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Wichtig is aufm Platz!

von

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IX. Wenn Fußball zur Religion wird

Dortmunder Derby in ihrem kleinen Stadion, das kein Vergleich zu dem riesigen Signal Iduna Park ist. Dennoch – die Ränge sind voll, Schwarz-Gelb wechselt sind mit Rot-Weiß ab. Pfiffe und Gejubel mischen sich zu einer Geräuschkulisse, die ihresgleichen sucht. Einfach der Wahnsinn.

Raphael kann Paolo auf der Tribüne ausmachen. Lässig sitzt er da in dem winzigen VIP-Bereich. Er hat ihn nur gesehen, weil kurz vor eine knappe SMS kam. „Ich bin da.“. Mehr hat Paolo auch gar nicht schreiben müssen. Das sagte doch schon alles.

Anstoß. Und die Borussen machen es ihnen wirklich schwer. Eine Topmannschaft, die ihre Klasse endlich wieder unter Beweis stellen muss, nachdem die letzten beiden Saisons reichlich verkorkst gewesen sind. Also machen sie Druck.

Und die Stimmung ist aufgeheizt. Der FC fühlt sich stark, jetzt, wo sie ihren Regisseur wiederhaben, und lassen das den BVB auch spüren. Von Zurückhaltung und Respekt ist da nichts zu spüren. Und mit einem gewissen Stolz nimmt Raphael zur Kenntnis, dass es die Borussen sind, die sich zu den kleinen Nickeligkeiten hinreißen lassen, weniger die Spieler des FC.
 

Das 1:0 für die Borussen fällt genau vor der Halbzeitpause. Exakt dann, wenn man ein Gegentor überhaupt nicht gebrauchen kann. Die Kombination zwischen Frei und Buckley ist einfach derart durchdacht und geschickt, dass die FC-Abwehr gar nichts mehr tun konnte. Gut gespielt, blieb da nur noch zu sagen. Aber fertig machen würde das Gegentor den FC sicher nicht. Sie hatten gegen die Bayern unentschieden gespielt! Also würden sie jetzt sicher nicht einfach so aufgeben.

Genau mit diesem Kampfgeist kommen sie wieder aus der Kabine. Demonstrativ schließen sie sich alle zu einem Kreis zusammen und feuern sich gegenseitig an, ehe sie auf ihre Positionen laufen.

Der Anstoß zwischen Alejandro und Raphael endet sofort in einer schnellen Flanke zu Augustin und dann in einem spontanen Sturmlauf nach vorne. Sie überrumpeln die Borussen. Das ist offenbar das Allerletzte, womit sie gerechnet haben. Dennoch gelingt es der Abwehr, Dennis und Augustin unschädlich zu machen, aber der Ball ist noch heiß, als er zu Raphael zurückkommt. Er nimmt ihn leicht an und zirkelt ihn hinüber zu Julian, der vollkommen freisteht. Er weiß, wie Julian läuft, wie schnell er sein kann – und jetzt muss er es sein. Der blonde Mittefeldspieler nimmt den Ball perfekt an und rennt los, trickst zwei Abwehrspieler aus, ehe er nicht mehr weiterkommt, aber dafür sieht er jetzt, dass Augustin perfekt bereit steht. Also Flanke dorthin – Torschuss. Und drüber.

Aber sie haben sich eindrucksvoll zurückgemeldet. Niemand wird sie jetzt mehr unterschätzen. Garantiert nicht.

Und so schaukelt sich das Spiel hoch. Es regnet nahezu gelbe Karten und in der siebzigsten Minute ist es wirklich ein Wunder, dass nicht gleich Alejandro und Degen gemeinsam vom Platz fliegen, sondern nur gelbe Karten sehen.

Keine fünf Minuten später haut es auch Raphael von den Beinen. Dede ist hart eingestiegen und der Aufprall tut weh. Für einen Augenblick hat er das Gefühl, Sterne zu sehen. So richtig weiß er gar nicht, was geschehen ist, als er Julians Hand auf seiner Schulter spürt und die ausgestreckte Hand vor sich sieht. Er lässt sich auf die Beine ziehen, dann will Julian an ihm vorbeirauschen.

„Hey!“, faucht dieser auch schon Dede an, der sich gerade abwendet und sich eine Verwarnung abholt.

Raphael packt zu, ohne weiter darüber nachzudenken. Er bekommt Julians Trikot zu fassen, dann seinen Arm.

„Lass“, murmelt er, noch immer etwas benommen.

„Aber er...“, setzt Julian an und starrt ihn aus diesen bemerkenswert grünen Augen an. Sie haben kleine goldene Sprenkeln, wie Raphael fasziniert bemerkt. Komisch, wie klar man manchmal denken kann, wenn man geistig nicht so richtig da ist.

„Lass es. Das ist es nicht wert. Oder willst du ihn jetzt schubsen und mit Gelb-Rot vom Platz fliegen?“ Seine Hand schließt sich noch etwas fester um Julians Unterarm. Warm ist seine Haut, verschwitzt. Und fühlt sich gut an. Besser als sie es sollte.

„Wenn du meinst.“ Aber Julians Blick sagt alles. Er wäre lieber auf Dede losgegangen, anstatt sich so ausbremsen zu lassen.

„Mir zuliebe, okay? Du darfst ein anderes Mal jemanden verprügeln, ohne dass ich dich zurückhalte. Versprochen?“ Raphael grinst breit und als er den Anflug eines Lächelns auf Julians Gesicht sieht und sein leichtes Nicken, schlägt sein Herz prompt einen Tick schneller.

Verdammt. Er sollte dringend dafür sorgen, mal wieder jemanden zu finden. Damit er nicht so schnell auf solch kleine Gesten anspringt. Damit ihm so etwas nicht so nahe gehen kann. Das ist nämlich nicht lustig. Sich in einen Teamkollegen vergucken – Himmel, das wäre absolut das letzte, was er gebrauchen könnte.

Abrupt lässt er Julians Arm los, den er bis gerade immer noch festgehalten hat, und trabt los.
 

Jetzt muss es schnell gehen. Der Killer hat Buckley den Ball abgenommen und spielt nach vorne. Der Ball landet bei Julian, der durchstartet, Raphael bleibt mit ihm auf gleicher Höhe, wie ein Schatten. Läuft immer parallel, immer weiter. Dann der Pass nach vorne zu Dennis, der muss zurückgeben, weil Augustin nicht frei und Degen auf einmal viel zu nah bei ihm ist. Also Rückpass zu Raphael. Noch 25 Meter bis zum Tor... Augustin ist nicht frei, Dennis auch nicht mehr, Julian sowieso nicht.

Bleibt nur noch eins...

Er zieht ab. Denkt nicht darüber nach, sondern hämmert den Ball mit voller Gewalt nach vorne.

Er glaubt nicht daran, dass das etwas wird. Er ist zu weit weg, der Ball zu ungenau geschossen, nicht gut genug angeschnibbelt, der Torwart zu wachsam... Es...

„Yeah!“ Dennis’ Schrei gellt zu ihm herüber und im ersten Moment kann er es einfach nicht fassen. Absolut nicht. Er starrt einfach nur zu Weidenfeller, der den Ball frustriert wegtritt. Das ist doch... Er hat wirklich...

Da sind Augustin und Julian auf einmal bei ihm und umarmen ihn. Wenn es etwas gibt, was wirklich deutlich und aussagekräftig ist, dann der Jubel der beiden. Er muss lachen. Einfach nur lachen. Scheiße, wer hat denn damit gerechnet?

Augustin herzt ihn, drückt ihm einen überschwänglichen Kuss auf die Wange und rennt weiter. Julian kann ihn noch gar nicht wirklich loslassen, dann sind auch Dennis, Alejandro und Chris da und beglückwünschen ihn. Scheiße, er hat wirklich getroffen! Aus der Entfernung mit solch einem Schuss!

So langsam sackt dieses Wissen und jetzt brüllt auch er seinen Jubel laut heraus. Er umfasst Julian, der immer noch an ihm hängt, an der Taille und wirbelt ihn durch die Luft. Verdammt, er hat wirklich getroffen! Im Derby!



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