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Snowflake kisses

von

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Rauhreif

Als Fuji nach einer Woche morgens beim Tennistraining erschien hatte sich sofort eine Traube von Schülern um ihn versammelt, die ihn mit Fragen bombardierten. Souverän lächelnd wich das Tensai ihnen aus und nach einer Weile half ein bestimmter Ausruf Tezukas ihm dabei, der Meute zu entkommen.

„Er sieht besser aus“, murmelte Inui, während er neben dem Mannschaftskapitän stand und einen kurzen Satz in sein Notizbuch kritzelte.

„Scheint so.“

Einen Augenblick lang sah Inui zu den Tennisclubmitgliedern, die brav ihre Aufwärmrunden liefen.

„…sein rechtes Bein.“

„Hm?“

„Er hinkt. Minimal.“

Besorgt blickte Tezuka über den Rand seiner Brille hin zu Fuji der neben dem aufgeregt auf ihn reinredenden Kikumaru rannte.

Er runzelte die Stirn.

„Ich werde ihm sagen, dass er sich ein wenig schonen soll.“

Die Mundwinkel des großen Jungen neben ihm zuckten.

„Es besteht eine 89- prozentige Wahrscheinlichkeit dass er nicht auf dich hören wird, Buchou.“

~

Einige Tage zuvor betrat Yuuta den Flur seines Elternhauses. Da sein großer Bruder nicht gewillt schien, in nächster Zeit auch nur einen Fuß in dieses Gebäude zu setzen, er aber nicht ständig in geliehener Kleidung herumlaufen konnte, war Yuuta dabei ihm ein paar Sachen aus seinem Haus zu besorgen.

Wenn er ehrlich war behagte es ihm gar nicht, durch dieses Haus zu gehen. Er fühlte sich hier schlicht und einfach nicht willkommen. Das Einzige, was ihn noch an diesen Ort band war sein Bruder.

Den Blick stur geradeaus gerichtet polterte der Braunhaarige die Treppe hoch bis er schließlich vor Shusukes Zimmertür stand.

Es war dunkel, die Vorhänge waren geschlossen und es roch ein wenig muffig, lange hatte hier drin niemand mehr gelüftet.

Nachdem Yuuta einige Sachen, darunter die Schul- und die Clubuniform seines Bruders, aus dem Schrank herausgesucht hatte, fiel sein Blick auf das zerwühlte Bett. Gedankenverloren strich er über die zerknautschte Bettdecke. Überall konnte man noch Shusukes Duft erhaschen und wie immer hatte er eine angenehm beruhigende Wirkung auf Yuuta, am liebsten hätte er sich jetzt einfach aufs Bett gelegt und sich in die Laken gekuschelt.

Schließlich drehte er sich um und wollte hinausgehen- als ihm etwas auffiel.

Stirnrunzelnd trat Yuuta näher.

Auf der ansonsten makellos weißen Tapete stach der kleine Fleck mit der bräunlich- roten Farbe besonders stark hervor. Am Rand lief ein breiter Streifen bogenförmig hinunter zum Boden, so als wäre irgend etwas, das man mit dieser braunen Farbe beschmiert hatte, an der Wand entlang geschleift worden.

Direkt darunter lag der Tennisschläger seines Bruders, und als Yuuta ihn etwas genauer betrachtete entdeckte er dass am Rahmen wieder dieselbe Substanz klebte wie auch an der Tapete.

Irritiert hob Yuuta den Schläger auf und roch daran.

Der Geruch von alten, rostigen Metall stieg ihm in die Nase, ein widerlicher, ihm wohlbekannter Duft.

Er erstarrte.

Bei den Flecken auf der Wand und auf dem Schläger handelte es sich eindeutig um getrocknetes Blut.

„…um Gottes Willen…“

Er sah sich im Zimmer nach anderen Spuren um, die auf einen Kampf oder dergleichen zurückschließen ließen, doch er fand nichts.

Hastig rannte er die Treppe hinunter und suchte im Wohnzimmer- wo er zu seinem Entsetzen fündig wurde.

Die Scherben der Vase ihrer Mutter lagen weit verstreut auf den Boden, aus dem Bücherregal waren wahllos Bücher herausgerissen und im Raum verteilt worden. Auch in der Küche war schlimm gewütet worden und als Yuuta das sah wurde ihm immer übler.

Er war sich sicher, dass sein Bruder mit dieser Sache zu tun hatte.

Und…

dieser Mann.

~

„Meeensch, du glaubst gar nicht wie sehr wie dich im Training vermißt haben!“

Fröhlich stopfte Kikumaru sich ein weiteres Lachssushi in den ohnehin schon vollen Mund und grinste Fuji dabei glücklich an. Wie zu erwarten verschluckte der Rothaarige sich prompt und hustete panisch während Oishi ihm seufzend auf den Rücken klopfte.

„Eiji, ich habe dir schon oft genug gesagt dass du nicht immer so schlingen sollst.“

„Mou…aber wenn ich nicht schnell genug bin fressen mir die anderen alles weg…“

„So ein Blödsinn“, meinte Momo und fuhr fröhlich damit fort, sich sämtliche Sushi auf den Teller zu schaufeln.“ „Wir haben schließlich Manieren, nicht wahr, Ryoma?“

„Mhm“, nuschelte dieser kauend und schielte schon nach dem nächsten Stück.

„Manchmal glaube ich wirklich unter Wilde geraten zu sein.“

Tezuka nahm einen tiefen Schluck von seinem grünen Tee und starrte düster auf seine Teammitglieder die sich verhielten wie Löwen nach tagelangem Hungern.

„Eßt nur, eßt soviel ihr wollt! Ich hoffe nur, dass mein Sohn nicht eine allzu große Last für das Team ist…“

„Vater!“

Taka wurde rot und lächelte den anderen entschuldigend zu während er ihnen ein Tablett mit frischen Fischhäppchen auf den Tisch stellte welches sofort Gerangel um das beste Sushi auslöste. Einzig und allein diejenigen, die mit Wasabi gefüllt waren wurden unauffällig zu Fuji geschoben, was dieser lächelnd registrierte.

„Ich versteh gar nicht, was ihr gegen Wasabisushi habt. Das sind doch die besten!“

In dem Moment in dem eine Diskussion der Tennisclubmitglieder zu dem Thema Geschmacksverirrung auszubrechen drohte ging Tezuka dazwischen.

„Es ist schon spät. Morgen haben wir wieder Training, und sollte irgendeiner von euch unausgeschlafen bei mir erscheinen dann…“

Den Rest konnten sie sich denken, und so leerte sich Kawamura Sushi innerhalb kürzester Zeit.

Tezuka griff in seine Schultasche.

„Wieviel schulden wir dir, Taka-san?“

„Lass nur, seht es als kleine Spende an das Seigaku Tennisteam! Um zu gewinnen braucht man viele Kohlenhydrate!“ drängte sich Takas Vater dazwischen und klopfte wohlwollend auf Tezukas Rücken.

Im Hintergrund hatte Fuji damit begonnen, die unzähligen leergeputzten Teller seiner Kameraden zusammenzustellen. Einige Sekunden lang blieb Tezukas Blick an den geschäftig hantierenden, vom jahrelangen intensiven Tennisspielen gezeichneten Händen hängen. Dann wandte er sich zur Tür.

„Wir sehen uns beim Training“, murmelte er.

„Und dann reden wir über die ganze Sache, Fuji.“

Ohne aufzusehen räumte dieser weiter auf.

„Natürlich, Buchou.“

Dann lächelte er ihn freundlich an.

„Wenn dir das hilft.“

Es schien, als wollte Tezuka etwas erwidern, doch dann kniff er die Lippen zusammen und ging hinaus, woraufhin er, kaum über die Schwelle getreten, von Yuuta umgerannt wurde.

„Ah! Sorry, Tezuka-san!“

Der Mannschaftskaptitän brummelte irgend etwas Unverständliches und machte Platz damit der schlecht gelaunt wirkende Braunhaarige sich an ihm vorbeischlängeln konnte.

„Dein Kram.“

Yuuta drückte seinem Bruder die prall gefüllte Tüte in die Hand und ließ sich neben ihn auf den Tatamiboden fallen. Mit zusammengezogenen Augenbrauen sah er dem Älteren dabei zu wie dieser den Inhalt inspizierte und ihn dann anlächelte.

„Danke, Yuuta.“

„Was ist das?“

Yuuta hielt ihm den Schläger mit den dunklen Flecken unter die Nase.

„Was ist was?“

„Das Zeug auf deinem Schläger! Die Wand war auch damit vollgeschmiert!“

Erstaunt musterte Shusuke erst den Tennisschläger, dann Yuuta, dann wieder den Schläger.

Und begann zu lachen.

„Das ist Farbe!“

„…?“

„Siehst du das nicht?“

Ungläubig starrte der Jüngere ihn an.

„Und wie kommt die da drauf?“

„Wir hatten ein Projekt in der Schule und sollten eine Collage erstellen. Ich habe die Farbtube auf dem Boden liegen gelassen und bin aus Versehen draufgetreten, deswegen ist die Farbe an die Wand gespritzt. Als ich versucht habe, es wegzuwischen habe ich es nur noch schlimmer gemacht, und mein Schläger hat noch dazu auch was abbekommen.“

Er rubbelte über den Griff und seufzte.

„Leider ist das Zeug auch noch wasserfest.“

„…und wer hat unser Wohnzimmer und die Küche so zugerichtet?“

Shusuke grinste.

„Ryoma-kun hat mich gebeten, ein paar Tage lang auf seine Perserkatze aufzupassen, da er nach Amerika gereist ist. Ich habe gedacht ich könnte das Tier für ein paar Stunden alleine lassen, aber Karupin hat ganz schön gewütet.“

„Daran kann ich mich noch gut erinnern!“

Taka sah vom Spülbecken auf.

„Fuji-kun hat es uns am nächsten Tag in der Schule erzählt!“

Der Ältere tätschelte beschwichtigend Yuutas Oberarm.

„Sag ich doch. Es gibt keinen Grund zur Beunruhigung.“

Yuuta schwieg.

„…wenn du meinst, Aniki.“

„Hör mal, Yuuta-san, möchtest du heute Nacht wieder hier schlafen? Jetzt noch nach St. Rudolph zu fahren wäre doch zu umständlich…“

„Wenn’s keine Umstände macht…“

„Nicht doch!“

Taka schüttelte hastig den Kopf.

„Das ist überhaupt kein Problem! Du kannst zu Fuji-kun ins Gästezimmer, falls es dir nichts ausmacht. Ist das okay für dich?“

„Nein“, sagte Yuuta leise, den Blick auf seinen älteren Bruder gerichtet.

„Das geht schon in Ordnung, Taka-san.“

~
 

Fuji hatte keine Ahnung, was da falsch gelaufen war.

Nicht den geringsten Schimmer.

Er wusste nicht, wieso dieser Mann ihn damals gepackt und gegen die Wand geschmettert, warum er mit dem Tennisschläger ausgeholt und zugeschlagen hatte.

Er verstand es einfach nicht.

Bis er erfuhr, wobei er und Yuuta beobachtet worden waren.

~
 

„Glaubst du eigentlich, du kannst mich verarschen?“

Zitternd vor unterdrückter Wut drückte Yuuta Shusuke gegen die Wand.

„...wieso?“

„Tu doch nicht so dumm! Ich bin nicht so naiv wie Taka-san oder die anderen. Ich kenne dich lange genug um zu wissen dass du dir eher ein Bein ausreißen würdest bevor du anderen sagst, dass es dir schlecht geht.“

Yuuta holte tief Luft. Seine Nasenflügel bebten.

Währenddessen sah Shusuke ihn nur verständnislos mit seinen blauen Augen an.

„Ich weiß wirklich nicht, wovon du redest.“

„…!!!“

Dieser Kerl trieb ihn in den Wahnsinn. Fester als beabsichtigt gruben sich seine Finger in Shusukes Schultern, doch dieser legte die Arme um ihn und zog ihn an sich.

„Komm erst mal runter, Yuuta. Wut läßt einen die Dinge nie so sehen, wie sie wirklich sind.“

„Wieso bist du immer so…immer so…ach, verdammt!“

Knurrend vergrub Yuuta sein Gesicht in den Haaren seines Bruders während Shusuke sanft über seinen Rücken strich.

„…wieder beruhigt?“

„Mnh.“

„Dann lass uns schlafen gehen. Morgen haben wir schließlich Schule.“

Er drückte ihn sacht von sich und ging zum Bett, wo er sich auf die Laken fallen ließ.

Nach kurzem Zögern setzte Yuuta sich zu ihm.

„Ich bin nicht müde.“

„Wir können auch einfach nur so daliegen.“

Im Haus war es vollkommen still. Draußen vor dem Fenster bellte ein Hund, dann wurde es wieder ruhig.

Im schwachen Licht, welches die Straßenbeleuchtung in das Zimmer warf, betrachtete Yuuta das Gesicht von Shusuke das seltsam blaß wirkte.

„Hey, Yuuta.“

„Hm?“

„Schlaf mit mir, ja?“

Der Jüngere wurde rot wie eine Tomate.

„Wie…wie kommst du denn jetzt darauf, Aniki?“

Shusuke zuckte mit den Schultern und lächelte ihn warm an.

„Mir ist einfach danach. Und wenn du es mal genau betrachtest haben wir es seit dem einen Mal im November nicht mehr gemacht.“

Stimmt. Das war nun auch schon drei Monate her. Trotzdem blieb Yuuta skeptisch.

„Was ist, wenn uns jemand hört?“

„Die schlafen doch alle schon.“

„Aber die Wände sind dünn…“

„Dann müssen wir eben um so leiser sein.“

Darauf antwortete Yuuta nicht mehr. Shusuke hatte gewonnen.

Innerhalb kürzester Zeit hatten sie sich jeglicher Kleidung entledigt und nun lagen sie nackt nebeneinander, die Gesichter so nah zusammen dass sie den Atem des anderen auf ihren Nasen spüren konnten.

Als Yuuta über den Körper neben ihn strich fühlte er die Blutkrusten der Verletzungen an seinen Fingerkuppen und wich ihnen schnell aus.

Heute Nacht wollte er nicht an diese Sache denken.
 

In dem Moment, in dem die rhythmischen Bewegungen der beiden immer unkontrollierter und schneller geworden waren, in genau dem Moment in dem Yuuta wusste er würde gleich kommen-

In eben diesem Moment klopfte es an der Tür.

„Fuji-senpai? Bist du noch wach?“

Der Blick des Angesprochenen wandelte sich schlagartig von halb glasig, halb verklärt in einen erschrockenen Ausdruck. Sofort glitt Yuuta aus ihm heraus und suchte panisch seinen Boxer- Shorts die jedoch plötzlich unauffindbar schienen. Leise vor sich hinfluchend rannte er umher während sein älterer Bruder (wie machte er das bloß?!) schon vollständig bekleidet an der Tür stand.

„…was ist denn, Taka-san?“

Mit einem Grinsen auf den Lippen deutete er in eine Ecke des Zimmers in der der verzweifelte Yuuta endlich seine Boxer-shorts fand.

„Da ist jemand für dich am Telefon. Ein Herr Misaki.“

Fuji wurde leichenblaß, seine Augen weiteten sich. Die Hand noch an den Knöpfen seines Pyjamaoberteils starrte Yuuta seinen Bruder sprachlos an.
 

Es war er.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  ReiRei-chan
2008-09-28T21:32:04+00:00 28.09.2008 23:32
Dramatisch, traurig und schaurig... das fällt mir im ersten Moment dazu ein... aberich bin wohl momentan nicht zu einer qualifizierten Aussage fähig... bin voll im Rausch meiner Lektüre zuvor und ... im Träumen... aber keine Sorge, dass Kapitel hat mir sehr gefallen und ich bin gespannt wie es weitergeht.


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