen Zähnen. Würde er über die selben Fähigkeiten wie seine Begleiterin verfügen, wäre sein Team womöglich gar nicht erst in eine solch prekäre Lage gekommen. Und schließlich hatte sie Recht, Zeit war kostbar.

Schnellen Schrittes huschten sie durch die Gänge. Sie mussten jetzt immer öfter und wesentlich früher vorbeikommenden Wraith-Gruppen ausweichen und Sheppard ertappte sich immer wieder, wie er an seiner Seite nach seiner Waffe tastete, nur um ihr Fehlen schmerzlich zu bedauern. Es war unheimlich in einem Bienenstock umherzustochern, ohne die speziellen Schutzvorkehrungen getroffen zu haben. Andererseits stieg dadurch die Hoffnung, dass sie sich ihren Freunden näherten, erheblich.

In einem kavernenartigen Raum, von dem ein halbes Dutzend beleuchteter Gänge abgingen, machten sie Halt, um sich neu zu orientieren. Rhyan wandte ihren Kopf mal hier hin, mal dorthin, ehe sie die Augen schloss und scheinbar angestrengt lauschte. Ein schwaches Lächeln huschte über ihre Züge. „Das Glück ist auf unserer Seite.“ Sie wandte sich zu Sheppard um und blickte ihm voller Mitgefühl in die blauen Augen. Das unstete Licht der Fackeln ließ die Sorge, die sich über die Tage hinweg in seinem Gesicht eingezeichnet hatte, nur noch deutlicher hervortreten. Nach außen war er unglaublich stark und strotzte vor unbeugsamem Willen. Allerdings hatte sie auch den anderen John Sheppard gesehen, der aus Angst um die Menschen, die ihm am Herzen lagen, wie ein Hund litt und dessen Seele durch die stete Ungewissheit immer weiter zerrissen wurde. Diese Menschen konnten sich glücklich schätzen, jemanden wie ihn als Teamleader zu haben, und es gab ihr einen wehmütigen Stich, dass sie nicht zu diesen Menschen gehörte. Wenigstens konnte sie ihren Teil beitragen und sein Leid zumindest ein Stück weit lindern. Sie hatte die Präsenz von jedem seiner drei Teammitglieder gespürt. Bereits seit einiger Zeit. Und sie hatten sich ihnen kontinuierlich genähert. Doch jetzt war sie sich sicher, dass alle von ihnen noch lebten. „Sie sind ganz in der Nähe. Alle drei.“

Die Erleichterung, die nach diesen Worten über Johns Gesicht huschte, war immens und fast schien es, als würde er um ein paar Zentimeter wachsen, jetzt wo die Hauptlast von seinen Schultern genommen war. „Bist du dir sicher?“ Ganz konnte er seine Zweifel nicht aus der Stimme bannen und Rhyan nickte nur. „Dann los. Wir sollten sie nicht noch länger warten lassen.“

Von diesem Moment an überließ Rhyan dem Colonel den Vortritt und wies ihm lediglich den Weg, wenn sich die Gänge teilten. Es gelang ihnen durch einen weiteren Hinterhalt zwei Wraith auszuschalten und deren Waffen an sich zu nehmen. Rhyan blieb bei ihrem Schwert, welches sie seit einiger Zeit dauerhaft in der Rechten trug. John hingegen war dankbar, endlich etwas in den Fingern zu halten, von dem er wusste, dass er sich damit verteidigen konnte. Zumal er die übrigen Waffen an sein Team würde weitergeben können. Er hatte den Gedanken erwogen auch nach der Ausrüstung zu suchen, die ihnen abgenommen worden war, hatte sich allerdings recht schnell dagegen entschieden. Es war bedauerlich, aber nicht zu ändern. Rodney würde ausrasten und John schmunzelte bei dem Gedanken daran. Wirklich, er hätte nie gedacht, dass ihm diese drei Menschen einmal so sehr fehlen würden.

Rhyan griff nach seinem Arm, als sie sich einer hell erleuchteten Kreuzung näherten und gab ihm mit wenigen Gesten zu verstehen, dass sich in dem nach rechts abzweigenden Gang mindestens vier Wraith aufhielten. Er nickte, ließ sich in die Hocke sinken und spähte behutsam um die Ecke. Der Gang mündete nach nur wenigen Metern in einen offenen Raum. Zwei gesichtslose Drohnen flankierten den Eingang, die anderen Wraith konnte er nur anhand ihrer Schatten in dem Raum dahinter erkennen. Sheppard drehte sich zu seiner Begleiterin um. Bevor er sich den Vieren annahm wollte er absolut sicher sein, dass nicht plötzlich noch eine kleine Armee unerwartet aus einem Nebenraum dazustoßen würde. Das schlichte Kopfschütteln genügte ihm und er hechtete mit einem gestreckten Sprung aus seiner Deckung. Zwei mehr oder weniger schlecht gezielte Schüsse aus dem neu gewonnenen Stunner genügten, und die Drohnen gingen getroffen zu Boden. John rollte sich ab, wobei er das protestierende Zucken in seiner rechten Seite geflissentlich ignorierte, und setzte schnellen Schrittes hinter Rhyan her, die bereits an ihm vorbei auf die zwei Wraith in dem Raum zustürmte. Der der Tür am nächsten stehende beging den Fehler, seinen Kopf in den Gang zu strecken, um nach der Ursache für den plötzlichen Lärm zu sehen. Zu spät erkannte er das herannahende Schwert, das ihm nur wenige Momente später den Kopf vom Rumpf trennte.

Durch den Schwung weitergetragen, stolperte Rhyan durch den Eingang und entging nur knapp einem eigenen Treffer aus dem Stunner des verbliebenen Wraith. Der Schuss streifte sie an der linken Schulter und ließ sie mit einem unterdrückten Schrei zu Boden gehen. Schnell wurde der stechende Schmerz von einem unangenehmen Taubheitsgefühl abgelöst, doch ansonsten schien die Waffe keinerlei Wirkung auf sie zu haben. Sie stemmte sich hoch, doch Sheppard war bereits heran, wich einem weit ausholenden Schwinger des Wraith aus und hämmerte ihm den Griff seiner Waffe gegen die Schläfe. Wütend knurrend wich dieser zurück. Zu langsam. Rhyan schleuderte ihm ihren Dolch hinterher, der sich mit einem satten Schmatzen in die Kehle des Flüchtenden grub und dessen Leben beendete.

Schwer atmend blieben Sheppard und Rhyan wo sie waren, mit allen Sinnen darauf konzentriert, ob der Lärm von anderen Wraith gehört worden war. Doch nichts rührte sich. Noch nicht. „Schnell jetzt. Wir werden nicht mehr lange unbemerkt bleiben, es ist nur eine Frage der Zeit bis andere hier vorbeikommen und die Leichen finden.“ Sheppard querte den Raum mit wenigen weit ausholenden Sätzen und verschwand im nächsten Gang, Rhyan dich auf den Fersen.

Sie waren in einer Sackgasse angekommen, an deren Ende mehrere eisenbeschlagene Türen in den Stein eingelassen waren. John kamen sie nur allzu bekannt vor und weckten unangenehme Erinnerungen, die er mit kalter Entschlossenheit weit von sich schob. Die Tür, auf die Rhyan mit der Spitze ihres Schwertes wies, war abgeschlossen und ließ sich trotz immensem Kraftaufwandes keinen Millimeter bewegen. Frustriert trat der Colonel zurück. Allein diese Tür trennte ihn noch von seinem Team und es machte ihn rasend, dass er sie nicht zu öffnen vermochte. Rhyan schob ihn mit sanfter Gewalt zur Seite, so dass sie Platz genug hatte, um vor dem Schlüsselloch auf die Knie zu gehen. Rasselnd ließ sie die verschiedenen Schlüssel, die an dem Bund eines der getöteten Wraith gehangen hatten, durch die Finger gleiten. Es waren nicht viele und sie vermutete, dass für mehrere Türen ein und der selbe Schlüssel passte. Und tatsächlich, der dritte Versuch ließ den Schließmechanismus knarrend zurückgleiten und öffnete die Tür.

Sie hatte nicht einmal mehr die Zeit den Schlüssel loszulassen, da wurde die Tür bereits nach außen aufgestoßen und schleuderte sie haltlos gegen den hinter ihr stehenden Colonel. Er fing sie ungeschickt auf und ging mit ihr zu Boden. Lediglich einen Schatten konnte er erkennen, der wie ein Derwisch aus der Dunkelheit des hinter der Tür liegenden Raumes auf sie zu schoss, dann warf er sich herum, Rhyan schützend unter sich ziehend. Doch der erwartete Angriff blieb aus.

Sheppard blinzelte vorsichtig unter seiner Achsel hindurch, konnte allerdings nur ein paar schwere Stiefel erkennen. Stiefel, die er nur allzu gut kannte. „Ihre Schnelligkeit in allen Ehren, Ronon, aber in Zukunft sollten sie sich zumindest so viel Zeit lassen, dass sie Freund und Feind unterscheiden können.“ John setzte sich auf und grinste zu dem Krieger auf. Es war offensichtlich, dass er schon bessere Zeiten erlebt hatte, doch die Freude in den Augen des Mannes ließen diese Zeichen weit in den Hintergrund treten. Er neigte leicht den Kopf. „Colonel Sheppard. Wäre es anders, wären Sie und ihre Begleiterin längst tot.“

Sheppard zog eine Grimasse und ließ sich dann auf die Beine helfen. „Sie kommen spät.“

Teyla war unter der Türzarge erschienen, ebenso abgehärmt wie Ronon es war. Die Haut war bedeckt von Schmutz und angetrocknetem Blut, ihre Wangen eingefallen und blass. Trotzdem lächelte sie. „Aber es tut gut, Sie zu sehen.“

John reichte einen Stunner an Ronon weiter. „Ein Mutterschiff ist einfacher zu kapern als dieser verflixte Komplex!“ Sein Blick glitt an Teyla vorbei und suchte die Dunkelheit hinter ihr nach einem weiteren vertrauten Gesicht ab. „McKay! Sie können aus ihrer Ecke hervorkommen, es geht nach Hause.“

Rhyan hob eine Hand, doch Ronon kam ihr zuvor. „Sheppard... Rodney ist nicht bei uns.“

Der Colonel fuhr herum und der Blick, den er Rhyan in diesem Moment zuteil werden ließ, veranlasste sie augenblicklich zum zurückweichen. „Du hast gesagt...“

„John!“ Sie unterbrach ihn mit mühsam kontrolliertem Zorn. Sie konnten es jetzt nicht gebrauchen, sich sinnlos zu streiten. „Ich habe gesagt, dass ich sie alle drei gespürt habe und dass sie alle drei leben. Und das tue ich immer noch. Euer Freund ist ganz in der Nähe.“ Sie wies auf die Tür, die sich ganz am äußersten Ende der Sackgasse befand. „Aber er ist nicht allein.“

„Sie haben ihn geholt, vor weniger als einer halben Stunde.“ Die Athosianerin nickte Rhyan mit einem respektvollen Lächeln zu und nahm dankend den Dolch entgegen, den ihr die junge Frau reichte. „Aber es ist nicht das erste Mal.“

Mehr brauchte Sheppard nicht zu wissen. Er drängte sich an seinen Freunden vorbei und stürmte ohne weiteres Zögern durch die besagte Tür. Die anderen folgten fluchend.

Das Bild, welches sich ihm bot, war ihm auf unangenehme Art und Weise nur allzu bekannt. Rodney kniete mit dem Rücken zur Tür, die Hände auf dem Rücken gefesselt, den Kopf zwischen den langen Fingern des vor ihm aufragenden Wraith. John sprang vor, überwand die wenigen Meter zwischen sich und seinem Freund mühelos und riss den Wraith mit sich zu Boden. Ein Überraschungseffekt war oftmals doch immer noch die beste Variante, einen Kampf zu beginnen. Ineinander verkeilt rollten sie noch ein Stück weiter, weg von Rodney. Mit verschleiertem Blick starrte dieser auf das um sich schlagende Knäul aus Armen und Beinen, ohne jedoch zu verstehen, was das für ihn bedeutete. Sein Bewusstsein schwand, geschwächt von den mentalen Angriffen des Wraith, und hätte Teyla ihn nicht aufgefangen, wäre er haltlos nach vorne direkt auf das Gesicht gestürzt. „Rodney? Rodney! Bleib bei uns, es geht nach Hause.“

Er stöhnte gequält, überzeugt dass es sich wieder nur um eine Täuschung seines Widersachers handelte. Niemand würde nach Hause gehen. Sheppard war bereits tot und nur der Teufel wusste, was in der Zwischenzeit mit Teyla und Ronon geschehen sein mochte. Nein, es war besser wenn er sich dem schwarzen Abgrund jetzt hingab und ebenfalls starb. Dann würde die Bestie niemals an das Wissen in seinem Kopf gelangen.

Jemand durchtrennte seine Fesseln, was er mit mit einem unangenehmen Ziehen in seinen Fingern registrierte, als das zuvor abgeschnürte Blut plötzlich wieder durch seine Adern strömte. Taumelnd kam er auf die Füße. „Rodney, nicht schlappmachen jetzt.“

Das war eindeutig nicht die Stimme eines Wraith. Ganz und gar nicht. Zitternd öffnete der Wissenschaftler seine Augen und begegnete dem grimmigen Blick von Ronon, welcher sich allerdings augenblicklich in ein breites Grinsen verwandelte. „Na, wer sagt's denn.“

Noch bevor Rodney auch nur eine Chance hatte eine Frage zu stellen, wurde er auf dem Absatz umgedreht und zur Tür bugsiert. Er wehrte sich nicht und war ausgesprochen dankbar für die Stütze, die der große Krieger ihm bot. Dennoch warf er einen erschrockenen Blick über die Schulter zurück zu dem Wraith, der noch immer in einen heftigen Kampf mit seinem Angreifer verwickelt war. Hatten sich seine Augen doch nicht getäuscht, als er glaubte, dass Sheppard ihn aus dieser Misere befreit hatte? Sollte das heißen sein Freund lebte noch und gab sich grade alle Mühe, diesen Umstand doch noch zu ändern?

Der Wraith befreite sich aus dem hartnäckigen Klammergriff des Colonels und schleuderte ihn mit einem verachtenden Knurren von sich. Nichts hatte ihn vor dem Erscheinen dieser Menschen gewarnt und die Tatsache, dass er bei dem Menschen, den sie McKay nannten, unmittelbar vor einem Durchbruch gestanden hatte, hatte ihn in seiner Aufmerksamkeit unachtsam werden lassen. Hass stieg in ihm auf und er setzte Sheppard nach, der in einer dichten Staubwolke nahe der Tür aufkam und für einige Herzschläge benommen liegen blieb. Die anderen Menschen entkamen in diesem Moment durch die offen stehende Tür, nur eine Frau blieb zurück und rannte ebenfalls los, um vor dem Wraith bei dem Colonel anzukommen.

Rhyan gewann das Rennen, packte John am Arm und half ihm aufzustehen. Er schüttelte sich, um den Nebel vor seinen Augen loszuwerden, wäre dabei jedoch fast wieder zusammengebrochen. Er stützte sich wankend an der rauen Mauer ab. Er hörte Rhyan irgendetwas rufen und spürte, wie sie verzweifelt an seinem Arm zerrte. Dann trieb heißer Schmerz die drohende Ohnmacht zurück und katapultierte ihn zurück ins Hier und Jetzt. Warmes Blut rann Sekunden später über seine Brust und seinen Bauch. Der Wraith hatte ihn nur noch mit den Fingerspitzen erreichen können.

Von Rhyan vorwärtsgezogen taumelte er durch die Tür und hinaus in den Gang, an dessen Ende er grade noch Teyla und Ronon ausmachen konnte, die Rodney in ihre Mitte genommen hatten und so schnell es ging flohen. Hinter ihm fauchte der Wraith in bodenlosem Zorn.

Die schwere eisenbeschlagene Tür fiel mit einem ohrenbetäubenden Dröhnen ins Schloss, als Rhyan sie hinter sich zuwarf und mit fliegenden Fingern ihren Dolch zwischen Türblatt und Zarge rammte, dass sie vorerst verkeilt sein würde. Es würde den Wraith nicht aufhalten, aber es würde ihnen Zeit verschaffen.

Sie wechselte einen kurzen grimmigen Blick mit Sheppard, dann rannten sie Schulter an Schulter hinter Ronon und Teyla her, um einen Weg nach draußen zu finden.

Escape

Es war ein Alptraum. Der reinste Weltuntergang. Rodney kam sich vor wie in einer schlechten Parodie des Labyrinths in „Alice im Wunderland“. Sie hetzten durch die verwinkelten Gänge des Komplexes und schon bald war es ihnen nicht mehr möglich, den versprengten Gruppen der Wraith auszuweichen. Es wurden immer mehr und der Wissenschaftler verlor schon bald sein letztes Bisschen Hoffnung, jemals wieder lebend das Tageslicht zu sehen. Immer wieder wurde er auf dem Boden abgesetzt, wenn sich seine Freunde einem weiteren Gefecht stellen mussten. Die ersten paar Male hatte er noch versucht zu helfen, was Ronon jedoch durch einen scharfen Befehl in seine Richtung schleunigst wieder unterbunden hatte. Er machte Rodney ohne großes Federlesen klar, dass er die Lage nur verschlimmerte, wenn er in seinem Zustand versuchte einzugreifen. Frustriert hatte sich der Wissenschaftler gefügt und hielt sich seither Augen und Ohren zu, um das Chaos nicht mitbekommen zu müssen.

Sheppard und Ronon hatten die Spitze der kleinen Gruppe übernommen und schlugen sich mühsam den Weg frei. Rhyan übernahm den Schluss und versuchte so gut es eben ging, ihnen den Rücken freizuhalten. Teyla blieb die ganze Zeit über nahe bei Rodney. So kämpften sie sich Schritt für Schritt näher dem rettenden Ausgang entgegen.

Draußen dämmerte bereits der Morgen, als die kleine Gruppe dann endlich aus dem stickigen Tunnel nach draußen stolperte. Um sie herum breitete sich nichts als die hügelige Ebene aus und der Wald war weiter entfernt, als sie beabsichtigt hatten. Der direkte Weg zu dem eigentlich geplanten Ausgang war ihnen verwehrt worden und so waren sie gezwungen gewesen auf Teufel komm raus kreuz und quer durch das Labyrinth des Komplexes zu fliehen. Immerhin waren sie den engen Gängen überhaupt entkommen.

Rodney machte noch einige unsichere Schritte, ehe seine erschöpften Beine ihm ihren Dienst verweigerten und er mit einem kaum hörbaren Seufzten zusammensackte. Ihm fehlte sogar die nötige Kraft, seinen Unmut laut kund zu tun. Er wollte nur noch hier sitzen bleiben und beten, dass der Schmerz in seinen Gliedern und diese maßlose Erschöpfung endlich ein Ende nahmen.

Wiederwillig gönnte Sheppard ihm einige Augenblicke des freien Durchatmens, ohne jedoch den Ausgang, durch den sie gekommen waren, aus den Augen zu lassen. Dieser unterirdische Komplex glich in erschreckender Weise einem weit verzweigten Kaninchenbau, mit für seinen Geschmack viel zu vielen verborgenen Ausgängen. Jederzeit konnte eine Horde rachsüchtiger Wraith wie aus dem Nichts über sie kommen und sie hatten kaum noch die Mittel, um sich in einem solchen Falle erfolgreich zur Wehr setzen zu können. Die Tatsache, dass sie viel weiter vom Stargate entfernt waren als ursprünglich geplant, veranlasste seinen Magen sich schmerzhaft zusammenzuziehen und ließ seine Sorge ins schier Unermessliche Steigen. McKay war kaum in der Lage eine längere kraftzehrende Flucht zu überstehen, was er ihm dieses Mal auch in keinster Weise zum Vorwurf machen konnte. Gegen den mentalen Angriff eines Wraith zu bestehen erforderte alle Kraft, die ein Mensch im Stande war aufzubringen. Doch viel länger zögern durften sie auch nicht, ansonsten würde ihre Flucht vollkommen umsonst gewesen sein.

Wie um seine Furcht zu bestätigen, warf Teyla ihm einen gehetzten Blick zu. „Wir müssen weiter, Colonel. Sie werden bald hier sein.“

John nickte müde und ging neben dem noch immer schwer atmenden Wissenschaftler in die Hocke.

„Lasst mich zurück.“ Die Worte waren kaum hörbar, doch Sheppard hatte sie sehr wohl vernommen und bedachte seinen Freund mit einem verwunderten Stirnrunzeln. Rodney hatte nie zur Selbstopferung geneigt, ganz im Gegenteil. Um so mehr erstaunte und erschreckte ihn diese plötzliche Aufforderung. „Ich halte euch nur auf. Lasst mich zurück... und versprecht mir schnellst möglich mit einer ganzen Armada aus Atlantis zurück zu kommen.“

Sheppard lächelte schief. Es bewegte ihn tief, dass der Wissenschaftler diese Möglichkeit in Betracht zog, aber Rodney müsste es eigentlich besser wissen. John ließ niemals ein Mitglied seines Teams oder irgendeinen anderen unter seiner Obhut stehenden zurück. Und so fügte er seiner Antwort auch mehr Schärfe bei, als im Grunde nötig gewesen wäre. „Hören Sie auf dummes Zeug zu reden und stehen Sie auf. Wir müssen es nur bis zum Wald schaffen. Dort können wir uns verschanzen und die Wraith zurückschlagen. Dann können Sie sich zurücklehnen und die Füße hochlegen, verstanden McKay?“ Er glaubte selbst nicht an das was er da sagte, aber im Moment war nur wichtig, dass er überzeugend genug klang, um Rodney von seinen selbstmörderischen Gedanken abzubringen.

„Sheppard!“ Teyla war unmittelbar hinter ihm und sprach so leise, dass nur er sie verstehen konnte. Doch das Drängen in ihrer Stimme war Hinweis genug, dass ihnen die Zeit davon lief. Er legte Rodney eine Hand auf die Schulter und stand auf. „Kommen Sie, hoch mit Ihnen!“ Doch der Wissenschaftler blieb einfach sitzen. „Zwingen Sie mich nicht dazu, Sie zu tragen!“

Rodney blickte entsetzt auf, doch Rhyan hatte eine bessere Lösung. Sie stieß einen erstaunlich lauten und langen Pfiff aus. „Können sie reiten, Dr. McKay?“

Im Grunde war es kaum möglich, doch Rodneys Gesichtszüge entgleisten tatsächlich noch ein Stück mehr und er erblasste erkennbar. Noch bevor er eine entsprechende Antwort geben konnte, besiegelte Sheppard sein Schicksal. „Ob er es kann oder nicht, er wird es müssen. Und wenn wir ihn festbinden.“

Das dumpfe Dröhnen von Hufen auf trockener Erde kündigte das Erscheinen von Markor an und Rodney schloss entsetzt die Augen, als er das gewaltige Ross zu Gesicht bekam. In der Tat, diese Mission entwickelte sich grade für ihn im Besonderen zu einem einzigen Alptraum. Zu allem Überfluss war ihm die Ausweglosigkeit ihrer Lage aber auch so bewusst, dass er ganz genau wusste, dass es keine andere Möglichkeit für ihn geben würde. Also stand er mit zitternden Knien auf. Er würde dieser Schande mit Würde entgegentreten.

„Haben Sie keine Angst.“ Rhyans Lächeln war voller Wärme, als sie den Wissenschaftler von hinten an den Hüften ergriff und mit einer Leichtigkeit auf den Rücken des großen Tieres hob, als wäre er ein Fliegengewicht. Perplex starrte er sie an und registrierte erst mit dem zweiten Blick, wie tief der Boden unter ihm war. Ängstlich presste er seine Beine an den warmen Pferdeleib und schlang seine Finger in die dichte Mähne. „Niemand fällt von Markors Rücken, es sei denn er will es so. Bei ihm sind Sie sicher. Sicherer als wir sein werden, vertrauen Sie mir.“

McKay schluckte und nickte dann steif. Er glaubte der Frau kein bisschen, auch wenn er sich nichts mehr wünschte, als dass sie Recht haben mochte. Sie würden schon sehen wie schnell er von diesem Riesenvieh herunterfliegen würde. Dann würde er sich vermutlich das Genick brechen und das Team hätte ein Problem weniger. Auch gut, wenn es nur auf diesem Wege ging. Rodney verzog das Gesicht.

In dem Moment geschah genau das, was Sheppard insgeheim schon die ganze Zeit erwartet hatte. Aus der Dunkelheit des Ganges, aus dem sie wenige Minuten zuvor getreten waren, ergoss sich ein wahrer Schwall bewaffneter Wraith. Und auch hinter einem etwas zurückgelegenen Hügel kam ein Trupp von ca. fünfzehn Wraith hervor. Sie alle kamen in erschreckendem Tempo auf die kleine Gruppe zu. „LAUFT!“

Von dem Anblick des sich weit in der Überzahl befindenden Feindes angetrieben, verfielen sie augenblicklich in einen Sprint, dem rettenden Wald entgegen. Jetzt zählte es, alles oder nichts. Fielen sie in die Hände der Wraith, wäre alle Hoffnung gestorben. Es stand außer Frage, dass sie dieses mörderische Tempo länger als ein paar Minuten durchhalten würden. Doch das war in diesem Augenblick vollkommen egal.

McKay warf auf dem Rücken des Pferdes einen furchtsamen Blick zurück, nur um zu erkennen, in welch erschreckender Geschwindigkeit der Abstand zwischen seinen Freunden und den Wraith schmolz. Sie würden nicht einmal den nächsten Hügel erreichen.

Markor hingegen hatte denn Kamm der Erhebung bereits erreicht und wandte sich nun um, um scheinbar ebenfalls einen Blick zurück werfen zu können. Sein Kopf ruckte unwillig, dann stieß er ein berstendes Wiehern aus, das laut über die Ebene hallte. Es war, als wäre das Tier genau so verzweifelt wie Rodney in diesem Moment. Seine Freunde würden sterben und es gab nichts, was er dagegen unternehmen konnte.

Er zuckte zusammen, als unerwartet ein Schatten über ihn hinweg huschte und für einige Herzschläge die Sonne verdunkelte. Blinzelnd versuchte er vor der morgendlichen Helligkeit des Himmels etwas zu erkennen, in der wilden Hoffnung, dass es sich vielleicht um einen Jumper aus Atlantis handelte. Doch statt dessen sah er einen dreieckigen Fleck, der sich rasend schnell der Linie von Wraith näherte. In seinem ganzen Leben hatte Rodney noch nie einen so großen Vogel gesehen.

Keine Sekunde später ging die vorderste Front der Wraith in einer gewaltigen Feuerlohe unter. Schreie wurden laut und eine zweite mächtige Wolke aus rot-bläulichem Feuer ließ den Ansturm der Monster endgültig ins Stocken geraten. Mit offen stehendem Mund starrte Rodney auf das Bild der absoluten Verwüstung und folgte dann dem dreieckigen Schatten, der sich nach dem erfolgten Angriff grazil zurück in den Himmel schraubte. Er meinte zu erkennen, wie sich das Sonnenlicht funkelnd auf einer Unzahl rötlich schimmernder Schuppen brach. Erschüttert nahm McKay die Existenz des Drachen zur Kenntnis.

Rhyan brüllte irgendetwas und fuchtelte wild mit dem Schwert in der Luft herum. Sie konnten es schaffen, die ersten Bäume des nahen Waldrandes waren keinen Kilometer mehr entfernt und der Feind war geschwächt und zögerte, die fliehenden Menschen zu verfolgen. In einer letzten Kraftaufbringung hetzte das Team den Hang des Hügels hinauf und auf den Schatten des Waldes zu.

Nachlässig gezielte Schüsse aus den Stunnern der Wraith machten ihnen nur wenige hundert Meter vor dem Ziel klar, dass das Rennen noch nicht gewonnen war. In versprengten Kleingruppen schlossen sie wieder zu den Fliehenden auf, offensichtlich in dem Versuch, sie seitlich in die Zange zu nehmen. Sheppard ächzte und warf seine ohnehin nutzlose Waffe schließlich von sich, um allen unnötigen Ballast loszuwerden und schneller laufen zu können. Seine Lungen schmerzten bereits wie Feuer und ließen jeden Atemzug zu einer Qual werden, und er zweifelte nicht daran, dass es den anderen besser erging.

Über ihm erklang ein markerschütterndes Brüllen und er wurde beinah von dem urplötzlich aufkommenden Sturm von den ohnehin geschwächten Beinen gerissen, als Arokh einem Falken gleich aus dem Nichts auf sie niederstieß. Sheppard glaubte fast, das mächtige Tier würde auf der Erde aufschlagen wie ein Meteorit, als der Drache mit einem lauten Knall die Flügel entfaltete, dicht über ihren Köpfen vorbeischoss und direkt auf die Wraith zuhielt. Die Panik, die auf dieses Manöver hin unter den Wraith ausbrach, war beinahe schon erheiternd. Wie Stoffpuppen wurden sie von den Füßen gehoben und haltlos durch die Luft geschleudert.

Dann riss sich der Colonel von dem Anblick los und folgte dem Rest seines Teams in das Dickicht des Waldes. Insgeheim hatte er nicht mehr geglaubt, dass sie es bis hierher schaffen würden und die Erleichterung, die ihm dieser Irrtum bescherte, ließ ihn trotz der allumfassenden Erschöpfung lachen.
 

Seine Welt schien zu kippen, im selben Moment wo seine Füße wieder festen Boden spürten. Taubheit. Taubheit in seinen Beinen, seiner Brust, tief in seinem Innern. Er hörte die erleichterten Stimmen seiner Freunde um sich herum, aber er konnte sich nicht mit ihnen freuen. Sie wussten nicht was er wusste. Sie wussten nichts von seinem Versagen.

Rodney sank beinah lautlos am Fuße einer mächtigen Föhre zusammen. Wenn sein Herz jetzt aufhören würde zu schlagen, er würde es nicht bedauern. Er war nutzlos, seine ganze eingebildete Selbstliebe war völlig sinnlos, wenn er in solch wichtigen Momenten so drastisch versagte.

Durch sein eingeschränktes Sichtfeld, verursacht durch die gähnende Dunkelheit, die sich am Rande seiner Augen immer mehr zusammenzog und das Bild vor ihm verschwimmen ließ, erkannte er Sheppard, der sich neben ihm in die Hocke sinken ließ und ihn mit einem seiner verwegenen Grinsen bedachte. „Alles in Ordnung mit Ihnen?“

Der Wissenschaftler wünschte sich nichts sehnlicher, als die tröstende Hand des Colonels von seiner Schulter stoßen zu können. Er wollte ihm ins Gesicht schreien das nichts, aber auch gar nichts gut war. Doch ihm fehlte die Kraft, um auch nur ein Wort heraus zu bringen.

Als er nicht antwortete, spürte er, wie ihm etwas gegen die Lippen gedrückt wurde und Sheppard seinen Kopf mit sanfter Gewalt in den Nacken zwang. Durst. Diese Erkenntnis durchzuckte seinen Geist wie ein Paukenschlag und er trank gierig aus der Flasche seines Freundes. Tatsächlich schien sich die Dunkelheit danach ein wenig zu lichten und auch seine Glieder fühlten sich nicht mehr so unwahrscheinlich schwer an. Nach einem tiefen Atemzug öffnete er seine Augen wieder. Ein Powerriegel, eingeschlagen in buntes Silberpapier, war das erste, was sein Blick klar fokussieren konnte.

„Ich hätte nie geglaubt, dass ich das tatsächlich einmal freiwillig mache. Aber das hier ist mein Letzter, nur dass Sie ihn im Augenblick dringender benötigen als ich.“ Sheppard zwinkerte ihm verstohlen zu, doch anstatt wie erwartet über das dargebotene Präsent herzufallen, wandte Rodney nur den Kopf ab. Verblüfft tauschte John einen Blick mit den anderen. „Rodney, was ist los mit Ihnen?“

Diese Schmach fraß ihn innerlich auf und am liebsten würde er jetzt vor sich selbst davonlaufen. Doch Rodney wusste, dass er so nur noch mehr Schuld auf seine Schultern laden würde. Er konnte seinen Freunden nicht in die Augen schauen. Von jetzt an wahrscheinlich nie wieder. Doch die Wahrheit musste ausgesprochen werden, damit Gegenmaßnahmen ergriffen werden konnten.

„Ich habe versagt.“ Mein Gott, seine Stimme klang so lächerlich dünn und weinerlich. Passend zu dem Taugenichts, der er war.

John, der bereits im Aufstehen begriffen gewesen war, sank zurück in die Hocke und musterte seinen Freund mit besorgter Nachdenklichkeit. Rodney konnte hören, wie auch die anderen verstummten und näher zu ihm herantraten. Es gab kein Zurück.

„Ich hatte fast keinen Willen mehr, keine Kraft mehr gegen die mentalen Angriffe des Wraith zu bestehen.“ Zitternd atmete er ein. „Ich habe den Lärm draußen vor der Tür gehört, ich habe... Sheppard gesehen, wie er den Wraith angriff. Ich war abgelenkt. Nur für einen winzigen Bruchteil einer Sekunde habe ich in meiner Konzentration nachgelassen. Die Hoffnung war so wunderbar befreiend, die in diesem Augenblicken durch mich hindurchgeströmt ist, dass ich nachlässig wurde.“

Hilfesuchend wandte er nun doch seinen Blick zu seinen Freunden und versuchte die verschiedenen Mienen zu lesen. Doch sie schienen nicht zu verstehen, da er nichts von dem abstoßenden Hass in ihren Augen erkennen konnte, den sie ihm in diesem Falle zuteil werden lassen würden. „Ich war abgelenkt und der Wraith konnte meine Barrieren sprengen. Jetzt weiß er alles. Alles. Die Anwahladresse sowohl für Atlantis als auch für die Erde. Die Koordinaten. Meine... meinen Identifizierungscode.“ Seine Stimme versagte endgültig und er verbarg sein Gesicht in seinen Armen, sich innerlich gegen die verbalen Attacken des Colonels wappnend.

Doch John schwieg.

Und Rodney wusste nicht, was in diesem Moment schlimmer war. Er hatte es nicht ein einziges Mal in der kurzen Zeit, in der er den Colonel kannte, erlebt, dass es diesem derart die Sprache verschlug. Tatsächlich war das, was er soeben zu hören bekommen hatte, eine unglaubliche Katastrophe. Aber John Sheppard sprachlos zu erleben... McKays Herz zog sich schmerzhaft zusammen.

„Es war grauenvoll. Dieses Monster in meinem tiefsten Innern zu spüren...“ Seine Stimme versagte. Was sollte er auch noch weiter hier herum stammeln? Was gesagt werden musste, war gesagt worden. Von nun an war es vermutlich besser, wenn er einfach seinen Mund hielt.

Er zuckte zusammen, als er ein weiteres Mal Sheppards Hand auf seiner Schulter ruhen spürte. Sanft, trostspendend. Einen Schlag erwartend war diese stille Berührung mehr, als Rodney ertragen mochte. Warum schrieen sie ihn nicht an? Warum verurteilten sie ihn nicht für sein Versagen?

„Es ist nicht Ihre Schuld, Dr. McKay.“ Es war Teyla und als Rodney seine Augen wieder öffnete wurde er sich erst bewusst, dass alle drei Mitglieder seines Teams um ihn herum versammelt waren. Teyla hatte sich neben ihn an den Baum gesetzt. Ronon hatte es Sheppard gleich getan und war in die Hocke gesunken. Sie alle blickten ihn aus ernsten, traurigen Augen an. „Sie haben mit dem Wraith gekämpft und ihn zurückgeschlagen. Doch unsere Gefangenschaft währte bereits zu lange, als dass Sie sich noch viel länger gegen ihn hätten auflehnen können. Niemand von uns hätte das gekonnt.“ Als der anklagende Blick des Wissenschaftlers zu Sheppard schweifte, lächelte die Athosianerin leicht. „Auch der Colonel nicht.“

„Rodney...“ Johns Stimme war ungewöhnlich leise. „Teyla hat Recht. Es ist nicht deine Schuld. Wenn überhaupt dann ist es meine Schuld. Meine Schuld, dass ich nicht aufmerksam genug gewesen bin, meine Schuld, dass ich nicht schneller zu euch zurückgekommen bin. Dann wäre all das nicht passiert.“ Er blickte seinem Freund eine ganze Zeit schweigend in die Augen. Diese ganze Schuld hin und her Schieberei war ohnehin zwecklos. Jetzt stand die Schadensbegrenzung im Vordergrund. Er gab Rodney einen Klaps seitlich gegen den Kopf, bevor er sich wieder aufrichtete und jeden Einzelnen seines kleinen Teams eingehend musterte. „Es sollte klar sein, was von jetzt an wichtig ist. Wir können diesen Planeten nicht verlassen, ohne den Wraith mit diesem brisanten Wissen entkommen zu lassen. Sein Tod ist unser Ziel.“ Die Entschlossenheit, mit der Sheppard das sagte, ließ den Wissenschaftler schaudern. Ebenso wie die Vorstellung, noch einmal in diese unterirdischen Katakomben eintauchen zu müssen.

Aber einen anderen Weg würde es für sie nicht geben. Sollte der Wraith die Möglichkeit erhalten, sein Wissen tatsächlich an außenstehende Kolonien weiterzugeben, wären weder Atlantis noch die Erde sicher. Die Tarnung, die sich Atlantis so mühsam aufgebaut hatte und welche die Wraith glauben machen sollte, dass sich die Stadt bei dem Angriff der Basisschiffe vor einigen Monaten selbst zerstört hatte, wäre dahin. Die Koordinaten der Erde, ihr Platz in der Milchstraßen-Galaxie, wären nicht länger unbekannt und eine Invasion könnte nicht länger verhindert werden. Zumal diejenigen Wraith, die im Besitz von Rodneys ID-Code wären, ungehindert jedes Stargate würden anwählen und durchschreiten können, da die ahnungslosen Menschen auf der anderen Seite ihn, Dr. Rodney McKay, erwarten würden. Wahrlich ein Katastrophenszenario!

„Es wird nicht genügen nur den Wraith auszuschalten, der die Informationen aus McKay herausgepresst hat. Er wird sein Wissen teilen, mit all seinen Brüdern hier auf diesem Flecken Erde.“

Sheppard bedachte Ronon mit einem unergründlichen Blick. „Doch, das wird es. Er ist das Alpha-Männchen und er wird nicht wollen, dass neben ihm noch ein anderer Wraith über dieses wertvolle Wissen verfügt. Er ist zu egoistisch, viel zu sehr darauf bedacht sich zurück in die große Gemeinschaft zu bekommen. Was mit den anderen passiert, ist ihm denke ich relativ egal. Dennoch,“ Ein bösartiges Lächeln huschte über seine Züge, „werden wir so viele Wraith eliminieren wie uns möglich ist.“

Ronon stellte nicht in Frage, weshalb sich der Colonel über diesen Umstand so sicher war. Das Verhalten von Sheppard ließ keinen Zweifel an dessen Wahrhaftigkeit und der Krieger würde sich damit zufrieden geben, jeden Wraith, der ihm begegnete, zu töten. Trotzdem gab es noch eine weitere Frage, die geklärt werden musste. „Warum hat Atlantis bislang nicht nach uns gesucht?“

Das Schweigen, welches auf diese Frage folgte, war niederschmetternd. Jeder einzelne von ihnen hatte sich diese Frage bereits mehrfach im Stillen gestellt und keine plausible Antwort gefunden. Aber es war unmöglich, dass Elizabeth sie so ohne weiteres abschrieb. Es musste eine Erklärung geben, die sie bislang noch nicht gefunden hatten.

Rodney brachte sich mit einem unwilligen Stöhnen wieder ins Gedächtnis der anderen. Es war ihm kaum möglich die Augen offen zu halten, doch scheinbar hatten seine Freunde das Offensichtliche noch nicht verstanden. Also würde er wieder einmal ihre unwissenden Geister erleuchten müssen. „Wenn zumindest einer von euch ein einziges Mal wissenschaftlich über diese Frage nachgedacht hätte, dann wäre euch klar, warum wir nicht gefunden werden konnten.“

Der zickige Unterton in seiner Stimme war erstaunlich und bewies Sheppard nur ein Mal mehr, dass McKay wesentlich widerstandsfähiger war, als er vorgab zu sein. Finster blickte er auf den Wissenschaftler nieder. „Ich dachte, dass Sie Mitglied meines Teams wären und das Ihnen in dieser Funktion diese Aufgabe zuteil wird.“

Rodney murmelte irgendetwas unverständliches und stemmte sich mühsam in eine aufrechtere Haltung. „Aber es würde nicht schaden, wenn ihr alle ein wenig mehr wissenschaftlicher denken würdet.“ Beleidigt musterte er seine Freunde. „Wir sind hier schließlich auf diesen Planeten gekommen, weil die Antiker-Datenbank Hinweise auf einen möglicherweise verlassenen Außenposten signalisiert hat. Wenn ihr euch erinnert, haben wir trotz intensiver Suche nichts erkennen können. Laut meines PDA hätten wir den Posten bereits längst erreicht haben müssen, als... ja als uns die Wraith überfielen.“

Ronon, der lässig an einem umgestürzten Baumstamm lehnte, lächelte kalt. „Wo wir doch gleich bei dem Thema wären, wer die Schuld an dieser Miesere trägt. Vielen Dank auch, Dr. McKay.“

Der Wissenschaftler schaute den Krieger verunsichert an und schien einen Moment ernsthaft über eine passende Antwort nachdenken zu müssen. Aber im Grunde lag es ja auf der Hand. „Nicht ich trage die Schuld, dass wir diese Biester ein Mal mehr auf uns aufmerksam gemacht haben.“ Sein gekränkter Blick wanderte unverhohlen zu Sheppard. „Hätte unser werter Colonel nicht ohne nachzudenken an diesem Jäger herumgepfuscht...“

„Genug jetzt!“ John war dieser Kindergartenstreit wirklich mehr als über. Wer auch immer nun die Schuld an ihrer Lage trug, wichtig war es jetzt, einen Ausweg aus diesem Alptraum zu finden. „Rodney, Ihre Vermutung.“

McKay nickte, ganz offensichtlich immer noch unzufrieden ob dieser ungerechten Anschuldigung. Doch er fügte sich. „Also gut. Wir haben nichts gefunden und sind dann von den Wraith in dieses unterirdische Labyrinth verschleppt worden. Habt ihr die Türen gesehen? Die Antiker-Ruinen aus der Datenbank müssen sich in diesen Katakomben befinden, eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Und ich nehme an, dass sie noch immer gut nach Außen hin abgeschirmt sind. Andernfalls hätten wir diesen Umstand sofort erkennen müssen, nachdem wir hier angekommen sind.

Wenn Dr. Weir nun einen Suchtrupp aus Atlantis losgeschickt hat, wird sie die selben Probleme wie wir gehabt haben. Und da wir uns innerhalb des abgeschirmten Bereiches aufgehalten haben...“

„Konnten ihre Sensoren uns nicht erfassen.“ Mutlos ließ Sheppard die Schultern sinken. Es war tatsächlich schlimmer, als er angenommen hatte. Er wusste nicht mit Sicherheit, wie viel Zeit sie tatsächlich in diesem unterirdischen Komplex verbracht hatten. Doch von Rhyan wusste er, dass sie ihn erst nach mehreren Tagen aus der Gefangenschaft befreit hatte.

Die planmäßige Rückmeldung nach Atlantis war für den Abend ihrer Abreise vorgesehen gewesen und da schon diese Meldung ausgeblieben war, musste Elizabeth noch am selben Tag Maßnahmen für eine Suchaktion getroffen haben. Bestenfalls waren sie, oder zumindest er, fünf Tage im abgeschirmten Bereich gewesen. Fünf Tage, in denen die Suche auf Hochtouren gelaufen sein konnte, ohne zu einem Erfolg zu führen. In diesem Falle würden sie als verschollen gelten. Atlantis hatte nicht die Ressourcen dauerhaft nach einem verlorenen Team zu suchen, selbst wenn es das beste Team war, welches die Stadt vorzuweisen hatte. Und schon gar nicht, wenn es nicht einmal den Hauch eines Hinweises gab, wo sich die Vermissten befinden könnten.

Mit einem tiefen Seufzen strich sich Sheppard das wirre schwarze Haar aus der Stirn. Er musste nachdenken, doch die Erschöpfung ließ seinen Geist nur noch sprunghafte Ideen bilden, eine gefährlicher als die vorangegangene. Mein Gott, sie saßen wirklich in der Patsche. Atlantis musste über die Lage informiert werden. Dringend. Andernfalls war die Stadt einer Attacke durch die Wraith schutzlos ausgeliefert. „Ok, wir bleiben bei unserem Plan und versuchen das Stargate zu erreichen und Atlantis anzuwählen. Wir müssen sie zumindest warnen, dass die Tarnung vermutlich dahin ist und ein plötzlicher Überfall der Wraith deshalb nicht mehr ausgeschlossen werden kann.

Von jetzt an arbeitet die Zeit gegen uns. Die Wraith auf diesem Planeten sind im Besitz einiger Jäger, soviel wissen wir. Das bedeutet, dass wir nicht ausschließen können, dass sie auch in der Lage sind eines der Basisschiffe zu kontaktieren. Sollte das passiert, waren wir zu langsam!“ Entschlossen richtete er sich auf, der Schlaf würde einmal mehr warten müssen.

„Es wäre besser, wenn zumindest einer von uns zurückbleibt und die Wraith im Auge behält.“ Ronon lehnte noch immer an dem Baum und ließ seinen grimmigen Blick durch das dichte Blattwerk wandern, hinaus auf die Ebene. Kein Zweifel wen er mit dieser Aussage meinte. Er selbst würde zurückbleiben. „ So haben wir dann immer noch die Option, einem bevorstehenden Angriff rechtzeitig zu begegnen.“

„Zumal Dr. McKay kaum einen weiteren Gewaltmarsch wie den zum Gate überstehen würde.“ Der Wissenschaftler hatte die Augen geschlossen und lehnte leicht zur Seite geneigt an Teylas Seite. Die Athosianerin wirkte ernsthaft besorgt. „Wir müssen damit rechnen, dass das Tor von den Wraith bewacht wird, und dass wir nicht ohne ein weiteres Gefecht zum DHD gelangen werden, geschweige denn in die Nähe des Ringes.“

Jeder der Anwesenden konnte deutlich erkennen, wie Sheppard unter der innerlichen Zerrissenheit beinah auf die Knie ging. Zu viele Hindernisse, zu viele Dinge auf die sie achten mussten. Er könnte versuchen, sich seinen eigenen Weg freizukämpfen und allein nach Atlantis zurückzukehren. Doch er konnte unmöglich sein Team hier zurücklassen und einer ungewissen Zukunft ausliefern. Wer garantierte ihm denn, dass er es schaffen würde und dass Atlantis es schaffen würde, rechtzeitig Hilfe zu senden?

„John.“ Es war Rhyan, die neben ihn getreten war und ihm behutsam eine Hand auf die Schulter gelegt hatte. Ihre Augen blickten ihn mitfühlend an, ohne jedoch die harte Entschlossenheit zu verbergen, die ihm aus ihnen entgegen leuchtete. Sie wusste, wie sehr es ihm widerstrebte, das Team zu splitten. Doch ihr war auch bewusst, dass es keinen anderen Weg geben konnte. „Ronon hat vollkommen Recht. Es wäre leichtsinnig von uns, wenn wir die Wraith jetzt unbeobachtet ließen. Atlantis hält sich so die Möglichkeit offen schnell und präzise auf neue Gefahren zu reagieren. Er und Teyla werden durchaus in der Lage sein, hier mehrere Tage allein durchzukommen, während wir nach Atlantis zurückkehren und die nötigen Schritte einleiten.

Ich werde mit dir kommen und deinen Leuten dabei helfen, sich auf diesem Kontinent zurecht zu finden. Und wir werden McKay von hier fortschaffen.“ Sie blickte auf den blassen Wissenschaftler hinab und lächelte sanft. „Wir bringen ihn dorthin, wo er ungestört arbeiten kann und sich etwas ausdenken kann, um uns den Sieg in diesem Kampf zu garantieren.“ Als sie sich in der Runde umsah, wurde ihr Vorschlag von jedem mit einem bestätigenden Nicken akzeptiert. Sheppard war zwar noch immer ein unwilliges Zögern anzumerken, doch letzten Endes stimmte auch er zu.

„Bleibt allerdings noch immer das Problem, dass wir uns als aller Erstes Zugang zum Gate verschaffen müssen. Nehmen wir Rodney mit, wird er einem unnötigen Risiko ausgesetzt. Das kann ich nicht dulden, Rhyan. Außerdem ist der Weg weit.“

Das finstere Lächeln der jungen Frau, ließ John frösteln. „Vergiss nicht, dass wir Arokh haben, der an unserer Seite kämpfen wird. Er wird uns zum Stargate bringen und er wird dafür sorgen, dass wir ungehindert hindurchgehen können. Ich verspreche dir, dass er in der Zeit, die wir in Atlantis verbringen, ein schützendes Auge auf deine zwei Freunde haben wird.“

Drachen waren wirklich Einsatzmittel, an die Sheppard sich erst noch gewöhnen musste.

„Es ist ein guter Plan, Colonel. Ein Plan der durchaus durchführbar ist und uns tatsächlich noch eine Chance einrichten könnte.“ Teyla schaute ihn beschwörend an, doch Sheppard hatte sich bereits entschieden. Er war nicht dumm und durchaus in der Lage einen Ausweg zu erkennen, wenn sich einer bot.

„Also los, warten wir nicht länger. Seht zu, dass ihr zwei außer Sicht bleibt, solange wir mit dem Drachen unterwegs sind. Und lasst euch nicht einfallen irgendetwas Leichtsinniges zu unternehmen, bis ihr von uns gehört habt!“

Ronon lächelte ob diesen Befehls amüsiert und half, den halb bewusstlosen Rodney auf die Beine zu wuchten. „Er wird dankbar sein, nicht ganz bei Sinnen gewesen zu sein, während er auf einem Drachen zum Gate geflogen wurde.“

Die anderen lachten verhalten. Dann machten sie sich auf den Weg zum Waldrand, wo Arokh zur Landung gehen würde.

Homerun

Rhyan schnappte japsend nach Luft, als sie endlich unversehrt auf der anderen Seite des Ereignishorizontes heraustrat. Es war ein unglaubliches Gefühl gewesen, erschreckend und berauschend zugleich, und sie war sehr dankbar, dass sie zusammen mit Sheppard Rodney in ihrer Mitte festhielt und so mit den beiden eine stabile Einheit bildete. Andernfalls, so fürchtete sie, hätten ihre Beine nachgegeben und das Erste, was sie von der sagenumwobenen Stadt Atlantis kennengelernt hätte, wäre der harte Boden gewesen.

Sie hob den Kopf und blickte einer ganzen Horde Menschen entgegen, die auf sie zu gestürmt kam. Allen voran eine schlanke Frau, der tiefe Sorgenfalten ins Gesicht gezeichnet standen. Dies musste Dr. Weir sein, der Kopf dieser Expedition. „John! Um Gottes Willen, was...“ Sie bremste sich und machte einem ärztlichen Notfallteam Platz. Es nahm McKay entgegen, hob ihn auf eine herbeigerollte Bare und bugsierte ihn umgehend aus der Sicht der beiden Neuankömmlinge.

„Wo sind Teyla und Ronon?“ Trotz der Erleichterung im Blick der Expeditionsleiterin, schwang deutliche Sorge in ihrer Stimme. Ihr forschender Blick fiel auf Rhyan, so als könne sie die Antwort aus deren Gesicht lesen.

„Sie sind zurück geblieben, aber wohl auf. Zumindest vorerst.“ Der Colonel wartete gar nicht erst, ob Elizabeth etwas dazu sagen würde, sondern ging an ihr vorbei auf einen atemberaubenden Treppenaufgang zu, welcher sich gegenüber des mittlerweile wieder abgeschalteten Stargates zu einer offenen Galerie hinaufschwang.

Rhyan konnte nicht anders, als mit offen stehendem Mund zu staunen. Die Architektur dieses Ortes war unglaublich. Wunderschön, filigran und harmonisch. Überall schien Sonnenlicht durch Fenster zu fluten und verbreitete eine helle, freundliche Atmosphäre aus sanftem grün-bläulichem Licht. Allein dieser Raum wölbte sich unfassbar weit in die Höhe und erweckte durch seine großen Durchgänge, die offenen Galerien und Fenster den Eindruck, als würden überhaupt keine Wände existieren. Langsam folgte Rhyan Dr. Weir und Sheppard die Stufen der Treppe hinauf, nicht ohne sich immer wieder hierhin und dorthin zu wenden, um neue, unglaubliche Dinge zu bestaunen. John hatte nicht gelogen, diese Stadt war wahrlich märchenhaft.

Am Kopf der Treppe angekommen, wandten sich die beiden Atlanter nach rechts und betraten einen kleinen Raum, dessen eine Wand vollkommen aus Glas bestand und hinaus in den Gateraum wies. Augenscheinlich war dies das Büro von Dr. Weir.

Sheppard schloss die Tür, nachdem auch Rhyan den Weg hinein gefunden hatte, und ließ sich dann mit einem abgrundtiefen Seufzen in einen der Stühle fallen, welche vor dem großen Schreibtisch standen. Er rieb sich einen Moment lang den Nasenrücken, ehe er dem fragenden Blick seiner Vorgesetzten begegnete. „Wir haben ein Problem. Und das größte Problem an diesem Problem ist, dass uns de Zeit schon jetzt davonrennt.“

Elizabeth Augen wurden groß und wanderten unruhig zwischen dem Colonel und der fremden jungen Frau hin und her. Als Sheppard keine Anstalten machte weiterzureden, bohrte sie ungeduldig nach: „Dass wir in irgendeiner Weise ein Problem haben, habe ich mir bereits gedacht, als Sie am Abend nicht zum verabredeten Zeitpunkt eingecheckt haben, John. Und überdeutlich wurde es, als wir Sie und ihr Team nirgends auf diesem verdammten Planeten finden konnten. Also hören Sie bitte auf, mir etwas von Problemen zu erzählen!“ Sie hatte heftiger reagiert, als sie beabsichtigt hatte und es tat ihr auch augenblicklich leid, als sie Sheppard sichtlich zusammenzucken sah.

Er straffte sich und sah sie offen an. „Wäre es uns möglich gewesen, hätten wir schon wesentlich eher ein Lebenszeichen abgesetzt. Das können Sie mir glauben, Doktor.“ Seine müden blauen Augen funkelten. „Wir haben genau so wenig wie Sie geahnt, dass es sich bei dem Vorposten um einen unterirdischen Komplex handelt. Der auch nach all diesen Jahren noch immer nach Außen abgeschirmt ist.“

Weir nickte verstehend, jedoch nicht ohne nachdenklich die Stirn zu runzeln. „Sie wussten, dass wir sie suchen würden, nachdem sie sich nicht zurückgemeldet hatten. Wenn dieser Vorposten so interessant gewesen ist – und ich zweifle nicht an, dass es in diesem Falle eine Lebensaufgabe gewesen wäre Dr. McKay von dort wegzuholen – hätten Sie zumindest einen Ihres Teams schicken können, um uns darüber in Kenntnis zu setzen, dass sie länger bleiben und für unsere Sensoren nicht auffindbar...“

Sheppard hob die Hand, um ihren Redefluss zu unterbrechen. Offensichtlich ging sie von einem wesentlich harmloseren Grund aus, der ihr mysteriöses Verschwinden erklärte. „So einfach ist es leider nicht gewesen.“

Den Mund zu einer schmalen Linie zusammengepresst lehnte Elizabeth sich zurück und musterte ihren Sicherheitsbeauftragten eingehend. „Was war es dann? John, reden Sie!“

„Es gibt Wraith auf diesem Planeten. Eine ganze Kolonie, die vor Jahrhunderten von ihrem Basisschiff dort ausgesetzt wurde, um zu verenden. Sie leben in dem Tunnelsystem der Antiker, weshalb wir sie nicht rechtzeitig bemerken konnten. Wir... gerieten in einen Hinterhalt.“ Sheppard seufzte erneut und setzte sich dann bequemer hin, um seinen knappen, aber dennoch möglichst genauen, Bericht über die vergangenen Ereignisse zu beginnen.

Rhyan lauschte aufmerksam. Hier, in dieser neuen und vollkommen anderen Umgebung, erschien das Erzählte unwirklich und fern. Dennoch ließ es die junge Frau schaudern. Vor allem der letzte Kampf, der keine halbe Stunde zurücklag, der Kampf um die Vorherrschaft am Stargate, stand ihr noch glasklar vor dem inneren Auge. Ohne Arokh hätten sie nicht den Funken einer Chance gehabt, zum DHD und zum Ring durchzubrechen.

Die Wraith hatten keine Mühe darauf verschwendet, Hinterhalte zu legen. Statt dessen hatten sie das gesamte Gebiet um das Gate verpostet und mit offener Präsenz verteidigt. Und dieses Mal hatten sie auch den Luftraum nicht aus den Augen gelassen. Arokh war schnell und wendig und Sheppard hatte mit Bravour bewiesen, dass er sich trotz waghalsiger Flugmanöver auf dem Rücken der Echse zu halten vermochte. Dennoch hatte es mehrere Anflüge benötigt, bis zumindest der Bereich um das DHD gesichert war und Rhyan und John absteigen konnten. Rodney hatte von all dem Trubel nichts mitbekommen. Sie setzten ihn behutsam im Schutz des DHDs ab.

Während sie das Tor anwählten, hatte Arokh seine Angriffe unablässig weitergeführt. Einer überdimensionalen Fledermaus gleich war er in wildem Zick-Zack über den Himmel geschossen, den gefährlichen Schüssen aus den Stunnern ausweichend, um die Wraith mit seinem vernichtenden Feuer einzuhüllen.

Trotzdem hatten es immer wieder Vereinzelte geschafft zu ihr und dem Colonel durchzudringen. Während Sheppard mit dem DHD beschäftigt gewesen war, hatte sie die Angreifer mit aller Vehemenz zurückgeschlagen. Ihr Schwert hatte in wilder Freude geheult und einen Wraith nach dem nächsten niedergestreckt. Doch der Ansturm nahm immer mehr zu und Rhyan verlor an Boden. Sie hatte John angeschrien, er möge sich beeilen, als das Tor schimmernd zum Leben erwachte und einen mächtigen Energieimpuls ausstieß. Sie hatten Rodney gepackt und zwischen sich genommen. Rhyan hatte noch ein Stoßgebet an all jene Götter ausgestoßen, die in diesem Moment das Geschehen verfolgen mochten. Dann waren sie losgelaufen.

Es war die pure Hölle gewesen. Überall um sie herum war Feuergefecht zu hören gewesen und es konnte sich nur um ein Wunder handeln, dass sie nicht getroffen worden waren. Die Hitze und der Rauch des Drachenfeuers waren immer wieder über ihnen zusammengeschlagen und hatten ihnen die ohnehin schon knappe Luft geraubt. Und es zeigte ihnen, wie nahe sie daran waren, erneut in die Hände des Feindes zu fallen.

Durch ihre verschleierten Augen hatte Rhyan einen ganzen Trupp Wraith erkennen können, welcher auf der Rampe zum Gate Stellung bezogen hatte und sie mit gezogenen Waffen erwartete. Im nächsten Moment war Arokh aus dem Himmel gestürzt, hatte sich mit weit aufgerissenem Maul den Verteidigern entgegengeworfen und sie einfach mit seinem Schwung fortgerissen. Mächtige Pranken zerrissen ihre Leiber in der Luft, der Letzte verlor sein Leben zwischen den tödlichen Zahnreihen. Der Drache stieß ein berstendes Brüllen aus und schraubte sich dann in den Himmel, nicht ohne der jungen Frau vorher noch einen triumphierenden Blick zugeworfen zu haben.

Der Weg war frei, sie konnten gehen. Und Rhyan trat ihren Schritt durch das Stargate.

Nachdem Sheppard mit seinem Bericht geendet hatte, schwieg Dr. Weir eine ganze Zeit lang, so als müsse sie das eben gehörte erst noch verdauen. Einem Damoklesschwert gleich hing die Bedrohung der Wraith nun über Atlantis und der Erde. Und es galt einen Ausweg zu finden, der effektiv und schnell zugleich sein musste. „Die Daedalus wird morgen von ihrer Reise zur Erde zurückkehren. Ich werde sie umgehend in den Orbit des Planeten entsenden, um herauszufinden, ob die Wraith dort Tiefraumsensoren haben und mit eventuell vorhandenen Basisschiffen in der Nähe kommunizieren können. Für den Fall, dass bereits ein Basisschiff dort ist, wird sie es vernichten können.“

Sheppard nickte leicht. Nicht viel, aber ein Anfang. Mit der Daedalus als Einsatzmittel standen ihnen zumindest einige weitere Optionen offen.

„Ich werde eine Nachricht zur Erde senden.“ Elizabeth lächelte aufmunternd. „Und sie beide sollten nach einem Besuch bei Dr. Beckett etwas schlafen. In Ihrem derzeitigen Zustand nützen Sie mir nichts, Colonel Sheppard.“

Diese Aussage war überdeutlich und John musste ihr ausnahmsweise dieses eine Mal zustimmen. Er stand auf und bedeutete Rhyan mit einer knappen Kopfbewegung, ihm zu folgen. Was auch immer jetzt geschah, es musste natürlich unter höchstem Zeitdruck passieren. Doch durfte die Strategie und der Plan nicht unter diesem Umstand leiden. Andernfalls wäre alles umsonst gewesen.
 

Widererwartend hatte Rhyan geschlafen wie ein Baby, ohne Träume, ohne Unruhe und Störung. Carson Beckett hatte sie, trotz des lauthalsen Protestes von Johns Seite, nicht mehr gehen lassen und so hatten sie die Nacht auf der Krankenstation verbracht. Die junge Frau argwöhnte, dass der Arzt ihr irgendetwas untergejubelt haben mochte, damit ihr Schlaf tiefer wurde. Doch im Endeffekt konnte sie ihm, wenn dem tatsächlich so war, nicht einmal böse sei. Sie fühlte sich erholt und kräftig genug, die vor ihnen liegende Aufgabe anzugehen, ohne sofort wieder unter geistiger Erschöpfung zu leiden.

Zudem hatte der Schotte ein derart sonniges Gemüt, dass Rhyan sich eingestehen musste, sich zum ersten Mal in ihrem Leben auf einer Krankenstation wohl zu fühlen.

Draußen vor den großen Fenstern war die Sonne jetzt vollständig aufgegangen und sandte ihr atemberaubendes Glitzern über einen endlos wirkenden Ozean, in dem die Stadt Atlantis wie eine Insel trieb. Rhyan blickte hinaus, nahm das Panorama in sich auf. Sie befanden sich weiter mittig in der Stadt, in einem der Türme, so dass sie auf die tiefer gelegenen Docks hinabblicken konnte. Und überall brach sich das Sonnenlicht in einer wunderschönen Farbpracht.

Als sie die Anwesenheit einer anderen Person wahrnahm und wenig später Sheppard erkannte, der dicht hinter ihr zum Stehen gekommen war, löste sie ihren Blick von der morgendlichen Stadt. Sein Blick war zuvor wie der ihre nach draußen gerichtet, auf die Weite des Ozeans und die Wellen, die sich an den Docks brachen. Er wirkte bedrückt und seine blauen Augen waren von einem Schatten der Trauer verhangen. Offenbar war seine Nacht nicht so erholsam gewesen wie ihre. „Dies alles und noch viel mehr wird bald schon der Vergangenheit angehören, wenn uns nichts einfällt, was wir gegen die Wraith ausrichten können.“

Er sprach leise, beinah wie zu sich selbst. Aber Rhyan wusste, dass er lediglich so leise sprach, weil der Kummer ihn innerlich zerfraß. Sie streckte eine Hand aus und ließ sie dann sanft auf seinen Arm sinken. Die eigene Heimat einer derartigen Bedrohung gegenüber zu sehen, war wahrlich grauenhaft.

„Uns wird etwas einfallen, sei unbesorgt.“ Sie lächelte leise. „Sobald die Daedalus gelandet ist, wird eine ganze Horde fähiger Menschen an einer Lösung des Problems arbeiten. Wir sind nicht länger allein, John.“

Der Colonel sah sie von der Seite her an und tatsächlich schienen seine Gesichtszüge weicher zu werden. Er nickte. „Du hast recht. Es macht keinen Sinn, sich von der Sorge lähmen zu lassen.“ Er reichte ihr eine Hand und umschloss ihre schüchtern ausgestreckten Finger behutsam. „Komm, ich zeige dir solange die Stadt.“

Sie verließen die Krankenstation, jedoch nicht ohne vorher noch einen Blick auf Rodney zu werfen. Der Wissenschaftler war noch immer blass und dunkle Ringe zeichneten sich unter seinen Augen ab. Doch er hatte sein Bewusstsein zurück und konnte damit auch seinem unvergleichlichen Charakter Freilauf gönnen. Nachdem er minutenlang nur in der Lage war, seine Missgunst über seine derzeitige Behandlung kund zu tun, zog Sheppard die junge Frau mit einem erheiterten Lachen hinter sich aus dem Zimmer und ließ McKay in seinem Unglück allein zurück.

Der Colonel führte sie durch ein wahres Labyrinth aus Gängen und Treppen, in denen reges Treiben herrschte. Er erklärte ihr, dass sie sich hier in den bereits erkundeten Bereichen der Stadt befanden, dass es aber im Umkehrschluss noch eine Menge unbekanntes Terrain in Atlantis gab, welches es zu entdecken galt. Rhyans Herz schlug schneller bei diesem Gedanken. Es musste unglaublich spannend sein, so viel wundersame Dinge zu entdecken und zu wissen, dass vielleicht noch viel wundersamere Dinge in den Tiefen dieser Stadt schlummerten.

So wanderten sie eine lange Zeit durch die Eingeweide Atlantis. John zeigte ihr noch einmal den Gateraum, den Kontrollraum, die Labore. Er zeigte ihr die Quartiere, Räume für Sport und Freizeit, die Kantine. Es war alles irgendwie so vertraut. Und doch wirkte es in dieser exotischen Umgebung nicht fehl am Platze. Rhyan war fasziniert von den Transportern, die einen in Sekundenbruchteilen von einem Ort der Stadt an einen vollkommen anderen, weit entfernten Platz zu transportieren vermochten. Es gab Dinge, die unter Johns Fingern zu leuchtendem Leben erwachten, aber die vollkommen stumm blieben, wenn Rhyan sie berührte. Er erklärte ihr, dass er im Besitz eines ganz bestimmten Gens war, welches ihm die Kontrolle über diese Dinge erlaubte. Es war ein Relikt der Antiker aus längst vergangener Zeit und war bei weitem nicht jedem zugänglich. Dieses Gen erlaubte es ihm auch die Flugmaschinen zu steuern, die er Jumper nannte.

Nach einem prüfenden Blick auf die Uhr machte John sich daher auf den Weg zum Hangar. Rhyan hatte ihm die Freude gewährt auf dem Rücken eines Drachen zu reiten. Nun wollte er ihr zeigen, dass es auch Freude bereitete, einen der Jumper zu fliegen. Er lächelte verschmitzt, als er Rhyans ungläubiges Staunen gewahrte, als sie den Hangar betraten. Mit großen Augen folgte sie ihm ins Innere von Jumper One und nahm nach kurzem Zögern dann im Sitz des Copiloten platz.

Sie beobachtete fasziniert, wie der Colonel die nötigen Checks durchlaufen ließ und wie das Flugschiff wie von Geisterhand zum Leben erwachte. „Bereit für einen kleinen Rundflug über Atlantis?“ Seine Augen blitzten und verrieten den Enthusiasmus, der selbst ihn bei einer solchen Gelegenheit noch ergriff.

Der Jumper löste sich sanft aus seiner Bucht und begann der Decke entgegenzustreben, die sich langsam zu öffnen begann und den blauen Himmel über der Stadt preisgab. Dann schoss er mit atemberaubender Geschwindigkeit aus dem Hangar und hinaus ins Freie.

Rhyan konnte zum wiederholten Male nicht anders, als stumm zu staunen.

John lenkte den Jumper in eine sanfte Umlaufbahn, so dass seine junge Gefährtin den ersten richtigen Blick auf Atlantis werfen konnte. Sie war aufgebaut wie ein Schneeflocke, auf der sich unzählige filigrane Türme in den Himmel reckten. Die Morgensonne ließ lange Strahlen entstehen, die durch diese Schluchten fielen und ein wunderschönes Spiel von Licht und Schatten verursachten. Weit und breit war nur das Meer zu erkennen, hier und da von weißen Schaumkronen unterbrochen. Rhyan ging das Herz auf.

Der blaue Himmel wurde von nicht einer Wolke bedeckt und strahlte in einem unglaublichen Azur. Dahinter befanden sich die Weiten der Pegasus Galaxie. Es war unglaublich und ergreifend zugleich.

Und all das sollte von einem derart furchtbaren Übel wie den Wraith zum Untergang verurteilt sein? Grimmiger Trotz regte sich im Innern der jungen Frau. Sie würde nicht dulden, dass diese Wesen noch mehr Schaden anrichteten. Wenn es sein musste, würde sie ihre Welt verlassen, um dem Kampf gegen diese Monster beizutreten.

Sie kreisten noch einige Male über der Stadt und John erklärte ihr, wo im Einzelnen das lag, was sie zuvor besichtig hatten. Im Vergleich zu den unerforschten Bereichen erschien das gesicherte Areal winzig. Dann ging er auf einem der weiter außen gelegenen Docks zur Landung.

Rhyan folgte ihm nach draußen in den warmen Wind, blieb dann aber am Fuße der Rampe stehen, um den Anblick der über ihr aufragenden Stadt in sich aufzunehmen. „Es ist wunderschön.“

Sheppard lächelte, trat von dem Jumper weg und an den Rand des Docks heran. Unter ihm spülte das Meer unablässig um die Grenzen der Stadt. Es war kristallklar und wandelte sich in seinen Tiefen in ein sattes schwarz-blau. Selbst Fische schienen in diesen geschützten Buchten der Docks zu leben. „Als wir hier herkamen ahnten wir noch nichts von dieser Bedrohung, die die Wraith für diese ganze Galaxie darstellten. Wir hatten keine Ahnung...“ Seine Gesichtszüge verhärteten sich bei der Erinnerung. „Wir waren naiv und dumm. Vielleicht hätte all das verhindert werden können...“

Rhyan trat in stiller Anteilnahme neben ihn. Sie wusste, dass Sheppard dazu neigte, sich mit Selbstvorwürfen zu quälen. Doch es war nicht richtig. „Wenn es damals nicht geschehen wäre, wäre es zu einem späteren Zeitpunkt passiert. Ihr hättet es nicht verhindern können. Vielleicht habt ihr euch auf diese Weise ja sogar einen Vorteil erspielt.“

Er lachte freudlos. „Ich wüsste nicht welcher Vorteil das sein sollte. Bisher ist er uns jedenfalls noch nicht zu Hilfe gekommen.“

„Aber du hast selbst gesagt, dass viel zu viele Wraith auf ein Mal erwacht sind und dass es nicht genügend Nahrung für sie alle gibt. Und dass es daher zu Streit unter den Wraith kommt, dass sie sich gegenseitig bekämpfen.“

„Das stimmt ja auch.“ Er wandte sich seiner Begleiterin zu und blickte ihr forschend in die Augen. „Aber der Preis dafür ist höher, als die Menschen in dieser Galaxie in der Lage sind zu bezahlen. Die Wraith... sie sind nicht einfach nur viele, Rhyan. Es sind viel viel mehr als es Menschen hier gibt. Sie würden sich irgendwann vielleicht selbst zerstören, doch vorher wäre die gesamte Menschheit in der Pegasus Galaxie ausgerottet!“

Das war eine wirklich furchterregende Vorstellung und Rhyan schauderte unwillkürlich, trotz des warmen Windes hier draußen. Eine Weile standen sie sich schweigend gegenüber und sahen einander an. Menschen, die ein und die selben Wurzeln aufwiesen, die für sich jedoch jeweils eine neue Heimat auserwählt hatten. Und doch waren sie miteinander verbunden in der Bedrohung, die ihre ursprüngliche Heimat nun verdunkelte.

„Wir werden eine Lösung finden.“ sagte sie noch einmal leise, aber mit Nachdruck. „Davon bin ich überzeugt John.“

Er nickte nur und senkte den Blick. Er war nicht der Typ, der sich Hoffnungslosigkeit hingab oder von kleineren Rückschlägen endmutigen ließ. Aber manchmal waren die Gefühle in seinem Innern schlicht und ergreifend zu stark, als dass er sie dauerhaft verbergen konnte. Behutsam ergriff er ein weiteres Mal ihre Hände und drückte sie in stiller Dankbarkeit.

Als er seinen Blick wieder hob, stand sie direkt vor ihm. Täuschte er sich oder war es ihm vorher einfach nicht aufgefallen, dass sie einander so nahe standen? Er spürte ihren Atem auf seinem Gesicht und konnte deutlich den schwachen Geruch wahrnehmen, der von ihr ausging. Und grade in diesem Moment schien es, als würde sich seine ganze Seele nach dieser Nähe sehnen. Nach dem Vergessen und dem gedankenlosen Dahintreiben in dem Bewusstsein, dass dort jemand war, der die Sorgen teilte und linderte.

Er runzelte die Stirn über diese Gefühlsregung, doch anstatt ihre Finger loszulassen, umschloss er sie noch ein wenig fester. Er wollte nicht, dass sie jetzt ging. Er wollte, dass sie blieb. Hier an seiner Seite.

Rhyan erwiderte seinen Blick furchtlos und konnte deutlich den Widerstreit in seinen Augen erkennen. Natürlich war ihr der plötzliche Wandel in der Stimmung nicht entgangen und es erfüllte sie mit Wärme, wie Sheppard sie beobachtete. Doch sie fühlte auch sehr deutlich seine Schuldgefühle, dass er sich jetzt mit derartigen Gedanken auseinandersetzte, wo ein Teil seines Teams in dauerhafter Gefahr schwebte, von den Wraith ergriffen zu werden.

Der Bann wurde jäh unterbrochen, als das Aufheulen mächtiger Turbinen erklang und ein Schatten über sie hinweg strich. Die Daedalus war aus der Umlaufbahn getreten und setzte nun zur Landung auf Atlantis an.

John legte den Kopf in den Nacken und verfolgte den Flug des gewaltigen Schiffes einen Moment lang. Dann löste er sich von Rhyan, nicht ohne ihr vorher noch ein schwaches Lächeln zuteil werden zu lassen, und rannte zurück in den Jumper. Er wollte rechtzeitig vor Ort sein, wenn Colonel Caldwell für das Briefing bei Elizabeth eintraf.
 

„Sie tragen die Verantwortung für diese Katastrophe! Sie haben zum wiederholten Mal wegen ihrer Leichtsinnigkeit die Sicherheit der gesamten Expedition gefährdet und jetzt auch noch darüber hinaus die Sicherheit der Erde.“

Rhyan spürte, wie sich Sheppard neben ihr versteifte. Doch er sagte nichts. Colonel Caldwell schien mit seinen Anschuldigungen auch noch nicht fertig zu sein.

„Es ist unfassbar, als würden Sie aus ihren Fehlern nicht lernen.“ Caldwell spießte sein Gegenüber mit einem wahrhaft mörderischen Blick auf. „Die Existenz dieses Jägers auf diesem Planeten hätte Ihnen, nach all Ihrer Erfahrung mit den Wraith, Warnung genug sein müssen, um umgehend zum Stargate zurückzukehren und nur unter verschärften Vorsichtsmaßnahmen zurückzukehren.“

John knirschte voll unterdrücktem Zorns mit den Zähnen, bevor er eine Antwort knurrte. „Es gab keinerlei Hinweise auf das Vorhandensein einer ganzen Wraith-Kolonie. Weder unsere Sensoren noch Teyla konnten irgendetwas in dieser Richtung erkennen. Dass sie sich in einem abgeschirmten Unterirdischen Komplex versteckt hielten...“

„...haben sie nicht wissen können. Ich weiß, ich weiß. Es sind immer die selben Ausreden. Aber im Grunde wissen Sie ganz genau, Colonel Sheppard, dass der vorgefundene Friede oftmals trügerisch ist. Und dennoch...“ Der Kommandant der Daedalus schien am Ende seiner Weisheit zu sein und lehnte sich seufzend in seinem Sitz zurück, die Arme vor sich auf dem Tisch ausgestreckt. Er musterte Sheppard nachdenklich. „Sie werden uns alle noch zur Schlachtbank führen mit Ihrer Gedankenlosigkeit. Sie sind eine unhaltbare Gefahr, für die Atlantis-Expedition schon immer gewesen und jetzt auch noch für die gesamte Erde.“ Es war eine ungeheuerliche Anschuldigung, die er da aussprach und Rhyan konnte die Anspannung fühlen, die auf allen Anwesenden in dem Raum ruhte. Nicht nur sie starrte den Kommandanten mit offenem Entsetzen an. Das konnte unmöglich sei Ernst sein. „Bedauerlicher Weise hatte ich bei der Auswahl geeigneterer Personen keinerlei Mitspracherecht.“ Sein Blick glitt anklagend zu Dr. Weir, deren Augen schmal vor Missbilligung wurden.

„Auf dieses einfache Argument werden Sie sich wohl jederzeit wieder berufen, wenn Ihnen die Argumente ausgehen, nicht wahr, Colonel?“ Johns Stimme troff vor Sarkasmus und jeder im Raum wandte seine Aufmerksamkeit jetzt wieder den beiden eigentlichen Kontrahenten zu. Sheppards Gegenangriff kam unerwartet und das Glitzern in den Augen des Schwarzhaarigen verriet nichts Gutes. Er würde diese Schikanen nicht mehr länger schweigend hinnehmen. Und jedem war klar, dass das nur zu einem offenen Disput führen konnte. Ein wahrlich miserabler Zeitpunkt, das stand außer Frage.

„Sie haben es noch immer nicht verkraftet, dass das SGC auf Dr. Weirs Vorschlag hin mich in der Position des obersten Sicherheitsbeauftragten bestätigt hat, anstatt Sie an diese Stelle zu setzen, habe ich Recht? Sie können es nicht ertragen, obwohl Sie Kommandant eines wundervollen Sternenschiffes sind.“

„Welche Entscheidungen in der Vergangenheit getroffen worden sind, spielt überhaupt keine Rolle, Colonel.“ Caldwell gab sich nach Außen gelassen, so als würde er sich über Sheppards kleine Rebellion sogar amüsieren. Doch jeder, der Körpersprache zu deuten vermochte, konnte deutlich die unterdrückte Anspannung erkennen. „Es liegt auf der Hand, wer im Großteil aller Fälle für derartige Gefahrenlagen verantwortlich ist. Und das können Sie nicht abstreiten. Ebensowenig wie Sie abstreiten können, dass sich derartige Ereignisse in letzter Zeit häufen.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Wären Ihnen derartige „Ausrutscher“ auf der Erde oder unter meinem Kommando unterlaufen, können Sie sich sicher sein, dass man Sie umgehend aus dieser Position entfernt hätte, um weitere Gefährdungen vorzubeugen.“

„Gentlemen...“ Elizabeth musste zwingend versuchen, das Gespräch wieder auf den eigentlichen Grund ihres Zusammentreffens zu lenken. Einen Machtkampf würde die angeschlagene Expedition jetzt vermutlich nicht verkraften.

Doch Caldwell schien nicht gewillt, aufzugeben. Sein Blick ließ von Sheppard ab und glitt zu der neben ihm sitzenden Rhyan. Die junge Frau gefror, als sie den Blick auf sich ruhen fühlte. Voller Unbehagen erwiderte sie das Starren. „Und Ihre maßlose Gedankenlosigkeit bestätigt sich mir nur ein weiteres Mal, wenn ich sehe, dass Sie ohne nachzudenken eine fremde Person in diese äußerst sensible Besprechung mitbringen. Hat es nicht schon genügt die Gefahr einzugehen, sie mit nach Atlantis zu bringen?“

Rhyan wandte verstört den Kopf in Johns Richtung, doch er gebot ihr mit einer knappen Bewegung seiner Hand Schweigen.

„Wir wissen nichts über sie.“

„Sie hat mir das Leben gerettet. Mir und meinem Team.“

Caldwell lachte kalt. „Oh, Verzeihung wenn ich die Lage ohne diese Gefühlsduselei betrachte, Colonel.“

„Seit wann behandeln wir Handelspartner von anderen Planeten mit einer derartigen Unverfrorenheit?“ Sheppards Stimme zitterte vor Zorn.

„Handelspartner?“ Der Kommandant der Daedalus machte Anstalten aufzustehen, besann sich aber eines Besseren. „Nach meinen Informationen geht es hier nicht um Handelsbündnisse, die ausdiskutiert werden müssen. Diese Person stellt in meinen Augen eine nicht zu unterschätzende Gefahr da, solange nicht alle erforderlichen Mitglieder über die vorliegende Situation informiert sind und diese einzuschätzen vermögen.“ Mit einer knappen Kopfbewegung zu den an der Tür stehenden Soldaten, befahl er: „Nehmen Sie diese Frau in Gewahrsam und lassen Sie sie nicht aus den Augen, bis wir zu einem Ergebnis gekommen sind.“

Sheppard fuhr aus seinem Sitz hoch und stellte sich schützend vor Rhyan, die fassungslos in ihrem Stuhl zusammengesunken war. „Sie werden sie nicht anrühren, Leutnant.“ Seine blauen Augen blitzten, als er den jungen Soldaten vor sich niederstarrte, sodass dieser tatsächlich verunsichert innehielt. Es war deutlich, dass er Rhyans Ingewahrsamnahme, wenn nötig, auch mit körperlicher Gewalt verhindern würde.

„Colonel!“

„Gentlemen, bitte!“ Elizabeth hatte sich ebenfalls erhoben. Für einen Moment schloss sie tief durchatmend die Augen. „Setzen Sie sich!“ Als niemand der Aufforderung nachkam, warf sie Sheppard einen stechenden Blick zu. „Setzen Sie sich! Alle beide.“

Sie entspannte sich erst, als alle Beteiligten wieder Platz genommen hatten. „Ich kann es nicht fassen! Was ist nur in Sie gefahren?“ Sie wandte sich Caldwell zu. „In dieser Stadt habe immernoch ich das Kommando und es liegt in meiner Entscheidung, ob diese Frau in Gewahrsam genommen wird oder an dieser Besprechung teilnimmt. Und ich habe ihre Teilnahme gestattet, Colonel. Ich verbitte mir für die Zukunft jedwede Einmischung um die Art und Weise, wie ich diese Stadt zu leiten gedenke. Und ich untersage es Ihnen, meine Führungsmitglieder in derart ungehöriger Weise zu beleidigen.“ Dr. Weir mochte lediglich eine Zivilistin der Atlantis-Expedition sein, doch ihr war die Leitung vom SGC übergeben worden und jeder, der schon einmal mit ihr in Verhandlung getreten war, wusste, dass sie ein Gegner sein konnte, den man fürchten sollte. „Ich habe Sie hier her gebeten, weil wir ihre Hilfe brauchen. Nicht damit Sie ihre persönliche Meinung demonstrieren und Unfrieden in den eigenen Reihen heraufbeschwören. Wir brauchen die Daedalus in diesem Kampf.“

Einen Moment schienen beide einen stummen Kampf auszutragen. Dann lehnte sich der Kommandant mit einem ergebenen Nicken in seinem Stuhl zurück. Die Verhandlungen konnten fortgesetzt werden.

Rhyan schaute überrascht auf, als Dr. Weir sie aufforderte, die Anwesenden mit Details über den Planeten zu versorgen. Zögernd erhob sie sich und trat an eine Karte heran, die auf einem der Monitore zu sehen war. John hatte ihr erklärt, dass diese Karte aus der Datenbank der Antiker stamme und durchaus nicht mehr als aktuell bezeichnet werden könne. Doch im Grunde blieb es dabei, nur dass die eingezeichneten Siedlungen nicht mehr existent waren.

Sie begann mit einer knappen Erklärung der jüngsten Geschichte, dem Erscheinen der Wraith und der Flucht sämtlicher menschlicher Bewohner. Tatsächlich gelang es ihr, die ungefähre Lage des unterirdischen Komplexes zu lokalisieren und beschrieb kurz die örtlichen Gegebenheiten.

Dann huschte ihr Blick kurz zu Caldwell. „Vielleicht ist es uns möglich mit den Sensoren der Daedalus die verschiedenen Eingänge in das System der Wraith zu entdecken.“

„Was hilft uns das?“ Der Kommandant hob fragend eine Augenbraue. „Sie haben selbst gesagt, dass der gesamte Komplex wie ein Kaninchenbau aufgebaut ist. Wie sollen wir so jemals gewährleisten, dass uns nicht vereinzelte Wraith durch Hinterausgänge entkommen?“

„In dem wir durch Artilleriebeschuss der Daedalus die Eingänge zerstören und dafür sorgen, dass sie zugeschüttet sind. Die Einschläge werden derart viel Staub und Hitze in die Gänge tragen, dass den Wraith keine andere Wahl bleiben wird, als zu fliehen. Wir lassen ihnen einen Fluchtweg. Und dort stehen wir und erwarten sie.“ Sheppard grinste diabolisch. Offenbar gefiel ihm der Gedanke, die Wraith endlich einmal in Panik erleben zu dürfen.

„Wir werden keine Garantie haben, dass wir auch tatsächlich alle Eingänge blockiert haben. Und wir können genauso wenig sagen, ob sich nicht doch vereinzelte Exemplare in den Gängen verbergen und den Angriff abwarten.“

Rhyan nickte bestätigend. „Natürlich nicht. Aber es ist ein Anfang und ein sinnvoller Auftakt für das Gefecht. Wir können uns nicht zu ihnen wagen. Wenn wir den Kampf in ihre vertraute Umgebung tragen, können wir nur im Nachteil sein. Daher sollten wir sie zu uns holen.“ Sie lächelte verschlagen. „Für den Fall, dass wie Ausgänge übersehen haben, wird Arokh in der Luft sein und deren Flucht wird eine kurze sein.“

John grinste in sich hinein, als er das Unverständnis auf den Gesichtern der anderen las. „Du wirst ihnen schon sagen müssen, wer Arokh ist, Rhyan.“ Er fand es immer wieder drollig, mit was für einer Selbstverständlichkeit sie den Drachen in ihre Pläne mit einbezog, ohne an die Wissenslücke der anderen zu denken.

„Oh, natürlich. Verzeihung. Arokh ist mein Drache.“

Die Reaktionen reichten von ungläubigem, missbilligendem Kichern zu stumpfem Glotzen. „Drache?“ Caldwell konnte sich ein selbstgefälliges Lächeln nicht verkneifen.

Rhyan funkelte ihn wütend an. „Ja, Drache. Dank seiner Hilfe konnten Colonel Sheppard und ich überhaupt das Stargate erreichen.“

„Es ist wahr.“ John schmunzelte noch immer leicht. „Dieser Drache existiert und kann uns in der Tat einen entscheidenden Vorteil in dem Kampf liefern.“ In seinem Kopf fügte sich langsam aber unaufhaltsam ein Plan zusammen, der durchaus lohnenswert erschien. „Die Daedalus sorgt dafür, dass die meisten der Zugänge verschlossen werden, so dass möglichst nur noch ein Fluchtweg offen bleibt, welcher die Wraith direkt in unsere Arme führt. Arokh bleibt indes in der Luft und kann uns auf eventuelle Lücken in diesem Plan hinweisen. Es wird eine Fuchsjagd, nur dass wir keine Füchse jagen, sondern Wraith.“ Er wusste, dass der Plan alles andere als ausgereift war und dass ihm zur Zeit noch eventuelle Ausweichpläne fehlten, sollte irgendetwas schief laufen. Doch ihm fiel weiß Gott nichts besseres ein und da sich niemand gegen diesen Vorschlag aussprach, konnte er davon ausgehen, dass es den anderen ebenso erging.

„Nun gut.“ Elizabeth schien nicht glücklich mit dem Ergebnis, war sich aber sehr wohl bewusst, dass es das Beste und Effektivste sein würde, auf das sie in einer so kurzen Zeit kommen konnten. Und das auch so zeitnah würde umgesetzt werden können. „Die Daedalus kann starten, sobald sie alle nötigen Vorbereitungen abgeschlossen hat. Wir dürfen nicht mehr viel länger warten, den Offensivschlag auszuführen.“ Sie sah jeden Einzelnen der Anwesenden lange und durchdringend an. „Auf dass das Glück auch dieses Mal auf unserer Seite ist. Kehren Sie alle unversehrt und erfolgreich aus diesem Kampf zurück, Gentlemen.“

Kitsunegari

Sie waren in der Dunkelheit der Nacht auf den Planeten zurückgekehrt. Die Daedalus würde noch in den frühen Morgenstunden in ihre Umlaufbahn in der oberen Hemisphäre eintreten. Die Zeit bis dahin war knapp bemessen und Sheppard wollte sie nutzen, um sich einen aktuellen Überblick zu verschaffen und Ronon und Teyla zurück an seine Seite zu holen.

Er hatte den Jumper unmittelbar nach verlassen des Ereignishorizontes in den Tarnmodus versetzt, doch kein Wraith erwartete sie auf der anderen Seite des Stargates. Es war schon beinah gespenstisch ruhig, nicht ein Lebenszeichen war auf dem Display der Flugmaschine zu erkennen. Ein Blick durch die Frontscheibe ließ den Grund hierfür auch deutlich hervortreten. So weit man in dem sanften schwarz-blau der Nacht sehen konnte, war der Boden verbrannt und tot. Sämtliche Büsche und Bäume waren nichts anderes mehr als dürre Gerippe ihrer einstigen Pracht. Hier und da kräuselten sich sogar noch vereinzelte Rauchfahnen gen Himmel.

Rhyan konnte es selbst nicht genau abschätzen, doch Arokh musste hier seit ihrer Flucht fürchterlich gewütet haben. Sie hatte ihn schon lange nicht mehr solch einen Schaden anrichten sehen.

John lenkte den Jumper weg von dem Stargate und wandte sich dem Innland zu, schockiert über die Zerstörungsgewalt der Echse. „Dann hoffen wir mal, dass er uns noch den ein oder anderen Wraith über gelassen hat. Es wäre zu schade, wenn wir nach all dem Ärger jetzt zu spät kommen würden.“

Rhyan bedachte den Colonel mit einem finsteren Seitenblick. „Ich denke kaum, dass wir uns dieser Illusion hingeben können. Arokh mag mächtig sein und er mag hier auch vielen Wraith den Tod gebracht haben.“ Sie versuchte die Dunkelheit jenseits der Scheibe zu durchdringen, doch die Nacht war vollkommen. „Doch es wird noch viel mehr geben, die sich aus diesem Gefecht herausgehalten haben und versteckt bleiben, solange die Gefahr nicht vorüber ist.“

Sheppard konnte sich ein verschlagenes Grinsen daraufhin nicht verkneifen. „Um so besser. Je mehr sich von ihnen in den Gängen verstecken wie die Karnickel, umso mehr werden von dem Angriff der Daedalus direkt betroffen sein.“

Rhyan teilte den Enthusiasmus der Atlanter nicht vollkommen. Der Plan war verzweifelt und voller verborgener Haken und Ösen. Keiner von ihnen konnte sagen, wie weit sich das unterirdische Labyrinth in Wirklichkeit ausdehnte und ob es nicht Bereiche gab, die einem derartigen Angriff gewappnet waren und Flüchtlingen Schutz bieten konnten. Doch der Mangel einer besseren Idee und die Tatsache, dass sie ohnehin nicht gegen den Stab der Pegasus-Expedition sprechen konnte, hatten sie zu einer willigen Mitstreiterin werden lassen. Sie würde alles in ihrer Macht stehende tun, um den Atlantern bei diesem Kampf zur Seite zu stehen. Und um zu verhindern, dass dieser Kampf in einem Blutbad endete, welches ihr die neu gewonnenen Freunde wieder raubte.

Auf dem Display näherte sich plötzlich mit hoher Geschwindigkeit ein blinkender Punkt. Er näherte sich ihnen gezielt, was Sheppard dazu veranlasste, den Tarnmodus des Jumpers noch einmal zu checken. Sie sollten für alles, was nicht von den Antikern erschaffen worden war, unsichtbar sein. Er wollte grade wenden, um sein Glück in heilloser Flucht zu suchen - eine Konfrontation mit einem feindlichen Jäger wollte er zu diesem Zeitpunkt unbedingt vermeiden – als Rhyan mit einem schwachen Lächeln seinen Arm berührte. „Es ist in Ordnung. Es ist Arokh. Er will uns lediglich begrüßen und zu deinen Freunden führen.“

Verwirrt tauschte er einen Blick mit der jungen Frau. „Wie...“

„Warum er uns erkennen kann?“ Ihre Augen blitzten schelmisch. „Er spürt mich und meine Anwesenheit. Das hilft ihm, die Illusion des Jumpers zu durchbrechen. Allerdings ist er äußerst erstaunt über dieses... lustige Fluggefährt.“

Sheppard grunzte beleidigt. Normalerweise ließ er niemanden so über sein Baby sprechen. Allerdings konnte er auch wenig gegen einen belustigten Drachen ausrichten. Er drehte bei und folgte dem Drachen in einem gebührenden Abstand.

Nur wenig später gingen sie in einem dichten Waldstück auf einer verteufelt engen Lichtung zur Landung. Der Platz wurde noch enger, da sich Drache und Jumper die kleine Wiese teilen mussten. Als sich die Heckklappe dann endlich öffnete, wurden sie bereits von den zwei sichtlich erleichterten Teammitgliedern erwartet. Selbst Ronon schien sich ein erfreutes Lächeln nicht verkneifen zu können. „Colonel, es ist gut Sie wiederzusehen.“

John nickte nur und musterte die beiden aufmerksam. Zu seiner Erleichterung konnte er keine Verletzungen oder Blessuren entdecken und so erlaubte er sich ebenfalls ein wenig Entspannung. „Und es ist gut zu sehen, dass es euch beiden hier nicht zu heiß geworden ist.“ Er schielte verstohlen zu dem Drachen hinüber, der in einiger Entfernung stand und seinen langen Hals zu Rhyan herab gesenkt hatte.

Teyla, die diesen Blick durchaus bemerkt hatte, schmunzelte amüsiert. „Sie haben demnach gesehen, wie Arokh den Wraith das Fürchten gelehrt hat. Das ist gut.“ Ronon nickte bestätigend und sein Lächeln hatte sich zu einem ausgewachsenen Grinsen entwickelt. „In der Tat. Selbst wenn die Wraith gewollt hätten, sie hätten keine Chance gehabt, uns ein Haar zu krümmen. Ich sollte ausziehen und mir ebenfalls so einen Drachen zulegen. Es ist einfach erheiternd, die Wraith derart in Panik flüchten zu sehen.“

Sheppard war sich nicht sicher, ob er dem Krieger in dieser Hinsicht zustimmen würde. Allerdings war es nicht zu übersehen, von was für immensem Nutzen eine solche Bestie sein konnte.

„Wie geht es Rodney?“ Teyla war wieder ernst geworden. Offenbar hatte sie erwartet, dass der Wissenschaftler zusammen mit Sheppard zurückkehren würde. Da er es nicht getan hatte, fürchtete sie jetzt wahrscheinlich, dass er den mentalen Angriff des Wraith weniger gut verkraftet hatte als zuvor angenommen.

John ging zurück zum Jumper und setzte sich auf dessen Ladekante. „Er ist wieder ganz der Alte. Um ihn brauchen wir uns keine Sorgen machen. Hätte ich ihn mitgenommen, sähe das schon ganz anders aus.“ Er löste die P90 von seiner taktischen Weste und legte sie neben sich. Auf den erwartungsvollen Blick des Satedaner hin, wies er mit einer knappen Kopfbewegung ins Innere des Jumpers. „Wir haben genügend Waffen und Munition an Bord, um eine kleine Belagerung zu überstehen. Bedienen Sie sich, Ronon.“ Er schaute nur kurz auf, als Rhyan zu ihnen auf die Rampe trat. „Er ist voll und ganz damit beschäftigt, die Datenbanken nach weiteren Informationen über diesen Vorposten zu durchforsten, die Aufschluss über Zweck und Ausstattung geben könnten. Und über mögliche Gefahren, die uns in dessen Innern erwarten könnten.“

„Wir haben also einen Plan?“ Ronon ließ sich an der Außenwand des Jumpers nieder, offensichtlich äußerst glücklich über die neue Bewaffnung.

„Wir haben einen Plan. Zumindest etwas, das man so nennen kann.“ Mit kurzen Worten erklärte der Colonel seinem Team, wie sich der Ablauf der nächsten Stunden im Groben gestalten sollte, sobald die Daedalus den Orbit erreicht hatte. Niemand schien sonderlich begeistert, aber das hatte er auch nicht erwartet. Beinah wünschte er sich, dass einer von beiden mit einem wunderbaren Masterplan aufwarten konnte. Doch Ronon und Teyla schwiegen, als er mit seinen Ausführungen am Ende angekommen war. „Es ist ein Himmelfahrts-Kommando, ich weiß. Aber wenn wir uns nicht beirren lassen, haben wir eine reelle Chance.“

„Dann sollten wir schleunigst mit den letzten Vorbereitungen beginnen.“ Teyla erhob sich, die Maschinenpistole entschlossen an ihrer Weste befestigend. Ihr Blick hatte eine Härte, die Rhyan ihr im Leben nicht zugetraut hätte. Es befremdete sie ein wenig, allerdings zeigte ihr das nur allzu deutlich, wie entschlossen die Atlanter wirklich waren, diese Gefahr zurückzuschlagen. Mit dieser Einstellung würden sie vermutlich tatsächlich eine Chance haben.

Sie würden ein letztes Mal das in Frage kommende Gebiet überfliegen und mit den Sensoren des Jumpers scannen, um vorab so viel Informationen wie möglich an die Daedalus zu senden. Dann würden sie sich einen Zugang in das unterirdische System auswählen und sich vor diesem postieren, in Erwartung der flüchtenden Wraith.

Arokh war offenkundig beleidigt, dass man das mechanische Fluggerät seinem Können vorzog. Ein tiefes, drohendes Grollen war aus seiner Richtung zu hören gewesen, als Sheppard diesen Punkt erläutert hatte, und hatte jeden von ihnen erschrocken herumfahren lassen. Doch Rhyan hatte nur leise gelächelt und war zu ihrem mächtigen Freund hinübergegangen, um ihm eine Hand tröstend auf die warmen Halsschuppen zu legen. Sie brauchten den Jumper für den Kontakt mit der Daedalus und das konnte der Drache nun einmal unmöglich gewährleisten.

Das Versprechen, dass seine Unterstützung noch früh genug bitter benötigt werden würde, schien sein Gemüt zu besänftigen. Er sollte sich so lange wie möglich im Verborgenen halten und erst dann dazu stoßen, wenn der Angriff der Daedalus begonnen hatte. Die Wraith sollten den Eindruck gewinnen, dass ihnen aus jeder Richtung Gefahr drohte. Sheppard hoffte, dass sie dieser Umstand kopflos machen würde.

Der Jumper hatte die Vier dann über die langsam heller werdende Ebene getragen, sicher verborgen durch den Tarnmodus. Ihre Sensoren entdeckten eine Vielzahl von Ausgängen, doch nicht ein einziges Lebenszeichen. Die Wraith mussten sich weit in den Gängen zurückgezogen haben, anders war diese absolute Abstinenz nicht zu erklären.

Sheppard ging nahe eines zerklüfteten Canyons zur Landung, an dessen äußerstem Ende einer der Ausgänge verborgen lag. Hier hatten sie hervorragende Deckung, während diejenigen Wraith, die durch die Öffnung kommen würden, keine andere Wahl hatten als in ihr Sperrfeuer zu laufen. Es war beinah lächerlich einfach, wenn man es so betrachtete. Doch Sheppard zweifelte, dass es in der Umsetzung dann auch so reibungslos von Statten gehen würde. Dennoch war dies der Beste Ort für ihren Hinterhalt, den sie hatten finden können.

Als Caldwell sich über Funk meldete und die Daedalus an ihrem planmäßigen Einsatzort meldete, verließen die vier Menschen die Sicherheit des Jumpers und begaben sich auf ihre Plätze innerhalb des Canyons. Am Grund der Kluft herrschte noch immer düstere Finsternis, obgleich sich die Sonne auf der Ebene bereits schwach über den Horizont erhoben hatte. Ein Blick in den wolkenlosen Himmel bestätigte die Anwesenheit des gewaltigen Sternenkreuzers. Caldwell hatte die Daedalus weit in den Orbit herabsinken lassen und so schwebte sie einem drohenden Unheil gleich über der Szenerie.

Dann gab Sheppard den Beschuss auf den unterirdischen Komplex frei.

Man hätte es als schön bezeichnen können, als sich unzählige Geschosse aus der Unterseite des Sternenschiffes lösten und wie ein Feuerregen der Erde entgegenstürzten. Für einen Moment schien selbst der Wind ehrfürchtig inne zu halten. Dann erzitterte die Erde unter den ersten Einschlägen und ein tiefes, volltönendes Dröhnen schwappte zu ihnen heran, welches sich kontinuierlich zu einem ohrenbetäubenden Brüllen steigerte.

Rhyan drückte sich instinktiv dichter an die raue Felswand und warf einen besorgten Blick auf die Hänge des Canyons. Sheppard hatte versichert, dass sämtliche Detonationen weit genug entfernt sein würden, um einen Einsturz der Kluft zu verursachen. Doch wer wusste schon, was für Auswirkungen ein derartiger Beschuss tatsächlich haben würde?

Sie richtete ihren Blick wieder nach vorne, als die Daedalus ihre zweite Salve auf den Weg schickte. Aus dem Innern des Tunnels wehte der erste Staub und Rhyan war sich sicher, dass sie Schritte vernehmen konnte. Noch weit entfernt, doch stetig näher kommend. Bedächtig wog sie eines ihrer Wurfmesser in der Rechten.

Ein Heulen, das beinah so klang als würde es von großen Turbinen verursacht, ließ die Vier aufschrecken und Sheppard schwenkte seine Waffe dem schmalen Streifen Himmel entgegen, der sich über ihnen auftat. Er war deutlich blasser geworden.

Im gleichen Augenblick spürte Rhyan, wie Arokh sich mit ihr in Verbindung setzte und Bilder mehrerer pfeilförmiger Fluggeräte in ihren Geist sandte. Sie erkannte in ihnen entsetzt die Abbildungen von Wraith-Jägern wieder, die sie auf Atlantis zu sehen bekommen hatte. Voller Grauen verfolgte sie durch die Augen des Drachen, wie dieser sich einem dieser Jäger entgegenwarf und mit seinem rot-blauen Feuer übergoss. Grell zuckten die Geschosse der Wraith an ihm vorbei und ließen mehrere Bäume am Boden in weißem Feuer vergehen.

Rhyan und Sheppard tauschten einen kurzen, jedoch sehr besorgten Blick. Überflüssiger Weise teilte Caldwell ihnen in diesem Moment über Funk die Anwesenheit mehrerer Wraith-Darts mit. Sheppard ging nicht auf diesen Hinweis ein, kamen jetzt auch die ersten Wraith aus dem Gang vor ihnen gestolpert. Teyla eröffnete das Feuer. Die dahinter folgenden Flüchtlinge rannten genau in Ronons Visier und stürzten kurze Zeit später ebenfalls zu Boden.

Der Plan schien tatsächlich aufzugehen. Immer dichter wurde der Staub, der aus dem Tunnel in den Canyon wallte. Die Wraith hetzten in Kleingruppen dem rettenden Sonnenlicht entgegen, blind vom Staub und vor Angst. Nur um direkt in ihren Tod zu laufen.

Keiner der vier Menschen zuckte auch nur ein einziges Mal mit der Wimper oder verspürte gar Mitleid mit den wehrlosen Bestien. Zu viel Leid hatten sie gebracht, als dass sie auf solch eine Gnade wie Mitleid hätten zählen können.

Sheppard wurde abgelenkt, als Rhyan hinter ihm plötzlich aus ihrer Deckung trat und mit zusammengekniffenen Augen den Rand der Kluft inspizierte. Alarmiert blickte er ebenfalls hinauf. „Was ist?“

„Wir werden angegriffen!“

Er hatte keine Ahnung wie sie es anstellte, doch vor seinem inneren Auge flammte plötzlich ein Bild auf. Über die Ebene kam ein ganzer Trupp Wraith auf sie zu, zielstrebig und in hohem Tempo. Da das Bild aus der Vogelperspektive zu kommen schien, nahm der Colonel an, dass Arokh ihnen diese Warnung hatte zukommen lassen.

Wieder begegnete sein Blick dem der jungen Frau und sei Herz zog sich zusammen. Er hatte gewusst, dass es nicht so einfach gehen würde. Mit einem knappen Nicken entließ er sie.

Rhyan fuhr herum und sprang mit einer katzenhaften Eleganz die Felsvorsprünge hinauf, einen langgezogenen, klagenden Pfiff aussendend. Oben angelangt hielt sie noch ein Mal inne und blickte zu ihm herab. Er meinte ein schwaches Glühen gleich flüssigem Feuer in ihren Augen erkennen zu können. Dann verschwand sie aus Sheppards Blickfeld. Ihm blieb nichts, als ihr stumm einen ganzen Haufen Glück hinterher zu wünschen.
 

Einmal aus der Schlucht heraus zeigte sich Rhyan das ganze Ausmaß der Verwüstung, welche die Daedalus dem Landstrich brachte. Turmhoch reckten sich Staubwolken in den Himmel und ließen den Horizont verschwimmen. Die Ebene war zerklüftet. Aufgerissen, als habe ein riesenhaftes Wesen gewütet.

Rhyan legte den Kopf in den Nacken und ließ ihren Blick suchend über den Himmel huschen. Der Sternenkreuzer war durch all den Nebel nicht mehr zu erkennen. Stattdessen sah sie eine Flotte von etwa sieben Wraith-Jägern durch die Wolken brechen. Ein Teil von ihnen beschoss ein für sie unsichtbares Ziel. Vermutlich die Daedalus, da die Salven durch immer wiederkehrende Geschoss-Schleier erwidert wurden. Ein Jäger explodierte in einem blendenden Feuerball.

Die anderen Jäger waren in einen Kampf mit dem Drachen verwickelt. Arokh schraubte sich mit akrobatischer Grazie durch die Luft, versuchte offensichtlich so zu fliegen, dass die Wraith versucht waren auf ihn zu schießen und damit ihre eigenen Leute in Gefahr zu bringen.

Rhyan hielt die Luft an, als er in einer waghalsigen Wendung direkt an einen der Jäger heranwirbelte, das Verdeck mit seinen Pranken packte und vom Gehäuse des Fliegers löste. Der Jäger stürzte trudelnd zu Boden. Der Drache stieß sich ab und floh zurück in den Schutz der Rauchschwaden. Einen Herzschlag zu spät.

Wie aus dem Nichts erschien über ihm ein Jäger und schoss eine Drohne auf den Drachen ab. Arokh warf sich zur Seite, konnte jedoch nicht mehr rechtzeitig ausweichen. Die Drohne durchschlug die dünne Flugmembran seines rechten Flügels.

Der Drache stieß ein markerschütterndes Brüllen aus, ließ sich in einen Sturzflug fallen und entkam so einem weiteren Angriff des Jägers. Schwarzes Blut sprühte wie feiner Regen durch die Luft.

Rhyan ächzte und brach in die Knie. Gleißender Schmerz tobte durch ihr Inneres und löschte für wenige Augenblicke alles weitere um sie herum aus. Auch wenn sie den Drachen bereits vor vielen Zyklen freigegeben hatte, würde es ihr ganzes Leben ihr Schicksal sein, dass sein Schmerz auch ihr Leid zufügen würde.

Als der Schmerz endlich verblasste, raffte sie sich mit einem bitteren Knurren auf. Sie hatte hier oben eine Aufgabe zu erledigen. Andernfalls wären die drei Atlanter am Fuß des Canyons dem heranrollenden Wraithtrupp schutzlos ausgeliefert. Ein Blick aus ihren unmenschlichen Augen verriet ihr, dass die Wesen nur noch wenige hundert Schritt von ihr entfernt waren. Sie lächelte dämonisch.

Markor, der ihren Ruf sehr wohl vernommen hatte, erreichte sie in diesem Moment und sie saß auf. Leid glitt federleicht in ihre rechte Hand, dann ließ sie den schwarzen Hengst in einen sanften Trab fallen, der sie dem Trupp entgegentragen würde. Sie spürte das erregte zittern seiner Flanken, das sich auf sie übertrug. Sie würde den Tod zu den Wraith bringen. Nicht umgekehrt.

Die herannahenden Wraith hielten in ihrem Vormarsch inne, als sie den Schatten, welcher ihnen aus dem diffusen Innern der Rauchschwaden entgegenkam, gewahrten. Mit bedächtigen Schritten kam die Reiterin auf sie zu, ein bösartiges Lächeln auf den Zügen. Der Nebel kräuselte sich um sie herum und verdunkelte sich, so dass es dem Betrachter so vorkam, als würden sich mächtige Schwingen aus tiefem Schatten aus ihrem Rücken entfalten. Das Schwert in ihrer rechten Hand ragte bedrohlich hervor und die Intarsien, welche sich über die gesamte Schneide wanden, glühten in einem wütenden Rot.

„Mein Name ist Rhyan. Ich bringe euch den Tod.“

Die Wraith zögerten, verunsichert von diesem selbstbewussten Auftreten. Etwas wie sie hatten sie augenscheinlich noch nie zu Gesicht bekommen.

Dann nahm Rhyan ihnen die Entscheidung über einen Angriff ab und ließ den schwarzen Hengst mit ausgreifenden Sätzen auf sie zu jagen. Sie hatte die ersten Wraith erreicht, noch bevor diese ihre Waffen überhaupt heben konnten, und trennte ihnen mit einem einzigen Hieb die Schädel vom Rumpf. Markor ging wiehernd auf die Hinterhand und kreiselte herum, ermöglichte es Rhyan das Schwert wie eine Sense durch die Reihen der Wraith zu führen und Tot und Verdammnis zu sähen. Binnen kürzester Zeit hatte sie dir Ordnung des Trupps gesprengt und die Verteidigung brach zusammen.

Von den wirbelnden Hufen tödlich getroffen, gingen zwei weitere Wraith zu Boden.

Ungezielte Schüsse aus den Langwaffen der Kreaturen prallten wirkungslos an dem Schwert ab und wurden auf die glücklosen Schützen zurückgeworfen.

Klirrend prallte die stumpfe Seite des Schwertes gegen die Waffe des nächsten Wraith, der sich gekonnt gegen die brachialen Angriffe der jungen Frau zur Wehr setzte. Der Pferdeleib drängte ihn zurück, doch die Verteidigung vermochte sie nicht zu unterlaufen. Sie hörte hinter sich das Geräusch eines abgefeuerten Stunners und spürte noch im selben Moment einen stechenden Schmerz, der ihr Rückrad hinaufschoss bis in ihren Kopf.

Mit einem hasserfüllten Aufschrei warf sie Markor herum und begegnete dem Schützen, der sie fassungslos anstarrte. Der Treffer bereitete ihr Schmerzen, doch die lähmende Wirkung blieb aus.

Die Intarsien auf der Schwertklinge leuchteten auf, als sie die ihr entgegengestreckte Waffe zerschlug und den Wraith von der Schulter abwärts beinah in zwei Hälften teilte. Knurrend riss sie die Waffe frei, wobei dunkles Blut in die Gesichter der Angreifer spritzte.

Der jämmerliche Rest des Trupps wich entsetzt vor ihr zurück. Rhyan konnte deren Angst beinah riechen. Ihr düsteres Lächeln entblößte spitze Fangzähne und ließ die Wraith endgültig in kopfloser Panik davon stürmen.

Doch Rhyan dachte nicht daran sie entkommen zu lassen. Mit einem verächtlichen Lachen setzte sie ihnen nach, ritt den Langsamsten ungerührt über den Haufen, schlug den nächsten im Vorbeireiten die Köpfe von den Schultern und sandte dem letzten Überlebenden ihr Schwert in einem langgezogenen geworfenem Bogen hinterher. Federnd blieb es im Rücken des Flüchtenden stecken.

Der Blick der jungen Frau glitt über das verwüstete Land. Dieser Trupp würde keinen Schaden mehr anrichten. Doch es waren bereits weitere unterwegs. Die Daedalus setzte ihren Beschuss fort, doch es musste Fluchtwege geben, die sie bisher nicht entdeckt hatten. Arokh war zu sehr mit dem Kampf gegen die Jäger beschäftigt, als dass er sich darum hätte kümmern können.

Also würde sie sich diesem Problem annehmen. Sie wendete ihren Hengst und galoppierte zurück. Wenig später war sie von den Rauchschwaden verschlugen.

Death-trap

Die Sonne stand bereits hoch im Zenit, als der letzte der Jäger vom Himmel geholt worden war und die Daedalus ihren Beschuss einstellte. Auch in dem Canyon war es jetzt unangenehm heiß, wo kaum noch Schatten zu finden war, und die Luft war stickig vom aufgewirbelten Staub.

Sheppard wischte sich den Schweiß von der Stirn und richtete sich nach Stunden endlich wieder zur vollen Größe auf. Seine Knochen knackten protestierend. Viel länger hätte der Beschuss nicht andauern dürfen. Ihre Munition war beinah aufgeraucht. Sein Blick glitt forschend über Teyla und Ronon, die sich nun ebenfalls aus ihrer Deckung lösten und zu ihm herüberkamen. Erleichtert stellte er fest, dass sie unversehrt waren. In dem Chaos des Gefechts hatte er keine Gelegenheit gehabt, sich über die Lage seiner Freunde zu informieren. Ebenso wenig wusste er über Rhyans Verbleib. Seitdem sie verschwunden war, hatte er nichts mehr von ihr gehört.

„Haben wir es geschafft?“ Der Satedaner wirkte abgekämpft aber durchaus zufrieden. Einen Streifschuss am linken Arm hatte er notdürftig mit einem Lappen abgebunden, den er jetzt löste, um die Wunde behandeln zu können.

Sheppard ging ihm dabei zur Hand. „Caldwell hat gemeldet, dass er nicht davon ausgeht, dass noch irgendein Fluchtweg offen liegt, außer diesem hier. Nach seinen Angaben hat die Daedalus das Antlitz der Landschaft einmal auf Links gedreht.“

Teyla hob ob dieser Aussage eine Augenbraue und schaute verunsichert zum Rand der Kluft hinauf. Der Himmel war verhangen von Rauch und Staub. Sie mochte sich nicht vorstellen, wie es dort oben jetzt aussehen würde. „Was ist mit unserer Begleiterin? Mit Rhyan? Wo ist sie?“

John seufzte und schnitt eine Grimasse. „Sie ist gegangen, um uns den Rücken vor nahenden Wraith-Trupps freizuhalten. Ich habe seither nichts mehr von ihr gehört.“

Das Team tauschte besorgte Blicke.

„Dann sollten wir nach ihr suchen. Wir lassen niemanden zurück.“

Die sture Entschlossenheit des Kriegers ließ den Colonel schmunzeln. „Die Suche ist bereits veranlasst. Ich habe Caldwell über Rhyans Lage informiert. Er wird nach ihr und dem Drachen Ausschau halten.“ Er verbarg, wie sehr es ihn aufwühlte, dass er bislang noch keine Rückmeldung bekommen hatte. Die Daedalus hätte beide längst aufspüren müssen. In seinem Geist spukten die grausamsten Bilder umher und machten es ihm schwer, konzentriert nachzudenken. Er sah Arokh im Kreuzfeuer der Jäger zu Boden stürzen und Rhyan in Stücke gerissen durch die Wraith. Er schauderte und versuchte die Bilder abzuschütteln. Es war noch nicht die Zeit, sie aufzugeben.

Statt dessen wandte er sich Teyla zu. „Wir müssen wissen, was unser Angriff angerichtet hat und wie viele unserer Freunde überlebt haben.“ Er wusste, was er da von der Athosianerin verlangte. Doch er sah keinen anderen Weg. Ihre Fähigkeit, sich mit dem Geist der Wraith in Verbindung setzen zu können, war die einzige Möglichkeit Gewissheit zu erlangen. Auch wenn es Teyla missviel und in nicht unerhebliche Gefahr brachte. „Wir müssen erfahren, ob das Alpha-Männchen überlebt hat.“ Er fand schlichtweg kein anderes Wort für den Wraith, der über diese Kolonie die Herrschaft inne hatte.

„Ich weiß.“ Der Blick ihrer dunklen Augen war betrübt. „Ich habe bereits versucht in die verbliebenen Geister hineinzusehen. Es haben nicht viele überlebt, soviel steht fest.“ Sie seufzte. Es war erfreulich, dass der Plan derart positiv für sie aufgegangen war. Doch die Gefahr war dadurch noch immer nicht gebannt. „Er lebt. Irgendwo dort unten muss es einen Bereich geben, der dem Beschuss hat standhalten können.“

Sheppard schloss mit einem leisen Fluch die Augen. Er hatte gebetet, dass es ihnen erspart bleiben würde, noch einmal in das Labyrinth hinabsteigen zu müssen. Doch solange dieser Wraith lebte, konnten sie den Planeten nicht verlassen.

Eine unerwartete Windböe wirbelte den sich grade senkenden Staub wieder auf und ließ die drei Atlanter straucheln. Blinzelnd schauten sie zu dem Schatten auf, der sich auf der Klippe des Canyons niedergelassen hatte und Sheppard verspürte einen fast schmerzhaften Stich der Freude, als er in den Umrissen Arokh erkannte. Neben ihm, auf einem schwarzen Pferd, saß Rhyan.

Der Blick des Colonels blieb an der rechten Schwinge des Drachen hängen, welche dieser leicht vom Körper abgespreizt hielt und von der noch immer schwarzes Blut troff. Es war deutlich zu sehen, dass die Membran stellenweise zerfetzt war. Bestürzt machte Sheppard ein paar Schritte auf ihn zu. Wie sollte man die Verletzung eines Drachen behandeln?

„Es wird heilen, sei unbesorgt.“ Rhyan lächelte und kam zu ihnen herab. „Aber er bedankt sich für deine Sorge.“

John musterte sie aufmerksam. Ihre Kleider waren stellenweise aufgerissen und getränkt von dunklem Blut, doch er konnte keine Verletzungen an ihr erkennen. „Du hast sie also besiegt?“

Die junge Frau lächelte. „Sicher. Sonst stände ich nicht hier.“

Er zauderte kurz, dann trat er vor und zog sie kurz entschlossen in seine Arme. Rhyan blinzelte überrascht, ehe sie die Umarmung behutsam erwiderte.

Teyla und Ronon, die nicht minder überrascht zu sein schienen, tauschten einen flüchtigen Blick und schmunzelten dann leise amüsiert.

Verlegen räusperte sich der Satedaner nach einer Weile. Er störte seinen Kommandanten nur ungern in einer solch intimen Situation. Doch ihre Probleme waren nach wie vor noch nicht bewältigt. „Wir sollten gehen und sehen, ob wir einen freien Weg zu dem Wraith finden können, um ihm sein Licht ein für alle Mal auszublasen.“

John ließ von Rhyan ab und schaute fast ein bisschen verlegen drein. Er nickte. „Beenden wir es.“

Er setzte Caldwell über ihre weitere Vorgehensweise in Kenntnis und meldete das Team für drei Stunden ab. Sollten sie dann nicht wieder zurück an der Oberfläche sein, sollte der Colonel einen Suchtrupp entsenden.

Sie alle blickten noch ein letztes Mal zu dem Drachen auf, der wie ein stummes Versprechen diesen Fluchtweg für sie zu verteidigen, am Rand des Canyons hockte. Dann tauchten sie in die Dunkelheit des unterirdischen Komplexes ein.
 

Die Suche zog sich hin, da sie immer wieder unvorhergesehen in Sackgassen gerieten oder Gänge mieden, die einen zu instabilen Eindruck auf sie machten. So wandten sie sich mal hierhin, mal dorthin, ohne so recht zu wissen, in was für eine Richtung sie sich überhaupt bewegten, alleine angeleitet durch Teylas Führung. Es war zwecklos, sich Gedanken wegen der Zeit zu machen. Trotzdem wurde Sheppard mit jeder verstreichenden Minute unruhiger. Würde ihm Teyla nicht versichern, dass sie sich dem gesuchten Wraith kontinuierlich näherten, hätte er die Suche abgebrochen, um eine groß angelegte Aktion zu planen.

Die Hälfte ihrer Zeit war verstrichen, als die Athosianerin mit einem Mal stehen blieb und sich verunsichert im Kreis drehte. Im undeutlichen Licht der Taschenlampen wirkten ihre Gesichtszüge blass und die dunklen Augen unnatürlich groß.

„Was ist?“ John flüsterte, obwohl er nicht so recht wusste, weshalb. Aber es erschien ihm angebracht. Sie standen im Mittelpunkt einer Kreuzung, von der gleich mehrere Gänge abzweigten und der Colonel konnte sich denken, dass es nicht leicht war, ihre weitere Richtung zu bestimmen. Doch irgendetwas störte ihn an Teylas Verhalten. Etwas, das ihn vermuten ließ, dass mehr im Gange war als die bloße Richtungsbestimmung.

Sie blickte ihn verstört an. „Irgendetwas...“

Ohrenbetäubender Lärm ließ die vier Menschen entsetzt zusammenzucken und instinktiv näher zusammenrücken. Der Boden unter ihren Füßen schien sich aufzubäumen und die Luft war erfüllt von Staub und herumwirbelnder Erde und Gestein. Für wenige Herzschläge waren sie vollkommen blind und orientierungslos.

„Bei allen neun Höllen, was...“ Rhyan schüttelte sich den Dreck von den Schultern und sah sich blinzelnd um. Nur um Ronon zu entdecken, der einige Meter von ihr entfernt reglos am Boden lag. Hastig machte sie ein paar Schritte auf ihn zu, als sie ein lähmender Schmerz in den Rücken traf und taumeln ließ. Sie fuhr mit einem wutentbrannten Fauchen herum... und erstarrte.

Teyla hing wehrlos zwischen zwei bis an die Zähne bewaffneten Wraith, offenbar halb bewusstlos. Dahinter konnte sie zudem die Bewegungen weiterer Wraith ausmachen. Und Sheppard...

Ein drohendes Knurren entwich ihr. Der Colonel war von einem wahrhaft beeindruckenden Wraith an der Kehle gepackt worden, der ihn am ausgestreckten Arm an die Wand presste, mehrere Schritt über dem Boden. Blut sickerte aus einer böse aussehenden Wunde an seiner linke Schläfe. „Überleg dir was du tust, Mensch!“

Sie wusste nicht, was der Wraith tat, doch John krampfte sich in dessen Griff zusammen und winselte. Bestürzt hielt sie inne.

Es war ihr ein Rätsel, wo all diese Bestien so schnell hatten herkommen können, ohne von ihnen bemerkt zu werden. Dieser Hinterhalt war offensichtlich gut durchdacht worden. Sämtliche Gänge, die zuvor von diesem Wegpunkt abgegangen waren, waren nunmehr verschüttet. Die Decken waren eingebrochen. Statt dessen hatten sich zwei neue Gänge geöffnet, wo vorher nur nackter Fels gewesen war. Scheinbar hatten die Wraith in diesen Gänge auf sie gewartet, um sie dann hinterrücks zu überfallen. Wieder knurrte Rhyan. Dieses Mal jedoch, weil sie sich maßlos über sich selbst ärgerte.

Herausfordernd blickte sie ihrem Gegenüber in die hässlichen Augen. Er musste das Alpha-Männchen sein, dass sie hier unten hatten finden wollen. Sie musste sich demnach schleunigst einen Ausweichplan einfallen lassen. Bloß welchen? „Was willst du?“

Statt ihr zu antworten lachte der Wraith nur. Ein schauriges, knarzendes Geräusch, welches Rhyan eine Gänsehaut verursachte. Mit der freien Hand öffnete er gelassen Johns taktische Weste, die ihn vor den tödlichen Klauen der Kreaturen bewahrt hätte. Dann ließ er langsam seine Krallen über dessen Oberkörper gleiten, eine tiefrote Spur hinter sich herziehend. Sheppard stieß einen stummen Schrei aus und wand sich im Griff des Wraith.

Rhyan zuckte, den maßlosen Hass nur mühsam unter Kontrolle haltend. Ihr Blickfeld schien sich zu verengen, auf einen Tunnelblick zusammenzuziehen.

„Ich kann ihn mit einer einzigen Bewegung töten. Denk darüber nach.“

Bodenlose Hilflosigkeit ließ sie schwindeln. Sie sandte einen verzweifelten Hilferuf zu Arokh, wohl wissend, dass er ihnen hier unten nicht helfen konnte. „Was willst du noch? Du hast alles, wonach du getrachtet hast. Diese Menschen nutzen dir nichts mehr.“

Der Wraith entblößte sein widerwärtige fauliges Gebiss. „Treffend bemerkt. Ein Basisschiff ist unlängst auf dem Weg hierher und es wird mir ein persönliches Vergnügen sein, mein Wissen mit meinen Geschwistern zu teilen. Und dann...“ Seine Hand zuckte zur Seite und traf Sheppard zielgerichtet am unteren Rippenbogen und unterband damit die schwachen Versuche des Colonels, den Griff um seinen Hals zu sprengen. „... dann werden wir kommen und uns fürstlich an eurem frischen Fleisch weiden.“

Kalte Furcht strömte durch ihre Adern. Wenn das wahr war... Sie schüttelte sich. Verdammt, was war nur los mit ihr? Sie musste klar denken, nachdenken. Und zwar schnell. Hastig informierte sie Arokh über die neue Lage, hoffend, dass er es irgendwie schaffen würde, die Daedalus und damit Colonel Caldwell zu warnen.

Für sie und die drei Atlanter würde der Weg hier raus ein schwerer werden. Möglicherweise ein Weg, den sie nicht zu Ende gehen würden. Allerdings machte sie sich auch keine Illusionen. Das Alpha-Männchen würde sie ohnehin töten. Sie spürte, dass sich Ronon hinter ihr langsam wieder zu regen begann und wandte sich zu ihm um, um zumindest seine Gefangennahme zu verhindern. In diesem Moment stieß Sheppard ein heiseres Krächzen aus.

Unglaublicher Zorn brach sich Bahn, schoss heiß glühend durch jede Faser ihres Körpers und löschte ihren Geist aus. Fauchend wirbelte sie zu dem Wraith herum, der in eben diesem Augenblick seinen Stunner auf sie abfeuerte. Das Geschoss traf sie frontal gegen die Brust... doch Rhyan blieb ungerührt aufrecht stehen. Und sie hatte sich verändert. Die Metamorphose war in Bruchteilen von Sekunden vollzogen worden und ließ Rhyans Drachenerbe überdeutlich zu Tage treten. Das spärliche Licht brach sich auf den langen Reißzähnen und den winzigen Schuppen, die sich stellenweise auf Gesicht und Unterarmen gebildet hatten. Die menschlichen Hände waren Klauen mit tödlichen Krallen gewichen und in ihren Augen, deren geschlitzte Pupillen vom Zorn verengt waren, glomm bodenloser Hass in der feurigen Iris. Die Schatten auf dem rauen Fels erweckten einmal mehr den Eindruck mächtiger Schwingen, die den gesamten Gang ausfüllten.

Diese Veränderung verfehlte ihre Wirkung nicht. Das Alpha-Männchen prallte zutiefst erschrocken zurück und löste seinen Griff um Sheppards Kehle. Der Moment, auf den Rhyan gewartet hatte. Sie schlug den Wraith mit einem einzigen Rückhandschlag gegen den Kopf zu Boden und setzte sofort über ihn hinweg, um Teyla aus den Händen des Feindes zu befreien. Ihre Wächter fielen sterbend zu Boden, der Rest der verbliebenen Wraith floh, zurück in die Eingeweide der Erde.

Sekundenbruchteile. Ein Augenaufschlag. Eine Illusion?

So schnell, wie der Wandel gekommen war, ging er auch wieder und Rhyan brach ächzend in die Knie. Jedes Mal, wenn sie diese vollendete Form ihrer Existenz annahm, starb ein kleiner Teil ihres menschlichen Daseins und wurde ersetzt. Und jedes Mal musste sie härter kämpfen, um wieder in ihre menschliche Gestalt zurück zu kehren. Jede verstreichende Minute kostete sie mehr Kraft. Und irgendwann würde es für sie kein Zurück mehr geben. Sie würde für immer in ihrer dämonischen Form gefangen sein.

Durch den Schleier ihrer Schwäche sah sie, wie sich das Alpha-Männchen regte, doch ihr fehlte die Kraft, um sich gegen den herannahenden Schlag zu verteidigen. Einem gefällten Baum gleich stürzte sie zur Seite.

„Menschen.“ Das Wort troff vor Hass und Verachtung, doch die Stimme des Wraith zitterte, während er sich mühsam wieder erhob. „Ihr leistet Widerstand, obwohl eure Lage aussichtslos ist.“

Rhyan schloss die Augen, überzeugt, dass sie ihre letzten Atemzüge nahm. Stattdessen verschwand der Schatten von ihrem Gesicht.

Sheppard hatte sich mühsam wieder auf die Beine gestemmt und riss das Männchen rücklings von den beiden am Boden liegenden Frauen weg. Er atmete schwer: „Du solltest aufhören jedes Mal von dir auf andere zu schließen.“ Das Blut achtlos zur Seite wischend schlich er um den Wraith herum. „Und ihr solltet endlich aufhören die Menschen zu unterschätzen. Du musst zugeben, dass wir euch mehr Ärger bereiten als euch lieb ist.“

„Deine Leute mögen dein jämmerliches Verhalten als Mut bezeichnen. Aber ich sage dir, du bist töricht.“ Aufmerksam folgte der Wraith Sheppards Bewegungen. „Ich habe von dir gehört und den Schwierigkeiten, die du meinen Geschwistern bereitet hast. Es wird mir eine wilde Freude sein, derjenige unter ihnen zu sein, der deinen Geist bricht und sich an dir nährt.“ Er lächelte verschlagen.

Unbeeindruckt erwiderte der Colonel den Blick. „Du scheinst vergessen zu haben, dass du das schon einmal versucht hast und kläglich gescheitert bist.“

Das wütende Aufblitzen in den Augen seines Gegenübers warnte Sheppard keine Sekunde zu früh vor dessen Angriff. Mit einem Ausfallschritt wich er seitlich aus und nutzte die Gelegenheit, unbemerkt das Messer aus seiner Halterung am Gürtel zu ziehen. Blitzschnell ließ er die Waffe vorspringen und verletzte den Wraith mit einem Schnitt über den Unterarm.

Stelle dich nie einem verletzten Tier entgegen, welches unter Schmerzen leidet.

Der Wraith schrie vor Schmerz und Zorn auf, stieß sich von der Mauer ab und griff Sheppard erneut an. Die Enge des Ganges machte eine direkte Konfrontation unausweichlich und so wurde John heftig gegen den rauen Felsen geschleudert. Es folgte ein verbissener Schlagabtausch, der ihn beinah in einem Crescendo aus Schmerz, Dunkelheit, dem Geschmack von Blut und Schwindel ertrinken ließ. Er spürte, wie der Wraith immer wieder seine Verteidigung durchbrach, doch er konnte nicht sagen, wessen Blut er auf seiner Haut fühlte. Mit tödlicher Präzision fand auch sein Messer immer wieder eine Lücke, durch die es zu dem Wraith vordringen konnte.

Die Waffe glitt ihm aus der Hand, als sein Gegner seinen Kopf hart gegen die Wand rammte und er so für mehrere Herzschläge sämtliches Gefühl in seinem Körper verlor. Sheppard brach zu Füßen des Wraith zusammen, der ihn mit einem verächtlichen Tritt von sich weg beförderte.

Keine Kraft mehr. Er war es so leid zu kämpfen. Er war die Schmerzen leid. Überdeutlich konnte er spüren, wie sein Blut aus den unzähligen Wunden auf seinem Körper entwich und ihn schwächte. Der Wraith sagte irgendetwas zu ihm, doch er verstand die Worte nicht mehr und es war ihm auch egal. Es war einfacher, den Widerstand einfach einzustellen.

Atlantis.

Gleich einem Traumbild erschien das Antlitz der Stadt vor Sheppards innerem Auge. Ihre fast schon schmerzhafte Schönheit zog sein Herz zusammen. Sie würde vernichtet werden. Womöglich würde das Unheil noch innerhalb der nächsten Stunden über sie und ihre Bewohner herfallen und sie schutzlos treffen. Eine Zukunft, wie sie nicht eintreten durfte.

Schwach öffnete der Colonel seine Augen. Der Wraith lamentierte noch immer. Allein der Teufel wusste, was für eine Abhandlung er den hilflosen Menschen so dringend zuteil werden lassen musste. Sheppards Blick fiel auf den Schwertgriff, der aus Rhyans Rückenhalterung ragte und genau in seine Richtung wies.

Wie ein Omen.

Zähneknirschend zwang er seinen Arm sich zu bewegen und sich dem Griff zu nähern. John betete, dass der Wraith nichts von seinem Vorhaben mitbekam. Doch das Gebet wurde nicht erhört. Schnelle Schritte zu seiner Linken verrieten dem Colonel, dass der Wraith sich näherte. Verzweifelt reckte er sich und bekam das Schwert zu fassen.

Fast augenblicklich flammten die Intarsien auf.

Sheppard warf seinen ganzen Körper herum, um das lange Schwert herumreißen zu können und dem herannahenden Wraith entgegen zu halten. Er stöhnte vor Anstrengung gequält auf.

Das Alpha-Männchen hingegen konnte in seiner Vorwärtsbewegung nicht mehr bremsen. Seine Augen weiteten sich entsetzt, starr auf die Schwertspitze fixiert, die sich ihm tödlich entgegenstreckte. Lautlos durchtrennte sie Kleidung, Muskeln und Fleisch und tauchte unmittelbar unter dem Rippenbogen in seinen Oberkörper ein.

Für Sekunden schien die Szenerie wie eingefroren und Sheppard und der Wraith blickten einander an. Dann kippte der Körper mitsamt dem Schwert zur Seite und kam mit einem dumpfen Klatschen auf dem Steinboden auf.

Es war vorbei.

Und Colonel John Sheppard versank in vollkommen erschöpfter Bewusstlosigkeit.
 


 


 

So meine Süßen.

Das nächste Kapi wird dann das Letzte sein und ich habe es endlich mal wieder hinbekommen, eine FF zum Ende zu führen. XD Es hat mir fast leid getan, sie nach Hause zu lassen. ;)

Bisher jedenfalls DANGÖ für die Kommis und für eure Treue.

Und dann viel Spaß beim letzten Teil. ^^Y
 

Nighty

Dancer in the dark

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]



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Kommentare zu dieser Fanfic (39)
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Von:  Delta
2009-03-04T13:10:13+00:00 04.03.2009 14:10
Hallo also hab dein FF zufällig entdeckt und bin echt begeistert. Die Art wie du schreibst gefällt mir gut und ich finde es auch gut das du die Charaktere aus Atlantis gut getroffen hast. Auch dein eigener Charakter gefällt mir sehr gut vorallem das Sie ein Pferd hat ^^
Also ich fand deine FF sehr schön deine interessante Story hat mich sehr gefässelt.
Ich hoffe du schreibst mal wieder was über Atlantis.
lg delta
Von:  MorgainePendragon
2009-02-16T22:59:17+00:00 16.02.2009 23:59
Sehr lecker, doch^^. Und auf jeden Fall adult, das ist klar. Leider der falsche Zeitpunkt für mich sowat zu lesen. Aber nu ists ja zu Ende. Ich finde es schön, dass Atlantis und die Menschheit einmal mehr vor einer Wraith-Invasion sicher ist, dass sie auch endlich mal feiern können, die Seele baumeln lassen. Und das mit John und Rhyan - darauf hat sich alles ja hinentwickelt in der Story, für mich also ein ganz natürlicher Abschluss.
Jetzt bekommt dein Zwischenkapi, dein One-Shot auch mehr Sinn für mich. Was wäre wenn sie da geblieben wäre? Sie hätte das ziemlich gequält. Und so - kann sie zwischen beiden Orten und Welten pendeln. Hat doch was.^^

Und Rodney! *prust* Der ist immer gut für nen Grinser!
Gelungene FF einer immer talentierteren Autorin kann ich nur sagen. und obwohl ich die Serie kaum kenne hatte ich meinen Spaß^^. Dankeschön!^^
Von:  MorgainePendragon
2009-02-16T22:39:35+00:00 16.02.2009 23:39
Tja also, was soll ich sagen? Ich hatte fast schon damit gerechnet, dass das ne Falle ist. Nicht bloß wegen des Titels, sondern weil ich es auch so geschrieben hätte *lach*. nun ja, nicht GANZ so natürlich.
Rhyans Verwandlung ist beeindruckend nach deiner Beschreibung. Faszinierend. Ähnliches hatte ich seinerzeit immer bei Aurinias Verwandlung empfunden. Nur ist es hier... NOCH aggressiver. Find ich TOLL!^^
Und warum reagieren die Intarsien des Schwertes bei Sheppard? Interessant...
Von:  MorgainePendragon
2009-02-16T22:22:04+00:00 16.02.2009 23:22
"Mein Name ist Rhyan und ich bringe euch den Tod!"... Uhhhh... Jetzt gehts aber los!^^ Da hatte ich richtiggehend das Bild einer von Luis Royo gezeichneten Amazone vor Augen.^^
Spannend geschrieben und ja OHNE diese Komplikationen da am Ende wäre es auch zu glatt verlaufen. Natürlich gibt es Schwierigkeiten. Immer.

Und ich musste so lachen als ich das mit dem "amüsierten Drachen" las, gegen den ein in seinem Stolz gekränkter Sheppard keine Chance hat...^^
Von:  MorgainePendragon
2009-02-16T22:06:46+00:00 16.02.2009 23:06
Jep, auf in den Kampf!!!

Und DU sagst du könntest keine Brücken-Kapis schreiben. Wenn DAS HIER keines is, dann weiß ich auch nicht - obwohl das Machtgeplänkel der beiden Offiziere da am Schluss schon hervorsticht. Sag mal, haben die nicht beide denselben Rang? Colonel? Warum behandelt dieser Fatzke John dann so von oben herab?
*kopf schüttel*
Schön, wie du die Stadt im Meer beschreibst. Dieser Rundflug ist für ein Brückenkapi typisch, ergänzt aber die Story wunderbar, weil man hier erstens von John mehr über die Vergangenheit und die Wraith erfährt und zweitens weil natürlich mehr und mehr Gefühle zur Geltung kommen dürfen zwischen Rhyan und Sheppard. *seufz*
Niedlich wie sie Arokh so ganz selbstverständlich erwähnt.^^ Na dann mal los, jagen wir die "Füchse"!
Von: abgemeldet
2009-01-22T12:33:26+00:00 22.01.2009 13:33
Irgendwie kann ich die Skepsis gegenüber der Existenz eines Drachens ja verstehen. Passt halt irgendwie nicht so recht in die Stargate-Welt. Aber wenn man mal bedenkt, dass sich in Stargate viel auf Mythologie bezogen wird.. nun ja, wieso nicht? :)
Zumal ich Drachen eh toll finde, also was solls. xD
Bin auf jeden Fall gespannt, wie der Kampf ausgeht. Also werde ich mir später den Rest der Story noch zu Gemüte führen. :)
Von: abgemeldet
2009-01-21T12:12:44+00:00 21.01.2009 13:12
So, endlich gibt es mal wieder einen Kommentar von mir. Sorry, dass ich nicht jedes Kapitel einzeln kommentiere, aber ich mag nicht jedes Mal aufhören müssen zu lesen, nur um ein paar sinnlose Sätze unter die Kapitel zu setzen.
Deine Story fesselt einen wirklich an den Bildschirm und man kann sich nur schwer davon losreißen. Fundiertes Wissen über Stargate: Atlantis ist dabei wirklich nicht von Nöten, da sich eigentlich alles Wichtige in den Kapitel selbst klärt. Das finde ich gut!
Mal sehen, wie es noch weitergeht.. :)
Von: abgemeldet
2009-01-11T22:49:22+00:00 11.01.2009 23:49
Okay, ich muss zugeben, dass ich mich mit Stargate: Atlantis kaum auskenne, aber deine Story wirkt trotzdem extrem realistisch. Also bezogen auf die Serie. Die Figuren wirken glaubwürdig (sprich: Nicht OoC) und der Prolog macht echt Lust auf mehr.
Die restlichen Kapitel werden jedoch erstmal warten müssen, bis dass ich sie lese. Auch wenn ich zu gern noch ein wenig hier sitzen und lesen würde... Aber das kann wohl oder übel auch bis morgen warten.
Dann gibt es wohl auch noch das ein oder andere Comment von mir - falls gewünscht. :)
Von:  MorgainePendragon
2008-10-08T12:21:34+00:00 08.10.2008 14:21
Und hier merkt man als geneigter Leser einmal mehr, welch IMMENSE Verantwortung auf den Schultern eines Führungsmitgliedes liegen. Meine Güte... MIR würd es auch furchtbar schwer fallen, auch nur EIN Mitglied meiner Freunde (denn das sind sie ja wohl nebenbei auch noch) zurückzulassen... *grmpf*
Eine unglaublich verzwickte Lage... Aber gekonnter Schachzug von dir als Autor, dass sie von "draußen" nicht aufzuspüren sind. Eine andere Erklärung dafür, dass das Suchteam noch nicht da ist, wäre seltsam gewesen.

Wieder ein rasantes Pitelchen^^. Gefällt mir!
Und Arokh... Anhand der Art wie du seinen Angriff ("emporschrauben" u.a... wie grazil!) beschreibst merkt man, wie sehr du Drachen liebst^^. Das ist ein lesbarer "Augenschmaus".^^

Rodneys selbstverachtendes Verhalten geht mir hier nun doch ein wenig auf den Keks muss ich zugeben. Geht ja schon ins "Selbstzerfleischen". Meine Güte, da sind doch so viele Faktoren, die ihrer ALLER Handeln dort negativ beeinflussen. Wie kann man da ÜBERHAUPT von Versagen sprechen? Ist der immer so schrecklich selbstkritisch??

Einziges Manko - und das auch nur ein ganz klitzekleines: Warum weiß Rhyan am Ende des Pitels so genau die Namen der einzelnen Teammitglieder? Wurden sie einander denn vorgestellt?
Klar, John wird ihr viel erzählt haben von seinen Freunden und auch die Namen genannt haben. Aber weiß man dann sofort wer zu welchem Namen gehört, wenn man sich zum ersten Mal sieht? Nyo... Vielleicht SPÜRT sie ja auch wer zu welchem Namen passt, eh? *in wange kneif*
Ach ist ja nur ne Erwähnung am Rande. Tut der Story keinen Abbruch.^^

Uppst du die Story eigentlich auch auf fanfiction.de? Und wie kommt die da eigentlich so an?
Von:  MorgainePendragon
2008-10-07T11:52:08+00:00 07.10.2008 13:52
Tach^^. Endlich mal zum Weiterlesen gekommen hier. Natürlich. Hab Spät.^^
Und das ist eine spannende Ablenkung.^^

Der Ritt auf dem Drachen... FUCHUUUR! *ggg* Nein, aber wirklich gut beschrieben. Man kann sich vorstellen mit dem Drachen-Neuling mitzufiebern^^. *wind um ohren saus*

Jetzt geht's also endlich los. Der arme Rodney... Omg...
Der MACHT aber auch was durch. Ich mein, dass tun sie ja alle. Aber ER leidet doch wirklich am Meisten...
Scheint aber tapfer durchgehalten zu haben, so wie ich das verstehe. Sie konnten nicht an das Wissen in seinem Kopf gelangen bislang. DAS ist ne starke Leistung in Anbetracht deiner Beschreibungen von jenen geistigen "Attacken" der Wraith (beispielsweise bei Sheppard).

Und wie immer: Knallharte Rhyan.^^ Deine Beschreibung diverser zugefügter Wunden ist grausig... Aber anschaulich, doch, doch.

Ein bisserl schmunzeln musste ich bei Rhyans: "Halte dich an meinem Shirt fest..." So lange schon auf diesem abgelegenen Planeten und trägt noch zivilisierte Shirts? ^O^ Nicht bös gemeint^^. Aber ich habe da eher Lederkluft und Co. erwartet.^^

Nyo. Hab ja noch ein paar Kapis vor mir^^. Bin neugierig. Bis denne!




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