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Lunatismus

Ruhmreiche Rumtreiber
von

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- Flucht -

A.N.: Bevor ihr anfangt zu lesen, hier eine wichtige Info dieses Kapitel betreffend: Walpurga Black wird an einer Stelle dieses Kapitels sehr wütend auf eine säuberlich gefaltete Serviette reagieren. Das hat seinen Grund. In England, so sagt die Sozialantropologin Kate Fox, sei es absolut gegen das gute Benehmen eine (Papier-)Serviette nach Benutzen sauber zu falten. Es sei deshalb unhöflich, so schreibt sie in ihrem Buch "Watching the English", weil der Gast so seine Überzeugung offenlegt, dass der Gastgeber es nötig hätte, die Serviette erneut zu gebrauchen. Dieses Verhalten, das eigentlich nur für Papierservietten Sinn macht, hat sich dann auch auf Stoffservietten ausgeweitet.
 

So, genug gefachsimpelt und informiert. Jetzt heißt es:
 

ENJOY!

----------------------

-Flucht -
 

„Ich werde einen Muggelstämmigen heiraten."

Sirius' Kinnlade ratterte ins Erdgeschoss.

„Sein Name ist Ted Tonks. Ich hab ihn kurz nach meinem Schulabschluss kennengelernt."
 

Einen Moment lang herrschte absolute Stille, in der Sirius und Andromeda sich nur in die Augen sahen und keinen Muskel bewegten.

Dann ganz plötzlich und ohne Vorwarnung sprang Sirius seine Cousine an, packte sie an den Hüften, hob sie in die Luft und wirbelte lachend herum.

„Aber das ist ja großartig, Meda!" rief er und drückte sie so fest, dass sie beinahe keine Luft mehr bekam. „Du musst mir alles von ihm erzählen! Wo kommt er her? Was macht er? Wann darf ich es meiner Mutter erzählen?!?"
 

Von der überschwenglichen Reaktion ihres Cousins aufgemuntert erzählte sie ihm von Ted, dem muggelstämmigen Zauberer, der ihr Herz erobert hatte. Sie erzählte, wie sie sich zum ersten Mal in der Magischen Menagerie begegnet waren, wo er versucht hatte einen sprechenden Raben umzutauschen, der nichts weiter als frevelhafte Beleidigungen von sich gegeben hatte.

„Es war Liebe auf den ersten Blick", erzählte sie und bekam einen ganz verklärten Blick und Sirius glaubte, dass er genau so aussah, wenn er an Remus dachte.
 

„Er hat mich angelächelt und ich konnte gar nicht anders, als zurückzulächeln und dann ist er zu mir gekommen und hat gefragt, ob er so eine bezaubernde junge Dame wie mich auf einen gepflegten Tee einladen dürfte. Wir sind dann in dieses süße Muggellokal gegangen und am nächsten Abend hat er mich zum Essen ausgeführt. Oh, Sirius, er ist so witzig und geistreich und offen für alles. Ich würde mich freuen, wenn ihr euch bald kennenlernen würdet. Ihr werdet einander mögen."
 

„Meda, ich freue mich so für dich", sprach Sirius. Er verstand jetzt, warum Andomeda so emotional reagiert hatte. Schlussendlich hatte sie auch jemanden gefunden, für den es sich zu kämpfen lohnte. „Und ich freue mich schon darauf, diesen Ted zu seiner ausgezeichneten Wahl zu beglückwünschen."

Andromeda lachte.

„Noch ist es nicht so weit. Es gibt noch einiges zu erledigen."

Schlagartig verfinsterte sich ihre Miene.
 

„Sirius, du musst mir versprechen, dass du das keiner Menschenseele erzählst. Niemand aus unserer Familie weiß von Ted und meine Eltern werden mich wegschließen, wenn sie das herausbekommen."

„Ich verrate nichts, Meda." versicherte Sirius. „Aber irgend wann wird es rauskommen. Du kannst ihn nicht heiraten, so lange du noch bei deinen Eltern bist."
 

„Richtig", bestätigte Andromeda und sah Sirius fest an. „Deshalb werde ich mit Ted durchbrennen."

„WAS?!"

„Schrei doch nicht so! Willst du das Kreacher uns ausspionieren kommt?"

„Entschuldige", sagte Sirius leiser. „Ihr wollt durchbrennen?"

Sie nickte.
 

„Noch heute Nacht, wenn wir wieder nach Hause kommen. Meine Sachen sind bereits gepackt. Ted kommt mit ein paar Freunden und wir hauen in einer Nacht-und-Nebel-Aktion ab. Meine Eltern werden den Schock ihres Lebens bekommen, wenn sie morgen früh feststellen, dass ich nicht in meinem Bett liege."

Sirius war schlagartig ungemein aufgeregt. Andromeda würde etwas tun, das noch niemals jemand in seiner Familie gewagt hatte: Die Flucht nach Vorne.

„Du wirst nie wieder zurückkommen können."

„Das will ich auch nicht", sagte sie mit fester Stimme. „Sirius, das Leben ist zu kurz, um es mit Menschen zu verbringen, die dich nicht so akzeptieren, wie du bist."
 

Sie nahm noch einmal seine Hände.
 

„Du bist ein großartiger junger Mann, Sirius, und du hast Freunde denen du vertrauen kannst. Ich hoffe, dass du die Ketten der Familie Black bald los wirst. Und egal was auch immer geschieht, denk daran, dass es immer noch wenigstens zwei Personen aus deiner Familie gibt, die dich unterstützen, ganz gleich was auch immer du anstellen magst. Alphard und ich wissen, was du hier durchmachst und wir freuen uns auf den Tag, an dem du endlich hier raus kannst."

Noch bevor Sirius etwas erwidern konnte, quietschte seine Zimmertür und Kreacher kam herein.
 

„Eure Frau Mutter lässt ihrem garstigen Sohn und ihrer Nichte ausrichten, dass das Essen nun aufgetragen wird", sagte er und verließ den Raum wieder.

„Oh, Meda. Du glaubst gar nicht, wie sehr ich mich auf den Tag der Freiheit freue."
 

~*~
 

Wenn es etwas gab, das Sirius noch mehr hasste, als seine Verwandtschaft zu begrüßen, so war es, mit seiner Verwandtschaft zu essen, oder wie Cygnus sagte: Speis und Trunk zu teilen.
 

Das Abendessen verlief fast in völliger Stille.

Als Einsteiger servierte man ihnen Kürbissuppe mit seltsamen Nusssplittern, die Sirius nicht mochte. Sie schmeckte muffig, wie auch alles andere an seiner Familie irgendwie muffig war. Sehnsüchtig erinnerte sich der Lockenkopf an den fantastischen Kürbiskuchen, den man in Hogwarts bekam.

Dann folgte geschmorter Aal mit Rotwein als Appetitanreger, was bei Sirius jedoch nur ein Naserümpfen hervorrief. Seine Mutter warf ihm einen strengen Blick zu, sagte jedoch nichts, als er den kleinen Teller unangerührt von sich fortschob.
 

Dann kam der Hauptgang: Rehrücken mit Sauce Rouennaise. Das stieß bei Sirius auf noch viel weniger Gegenliebe. Er wusste woraus diese Soße gemacht wurde und allein schon der Gedanke an Entenleber ließ in ihm die Galle hochkochen. Er aß ein paar Bissen vom Rehrücken, die nicht mit der Soße in Kontakt gekommen waren und legte dann die Gabel beiseite.
 

Was ihn eigentlich störte war nicht das Essen an sich, sondern der Aufwand mit dem es betrieben wurde. Die meisten Dinge, die bei den Blacks zu einem solchen Anlass serviert wurden, waren fürchterlich teuer oder anstrengend herzustellen und alle am Tisch wussten das. Wie alles in seiner Familie musste sogar das Essen imposant sein. Sirius wunderte sich darüber. Hatte seine Mutter überhaupt schon einmal irgend etwas gegessen, einfach weil es schmeckte? Er bezweifelte es.

Während der Rest seiner anwesenden Verwandtschaft noch damit beschäftigt war seine Teller zu leeren, versank Sirius in seinen Erinnerungen an Mrs.Potters Erdbeertorte, in der man all die Liebe schmecken konnte, die die liebenswerte Mutter von James hineingesteckt hatte.
 

Walpurga beäugte ihren ältesten Sohn unterdessen mit finsterem Blick.

Die Spannung war beinahe so fest wie Clotted Cream und hätte mit einem Teelöffel aufgehäuft werden können.
 

Schließlich entzündete sich das Pulverfass mit einer einzigen Frage von Cygnus.

„Nun sag, Sirius: Ist denn schon abzusehen, wann du deiner Familie die Dame vorstellst, die künftig an deiner Seite Stammhalter aufziehen wird?"

Vor Schreck verschluckte sich Andromeda und ließ ihre Gabel geräuschvoll auf den Tellerrand fallen.
 

Bellatrix grinste dreckig zu ihrem Cousin hinüber, während Narzissa beinahe gleichgültig aussah. Einzig und allein ihre zu einem dünnen Strich zusammengepressten Lippen zeigten, dass sie die explosive Spannung ebenso spürte, wie der Rest der Familie.
 

Walpurga Black durchbohrte Sirius mit einem drohenden Blick, der dem eines Greifs in keinem Punkt nachstand. Dieser Blick schien zu sagen: „Ein falsches Wort, Bursche, und du erlebst das Donnerwetter deines Lebens!"

Natürlich spornte das Sirius nur an.
 

Cygnus, der mit seiner Frage einfach an das Gespräch vom Umtrunk im Salon hatte anknüpfen wollen, um Sirius die Chance zu geben, seinen Standpunkt noch einmal zu überdenken, ahnte nicht einmal, welches Unheil er damit heraufbeschworen hatte. Er musterte lediglich seinen Neffen mit Argusaugen und wartete auf eine Antwort.
 

Gemächlich nahm Sirius seine Serviette vom Schoß und legte sie mit besonderer Sorgfalt und überraschender Kunstfertigkeit neben seinen Teller. Seine Mutter starrte erzürnt auf das gefaltete Tuch.
 

„Es wundert mich,", begann Sirius mit fester Stimme und schaute seinem Onkel dabei herausfordernd in die Augen. „Dass dort draußen-"
 

Sirius deutete mit dem Finger auf das verhängte Fenster, dass noch immer irgendwo hinter den dicken Vorhängen zu erahnen war. Die Stimme des Lockenkopfs hob sich mit jeder Silbe weiter an und wurde stetig lauter.

„-das große Abenteuer des Lebens stattfinden kann, direkt vor unserer Haustür, aber hier drinnen, bei diesem verbrecherischen Gesindel, das sich meine Verwandtschaft schimpft, immer noch die Meinung herrscht, dass es für einen jungen Menschen keine größere Aufgabe geben kann, als Stammhalter in die Welt zu setzen, die den gleichen muffigen, widerlichen Tran schlucken sollen, wie schon Generationen von Blacks vor ihnen!"
 

Im Speisesaal herrschte plötzlich Stille, wie in einem Vakuum.

Während die meisten in der Runde noch bei dem Versuch waren, das Gesagte zu begreifen, saßen Cygnus und Walpurga Black absolut fassungslos in ihren Stühlen. Der Schock saß so tief in ihnen, dass Walpurga nicht einmal in der Lage war, ihren Sohn anzubrüllen und zurechzuweisen. Mit weit aufgerissenen Augen und offenem Mund saß sie da und starrte entsetzt den jungen Mann an, der irgend wann einmal ihr Sohn hatte werden sollen. Sie konnte es nicht fassen, dass dieses Großmaul ihrem Schoße ensprungen sein sollte.
 

Noch bevor seine Mutter es sich hätte anders überlegen und doch in lautes Gezeter hätte ausbrechen können, stand Sirius auf, drehte sich grinsend zu Andromeda und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.

„Viel Glück und schreib mir." flüsterte er ihr ins Ohr.

Wenige Sekunden später war er auch schon aus dem Speisesaal entflohen.

Fröhlich pfeiffend hüpfte er die Stufen zu seinem Zimmer hinauf.
 

Er hatte es getan! Er hatte es tatsächlich getan! Dies war definitiv und mit Abstand der heftigste Kommentar gewesen, den er jemals zu seiner Familiensituation abgegeben hatte und er wusste, dass er die Ehre und den Stolz seiner Mutter damit tief getroffen hatte. Er hatte den Vulkan ihres Zorns geradezu unter der Kruste des Entsetzens hervorbrechen sehen können und es gab kaum einen Anblick, der ihm mehr Befriedigung verschaffte.
 

Als er in seinem Zimmer ankam, entzündete er ein paar Öllampen mit dem Incendio-Spruch, den draußen war es nun stockfinster. Aus dem Erdgeschoss konnte er die aufgebrachte Stimme seiner Mutter hören und die dunkle seines Onkels, konnte aber nicht verstehen, was sie sagten, wenngleich er wusste, worüber sie so hitzig diskutierten. Sein Grinsen verbreiterte sich.

Sirius stellte das Radio an und eine langsame, rockige Ballade erklang.

Gemütlich legte er sich auf sein Bett, verschränkte die Arme hinter dem lockigen Kopf und genoss die gemischten Töne von lauten Stimmen und der Musik.
 

Es dauerte eine Weile, bis die Stimmen sich beruhigten und nur noch die sanften Gitarrentöne zu vernehmen waren. Dann hörte Sirius, wie die Haustür zugemacht wurde, ein sicheres Zeichen für das Verschwinden der Gäste.

An dem Geräusch der Schritte erkannte er, dass sein Bruder die Stufen zu ihrer Etage hinaufkam und vor Sirius Zimmertür anhielt.
 

„Was willst du?" rief der Lockenkopf nach einigen Sekunden, in denen sich vor seiner Tür nichts getan hatte. „Ich weiß, dass du da bist, Regulus!"

Die Klinke wurde heruntergedrückt und Sirius' jüngerer Bruder stand im Zimmer. Er funkelte den Älteren aus kalten Augen heraus an.

„Mutter will dich in ihrem Arbeitszimmer sprechen."

„Ich hab kein Interesse daran", antwortete Sirius platt.

„Sie sagt, wenn du nicht freiwillig kommst, hext sie dich runter."

Sirius stöhnte. Er hatte gewusst, dass die Standpauke seiner Mutter auf dem Fuß folgen würde, aber Lust hatte er keine dazu.
 

Wenig motiviert schwang er seine Beine über den Bettrand und stand auf.

Das Arbeitszimmer seiner Mutter befand sich im ersten Stock hinter einer großen, schweren Holztür, die mit einem düsteren Relief verziert war: Es zeigte einen stattlichen Zauberer mit wallender Robe und einem langen, astartigen Zauberstab in der einen und einem Schwert in der anderen Hand. Zwei Windhunde saßen neben ihm. Das gesamte Bild schien auf einem gewellten Banner zu fußen, auf dem das Familiencredo zu lesen war: Toujours pur.
 

Manchmal wusste Sirius nicht, was er mehr hasste: Den Trollbeinschirmständer im Erdgeschoss, die Schrumpfköpfe der ehemaligen Hauselfen im Treppenaufgang oder der immer wiederkehrende Schriftzug des Blackschen Leitsatzes.

Ohne zu klopfen öffnete er die Tür und betrat das Zimmer.
 

Der Raum, den Walpurga als ihr Arbeitszimmer nutzte, war düster und unheimlich eingerichtet. Dunkle, schwere Regale reichten bis an die Decke und obwohl Sirius von Remus wusste, dass Bücher eine sehr freundliche Atmosphäre schaffen konnten, waren die Bücher hier anderer Natur. Es raschelte hier und da in dunklen Ecken der Regale und Schränke und Einbände bewegten sich verdächtig. In einer abgeschlossenen Vitrine, auf der sich eine gusseiserne Schlange kringelte, standen kleine Phiolen mit bunten Flüssigkeiten. Die meisten Korken hatten silberne Aufsätze, die wie Totenköpfe aussahen.
 

Der Schreibtisch stand vor einem großen Fenster, so dass Walpurga beim Arbeiten mit dem Rücken dazu saß. Auch jetzt saß sie auf dem ausladend großen Ledersessel hinter ihrem Schreibtisch und schaute ihren Sohn an, der gerade zur Tür hereingekommen war.
 

„Was gibt's?" wollte Sirius lässig wissen und verschränkte die Arme vor der Brust, nachdem er die Tür verschlossen hatte. Er machte sich nicht die Mühe auf seine Mutter zuzugehen. Er blieb bei der Tür, denn die Gardinenpredigt seiner Mutter würde nur ein paar Minuten dauern, wie sonst auch.

Was er nicht wusste war, dass er seine Mutter weit unterschätzt hatte. Denn so wie er seine Mutter mit bestimmten Themen und Äußerungen zur Weißglut bringen konnte, so wusste auch Walpurga, wo sie bei Sirius den Hebel ansetzen musste. Und dieses Mal würde sie den Burschen nicht so einfach gewinnen lassen.

„Komm her." sagte sie mit steifem Ton, während sie mit ihrem Blick ein paar Pergamentrollen begutachtete, die auf dem Schreibtisch ausgebreitet lagen.

Sirius rührte sich nicht.
 

„Was willst du, Mutter?" fragte er genervt und verschränkte die Arme vor der Brust.

Walpurga sah nicht auf, sondern zückte blitzschnell ihren Zauberstab und richtete ihn auf ihren Sohn.

„Ich sagte, du sollst herkommen."

Ein heftiger Ruck wie von einer unsichtbaren Hand zog Sirius nach vorne. Erst direkt vor dem Schreibtisch kam er zum Stehen.
 

Zum ersten Mal seit Sirius den Raum betreten hatte, sah seine Mutter nun zu ihm auf. Ihr Blick war kalt wie Trockeneis und verhieß nichts Gutes.

„Sirius Orion Arcturus Black, du hast dich heute Abend mehr als nur verabscheuungswürdig

verhalten."

„Gut." warf Sirius ein, bevor seine Mutter weitersprechen konnte. „Dann passe ich ja endlich mal ins Familienbild."
 

„WENN ICH SPRECHE, HAST DU DEN MUND ZU HALTEN!" fauchte Walpurga in einem Anflug eruptiven Zorns und mit einem Zischen ihres Zauberstabs hatte sie Sirius mit einem Schweigefluch belegt. Seine Zunge lag nun wie ein bleierner Klotz in seinem Mund und er starrte seine Mutter mit großen Augen an.
 

„Gibst du nun endlich Ruhe? Gut." sprach Walpurga immer noch erbost, aber mit erzwungener Ruhe in der Stimme. „Wie ich bereits sagte, war dein Verhalten den ganzen Abend über absolut widerwertig und unstandesgemäß. Diese absurde Diskussion über Muggel, die du da wieder vom Zaun brechen musstest, ist die eine Sache, Sirius. Ich bin es zu meinem Leidwesen gewohnt, dass du solch anstößige Themen immer wieder auf den Tisch bringst, weil du so hoffst mich bloßstellen und provozieren zu können. Und bedauerlicherweise muss ich eingestehen, dass du mich damit tatsächlich zur Weißglut treibst. Mein eigener Sohn, der Muggelrechtler! Was für eine Farce! Was für ein Schlag ins Gesicht!"
 

Mit ihren Armen fuchtelte sie wild in der Gegend herum, was, so vermutete Sirius, ihre missliche Lage unterstreichen sollte. Für ihn sah das jedoch nach nicht mehr, als dem missglückten ersten Flugversuch einer verbitterten Krähe aus.
 

„Aber damit nicht genug!", fuhr sie theatralisch fort. „Du musst es natürlich noch auf die Spitze treiben! Was fällt dir ein vor unserer Verwandtschaft die Ehre der Familie zu kränken und unseren ehrbaren Namen in den Schmutz zu ziehen!? Wie kannst du es wagen dein eigenes Geblüt als ein verbrecherisches Gesindel zu bezeichnen?!"
 

Sie holte tief Luft, so dass ihr Busen sich heftig hob und senkte. Dann durchbohrte sie Sirius mit einem vernichtenden Blick, der selbst hartes Gestein mit seiner Intensität zertrümmert hätte. Als sie weitersprach, deutete sie drohend mit dem Zeigefinger auf ihren Sohn.
 

„Lass dir eines gesagt sein, Bursche: Ich weiß, mit was für einem Gesindel du dich abgibst. Dein Bruder hat mir alles erzählt. Der Umgang mit diesem Halbblüter, diesem Lupin, hat dir vollends jeden Sinn für Anstand und Respekt genommen. Was ist das für eine abscheuliche Kreatur, mit der du da verkehrst? Ein dreckiges Halbblut, Sirius! Die sind alle gleich! Schmutzig, vulgär in jeder Beziehung, zuchtlos, ohne Ehre und Stolz und ohne Zweifel charakterlos und minderwertig. Diese niederen Menschen kennen doch das süße Wertgefühl nicht, das durch den guten Leumund eines ehrbaren Familiennamens entsteht. Die wissen Reinheit nicht zu schätzen und gehören nicht zu uns! Allein der Gedanke daran, dass mein eigener Sohn, mein eigen Fleisch und Blut, jemanden als Freund bezeichnet, der doch im Wert so viel geringer ist, macht mich krank, Sirius. Das dieses Subjekt in eurem Jahrgang die besten Noten bekommen soll, lege ich diesem Muggelfreund Dumbledore zur Last. Es ist eine wahre Übeltat, dass diese Muggellobby es möglich macht, dass die Grenzen zwischen Vollblutmagiern und diesem widerlichen Pack, dessen Angehörige sich doch allen Ernstes für Magier halten, immer mehr verschwimmen und sich im Nichts aufzulösen drohen!"
 

Während seine Mutter sich in ihren muggelfeindlichen Tiraden immer mehr und mehr in Rage redete, wurde Sirius speiübel. Es war ihm immer klar gewesen, wie seine Mutter über alle Menschen, die keine Vollblutmagier waren dachte. Sie hatte es ihm immer und immer wieder gesagt und er hatte ihr zugehört und erkannt, dass sie keine Ahnung hatte, sondern nur verbohrt und schrecklich war. Ihr Hass auf Muggel und Halbblüter war seine Waffe gewesen, mit der er sie in den Wahnsinn treiben konnte.
 

Doch nun war das anders.
 

Was einst seine Waffe gewesen war, wurde nun gegen ihn verwendet. Das Halbblut, diese Figur für die Sirius sich immer entgegen aller Überzeugungen seiner Mutter eingesetzt hatte, war nun kein ominöses Ideal mehr. Jetzt hatte es ein Gesicht.
 

Seine Mutter sprach von Remus.
 

Und das sorgte dafür, dass ihre Zunge wie eine heiße Klinge in Sirius' Seele schnitt. Ihre Worte waren Krallen, die ihn in Fetzen rissen und zum aller ersten Mal wurde ihm wirklich bewusst, was für eine grausame und unmenschliche Person seine Mutter war.
 

So durfte sie nicht über Remus reden, nein, das durfte sie nicht. Remus war nicht dreckig, nicht abscheulich, charakterlos oder gar minderwertig. Remus war ein wunderbarer Mensch und ein großartiger Zauberer, mit einem scharfen Verstand und einem guten und großen Herzen. Was maßte sich diese Frau an über Remus, seinen Remus, zu urteilen?
 

Er wollte protestieren, wollte ihr entgegenschreien, dass sie nichts wusste, dass sie grausam und eine fürchterliche Person war.

Er wollte ihr sagen, dass er sie hasste.
 

Aber seine Zunge war immer noch bleischwer und so musste er mitanhören, wie seine Mutter sich weiter in ihrem Monolog erging und fühlte sich mit jeder verstreichenden Sekunde elender und mehr und mehr ihrer Willkür ausgeliefert.
 

„Sirius, wie konnte das nur mit dir passieren?! Ich hatte so viele Hoffnungen in dich gesteckt und nun bist du nichts weiter, als eine große, beschämende Enttäuschung. Ich wünsche nicht, dass du noch weiter Kontakte zu diesem dreckigen Halbblut unterhälst. Du musst doch endlich einsehen, dass jeder einzelne Tropfen deines reinen Blutes ein vielfaches mehr wert ist, als das ganze Leben dieses Halbbluts. Vielleicht bist du ja noch zu retten, wenn erst diese wirren Gedanken von Gleichheit und Freundschaft aus deinem Kopf gewichen sind."
 

Sie winkte einmal mit ihrem Zauberstab und endlich löste sich die Starre aus Sirius' Zunge.

Doch er sagte nichts.

Er konnte nicht mehr. Das Entsetzen hatte ihn so tief getroffen und nun war seine Zunge zwar frei, aber innerlich fühlte er sich wie gelähmt. Eine Weile stand er einfach nur da und starrte diese Frau an, diesen Drachen, der angeblich seine Mutter sein sollte.
 

„Du bist entlassen." sagte sie starr und nahm ihre Arbeit wieder auf.
 

Wie auf ein vereinbartes Startsignal drehte sich Sirius ruckartig um und verließ fast schon rennend das Arbeitszimmer seiner Mutter. Er schlug die Tür hinter sich zu und sprintete die Stufen zu seinem Zimmer empor. Dort angekommen schloss er die Tür fest ab, bevor er begann rastlos auf und ab zu gehen.

Er hielt das nicht mehr aus. Er fühlte sich wie eine Sektflasche, die man zu heftig geschüttelt hatte. Er fühlte sich, als stünde er kurz davor zu zerbersten.
 

In ihm rumorten die heftigsten und abscheulichsten Gefühle:

Hass, Zorn, Ekel, Angst.
 

Sein Magen lag wie ein großer Knoten in seinem Bauch und er versuchte den Drang sich übergeben zu müssen, zu ignorieren.

Er wollte weinen und schreien und rennen. Heftig, laut und so weit weg wie möglich.
 

Fahrig vor er sich mit der rechten Hand durch die dicken Locken.

Sein Blick fiel auf seinen Schulkoffer. Seine Ratio lag ausgeknockt irgendwo in einem Hinterstübchen seines Bewusstseins. Er handelte nur noch nach seinem Gefühl und das sagte ihm: Du musst hier weg.

Mit einem Ruck hatte er den Koffer auf das Bett verfrachtet und begann planlos seine wichtigsten Habseligkeiten hineinzuwerfen.

Ein paar Klamotten, die Schulbücher, das Geld, das er in der untersten Schublade seines Kleiderschranks deponiert hatte.
 

Zuletzt griff er nach den Fotos über seinem Bett. Er hatte sie nur mit einem lösbaren Klebezauber angeheftet, da seine Mutter die Versuche etwas von seinen Wänden zu nehmen aufgegeben hatte, da sie dachte, dass alle Bilder mit Flüchen dauerhaft angebracht worden waren. Er strich vorsichtig das Foto von Remus glatt und betrachtete es.
 

Der Foto-Remus lachte und schien den nicht sichtbaren Rumtreibern im hohen Gras etwas zuzurufen.
 

Wie konnte man nur glauben, dass Remus weniger wert war als andere? Wie konnte man ihn nur für scheußlich halten, wenn er doch so offensichtlich alles andere war, als das? Wie war es möglich, dass andere Menschen nicht sahen, wie wunderbar und großartig Remus war?
 

Mit zitternden Händen und einem Kloß im Hals legte er die Fotos seiner Freunde in sein Lehrbuch für Verwandlungen und atmete einmal tief durch.

Dann schloss er kraftvoll seinen Koffer.

In Windeseile hatte er sich eine dünne Jacke angezogen und griff nach seinem Besen, der neben dem Kleiderschrank an der Wand lehnte.
 

Copulo!", rief er und deute mit seinem Zauberstab auf Koffer und Besen.

Wie mit einer gläserne Schnur befestigte sich der Koffergriff an dem Holzstiel des Besens.

Levonus!"

Mit einem lauten Pling! verringerte sich das Gewicht des Koffers um die Hälfte und was das Fliegen möglich machen würde.

Sirius stieß sein Fenster auf und atmete die kühle Nachtluft ein. Das Wetter war nicht perfekt zum Fliegen, denn dicke Wolken zogen in der Ferne über den sonst klaren, tintenblauen Himmel, aber Sirius dachte nicht daran, seine Pläne jetzt noch zu ändern.
 

Er wollte weg aus dem Haus seiner Mutter, wollte weg von seiner widerlichen Familie, für die er niemals gut genug sein würde, wenn er sich so verhielt, wie er war und die niemals verstehen würden, was ihm seine Freunde bedeuteten.

Sirius setzte sich auf seinen Besen und stieß sich vom Boden ab.

Als er dem Haus am Grimmauldplatz entflog und die Nacht ihn empfing fühlte er sich plötzlich so frei wie noch nie in seinem Leben. Es war, als ließ er eine tonnenschwere Last an diesem Ort zurück.
 

Er flog höher und höher, während das leuchtende London sich zu seinen Füßen erstreckte, und weiter und weiter entfernte er sich von seinem Elternhaus.

Er blickte nicht einmal zurück.
 

~*~
 

Es regnete in Strömen an diesem späten Nachmittag, als es an der Tür der Potters klopfte.
 

Seine Eltern waren noch auf der Arbeit und so lief James etwas verwundert zur Tür. Weder er noch seine Eltern erwarteten Besuch und wer um Merlins Willen machte schon bei so einem miesen Wetter einen Ausflug mitten ins Nirgendwo?

Er drehte den Knauf, öffnete die Tür... und schaute in das pitschnasse Gesicht von Sirius. Neben seinem besten Freund stand dessen Schulkoffer und der Besen.

„Tut mir leid", sagte Sirius mit kaum hörbarer Stimme und James fühlte sich stark an das Sprichwort mit dem begossenen Pudel erinnert. „Ich wusste nicht, wo ich sonst hingehen sollte."
 

Nachdem der Überraschungsmoment verflogen war, breitete sich ein trauriges Lächeln auf James' Gesicht aus. Sirius musste nicht erklären, was passiert war. James wusste es auch so. Er machte einen Schritt auf den total durchweichten Lockenkopf zu und schloss diesen in die Arme.

„Es ist alles gut", sagte James. „Ich hab mich schon gefragt, wann du kommst."
 

--------------------

...to be continued...



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Kommentare zu diesem Kapitel (9)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Lubaya
2008-09-27T19:46:46+00:00 27.09.2008 21:46
Hah!
Das mit Andromeda wusste ich doch.
*ggg*
Aber ich hätte gedacht, dass Siri zu Remi flüchtet. Aber egal, hauptsache er ist erst mal dort weg.
Aber bald wird er ja auch Volljährig.
Von:  schwarzerosen
2008-09-21T19:27:45+00:00 21.09.2008 21:27
ich hab mal ne frage??
ich dachte eigentlich immer das ted tonks ein muggel ist, oder???
naja, ansonsten fand ich die geschichte natürlich wie immer sehr, sehr schön. ^^
weiter so!!

Von:  Windy
2008-09-21T15:59:30+00:00 21.09.2008 17:59
Ich möchte Sirius auch knuddeln. Aber so wie's aussieht, macht James das ganz gut. XD Walpurga ist... nun... eine Schreckschraube. Echt mal. Ich meine, sie kann doch nicht einfach so Remus fertig machen! *hysterisch mit den Armen rumfuchtel* Sowas geht doch einfach nicht!! Sehr gut, dass Sirius da weg ist. Das hätte den armen Jungen total fertig gemacht. *seufz*
Ich freue mich schon auf as nächste Kapitel!
Ganz liebe Grüsse
Windy
Von: abgemeldet
2008-09-21T13:02:06+00:00 21.09.2008 15:02
Endlich ist er da weg!...
Ich bin froh, dass James nicht viele Fragen stellt und Siri einfach aufnimmt...
Und seine Eltern werden bestimmt auch mitmachen!...
Hoffe Medas Flucht gelingt auch so erfolgreich wie die von Siri!^^
Mach weiter so!
glg!
bloody
Von:  Koala
2008-09-21T12:14:06+00:00 21.09.2008 14:14
*sniff*
wie schön ..~
*seufz*
endlich hat sich sirius dazu endschlossen diesen schritt zu machen!!!
wurde auch zeit!!!
ich an seiner stelle hätte das auch keine minute länger mehr ausgehalten...schreckliche frau diese walburga
*sie hasst*
und die stelle wo sirius sich remus bild snappt und in sein buch packt find ich ja sooo süß xDDD
...mir kahm an der stelle ne lustige idee...was währe wohl wenn er es vergisst und mitten im verwandlungsunterricht aufschlägt...
währe ja echt schön peinlich xDD
*die idee lustig findet*
jedenfalls war dieses kappi wirklich toll^^!!
respekt!!
auch james' reaktion fand ich wirklich fabelhaft!!^^
mach weiter so^^

lg Miss_Mavesty
früher bekannt als das_MyVie
Von:  Decken-Diebin
2008-09-20T21:41:24+00:00 20.09.2008 23:41
"Deshalb werde ich mit Ted durchbrennen." - LOL, die gute Andromeda brennt durch. Und natürlich haut Sirius auch an dem Tag ab. :D
Irgendwie hab ich das Gefühl, den Part mit der Serviette nicht mitbekommen zu haben... *verwirrt ist*
Boah, Walpurga Black ist so... *Zauberstab zückt und den bösen Fluch ausspricht* XD
Sirius, der begossene Pudel... das passt haargenau... XD
LG, Hina-chan
Von:  Sommerwind
2008-09-20T20:08:45+00:00 20.09.2008 22:08
Mh, perfekt ^^
Heute morgen war ich endlich mit den Kapiteln durch, habe aufgeholt und promt gabs heute abend ein neues Kap. x3 und es war gut...

Nur was mich nach kurzem Lesen innehalten und 'ne Weile beim essen machen hat nachgrübeln lassen ist das mit Andromeda und Ted Tonks.
Würde man jetzt die Buch-Version in Betracht ziehen... wo Remus Nymphadora heiratet.. so könnte er eher ihr Vater sein x_x mindestens 15 Jahre älter, und wäre nur etwas jünger als Tonks Mutter xD wah

Gut, seit Band 7 halte ich nicht mehr so sonderlich viel von Mrs. Rowling und da Remus eh mit Sirius.. du weißt xD wollte eigentlich nur sagen das mir deine Version wesentlich mehr zusagt ^_~

LG <3
Von:  Ray07
2008-09-20T18:20:22+00:00 20.09.2008 20:20
endlich gehts weiter xD aber hat sich gelohnt aber ich hoffe das nächste kommt früher xD weil ich bin schon sehr gespannt^^

echt tolles kapitel xD weiter so :lol:

VLG
Von: abgemeldet
2008-09-20T17:43:57+00:00 20.09.2008 19:43
Hi,
es weiter geht^^!!! Walpurga haste richtig gut dargestellt und auch die anderen der Black'schen Familie! Siri und Meda hauen alsoam gleichen tag ab. schreibst du auch von den Reaktionen der eltern und Geschwister? Kommen remus und peter im nächsten oder Übernächsten kapi? Wie verhällt sich Siri Remi gegenüber? Wird es wieder 'nen bisschen lustiger?
In freudiger Erwartung auf nächste Kapitel und mit Lieben Grüßen
Shonen-AiFan


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