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Fushin

Storyboard von 2006
von

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Die ganze Geschichte

Einmal, an einem regnerischen Herbsttag, bekam ich Besuch. Es war nicht gerade üblich, dass jemand bei mir vorbei sah, oder sollte ich besser bei ‚uns’ sagen? Hiro hatte erst vor kurzem seinen Gips entfernen dürfen. Er musste seinen Arm zwar noch immer schonen, aber immerhin war dieses behindernde Ding weg.
 

Zurück zum Besuch. Die Person, die ich hinter Hiro erkennen konnte, war niemand anderes als meine Mutter. Sie hat es wohl doch einmal für nötig befunden, mir einen Besuch abzustatten. Aber irgendwie entging es mir mal wieder nicht, dass zwischen ihr und Hiro extrem dicke Luft herrschte. Dabei hatten sie noch nie ein großartiges Gespräch miteinander.
 

„Hallo Kira.“, sie schritt an Hiro vorbei und nahm mich erst einmal fest in den Arm. Über ihre Schulter hinweg konnte ich Hiro beobachten, wie er die Augen verdrehte und uns beiden den Rücken zuwandte. Kaum war er im nächsten Raum verschwunden, hatte die Tür hinter sich zu gemacht, löste ich sofort die Umarmung.
 

„Sag mal. Was ist eigentlich mit euch Zweien los? Habe ich irgendetwas verpasst? Ihr benehmt euch wie ein Ehepaar, das kurz vor der Scheidung steht.“
 

Aber anstatt mir eine Antwort auf die Frage zu geben, zog sie mich noch einmal an sich ran und roch an mir.
 

„Du riechst nach ihm…“, stellte sie prompt fest. Ich starrte sie nur etwas verpeilt an.
 

„…Ja und? Er ist auch die einzige Person, mit der ich zurzeit regelmäßig Kontakt habe. Sag mal, bist du irgendwie eifersüchtig auf ihn, dass ich ihm mehr Aufmerksamkeit schenke als dir? Nur weil ich in ihm einen Vaterersatz gefunden habe?“
 

Mit einem Blick, als hätte ich gerade das Dümmste, das man überhaupt sagen konnte, von mir gegeben habe, genau mit einem solchen schaute sie mich gerade an. Und wieder gab sie keine Antwort auf meine Frage, sondern fasste nur an den Kragen meines Rollkragenpullovers und zog diesen nach unten, was blöderweise einen großen Knutschfleck offenbarte. Ertappt und leicht verlegen knallte ich sogleich meine Hand auf die verruchte Stelle.
 

„…Der ist von Hiro, oder? Du musst gar nicht versuchen, mich anzulügen. Komm, wir gehen nach draußen, einen Spaziergang machen, da kannst du mir schön erzählen, was er schon mit dir gemacht hat.“
 

Noch nie, wirklich noch nie hatte ich so einen arroganten Ton bei meiner Mutter vernommen. Selbst damals, als sie ständig mit meinem Vater stritt, hörte sie sich nie so….so…emotionslos an. Das verunsicherte mich. Ich schaute sie mit einem verwirrten Blick an, als sie dann aber schon Richtung Eingangstür ging, folgte ich ihr dann doch.
 

Eine Weile gingen wir schweigend nebeneinander her. Ich musste mir überlegen, ob ich mich nicht vielleicht doch noch versuchen sollte, mich herauszureden. Aber ich sah bald, dass das keinen Sinn machte. Dass sie mit ihrem Verdacht richtig lag, habe ich ihr mit meiner nachdenklichen Schweigepause nur bestätigt.
 

„…wie….wie bist du darauf gekommen? Am Geruch alleine wirst du das ja wohl nicht erkannt haben, oder?“ Noch würdigten wir uns keinen Blick.
 

„Weißt du Kira, ich kenne Hiro, ich weiß wie er ist. Jemanden wie er kann sich nicht ändern. Er ist und bleibt ein notgeiler, schwanzgesteuerter Vollbluthengst, der von niemandem die Finger weglassen kann, außer von der eigenen Tochter vielleicht.“
 

Sie ‚kannte’ Hiro? Von wo….erlaubte sie sich eine solche Aussage? Noch verwirrter schaute ich sie kurz an. Sie hatte noch immer diesen etwas gereizten arroganten, aber sichtlich gefassten Blick.
 

„Hiro ist nicht so! Wieso sagst du so etwas Gemeines? Es stimmt zwar, dass unsere Beziehung etwas vom hinterhältigsten ist, was man nur tun kann. Es ist auch wahr, dass ich wohl nicht seine erste heimliche Affäre bin…aber du übertreibst ja wohl.“
 

„Ach? Dann hat er dir wohl in eurer ‚vertrauten Beziehung’ wohl doch nicht so alles erzählt. Aber du hast Recht, ich habe eigentlich kein Recht so über ihn zu sprechen…“

Sie legte eine Pause ein, schaute um sich und erblickte eine kleine Feuerstelle. Dort hin ging sie, setzte sich auf einen der platzspendenden Baumstämme. Ich folgte ihr.

„Wirklich…ich habe nicht das Recht. Tut mir leid….Eine Mutter, die ihrem Sohn 19 Jahre etwas vorgemacht hat, dürfte so etwas gar nicht erst einmal denken.“
 

„….Du hast mir etwas vorgemacht?“

Ich verstand immer weniger. Was lief hier eigentlich ab?
 

„…So langsam ist es an der Zeit, dass ich dir meine Beichte ablege. Du bist jetzt schließlich genug alt für solche Themen. Du hast dich schon gewundert, wieso Hiro und ich uns nicht leiden können? Du wusstest ja nicht, dass wir uns schon seit langem kannten. Erinnerst du dich noch an den Grund, weshalb dein Vater und ich uns ständig gestritten hatten?“
 

Sprachlos schüttelte ich den Kopf.
 

„Es hat ihn rasend gemacht als er erfuhr, wo ich meinen Nebenverdienst einholte. Hat dir Hiro erzählt in welchen Lokalen er gute zehn Jahre lang verkehrte? Ich kannte ihn von da, aus dem lieben Rotlichtmilieu.“
 

Jetzt hatte es mir endgültig die Sprache verschlagen. Nun war ich nur noch fähig zum zuhören, wenn es gut kam, konnte ich gerade Mal mit dem Kopf nicken oder diesen schütteln.
 

Ironisch lachte meine Mutter auf, „Hiro hatte damals ein Lieblingslokal. Blöder Zufall, dass es dasselbe war, in dem ich arbeitete. Und es gibt noch einen verfluchteren Zufall. Magst du dich noch an die Mutter von Hinata erinnern? Hitomi, sie war meine damalige beste Freundin. Was für Zufälle es doch gibt. Aber der Grund, weshalb ich Hiro nicht ein Stück leiden kann? Er ist ein eiskalter Herzensbrecher. Hitomi war ja nicht einmal die einzige, die damals in ihn verschossen war. Das was sie durchgemacht hatte…so erging es noch einigen der anderen Mädchen ebenfalls. Hiro hat mit ihnen geschlafen, weil sie dies sogar ohne Bezahlung taten. Erst hat er seinem neuen Opfer die Augen verdreht, anschließend ausgesaugt, bis er es satt hatte und dann wie Abfall fallen lassen. Was ich dir sagen will, hör auf mit dem Unsinn! Es lohnt sich nicht. Auch dich wird er früher oder später abschieben und glaub mir, es wird um einiges mehr schmerzen, als wenn du jetzt einen Schlussstrich ziehst. Beende es. Du bist noch jung. Meinetwegen, wenn du dich mehr von Männern angezogen fühlst, ich will dir da keinen Stein in den Weg legen. Ich unterstütze dich, wo ich nur kann, aber glaub mir, er ist es nicht wert.“
 

Geschockt sah ich sie an. Ungläubig schüttelte ich den Kopf…vielleicht wollte ich das auch nicht wahrhaben. Das war alles so viel…“Das…das stimmt nicht. Er ist nicht so…er hat mir immer geholfen…er war immer für mich da, nie hat er mich im Stich gelassen….nur…nur weil du ihn nicht magst, musst du mir doch nicht so eine Lüge auf den Tisch stellen…!“ Ich hörte mich immer verzweifelter an. Wimmernd schaute ich meine Mutter an. „…wenn du mir das all die Jahre verschwiegen hast, wieso kommst du jetzt plötzlich damit? So wie es in den letzen Wochen war…ich war so glücklich, wieso willst du mir dieses Glück nehmen? Und wenn…wenn es wahr wäre…ich würde es nicht bereuen es bis zuletzt ausgelebt zu haben…selbst wenn er mir auch eine Abfuhr erteilen würde, ich ….ich würde es nicht bereuen….ich….ich liebe ihn! Mehr als alles andere!“
 

Allmählich schaute mich meine Mutter wieder so an, wie sie es immer tat….mit Fürsorge und Liebe. Etwas traurig lächelte sie. „Das gleiche habe ich vor ein paar Jahren gehört, von Hitomi, als sie zu mir kam und gesagt hat, sie sei schwanger. Sie war glücklich. Am nächsten Tag stand sie wieder vor meiner Tür, mit einem verheulten Gesicht. Wäre sie nicht schwanger gewesen, hätte sie nicht gewusst, dass ein Teil von Hiro nun immer bei ihr wäre, hätte sie sich das Leben genommen. An ihr habe ich irgendwie erkannt, dass man die Personen die man hat und die man wirklich liebt….man sollte sie nicht verletzen, man sollte Sorge um sie tragen.“ Sie strich mir durchs Haar und über die Wange. „Die Entscheidung wirst du für dich treffen. Ich werde daran nichts ändern können. Aber ich würde gerne wenigstens einem geliebten Menschen etwas Glück schenken können. Bitte bring es zu Ende, bevor es noch tragisch endet.“
 

Hilflos, alleine, traurig, verwirrt und bedrückt…mit extrem gemischten Gefühlen schaute ich meine Mutter nun an.

„…Er hat sich doch bestimmt geändert…oder? Er ist nicht mehr so wie damals…er…er hat eine Frau und eine Tochter…“
 

„die er am laufenden Band betrügt…“, ergänzte mich meine Mutter. „Tut mir leid, wenn ich dir das so sagen muss, aber es hat sich wirklich nichts geändert. Er vergnügt sich mit seiner Frau, ab und zu mit irgendwelchen willigen Leuten aus dem Personal…und jetzt hat er auch noch dich. Für ihn ist es ebenfalls wie eine Droge zu sehen, wie Menschen langsam immer mehr abhängig von ihm werden, wie sie ihm immer mehr verfallen…und dann, wenn es keine Steigerungsmöglichkeit mehr zu geben scheint, wirft er sie weg. Er ergötzt sich daran. Vielleicht fragst du dich, weshalb er das noch nicht mit Megami gemacht hat. Er hat immerhin noch eine Firma hinter sich. Eine Scheidung aus einem so niedrigen und gemeinen Grund würde ihm Schaden.“
 

Immer mehr schüttelte ich meinen Kopf. Das…das war nicht wahr…aber dann viel mir Roy ein….auch er hatte schon oft etwas in diese Richtung erwähnt. Mir wurde immer kälter. Vielleicht wäre es doch besser….einen Schlussstrich zu ziehen, irgendwann in der nächsten Zeit. Außerdem….das mit Hiro…das hatte gar keine Zukunftsperspektive. Irgendwo musste ich in der Realität bleiben.
 

Ohne, dass ich ein weiteres Wort darüber verlor, kehrten wir zurück.



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