Erwischt!
Erwischt!
Wieder hielt sich Genesis den brummenden, schmerzenden Kopf. Nein, so hatte er das nicht unbedingt ausdrücken wollen, es kam so rüber, als würde er Sephiroth jetzt hassen und das tat er nicht! Er war nur geschockt, erletzt, verwirrt, enttäuscht und genau daher rührte seine Wut. Aber hätte er sich nicht so deutlich ausgedrückt, dann hätte der Ältere das doch nie im Leben verstanden, richtig? Geneis hatte sich genau richtig verhalten, oder? ODER?! Ach, verdammt, so wurde das nichts! Diese Gedanken machten ihn noch ganz verrückt, sein Herz raste, die Erinnerungen an das Geschehene wurden wieder deutlicher, wie Sephiroths Hände ihn liebkosten, so forsch und doch so anregend waren. Ein Keuchen entfleuchte dem Rothaarigen. Es war gut gewesen. Und doch war es so etwas Abstoßendes für ihn. Sephiroth konnte einen in seinen Bann ziehen, war wie eine Venusfalle in menschlicher Gestalt, dass man sich einfach darauf einließ, was er mit einem anstellen wollte. Er konnte einen so fangen, verwirren, betören, einem die Gedanken fortwischen und den Verstand, der dagegen protestierte, betäuben. Mit so wenigen, geschickten Griffen hatte er das bei Genesis geschafft, aber der hatte sich danach so elend gefühlt, dass er völlig am Ende war und so war es noch immer! Der Gedanke daran, dass es noch einmal passieren könnte, ließ ein Gefühl von Übelkeit in dem Rotschopf aufsteigen.
Er liebte Sephiroth nicht, keinesfalls. Und das hatte er einfach deutlicher machen müssen. Ja... Ja, er hatte es auf eine Art gewollt, was der General da mit ihm angestellt hatte, Genesis war völlig in dieser Extase aufgegangen, dass er sich nicht einmal lange hatte halten können, so erregend war Sephiroth gewesen. Unglaublich... Aber er war verdammt noch mal viel zu grob vorgegangen! Und es fühlte sich die ganze Zeit über absolut falsch an, wenn Genesis sich hatte gehen lassen. Es war wie verhext gewesen...
Seufzend blickte er über das Bett, auf welchem er es mit Sephiroth getrieben hatte. Ihm war danach, sich hinzulegen, aber so, wie das hier aussah, wurde daraus erstmal nichts, auch, wenn das Sitzen mit der Zeit einen unangenehmen Schmerz mit sich brachte. Grummelnd griff er die Decke, stand auf, zog sie zu sich und nahm den Stoff ab. Entnervt erblickte er, dass es unter dem Bezug nicht besser aussah, dass einiges durchgeweicht war. Das musste alles neu gewaschen werden. Lustlos rollte er die Decke ein und knüllte den Bezug zusammen, dann klemmte er sich alles unter den Arm und schlurfte zur Tür herüber und öffnete sie.
Der Roomboy flog ihm beinah entgegen. Hatte er etwa gelauscht? Es sah ganz danach aus! Genesis' Miene verdüsterte sich. "Was soll das werden?", hakte er nach, der Roomboy stotterte perplex vor sich hin und deutete auf die Decke. "Soll... solll... soll... ich die äääh... waschen?"
Der Rothaarige nickte, löste den festen, ernsten Blick nicht von dem Jungen. "Aber das ist keine Antwort auf meine Frage."
Als ob dieses nervöse, übertriebende Grinsen jetzt alles wieder wett machen würde, griff der Roomboy nach der Decke und dem Bezug und eilte davon. Schneller, als Genesis reagieren konnte, war er die Treppen herab gerannt und verschwunden. "HEY!", brüllte Genesis hinterher, aber es hatte keinen Sinn. Egal, er würde schon noch herausfinden, was hier lief!
Ein Klacken ließ seinen Blick von links nach rechts schweifen, den Flur in die andere Richtung herab. Sephiroth stand in der Tür zu Angeals Zimmer und sah zu dem Rothaarigen herüber. "Was war los?", hakte er nach und es wirkte fast so, als ob er die geistige Distanz zwischen sich und Genesis für den Moment vergessen hatte. Scnaubend gab der Rothaarige Antwort: "Ich bin mir sicher, dass diese Kakerlake mich belauscht hat. Der Roomboy..."
Stirnrunzelnd stand Sephiroth da und blickte zu den Treppen herüber, von denen er vermutete, dass der Junge sie herab gestürmt war. Wo sollte er auch sonst lang gerannt sein? Jedoch verlor der General kein Wort zu der Sache, denn er war zum einen jetzt in Gedanken und Überelgungen, ob das, was Genesis da sagte, sein konnte, zum anderen war er nicht zu einem ausführlichen Gespräch aufgelegt.
Und weil von ihm nichts mehr kam, brummte Genesis noch ein "Ist ja auch egal" und verschwand mit seiner schlechten Laune wieder in seinem Zimmer, dessen Tür er manierlich hinter sich schloss, ganz anders, als Sephiroth vorhin.
Nur wenige Minuten danach erschien der Arzt, untersuchte zunächst Angeal und empfahl ihm ein wenig Ruhe und vor allem mehr Vorsicht an elektrischen Geräten. Sephiroth konnte den Kerl nicht leiden, nicht nur wegen der Tatsache, dass er seinem besten Freund die Schuld für den Vorfall in die Schuhe schob. Auch, weil der Typ ihn stark an Hojo erinnerte und er ihn mit ihm hätte verwechseln können, wäre er nicht um einiges wohler ernährt und hätte seine schwarzen, nach hinten gekämmten Haare nicht so kurz getragen. Der weiße Kittel, der krumme Rücken, auf welchem die Hände meist lagen, die unansehnliche Brille auf der Nase... Sogar die Stimme kam der von Hojo ziemlich nahe. Vielleicht waren die beiden ja miteinander verwandt? Wer wusste das schon, Sephiroth jedenfalls nicht. Und er wollte es auch nicht herausfinden. Noch mehr solche Verrückten in der Verwandschaft zu haben, wäre keinesfalls erfreulich. Also forschte er jetzt auch nicht weiter nach, sondern beobachtete nur stumm, wie dieser Arzt jetzt auf ihn zukam.
Der Silberhaarige löste sich von der Wand, an welcher er bislang mit dem Rücken gelehnt hatte, und löste die Arme aus deren Verschränkung. Der Arzt besah sich die Wunde und hielt auch hier eine Strafpredigt, man müsse doch vorsichtiger sein, bei was auch immer. Reinigung, Desinfektionsmittel, Sephiroth verzog nicht eine Sekunde die Miene. Nicht vor SO einer Person! Nachdem eine Salbe aufgetragen wurde und ein Verband angelegt war, führte er den Arzt aus Angeals Zimmer, weil er ihn zu Genesis bringen wollte.
Seufzend sah Angeal den beiden hinterher, hörte ein wenig Stimmengemurmel von ihnen, das er aber nicht wirklich verstehen konnte. Abwartend sah er zum Fenster herunter Sein Rücken hatte einige Prellungen abbekommen, als er es geschafft hatte, sich von der dämlichen Kaffeemaschine zu lösen und vor Schock zurück gestolpert, gegen den Türrahmen geprallt war. Er war erschöpft und hatte ergo Rückenschmerzen, wegen welchen er sich jetzt auf die Seite rollte. Aber sonst ging es ihm gut. Daher machte er sich eher Sorgen um Sephiroth und vor allem um Genesis, der vorhin so ungewöhnlich schweigsam gewesen war. Ob das nur wegen seiner körperlichen Verfassung so war? Kurz driftete der Schwarzhaarige in alle möglichen Gedanken ab, wodran es liegen könnte, dass etwas zwischen Sephiroth und Genesis nicht stimmte, aber er kam zu keinem schlüssigen Ergebnis und irgendwann hörte er, wie seine Zimmertür wieder geschlossen wurde und er schaute auf. Sephiroth war wieder im Raum, stand noch immer an der Tür, blickte aber ernst und nachdenklich eine Weile zu Boden. Etwas beschäftigte ihn, nicht zu wenig. Seine Hände hatten sich zu Fäusten geballt.
Langsam setzte Angeal sich auf und musterte seinen Freund dabei weiterhin. "Sephiroth...", setzte er an. "Willst du nicht bei Genesis bleiben, während der behandelt wird?"
Der Angesprochene schreckte ein wenig auf und sah zu Angeal herüber, schüttelte dann aber den Kopf und wandte den Blick wieder ab, während er sich von der Tür löste. "Nein, der kommt schon klar", murmelte er nur.
Sketpisch legte Angeal seine Stirn in Falten und verfolgte, wie der Silberhaarige wieder zur Fensterfront schritt und hinaus sah. Etwas war anders, als bis eben. Bevor er mit dem Arzt aus dem Raum gegangen war, war er schlecht gelaunt gewesen, schien wütend, über etwas verärgert, aber jetzt war er viel nachdenklicher. Was war nur passiert? Warum teilte Angeal einfach hier keiner mehr etwas mit?
