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Brothers

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
So, da ich's doch noch geschafft hab, ein Kapitel fertig zu bekommen, gibt's diesen Sonntag auch eins.
:)
Ich hoffe, ich komme bald zum Weiterschreiben, aber im Moment sieht's leider eher mau aus.

Trotzdem auch dieses Mal: enjoy!

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Entscheidungen

Ryou, der schon den ganzen Vormittag, nachdem sein Vater ihn über Mokubas Anruf und die dadurch äußerst kurzfristig geänderte Tagesplanung informiert hatte, wie auf heißen Kohlen in seinem Zimmer saß, schreckte auf, als er die Schritte seines Vaters im Flur hörte. Im gleichen Atemzug verfluchte er sich selbst dafür, dass er seine Nervosität einfach nicht unter Kontrolle bekam. Aber, sinnierte er, nach dieser unerwarteten Überraschung musste ihm das wohl verziehen werden. Immerhin wusste er im Gegensatz zu seinem Vater ganz genau, dass Mokuba kein schlechter Schüler in Geschichte war. Es war also, wenigstens für ihn selbst, absolut offensichtlich, dass Mokubas Anruf am Morgen nur ein Vorwand gewesen war, um seinem Vater die Erlaubnis abzuluchsen, dass er heute das Haus würde verlassen dürfen.
 

Aber was in aller Welt bezweckte Mokuba damit? Ryou wusste es nicht und genau das war es, was ihn halb in den Wahnsinn trieb. Hatte Mokuba vielleicht jetzt endlich eine Entscheidung getroffen, wie es mit ihnen beiden weitergehen sollte? Oder brauchte er einfach nur jemanden zum Reden, weil er sich immer noch Sorgen um seinen Stiefbruder machte? Wusste er jetzt vielleicht, wann Ryuuji wieder nach Hause kommen würde, und brauchte deshalb Trost und Zuspruch? Wollte er sich ablenken und brauchte dafür Gesellschaft, die eben nicht sein großer Bruder war?
 

Ryou versuchte, nicht weiter darüber nachzudenken, was für einen Grund Mokuba wohl für seinen Anruf gehabt haben mochte, aber das wollte ihm einfach nicht gelingen. Der Weißhaarige seufzte abgrundtief. All die Fragen, die er sich eigentlich nicht stellen und die Gedanken, die er sich gar nicht machen wollte, würden ihn ganz sicher über kurz oder lang endgültig in den Wahnsinn treiben, davon war er felsenfest überzeugt. Und er konnte einfach nichts dagegen tun.
 

Hauptsache, Vater merkt nichts davon. Das wäre eindeutig das Schlimmste, was ihm passieren könnte. Wenn sein Vater jemals erfuhr, wie genau seine Gefühle für Mokuba aussahen, dann … Ryou wusste nicht genau, was sein Vater dann tun würde, aber er war sich absolut sicher, dass es nichts Gutes sein würde. Ganz und gar nicht. Sein Vater schätzte immerhin nichts, was sich seiner Kontrolle entzog. Und er hatte, das wusste Ryou durchaus, sehr genaue Vorstellungen davon, wie das Leben seines Sohnes – des einzigen, den er noch so bezeichnete; Bakura ›vergaß‹ er regelmäßig – auszusehen hatte. Dass ebendieser Sohn möglicherweise ganz andere Wünsche und Vorstellungen für seine Zukunft hatte, interessierte Kinoshita Satoru nicht.
 

Angestrengt lauschte Ryou, doch die Schritte seines Vaters kamen zu seiner Erleichterung nicht näher, sondern entfernten sich wieder. Unwillkürlich atmete der Fünfzehnjährige auf und schloss die Augen. Drei Jahre noch, rief er sich zum wiederholten Male in Erinnerung. Drei Jahre lang musste er noch durchhalten, musste noch der brave Sohn sein, den sein Vater in ihm sehen wollte. Aber wenn er erst achtzehn war, dann konnte sein Vater ihm endlich nicht mehr vorschreiben, was er zu sagen, zu tun, zu lassen und zu fühlen hatte. Mit achtzehn konnte er endlich er selbst sein. Ryou seufzte. Drei Jahre. Manchmal erschienen ihm diese drei Jahre wie eine unüberwindliche Ewigkeit, aber solche Gedanken schüttelte er immer schnell wieder ab. Wenn er sich verrückt machte, dann würde ihm die Zeit nur noch länger vorkommen, das wusste er aus leidvoller Erfahrung.
 

Um sich sowohl von seinen Fragen in Bezug auf Mokubas Anruf als auch von seinen Zukunftsplänen abzulenken, rappelte Ryou sich von seinem Bett auf und machte sich daran, sein Geschichtsbuch, Stifte und sein Geschichtsheft zusammenzupacken. Wenn Mokuba ihm schon eine glaubwürdige Ausrede für seinen Vater lieferte, dann sollte er selbst besser nichts tun, um dessen Misstrauen zu wecken. Immerhin brachte die beste Ausrede nur dann etwas, wenn er selbst auch mitzog. Er war zwar immer noch der schlechteste Lügner der Welt, wenn er aktiv lügen musste, aber der Lüge – oder vielmehr dem Schwindel – eines Anderen zuzustimmen war bei weitem nicht so problematisch für ihn.
 

Sobald er seine Sachen gepackt hatte, warf Ryou einen Blick auf seine Uhr und seufzte. Noch knapp zwei Stunden und er hatte absolut nichts mehr zu tun, womit er sich ablenken konnte. Allerdings wollte er seinem Vater jetzt lieber auch nicht unter die Augen treten, um nicht zu riskieren, dass dieser doch noch etwas merkte. Aus diesem Grund kramte Ryou nach kurzem Überlegen sein Englischheft heraus, das er zu dem Treffen mit Ryuuji mitgenommen hatte. Wie der Schwarzhaarige ganz richtig vermutet hatte, sinnierte Ryou, während er in dem Heft blätterte, hatte sein Vater am Abend nach seiner Heimkehr tatsächlich seinen ›Lernfortschritt‹ kontrolliert.
 

Wenn Ryuuji wieder da ist, sollte ich mich bei ihm bedanken. Offenbar, grübelte Ryou, während er auf Ryuujis Anmerkungen auf den Seiten starrte, ohne überhaupt etwas von dem Geschriebenen wirklich wahrzunehmen, hatte Ryuuji seinen Vater gleich auf Anhieb richtig eingeschätzt – und das schon bevor er auch nur ein einziges Wort mit ihm gewechselt hatte. Wahrscheinlich hat Kura ihm von Vater erzählt, vermutete er und nickte unbewusst, hielt dann jedoch inne, als ihm ein anderer Gedanke kam. Oder vielleicht hat Ryuuji auch einfach nur eine unheimlich gute Menschenkenntnis. Was es auch war, er selbst war Mokubas Stiefbruder eindeutig eine Menge schuldig. Aber darum, wie er für all das Wiedergutmachung leisten konnte, würde er nachdenken, wenn er erst mal wusste, wann genau Ryuuji wieder nach Hause kommen würde. Vorher machte das ohnehin keinen Sinn.
 

Ryou war so in seine Grübeleien vertieft, dass er vor Schreckt beinahe vom Bett gefallen wäre, als es an seiner Zimmertür klopfte. "J-Ja?", piepste er und verfluchte sich im gleichen Augenblick selbst dafür, dass ihm seine plötzlich wiederaufflammende Nervosität so deutlich anzuhören war. "Mokuba-kun ist da, Ryou", erklang die Stimme seines Vaters aus dem Flur und Ryou beeilte sich, aufzustehen, seine Tasche zu nehmen und seine Zimmertür zu öffnen, nachdem er sich mit einem Blick auf seine Uhr versichert hatte, dass er wirklich die letzten zwei Stunden damit verbracht hatte, Löcher in die Luft zu starren. Wie peinlich. Tatsächlich stand sein schwarzhaariger Freund bereits mit seinem Vater im Flur und unterhielt sich mit ihm, lächelte aber gleich in Ryous Richtung, was Ryou wieder einmal heftiges Herzklopfen bescherte. Da er das jedoch schon seit einer ganzen Weile gewöhnt war, beachtete er es nicht weiter.
 

"Noch mal danke, dass Ryou so kurzfristig zum Lernen vorbeikommen darf. Ohne ihn wäre ich bei der Klausur echt aufgeschmissen." Mokuba bedachte Kinoshita-san mit einem gewinnenden Lächeln und wandte sich dann zu dessen Sohn um. "Können wir?", wollte er wissen und Ryou nickte, denn er traute seiner Stimme im Moment nicht so recht über den Weg. Und auf gar keinen Fall wollte er riskieren, dass er sich jetzt noch selbst verriet und damit die Pläne, die Mokuba offenbar für den Nachmittag gemacht hatte, über den Haufen warf. Aus diesem Grund murmelte er nur eine kurze Verabschiedung in Richtung seines Vaters und verließ dann gemeinsam mit Mokuba das Haus.
 

Draußen vor dem Eingang wartete Isono-san bereits mit aufgespanntem Schirm auf den jüngeren Sohn seines Arbeitgebers und dessen Freund. So kamen die beiden Jungen wenigstens größtenteils trocken in die Limousine, obwohl es noch immer wie aus Kübeln schüttete. Und sobald Ryou es sich in den Polstern bequem gemacht hatte, grinste Mokuba ihn so breit an, dass sein weißhaariger Freund irritiert blinzelte. Was war denn jetzt los?
 

"Alles in Ordnung, Mokuba?", erkundigte Ryou sich zaghaft und Mokuba nickte heftig, ohne dass das Grinsen von seinen Lippen weichen wollte. "Mehr als in Ordnung", antwortete er und versuchte vergebens, nicht allzu sehr herumzuhibbeln, aber das gelang ihm nicht. "Ryuuji ist seit gestern wieder zu Hause", platzte er dann erst mal mit einer Entwarnung heraus. Sicher hatte Ryou vermutet, dass er selbst wieder etwas Trost brauchte, aber das war ja nun ganz und gar nicht der Grund, aus dem er selbst heute Morgen beim Frühstück den Plan gefasst hatte, Ryou zu sich einzuladen.
 

Ryou entging keineswegs die Erleichterung, die in der Stimme seines Freundes mitschwang, als er erzählte, dass sein Stiefbruder wieder da war. "Und wie geht es ihm?", fragte er und Mokubas Grinsen fiel kurz in sich zusammen. "Ganz gut", gab er zurück. "Jedenfalls definitiv nicht mehr so schlecht wie am letzten Sonntag." Die Erinnerung daran, wie nutzlos er sich gefühlt hatte, weil er Ryuuji einfach nicht hatte helfen können, war alles andere als angenehm, also schob Mokuba sie energisch beiseite. Damit hatte er Ryou und auch Yuugi nun weiß der Himmel oft genug die Ohren vollgejammert in der letzten Woche. Zeit, an etwas anderes zu denken.
 

"Aber deshalb hab ich eigentlich nicht angerufen." Bei diesen Worten kehrte das Grinsen auf Mokubas Lippen zurück und bekam etwas Schelmisches. Ryou schluckte hart und hoffte sehr, dass sein schwarzhaariger Freund davon nichts mitbekommen hatte. Mokuba war manchmal einfach so unglaublich wundervoll, dass er selbst hin und wieder das Gefühl hatte, irgendwann platzen zu müssen vor lauter Verliebtheit.
 

"Ich hab zu Hause eine Überraschung für dich." Mokuba kicherte, als er die Neugier in den dunkelbraunen Augen seines weißhaarigen Freundes aufflammen sah. "Aber ich verrate nichts, bis wir bei mir sind. Meine Lippen sind versiegelt, also frag gar nicht erst", warnte er Ryou und grinste wieder, als dieser ergeben seufzte. "Gut, dann werde ich mich wohl gedulden müssen", murmelte er und Mokuba nickte hektisch. Oh, er freute sich jetzt schon unsäglich auf Ryous Gesicht, wenn er seine Überraschung zu sehen bekommen würde!
 

"Musst du. Aber sie wird dir gefallen, das weiß ich. Ganz bestimmt", erwiderte Mokuba im Brustton der Überzeugung und Ryou verbiss sich ein schwärmerisches Seufzen. Das, was er sich im Moment wieder ganz besonders stark wünschte, würde wohl nicht in Erfüllung gehen. Jedenfalls nicht so bald. Aber er wollte Mokuba ganz sicher nicht die Stimmung verderben, indem er sich anmerken ließ, was ihm durch den Kopf ging. Dafür sah er den Schwarzhaarigen einfach viel zu gerne lächeln oder so strahlen, wie er es jetzt gerade tat.
 

"Wenn du das sagst, wird das wohl stimmen." Ryou lächelte leicht und Mokuba strahlte nur noch mehr. Oh ja, Ryou würde seine Überraschung lieben! Auf jeden Fall! Immerhin hing er doch sehr an seinem großen Bruder, den er jetzt schon seit Monaten nicht mehr gesehen hatte, weil sein Vater das immer wieder zu verhindern wusste. Davon, dass Ryou sich erst am Wochenende nach der Klassenfahrt mit Bakura getroffen hatte – und das auch noch mit Ryuujis Hilfe –, konnte Mokuba ja nichts wissen. Immerhin hatte sein Stiefbruder das absichtlich für sich behalten und auch Ryou hatte seinen beiden besten Freunden gegenüber kein Wort über das heimliche Treffen mit seinem großen Bruder verloren.
 

Das Halten der Limousine riss die beiden Fünfzehnjährigen aus ihren jeweiligen Gedanken. Sobald Isono die Tür geöffnet hatte, schnappte Mokuba sich Ryous Arm und zog ihn mit sich in die Villa hinein. Ryou schaffte es kaum, Mokubas Vater und seine Stiefmutter, die gemeinsam im Wohnzimmer saßen, zu begrüßen, da wurde er auch schon die Treppen nach oben geschleift. Mokuba konnte es einfach nicht mehr erwarten, Ryous erstauntes Gesicht zu sehen, wenn er begriff, was seine Überraschung war.
 

Obwohl er etwas Mühe hatte, mit Mokuba Schritt zu halten, beschwerte Ryou sich nicht. Dafür war er sich auch viel zu sehr der Nähe seines schwarzhaarigen Freundes bewusst. Immerhin hatte dieser ihn immer noch nicht losgelassen – fast so, als befürchtete er, Ryou würde ihm entwischen, wenn er ihn nicht mehr festhielt. Als ob ich das wollen würde! Beinahe hätte Ryou gelacht, aber das verkniff er sich lieber. Wie hätte das auch ausgesehen? Nein, einen derartigen Anfall von Heiterkeit konnte und wollte er Mokuba lieber nicht erklären müssen.
 

Etwas verwundert blinzelte Ryou, als Mokuba ihn an seinem Zimmer vorbeizog und stattdessen an dem Zimmer schräg gegenüber von seinem anhielt und dort an die Tür klopfte – das Zimmer, in dem, wie Ryou aus Mokubas Erzählungen wusste, Ryuuji seit der Hochzeit wohnte. Was in aller Welt konnte Mokuba jetzt ausgerechnet von Ryuuji wollen? Ryou konnte fühlen, wie seine Eifersucht wieder hochkochen wollte, aber er zwang sie unter Aufbietung all seiner Willenskraft wieder zurück. Wenn Mokuba ihn wegen einer Überraschung, die er für ihn hatte, zu Ryuuji schleifen musste, würde das schon irgendwie Sinn ergeben – auch wenn sich dieser Sinn für Ryou nicht so recht erschließen wollte. Was, bitteschön, hatte seine Überraschung mit Ryuuji zu tun?
 

oOo
 

"… und dann haben Max und ich …" Ein Klopfen an seiner Zimmertür unterbrach Ryuujis Erzählungen. Mit einem Schmunzeln auf den Lippen rappelte er sich von seinem Bett auf und ging zur Tür, um diese für seinen weiteren Besuch zu öffnen. Er konnte sich nur zu gut denken, wer da jetzt gerade vor der Tür stand. Und als er sie öffnete, stellte er fest, dass er sich nicht geirrt hatte. "Hey, ihr Zwei", begrüßte er seinen Stiefbruder und dessen Freund und bedeutete den beiden, einzutreten.
 

Ryou zögerte einen Moment, aber als Mokuba ihn schon wieder einfach mit sich zerrte, nachdem er seinen Stiefbruder breit und seltsam verschwörerisch angegrinst hatte – was hatte das denn jetzt bitteschön zu bedeuten? –, betrat auch er Ryuujis Zimmer. So ganz konnte er sich immer noch nicht erklären, was das hier eigentlich sollte, aber als sein Blick auf seinen großen Bruder fiel, der auf Ryuujis Couch saß und mindestens ebenso verdattert dreinblickte, wie er selbst sich fühlte, begann Ryou zu verstehen.
 

"I-Ist das meine Überraschung?", versicherte er sich dennoch bei Mokuba und als dieser grinsend nickte, während Ryuuji die Tür hinter ihnen beiden wieder zuschob, schluckte Ryou. Das war etwas, womit er ganz und gar nicht gerechnet hatte. Und Bakuras Blick nach zu urteilen, war er nicht der Einzige, der das nicht erwartet hatte. "Danke, Mokuba", nuschelte Ryou und setzte sich nach einem letzten Blick zu seinem schwarzhaarigen Freund, dem Ryuuji gerade einen Arm um die Schultern legte, zögerlich in Bewegung in Richtung der Couch.
 

"Hey, Kleiner", begrüßte Bakura seinen Bruder, nachdem er sich von seiner Überraschung erholt hatte. Dabei erschien auf seinen Lippen etwas, was sonst nur sehr wenige Menschen jemals zu sehen bekamen: ein sanftes, fast schon zärtliches Lächeln von der Art, wie er es nur für seinen jüngeren Bruder reserviert hatte. "Hallo, Kura", gab Ryou mit belegter Stimme zurück und quiekte im nächsten Moment erschrocken auf, als Bakura ihn einfach am Handgelenk fasste und zu sich zog. Und in dem Moment, in dem sich die Arme seines großen Bruders um ihn schlossen, schniefte Ryou und presste seine Augen fest zusammen. Er wollte jetzt ganz bestimmt nicht vor allen Anwesenden anfangen zu heulen, aber es war einfach zu schön, seinen Bruder so unerwartet wiederzusehen.
 

Bakura störte sich kein bisschen daran, dass sein kleiner Bruder vor Freude über das unerwartete Wiedersehen in sein Shirt flennte. Ja, es war vielleicht ein bisschen unangenehm, dass sie beide jetzt nicht alleine waren, aber hier im Raum war, außer Ryous Freund Mokuba, für ihn kein Fremder. Und wenn der kleine Kaiba das hier angeleiert hatte, dann war er wohl auch okay. Hatte Ryou ihm nicht erzählt, dass er total in Kaiba Junior verliebt war? Bakura warf einen Blick zu dem Freund seines kleinen Bruders, ohne diesen loszulassen. Der Knirps beobachtete Ryou und ihn und sah dabei so zufrieden über die gelungene Überraschung aus, dass Bakura nicht umhin kam, sich zu fragen, ob es wohl einen bestimmten Grund für diese Aktion seinerseits gegeben hatte. Hatte er Ryou einfach nur eine Freude machen wollen, weil sie nun mal befreundet waren, oder steckte vielleicht mehr dahinter? Das, beschloss Bakura für sich, würde er definitiv im Auge behalten.
 

"Wir stören doch nicht, oder?", fragte Mokuba sicherheitshalber nach, obwohl Bakura nicht den Eindruck machte, als ob er Ryou so bald wieder loslassen würde. Und auch Ryou, der sich schniefend an seinen großen Bruder klammerte, wirkte nicht, als würde er sich in näherer Zukunft wieder von ihm loseisen wollen. "Natürlich nicht", beantwortete Ryuuji die eigentlich vollkommen überflüssige Frage daher und zog Mokuba mit zum Bett, so dass er sich zu Katsuya und ihm hocken konnte. Der Blondschopf beobachtete Bakura und Ryou und auf seinen Lippen lag dabei ein Lächeln, das irgendwo zwischen glücklich und nostalgisch schwankte. Sobald sein bester Freund und dessen Begleiter sich jedoch zu ihm gesetzt hatten, riss er sich wieder zusammen, wuschelte dem Fünfzehnjährigen durch die schwarzen Haare und grinste ihn breit an.
 

"Das war echt ne gelungene Überraschung, Kleiner. Danke", fasste er in Worte, was Bakura sicher niemals über die Lippen bekommen würde, und sein Grinsen wurde noch eine Spur breiter, als Mokubas Wangen eine flammend rote Färbung annahmen. "Ich wollte Ryou bloß eine Freude machen", nuschelte er und strich sich verlegen durch die Haare. Dabei schielte er zu besagtem Freund hinüber, der sich inzwischen zwar neben seinen Bruder gehockt hatte, diesen aber offenbar immer noch nicht loszulassen gedachte. Der Anblick zauberte ein Lächeln auf Mokubas Lippen und ließ ihn die Peinlichkeit gleich wieder vergessen. Wenn Ryou sich so sehr über seine Überraschung freute, dann hatte sie ihren Zweck eindeutig erfüllt.
 

oOo
 

Die nächsten Stunden vergingen für die Fünf in Ryuujis Zimmer wie im Flug. Ryou und Mokuba erzählten abwechselnd, wie sie am Vortag ihrem Freund Yuugi einen Schubs in die richtige Richtung gegeben hatten, um ihn mit seiner Angebeteten verkuppeln zu können. Katsuya ließ ein paar Geschichten über ihre Lehrer und einige Mitschüler vom Stapel – wobei er sämtliche Interaktionen seinerseits mit Mokubas älterem Bruder geflissentlich aussparte – und Ryuuji steuerte ein paar Anekdoten von seinem Patenonkel und auch von seinem Vater bei. Dadurch, dass er so viel Besuch hatte, hatte er zu seiner Erleichterung gar keine Chance, wieder in seine Trauer abzurutschen. Das ließen Katsuya, Mokuba, Ryou und Bakura gar nicht zu.
 

Irgendwann klopfte es schließlich an seiner Zimmertür. "Come in", erlaubte Ryuuji mit deutlich hörbarem Amüsement in der Stimme und setzte sich aus seiner lümmelnden Position auf, als sein Stiefvater die Tür öffnete. "Möchtet ihr zum Abendessen bleiben?", bot er den Besuchern seines Stiefsohnes an und registrierte zu seiner Überraschung, dass auch Mokuba und sein Freund Ryou-kun bei Ryuuji im Zimmer saßen. Ganz offenbar hatten die Fünf sich eine Menge zu erzählen, denn sie wirkten auf Gozaburo regelrecht ausgelassen – jedenfalls wenn man mal von Bakura-kun, Ryou-kuns älterem Bruder absah. Er wirkte eher desinteressiert, aber, sinnierte Gozaburo, vielleicht täuschte er sich da auch.
 

"Wenn das wirklich keine Umstände macht …", murmelte Ryou, doch ehe sein Vater etwas dazu sagen konnte, hatte Mokuba auch schon den Kopf geschüttelt. "Ach Quatsch, gar nicht!", widersprach er und warf seinem Vater einen fragenden Blick zu. "Oder, Vater?", erkundigte er sich dann und Gozaburo gestattete sich ein Schmunzeln. "Selbstverständlich nicht. Sonst hätte ich das Angebot sicher nicht gemacht." Das war ja eigentlich logisch. "Ihr könnt dann so in einer halben Stunde nach unten kommen." Bis dahin, vermutete Gozaburo, würde Seto sicher auch wieder zu Hause sein. Er hatte sich bisher jedenfalls noch nicht gemeldet. Und das hätte er in jedem Fall getan, wenn er plante, das Abendessen ausfallen zu lassen.
 

"Das ist nett. Danke, Gozaburo." Ryuuji bedachte seinen Stiefvater mit einem Lächeln, das dieser noch kurz erwiderte, ehe er die Tür hinter sich zuzog und die fünf Jungs wieder sich selbst überließ. Mokuba blinzelte seinen Stiefbruder überrascht an, aber es war Katsuya, der die Verwunderung, die er ebenfalls fühlte, in Worte kleidete: "Du duzt Kaiba-san?", erkundigte er sich verdutzt und rieb sich nachdenklich das Kinn, als Ryuuji einfach nur nickte.
 

"Seit gestern, ja." Vor dem Gespräch, das Gozaburo und er geführt hatten, hatte er selbst seinen Stiefvater immer noch ›Gozaburo-san‹ genannt, aber gestern hatte dieser ihm das Du angeboten. Anfangs war es etwas seltsam für ihn gewesen, das konnte Ryuuji nicht leugnen. Am Vorabend beispielsweise war er immer wieder über die vertrauliche Anrede gestolpert, aber heute fiel es ihm schon deutlich leichter, seinen Stiefvater einfach nur mit seinem Namen anzusprechen. Und wenn er sich nicht komplett täuschte, dann hatte Gozaburo sich eben auch darüber gefreut.
 

"Wir haben uns gestern ziemlich lange und ausführlich unterhalten", erklärte Ryuuji mit einem Achselzucken. Worüber genau sie gesprochen hatten, behielt er jedoch für sich. Das war nichts, was er unbedingt vor so vielen neugierigen Ohren mit Katsuya besprechen wollte. Immerhin mussten gerade Mokuba und Ryou nicht unbedingt wissen, was für Themen sie angeschnitten hatten. Katsuya wirkte zwar mehr als neugierig, aber nach einem kurzen Seitenblick zu Mokuba sparte er sich sämtliche Nachfragen, was Ryuuji ziemlich erleichterte.
 

Auch Mokuba war die Neugier überdeutlich ins Gesicht geschrieben, aber er verkniff sich ebenfalls jegliche Nachfragen. Das konnte er auch später noch tun, wenn Ryou, Katsuya und Bakura erst mal wieder zu Hause waren. Dann hatte er immer noch genügend Zeit, Ryuuji ein paar Löcher in den Bauch zu fragen. Allerdings, das war Mokuba im Verlauf des Nachmittags klargeworden, gab es vorher noch etwas anderes zu klären. Kurz irrte sein Blick zu Ryou, der noch immer neben seinem großen Bruder saß und diesen gerade wieder einmal anstrahlte, weil Bakura ihm jetzt, wo sie wieder unter sich waren, erneut seinen Arm um die Schultern gelegt hatte. Der Anblick, den er heute schon mehrmals hatte sehen dürfen, löste in seinem Inneren Dinge aus, von denen er sich nicht sicher war, wie er sie in Worte fassen sollte. Mokubas Blick glitt weiter zu seinem Stiefbruder und er kaute nachdenklich auf seiner Unterlippe herum. Wäre Seto jetzt hier gewesen, dann hätte er ihn gefragt, aber vielleicht kannte Ryuuji sich auf diesem Gebiet besser aus als Seto.
 

"Kann ich dich mal kurz unter vier Augen sprechen, Ryuuji?" Die leise genuschelte Frage Mokubas ließ eine von Ryuujis Brauen in die Höhe wandern, aber er nickte trotzdem und rappelte sich von seinem Bett hoch. "Wir sind gleich wieder da", informierte er den Rest seiner Freunde und lotste Mokuba dann aus seinem Zimmer hinaus. Der Fünfzehnjährige schlug zielstrebig den Weg zu seinem eigenen Zimmer ein und schob dort die Tür hinter ihnen zu, sobald sie beide eingetreten waren. Dann lehnte er sich seufzend rücklings an seine Zimmertür, wagte aber nicht so recht, seinen Stiefbruder anzusehen. Gerade war es ihm noch wie eine gute Idee vorgekommen, mit Ryuuji zu sprechen, aber jetzt war er sich nicht mehr so sicher, ob er das wirklich tun sollte. Aber er konnte Ryou auch nicht ewig eine Antwort schuldig bleiben, oder? Das wäre absolut nicht fair Ryou gegenüber.
 

Ryuuji, dem Mokubas Blicke in Ryous Richtung während der letzten Stunden nicht entgangen waren, hatte eine ungefähre Vermutung, worüber der Junge mit ihm sprechen wollte. Allerdings schien er jetzt ein bisschen Angst vor seiner eigenen Courage zu haben. Höchste Zeit also, ihm ein bisschen unter die Arme zu greifen. "Du wolltest mit mir reden?", sprach er Mokuba an und der Junge seufzte abgrundtief, ehe er den Blick doch wieder hob, um seinen Gesprächspartner ansehen zu können. "Ja, ich …", setzte er an, brach ab und straffte sich erst mal. "Ich sollte mit Ryou reden. Über … über uns. Aber ich weiß nicht …"
 

"Du weißt nicht, ob Ryou für dich nur ein Freund ist oder doch mehr", beendete Ryuuji den Satz und Mokuba nickte zaghaft. Seine Wangen glühten und ein Teil von ihm wünschte sich jetzt gerade ans andere Ende der Welt – Gedanken, die Ryuuji ihm förmlich am Gesicht ablesen konnte. Der Kleine war aber auch wie ein offenes Buch. "Du magst ihn sehr, oder?", erkundigte er sich sanft, setzte sich auf Mokubas Bett und klopfte auf den freien Platz neben sich. Mokuba zögerte noch einen Moment, dann stieß er sich von der Tür ab, trat zum Bett und ließ sich neben Ryuuji sinken.
 

"J-Ja, schon, aber … Woher weiß ich denn, ob ich ihn nur wie einen Freund mag oder … mehr?", wollte er wissen und sah den Älteren mit einem Blick an, in dem Verwirrung, Hoffnung und auch ein kleines bisschen Angst lag. "Ich will Ryou nicht wehtun, indem ich ihm etwas Falsches sage, aber ich kann das auch nicht noch ewig vor mir herschieben. Das wäre Ryou gegenüber einfach unfair. Ich meine, er war so mutig und hat mir gestanden, dass er … dass er eben in mich … verliebt ist. Das war bestimmt nicht leicht für ihn, aber er hat es trotzdem getan. Und ich drücke mich die ganze Zeit vor einer Antwort."
 

"Du drückst dich nicht vor einer Antwort, Mokuba." Ryuuji strich dem Jungen über die Haare und bedachte ihn mit einem aufmunternden Lächeln. "Du nimmst dir die Zeit, die du brauchst, um dir ganz sicher zu sein. Das ist ein Unterschied. Und ich bin mir sicher, Ryou versteht das." Und ganz sicher wollte der Weißhaarige lieber dann eine Antwort, wenn Mokuba wirklich wusste, was er fühlte. Eine zu übereilte Antwort, auch wenn sie positiv ausfallen sollte, war wohl kaum in seinem Interesse, wenn Mokuba erst hinterher merkte, dass er die Gefühle, die Ryou für ihn hatte, eben doch nicht teilte.
 

"Aber kann es sein, dass dir heute etwas klargeworden ist?" Ryuujis sanfte Frage brachte Mokuba dazu, ihn doch wieder anzusehen. "Ich … bin mir nicht sicher. Vielleicht", nuschelte er und seufzte erneut. Wie sollte er denn bloß erklären, was mit ihm los war, wenn er keine Ahnung hatte, wie er das in Worte kleiden sollte? "Und jetzt bist du dir nicht sicher, ob du dich nicht vielleicht in etwas verrennst, einfach nur weil du Ryou nicht enttäuschen möchtest. Trifft es das so ungefähr?", hakte Ryuuji weiter nach und Mokuba schluckte.
 

"Woher … weißt du das?", fragte er leise und Ryuujis Lächeln vertiefte sich noch etwas. "Weil ich mich auch schon mal so gefühlt habe wie du jetzt, Mokuba", erklärte er. "Es kann ganz schön verwirrend sein, wenn man merkt, dass man jemanden, den man eigentlich schon seit einer Ewigkeit kennt, plötzlich mit ganz anderen Augen sieht. Und es ist ein bisschen beängstigend, oder?", murmelte er und Mokuba nickte nach kurzem Zögern. "I-Ich … ich mag es, wenn Ryou lächelt. Wenn er so strahlt wie vorhin, als Bakura ihn in den Arm genommen hat, dann …"
 

Etwas unschlüssig brach Mokuba ab und senkte seinen Blick auf seine Hände, die schon wieder begonnen hatten, vor lauter Nervosität mit seinem Shirtsaum zu spielen. "Dann wünschst du dir, dass er dich so anstrahlt, nicht wahr?", fasste Ryuuji in Worte, was Mokuba nicht über die Lippen brachte, und der Fünfzehnjährige schluckte hart, ehe er langsam nickte. Noch immer sah er nicht auf, denn er wollte nicht, dass Ryuuji merkte, dass inzwischen sein ganzes Gesicht glühte.
 

"Glückwunsch, Mokuba. Damit hast du deine Antwort gefunden." Ryuuji schmunzelte ein wenig. Ihm war nicht entgangen, dass Mokuba inzwischen knallrot war, aber er verkniff es sich, den Jungen damit zu aufzuziehen. Stattdessen legte er ihm einfach einen Arm um die Schultern und zog ihn so näher an sich. "Jetzt musst du nur noch mit Ryou sprechen. Aber davor musst du keine Angst haben, Mokuba. Immerhin weißt du ja, wie Ryou fühlt." Und der Weißhaarige wäre sicher außer sich vor Glück, wenn Mokuba wirklich den Mut aufbrachte, ihm zu sagen, dass es ihm genauso ging.
 

"A-Aber … Was, wenn …?" Mokuba brach ab, als ihm die Unsinnigkeit der Frage, die er gerade hatte stellen wollen, bewusst wurde. Er musste sich wohl wirklich keine Sorgen darüber machen, dass Ryou ihn für seine Gefühle ablehnte oder verurteilte. Immerhin war er schließlich derjenige gewesen, der zuerst seine eigenen Gefühle gestanden hatte. Da würde er sich doch sicher freuen zu hören, dass sie erwidert wurden, oder? "Aber wie soll ich ihm das denn sagen?"
 

"Am besten sagst du's ihm so, wie es ist", riet Ryuuji seinem Stiefbruder und drückte ihn noch mal kurz an sich, ehe er sich wieder von ihm löste. "Soll ich ihn zu dir rüberschicken?", bot er dann an und Mokuba biss sich kurz auf die Unterlippe, ehe er sich zu einem Nicken durchrang. Er hatte Ryou wirklich lange genug auf seine Antwort warten lassen. Es wurde wirklich höchste Zeit, dass er endlich all seinen Mut zusammennahm und Ryou sagte, was er selbst in seinem weißhaarigen Freund sah.
 

"Okay." Damit stand Ryuuji von Mokubas Bett auf, strich dem Jungen noch mal kurz über die Haare und ging dann zurück in sein Zimmer, wo ihn drei braune Augenpaare erwartungsvoll anblickten. Ryuuji schmunzelte kurz, dann wandte er sich an Ryou. "Mokuba würde gerne mit dir reden. Er wartet drüben in seinem Zimmer", teilte er ihm mit und Ryou konnte fühlen, wie sein Herz zu rasen begann und seine Handflächen feucht wurden. Ganz sicher hatte er hektische rote Flecken auf den Wangen, aber das war jetzt nicht so wichtig.
 

"Dann … gehe ich mal zu ihm", sagte er leise, löste sich von seinem großen Bruder und beeilte sich, Ryuujis Zimmer zu verlassen und die Tür hinter sich zuzuziehen. Dann atmete er mehrmals tief durch und machte sich auf den Weg zu Mokubas Zimmer, dessen Tür Ryuuji für ihn offengelassen hatte. Mit klopfendem Herzen betrat Ryou das Zimmer, schob die Tür hinter sich zu und räusperte sich dann erst einmal, damit seine Stimme ihn nicht im Stich ließ.
 

"Du wolltest mit mir reden?" Ryous leise Frage holte Mokuba wieder aus dem Gedankenkarussell, das sich seit Ryuujis Weggang unablässig gedreht hatte. "J-Ja, wollte ich", antwortete er leise und blickte zaghaft auf. Ryous Blick war ebenso vorsichtig, aber in den Tiefen der dunkelbraunen Augen lag auch ein unübersehbarer Hoffnungsschimmer – ein Hoffnungsschimmer, der Mokuba das, was er zu sagen hatte, zumindest ein bisschen erleichterte. Immerhin, da hatte Ryuuji ja durchaus Recht gehabt, wusste er ja, was Ryou für ihn empfand. Jetzt kam es nur noch darauf an, dass er selbst seinem weißhaarigen Freund sagte, wie es um seine eigenen Gefühle bestellt war.
 

Allerdings war das in der Theorie wesentlich leichter als in der Praxis. Mokuba klappte den Mund ein paar Mal auf und zu, aber er brachte einfach kein Wort über die Lippen und verfluchte sich innerlich selbst für seine Feigheit. Was genau sah Ryou bloß in ihm? Wieso hatte er sich ausgerechnet in ihn verliebt? Das verstand der Schwarzhaarige einfach nicht. Ryou war so ein toller Mensch, so ein wunderbarer Freund. Er hatte jemanden verdient, der sich nicht benahm wie der letzte Idiot, nur weil ihm eben – mit ein bisschen Hilfe – klargeworden war, dass er offenbar auch mehr als nur Freundschaft empfand.
 

"Mokuba?" Der Angesprochene schüttelte den Kopf und auf seinen Lippen erschien ein sehr verunglücktes Lächeln. "Ich verstehe einfach nicht, was du an mir findest, Ryou", gab er zu. "Ich bin ein Vollidiot. Ich meine, ich habe die ganze Zeit lang überhaupt nicht gemerkt, was mit dir los ist. Was für ein Freund bin ich denn, wenn ich nicht sehe, dass dich etwas beschäftigt?", nuschelte er und blinzelte irritiert, als Ryou auf diese Worte hin einfach nur lächelte. Seine Wangen zierte ein zarter Rotschimmer und Mokuba sah, dass Ryous Finger zitterten, aber trotzdem klang keine Spur Unsicherheit in seiner Stimme mit, als er antwortete.
 

"Ich wollte ja gar nicht, dass du etwas merkst." Verlegen strich Ryou sich eine weiße Strähne hinters Ohr. "Und du bist ein wundervoller Mensch, Mokuba, und ein toller Freund. Du bist immer für Yuugi und mich da, wenn wir dich brauchen." Wie hätte er selbst sich da nicht in Mokuba verlieben können? "Eigentlich dachte ich auch immer, dass es mir reicht, nur mit dir befreundet zu sein, aber dann hast du Ryuuji kennengelernt und … Ihr habt euch so gut verstanden und ich war so eifersüchtig, dass ich etwas sehr Dummes getan habe. Und das tut mir wirklich leid, Mokuba. Ich wollte eigentlich nicht, dass du davon erfährst, was ich fühle. Und schon gar nicht so." Obwohl er den Kuss immer noch nicht wirklich bereute. Aber das, das schwor Ryou sich, würde er lieber für sich behalten.
 

"Mir tut es auch leid." Mokuba hob die Hand, ehe Ryou etwas dazu sagen konnte. "Nicht, dass ich jetzt weiß, wie du fühlst, sondern nur, dass ich dir immer wieder wehgetan habe, ohne dass ich das eigentlich wollte." Immerhin hatte Ryou ihm ja selbst gesagt, dass er wegen Ryuuji ganz furchtbar eifersüchtig gewesen war. Aber dafür gab es nun wirklich keinen Grund. Mokuba seufzte innerlich. Jedenfalls ganz bestimmt nicht mehr. Ryuuji war jetzt sein Bruder, aber mehr nicht. Aber wie sollte er Ryou das klarmachen? Und würde Ryou ihm das auch glauben?
 

Nun, sinnierte Mokuba, es gab wohl nur eine Möglichkeit, das herauszufinden. Also stand er auf und trat näher zu Ryou, dessen Wangen gleich ein noch tieferes Rot annahmen. "Es tut mir leid, dass du so lange warten musstest", murmelte Mokuba mit belegter Stimme. Sein Herz klopfte zum Zerspringen, aber als er Ryou in die Augen sah, war alles plötzlich sehr viel einfacher, als er eine Minute zuvor noch gedacht hatte. Mit neugewonnener Sicherheit griff er nach Ryous Hand und lächelte, als er fühlte, wie Ryou seine Finger mit seinen eigenen verschränkte.
 

"Das muss dir nicht leidtun, Mokuba." Ryou lächelte ebenfalls. Mokubas Hand in seiner fühlte sich so gut, so richtig an. Auf diesen Moment hätte er auch noch sehr, sehr viel länger gewartet, wenn es nötig gewesen wäre. "Ganz und gar nicht." Wichtig war doch nur, dass Mokuba sich jetzt entschieden hatte – und zwar für ihn, wenn Ryou den Druck von Mokubas Fingern richtig interpretierte. Und als Mokuba noch einen halben Schritt nähertrat und, nach kurzem Zögern, seine Lippen vorsichtig auf Ryous legte, war sich der Weißhaarige sicher, dass er darauf auch bis ans Ende der Zeit hätte warten können.


Nachwort zu diesem Kapitel:
So, das war's dann auch schon wieder fürs Erste. Dieses Mal mit extra Zucker, Sahnehäubchen, Kirschen und Streuseln drauf.
:D
Ich konnte die beiden einfach nicht nochlänger warten lassen. Ryou hat lange genug gelitten, meint ihr nicht auch?
;)

Würde mich wie immer freuen, wenn ihr mir was dalassen würdet.
:)

Man liest sich (hoffentlich bald wieder)!

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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  DuchessOfBoredom
2021-09-22T20:00:35+00:00 22.09.2021 22:00
So, hier bin ich, wie versprochen, mit meinem leicht verspäteten Kommentar 😜

Ich bin bei AU-Stories ja immer ein bisschen vorsichtig und bin darum echt lange um "Brothers" drumrum getänzelt, aber da ich deine anderen YGO-Fics liebe und "neuen" Stoff brauchte, dachte ich mir dann vor einiger Zeit: "Es ist von Karma, es kann eigentlich nur gut sein!" und habe losgelesen. Und was soll ich sagen, natürlich hat sich das bewahrheitet. :)
Klar musste man sich – wie es nun mal bei AUs ist – auf die vielen und leicht anderen Konstellationen erstmal einlassen und auch den Realismus ein bisschen außen vor lassen, aber sobald man das tut, wird man hier wirklich reich beschenkt!

Seit du mich zum Mastershipping "konvertiert" hast, bin ich da natürlich sowieso direkt dabei gewesen und auch die anderen Pairings und zwischenmenschlichen Beziehungen gefallen mir richtig, richtig gut. Ich fiebere wirklich mit jedem Charakter irgendwie mit, selbst wenn ich sonst nicht so ein Riesenfan z.B. von Marik oder Yami bin, und gerade dieses Kapitel mit Mokuba und Ryou war wirklich eine lang ersehnte Erlösung und Beglückung! 😍

Und die Spannung zwischen Ryuuji und Seto killt mich natürlich einfach. Ich habe schon sehr oft dagesessen, mir fast die Haare gerauft und gedacht "Mein Gott, jetzt sagt es doch einfach mal, redet miteinander!". Und es waren auch schon so viele tolle Szenen dabei (mir ist besonders die nach dem Schwimmen im Gedächtnis geblieben, wo sie auf der Couch sitzen und Seto mit Ryuujis Haaren spielt 😍) und natürlich hoffe ich sehnlichst darauf, dass auch die beiden sich endlich mal hinsetzen und sich aussprechen ... und dann mal weitersehen 😁 Durch die Gewissermaßen-Bruder-Komponente ist ja auch dann noch eine Menge Potential für Schwierigkeiten da, also langweilig wird es so schnell nicht.

Jedenfalls, danke für alle bisherigen Kapitel und ich freue mich wirklich sehr auf die Fortsetzung, wann immer sie kommen mag ❤️

LG
DuchessOfBoredom
Antwort von: Karma
22.09.2021 23:41
Hallöchen!

Freut mich, dass dich die Neugier dich hergetrieben und dass dich das AU nicht abgeschreckt hat.

Ja, die beiden machen sich hier selbst und auch gegenseitig ganz schön das Leben schwer. Und ich fürchte, das wird auch noch ein Weilchen so weitergehen. Grobe Pläne hab ich schon, aber im Moment fehlt mir neben der Inspiration (ich stecke gerade fest im nächsten Kapitel und komme einfach nicht weiter 😵) vor allem auch die Zeit. Immer, wenn ich weiterschreiben will, kommt irgendwas Unaufschiebbares dazwischen. Ich hoffe, zum Herbst/Winter hin wird's endlich wieder besser. Ich vermisse die Bande regelrecht, auch wenn die Jungs mich gerne in den Wahnsinn treiben.
😅

Ich drücke dir und mir die Daumen, dass ich bald endlich mal wieder neuen Lesestoff hochladen kann.
Antwort von:  DuchessOfBoredom
23.09.2021 21:58
Oh ja, das kenne ich! Das habe ich gerade so ähnlich bei meinem "CGPP" - dem "Common-Ground-Prokrastinations-Projekt" XD Da hab ich einen super Anfang und ein super Ende schon fertig geschrieben, einen soliden Start für die Mitte, aber da hänge ich dann an so einem toten Punkt, an dem ich einfach keine Ahnung hab, wie ich den Plot in Richtung Ende rumreißen soll. ^^°

Naja, ich drücke jedenfalls ganz fest die Daumen, dass dich noch die Muse küsst und du eine Lösung findest – und natürlich, dass du wie erhofft die Zeit findest weiter zu machen! :)
Freue mich auf alles aus deiner Feder! <3
Von:  night-blue-dragon
2020-03-16T10:10:25+00:00 16.03.2020 11:10
Hi,

wenigstens einer hat den Mut gefunden. Ich musste die ganze Zeit über grinsen, mein Mann hat mich schon komisch angesehen.^^
Wirklich ein zuckersüßes Kapitel. Wenn Ryo sich bedanken will, wird er sich vielleicht mit Seto unterhalten, wegen Ryuuji, das schoss mir jedenfalls spontan durch den Kopf.

Ich drück die Daumen, dass du schnell weiterschreiben kannst. Hab mich so an das wöchentliche lesen neuer Kapitel gewöhnt.^^

glg

night-blue-dragon
Antwort von: Karma
16.03.2020 21:09
Hi!
*wink*

Ja, ich hatte an dem Kapitel auch meinen Spaß, das muss ich gestehen.
:)
Ryou und Mokuba sind einfach nur niedlich und haben sich definitiv verdient.
<3

Hm, was Ryou tut, um sich zu bedanken, ist eine gute Frage. Im Moment kann ich das noch nicht sagen; derzeit hab ich andere Pläne. Ich glaub aber ehrlich gesagt nicht, dass es am nächsten Sonntag schon das nächste Kapitel gibt; diese Woche wird extrem stressig und vor Sonntag hab ich wahrscheinlich überhaupt keine Zeit zum Weiterschreiben - wenn ich da überhaupt dazu komme.
@___@
Aber ich hoffe trotzdem einfach mal das Beste.

Danke für den Kommentar!

Karma
Von:  Soichiro
2020-03-15T20:30:11+00:00 15.03.2020 21:30
Ich könnte quietschen vor Freude xD
Ist das ein süßes Ende <3
Das hat sich Ryou aber auch wirklich verdient! Ich hab so mit ihm mitgelitten!
Bin gerade so froh, dass der Nachmittag bei Mokuba endlich für Klarheit gesorgt hat!
Die Zwei sind echt Zucker *~*

Und ich gebe es zu, ich bin auch schon wieder vor Freude durchgedreht als Bakura und Ryou aufeinander getroffen sind!
Die Zwei tun mir so schrecklich leid. Und es berührt mich jedes Mal, wenn ich dann lese, wie sehr sie sich übereinander freuen <3
Ich hoffe natürlich, dass Bakura es nun auch mit Fassung tragen wird, dass jetzt auch ein zweiter Mann eine wichtige Rolle für seinen Bruder spielt xD

Dass Katsuya und Mokuba so überrascht darüber waren, dass Ryuuji nun Du zu seinem Stiefvater sagt, ließ mich direkt grinsen. Aber wirklich schön, dass das Gespräch Gozaburo und seinen Stiefsohn nähergebracht hat :)
Antwort von: Karma
15.03.2020 21:44
*tihihi*
Genau auf so eine Reaktion hatte ich gehofft.
<3
Und ich muss gestehen, ich hab selbst auch immer wieder schwärmerisch vor mich hin geseufzt beim Schreiben des letzten Teils. Ich hatte kurzzeitig überlegt, den Kuss wieder rauszunehmen, aber ich bin froh, dass ich ihn doch drin gelassen hab.
^____^
Und du hast Recht, Ryou und Mokuba sind einfach nur süß zusammen. Ich mag die beiden als Pair generell sehr gerne und hier hat's mir eine Menge Spaß gemacht, endlich Nägel mit Köpfen zu machen.
:D

Hach ja, Bakura und Ryou ... Die beiden tun mir auch leid. Und jedes Mal, wenn ich über Satoru schreibe, könnte ich ihn in der Luft zerreißen dafür, was er seinen Söhnen antut. Echt, ich kann den Kerl so was von nicht ausstehen, das ist echt schon nicht mehr feierlich.
>___<
Und dabei ist das mein eigener Charakter.
^^°
Aber manche Leute müssen einfach hassenswert sein. Und Satoru ist es definitiv.

Ja, das Gespräch, das Gozaburo und Ryuuji geführt haben, hat die beiden wirklich ein ganzes Stück näher zusammengebracht. Ich freu mich schon auf Setos Reaktion, wenn er das mitkriegt.
*kicher*

Danke für deinen Kommentar und bis zum nächsten Mal!

Karma


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