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Neue Welten

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Neue Welten

Es regnete mal wieder.

Seufzend lehnte ich meinen Kopf an die kühle Scheibe. Die Tropfen droschen wie Steine an das dünne Glas und drangen wie ein grässliches Dröhnen zu meinen Ohren hervor. Ich hasste dieses Wetter. Mit noch schlechterer Laune als zuvor, wobei das fast nicht mehr möglich war, erhob ich mich von meiner Fensterbank und schmiss mich missmutig in mein kuscheliges Himmelbett.
 

Da mich das nicht sonderlich weiterbrachte, nahm ich mir die nächstbeste Zeitschrift von einem Stapel neben meinem Bett und blätterte lustlos darin herum. Als ich die Hoffnung schon beinahe aufgegeben hatte, noch etwas zu entdecken, das meine erbärmlich miese Stimmung um einen Grad heben könnte, erblickte ich einen Artikel über eine neue Kneipe ganz in meiner Nähe:

„...ein gemütliches Ambiente...geschmackvolle Drinks...Liveauftritt der Band ‚Queers’....“

Queers1? Das kam mir bekannt vor. Wirklich einordnen konnte ich den Namen zwar nicht, aber ich glaubte, schon mal was von dieser Gruppe gehört zu haben. Als Ergänzung war noch zugefügt, dass es sich um eine Rockband handelte, die sich vollständig aus weiblichen Musikerinnen zusammensetzte. Das klang nicht schlecht. Der Schuppen nannte sich ‚Pub Sub’², witziger Name.
 

Entschlossen und um einiges besser gelaunt, sprang ich von meinem Bett und öffnete den Kleiderschrank. Hektisch wie immer verteilte ich fast meinen gesamten Schrankinhalt über den Zimmerboden und schaffte es in einer neuen Rekordzeit von einer halben Stunde ein Outfit zu finden, das mich zufrieden stellte. Plötzlich total beschwingt von meiner Großartigkeit, und nein, ich bin nicht überheblich, verließ ich die Wohnung. Meiner Mutter hatte ich noch schnell einen Zettel auf den Tisch gelegt, um ihr mitzuteilen, dass es spät werden könnte.
 

10 Minuten darauf drückte ich die Türklinke der Bar runter und betrat voller Spannung den in warmen Farben beleuchteten Raum. Umständlich entledigte ich mich meiner Jacke und sah mich um. Obwohl der Saal recht groß war und die Band erst in 2 Stunden spielen würde, herrschte ein reges Treiben. Nachdem ich mir einen Drink bestellt hatte und das Schauspiel um mich herum beobachtete, fragte ich mich, warum ich eigentlich allein hierher gegangen war. Schnell verwarf ich den Gedanken, da nun Musik zu spielen begann. Es musste etwas wie eine Vorband sein. Zumindest bestand auch diese überwiegend um nicht zu sagen gänzlich aus Frauen. Mir fiel auf, dass sich diese Tatsache auch auf den Rest des Saales bezog. Überall Frauen.
 

„Hi. Du bist neu hier, oder? Ich bin Lea.“

Ich musste ein ziemlich dummes Gesicht gemacht haben, denn Lea, wie sie sich mir eben vorgestellt hatte, lachte herzlich.

„Du bist nicht nur neu hier, sondern weißt auch nicht genau wo du eigentlich gelandet bist, was? Und du hast deine Zunge verschluckt würde ich noch schlussfolgern.“

„Nein, äh, ja.“

Ich war irgendwie total überrumpelt. Mehr brachte ich nicht raus. Das schien sie allerdings wenig zu stören, denn sie lächelte immer noch und nickte verständnisvoll.

„Ok. Versuchen wir das noch mal von Neuem. Ich bin Lea, und du?“

„Anna.“

„Du bist neu hier, lieg ich richtig?“

„Ja, tust du.“

„Und du weißt wo du bist?“

„In einer Kneipe nehme ich an, aber so sicher bin ich mir da nicht mehr.“ Unsicher blickte ich sie an.
 

„Hey, keine Angst, da liegst du schon richtig, du brauchst nicht an deinem Verstand zu zweifeln. Aber es ist schon eine besondere Kneipe. Eben nur für Frauen. Offiziell haben zwar auch Männer die Erlaubnis hierher zu kommen, das passiert allerdings nicht sehr oft. Du hast sicher den Artikel in der Zeitung gelesen. Ich hab denen ja gesagt, dass sie dazuschreiben sollten, dass das hier eine Lesbenkneibe ist, aber auf mich hört ja keiner.“
 

So ist das also. Eigentlich hätte ich mir das denken können, ich bin eben auch zu bescheuert. Noch näher mit der Nase draufstoßen konnte man ja beinahe gar nicht. Über mich selbst lächelnd wandte ich mich nun wieder Lea zu. Sie schien recht nett zu sein und weiter dämlich rumsitzen brachte ja auch nichts.

„Ach, eigentlich ist es ganz nett hier, kenn mich nur nicht so richtig mit der Thematik aus muss ich zugeben.“

Entschuldigend blickte ich sie an, worauf sie wieder lachen musste und mich damit förmlich ansteckte. Wir verfielen aus unerfindlichen Gründen in einen Lachkrampf und bekamen erst einige Minuten später wieder genug Luft, um uns unterhalten zu können.
 

Lea erzählte mir nun ohne Punkt und Komma alles was ich wissen wollte. Ihre Mimik war wirklich beeindruckend. Noch nie hatte ich einen Menschen kennengelernt, der seine Worte so ausdrucksvoll mit einem einzigen Blick oder einer Geste unterstreichen konnte. Ebenso gut hätte sie die ganze Zeit schweigen können und trotzdem alles gesagt.
 

Ich ließ mich von ihrem Redeschwall mitreißen und wir diskutierten nun die absurdesten Themen, eruierten die witzigsten Ereignisse und fanden eine Menge über die andere heraus. Noch nie hatte ich ein erfüllenderes Gespräch, sie schien mich besser zu kennen als ich mich selbst kannte. Ihre grünen Augen funkelten bei jedem neuen Wort mehr und in meiner Magengegend begann sich langsam ein undefinierbares Kribbeln auszubreiten. Was war nur mit mir los? Die Zeit verflog und die Band begann zu spielen. Lea erhob sich lässig, nahm meine Hand und zog mich vor zur Bühne.

„Jetzt werden wir mal ein bisschen abrocken. Bereit?“

Ich nickte. Sie tanzte ausgesprochen gut. Wir sprangen wie die Verrückten über die Tanzfläche und ich ließ mich völlig vom Rhythmus der Musik mitreißen.
 

Nachdem eine Stunde vergangen war plumpste ich erschöpft aber von Endorphinen überfüllt auf den nächstbesten Stuhl und grinste verträumt vor mir her.

„Hey, aufwachen. Ich hab uns noch einen Drink geholt. Welchen möchtest du.“

„Dich!“

„Was?“

Hatte ich das eben laut gesagt? Ich lief an wie eine reife Tomate und blickte betreten zu Boden. Dann stotterte ich unzusammenhängende Worte vor mir her. Irgendwas mussten sie allerdings bedeutet haben, da Lea nun ein bis zum Rand gefülltes Glas vor mir abstellte und sich setzte. Nach einer kurzen Pause, in der sie mich mit einem Lächeln zu mustern schien, begann ihr Redefluss von neuem und ich atmete erstmal tief durch. Was war das denn eben? Ich hab mich benommen wie ein verliebter Teenie. Aber ich war doch nicht verliebt. Oder doch? Zumindest machte dieses Kribbeln in meiner Magengegend keine Anstalten zu verschwinden. Auch auf der Tanzfläche kam mir jede Berührung von ihr, wie ein elektrischer Schlag vor.

„Anna, jetzt werde mal nicht paranoid, das ist ja schon fast lächerlich!“

„Alles klar mit dir? Du brabbelst die ganze Zeit so unsinniges Zeug vor dir her. Hast du mir überhaupt zugehört?“

Das darf doch nicht wahr sein, ich sollte echt aufhören laut zu denken.

„Nein, es ist alles in Ordnung, ich bin nur...verwirrt, irgendwie.“

„Wegen mir? Fühlst du dich unwohl? Soll ich lieber gehen?“

„Nein, naja, schon wegen dir irgendwie, aber ich fühl mich nicht unwohl, eher im Gegenteil. Ich...weiß auch nicht.“

Seufzend lehnte ich mich nach hinten und überlegte ob ich ihr sagen sollte, wie ich mich fühlte. Ich entschloss all meinen Mut zusammenzunehmen. Ihr verständnisloser Blick brachte mich ein wenig zum lächeln. So musste ich zu Beginn des Abends ausgesehen haben.

„Weißt du, das klingt vielleicht ein wenig sonderbar, weil wir uns ja im Prinzip kaum kennen. Aber ich hab dich echt jetzt schon sehr gern. Wärst du ein Typ wäre das alles kein Problem. Ich würde einfach auf dich zugehen und dich küssen, wenn mir danach wäre. Im Moment ist das allerdings anders. Ich komm einfach irgendwie nicht klar. Ich mein, ich...“.

Ich war so in meine Erklärungsversuche verstrickt gewesen, dass ich nicht bemerkte, wie sie aufgestanden war und nun sanft ihren Finger auf meine Lippen legte.

„Schhh...ich werde dir helfen.“

Langsam beugte sie sich zu mir hinunter. Als sich unsere Nasenspitzen berührten, stockte mir der Atem. Ich hielt die Luft an und schloss die Augen. Dann passierte es. Unsere Lippen trafen aufeinander und verschmolzen in einem unsagbar sinnlichen Kuss.

Als ich die Augen wieder öffnete, blickte ich in zwei funkelnde Smaragde. Und diese würden mich sicher noch eine ganze Weile beschäftigen.

Ganz sicher.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Sid_Vicious
2011-02-22T01:20:59+00:00 22.02.2011 02:20
Ach waren das noch Zeiten <3
Von:  TAsmodina
2008-05-26T15:40:17+00:00 26.05.2008 17:40
Oh my gosh that is sooo cut!
Die idee ist ja richtig niedlich, ....
Under der titel passt volkommen, ... oh man, ich glaube ich sollte ofter mal shojo ai lesen, ....
^.^
gut gemacht, ... ^.^
Miau
Von:  Dark777
2008-05-03T20:39:31+00:00 03.05.2008 22:39
Wow! Wirklich schön geschrieben, aber schade dass die FF so kurz ist. Freue mich schon, wenn du etwas neues schreibst XD.
Von:  Korra_Sato
2008-05-03T19:43:18+00:00 03.05.2008 21:43
Och wie niedlich^^
Warum gibt's hier noch keine Kommis?
Ich find die Story schön, nur schade, dass sie so kurz ist.^^ Aber ansonsten total nach meinem Geschmack. x3~


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