Zum Inhalt der Seite

Ride the Rockers 6 - Sugar Pain

1. Prequel zu Ride the Rockers, das Herbst 2005 kurz nach dem Final der Gama-Tour spielt. Erfahrt endlich, wie Reita und Ruki ein Paar wurden! Ist auch gut zu verstehen, ohne alle anderen FFs gelesen zu haben.
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kapitel 5
 

Den Abend nach seinem Streit mit Reita verbrachte Ruki damit, das zu tun, was er immer tat, wenn er das Gefühl hatte, sein Leben würde seiner Kontrolle entgleiten. Mit einem großen Müllbeutel und einem Kehrbesen bewaffnet, machte er sich daran, den Dreck zu beseitigen, den er in seiner nächtlichen Sauforgie verursacht hatte.
 

Doch anstatt es dabei zu belassen, das Gröbste zu beseitigen, krabbelte er mit dem Wischtuch unter Stühle und Tische, schrubbte den Küchenfußboden und stieg auf Regale, um auch in der hintersten Ecke Staub zu wischen. Er polierte seine Gitarren, heftete den Berg an Blättern mit Lyrics ab, der sich neben seinem Bett gesammelt hatte, und erst, als er sich dabei ertappte, wie er seinen Kleiderschrank schon zum zweiten Mal nach Designer, Farbe und Muster umsortierte und dabei mehr Frustration anstatt wie sonst Erleichterung verspürte, gestand er sich ein, dass seine Stressbewältigungsstrategien diesmal zu versagen schienen.
 

Mit einem unzufriedenen Laut ließ er sich auf sein Bett fallen und vergrub den Kopf in seinem Kissen, bevor er sein Gesicht zur Seite drehte und mit glasigem Blick an die Wand starrte.
 

Normalerweise half es ihm, wenn er Sachen in Ordnung brachte und alles wieder an seinen Platz kam, während um ihn herum das Chaos herrschte. Doch dieses Mal war es schwer, die Kontrolle zurückzuerlangen. Noch nie war sein Gefühlsleben so komplett durcheinander gewesen, noch nie hatte es jemand geschafft, ihn so sehr aus dem Gleichgewicht zu bringen wie Reita – ob der Bassist es nun beabsichtigt hatte oder nicht.
 

Noch immer spukten seine Worte in Rukis Kopf umher, die Art, wie er ihn in der Gasse umgarnt hatte, um seinen Willen durchzusetzen, und nicht zuletzt das verlockende Angebot, das er in seinem Zorn mit so viel Vehemenz abgeschmettert hatte. Es war verletzend gewesen zu hören, dass Reita nicht ›ihn‹ wollte, sondern nur das, was Ruki mit ihm tun würde, ohne sich dafür zu interessieren, was dieser dabei fühlte.
 

Doch jetzt, allein in seiner penibel geordneten, viel zu stillen Wohnung, fühlte sich Ruki auf einmal furchtbar dumm, das Angebot ausgeschlagen zu haben.
 

»Idiot …«, flüsterte er sich selbst zu, etwas, das er sich schon den ganzen Abend heimlich an den Kopf werfen wollte.
 

Reita liebte ihn nicht – natürlich tat er dies nicht! Wie hätte er das erwarten können? Es war vollkommen logisch, dass der Bassist für ihn nicht mehr als rein freundschaftliche Gefühle empfand. Selbst wenn er vorher gewusst hätte, dass Reita auf Männer stand, wäre die Wahrscheinlichkeit, dass er sich ausgerechnet in ihn verliebte, schwindend gering gewesen.
 

Ruki mangelte es durchaus nicht an Selbstbewusstsein, aber er war realistisch genug, um zu akzeptieren, dass es auch noch andere schöne Menschen auf dieser Welt gab. Nicht wenige davon direkt in der PS Company.
 

Und doch … obwohl Reita nichts für ihn empfand, hatte er ihm seinen Körper angeboten. Er hätte ihn berühren und die weiche Haut streicheln dürfen, nach der er nach der ersten Berührung süchtig geworden war. Er hätte ihn küssen dürfen, sich gegen ihn pressen und ihn in sein Ohr stöhnen hören können … – Das alles war mehr, als Ruki jemals gehofft hätte!
 

Wie billig hätte er sich dies erkaufen können! Mit harmlosen Fesselspielen, ein paar Schlägen, mit ein wenig Schmerz, der für Reita wie süßer Wein gewesen wäre. Und Ruki wusste, dass er ihn früher oder später selbst trunken gemacht hätte. Trunken und fähig, seine Grenzen zu brechen und alles zu tun, worum ihn Reita bitten würde, solange er ihm nur das Gefühl gab, dass er in diesen Minuten an niemand anderen als ihn dachte.
 

Ruki biss die Zähne zusammen und schluckte den Speichel herunter, der sich in seinem Mund gesammelt hatte, während er sich für sein ausgeprägtes visuelles Vorstellungsvermögen verfluchte. Jetzt daran zu denken, war keine gute Idee. Er hatte die Gelegenheit verschenkt, und selbst zu Reita zu gehen und sich ihm anzubieten, war etwas, was sein Stolz niemals zulassen würde.
 

Zudem verdiente es Reita nicht wirklich, dass er von sich aus zu ihm kam. Ruki zog mürrisch die Stirn in Falten, als er sich mit einem Mal wieder an die abgebrühte und kalte Art erinnerte, mit der ihn der andere hatte spüren lassen, dass er in ihm nichts weiter als ein billiges Sex-Toy sah … Er hatte nicht einmal verstanden, was Ruki so wütend gemacht hatte; hatte nicht begriffen, wie sehr er ihn verletzt hatte. Und im selben Augenblick, in dem der Sänger ihn wieder so vor sich sah, bereute er es nicht mehr, dass er sich ihm verweigert hatte. Reita war ein Arschloch, jawohl!
 

»Verdammt …«, knurrte Ruki leise und boxte mit der Faust in seine Matratze, bevor er erschrocken zusammenfuhr, als sein Handy klingelte. Er warf nur einen kurzen Blick aufs Display, bevor er den Anruf wegdrückte und das Telefon mürrisch auf sein Bett warf.
 

Reita. Wer sonst … Er konnte sich nicht wirklich vorstellen, was der andere mit ihm zu besprechen hatte. Wenn er auch nur einen Funken Anstand in sich trug, würde er sich entschuldigen wollen, aber vielleicht wollte er auch nur einen weiteren Versuch unternehmen, Ruki auf seine Seite zu ziehen. Und so verlockend die Versuchung auch war, Ruki wollte sich jetzt nicht damit auseinandersetzen. Wenn er Reita gegenübertreten würde, dann musste er sich soweit unter Kontrolle haben, dass er nicht noch einmal die Beherrschung verlor.
 

Denn so groß seine Wut auch war, Reita war sein Freund. Und wenn er wollte, dass die Band weiter bestand, mussten sie früher oder später einen Weg finden, das ganze hinter sich zu lassen. Doch dieser Zeitpunkt war nicht jetzt.
 

Ein kurzer Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass es beinahe Mitternacht war und er die letzten vier Stunden mit Putzen verbracht hatte. Er fühlte sich nicht im Geringsten müde, doch Kai hatte für den nächsten Tag Probe angesetzt und abgesehen davon, dass er seinen Leader nicht enttäuschen wollte, wollte er auch nicht, dass Reita an seinen tiefen Augenringen sehen konnte, dass ihm ihr Gespräch eine schlaflose Nacht beschert hatte. Die Genugtuung wollte er ihm nicht geben.
 

Als das Handy das nächste Mal klingelte, stellte er es schlichtweg auf lautlos, bevor er in Richtung Dusche wanderte und die folgende halbe Stunde seine Probleme einfach ausblendete, während er das heiße Wasser genoss, das auf seine Haut prasselte. Der Rest der Welt hatte zu warten …
 

~*~
 

Trotz zwei Tassen Beruhigungstees und einer Schlaftablette schaffte es Ruki in dieser Nacht gerade einmal, drei Stunden zu schlafen. Und als er schließlich am nächsten Vormittag in der U-Bahn stand, die Finger fest um eine Stange gekrallt, um nicht plötzlich umzufallen, konnte er beinahe körperlich spüren, wie ihn die Erschöpfung langsam einholte. Seine Augen brannten, als er aus dem Bahnhof trat und das helle Sonnenlicht auf seinen Netzhaut traf, und seine Beine schienen mit jedem Schritt, den er auf das PS Company Gebäude zutat, schwächer zu werden, bis er am liebsten wieder umgekehrt wäre, um sich in sein Bett zu verkriechen und nie wieder herauszukommen.
 

Ein zynisches Grinsen stahl sich auf seine Lippen, als er sich bei diesem absolut lächerlichen Gedanken ertappte, und er straffte die Schultern, bevor er mit raschem Schritt und dem festen Vorsatz, sich von nichts und niemandem unterkriegen zu lassen, die Flure durchquerte und schließlich die Tür zum Proberaum aufriss.
 

Uruha starrte ihn erschrocken an und ließ beinahe seine Gitarre fallen, während einer von Kais Drumsticks tatsächlich auf dem Boden landete und Aoi einen Satz nach hinten machte. Ruki runzelte verwundert die Stirn, bis ihm auffiel, dass er vielleicht in seinem Eifer ein wenig zu schwungvoll gewesen war. Hastig warf er ein entschuldigendes Lächeln in die Runde und schloss die Tür möglichst leise hinter sich, erleichtert darüber, dass Reita noch nicht anwesend war.
 

Auch wenn es ihm nur ein paar Minuten Schonzeit bescheren würde, er war für jeden Aufschub der äußerst unangenehmen Situation dankbar, die irgendwann unweigerlich eintreten würde. Aber vielleicht hatte er Glück und Reita war der Meinung, das ganze einfach totzuschweigen und weiter mit ihm befreundet zu sein, als wäre nichts geschehen. Obwohl dies eine äußerst feige Alternative für sie beide sein würde, wäre es immer noch weitaus angenehmer, als darüber zu sprechen. Aber was auch immer passieren sollte, heute würde er die Treppe benutzen, wenn die Probe vorbei war. Und rennen!
 

Er öffnete den Mund, um die anderen zu begrüßen, doch Uruha kam ihm zuvor.
 

»Dir ist schon klar, dass jetzt die nächste Runde Starbucks auf deine Rechnung geht!«, stellte er mit wichtigem Tonfall fest und stemmte die Hände in die Seiten, so dass Ruki ihm einen zweifelnden Blick schenkte.
 

»Und das ist mir klar, weil …?«, fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen und musste fast ein wenig schmunzeln, als sich Uruha aufplusterte und mit einer ausschweifenden Geste seine langen Ponysträhnen zurückwarf.
 

»Weil du mich so erschreckt hast, dass ich um zehn Jahre gealtert bin. Da, Falten!« Er tippte mit leidendem Gesichtsausdruck auf seine Stirn und sah Ruki so vorwurfsvoll an, als habe ihm dieser soeben seine Playstation weggenommen.
 

»Die Falten kommen nicht von Ruki, die kommen daher, dass du jeden zweiten Tag in irgendwelchen Clubs durchtanzt«, warf Aoi mit einem schelmischen Lächeln ein und Kai nickte bekräftigend.
 

»Oder vom Alkohol«, fügte er hinzu und hielt sich die Hand vor den Mund, um sich ein Lachen zu verkneifen, als Uruha die Gesichtszüge entglitten und er ihn fassungslos anstarrte. Rukis Mundwinkel bogen sich amüsiert nach oben, als der andere einen empörten Laut von sich gab und Kai säuerlich anfunkelte.
 

»Ich hab gar keine Falten!«, protestierte er, hastete jedoch trotzdem zu seiner Tasche, um einen kleinen Spiegel hervorzukramen und seine Stirn eingehend zu untersuchen.
 

»Oh doch, sogar jede Menge! Langsam setzt der Alterungsprozess ein!«, stichelte Aoi weiter und ignorierte den tödlichen Blick aus dunkelbraunen Augen.
 

»Sagt der, der drei Jahre früher als ich am Krückstock gehen wird!«, giftete Uruha zurück und klappte den Taschenspiegel mit einem lauten Geräusch zu.
 

»Keine einzige Falte!«, triumphierte er und streckte Aoi die Zunge heraus, der unbeeindruckt eine Augenbraue hob und dann den Kopf schüttelte.
 

»Keine Falten, kein Kaffee«, erwiderte er mit spöttischem Lächeln, so dass Ruki, der dem Wortgefecht bis jetzt still gelauscht hatte, zu lachen begann, als er sah, wie dem blonde Gitarristen klar wurde, dass er sich soeben selbst ausgestochen hatte. Und als Kai noch ein freundliches »leider Pech gehabt«, hinzufügte, schien er mit dem Rest der Welt fertig zu sein.
 

»Hinterhältiges Pack«, knurrte er leise und drehte sich schwungvoll weg, um seine Gitarre aufzuheben.
 

Aoi lachte ihn lauthals aus, Kai grinste breit und auch Ruki konnte nicht umhin zuzugeben, dass der kleine Zwischenfall seine Laune erheblich gebessert hatte. Solche Sachen passierten ständig, wenn sie sich in einem Raum befanden – und wenn Uruha nicht für Hohn und Spott herhalten musste, waren es meistens Reita oder Aoi, die die kleinen Sticheleien ertragen mussten. Allen war klar, dass es Spaß war, und jeder wusste, dass Uruha nun fünf Minuten theatralisch schmollen würde, bis er es nicht mehr aushielt und den Vorfall einfach vergaß.
 

»Dann fangen wir am besten mal an«, beendete Kai das Thema und hob den Drumstick auf, den er fallen gelassen hatte, doch anstatt sein Mikrophon einzustellen, wie er es normalerweise tat, sah Ruki ihn nur verwundert an.
 

»Warten wir nicht noch auf Reita?«, fragte er und bewunderte sich selbst dafür, wie gut er es schaffte, seinen Tonfall normal klingen zu lassen.
 

»Der kommt heute nicht«, antwortete Aoi anstelle des Drummers und klimperte ein paar Töne auf seiner Gitarre, während er sich mit dem Fuß einen Stuhl heranzog. »Er hat vor ein paar Minuten angerufen und gesagt, er hat was Wichtiges vor.«
 

»Wahrscheinlich hat er es mit seiner Freundin ein bisschen zu bunt getrieben und ist nicht aus dem Bett gekommen«, mischte sich Uruha in die Diskussion ein und grinste breit, vollkommen vergessend, dass er eigentlich noch beleidigt war. Ruki warf ihm einen verwirrten Blick zu, bis er sich plötzlich an Uruhas These erinnerte, Reitas mysteriöses Verschwinden und auch sein gereiztes Verhalten würden mit seiner Beziehung zusammenhängen.
 

Oh ja, mit einer Beziehung hing es definitiv zusammen, aber würden die anderen wissen, dass es sich dabei um die rein geschäftliche Beziehung zu einem Callboy in einem S/M-Studio handelte und Reita seine Aggressionen damit abbaute, dass er sich an einem Kreuz auspeitschen ließ, würden sie vermutlich vor Schreck tot umfallen.
 

»Wenn er von einer Nacht mit seiner Freundin so fertig ist, dass er am nächsten Morgen nicht mal zur Probe kommen kann, kann er sie uns gern mal vorstellen«, schlug Aoi vor und Uruha grinste breit.
 

»Oder gleich mal ausleihen«, sprang dieser sofort darauf an und schaukelte mit den Hüften. »Es sei denn, sie ist irgendein Drachen und er kann nicht kommen, weil sie sich gefetzt haben. So richtig schön dramatisch mit fliegendem Geschirr!«
 

»Er klang eher so, als würde es ihm wirklich schlecht gehen«, gab Kai der Diskussion einen Dämpfer und rieb sich das Kinn, wie er es immer tat, wenn ihm etwas ernsthafte Sorgen machte. »Er hat gemeint, er fühle sich richtig mies und wolle uns nicht die Laune verderben. Keine Ahnung, was er gerade für Probleme hat, aber er hat mir versprochen, dass er etwas dagegen unternehmen würde. Er klang so, als hätte er das Problem nicht zum ersten Mal und wüsste schon genau, was er dagegen unternehmen müsste. Trotzdem mache ich mir Sorgen …«
 

»Also doch Anger Management …«, murmelte Aoi leise und spielte leise einen Akkord an, ehe er ein zweites Mal an diesem Tag zusammenfuhr, als Rukis Tasche mit einem dumpfen Laut neben ihm auf dem Fußboden landete.
 

»Scheiße, Ruki, erschreck mich nicht so!«, murrte er, doch der Sänger hörte ihn gar nicht. Er starrte wie paralysiert ins Leere, die Augen weit aufgerissen, während sich in seinem Kopf alles zu drehen begann. Er spürte, wie sich sein Magen unangenehm zusammenzog und seine Knie zu zittern begannen, als würde er jeden Moment das Gleichgewicht verlieren, ehe er plötzlich die verwunderten Blicke spürte, die auch ihn gerichtet waren, und ertappt zusammenzuckte.
 

»Ich muss … kurz auf Toilette«, presste heraus und drehte sich auf dem Absatz um, noch bevor einer der anderen etwas erwidern konnte, um aus dem Probenraum auf den Gang zu fliehen. Doch anstatt den Weg zur Toilette einzuschlagen, trugen ihn seine Beine beinahe automatisch in Richtung des Hinterhofs, wo er wie benommen auf eine kleine Mauer sank und die Augen schloss, um die Übelkeit zurückzudrängen, die ihn zu überwältigen drohte.
 

Reita hatte es getan … Er war bei Chiaki! Er konnte nur bei ihm sein! Ruki biss die Zähne zusammen und ballte die Hände zu Fäusten, um die gewaltigen Emotionen zu bekämpfen, die in ihm aufstiegen. Er konnte noch nicht einmal sagen, was es genau war. Wut, Enttäuschung, Eifersucht, und noch viel mehr, was er überhaupt nicht zuordnen konnte.
 

Anger Management, natürlich! Und was für ein Anger Management! Wahrscheinlich ließ sich Reita jetzt gerade wie ein Paket zusammenschnüren, auspeitschen und foltern, nur um ihn zu demütigen, weil er sich geweigert hatte, sein Spielzeug zu werden. Wollte er ihn bestrafen? Wollte er Ruki zeigen, dass er ihn nicht brauchte, dass er vollkommen austauschbar war?
 

Oder hielt er es nicht mal mehr einen Tag ohne Schmerz aus? Brauchte er die Folter so dringend, dass er alles andere in seinem Leben – die Band, seine Freunde – hinten anstellte und vernachlässigte, nur um wie ein Junkie seinen Kick zu bekommen? Wie konnte er so egoistisch und selbstgefällig sein?!
 

Rukis Fingernägel bohrten sich so tief in seine Handinnenflächen, dass sie das Blut verdrängten, als sich in seinem Kopf immer neue Gedanken auftürmten, einer schlimmer als der andere. Er wollte schreien, auf irgendetwas einschlagen, doch obwohl die Wut immer stärker in ihm brodelte, war er wie versteinert.
 

Es fühlte sich an, als habe Reita ihn verraten … Er hatte ihm gesagt, er wolle nur noch ihn, jede Nacht, den Schmerz nur noch aus seiner Hand empfangen … Er hatte sich küssen lassen, Ruki zurückgeküsst und mit ihm Sex gehabt, verdammt noch mal! Wie konnte ihm Reita erst erklären, er sei seine heimliche Fantasie, wenn er sich selbst befriedigte, ihm anbieten, seinen Körper zu benutzen, und ihn dann nicht einmal einen Tag später wieder fallen lassen?! Wie konnte er ihm erst Hoffnung machen, dass er eventuell irgendwann etwas Besonderes für ihn sein könnte, und ihn dann hintergehen?
 

Ruki biss die Zähne zusammen, als ihm plötzlich klar wurde, dass er überhaupt nicht in der Position war, Reita einen Vorwurf zu machen. Er hatte ihm nichts versprochen, er hatte ihm lediglich ein Angebot gemacht, was Ruki selbst abgelehnt hatte. Und er hatte es nicht nur abgelehnt, er hatte ihn zusätzlich noch beschimpft und eindeutig klar gemacht, was er von seinen Neigungen hielt.
 

Reita hatte ihm sogar gesagt, dass er es sich nicht verbieten lassen würde, zu Chiaki zu gehen, wenn er seinen Platz nicht einnehmen wollte, aber obwohl Ruki hätte klar sein müssen, dass der Bassist seine Worte wahr machen würde, war der Schock größer, als er jemals gedacht hätte.
 

Er hatte sich selbst das Wasser abgegraben und alles kaputt gemacht, was jemals zwischen ihnen hätte sein können … Und trotzdem war eine kleine Stimme in ihm, die alle Tatsachen ignorierte, der Meinung, Reita würde alles nur tun, um ihm eins auszuwischen und ihn zu demütigen. Und in diesem Moment, in dem er sich so hilflos fühlte und jeden Gedanken, dass er selbst an allem schuld war, einfach nur verdrängen wollte, siegte die kleine Stimme.
 

»Äh … Ruki?«
 

Eine Stimme ließ ihn zusammenzucken, und als er den Kopf hob, sah er Uruha vor sich stehen, der sich verlegen eine Strähne aus der Stirn strich und ihn besorgt musterte. Er brauchte einen Moment, doch dann fühlte er, wie das Blut in sein Gesicht schoss, als ihm einfiel, dass er sich nur für einen Moment entschuldigt hatte und die anderen sicher schon seit etlichen Minuten warten ließ. Und nun hatte Uruha ihn auch noch erwischt, wie er ohne jeglichen Grund draußen saß und wie ein Psychopath Löcher in die Luft starrte.
 

»Geht’s dir gut?«, fragte der blonde Gitarrist mit ernstem Gesichtsausdruck und schaffte es, dass sich Ruki auf der Stelle schrecklich schuldig fühlte. So nickte er nur schnell und zwang sich ein entschuldigendes Lächeln auf die Lippen, innerlich all seine verbliebene Beherrschung zusammenkratzend.
 

»Noch ein bisschen krank«, meinte er leise. »Ich brauchte nur ein wenig frische Luft …«
 

Uruha nickte verständnisvoll und Ruki seufzte innerlich auf, als der andere keine weiteren Fragen stellte, sondern schweigend den Wink akzeptierte, dass er nicht weiter darüber reden wollte.
 

»Wenn du Taschentücher oder eine Fiebertablette brauchst, weißt du ja, dass du jederzeit zu mir kommen kannst«, antwortete er und Ruki lächelte dankbar, als er verstand, dass der in banale Worte verpackte Code nichts anderes bedeutete, als dass der andere für ihn da sein würde, wenn er sich entschließen sollte, über seine Probleme zu sprechen.
 

»Danke, ich komm vielleicht darauf zurück«, antwortete er und fühlte sich gleich ein bisschen erleichterter, auch wenn er wusste, dass er dieses spezielle Problem wahrscheinlich nie jemandem anvertrauen würde.
 

»Kein Problem«, grinste Uruha und klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter, bevor er ihn in die Höhe zog. »Und jetzt komm! Aoi hat vor lauter Langeweile angefangen, mit den Drumsticks zu jonglieren, und glaub mir, ›das‹ willst du sehen!«
 

Ruki weitete die Augen und schmunzelte, als Uruha ihn an den Schultern packte und vor sich her in Richtung Proberaum schob.
 

Den Rest der Probe schaffte er es tatsächlich, sich von seinen Sorgen abzulenken, was nicht zuletzt daran lag, dass seine Bandkollegen keine Chance ungenutzt ließen, ihn durch irgendwelche Späße aufzuheitern, doch kaum dass er sich von ihnen verabschiedete und das PSC Gebäude verließ, trübte sich seine Stimmung wieder. Und spätestens, als er den U-Bahnhof betrat und die Wegweiser in Richtung Shibuya sah, war seine Laune wieder so schlecht wie auf dem kleinen Hof.
 

Die dunkle Wolke über seinem Kopf verschwand auch für den Rest des Tages nicht, und als er schließlich gegen Abend den zwingenden Drang verspürte, seine schon viel zu ordentliche Wohnung ein weiteres Mal zu putzen, entschied er sich, dass er den nächsten Tag am besten im Bett bleiben und den Rest der Welt – und vor allen Dingen Reita – ignorieren sollte.
 

Gegen zehn Uhr rief er Kai an, um ihm zu sagen, dass er sich nicht wohl fühlte, und zu seiner Erleichterung bestand der Drummer darauf, dass er nicht eher zur Probe käme, bis es ihm besser ginge, solange er nur pünktlich zur Abreise nach Österreich wieder fit sei. Einen Moment lang glaubte Ruki einen wissenden Unterton in seiner Stimme zu hören, doch er verdrängte den Gedanken schnell wieder. Selbst wenn Kai den nun wirklich nicht allzu abwegigen Verdacht geschöpft hatte, dass mit Rukis ›Krankheit‹ etwas nicht stimmte, konnte er zum Glück keine Gedanken lesen.
 

Nachdem er aufgelegt hatte, betrachtete er sein Handy kurz gedankenvoll, ehe er es auf lautlos stellte und mit dem Display nach unten drehte, so dass er nicht sehen konnte, wenn ein Anruf kam. Bei seinem derzeitigen Stimmungszustand konnte er sich nicht sicher sein, dass er Reita nicht einfach all seine Gefühle an den Kopf knallen würde, wenn er mit ihm sprechen sollte, also wollte er lieber gar nicht erst riskieren, dass es dazu kam. Wer konnte wissen, ob der Bassist nicht noch einmal versuchen würde, ihn anzurufen.
 

Und tatsächlich. Als er das Handy nach zwei Stunden wieder in die Hand nahm, blinkte deutlich ein kleiner grüner Hörer in der linken unteren Ecke. Zwei Anrufe in Abwesenheit. Reita. Am nächsten Morgen waren es drei und im Laufe des Tages vier weitere, so dass sich Ruki schon dabei ertappte, wie er das Handy immer wieder in die Hand nahm, nur um nachzusehen, wie oft es Reita diesmal probiert hatte.
 

Jedes Mal breitete sich ein seltsames Gefühl der Beklemmung in ihm aus, wenn er den Namen des anderen auf seinem Display blinken sah, und je öfter dies geschah, umso stärker machte sich in ihm das schlechte Gewissen breit, dass er ihn einfach ignorierte. Aber bevor er sich nicht absolut sicher war, wie er seine widersprüchlichen Gefühle unter Kontrolle kriegen konnte, oder zumindest wie er sich ihm gegenüber verhalten sollte, konnte er nicht mit ihm reden.
 

Und irgendwann im Laufe des nächsten Nachmittags stoppten die Anrufe. Zuerst fiel es Ruki gar nicht auf, aber als vier Stunden vergangen waren und sein Display noch immer leer blieb, begann er unruhig zu werden. Und als auch nach zwei weiteren Stunden kein Anruf kam und es langsam spät wurde, wandelte sich seine Unruhe langsam in Verärgerung und ließ ihn rastlos im Zimmer auf und ab laufen, das Handy mit bösen Blicken bedenkend, als wäre es sein persönlicher Feind und hätte sich gegen ihn verschworen.
 

Erst tat Reita interessiert und nun meldete er sich nicht mehr? Er müsste doch intelligent genug sein, um zu wissen, dass er sich ein bisschen mehr anstrengen musste, bei dem, was er sich geleistet hatte.
 

Doch es tat sich nichts. Und irgendwann kam sich Ruki furchtbar dumm dabei vor, wie er auf sein Handy starrte und wartete, obwohl Reita eigentlich der Letzte war, mit dem er gerade reden wollte. Mürrisch warf er das kleine Telefon auf sein Sofa und trabte unter die Dusche, um sich danach sofort ins Bett zu werfen und den Tag zu vergessen.
 

Wie in der letzten Nacht dauerte es einige Stunden, bis er endlich eingeschlafen war, doch kaum dass Morpheus ihn endlich in seine Arme geschlossen hatte, schreckte er auch schon wieder auf. Ein frustriertes Stöhnen entwich seinen Lippen, als er mit seiner Hand nach dem Wecker schlug, doch das Bimmeln, das ihn geweckt hatte, wollte einfach nicht verstummen. Und nach ein paar Momenten wurde Ruki klar, dass es daran lag, dass es die Türklingel war.
 

Halb benommen taumelte er aus dem Bett zur Tür, um wem auch immer gehörig die Leviten zu lesen, dass er ihn mitten in der Nacht aus dem Schlaf klingelte, ehe er plötzlich zu Eis gefror, als er von der anderen Seite der Tür eine Stimme hörte.
 

»Ruki … Ich bin’s, Reita! Lass mich rein!«
 

Ein leises Keuchen entwich dem Sänger, als er mit der Hand nach der Kommode tastete, um sich daran festzuhalten, während er spürte, wie seine Beine zu zittern begannen. Er hätte es wissen müssen! Er hätte wissen müssen, dass er Reita einfach nicht aus dem Weg gehen konnte. Doch damit, dass dieser schlichtweg bei ihm auftauchte, hätte er im Traum nicht gerechnet.
 

»Ruki, mach auf!« Ein weiteres Klingeln ertönte und Reitas Stimme wurde lauter, als er an die Tür klopfte und Ruki aus der Starre holte, in die er einen Moment gefallen war. Er zuckte zusammen wie ein Kaninchen, ehe er zur Tür hastete und diese schneller öffnete, als er über die Konsequenzen nachdenken konnte. Und erst, als er Reitas überraschten Blick sah und spürte, wie sich im selben Atemzug sein Brustkorb zusammenzog, wurde ihm klar, dass dies vielleicht doch keine so gute Idee gewesen war.
 

Der Bassist ließ die Hand, die er zum Klopfen erhoben hatte, sinken und wich seinem Blick aus.
 

»Darf ich reinkommen?«, fragte er leise und Ruki nickte nur, nicht in der Lage, irgendetwas zu erwidern. Es kam ihm noch nicht einmal in den Sinn, den anderen anzufahren, was er sich erlaubte, mitten in der Nacht so einen Krach in seinem Hausflur zu machen, als er die Tür hinter ihm schloss und wortlos ins Wohnzimmer ging.
 

Reita folgte ihm schweigend und war auf einmal gar nicht mehr so entschlossen, wie zu dem Zeitpunkt, als die Tür noch zwischen ihm und Ruki gewesen war.
 

»Entschuldige, dass ich dich geweckt habe …«, begann er leise und Ruki runzelte die Stirn, als er hörte, dass die Stimme des anderen ein wenig belegt klang.
 

»Hast du getrunken?«, fragte er und Reita schüttelte den Kopf, ehe er kurz zögerte und dann doch nickte.
 

»Ein bisschen«, gab er zu und setzte sich zögerlich auf seinen angestammten Platz auf der Couch, die Augen noch immer auf seine Fußspitzen gerichtet.
 

Ruki musterte ihn skeptisch, auch ein wenig verwirrt, denn womit er auch immer gerechnet hatte, es war sicher nicht gewesen, dass Reita plötzlich so zurückhaltend war, wo er vor zwei Tagen in der kleinen Gasse den Macho markiert hatte.
 

Sein Blick huschte zur Uhr. 2.30 Uhr.
 

»Es tut mir leid …«, brach Reita auf einmal die Stille, die sich zwischen ihnen ausgebreitet hatte, und Ruki sah ihn überrascht an. Der Bassist hatte den Kopf gesenkt und drehte nervös seine Finger umeinander, doch abgesehen davon, dass seine Stimme leicht schwankte, als er weitersprach, war er ruhig. »Ich hab gedacht, du würdest genauso denken wie ich … Als ich dich im Club erkannt habe, war ich gelähmt vor Schrecken. Ich dachte einen Moment, das sei ein kranker Scherz und du würdest dich über mich lustig machen. Ich hab sogar kurz gedacht, die anderen würden mit dir unter einer Decke stecken und ihr habt das ganze geplant. Doch was du mit mir gemacht hast … Wie du mich angefasst hast … So etwas tut man nicht aus Scherz, nicht wahr?«
 

Ruki schluckte trocken, als er die Unsicherheit in Reitas Stimme hörte, doch sein Verstand konnte gar nicht so schnell arbeiten, um eine passende Antwort zu finden. Er hätte nicht gedacht, dass Reita die Sache so direkt zur Sprache bringen würde! Er war wie erstarrte, konnte keinen klaren Gedanken fassen, der auch nur annähernd erklärt hätte, was er in diesem Moment gedacht hatte. Er hatte einfach überhaupt nicht gedacht … Er hatte sich vollkommen in der Situation verloren, in der Anziehungskraft von Reitas gequälten Lauten, wenn er ihn folterte, in dem unleugbaren Reiz der Macht über ihn, durchbrochen von zarten Berührungen, die ihm den letzten Funken Verstand geraubt hatten.
 

Und je länger er ihn jetzt ansah, umso stärker kamen die süßen Erinnerungen zurück und kosteten ihn seine ganze Selbstbeherrschung, um sich nicht von ihnen überwältigen zu lassen.
 

»Ich hab gedacht, es hat dir gefallen …«, fuhr der andere fort, und Ruki fühlte sich plötzlich ganz furchtbar, als er sah, wie Reitas Gestalt förmlich in der Couch zu verschwinden schien. »Ich dachte … Du hast mich …« Er stockte und atmete zittrig ein, bevor er die Hände auf seinem Schoß verkrampfte und den Blick vorsichtig zu Ruki hob. »Du hast mich geküsst … Du hast mich angefasst, als wolltest du tatsächlich ›mich‹. Und da habe ich gedacht … du wolltest es auch. Ich habe die Kontrolle über mich verloren. Einfach so … Ich wollte dich … Und du warst auf einmal da … Ich konnte nicht wissen, dass du es eklig findest … Dass du mich eklig findest …«
 

Er verstummte und senkte den Blick wieder, als Ruki nicht reagierte, ihn nur wie versteinert anstarrte und die Hände hinter seinem Rücken ballte, um sich zur Ruhe zu zwingen. In seinem Inneren tobten die widersprüchlichsten Emotionen, aber er konnte sich kein Stück bewegen, als sei er festgefroren. Und zum ersten Mal seit dem Moment, in dem er Reita in der Gasse ins Gesicht geschlagen hatte, begriff er, was er für einen Schaden angerichtet hatte.
 

Die ganze Zeit war er auf den Bassisten wütend gewesen, hatte ihn für unsensibel gehalten, für egoistisch und selbstgefällig. Er hatte ihm vorgeworfen, nicht auf seine Gefühle zu achten. Und nun erkannte er auf einmal, wie blind er selbst für die Gefühle des anderen gewesen war.
 

Wie hätte Reita wissen können, dass er ihn verletzte, wenn alles, was Ruki ihm gezeigt hatte, Ablehnung gewesen war? Er hatte ihn im Club liegen gelassen, hatte ihn gemieden und am Telefon ignoriert, war vor ihm geflüchtet und hatte schließlich das Schlimmste getan, was er überhaupt hätte tun können. Er hatte ihm ins Gesicht gebrüllt, wie abstoßend er seine Neigungen fand, wie schlimm es für ihn gewesen war, mit ihm zusammen zu sein. Er hatte sich in diesem Moment schützen, seinen Stolz und seine Selbstachtung retten wollen, doch die Worte, die seinen Mund verlassen hatten, waren nur eines gewesen: kalt und ablehnend.
 

Er hatte Reita genau das selbe angetan wie dieser ihm. Mit dem Unterschied, dass er, Ruki, noch viel grausamer gewesen war. Und plötzlich verstand er, wie viel Überwindung und Mut es Reita gekostet haben musste, zu ihm zu kommen. Zu einem Mann, von dem er glaubte, er würde ihn verachten. Und zu wissen, dass er daran schuld war, dass Reita dies dachte, ließ ihn sich selbst mehr hassen, als er jemals gedacht hatte.
 

»Sag was …«, holte ihn Reita aus seinen Gedanken zurück, und er schrak zusammen, als er hörte, wie dünn dessen Stimme klang, doch er öffnete lediglich den Mund, bevor er ihn wieder zuklappte, ohne ein Wort herausgebracht zu haben. Er wollte etwas sagen, wollte Reita alles gestehen, doch es war, als hätte ihm dessen Rede die Luft abgeschnürt. Er ballte die Fäuste fester zusammen, als er spürte, wie sein Körper zu zittern begann, doch Reita bemerkte dies nicht. Sein Gesicht wurde noch blasser, als es sowieso schon war, als Ruki nichts erwiderte, und nach kurzem Zögern erhob er sich.
 

»Entschuldige, dass ich dich belästigt habe«, sagte er so leise, dass sich Ruki am liebsten dafür geschlagen hätte, dass seine Kehle noch immer wie zugeschnürt war. »Ich hoffe, du verzeihst mir irgendwann. Ich habe dir das Angebot nur gemacht, weil ich dachte, du willst es auch. Es war nie meine Absicht, dich zu verletzen. Wir sind doch Freunde …«
 

Er lächelte wacklig, doch es wirkte gezwungen, ehe er sich zur Tür wandte, um zu gehen. Ruki sah ihm nach und biss die Zähne so fest zusammen, dass er glaubte, jeden Augenblick müsse sein Kiefer zerspringen. Er konnte sein eigenes Blut hinter seinen Ohren rauschen hören, fühlte, wie sich sein Brustkorb zusammenzog, so dass er beinahe keine Luft mehr bekam, bis plötzlich etwas in ihm brach.
 

»Wieso bist du wieder zu Chiaki gegangen?«, hörte er sich selbst sagen und sah, wie sich Reita umdrehte und ihn überrascht, wenn auch ein wenig ertappt ansah.
 

»Wie kommst du …«, begann er, doch Ruki ließ ihn nicht einmal ausreden.
 

»Ich weiß, dass du da warst!«, rief er, mit einem Mal furchtbar aufgeregt, als würde die ganze Spannung, die sich bis jetzt in sich angestaut hatte, auf einmal aus ihm herausbrechen. »Du hast gesagt, du willst nur noch mich! Wie kannst du so etwas sagen und dann wieder zu ihm gehen, als sei nichts geschehen?!«
 

Reita starrte ihn an wie das Kaninchen vor der Schlange, ehe er abwehrend die Hände hob und einen Schritt zurückwich, doch Ruki war inzwischen so aufgebracht, dass er dies gar nicht mehr bemerkte. Mit zwei Schritten durchquerte er den Raum und packte Reita so fest am Kragen, dass dieser einen schmerzvollen Laut von sich gab.
 

»Lass mich los!«, keuchte er erschrocken und versuchte Ruki von sich zu schieben, doch dieser drängte ihn nach hinten, bis er mit dem Rücken gegen die Wand stieß.
 

»Du behauptest, wie wären Freunde! Dabei hast du mich nur benutzt und dann belogen!«, fauchte er und drückte fester zu, während er versuchte, das Zittern zurückzudrängen, dass ihn zu überwältigen drohte. Er wusste mit jeder Faser seines Körpers, dass er das Falsche tat, aber er hatte sich zu lange kontrolliert und nun jegliche Gewalt über sich verloren.
 

»Das hat doch überhaupt nichts damit zu tun!«, verteidigte sich Reita und verzog das Gesicht, als Ruki stärker zudrückte. Langsam flammte Ärger in seinem Blick auf, als er Rukis Schultern packte und versuchte, ihn von sich zu lösen. »Ich habe mich entschuldigt! Was ich mit Chiaki tue, hat rein gar nichts mit dir zu tun!«
 

»Aber es hatte etwas mit mir zu tun, als ich seinen Platz einnehmen sollte! Was soll ich denn denken, wenn du mir auf einmal eröffnest, dass ich deine heimliche Fantasie bin, und mich dann plötzlich wie ein Sex-Toy behandelst?!« Rukis Worte wurden mit jedem Wort lauter, bis er Reita beinahe anschrie. »Tun Freunde so was? Du hast mich benutzt! Und jetzt willst du dich nur entschuldigen, weil du denkst, ich lasse mich dann doch noch überreden!«
 

Reitas Augen weiteten sich fassungslos und seine Lippen begannen zu zittern, ehe er Ruki so grob von sich wegstieß, dass dieser zurücktaumelte und auf dem Boden aufschlug. Das Gesicht des Bassisten war vor Wut und Schmerz verzerrt, doch anstatt auf ihn loszugehen, wie Ruki es für einen kurzen Moment vermutet hatte, schlug er lediglich mit der Faust in die Luft.
 

»Bist du jetzt völlig durchgeknallt!?«, rief er zornig und Ruki hielt die Luft an, als er sah, wie sich Flüssigkeit in den Augen des anderen sammelte. »Ich habe mich entschuldigt! Du bist mir wichtig, verstehst du das nicht?! Es tut mir leid, dass ich so ein Arschloch war, aber du hast mir keine andere Wahl gelassen!«
 

»Ach, jetzt bin ich auch noch schuld?«, Rukis Augenbrauen zogen sich ärgerlich zusammen und er sprang auf, doch noch bevor er etwas sagen konnte, unterbrach Reita ihn.
 

»Natürlich bist du schuld!«, brüllte er und es schien ihn überhaupt nicht zu stören, dass er damit vielleicht Rukis Nachbarn weckte. »Wenn du nicht im Club aufgetaucht wärst, wäre alles gut gegangen! Ich würde noch nicht einmal daran denken, wie es wäre, mit dir zu schlafen oder dich Dinge mit mir tun zu lassen, von denen ich zuvor noch nicht einmal geträumt habe! Es würde mir vollkommen reichen, dich mir ab und zu ohne jegliche Hintergedanken vorzustellen, aber seitdem ich weiß, wie du dich anfühlst, kann ich an nichts anderes mehr denken! Ich will dich so sehr, dass ich nicht mehr ruhig schlafen kann, weil ich immer wieder die Bilder vor mir sehe, was an diesem Abend geschehen ist!«
 

Sein Atem ging hastig und er hatte die Hand noch immer zur Faust geballt, doch hatte Ruki diese Geste vor ein paar Sekunden nur wütend gemacht, nahm er sie nun gar nicht mehr wahr. Sein Kopf war wie leergefegt, jeglicher Gedanke weggewischt, so dass er Reita nur mit offenem Mund anstarren konnte.
 

»Warum bist du dann zu ihm zurück?«, fragte er und wusste nicht, wie er überhaupt noch in der Lage war, einen vollständigen Satz zu formulieren. Reita schien seinen plötzlichen Wandel überhaupt nicht wahrzunehmen, denn anstatt ruhiger zu werden, begann er nur noch mehr zu zittern.
 

»Weil ich mir beweisen wollte, dass ich es auch ohne dich kann! Dass ich dich nicht brauche!«, rief er aufgebracht und atmete so schnell und abgehackt, als würde er die Tränen, die in seinen Augenwinkeln glänzten, nur noch mit größter Mühe zurückhalten können. »Doch ich kann es nicht mehr! Alles, was vorher war, bedeutet mir nichts mehr!«
 

Rukis spürte, wie sich seine Kehle erneut zuschnürte, doch dieses Mal war es ein anderes Gefühl, was sich in ihm ausbreitete. Er konnte nicht verstehen, was gerade um ihn herum geschah, fühlte sich wie ein hilfloser Beobachter in einer Situation, die wirkte, als sei sie nicht aus seinem eigenen Leben, sondern aus einer unrealen Wirklichkeit, die ihm sein Verstand vorgaukelte, um ihn arglistig hinters Licht zu führen. Doch im selben Moment fühlte er mit beinahe erschreckender Gewissheit, dass es real war. Dass Reitas Worte wahr waren, so unmöglich es für ihn auch war, sie zu fassen.
 

Doch als der andere in einer verzweifelten Geste die Arme hob und ihn so klar ansah, dass Ruki glaubte, sein Blick würde ihn vollkommen durchdringen, wusste er, dass alles, wirklich alles, real war. Und als er die nächsten Worte des anderen hörte, glaubte er, den Boden unter den Füßen zu verlieren.
 

»Ich habe nicht gelogen, als ich sagte, ich will nur noch dich!«
 

tbc.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (73)
[1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8]
/ 8

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2008-06-18T18:38:40+00:00 18.06.2008 20:38
Muss den Kommi für das 6 Kapitel leider hir reinschrieben x.x
alsooo hassu geil geschrieben <33
hoffe du schreibst noch weiter !!
*fan desu*

Von:  Rikku_
2008-06-16T18:18:03+00:00 16.06.2008 20:18
gehört eigendlich zum pitel 6
einfach genial XD
endlich ist sie rausgekommen .....man hab ich micht gefreut ^^

aber das waren auch kinsköpfe
auf sie druf schlag....so schwer von bergriff
jaja passiert wenn man nicht deutlich spricht was man will :P


Von:  Rikku_
2008-06-13T16:46:34+00:00 13.06.2008 18:46
v.v oh man zu gern les ich deine geschichten
aber wann schreibsu endlich weiter???
werde ja schon ganz hibbelig

ich weiß zwar das du viiiel zu tun hast usw aber du kannst doch so schön schreiben, da müsst es doch schnell gehen mit aufschreiben

da hab ich eher meine probleme.....

oh man möchte weiterlesen
möcht weiterlesen, wie es mit raita und ruki weiter geht


Von: abgemeldet
2008-06-10T12:32:02+00:00 10.06.2008 14:32
*______*
LIEBE XD Ich hab mich schon die ganze Zeit gefreut, dass ich das Kapitel nach der Schule lesen kann!
Es ist wieder mal klasse <3
Die Emotionen sind klasse rüber gekommen, ach einfach mitreißend ^-^
lg
Fayn
Von:  Kysume
2008-06-05T16:10:34+00:00 05.06.2008 18:10
Ich weiß gar nicht mehr was ich schreiben soll... deine Fics sind immer so gut und jedes Kapitel lässt eine so viele verschiedene Emotionen durchleben, es ist einfach wunderschön! Ich bin einfach begeistert, wie immer! XDDDD

Aber schon wieder ein letztes Kapitel... ich will nicht, dass es aufhört!!!!! >______< Weil... ich liebe Ride the Rockers einfach zu sehr, klar muss irgendwann mal alles zu Ende gehen, aber... ich hab diese Fic(s) so ins Herz geschlossen, ich kann mir gar nicht vorstellen wie es ist, wenn die ganze Reihe endet... Ich kann also nur hoffen, dass du schon was neues geplant hast, denn letztes Kapitel hört sich immer so schrecklich an...
Trotzdem bin ich gespannt auf das letzte Kapitel! XDDD Also dann, man liest sich!^-^
Von:  Jillian
2008-06-05T00:45:37+00:00 05.06.2008 02:45
Ooooh Gott, ich hab noch keinen Kommi gemacht ;-;
*aich hau*
*verprügel*
*erwürg*
*röchel*
*tot*
piiiiii....~~~~~

Aber isch finds mal wieder so genial!!!
*vor Verzückung rumquietsch*
Naaaah~ und las nächstes bitte nen fetten Lemon *Q*
*sabba*
*hust*
XD'
Isch bin Lemon-geil ^^
*kicher*
Maaaah, ich freu mich schon so aufs nächste Kapp
*anfang zu heulen*
*drop*
Ok, ich bin übermüdet XD''''
*knuddel*
Von: abgemeldet
2008-06-04T13:49:50+00:00 04.06.2008 15:49
Reeeeitaa weine nicht TT________________TT

nein nicht das letzte Kapiii *zerfließheulschnüffschnaubnasehochzieh*
das kannst du echt nich machen Q_____________Q ich fang gleich wieder an zu heulen wenn ich wieder an reita denke wie er heult WÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄHHHHHH TT_____TT
*austrocknet wegen zu viel geheule und hitze*

aber bitte mach wenigstens noch andere FF's *heuul sonst nicht mehr leben könnt*

und bitte wenigstens ein LAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAANGES letztes kapi...
Von:  tayo
2008-06-01T12:27:03+00:00 01.06.2008 14:27
das is so krass aber auch interessant zu lesen^^
ich freu mich schon auf die wietere entwicklung dieser tolen beziehung*smiles*
Von:  Yuan-chan
2008-05-30T12:04:27+00:00 30.05.2008 14:04
ui, hab noch gar kein kommi gegeben! >_<
*noch schnell mach*
Also, das kapi war sooooo schön! <3333
voll süß die beiden! vorallem am ende! Q//Q
schade, dass es das letzte kapi is! >,<
masu danach noch nen teil oder weisu noch nit? .,.
*hoff*
bin gespannt, wies am ende ausgeht! x3
*aufs nächste kapi freu*
liebe grüße~
dat yuan~

Von:  kioko
2008-05-30T10:18:23+00:00 30.05.2008 12:18
Oha, wow ehrlich ich hatte ein paar Tränchen in den Augen, als ich das Kappi gelesen hab. Bin Voll gerührt deswegen, man kann sich aber immer so toll reinsteigern in das Ganze.
Freu mich schon auf das Nächste auch wenn es das letzte für diese Story ist.
So bis dann *Ruki und Reita zum Abschied einmal durchknuddel*


Zurück