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Die Magie der Musik 3

von

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Kapitel 8
 

„Na, wie geht’s?“, fragte Daniel, als er in Serdalls Einzelzimmer eintrat. An der einen Hand hatte er Jana, die leicht ungelenk neben ihm her tapste, in der anderen eine größere Reisetasche. „Ich habe dir Sachen mitgebracht“, verkündete er und hielt die Tasche nach oben. „Dein Krankenhaushemdchen ist zwar auch sexy, aber ich möchte eigentlich nicht, dass jeder Arzt hier deinen blanken Popo sehen kann.“
 

„Dafür müsste ich mich umdrehen und die Bewegung fällt mir so eingegipst ziemlich schwer“, murrte Serdall. „Und willst du, dass ich hier ein halbes Jahr bleibe? Ist überhaupt noch etwas in meinem Schrank zuhause?“, fragte er grinsend, als er die Tasche entdeckte. Er winkte Jana, die tapsig auf ihn zukam und Daniel unweigerlich mit sich zog. Daniel hob sie hoch und Serdall konnte sie in die Arme schließen. Himmel, es war schön die beiden zu sehen. „Hey Prinzesschen“, grüßte Serdall Daniel mit einem kurzen Kuss, als der sich einen Moment zu ihm beugte. Daniel vertiefte den Kuss noch etwas, bevor er sich wieder von Serdall löste.
 

„Naja“, meinte er nachdenklich, „immerhin brauchst du wohl auch einen Föhn, eine Zahnbürste, eine Bürste und eben sonst alles, was ein Mann zum Leben benötigt. Achso, deine Geige habe ich auch darin mit reingeschmuggelt“, meinte er augenzwinkernd. „Allerdings nur zum Angucken, damit du nicht so allein bist. Spielen sollst du noch nicht, hat mir deine Ärztin gesagt, als ich sie eben auf dem Gang getroffen habe.“
 

Augenblicklich bekam Serdall ein schlechtes Gewissen. Daniel hatte seine Ärztin getroffen? Es behagte ihm nicht, Daniel deswegen im Dunkeln tapern zu lassen. Er wollte ihm wenigstens sagen, was er am Abend vorhatte und dass das nichts zu bedeuten hatte. Klar, er fand sie attraktiv, aber er liebte Daniel und er war um Längen schöner, jetzt wo Serdall ihn ansah.
 

„Danke, dass du meine Geige mitgebracht hast“, murmelte Serdall. Er hatte einen Dämpfer im Geigenkasten, damit würde er wenigstens unbemerkt spielen können und das würde er, solange sein Arm nicht schmerzte. Serdall strich Jana über die schwarzen Haare und ließ sie seinen Gips anfassen und dagegen klopfen. „Sag mal, ist es okay, wenn ich heute Abend mit der Ärztin ein wenig rede? Wir wollten in die Kantine uns ein wenig unterhalten“, sagte Serdall neutral.
 

„Nein, kein Problem“, meinte Daniel schulterzuckend. „Deswegen brauchst du mich eigentlich auch nicht zu fragen. Ich hole mir ja auch nicht erst deine Genehmigung ein, um mit irgendwelchen Leuten zu sprechen. Außerdem kommt man während der Visite wahrscheinlich kaum zum Reden, so stressig wie es im Krankenhaus immer ist. Ist doch schön, dass sie sich nochmal Zeit für dich nimmt.“
 

Serdall runzelte die Stirn. Daniel verhielt sich seltsam. Normalerweise war er wenigstens skeptisch, wenn Serdall sich nach kurzer Zeit mit fremden Leuten anfreundete und das aus heiterem Himmel. Wenigstens ein wenig Eifersucht hatte er dann doch erwartet, oder war das zu viel verlangt?
 

„Daniel, ist alles in Ordnung? Stimmt zuhause irgendetwas nicht?“
 

Alarmiert sah Daniel zu Serdall, lächelte allerdings schnell unbeteiligt.
 

„Was soll denn sein?“, fragte er. „Es ist ziemlich einsam und langweilig ohne dich, vor allem nachts. Aber ich nehme mir entweder immer Taki oder Jana mit ins Bett, von daher ist das schon in Ordnung.“
 

Daniel grübelte darüber nach, wie Serdall es schaffte, ihm wirklich jede winzig kleine Gemütsregung anzusehen. Er hatte eben noch nicht einmal an Dustin gedacht, aber scheinbar doch irgendwas ausgestrahlt. Oder war das dieses Mal ein Glückstreffer gewesen? Hatte er irgendwas falsch gemacht? Innerlich zuckte er mit den Schultern. Er würde es ohnehin nie erfahren.
 

Serdall zog beunruhigt eine Augenbraue nach oben. Daniel hatte etwas, nur wusste Serdall nicht, ob es jetzt an Frau Doktor Kamp lag oder doch an etwas Anderem. Nachdenklich beobachtete Serdall Daniel, wie er seine Sachen in den Zimmerschrank sortierte. Kopfschüttelnd wandte sich Serdall nun Jana zu. Daniel würde ihm schon sagen, wenn etwas war. Serdall hoffte nur, dass er nicht wieder solche Nachrichten von sich gab, wie am Samstag. /Dustin. Gestern/ Diese Worte hallten immer noch schmerzend in seinem Kopf nach. Seufzend spielte Serdall mit Jana und tat so, als ob er ihr die Nase klauen würde.
 

Als Daniel fertig war mit einräumen, setzte er sich zu Serdall aufs Bett. Er rutschte so hin, dass das Gipsbein nicht im Weg war und setzte sich in Schneidersitz.
 

„Und, hat sich was Neues ergeben?“, wollte er wissen.
 

„Naja, ich bekomme heute noch einen Rollstuhl. Ansonsten sehe ich aus wie ein Marienkäfer, nur in einer anderen Farbversion“, seufzte Serdall. Er ließ Daniel kurz Jana festhalten, um seine blauen Flecke zu präsentieren. Er zog das Stück des Flatterhemds wieder herunter und nahm Jana erneut in seine Arme, da sie weiterspielen wollte. „Und es ist auch wirklich alles in Ordnung zuhause?“, fragte Serdall nun doch noch einmal, da er nicht umhin kam zu sehen, dass irgendetwas bei Daniel nicht stimmte.
 

„Ja“, verdeutlichte Daniel noch einmal. „Ich bin nur traurig darüber, dass du Dustin rauswerfen willst, weil er trotz allem ein echt guter Freund ist und unsere Beziehung auch schon öfters den Schubs in die richtige Richtung gegeben hat, aber ich kann mir denken, dass es nicht das Thema ist, über das wir jetzt sprechen sollten.“ Er hoffte, dass sich Serdall damit zufrieden geben würde. Über sein Gefühlschaos, das vollkommen sinnlos war, musste er nun wirklich nichts wissen.
 

„Da denkst du richtig“, knurrte Serdall nun plötzlich sauer. Dustin hatte in seinen Augen kein Mitleid mehr verdient, aber er hatte ja ganz andere Ansichten als Daniel. Dustin hatte Daniel zwar wohl öfters gesagt, was Sache war und in ihrer Beziehung geholfen, aber es gab auch Moment, in denen er sie fast zerstörte, wie zuletzt zum Beispiel. Serdall war sich noch nicht sicher, ob er ihn rauswarf, schließlich war er nun mal sein Schwager und auch nicht immer der Schlechteste gewesen, aber gerade wog das wohl ungefähr gleichauf. Grummelnd lehnte sich Serdall zurück und ließ Jana weiter auf seinem Gips herum klopfen. Das tat wenigstens nicht so sehr weh und beschäftigte sie.
 

Daniel schwieg lieber. Das war wirklich kein Thema, das sie diskutieren sollten, vor allem da alles, was es zu sagen gab, ohnehin schon gesagt worden war.
 

„Sag mal“, lenkte er das Thema auf andere Gebiete, „hättest du was dagegen, wenn ich dir etwas auf deinen Gips schreibe? Ich habe extra einen Stift mitgebracht“, verkündete er und zog einen schwarzen Edding aus seiner hinteren Hosentasche. Skeptisch blickte Serdall in Daniels Gesicht.
 

„Wehe du schreibst irgendwas Perverses drauf“, murrte Serdall und nickte dann, als Daniel den Kopf schüttelte. Serdall hielt seinen Gips vor und ließ Daniel machen. Nachdenklich zückte Daniel den Stift. Toll, jetzt war er so weit und hatte keine Ahnung, was er schreiben oder malen sollte. Er verlegte sich erst einmal auf ein paar Herzchen und grinsende Gesichter, bevor er seufzend den Stift weglegte.
 

„Ich hab keine Ahnung“, grummelte er. „Du kannst ja selbst was drauf schreiben. Oder wir geben Jana den Edding weiter“, grinste er fies. Serdall schmollte beleidigt.
 

„Also wenigstens ein ‚Ich liebe dich‘ hätte ich erwartet“, zischte er und zog den Gips von Daniel weg. „Und Jana lass ich nicht ran, dann habe ich nämlich einen schwarzen Gips, der das Bettlaken vollschmiert“, muffelte er und zog gekränkt die Decke höher. Daniel lachte amüsiert und legte sich neben Serdall.
 

„Brauchst du etwa eine kitschige schriftliche Versicherung, dass ich dich liebe?“, fragte er. „Ich kann es dir auch anders zeigen, wenn du möchtest“, raunte Daniel und küsste Serdall kurz.
 

„Daniel, ich bin verletzt. Kannst du nicht mal so nett sein und es mir schriftlich geben?“, knurrte Serdall immer noch angefressen und wandte sein Gesicht von Daniel ab, damit der ihn nicht einfach so um den Finger wickeln konnte. Ja, er war irgendwie schlecht drauf, aber nur weil Daniel so blöd tat. Serdall wusste schon gar nicht mehr, wann sie miteinander geschlafen hatten. Ach ja, doch. Das war am Donnerstag, in der Nacht zum Freitag, gewesen. Gut, ungefähr eine Woche war wohl noch erträglich, aber nur weil er davon einige Tage im Koma verbracht hatte. Serdall knirschte leise mit den Zähnen.
 

„Gut“, erwiderte Daniel beleidigt und krickelte ein liebloses ‚Ich liebe dich‘ auf Serdalls Gips am Arm. Warum stellte der sich überhaupt gerade so an? Gestern war er selbst noch derjenige gewesen, der die Initiative ergriffen hatte, obwohl er ach so schwer verletzt war und jetzt wollte Serdall ihn noch nicht einmal mehr küssen? Daniel robbte vom Bett herunter und setzte sich auf den Stuhl daneben. „Was ist überhaupt los mit dir?“, wollte er wissen.
 

„Weiß nicht, vielleicht hat mir das bloß gerad gezeigt, dass du mich ab und zu nicht verstehst“, seufzte Serdall leidlich. Er sah auf die schwarze Schrift auf dem Gips und sah traurig zu Daniel. Das war ihm einfach zu viel. Eben redeten sie noch über Dustin und im nächsten Moment schaffte Daniel es nicht mal, ein dummes, kitschiges ‚Ich liebe dich‘ auf diesen verdammten Gips zu bringen, ohne das es Serdall sagte. Klar, die Herzen waren süß, aber die hätten auch von Jana sein können.
 

Er steckte die Sache doch nicht so leicht weg, wie er dachte. Irgendwie war er nur noch unsicher. Er wollte eben, dass Daniel ihm versicherte, das er ihn liebte. So idiotisch das auch klang und wie oft es Daniel schon gesagt hatte, jetzt wünschte es sich Serdall mehr denn je und Daniel amüsierte sich darüber. Serdall zischte leise. Himmel war er wieder sensibel. Das konnte Daniel doch auch nicht ahnen.
 

„Tut mir leid, ich hab überreagiert. Mir wird das hier drinnen bloß alles zu viel, solange ich weiß, das du allein daheim bist und Dustin auch noch dort wohnt“, gab er leise zu.
 

„Hey“, murmelte Daniel leise und strich über Serdalls Wange. „Du brauchst dir echt keine Sorgen zu machen. Selbst ich bin nicht so doof und mache denselben Fehler mehrmals. Nun, zumindest meistens nicht“, fügte Daniel mit verzogenem Gesicht an. „Und solltest du dir doch Sorgen machen, dann denk einfach daran, dass sowohl dein Bruder als auch Ethan auch noch da sind, okay?“
 

Serdall nickte geschlagen. Er hatte eben diese Befürchtungen und das war wohl normal.
 

„Machst du das jetzt nochmal schöner? Das sieht nicht überzeugt aus“, murrte Serdall und zeigte Daniel die beschriebene Gipsstelle. „Dafür musst du natürlich ganz nah an mich heran rutschen. Am besten du setzt dich wieder hier her, damit ich dich nebenbei küssen kann“, meinte Serdall mit einem Lächeln und rückte ein wenig mit Jana beiseite, um Daniel wieder zu sich zu locken. „Und anknüpfend kannst du mir auch noch zeigen, wie sehr du mich liebst.“
 

„Ach, jetzt doch?“, fragte Daniel grinsend, folgte allerdings Serdalls Aufforderung und kletterte wieder aufs Bett. „Verschieben wir das mit dem Küssen auf später, sonst wird dein Gips nämlich nicht schöner als vorher, wenn du mich ablenkst.“
 

„Okay“, antwortete Serdall nicht sehr vertrauenswürdig. Er schlang gleich seinen linken Arm um Daniel, während der konzentriert die Linien auf dem Gips nachzog.
 

Zufrieden lehnte Serdall seinen Kopf gegen Daniels Schulter und genoss seine Nähe. Seine linke Hand hatte sich unter Daniels Pullover geschummelt und strich langsam an der Seite hinab. Nicht provozierend, sondern einfach fühlend. Diese Zweisamkeit war das, was Serdall am meisten im Krankenhaus vermisste, besonders vor dem Einschlafen. Daniel einfach im Arm zu halten und den flacher werdenden Atemzügen zu lauschen, das leise Schmatzen zu hören, das Daniel immer machte, wenn er kurz davor war wegzunicken. Seufzend schloss Serdall die Augen und sog tief den frischen Duft ein, den Daniel verströmte. Himmel, er vermisste ihn jetzt schon wieder und war fest davon überzeugt, dass er keine fünf Tage mehr aushielt.
 

Daniel hatte dem ‚Ich liebe dich‘ in der Zwischenzeit noch einen Herzrahmen verpasst und zwei schöne Gedichte auf den Gips geschrieben. Er setzte Jana vom Bett herunter, da sie schon langsam hibbelig wurde und lehnte sich dann wieder an Serdall. Leise gähnte er. Die letzten Nächte waren nicht sehr lang und nicht sehr erholsam gewesen. Ohne Serdall fehlte eben doch etwas. Vielleicht sollte er ihn doch demnächst schon mitnehmen? Immerhin lag er stationär und es schien im recht gut zu gehen. Mal sehen, wann die Ärzte ihn gehen lassen wollten.
 

Nun glücklich nickte Serdall über das Ergebnis wie sein Gips nun aussah und küsste Daniel dankbar. Daniel lag nun neben ihm und Serdalls Hand schlüpfte an seiner Kehrseite unter den Hosenbund, während er Daniel intensiv küsste. Nun ungestört von irgendwelchen piepsenden Geräten und sicher, dass Jana nur im Zimmer umhertappen konnte, zog Serdall Daniel auf sich, so gut es nach seinen Kräften ging. Daniel schwang ein Bein über Serdalls Hüfte und kam auf seinen Lenden zum Sitzen. Serdall stöhnte rau in den Kuss und schlang seinen gegipsten Arm um Daniels Nacken, um ihn näher zu sich zu ziehen und ihn nahezu mit dem Mund zu verschlingen.
 

Leidenschaftlich führte Daniel ihren Kuss fort, während seine Hände unter Serdalls dünnes Hemd wanderten. Seufzend liebkoste er die warme, weiche Haut und knabberte dann Serdalls Kinnlinie entlang. Nach einiger Zeit ließ er von seinem Freund ab, als er merkte, dass ihn das Alles auch nicht gerade kalt ließ. Daniel legte seinen Kopf auf Serdalls Brust ab und atmete einmal tief durch.
 

„Wenn jetzt irgendwer kommen würde“, murmelte er. Außerdem spielte Jana noch mit dem Anhänger von Serdalls Reisetasche und sollte am besten auch nicht zu viel mitbekommen.
 

„Du fehlst mir“, murrte Serdall leise an Daniels Kopf und küsste das rasierte Haupt. Seine freie Hand wieder von Daniels Hintern nehmend, legte er sie an Daniels Kinn, um ihn zum Aufsehen zu bringen. Küsse auf die Lippen hauchend, löste er Daniels Abwehrhaltung auf. „Du könntest morgen ein bisschen was mitbringen“, murmelte Serdall und ließ keine Zweifel offen, was dieses ‚Bisschen‘ war. „Und Jana zu Hause lassen“, flüsterte er atemlos an Daniels Lippen und schlang die Arme um ihn, damit er ihn erneut tief küssen konnte. Daniel unterbrach den Kuss allerdings heftig atmend und sah Serdall entsetzt an.
 

„Bist du irre?“, fragte er geschockt, musste dann allerdings lachen. „Ehrlich, wie stellst du dir denn das vor, dass wir hier miteinander schlafen? Es gibt so viele Gründe, es nicht zu tun. Uns könnte jemand hören, es könnte jemand reinkommen, wir könnten etwas schmutzig machen und ich will niemandem erklären, wie das passiert ist und du bist verletzt, falls es dir noch nicht aufgefallen ist.“
 

Serdall zog überrascht die Augenbrauen nach oben. Seine Hand wanderte währenddessen wieder zu Daniels Po und strich nachdrücklich über die Mitte, hinab zum rechten Innenschenkel und wieder hinauf.
 

„Du willst also nicht?“, fragte er heiser und er sah Daniel schelmisch in die Augen. „So kenne ich dich gar nicht, Daniel. Du bist doch sonst immer zu jeder Schandtat bereit.“ Es war wohl von Serdall ungewöhnlich danach zu fragen, aber es wäre in seinen Augen auch ungewöhnlich es nicht zu tun. Er liebte Daniel und wann war er da je rational gewesen? Und wenn Daniel das gefiel, war es schön. Serdall würde es auf jeden Fall gefallen. „Wir schieben einfach einen Stuhl unter die Türklinke, du versuchst leise zu sein und bringst morgen ein paar Kondome und Gleitcreme mit, okay? Da wird schon nichts schmutzig“, flüsterte Serdall. „Außer du willst wirklich nicht, dann lassen wir es.“
 

„Du Hirni, du weißt ganz genau, dass ich niemals nein sagen könnte“, seufzte Daniel schon fast geschlagen und rutschte ein Stück nach unten, sodass Serdalls Hände wieder auf seinem Rücken landeten. „Es ist nur so… verboten“, meinte er und grinste dann. „Man, wir sind total verrückt. Du bist total verrückt, immerhin war es den verrückter Einfall.“
 

Daniel konnte gar nicht glauben, dass Serdall sowas überhaupt vorschlug. Allerdings war der letzte Austausch intimer Zärtlichkeit schon ziemlich lange her. Wobei, eigentlich waren sie in ein paar Tagen auch schon wieder gänzlich ungestört.
 

„Ach, gib es zu, du hast auch dran gedacht. Ich hab es dir von der Nasenspitze abgelesen“, murrte Serdall und pikste Daniel in die Seite. „Dann hab ich wenigstens etwas, worauf ich mich morgen richtig freuen kann und was meine Erinnerungen lebhaft auffrischt“, seufzte Serdall und zog Daniel wieder höher, um ihn zu küssen. „Eigentlich könnten wir es auch jetzt tun“, seufzte Serdall leise. „Das Hemd vermissen die doch eh nicht, wenn wir es wegwerfen“, hauchte er und wanderte mit dem Mund zu Daniels Ohr, um spielerisch daran zu knabbern.
 

Die Gänsehaut, die über Daniels Körper kroch, machte ihn ganz verrückt und er war nahe dran, Serdall tatsächlich nachzugeben, doch seine letzten aktiven Gehirnzellen hielten ihn davon ab. Leise stöhnend löste er sich und sah Serdall pikiert an.
 

„Bist du zum Sexmonster mutiert oder wie?“, wollte er wissen. „Hier sind minderjährige Zuschauer anwesend, ich habe keine Lust hier alles vollzusauen und kann nirgends duschen wenn ich vollgesaut werde.“
 

Grinsend strich Serdall immer noch an Daniel herum. Er liebte es, wenn Daniel sich wegen ein wenig Sex so aufplusterte.
 

„Duschen könntest du, das ist nicht das Problem. Aber ich sehe ein, dass Jana wirklich nicht das beste Publikum ist“, entgegnete er lächelnd. „Hm“, schnurrte Serdall und küsste Daniel am Kehlkopf, dort wo er ihn gerade erreichen konnte. „Die Ärztin meinte übrigens, dass ich vielleicht noch zwei Tage zur Beobachtung bleiben müsste, wenn alles gut geht“, eröffnete Serdall leise und unterbrach kurz die Arbeit an dem Knutschfleck, den er Daniel gerade verpassen wollte.
 

„Na dann müssen wir die ganze Aktion hier eigentlich gar nicht starten“, erwiderte Daniel grinsend und fuhr Serdall durch die Haare. Zum Glück war dieser störende Verband endlich ab.
 

„Tja, wozu auch. Ist ja nur Serdall, der hier dumm rumliegt und sich nach seinem Freund sehnt“, knurrte Serdall nun angepisst und verschränkte die Arme. Worum ging es Daniel eigentlich noch? Um irgendeine Pflicht Serdall gegenüber oder einfach nur noch darum, den Schein zu wahren? Serdall wusste langsam nicht mehr, was er glauben sollte und Daniels Art verunsicherte ihn gerade nur noch. „Und ‚müssen‘ tun wir ja eh nichts, nicht wahr?“ Serdall verbiss sich angestrengt den nächsten Kommentar. Wieso fuhren seine Gefühle auch gerade nur Achterbahn? Mal war er glücklich und in der gleichen Sekunde, sagte Daniel etwas und Wut stieg in ihm auf, genauso schnell wie Traurigkeit.
 

Erschrocken sah Daniel Serdall an. Er schluckte sich seinen und pampigen Kommentar hinunter und versuchte es dieses Mal auf andere Art und Weise. Es brachte nichts, einen Streit zu provozieren, auch wenn er sich fragte, warum Serdall ihn momentan bei jedem fünften Kommentar, den er machte, so extrem anging. War das Alles noch wegen der Sache mit Dustin? Was hieß noch. Serdall hatte im Koma gelegen, von daher war für ihn noch viel weniger Zeit vergangen, allerdings war es auch so nicht lange her. Seufzend sah Daniel zu seinem Freund.
 

„Entschuldige, ich habe es nicht so gemeint“, meinte er. „Ich denke nur, dass es eine extrem risikoreiche Sache ist und auch, wenn es einen gewissen Kick hat, möchte ich eigentlich nicht von irgendeiner Schwester beim Sex erwischt werden.“
 

„Fein. Dann gehen wir das Risiko nicht ein“, knurrte Serdall genervt. Wäre es jemand anders, würde Daniel sicherlich bereitwillig mitmachen. Am besten wohl sogar sofort, ohne groß nachzudenken, so wie er es sonst immer tat. Dustin bräuchte wohl nur mit dem Finger zu schnipsen, damit Daniel zu ihm gekrochen kam.
 

Verbissen sah Serdall an Daniel vorbei. Es erschreckte ihn, dass er so fies über Daniel dachte, doch entsprach es nicht der Wahrheit? Zumindest der, die seit dem Wochenende herrschte? Bei Anderen dachte Daniel nicht viel nach, da riskierte er Aids und wusste der Teufel was noch. Serdall erinnerte sich nur allzu deutlich an ihre Anfangszeit, an die Dinge, die Daniel ihm erzählt und auch getan hatte. Kurz blickte Serdall zu Daniel und bereute es im nächsten Moment, weil erneut Wut in ihm hochkochte. Daniel verstand ihn nicht. Wie auch? Wie sollte er das verstehen, was in ihm vorging, wenn er noch nie dermaßen betrogen worden war, weil Serdall es sich nicht einmal wagen würde, ihn so sehr zu verletzen. Daniel konnte das ja. Er konnte es, ohne darüber nachzudenken, weil er nie die andere Seite der Medaille gespürt hatte, die, auf der Serdall sich gerade befand und weder ein noch aus wusste.
 

„Es wäre mir lieber, wenn du dich anständig auf den Stuhl setzen würdest“, zischte Serdall plötzlich. „Sonst ist dir das zum Schluss noch peinlich, wenn eine Schwester kommt.“
 

„Weißt du was“, ätzte Daniel, während er vom Bett herunterstieg, „ich glaube ich gehe besser ganz. Ist es wegen Dustin und mir? Ich habe dir gesagt, dass es mir leid tut, mehr kann ich leider nicht mehr tun. Wenn dir das nicht reicht, dann sag es mir, denn ich habe keine Lust, mich andauernd von dir so anmachen zu lassen. Dazu bin ich mir ehrlich gesagt zu schade.“
 

Er ging zu Jana, nahm sie auf die Arme und verstaute Serdalls leere Reisetasche noch im Schrank.
 

„Dazu bist du dir zu schade?“, fauchte Serdall. „Was soll ich denn sagen, dass ich dich kleine Schlampe immer wieder zu mir nehme, hä? Gut, geh zu Dustin. Ihr könnt gleich gemeinsam packen. Ich will euch nicht mehr sehen, verstanden?“ Tränen liefen Serdalls Wangen runter. „Mit dem kannst du nämlich vögeln wann du willst. Der steht nämlich auf dich und findet es sicher nicht schlimm, wenn er Freunde und Geliebte betrügt“, knurrte er wütend. „Dich hat er ja auch betrogen, erinnerst du dich? Da haste ja vom Meister gelernt“, setzte er nach, um seiner Wut Platz zu machen. Energisch rieb er sich über die tränenden Augen.
 

Daniel war hin und her gerissen. Einerseits konnte er es einfach nicht sehen, wenn Serdall weinte, andererseits waren die Worte mehr als nur verletzend gewesen. Sowohl ihm als auch Dustin gegenüber, in einem gewissen Maße auch für Ethan, denn immerhin konnte man es so deuten, dass Dustin lieber mit ihm schlief, als mit seinem Freund, der ihm dann scheinbar vollkommen egal war. Daniel entschied sich dieses Mal nicht klein bei zugeben. So wie Serdall drauf war, kam am nächsten Tag dann gleich die nächste Konfrontation.
 

„Du hast meine Handynummer“, meinte er neutral. Wenn etwas sein sollte, erreichst du mich darüber.“ Er setzte sich Jana etwas höher auf die Hüfte und ging aus dem Krankenzimmer.
 

Ein erstickter Laut entrang sich Serdalls Kehle, als er zusah, wie sich die Tür hinter Daniel schloss.
 

„Bastard“, zischte Serdall wütend und versuchte das schmerzhafte Ziehen in seinem Magen zu ignorieren. Das war also alles, was Daniel zu sagen hatte. Er habe seine Nummer? Und? Das half ihnen nicht viel, oder? Daniel verfluchend biss sich Serdall auf die Lippe. Das war eindeutig zu viel. Ja, Daniel konnte nicht mehr tun, als sich entschuldigen, aber musste er dann auch zeigen, dass es ihm etwas ausmachte auch noch mit ihm zusammen zu sein? Er hätte auch klipp und klar sagen können, dass er nicht wollte. Dass er ihn nicht mehr liebte.
 

Serdall griff sich den Edding, den Daniel auf seinem Nachtschrank liegen lassen hatte und schwärzte das geschriebene ‚Ich liebe dich‘ an, sodass es nur noch ein schwarzer Balken war. Aus den Herzen machte er Kreise und den Rest beließ er so. Diese Tat gab ihm wenigstens ein klein wenig besseres Gefühl, auch wenn sie kindisch war. Für Serdall bedeutete die Tatsache, dass Daniel gegangen war, dass es aus zwischen ihnen war. Nicht mehr der Rede wert. Wütend feuerte Serdall den Stift durch den Raum.
 

„Ich brauch dich nicht“, flüsterte er leise und legte sich zurück, um an die Decke zu starren. Wozu auch? Daniel hatte ihm zuletzt nur noch wehgetan. Er war es wirklich nicht mehr wert. Plötzlich lachte Serdall leise. Er wusste, warum Daniel plötzlich so selbstsicher gegangen war. Es war doch so klar. Daniel glaubte wohl, dass er ihm alles verzieh, dass er immer wieder zu ihm kommen konnte. Serdall war ja schön dumm und verzieh es ihm, wenn er mal Druck ablassen musste. War doch kein Problem. Serdall ist der kitschige Romantiker, den er ausnutzen konnte. Seine Finger gruben sich fest in seine Bettdecke.
 

„Vergiss es“, schnaubte Serdall. Das hatte er wirklich nicht verdient. Serdall griff nach dem Telefon, welches auf dem Tisch lag und wählte Feis Nummer. Daniel hatte sich geschnitten, wenn er glaubte, dass er das so einfach durchgehen ließ. Angenehme Kälte kroch durch Serdall hindurch, die er doch nur so gut kannte. „Irgendwann stupft man doch ab“, seufzte er leise und wartete darauf, dass sein Bruder ranging.
 


 

Schwer atmend stieg Daniel aus dem Wagen und schnallte auch Jana ab. Er hatte gerade ziemlich viele Verkehrsregen gebrochen und hätte wohl gegen alle verstoßen, wenn er seine Tochter nicht mit ihm Auto gehabt hätte. Wütend trat er gegen das rechte Vorderrad und fluchte verhalten. Hatte er richtig gehandelt? Er wusste es nicht. Er wusste im Moment gar nichts mehr. Wenn er nachgegeben hätte, wäre Serdall wohl gleich morgen das nächste Mal so ausgerastet. Das ging schon so, seit er aufgewacht war, aber am krassesten war es wohl heute gewesen. Im einen Moment wollten sie noch miteinander schlafen und auf einmal beleidigte Serdall ihn aufs Übelste.
 

Vielleicht war es aber auch nur verletzter Stolz gewesen, aufgewühlte unschöne Erinnerungen, es hätte alles sein können. Auf jeden Fall wäre es dann etwas gewesen, das vergangen wäre. Noch ein paarmal durchstehen und alles wäre wieder gut. Wäre das der Fall gewesen? Wieder eine Frage, die Daniel nicht beantworten konnte. Leider hatte er nicht das Talent, in die Zukunft zu sehen. Gequält fuhr er sich über den Kopf.
 

Und jetzt? Er konnte warten bis Serdall anrief, er konnte aber auch zu ihm gehen, entweder gleich, morgen früh oder wenn er sich ein paar Tage nicht gemeldet hatte. Es war zum verrückt werden. Schwach ließ Daniel Jana ein Stück weiter nach oben rutschen und öffnete dann die Haustür. Höhnisch grinsend kam plötzlich Fei aus dem Wohnzimmer.
 

„Daniel, hättest du kurz eine Minute? Dustin und Ethan sind schon im Wohnzimmer und wir warten nur noch auf dich“, sagte Fei mit einer kühlen Stimmlage.
 

Daniel ging an ihm vorbei und Fei schloss die Tür hinter ihm. Im Raum befand sich neben Dustin und Ethan auch Kikuchi. Fei blieb stehen, als Daniel sich gesetzt hatte und sah kalt zu den Dreien.
 

„Ich hab die Ehre euch mittzuteilen, dass ihr in mindestens sieben Tagen eure Sachen gepackt haben müsst und ausgezogen sein sollt. Serdall ist es egal, wo ihr hingeht, Hauptsache er muss euch nicht mehr sehen. Falls ihr nicht in der genannten Frist raus seid, gibt er mir freien Handlungsspielraum und ich habe meine Mittel, verstanden?“
 

Geschockt starrte Daniel ihn an und auch Ethan und Dustin sahen nicht viel besser aus. Fassungslos schüttelte Daniel den Kopf. Er dachte, Serdall hatte das nur so gesagt, allerdings nicht so gemeint. Dass er tatsächlich diese Schritte unternahm, brachte sein gesamtes Weltbild ins Wanken. Eigentlich war doch zwischen ihnen alles geklärt gewesen. Beendete Serdall etwas alles nach einem verdammten Streit? Beenden. Daran hatte Daniel noch gar nicht gedacht. War es aus? Ein schmerzhafter Stich schoss durch seine Brust. Es konnte nicht aus sein.
 

„Ich gehe nochmal zu ihm“, beschloss er laut. „Er kann nicht plötzlich so extrem umschwenken, nur wegen dieser einen kleinen Meinungsverschiedenheit.“
 

„Meinungsverschiedenheit?“, Fei lachte emotionslos auf. „Dir soll ich auch noch etwas ausrichten, Daniel Erhardt“, sagte Fei süffisant. „Du sollst den Ring abnehmen und in seinen Nachtschrank packen. Das Armband kannst du seinetwegen behalten, das hat keinen Wert mehr für ihn.“ Fei verschränkte zufrieden die Arme vor seiner Brust. „In seinen Augen bist du gestorben, als du dich heute umgedreht hast und gegangen bist. Sowieso, er wird Deutschland mit mir verlassen. Du brauchst dir also keine Hoffnungen mehr zu machen.“
 

Einen Moment lang war Daniel sprachlos. In ihm schien plötzlich alles taub zu sein. Irgendwie waren so viele Gefühle in ihm, dass er nichts mehr wahrnahm. Entschlossen schüttelte er alles ab und blitzte Fei dann wütend entgegen.
 

„Ich tue und glaube erst alles, wenn er mir das selbst gesagt hat. Ich habe keine Ahnung, was so schlimm gewesen ist, dass er so ausrastet aber er wird Taki bestimmt nicht einfach so aus seiner vertrauten Umgebung reißen. Er weiß, was er dem Kleinen damit antun würde.“
 

„Taki wird bei uns in besten Händen sein und Serdall hat sich auch entschieden wieder zu heiraten, wenn er eine Frau findet, die ihm gefällt. Von Männern, die nur mit ihm spielen und ihn verarschen, hat er genug. Also kurz, er hat von dir genug“, zischte Fei. „Selbst sein Schwager fällt ihm in den Rücken und das kann er nicht gebrauchen.“ Erniedrigend sah Fei auf Daniel und schüttelte einfach den Kopf. „Du solltest dein Verständnis von Liebe überdenken, denn Serdall hast du eindeutig nicht geliebt. Und wäre ich Serdall, hätte ich dir keine Gnadenfrist gegeben, eher noch einen Tritt und einen Messerstich ins Herz“, knurrte Fei und bedeutete Kikuchi, dass sie gehen würden.
 

„Warte!“, rief Daniel entsetzt. Das konnte doch alles nicht wahr sein. Konnte Serdall auf einmal doch so schnell abschalten und alles vergessen? Nachdem er ihm erst verziehen hatte, weil er ihn angeblich so sehr liebte und eine Trennung noch mehr schmerzen würde, als ein Betrug? Schwer schnappte Daniel nach Luft. Er hatte das Gefühl, kaum mehr atmen zu können. Das konnte so einfach nicht von Serdall kommen.
 

„Das hast du dir alles einfach nur ausgedacht, um uns auseinanderzubringen. Gib es zu“, zischte er Fei zu. „Du warst schon immer gegen unsere Beziehung, hast ihr nur zugestimmt, weil Serdall sich umbringen wollte und jetzt, beim kleinsten Zeichen, dass du dein Ziel doch noch erreichen kannst, schöpfst du alles voll aus.“
 

Dustin sah diesem Disput ziemlich geschockt zu. Also hatte sich Serdall doch umbringen wollen, damals. Er hatte es geahnt gehabt, aber dass deswegen das Ganze solch eine Wendung genommen hatte, war erschreckend.
 

Fei blickte maskenartig zu Daniel, ließ nicht erkennen, was für Gefühle ihn gerade dominierten. Sein Gesicht drückte Kälte und Distanz aus, das Gegenteil von Daniels erhitztem Gemüt.
 

„Ja, ich war nie für eure Beziehung, aber das ist ja jetzt auch nicht mehr nötig. Serdall will dich nicht mehr sehen und das ist auch wirklich besser für ihn. Ohne dich muss er nicht ständig leiden, sei es körperlicher oder seelischer Schmerz. Seine Liebe kann nicht alles überwinden, ganz einfach. Du hast das Maß ausgeschöpft und er wird dir das auch noch einmal höchstpersönlich sagen, wenn du das willst.“
 

„Gut!“, rief Daniel aufgebracht. „Dann soll er das tun. Genau jetzt.“ Er ging zu Dustin, drückte ihm Jana in die Arme, fuhr einmal kurz über Kimbas Kopf, die das ganze Geschehen zusammen mit Mücke aufmerksam, aber wahrscheinlich nicht verstehend verfolgt hatte und stürmte dann in den Flur. Das konnte nicht wahr sein. Fei machte ihm etwas vor. Das passte alles nicht zusammen.
 

„Schade, dass ich nicht dabei sein kann. Serdall ist immer so schön spitzfindig, wenn er andere Leute nicht leiden kann“, seufzte Fei zu Daniel, als der in seine Schuhe schlüpfte.

„Aber dass du noch irgendwelche Ansprüche an ihn stellst, wundert mich sowieso ziemlich. Was hast du denn geglaubt, wie lange er das mit dir aushalten würde?“
 

In Daniel brannten die Sicherungen durch. Er packte Fei, der mit ihm allein im Flur stand, am Kragen und knallte ihn gegen die Wand. Es war ihm in dem Moment egal, wen er vor sich hatte, zu was der Mann fähig und wie gefährlich er war. Er wollte einfach nichts mehr hören. Nichts von diesen Halb- und Unwahrheiten.
 

„Sei ruhig“, zischte er. „Ich will dein Gehetze nicht hören. Sei einfach still.“
 

Fei lachte laut auf, ehe sein Blick todernst wurde.
 

„Das hättest du besser nicht tun sollen“, hauchte er bedrohlich in Daniels Gesicht. „Serdall nimmt dich jetzt nicht mehr in Schutz“, flüsterte er und blitzschnell schnellte seine Hand an Daniels Kehle und drückte zu. Als Daniel seinen Griff lockerte, schlich sich ein kleines Schmunzeln in Feis Züge. Er drehte sich halb, packte Daniels rechte Hand und setzte zum Schulterwurf an. Daniel fiel krachend gegen die Kommode, die ächzend protestierte. Sofort kniete sich Fei zu Daniel herunter, packte ihm beim Hals und gab ihm mit dem Handrücken und voller Kraft eine Ohrfeige.
 

„Das ist ein Vorgeschmack darauf, wenn ich dich in die Finger bekomme, nachdem du Serdall gesprochen hast. Dann schlage ich dich eigenhändig tot“, zischte er in Daniels Gesicht und erhob sich. Sein Blick war eiskalt und zeigte, dass es ihm absolut ernst war. Keiner fasste ihn so respektlos an und kam mit dem Leben davon, ganz besonders nicht dieser Abschaum Daniel.
 

Mit aufgerissenen Augen und nach Luft japsend sah Daniel dabei zu, wie Fei wieder zurück ins Wohnzimmer ging. Er musste noch ein paar Mal panisch einatmen, bis sich seine Lunge scheinbar endlich wieder daran erinnerte, wie man zu Sauerstoff kam. Mit rasendem Herzen blieb er erst einmal eine Zeit lang liegen und versuchte alles wieder für sich zu ordnen. Schien noch alles da zu sein, wie Daniel nach einer kurzen Bestandsaufnahme feststellte. Nur taten vor allem Rücken, Gesicht und Hals extrem weh.
 

Ächzend stand er auf und stützte sich kurz an der Wand ab, als ihm schwindlig wurde. Gott, er hasste Fei. Dieses brutale, emotionslose Arschloch. Daniel ging ins Badezimmer und sah kurz in den Spiegel. Mist, wie er gedacht hatte. Seine Lippe blutete ziemlich und der metallische Geschmack im Mund kam von dem Blut aus seiner Zunge, auf die er sich gebissen hatte. Einmal spülte er kurz mit Wasser nach, wischte sich über den Mund und ging dann nach draußen, um ins Auto zu steigen. Egal, ob er eigentlich hätte kühlen sollen, erst einmal musste er zu Serdall, sonst war die Besuchszeit vorbei. Dieses Mal wirklich alle Verbote ignorierend, raste Daniel zum Krankenhaus und anschließend durch die Flure.
 

„Oh mein Gott, alles in Ordnung mit Ihnen“, fragte eine besorgte Krankenschwester, der er auf dem Flur begegnete, doch Daniel riss sich los.
 

„Lassen Sie mich“, zischte er, wischte sich erneut das Blut aus dem Gesicht und trat dann ohne zu klopfen in Serdalls Zimmer ein. Jener lag ruhig auf seinem Bett und sah zum Fernseher. Als er Daniel sah, schaltete er gemächlich das Gerät per Fernbedienung aus und sah zu ihm. Es sollte ihm vielleicht leidtun, dass Daniel blutete und lädiert war, doch das tat es nicht. Nicht mehr.
 

„Die Besuchszeit ist vorbei“, sagte er desinteressiert und blickte Daniel weiterhin in die blitzenden Augen. Dass er diesem Mann irgendwelche Gefühle entgegenbrachte, war Geschichte. Serdall wollte sich ein neues Leben aufbauen, ohne Daniel, ohne den Schmerz.
 

„Die Besuchszeit ist in fünf Minuten vorbei und länger brauch ich auch nicht“, erwiderte Daniel mit rasendem Herzschlag. Er hatte das Gefühl, gleich umzukippen. Vielleicht lag das an Feis netter Behandlung, denn er konnte kaum aufrecht stehen, vielleicht auch an Serdall. „Sag mir, dass es nicht stimmt, was Fei mir erzählt hat“, verlangte er.
 

„Wenn er gesagt hat, dass du ausziehen sollst und ich diese Beziehung für beendet ansehe, dann stimmt es. Ich lasse mich nicht länger von dir an der Nase herumführen. Irgendwann möchte ich auch mal meine Ruhe und deswegen werde ich nach Japan gehen“, erklärte er ruhig. „War es das, was du hören wolltest?“, fragte er Daniel eisig und sah ihn einfach nur reglos an.
 

Ungläubig schüttelte Daniel den Kopf. Das war nicht sein Serdall, der Serdall den er kannte und liebte. Das war der Serdall von vor zwei Jahren, schlimmer noch. Warum war er wieder so? Warum nur? Schwach lehnte Daniel sich an den Tisch, da seine Beine unter ihm nachzugeben drohten.
 

„Warum auf einmal?“, fragte er leise. „Du hattest mir verziehen oder nicht? Ich habe nichts mehr gemacht, hatte nicht vor, dich nochmal irgendwie zu verärgern und jetzt trennst du dich von mir? Schlimmer noch, du ziehst aus, schmeißt mich raus, hast vor, wieder zu heiraten und willst nach Japan ziehen, Taki auch noch mitnehmen. Warum? Erkläre es mir.“
 

„Weil ich dir einfach nicht verzeihen kann“, sagte Serdall deutlich und blickte Daniel emotionslos in die Augen. „Ich habe es versucht, aber alles, was ich in deiner Gegenwart spüre, ist Wut. Dustin ist der, mit dem du zuletzt geschlafen hast. Bei mir schlägst du die Möglichkeit zum Sex sofort aus, weil es dir zu risikoreich ist“, erklärte Serdall sachlich. „Und du denkst, dass ich dich einfach immer wiedernehme. Ich war verzweifelt, habe alles gesagt, damit du bei mir bleibst, wollte versuchen, das mit Dustin einfach wieder von mir zu schieben, wie bei Kai…“
 

Serdall seufzte leise und wandte den Blick ab.
 

„Weißt du was? Ich bin es leid von dir hintergangen zu werden. Ich beende das Ganze lieber, bevor du den nächsten Fehler machst und ich dich nur noch hassen kann. Ich kann nicht immer Ausnahmen machen. Das letzte Mal mit Kai war schlimm genug, aber du hattest einen Grund. Diesmal hattest du keinen und in meinen Augen ist es deswegen einfach vorbei zwischen uns.“
 

In ihm schien alles auszukühlen. Das war die Realität. Es konnte so zwischen ihnen einfach nicht mehr weitergehen und bevor sie sich ewig aneinander klammerten, bevor Serdall sich nur noch an Daniel klammerte und litt, war es besser, das Ganze zu beenden. Er liebte Daniel, ja, aber er konnte es nicht mehr so fortführen, dass Daniel ihn ab und zu hinterging und dann von ihm erwartete, es ihm zu verzeihen. „Glaub mir, es ist besser für uns beide. Jeder geht von nun an seinen eigenen Weg. Ich werde nach Japan fliegen und wir werden uns nie mehr wiedersehen.“
 

Serdall war gelassen, als er das sagte. Es endlich einzusehen gab ihm irgendwie Ruhe. Mit Daniel konnte er einfach nicht glücklich werden, das war eine Tatsache. Daniel hatte schon immer andere Ansichten gehabt, auch wenn er versucht hatte, sich Serdall zuliebe zurückzuhalten. Er war nun mal voll und ganz schwul und Dustin einer der Männer, die Daniel um den Finger wickeln konnte. Serdall spielte nicht die zweite Geige und wollte das auch nicht in Daniels Herz tun.
 

„Es ist garantiert nicht ‚besser für uns beide‘“, schrie Daniel aufgebracht und mit Tränen in den Augen. „Es ist vielleicht besser für dich, weil du so einfach schön alles verdrängen kannst. Dass du das überhaupt kannst, verdammt! Vorhin haben diese Augen mich noch warm und leidenschaftlich angesehen und jetzt hast du nicht mehr als Kälte für mich übrig?“, fragte er verzweifelt. „Ist das meine beschissene Strafe? Spielst du ein paar Wochen den fiesen Typen und dann ist alles wieder gut?“
 

Serdall lachte humorlos auf.
 

„Du hast doch nicht wirklich geglaubt, dass ich dich je richtig bestrafen könnte? Wenn alles okay gewesen wäre, hätte ich das nie getan. Ich hätte dich nicht bestraft. Aber du hast mir einfach gezeigt, dass ich für dich nicht mehr der Einzige bin. Daniel, du warst für mich immer mein Ein und Alles, bist es auch jetzt noch, aber wie kann ich bei dir bleiben, wenn diese Gefühle nicht erwidert werden? Bevor du mit Kai geschlafen hast, die ganze Zeit davor, da hast du mich so geliebt. Ich habe es bei jeder Berührung gemerkt und jetzt? Es ist nicht mehr viel von dem übrig, von dem Mann, der mich damals so erobert hat. Es tut mir leid, Daniel, es ist einfach vorbei. Du hast deine Entscheidungen getroffen und nun treffe ich meine.“
 

„Du bist der Einzige für mich“, erwiderte Daniel verzweifelt. „Zumindest in meinem Herzen bist du es und wirst es immer sein. Verdammt, das kann es doch nicht gewesen sein. Wegen eines beschissenen Fehlers. Sag mir, was ich machen soll, damit du mir verzeihst“, flehte er.
 

Serdall schüttelte den Kopf. Es schmerzte ihn, Daniel so zu sehen, ihm so in die unglücklichen Augen zu schauen, doch er verschloss diese Gefühle für ihrer beider Wohl.
 

„Du hattest deine Chance, das war vorhin. Ich kann dir nicht verzeihen, nicht mehr. Und ich bitte dich, es mir nicht noch schwerer zu machen, als es ist. Wenn ich fort bin, kannst du endlich auf eigenen Beinen stehen. Du hast Jana, für die du leben kannst und Dustin, der sicher weiter für dich da sein wird. Ich will euch alle einfach bloß hinter mir lassen, bevor es für mich zu spät ist.“
 

Er senkte den Blick und starrte auf den Gips, auf dem er Daniels Verschönerungen allesamt verunstaltet hatte. Serdall fühlte, wie sich etwas in ihm regte, doch er rang es nieder. Er würde nicht mehr nachgeben.
 

Daniel fiel in sich zusammen. Serdall hatte ihm allen Wind aus den Segeln genommen und die Gedanken, die er sich selbst nach der Sache mit Dustin so oft gemacht hatte, wieder aufleben lassen: Wäre es nicht das Beste für Serdall, wenn sie sich trennen würden, ehe Daniel ihm noch einmal wehtat? Er hatte diese Gedanken verdrängt, vor allem, weil Serdall ihn eben wieder zurückgenommen hatte, da er ihm gesagt hatte, dass eine Trennung für ihn noch schlimmer wäre, als ein erneuter Betrug von Daniels Seite aus. Scheinbar hatte Serdall nach der kurzen Zeit gemerkt, dass es doch nicht so war. Traurig sah Daniel zu ihm.
 

„Ich liebe dich“, flüsterte er unter Tränen. „Für immer.“ Und dann drehte er sich um und verließ das Krankenzimmer.
 

Serdall schluckte und biss sich hart auf die Lippe. Ich dich auch, erwiderte er in Gedanken und schloss gepeinigt die Augen. Er wusste, dass es schwer werden würde, aber so schwer, dass er glaubte, dass alles in ihm erstarrte und heftig schmerzte, hatte er nicht gedacht. Zittrig versuchte er gleichmäßig zu atmen, aber es gelang ihm nicht wirklich. Er vermisste Daniel jetzt schon und es fühlte sich so an, als ob die Sehnsucht nach ihm anfing, ihn von innen zu zerfressen. Plötzlich schlug sich Serdall mit dem Handballen gegen die Stirn und versuchte den Schmerz zu kompensieren, der in ihm herrschte.
 

„Ganz ruhig“, sagte er zu sich selbst. Es war gut so, auch wenn er nicht davon überzeugt war.
 

Ende Kapitel 8
 


 


 


 

Ähm, ja. Bevor ihr uns meuchelt, erst einmal vielen Dank für die Reviews. Vielleicht erkennt der Ein oder Andere von euch ja, dass Serdalls Gedanken vermuten lassen, dass sich die Story gegen Ende hin doch noch in eine positive Richtung entwickelt. Außerdem ist Dustin ja auch noch da. Allerdings dieses Mal auch im positiven Sinne. ;)



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  shiroi
2008-01-24T17:25:50+00:00 24.01.2008 18:25
;______;
Von:  kuestenfee1
2008-01-23T23:12:49+00:00 24.01.2008 00:12
Im moment weiß ich echt nicht, was ich schreiben soll.
Zum Ende des Kapitels konnte ich meine Tränen nicht mehr zurück halten.
Ich kann nur hoffen, dass Serdall es sich noch einmal überlegt.
ich möchte nicht wissen, was Fai mit Daniel macht, sollten sich die Beiden noch einmal begegnen.
Von:  Allmacht
2008-01-23T21:08:21+00:00 23.01.2008 22:08
*schnief*
Also im Moment sieht es ja nicht nach Happy End aus.
Doch ihr macht mir Hoffnungen.
Anscheinend hat bei Serdall der Schock nachgelassen.
Ich geb ihm aber auch mal das Recht auszuflippen.
Dustin wäre jetzt wirklich hervorragend für eine Standpauke.
Was ist eigentlich mit Grace?
Von: abgemeldet
2008-01-23T20:32:03+00:00 23.01.2008 21:32
Immoent sehe ich an Dustin nichts positives.Er trägt die Hauptschuld mit Daniel.Ich bin echt ein wenig sauer.
Obwohl ich Serdall verstehe.Es ist ein Wunder Was er so alles verziehen hat.Zu viel meiner Meinung nach.Währe ich Serdall hätte ich Daniel wahrscheinlich schon längst in den Wind geschossen.
Ich bin gespannt wie Daniel das schaffen will alleine.
Naja mit Ethan und unter genauer Beobachtung Dustin.
Fei ist glückich.
Taki wird es bestimmt nciht sein.

lg
h2o
Von:  sanjifan
2008-01-23T20:06:10+00:00 23.01.2008 21:06
nicht trennen die sollen ja zusammen bleiben


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