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Cold Dreams

von

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Presse

Kapitel 6 Presse
 

Ihre Aussage hatte eingeschlagen wie eine Bombe und es war mucksmäuschenstill im Saal. Die Fußballer, die im Nebensaal das Ganze auf einem Fernseher verfolgten, waren etwas überrascht von der Reaktion der Presse; wusste doch keiner von ihnen, dass Fee seit einem Jahr nicht mehr auf dem Eis gestanden war. Doch nach ein paar Minuten fassten sich die Pressevertreter wieder und die ersten Fragen wurden gestellt. (Das Erste ist jetzt immer ein Reporter und das Eingerückte ist Fee.)
 

„Frau Gärtner, seit wann planen Sie Ihr Comeback auf der Eisfläche?“
 

„Seit drei Monaten.“
 

„Sind Sie im Paarlauf dann auch wieder zu sehen oder hat sich Ihr Partner Tobias Feldmann eine neue Eiskunstlaufpartnerin gesucht?“
 

„Nein, Herr Feldmann hat sich keine neue Partnerin gesucht und wir werden schon in einem Monat wieder zusammen auf dem Eis stehen.“
 

„Heißt das, Sie werden an der Deutschen Paarlauf-Meisterschaft teilnehmen?“
 

„Ja, genau das heißt es, denn wir wollen unsere hart erarbeitete Qualifizierung vom letzten Jahr nicht verstreichen lassen.“
 

Es folgten noch einige dieser belanglosen Fragen und Feli dachte schon, dass sie es überstanden hatte, als ein Reporter der BILD die Frage stellte, vor der sie die ganze Zeit Angst gehabt hatte.
 

„Sagen Sie mal, Frau Gärtner, glauben Sie wirklich, dass sie es noch mal zurück schaffen? Sie hatten eine schwere Verletzung und schon anhand dieser Tatsache hat kein Experte mehr mit einem Comeback gerechnet. Außerdem gehören Sie nicht mehr zu den Jüngsten, sondern eher zu den älteren Vertreterinnen Ihrer Sportart. Glauben Sie unter diesen Umständen ernsthaft, dass sie es noch einmal zurück schaffen?“
 

Der Reporter hatte genau die Zweifel ausgesprochen, die sie selbst die ganze Zeit hegte. Sie sah den Reporter nur ernst an, anstatt eine Antwort zu geben, denn sie wusste nicht, was sie antworten sollte. Natürlich könnte sie mit einem falschen Lächeln und einer überzeugenden Stimme einfach sagen, dass sie es schaffen würde, doch damit würde sie nur sich selbst belügen. Und das wusste sie auch. Sie sah den Reporter weiter an und senkte dann ihren Blick.
 

„Ich würde Ihnen jetzt gerne sagen, dass ich es schaffe, aber das kann ich nicht. Ich weiß, dass dieses Jahr Pause nicht gut für meine Karriere war und dass wohl einige anderen an meiner Stelle gar kein Comeback versuchen würden, aber ich stehe auf dem Eis, seit ich vier bin. Ohne all das geht ein Teil von mir kaputt, darum möchte ich es noch einmal probieren, und wenn es nicht klappt, dann hab ich’s wenigstens probiert und muss mir nicht vorwerfen, es nicht getan zu haben. Ich hoffe, das reicht Ihnen als Antwort“, endete sie. Der Reporter nickte und notierte sich etwas auf seinem Block. Die fröhliche Fragerunde ging weiter und Fee hoffte, dass ihr weitere solcher Fragen erspart blieben.
 

„Frau Gärtner, weshalb sind Sie mit der Deutschen Fußballnationalmannschaft im Trainingslager? Versprechen Sie sich dadurch bessere Trainingserfolge?“ Die Dame, die diese Frage stellte, musste sich ein Lachen verkneifen, so wie alle anderen auch.
 

„Oh nein, keineswegs, ich bin hier, um ein Praktikum für mein Studium zu absolvieren, und damit ich mich trotzdem optimal auf die Eislaufwettkämpfe vorbereiten kann, werde ich ein wenig mittrainieren, bis nächste Woche dann meine Trainerin ankommt“, erklärte sie noch, bevor der Pressesprecher die PK des Eislaufbundes für beendet erklärte.
 

Erleichtert stand Fee auf, posierte noch einige Minuten für Fotos und verließ dann den Raum. Kaum aus der Tür raus, lehnte sie sich an eine Wand und rutschte mit dem Rücken daran herunter. So, wie sie nun da saß, in der Hocke, den Rücken an der Wand und den Kopf auf den Knien liegend, merkte sie gar nicht, dass die Fußballer, die um sie herumstanden, sie alle ansahen.
 

Torsten ging auf sie zu und ging vor ihr in die Hocke. „Hey, Feli, du solltest Micho anrufen und ihm sagen, wie es gelaufen ist, und ihm ’nen schönen Gruß von mir ausrichten“, sagte er aufmunternd und zog sie hoch.
 

„Ja, ist wohl besser, als hier blöd rumzusitzen“, entgegnete Fee und kramte ihr Handy heraus, mit dem sie dann in Richtung Lobby verschwand.
 

Während Fee telefonierte, fand die PK der Nationalmannschaft statt und lief wesentlich relaxter ab als ihre. Fee, die sich mittlerweile wieder beruhigt hatte, ging in ihr Zimmer und zog sich ihre Trainingssachen an, da gleich noch eine Trainingseinheit anstehen würde, bevor sie dann ihrem Praktikumsjob nachgehen musste. Mit Trainingssachen bekleidet und zusammengebundenen Haaren ging sie hinunter, wo sie noch mal auf den Herrn vom Eislaufbund traf, der ihr einen Zettel mit der Adresse der Eishalle gab, die ihr jeden Abend für zwei Stunden zur Verfügung stand. Die Tatsache, dass man ihr eine Eishalle für zwei Stunden jeden Abend zur Verfügung stellte, heiterte ihr Stimmung gewaltig auf und so ging sie fröhlich zum Trainingsplatz des Hotels, wo die ersten Spieler schon dabei waren, sich warm zu laufen. Sie tat es ihnen gleich und lief ein paar Runden, allerdings in einigem Abstand zu der Gruppe der Spieler, da sie ihre Ruhe haben wollte.
 

Doch mit der Ruhe war es schnell vorbei, als plötzlich Torsten neben ihr herlief. „Feli, kannst du mir vielleicht mal erklären, warum du ein Jahr nicht mehr auf dem Eis warst? Ich kapier nämlich gar nichts mehr und ich glaub, dass es dir auch nicht besonders gut geht“, sagte er in einem leicht besorgten Ton und lief aber weiter neben ihr her.
 

Sie sah kurz irritiert zu ihm und richtete ihren Blick dann wieder nach vorne, bevor sie mit leiser Stimme zu erzählen begann: „Vor eineinhalb Jahren bin ich bei der Weltmeisterschaft Zweite geworden, danach hab ich mich mit Tobi zusammen für die Paarlaufmeisterschaften qualifiziert. Die Saison war eigentlich schon rum und Tobi und ich haben verbissen eine Kür ausgearbeitet. Irgendetwas hat an meinen Schlittschuhen schon den ganzen Tag nicht gestimmt. Na ja, bei einem Solosprung von mir bin ich dann etwas schief aufgekommen, die Schrauben der Kufen haben sich gelöst und ich bin sozusagen umgeknickt, weil meine Kufen nachgegeben haben. Ich bin saublöd aufgekommen und hatte ’nen komplizierten Beinbruch, ’nen Muskelfaserriss und ’ne gestauchte Hüfte. Ich musste operiert werden und nach einem Vierteljahr habe ich mit der Reha angefangen. Die hat leider nicht so gut angesetzt, wie ich mir das gewünscht habe, und daher steh ich erst seit ’nem halben Jahr wieder auf dem Eis. Und seit drei Monaten trainier ich wieder für Wettkämpfe.“ Sie sah kurz zu Torsten hoch. „Verstehst du’s jetzt? Ich bin ein Jahr vom Eis weg gewesen, wegen einem bescheuerten Trainingunfall, ein Jahr, das bricht dir in diesem Sport ‚as gnack’.“
 

Gegen Ende war sie richtig laut geworden und sie musste die Tränen der Wut und Enttäuschung zurückhalten. Genau deshalb wussten so wenige von dem Unfall, weil sie jedes Mal wieder ausrasten könnte. Sie machte sich unwahrscheinliche Vorwürfe, dass sie die Schrauben nicht kontrolliert hatte, nachdem sie sich den ganzen Tag schon unwohl gefühlt hatte.
 

Dadurch, dass sie den letzten Satz quasi geschrieen hatte, sahen nun alle Spieler verwundert zu der Zweiergruppe, was Fee allerdings ziemlich egal war. Sie sah noch einmal zu Torsten und setzte sich dann wieder in Bewegung. Sie lief alleine ihre Runden zu Ende und begann sich dann zu dehnen. Die Trainer, die mittlerweile auch da waren, schickten ihre Jungs ebenfalls zum Dehnen und sie machten neben Fee eine sehr schlechte Figur, da sie wesentlich beweglicher war als die Fußballer.
 

Feli trainierte stumm brav mit und nach dem Training, das für sie früher aus war, weil sie ja nicht kicken musste, ging sie rasch duschen. Keine halbe Stunde später stand sie neben Oliver im Behandlungsraum und wartete mit ihm auf die ersten Patienten. Der erste, der rein kam, war Torsten und da dieser sich nur den Rücken durchkneten lassen wollte, überlies Oliver ihn ganz Fee. Diese fing auch gleich selbstständig an, ihn durchzukneten. Oliver verabschiedete sich kurz, um was mit dem Doc zu besprechen, und so waren die beiden alleine.
 

„Danke, dass du’s mir erzählt hast, Feli, jetzt versteh ich’s und es tut mir wirklich leid, dass du diesen Unfall hattest, aber du schaffst es bestimmt wieder zurück an die Spitze und wenn du Hilfe brauchst, dann sag’s“, nuschelte Torsten in die Liege hinein.
 

Doch Fee hatte alles verstanden und lächelte. „Danke, Torsten“, sagte sie leise und machte weiter mit ihrer Arbeit. Es kamen noch einige anderen zum Durchkneten und Fee lernte sie alle kennen. Oliver war sehr zufrieden mit ihr und meinte, dass er sie morgen bestimmt schon ein paar andere Sachen machen lassen würde. Sie verabschiedete sich noch schnell von ihm und lief dann ihr Zimmer hoch.
 

Es war mittlerweile halb sieben und gleich würde es Essen geben. Fee allerdings hatte etwas anderes vor. Sie packte rasch ihre Trainingstasche zusammen und ging dann, warm eingepackt in ihrem Wintermantel, mit den Schlittschuhen über der Schulter hinunter in den Speisesaal. Die Spieler aßen alle schon und sie ging nur kurz zu Jogi. „Ich bin dann jetzt schon weg zum Training, man sieht sich“, verabschiedete sie sich und verließ den Speisesaal wieder.
 

Vor dem Hotel stieg sie in ein Taxi und fuhr zur Eishalle. Sie zog sich um und besah sich die Eishalle; sie war sehr modern und erst vor Kurzem erbaut worden. Da sie zum Training nicht die Musikanlage der Eishalle brauchte, hatte sie einen CD-Player dabei. Sie holte ihre CDs aus der Tasche und legte eine mit verschiedenen Liedern ein. Es war ihre Lieblings-CD, da alle ihre Lieblingslieder drauf waren und sie diese immer zum Warmmachen laufen ließ.
 

Als Erstes erklang ‚Schickeria’ von der spidermurphy Gang. Mit dieser Musik war sie aufgewachsen, da ihre Mutter ein Fan dieser Band war. Während sie ihre ersten Runden auf dem Eis drehte, sang sie ausgelassen mit.
 

Ja in Schwabing gibt's a Kneipn de muaß ganz wos bsonders sei !

Do laßns soiche Leit wia di und mi erst garnet nei.

In d'Schickeria! In d'Schickeria!

Jeder spuit an Superstar und sauft Schampus an da Bar

in da Schickeria !

Schick-schick-schick-schick-a-schickeria!

Schick-schick-schick-schick-a-schickeria!

Ja mei wia kommst denn du daher a weng ausgflippt muaßt scho sei!

Sonst laßt di da gorilla an da Eingangstür net nei!

In da Schickeria!

Schick-schick-schick-schick-a-schickeria!

Schick-schick-schick-schick-a-schickeria!
 

Sie lief sich eine gute Stunde warm und die CD starte einige Male von Neuem. Währenddessen war die Nationalmannschaft mit dem Abendessen fertig und Jogi erhob sich, um etwas zu sagen. „So, da ihr ja heute, wie ich gehört hab, alle beim Massieren wart, habt ihr sicherlich nichts dagegen, dass wir jetzt noch kleine Trainingseinheit für eure Fußmuskulatur einlegen. Wir treffen uns in einer halben Stunde alle in der Lobby, bringt bitte alle eine Jacke und Handschuhe mit.“
 

Kaum gesagt, setzte er sich wieder und fing ein Gespräch mit Hansi an. Die Spieler sahen ihn nur komisch an und einige meckerten rum, aber wirklich etwas dagegen zu sagen traute sich niemand. Eine halbe Stunde später fand sich die gesamte Mannschaft dann auch wirklich in der Lobby ein und mit dem Mannschaftsbus machte sie sich auf den Weg. Jogi wollte noch immer nicht damit rausrücken, wohin es den eigentlich ging. Schließlich hielt der Bus vor einer riesigen Halle, die von außen nicht beleuchtet war, in deren Inneren allerdings Licht brannte.
 

„So, meine Herren, alles aussteigen und mir folgen“, sagte nun Hansi Flick und trat auf eine Tür zu. Er öffnete sie schwungvoll und trat ein. Durch einen langen Gang gelangten sie zu einer weiteren Tür. Auch diese öffnete der Co-Trainer und trat ein. Die Spieler, immer noch am Rummeckern, blieben brav hinter ihm, doch als sie sahen, was vor ihnen geschah, wurden sie schlagartig still.



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