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Three a.m.

Wichtelstory für nankin-dama
von

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Three a.m.

3 a.m.

by Jim
 

Disclaimer:

Eine Notgeschichte die ich für die „Hot town, summer in the city“ Aktion der Fanfiction Wichtel schreibe. Jemand ist mitten in der Aktion abgesprungen und es musste jemand, so schnell wie möglich (da ich mich um diese Sache auch nur am Wochenende kümmern musste – zum Zeitpunkt wo ich das hier schreibe habe ich kein Internet zu Hause).

~~~ markiert eine Rückblende bzw. deren Ende.
 

Es war eine laue Sommernacht. Nein, dass war nicht ganz korrekt. Es war eine schwüle, drückend warme Sommernacht. Gabriele wusste nicht genau was es war, aber sie wusste das sie in dieser Nacht keinen Schlaf fand. Unruhig wälzte sie sich hin und her, schwitzte und klebte am ganzen Leib und auch das sie ihre Decke mit den Füßen schon lange von sich gestreift hatte, hatte keinerlei Abhilfe geschaffen. Fast schon erleichtert als ihr Handy anfing zu klingeln wanderte ihre Hand nach oben auf den schmalen Sims über ihrem Bett, griff das Telefon, klappte es mit dem Daumen auf und führte es an ihr Ohr.
 

„Ja?“, murmelte sie, halb verschlafen und auch ein wenig angespannt.
 

„Gab... ich... ich...“, drang eine leise schluchzende Stimme an ihr Ohr.
 

„Yumi?“
 

Yumi hieß eigentlich mit vollen Namen Yumiko, aber seit sie einander kannten nannte Gabriele sie Yumi. Umgekehrt wurde sie von ihr bloß Gab genannt, was auch daran lag das sie Probleme mit der Aussprache ihres Namens hatte.
 

„Er war wieder da...“, schluchzte Yumi, „Es war wieder... so... so echt... es war...“
 

„Bist du zu hause?“
 

„Ja.“
 

„Fünfzehn Minuten.“
 

So einfach wie sie es aufgeklappt hatte, hatte Gabriele das Telefon wieder zugeklappt und sich aus dem Bett geschwungen. Als ob ihr innerer Motor durch einen Kickstart angeworfen worden war, war sie plötzlich wieder hellwach. Und dennoch bedauerte sie irgendwo den Grund, für den sie aufstand.
 

***

Mit einer scharfen Kurve und viel zu schnell, zumindest für den normalen Fahrer, bog ein Motorrad in eine Einfahrt ein und kam schnell aber kontrolliert zum Stillstand. Die Fahrerin – jeder konnte anhand der äußerst weiblichen Figur erkennen das es sich um eine Frau unter dem Helm und dem Lederanzug handelte – schaltete die Maschine aus und streifte ihren Helm ab. Kurz schüttelte sie ihren Kopf. Eine Gewohnheit die noch von der Zeit stammte, in der sie noch Haare hatte. Jetzt hingegen spiegelte sich das Licht des Mondes auf einem geringen Teil ihrer Glatze wieder.
 

Die Glastür war offen. In ihr stand Yumi. Eine typische Japanerin, wie man sie sich mit allen Klischees vorstellen konnte. Mandelförmige, braune Augen und langes, glattes, pechschwarzes Haar. Dazu eine Haut die ein wenig dunkler war als normal und einen leicht gelben Ton hatte. Sie trug ein weißes Hemd das ihr einige Nummern zu groß war und darunter Boxershorts, welche eigentlich für einen Mann gedacht waren. Aber so war sie schon immer gewesen. Ein wenig sonderbar, ein wenig anders... aber sie war eine treue Freundin, eine gute Freundin... so gut wie man sie sich nur wünschen konnte. Sie war da, wenn es darauf ankam und sie war verlässlich – zwei Eigenschaften die Gabriele hoch anrechnete.
 

Kaum war sie über die Türschwelle getreten löste sie sich aus ihrem Lederanzug, wie aus einer zweiten Haut. Darunter trug sie bloß ein enges Oberteil mit dünnen Trägern, welches nicht mal ihren Bauch bedenkt, und einen Slip. Es war einfach zu warm für jede andere Art von Kleidung und selbst darin war ihr noch zu warm. Für einen Augenblick überlegte sie, ob sie sich nicht ganz ausziehen sollte, entschied sich dann aber doch dagegen. Nicht wegen Yumi. Nein, sie hatte ihren nackten Körper schon mehrmals gesehen und es gab zwischen den beiden Freundinnen keine Scham. In ihren jüngeren Jahren hatten sie sogar einige Male miteinander geschlafen. Es war keine Liebe gewesen, jedenfalls nicht auf „diese“ Art. Viel mehr war es die Lust die überwogen hatte – auf beiden Seiten. Aber der Sex war nie ein Thema zwischen ihnen gewesen. Sex war Sex, es hatte sich auf ihre Freundschaft nie negativ ausgewirkt. Auch das war etwas, was Gabriele sehr schätzte.
 

„Das Dach?“, fragte sie und blickte Yumi über ihre Schulter an, welche nur nickte während sie die Tür schloss.
 

Den Weg durch das Haus kannte Gabriele natürlich. Leichten, lautlosen Schrittes stieg sie die breiten Treppen auf tief dunklem Holz hinauf auf das Flachdach. Für einen Augenblick, als eine milde Brise sie umgab, fühlte sie sich erstaunlich wohl. Dann fiel ihr Blick auf die zwei nebeneinander aufgestellten Liegen, zwischen ihnen ein kleiner Tisch.
 

Seufzend lies sich Gabriele auf einer der Liegen nieder. Wie oft hatten sie doch schon hier gelegen? Es war ihr liebster Platz. Doch anstatt, wie sonst üblich, der Sonne schienen nun bloß die Sterne über ihr. Yumi erschien und stellte zwei Gläser auf dem Tisch ab, gefüllt mit einer klaren Flüssigkeit, bevor sie sich selbst auf der anderen Liege niederließ
 

„Also...“, begann Gabriele nach einigen Minuten des Schweigens, „Wieder der Traum?“
 

„J... ja...“
 

„Erzähl es mir.“, verlangte Gabriele und nahm das Glas um daran zu nippen. Bacardi – wie gewohnt.
 

„Es war alles so wie damals. Die Waffe... die Flammen... SIE...“
 

„Exakt wie damals? Keine Abweichungen?“
 

„Nein... dieses Mal nicht.“
 

„Wann endete der Traum?“
 

„In dem Moment in dem ich die Waffe hab fallen lassen.“
 

„Yumi... ich weiß ich sage dir das jedes Mal... aber du musst darüber hinwegkommen. Es ist zwei Jahre her. Seit zwei Jahren quälen dich die Albträume... und mich auch. Glaub ja nicht das es mir gleichgültig ist, wenn du leidest.“
 

„Das weiß ich doch. Es... es tut mir auch...“
 

„Entschuldige dich nicht.“, unterbrach sie die Asiatin, „Wir sind Freunde... es ist selbstverständlich das ich für dich da bin. Aber es ist genau so selbstverständlich das ich dir die Wahrheit sage. Und die Wahrheit ist... es kann nicht immer so weitergehen. Du kannst dich nicht auf ewig wegen dieser einen Sache verkriechen. Ich habe sie auch gemocht... Alex war wie eine Schwester... und sogar wie eine MUTTER für mich gewesen. Das weißt du. Und auch ich gehe jeden verfluchten Monat an ihr Grab. Aber... ich kann mir nicht für immer die Schuld für ihren Tod geben.“
 

Ihre Gedanken schweiften zurück an den Tag, an dem sie einander das erste Mal getroffen hatten...
 

~~~

Es war ein unglaublich heißer Sommertag und die Sonne schien so über Japan, als wolle sie das Land in Brand setzen. Auf einer kleinen Straße inmitten einer Hügellandschaft, wie es sie in der heutigen Zeit viel zu wenige gab, fuhr ein Bus. Es war eine wunderbar ruhige Gegend und der Bus fuhr diese Strecke bloß zwei Mal am Tag. Bis auf eine kleine Klippe, welche bevorzugt von alten Leuten besucht wurde, und einen dazugehörigen Kiosk gab es hier nichts. Und so hatte sich der Busfahrer durchaus zu Recht darüber gewundert, dass ein so junges Mädchen eingestiegen war.
 

Mit einem leisen Quietschen kam der Bus auf dem runden Platz vor dem Kiosk zum stehen und das Mädchen, in ihrer Hand einen Metallkoffer, stieg aus. Der Kiosk entpuppte sich als Holzhütte mit offener Front. Hinter dem Tresen saß eine alte Frau, welche sich mit einem Papierfächer Luft zu wedelte und dem Radio lauschte. Ein Ventilator bewegte sich kontinuierlich hin und her und eine kleine, dreifarbige Katze lag auf einem Fass vor dem Laden und hatte sich genüsslich auf dem Rücken ausgestreckt hingelegt. Anscheinend war sie das einzige Lebewesen hier, dass diese Hitze genoss... oder die sich zumindest nicht daran störte.
 

Die junge Japanerin trat in den Laden, nahm sich eines der wenigen Eis aus der Kühltruhe, bezahlte es und machte sich auf den Weg zu ihrem Bestimmungsort. Die Sonne brannte wirklich vom Himmel und im Nachhinein bereute sie es, dass sie ihre Sonnenbrille nicht eingepackt hatte. Als sie an dem vereinbarten Treffpunkt, einem runden der Klippe, ankam, saßen dort auf einer Bank zwei Frauen welche sich angeregt unterhielten. Sie wirkt zwischen 30 und 40 Jahre alt, nicht die typische Art von Besuchern die man wohl hier erwartete – es musste sich um ihre Kontaktpersonen handeln.
 

Das Kliff war durch ein rostiges Geländer gesichert das so aussah, als wäre es schon genauso alt wie das Kliff selbst. Achtlos warf Yumi den Holzstiel ihres Eis über die Brüstung.
 

„Das ist aber Umweltverschmutzung.“, rief eine der Frauen von der Bank.
 

Sie hatte kurze, rot gelockte Haare und trug eine Sonnenbrille mit runden Gläsern. Yumi jedoch würdigte diesem Spruch keinerlei Bedeutung, sie hatte ihre Anweisungen und eine davon lautete, nicht mit Passanten zu sprechen. Ihr Mobiltelefon klingelte und routiniert zog sie das mit einigen Figuren behangene Gerät aus der Brusttasche ihres weißen Hemdes.
 

„Ja? ... ... Alles klar.“ Sie klappte das Telefon wieder zu und wandte sich den beiden Frauen auf der Bank zu. „Können wir?“
 

Die beiden Frauen sahen einander kurz an, nickte dann und standen auf.
 

„Alex.“, stellte sich die Frau mit den rot gelockten Haaren vor.
 

„Gabriele.“, tat es ihr die andere Frau gleich.
 

„Ich bin Yumi.“
 

„Wissen wir. Dein erster Auftrag?“, erkundigte sich Alex und übernahm damit die Führung in der Konversation.
 

„Eine rhetorische Frage, hm?“
 

Sie öffnete ihren Koffer, ging in die Knie und steckte die Einzelteile im Koffer zusammen. Als sie sich wieder aus der Hocke begab hatte sie die Teile zu einem Gewehr zusammengesteckt und rastete das Zielfernrohr oben auf ein. Mit der flachen Hand schlug sie unter das Gewehr und ein Standbein klappte hervor. Dieses stützte sie auf dem rostigen Geländer ab und legte ihr Auge am Fernrohr an.
 

„Behalte diesen Moment in guter Erinnerung.“, brach Alex die Stille, „Denn er wird für alle Zeit dir gehören. Für einen Augenblick wird dein Herz stehen, wird sich die Welt nicht drehen... und die ganze Welt wird dir gehören.“
 

Yumi erfasste ihre Zielperson mit dem Fernrohr. Unzählige Leben würden durch diese ein Kugel gerettet werden, noch sehr viel mehr würden dankbar für den Tod ihrer Zielperson sein. Sie zielte... sie drückte ab.
 

~~~

„Diese Worte die sie mir damals gesagt hat...“, begann Yumi wieder, „Sie wahren wahr. Für einen Augenblick schien es so als ob die ganze Welt still stünde und mir dieser Moment ganz allein gehören würde. Es war... einzigartig... und berauschend.“
 

„Mir ging es bei meinem ersten Mord nicht anders.“
 

„Ich dachte immer es wäre falsch zu töten... aber ehrlich gesagt... es war großartig“
 

„Du hast einen Diktator erschossen der ganzen Familien hat hinrichten lassen, bloß um andere zu einzuschüchtern. Jemand der Kinder öffentlich köpfen lässt hat es nicht besser verdient... es ist dein Recht dich dabei gut zu fühlen. Aber ich war... überrascht dich zu sehen. Seit der Schule habe ich dich nicht mehr gesehen und ich hätte nie gedacht dich beruflich wieder zu treffen. Das du dann auch noch uns zugeteilt wurdest... ich glaube da hat sich jemand einen Blick in die Akten erlaubt.“
 

„Ich fand es nicht unbedingt schlecht.“, gestand Yumi und musste ganz schmal lächeln, nicht nur weil ihre Gedanken an die gemeinsamen Schäferstunden abdrifteten.
 

Gabriele wischte sich den Schweiß von der Stirn. Nach wie vor war die Hitze unsäglich drückend und sie nippte an ihrem Getränk.
 

„Yumi... du bist seit zwei Jahren beurlaubt. Du hockst fast nur noch hier in deinem Haus... wann warst du das letzte Mal in der Zentrale? Um Alex Sachen abzuholen?“
 

„Ja.“, gestand sie tonlos.
 

„Versteh mich nicht falsch, wir alle brauchen unsere Zeit. Aber... es nimmt ungesunde Ausmaße an. Und das weißt du.“
 

Natürlich wusste sie es. Yumi war zwar schon immer ein wenig introvertiert gewesen, aber seit Alex Tod hatte sie das Haus kaum verlassen. Gabriele hatte Recht mit dem was sie sagte, dass wusste Yumi nur zu gut... und genauso wusste sie, dass auch sie der Verlust sehr schmerzte. Und dennoch schaffte es ihr Verstand nicht gegen ihr Herz zu siegen. Und wenn sie Gabriele nicht hätte... unvorstellbar. Sie war die einzige mit der Yumi vollkommen frei reden konnte, wenn sie es wollte. Sie war Schwester, Geliebte, beste Freundin und Kollegin in einem. Aber selbst sie vermochte es bisher nicht, Yumi aus ihrem Tief zu reißen.
 

„Vielleicht solltest du aufhören.“, meinte Gabriele nach einigen Minuten des Schweigens.
 

„Was?“
 

„Deinen Job...“ Eine der obersten Direktiven war es, niemals in öffentlichen Plätzen zu erwähnen das sie Agentinnen waren. Denn überall konnte Wanzen oder andere Abhörmittel angebracht sein, und Geheimnisse waren das wertvollste Gut in diesem Beruf. „Fang ein normales Leben an... fang noch mal von vorne an! Du wolltest doch immer eine Buchhandlung haben. Du weißt genau unser Chef wird bis an dein Lebensende für dich zahlen, egal was passiert.“
 

„Ein ganz normales Leben... der Gedanke kam mir auch schon. Aber ich... ich will es nicht. Ich war so wenige Jahre im Dienst, ich...“
 

„Drauf geschissen. Das Risiko geht der Chef mit jedem von uns ein. Wir könnten nach einem Auftrag sagen wir wollen nicht mehr und es gäbe keine Probleme. Deine Ethik in allen Ehren... aber machen wir uns nichts vor – du bist in keiner Verfassung Menschen zu töten. Und ich habe ehrlich gesagt Zweifel daran, dass du jemals wieder soweit sein wirst... zumindest von deinem aktuellen Standpunkt aus. Nur... ich will das du endlich mal wieder lachst.“
 

Yumi schloss die Augen und dachte an das letzte Mal, dass sie gelacht hatte...
 

~~~

Es war ein überaus windiger Herbsttag, an dem der blaue Kleinwagen über die Autobahn fuhr. Aber der Wagen lag ruhig auf der Straße. Kein Wunder, immerhin hatte er eine erfahrene Fahrerin.
 

„Wir liegen ganz gut in der Zeit...“, murmelte Yumi auf dem Beifahrersitz und las sich, nun schon zum dritten Mal, die Route durch.
 

„Natürlich tun wir das.“, antwortete Alex, welche hinter dem Steuer saß, „Wenn ich sage das wir pünktlich sind, dann werden wir es auch sein.“
 

Mit heulendem Motor kam ein Motorrad von hinten angerauscht, schwenkte aus und zog mit ihnen gleich. Die offensichtlich weibliche Fahrerin sah zu ihnen herüber und winkte kurz, woraufhin Alex und Yumi den Gruß erwiderten. Als wäre das ein Zeichen legte die Fahrerin wieder beide Hände an den Lenker und zog drehte den Griff bis zum Anschlag durch, was sie binnen weniger Sekunden am Auto passieren und nur wenige Momente später aus dem Sichtfeld der zwei Insassen rasen lies.
 

„Irgendwann wird sie mit dem Ding umkommen.“, seufzte Alex und schüttelte den Kopf.
 

„Ach Unsinn. Sie hat die Nummer in New York mit ihrem Motorrad geschafft...“
 

„Da hat der Wind geholfen! Den Sprung hätte sie nie im Leben geschafft.. glaub mir, ich habe es nachgerechnet.“
 

Yumi kicherte. Alex hatte eine freundliche und lustige Art aufbrausend zu sein, zumindest wenn man nicht selbst die Person war, über die sie sich gerade aufregte. Plötzlich gab es einen lauten Knall und für einen Augenblick, so schien es, bestand die Welt nur aus Krach und Dunkelheit. Spätere Untersuchungen würden zeigen, dass ein Sprengsatz fest in die Fahrbahn installiert worden war und direkt unter ihrem Wagen explodiert ist. Spätere Untersuchungen würden zeigen, dass sie nichts hätten machen können, um diesem Anschlag zu entgehen...
 

Als Yumi wieder zu such kam dröhnte ihr Kopf unglaublich, aber der Gurt hatte sie vermutlich vor dem Schlimmsten bewahrt. Der Wagen lag auf dem Dach und sie konnte Benzin, gemischt mit irgendetwas anderem riechen, was sie spontan nicht zuordnen konnte. Mit einer Hand stützte sie sich so gut sie konnte gegen das Dach, dann öffnet sie den Gurt. Vor ihren Augen verschwamm alles in einem beängstigend genauen Rhythmus, sie konnte ihren Puls in ihrem Hals und ihren Händen fühlen, gepaart mit einem brennenden Schmerz. Doch all das ignorierte sie, während sie sich durch das zerborstene Fenster zwängte um nach draußen zu gelangen.
 

Sie konnte eine Gestalt erkennen und schlagartig war sie wieder wach, denn diese Gestalt schleifte Alex hinter sich her. Binnen eines Lidschlags war Yumi wieder wach und zog ihre Pistole aus dem Holster unter ihrer Achsel hervor, überglücklich das dieser sie nicht im Stich gelassen hatte. All die äußeren Einflüsse ignorierend zielte sie kurz und schoss... und verfehlte nicht.
 

Begleitet von einem kleinen Spritzer Blut schoss die Kugel durch das linke Knie der komplett in schwarz gekleideten Person. Vor Schmerz ächzend und sichtlich überrascht lies der Unbekannte Alex los und Yumi drückte ein weiteres Mal ab. Dieses Mal jedoch spiegelten sich die körperlichen Beeinträchtigungen in ihrem Zielverhalten nieder – sie verfehlte.
 

„Du Schlampe...“, zischte der Mann, der sein Gesicht hinter einer Maske verbarg.
 

Fast blind zog Yumi den Abzug ihrer Waffe immer wieder nach hinten, bis diese nur noch ein beunruhigendes Klicken von sich gab. Am ganzen Leib zitternd lies sie die Waffe fallen und versuchte sich auf Alex zu fixieren, den niedergeschossenen Unbekannten vollkommen außer Acht lassend. Sie wusste nicht mit vielen Kugeln sie ihn getroffen hatte, aber es war ihr auch egal.
 

„Nicht... schlecht...“, drang dumpf an ihr Ohr.
 

Wie in Zeitlupe bewegte sich eine weitere Gestalt an ihr vorbei. Es war bloß ein Instinkt, aber sie umklammerte den Fuß der Person und schaffte es tatsächlich diese zu stoppen. Mit wenig Mühe wurde sie jedoch einfach abgeschüttelt und bekam zu alledem noch einen Tritt ins Gesicht. Der Fremde ging neben Alex in die Hocke und sah zu Yumi herüber, auch er trug eine Maske.
 

„Dabei warst DU doch gar nicht das Ziel.“, meinte er und deutete dabei auf Yumi.
 

Bevor sie noch irgendwie hätte reagieren können gab es einen weiteren, unglaublich lauten Knall und ihr Körper wurde von einer Druckwelle erfasst und wie ein Spielzeug durch die Luft geschleudert. Sie flog über Alex hinweg, überschlug sich einmal und landete auf dem Rücken. Innerlich war sie froh das sie ihren Körper ohnehin kaum spüren konnte, denn ansonsten wäre dieser Aufschlag mit Sicherheit sehr viel schmerzhafter gewesen. Aber nicht nur sie, auch der Maskierte war von der Druckwelle des hinter ihr explodierenden Autos mitgerissen worden. Und als ob es das Schicksal gut mit ihr meinte, hatte er seine Pistole fallen lassen.
 

Noch ein weiteres Mal fokussierte sie all ihre Kraft, ergriff die Pistole und zog ihren Arm nach oben. Der Unbekannte lag neben ihr und war noch benommen, es war ihre Chance. Den Rückstoß der Waffe spürte sie kaum, genauso wie der Schuss selbst von einem hohen Piepton überdeckt wurde. Aber sie traf – wieder und wieder, bis der Fremde sich nicht mehr regte und nur noch ein blutender Körper war.
 

Yumi hob ihren Kopf, zumindest so gut sie es konnte, und erstarrte innerlich. Dort wo Alex lag, lag nun ein großes, brennendes Trümmerstück auf ihrem Körper. Unweigerlich schossen ihr sofort die Tränen in die Augen, sie hätte aus Leibeskräften geschrien, wenn sie es konnte hätte. Doch im Moment war sie nicht mal in der Lage mehr als den Kopf zu heben. Alex war bewusstlos und bekam dadurch offensichtlich nicht mit, wie ihr Gesicht langsam in der Hitze zerschmolz. Sie lies die Waffe aus ihrer Hand gleiten... und schrie innerlich aus Leibeskräften.
 

~~~

Yumis Hände zitterten und umklammerten das Glas so fest sie konnte. Gabriele sah sie aus den Augenwinkeln heraus an, beobachtete wie sie versuchte ihre Fassung wieder zu finden. Schließlich wischte die Asiatin sich mit einem Handrücken über die Augen die Tränen weg zu wischen. Wann immer diese Bilder vor ihr inneres Auge traten, konnte sie nicht anders als zu weinen. Ihr Körper begann zu zittern, ihre Augen tränten... es war so als würde sie einfach für einen Augenblick jede Kontrolle verlieren.
 

Woher die Attentäter gekommen waren hatte man bis heute nicht rausgefunden. Sie selbst hatte auch angefangen von zu Hause im privaten Rahmen zu recherchieren, aber es war beinahe ein Ding der Möglichkeit trotz ihrer Ressourcen, überhaupt Anhaltspunkte zu finden. Der Unfall wurde, aufgrund der Brisanz, so gut wie vollkommen vertuscht. Und da zu dem Zeitpunkt kaum Autos auf der Straße waren, gab es ohnehin so gut wie kaum Zeugen die man dafür bezahlen musste, dass sie nichts gesehen hatten.
 

„Gehts?“, erkundigte sich Gabriele.
 

„Ja... geht schon. Es ist nur...“ Sie konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten und kniff die Augen zusammen. „Ich... ich sehe es immer noch vor mir. Ich liege dort, ich kann mich nicht bewegen und muss zusehen wie sie vor meinen Augen verbrennt. Ich... ich... ich...“
 

Gabriele stand auf, stellte das Glas auf dem Tischchen ab, setzte sich auf die Liege auf der Yumi saß und nahm sie in den Arm.
 

„Es ist schon gut...“, flüsterte sie und strich ihr über den Rücken.
 

Schon oft hatten sie so da gesessen. Vielleicht war Gabriele von Natur aus einfach stärker, vielleicht konnte sie sich mit dem Verlust einfach nur besser abfinden und vielleicht war sie den Verlust auch einfach nur schon so gewohnt. Was auch immer es war, Yumi hatte es nicht. Sie brauchte den Trost. Sie musste weinen.
 

„Warum...?“, schluchzte Yumi mit tränenerstickter Stimme.
 

„So ist nun mal unser Job.“ Die Frage hatte Yumi ihr schon oft gestellt, aber zum ersten Mal wusste Gabriele auch etwas darauf zu antworten. „Alex kannte das Risiko, genau so wie ich es kenne und du es kanntest. Wir wussten nicht was uns erwartet, aber wir wussten was uns erwarten könnte. Alex war bereit das Risiko einzugehen, genau wie wir beide und Unzählige andere auch. Wann immer wir schlafen müssen wir damit rechnen nicht mehr auf zu wachen. Wann immer wir etwas essen oder trinken besteht die Chance, dass uns jemand vergiften will. Jeder von uns riskiert da draußen jeden Tag seinen Kopf... und bei weitem nicht jeder ist Allein. Sie haben Familien, sie haben Kinder. Und jeden Tag willigen sie bei der Option ein, dass sie diese geliebten Personen nie wieder sehen. Bei Alex war es nicht anders. Aber dennoch tun wir was wir tun. Wir alle hatten die Wahl ob wir bereit sind das Risiko einzugehen oder nicht... und es ist das Leben das wir uns erwählt haben.“
 

Ja, genau so war es. Das Leben das man im Dienste einer Geheimorganisation führte hatte nichts mit James Bond oder anderen Filmen zu tun, die ein ähnliches Bild vermittelten. Sie hatten keine Laserwaffen oder Enterhaken im Manschettenknopf. Nein, sie stellten ihr Leben jeden Tag auf Messers Schneide, nur damit womöglich irgendeine terroristische Vereinigung keine Massenvernichtungswaffe in die Hände bekam. Ihr Leben hatte weder etwas mit schönen Hotels auf Spesenkonten zu tun, noch damit das sie die Welt retteten – im besten Falle schützten sie einen kleinen Teil von ihr, und dass auch nur für eine kurze Zeit. Denn die Bedrohungen kamen immer wieder und mit jedem Mal wurden sie gefährlicher. Nein... ihr Leben hatte nichts mit James Bond zu tun. Im Gegenteil.
 

Sie drückte Yumi noch ein wenig enger an sich. Irgendwann würde auch ihr Leid enden, da war sie sich sicher. Und bis dahin würde sie für sie da sein und sie im Arm halten...
 

Ende
 


 

[Nachwort: Ich hoffe die Story hat meinem Wichtel nun gefallen. Es war nicht ganz einfach die Hitzeelemente einzubringen, aber letzten Endes war die Hitze eben doch das Ding, was im Grunde ja für die ganze „Sache“ verantwortlich war. Wie gesagt hoffe ich das diese Story meinem Wichtel zusagt, Shoujo-Ai und Drama stand nicht an erster Stelle, aber es war das einzige was gepasst hat...]



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