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Siegel der Schatten

von

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Verdacht

21. Verdacht
 

Ihre Begegnung mit den Todessern in Dartford war für Yami und Yuugi die erste, aber es blieb bei Weitem nicht die Letzte. Bakura hatte bei seinen Nachforschungen von dem Treffen der Todesser am Wochenende erfahren, war jedoch nicht in der Lage gewesen, auch den Ort herauszufinden. Und die Magie Voldemorts schien selbst den Schwächsten seiner Anhänger ausreichend zu schützen, so dass eine Verfolgung unmöglich gewesen war. Erst diese Tatsache hatte Bakura widerwilligen Respekt vor der so fremden und teilweise wesentlich schwächeren Magie beigebracht. Mit Odions Hilfe hatte er die wenigen Todesser aufgesucht, die sie bisher kannten, doch keiner von ihnen hatte an dem Treffen teilgenommen, da sie allesamt nur zum äußeren Kreis gehörten. Also hatte Bakura beschlossen, größere Fische zu jagen und dabei hatte er widerwillig auch Yamis und Yuugis Teilnahme akzeptiert. Marik hatte seinen Geliebten schon in der vorrangegangenen Nacht begleitet, denn da die Entfernung zwischen Kairo und London wesentlich kürzer war, als zwischen der ägyptischen Hauptstadt und Domino, waren die beiden Männer mit Mariks Milleniumsauge und Ryous Milleniumsring allein in der Lage zu dem jeweils anderen zu gelangen.
 

Leider erwischten sie bei diesem ersten Einsatz zu viert auch nur niedrige Mitglieder Voldemorts und das setzte sich zur Frustration aller Beteiligten auch in den nächsten Nächten fort. Bakura war nur noch schwer durch Ryou und Yami zu zügeln und Marik verlor ebenfalls langsam die Geduld. Wie groß war diese Todesser-Organisation, dass sie bei all ihren Versuchen immer nur Leute fanden, die keinen blassen Schimmer hatten, was beim letzten Treffen beschlossen wurde? Das einzige Ergebnis nach fünf Nächten ununterbrochener Suche war, dass die Schattenmagier wussten, das Voldemort eine größere Anzahl seiner fähigsten Leute durch seine treueste Anhängerin Bellatrix Lestrange auswählen ließ. Warum, blieb weiter ungewiss und langsam verzweifelten auch Yami und Yuugi.
 

Da war dieses unbestimmte Gefühl einer großen Bedrohung und sie alle vier ahnten, dass es etwas mit ihnen zu tun hatte. Besonders Yuugi schreckte immer wieder vor Angst aus dem Schlaf und wusste dennoch nicht, was da auf sie zukam. Er befürchtete nur, dass es etwas war, was selbst Yami und ihm gefährlich werden konnte, denn dass Voldemort nicht nur ein fröhliches Halloween-Picknick plante, war gewiss.
 

Doch ihre nächtlichen Ausflüge hatten auch positive Seiten, denn immer wieder trafen die vier Magier auf Mitglieder des Zaubereiministeriums. Es wurde zwar von Mal zu mal schwieriger, Bakura daran zu hindern aus Frustration über die andauernden Misserfolge bei ihrer Suche nach Antworten, die Auroren anzugreifen, doch immerhin hatten die Zauberer und Hexen so Gelegenheit, sich allmählich an die für sie so fremde Macht zu gewöhnen. Yami und Yuugi war die Anwesenheit von Remus Lupin und den Weasley-Zwillingen Fred und George bei ihrem ersten Kampf nicht verborgen geblieben und auch in den folgenden Nächten hatten sie ab und an Professoren aus Hogwarts wie Minerva McGonagall oder Severus Snape gesehen. Aber erst das Gespräch der Professorin für Verwandlung mit Albus Dumbledore, welches sie eher zufällig belauscht hatten, zeigte Yami und seinem anderen Ich, dass zumindest einige Zauberer zu verstehen begannen.
 

McGonagall hatte Dumbledore von der Verhaftung dreier Todesser am vergangenen Abend berichtet und auch nicht verschwiegen, dass – wie schon die Tage zuvor – vier Fremde vor den Auroren das Muggeldorf erreicht, die Todesser an der Folter der unschuldigen Nichtmagier gehindert und befragt hatten. Sie hatte von der fremden, düsteren Macht berichtet und davon, dass die Auroren diese Magie fürchteten, weil sie stablos und dennoch scheinbar unglaublich effektiv war. Im Ministerium war eine hektische Suche in allen möglichen Büchern und Schriftrollen nach dem Ursprung dieser Magie ausgebrochen, doch Dumbledore bestätigte McGonagalls Vermutungen nur, dass bisher niemand wusste, woher die fremden Zauberer kamen und welcher Macht sie sich bedienten. McGonagall schien dem Schulleiter auch nichts neues zu berichten, als sie von der Angst der Auroren beim Gedanken an die befehlenden, purpurroten Augen des fremden Zauberers mit dem Namen „Pharao“ erzählte. Es war ein offenes Geheimnis, dass die Hälfte der Zauberer und Hexen im Ministerium glaubten, Voldemorts Sohn oder Nachfolger wäre nun aufgetaucht, während die restlichen nur vermuteten, die Augen wären der Preis für diese große Machtfülle – ähnlich wie beim dunklen Lord auch. Einig waren sich jedoch alle darin, dass die Rettung der Muggel doch wohl nur ein Trick sein könne. Wesen mit so dunkler Magie konnten doch nicht gut sein, oder? Und waren ihre verhüllten Gesichter und die Tatsache, dass sie so plötzlich aufgetaucht waren wie seinerzeit Voldemort nicht ein weiterer Beweis dafür, dass die Fremden nur böse sein konnten. Sie würden ihre wahren Absichten schon noch offenbaren – zum Leid aller Bewohner der magischen Welt.
 

Das war die allgemeine Meinung und diese hatten Yami und Yuugi nur zu deutlich bei ihren nächtlichen Ausflügen zu spüren bekommen. Auch Marik, Ryou und Odion berichteten ähnliches. Die Zauberer fluchten erst und fragten danach. Sie waren einfach nicht in der Lage zu erkennen, dass die vier Magier ihre Schattenmagie nicht gegen die Menschen richteten und nur zu ihrer eigenen Sicherheit ihre Identität geheim hielten.
 

Doch dann berichtete McGonagall davon, dass in den Reihen der Auroren langsam Stimmen laut wurden, die zweifelten, dass die vier Fremden wirklich Feinde waren. Niemand war bisher durch die fremde Magie verletzt worden – im Gegenteil. Ohne die Fremden wären schon viele Muggel gestorben und nur weil die Magie anders und unbekannt war, musste sie noch nicht böse sein. Dumbledore seufzte bei dieser Nachricht erleichtert auf und meinte nachdenklich, dass nun vielleicht endlich etwas passierte, was die Engstirnigkeit der Zauberer im Ministerium zurück drängte.
 

Yami und Yuugi hatten sich bei diesen Worten nur erleichtert ansehen können. Das bedeutete nicht nur, dass das Ministerium sich langsam für etwas Neues öffnete und bereit war, zumindest zuerst nach dem Was und Warum zu fragen, bevor der Kampf begann. Es bedeutete auch, dass Dumbledore und seine Verbündeten wesentlich schneller ihre Scheu vor den Schatten verloren hatten, als Yami und Yuugi gehofft hatten. Die Riege dieser mächtigen Zauberer war in der Lage, hinter die Dinge zu sehen, wenn es nötig wurde und die Wahrheit intuitiv zu akzeptieren. Sie waren nicht in alten Traditionen und überlieferter Furcht gefangen und konnten Neues und Unbekanntes kennen lernen und annehmen. Vielleicht würden sie sogar schon jetzt die Wahrheit über Yami und Yuugi sowie das Reich der Schatten verstehen und akzeptieren.
 

Angesichts der unbekannten Bedrohung durch Voldemort war das nicht einmal schlecht, denn wer wusste, was geschah, wenn der dunkle Lord tat, was auch immer er plante. Vielleicht hatten sie die Hilfe der Zauberer schon bald nötig und da war es besser, wenn sie Verbündete kannten, die zumindest bereit waren zuerst zuzuhören, bevor sie einen Fluch sandten.
 

Dennoch waren der ehemalige Pharao und sein Seelenpartner jetzt noch nicht bereit, ihre Geheimnisse preiszugeben. Noch war es nicht lebensnotwendig. Und deshalb waren beide auch froh, dass sie bei ihrer ersten Begegnung mit den Todessern in diesem kleinen Vorort von London alle unwillkürlich in ihre alte Verhaltensweise zurück gefallen waren – sich gegenseitig zu streiten und mit Worten zu ärgern, wenn gerade keine Zeit für ein Schattenspiel war. Denn so kannten die Auroren und Dumbledores Leute nur ihre Spitznamen, die zwar schon mehr verrieten, als eigentlich gut war, aber dennoch ausreichend zur Wahrung der wichtigsten Geheimnisse waren. Yami und Yuugi hatten ehrlich gesagt nicht mit dem so schnellen Erscheinen der Auroren gerechnet und schon gar nicht damit, dass sie die Zauberer dann nicht bemerken würden. Doch genau das war geschehen und das war wiedereinmal ein Beweis für die Überlegenheit dieser Magie in manchen Belangen. Weder sie noch Bakura oder Marik hatten sich ausgemacht, Decknamen zu benutzen. Sie hatten ihre Gesichter verborgen, weil es nachweislich sehr schwierig war, Gesichter aus den Erinnerungen anderer Menschen zu löschen. Dazu war nur Seto mittels seines Milleniumsstabes in der Lage, indem er in den Geist anderer Personen eingriff. Doch der CEO war momentan in Japan unabkömmlich und so wussten die vier Magier von vornherein, dass sie die Erinnerungen eventueller Zeugen nur mit den Karten löschen konnten. Namen, Gespräche und andere Kleinigkeiten waren einfach, aber Gesichter waren unmöglich vollständig zu eliminieren. Also hatten sie sich mit den Schatten getarnt und Kapuzen getragen, im Vertrauen darauf, dass sie Zeit haben würden, die Menschen und auch die befragten Todesser hinterher zu beeinflussen. Aber es war anders gekommen.
 

Remus Lupin und seine Freunde aus dem Ministerium waren viel zu schnell und unbemerkt angekommen und hatten einen Teil ihrer Gespräche mithören können. Wie verhängnisvoll wäre es gewesen, wenn sie sich mit ihren Namen angesprochen hätten. Doch Yamis und Bakuras Angewohnheit, sich nur mit beleidigenden Spitznamen anzusprechen, hatte mit der Zeit auch auf ihre Seelenpartner Yuugi und Ryou sowie auf Marik abgefärbt – besonders in angespannten Situationen. Wo Yuugi seine zweite Hälfte stolz und voller Achtung „mein Pharao“ nannte, war das für Bakura nur eine weitere Beleidigung in seiner langen Reihe von abfälligen Spitznamen für den ehemals verhassten und nun geradeso geduldeten Feind. Yuugi konnte sich stundenlang über den Minipharao aufregen – wo er doch schon lange nicht mehr kleiner war als Yamis Geistergestalt in früheren Zeiten. Marik war und blieb der Grabwächter, was teilweise achtungsvoll und teilweise beleidigend gemeint war. Und Yami sprach Bakura selten anders als mit Grabräuber oder Grabschänder an. Diese Namen verrieten viel von der Vergangenheit und besonders der „Pharao“ war verräterisch, doch die Zauberer hier in England konnten damit scheinbar wenig anfangen und so hatten sie nun zwar vier Namen für die vier Fremden, wussten dennoch aber nicht mehr als zuvor.
 

Den zweiten, weit verräterischeren, Aspekt hatten sie wohlweißlich schon vorher geklärt: Die Sprache! Das plötzliche Auftauchen von Magiern mit fremder Magie und Namen die einen Hang zum Ägyptischen hatten, war schon verdächtig, hätten sie aber noch japanisch oder schlimmer noch altägyptisch gesprochen, wäre zumindest den Professoren aus Hogwarts die korrekte Schlussfolgerung nicht schwer gefallen. So hatten sie jedoch von Anfang an in englisch gesprochen. Zum einen, weil es verwirrend war, mit den Gefährten in der einen, den Nichtmagiern und Todessern aber unmittelbar darauf in einer ganz anderen Sprache zu sprechen und zum anderen, weil sie irgendwann – wenn auch nicht so schnell – sowieso mit den Auroren gerechnet hatten und spätestens dann die Sprache verräterisch geworden wäre.
 

Durch Vorrausschau und eine gute Portion Glück waren Yamis und Yuugis Geheimnisse somit noch sicher und wenn es nach ihnen ging, konnte das ruhig noch ein paar Wochen so bleiben, bis die Zauberer und Hexen des Ministeriums sich genauso wie Dumbledores Verbündete an den Gedanken gewöhnt hatten, dass die fremde Magie der so plötzlich aufgetauchten Fremden zwar unbekannt aber nicht gefährlich war und dass hier vielleicht Freunde zu gewinnen waren.
 

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„Jetzt reicht es endgültig. Ich muss mir das selber ansehen!“ Harry lief Kreise um den Sessel vor dem Kamin und machte damit nicht nur Draco allmählich wahnsinnig. Doch der Slytherin widersprach nicht. Erstens kannte er Harry gut genug, um zu wissen, dass der junge Mann keine Ruhe haben würde, bis er wusste, was an den Gerüchten dran war. Und zweitens wollte Draco selbst mindestens genauso dringend wissen, was das alles zu bedeuten hatte. Er würde der Letzte sein, der Harry an einem Ausflug nach London hinderte. Im Gegenteil. Draco hatte den Besen schon kleingezaubert in der Manteltasche und wartete praktisch seit zwei Tagen darauf, dass Harry endlich eine Entscheidung fällte.
 

Es war Hermine, die gegen Harrys Entschluss protestierte. „Wir können nicht einfach so Hogwarts verlassen. Nur weil Voldemort in letzter Zeit nicht hinter dir her war, heißt dass nicht, dass er sich die Chance entgehen lässt, dich zu töten, wenn du die Schutzbarrieren des Schlosses verlässt und dich ihm praktisch auf einem Silbertablett präsentierst.“ Doch ihren Worten fehlte die Überzeugungskraft. Harry sagte auch gar nichts dazu, denn wie Hermine sehr wohl wusste, war der Junge-der-lebte- durchaus in der Lage, sich selbst durch Zauber einige Zeit zu verbergen und selbst wenn der Lord ihn doch aufspüren würde, konnte Harry sich ausreichend verteidigen, um lange genug zu überleben, bis Hilfe kam.
 

Eigentlich hatte das Mädchen auch nur widersprochen, weil es von ihr erwartet wurde. Hermine war die mahnende Stimme innerhalb des goldenen Trios, deren Rat zwar nicht immer befolgt wurde, aber zumindest zum Nachdenken und besseren Planen anregte. Eigentlich wollte auch Hermine nichts lieber als selbst nachsehen, was von den Erzählungen der Zwillinge und Remus der Wahrheit entsprach.

Wer waren die Fremden? Woher kamen sie? Welche Macht hatten sie? Waren sie mögliche Verbündete? Warum halfen sie Muggeln und verfolgten die Todesser, waren aber nicht bereit, den Zauberern Fragen zu beantworten? Und vor allem: Was war das für eine seltsame, fremde und dunkle Magie, die sie nutzten?

Und besonders Harry und Draco fragten sich immer wieder, was an der Beschreibung der purpurroten, befehlenden Augen des „Pharaos“ wahr war, die alle, die sie sahen, an Voldemorts Augen erinnerten und die doch wieder ganz anders sein sollten?
 

Harry verzichtete darauf, Hermine all diese Fragen noch einmal vorzuhalten, denn sie alle vier kannten diese Probleme zur Genüge. Minutenlang herrschte nachdenkliche Stille und dann nickte das Mädchen entschlossen. Es war jedoch Ron, der zuerst sprach.
 

„Wie kommen wir vom Hogwartsgelände runter? Mit den Besen wie immer oder müssen wir uns was Neues einfallen lassen? Hat Remus irgendwas von neuen Schutzbarrieren gegen fliegende Wesen gesagt?“
 

Harry schüttelte den Kopf. „Es dürfte sich nichts geändert haben. Aber wenn nötig würde ich die drei Meilen auch laufen. Selbst das Stück durch den verbotenen Wald.“
 

Ron schauderte und Draco musste unwillkürlich lächeln. Sie hatten Ende des letzten Schuljahres den kürzesten Weg bis zur Appariergrenze von Hogwarts ausgekundschaftet und dazu gehörte ein Ausläufer des verbotenen Waldes in dem sich ein kleiner Stamm von Acramantulas eingenistet hatte. Klar, dass das Ron nicht gefiel, aber der Junge nickte nur tapfer. Draco bewunderte immer wieder diese bedingungslose Freundschaft zwischen dem Weasley und Harry – etwas, dass er selbst erst seit kurzer Zeit durch Harry kannte.
 

Auch Harry lächelte leicht angesichts der Reaktion seines besten Freundes. „Aber wie gesagt, es dürfte sich nichts geändert haben. Wir sollten uns aber schon jetzt bereit halten. Jederzeit könnte Fred und Georges Zeichen kommen. Also zaubert besser eure Besen klein.“ Als sich niemand rührte, blieb der Gryffindore endlich stehen und blickte seine drei Verbündeten verwirrt an.
 

„Glaubt ihr nicht, dass die fremden Magier heute wieder auftauchen werden? Oder wollt ihr plötzlich doch nicht mehr mit?“
 

Hermine, Ron und Draco sahen sich nur verschmitzt grinsend an und holten dann synchron jeder einen Miniaturbesen aus ihren Manteltaschen. „Eigentlich sind wir schon seit gestern bereit“, gab Hermine zu und Ron und Draco nickten.
 

Der junge Mann konnte nur den Kopf schütteln. Auch sein Besen war schon seit ein paar Tagen sein ständiger Begleiter und hätte Harry eher gewusst, dass die drei Freunde so leicht zu überzeugen waren, hätten sie schon gestern auf die Info der Zwillinge reagiert. Fred und George waren die letzten drei Tage nicht auf Patrouille gewesen und würden es auch heute nicht sein. Doch sie hatten ihre eigenen Mittel und Zauber, um herauszufinden, wo die Spürzauber der Ministeriumsangestellten verdächtige Aktivitäten beobachteten. Besonders unverzeihliche Flüche in geringer Zahl waren nun verdächtig, bedeutete es ja vielleicht, dass dort die Fremden aufgetaucht waren und die Todesser am Aussenden weiterer Sprüche gehindert hatten.
 

Keine halbe Stunde später war es dann auch soweit. Natürlich gab es keine direkte Verbindung der Zwillinge nach Hogwarts – das hätten die Schutzzauber gar nicht zugelassen. Aber mittels einer verzauberten Karte von England konnten Fred und George den verdächtigen Ort genau definieren und alles was Harry und seine Freunde tun mussten, war aufmerksam zu beobachten und zu warten. Und nun schwebte über einem kleinen Dorf nahe der Grenze zu Wales ein leuchtender Pfeil und die drei Zauberer und die Hexe prägten sich die Region gut ein, um sie beim Apparieren wiederzufinden.
 

Es war tatsächlich nicht besonders schwierig, vom Hogwartsgelände herunter zu kommen. Die meisten Zauber waren ja sowieso gegen Eindringlinge von Außen gerichtet und Harry und seine vier Begleiter beherrschten die Zauber zum Verbergen ihrer Magie und ihrer Gestalten sehr gut, so dass selbst die Professoren und Dumbledore sie nur bemerken konnten, wenn sie aufmerksam suchten. Doch gerade jetzt vor Halloween hatten die Zauberer mit Voldemorts Übergriffen und dem zusätzlichen Problem der vier Fremden genug eigene Sorgen und konnten nicht auch noch wachsamer als sonst ihre Grenzen beobachten. Nachdem die vier die Appariergrenze rings um die Zauberschule passiert hatten, zogen sie ihre Zauberstäbe und gelangten mit einem gedämpften Knall zu ihrem Zielort. Sie wussten, dass sie als erstes am Ort des Geschehens ankommen würden, denn es gab die ungeschriebene Regel der Auroren, dass bei einem heiklen Einsatz, wo die Feindzahl unbekannt und die Situation besonders gefährlich sein konnte, kein apparieren erlaubt war. Maximal einige hundert Meter in die Nähe durfte sich hingezaubert werden und auch das nur bei vorrangegangenen Aufklärungszaubern. Wer wusste, ob es sich nicht um eine Falle der Todesser handelte und die gut ausgebildeten Zauberer und Hexen wurden immer weniger. Selbst auf die Gefahr hin, dass einige Muggel oder sogar Hexen und Zauberer beim Angriff der Todesser schwer verletzt wurden oder sogar starben, musste die Sicherheit der Auroren vorgehen, damit auch weiterhin ein Widerstand gegen Voldemort möglich blieb und nicht alle fähigen Männer und Frauen getötet wurden.
 

Besonders jetzt, wo niemand so genau wusste, was die Absicht der Fremden war, durften die Auroren kein Risiko eingehen und so würden auch dieses Mal die Zauberer auf Patrouille per Besen anfliegen und bei Kenntnis der Lage Verstärkung rufen. Natürlich gingen Harry, Draco, Hermine und Ron ein Risiko ein, als sie sich mitten in das Dorf zauberten, denn handelte es sich hier um eine Falle Voldemorts, standen sie auf verlorenem Posten.
 

Doch die Nacht war dunkel und wolkig und genauso finster und ruhig blieben die Straßen und Häuser rings um die vier. Mit gehobenem Zauberstab sicherten die vier Schüler nach allen Seiten ihre Umgebung, doch noch immer tat sich nichts.
 

„War es ein Fehlalarm?“ Ron versuchte in die Nacht hinauszuhören, doch nur der Wind wehte etwas lauter um die Häuser.
 

„Oder sie sind schon wieder weg?“ Hermine schwang ihren Zauberstab und überprüfte zur Sicherheit ihre Tarnzauber.
 

Doch Harry schüttelte den Kopf. „Nein sie sind noch hier. Herm, versuch deinen Ortungszauber. Aber lass dir nur die ungefähre Richtung anzeigen. Nicht dass sie dadurch auf uns aufmerksam werden.“ Seine Stimme war nur ein Flüstern, aber die Anspannung war dennoch deutlich zu hören.
 

Das Mädchen nickte und ließ ihren Stab erneut in einer fließenden Bewegung kreisen. Kurz schossen blaue Funken aus der Spitze und wollten sich nach Rechts von ihnen entfernen, doch Hermine ließ den Stab sofort sinken und die Funken erloschen. Nun wussten sie immerhin die Richtung, in der vor wenigen Minuten ein Unverzeihlicher ausgesprochen worden war und die vier zögerten nicht länger. Entlang der Häuserwände schlichen sie eine Straße entlang und kamen schon bald an eine weitere Kreuzung. Vorsichtig blickte Hermine um die Hausecke und hob dann warnend die Hand, während sie in die Hocke ging. Harry, der direkt hinter dem Mädchen war, stoppte und kam dann so leise wie möglich an die Seite seiner Freundin, während Ron und Draco warteten und nach hinten sicherten.
 

Harry hatte Remus und den Zwillingen nicht geglaubt, als sie von dieser alles umfassenden Dunkelheit berichtet hatten, die die vier Fremden einzuhüllen schien und selbst die Straßenlaternen und das Licht aus den Wohnungen dämpfte, als wäre es gar nicht vorhanden. Doch jetzt sah er es mit eigenen Augen und konnte ein leichtes Frösteln nicht unterdrücken. Diese Magie war so stark und so fremd! Wenn er nicht gewusst hätte, dass die fremden Zauberer ihre Magie bisher nur gegen Todesser eingesetzt und noch keinen Menschen getötet hatten, wären ihm bei diesem Anblick größere Zweifel gekommen. Doch so spähte Harry angestrengt in die Dunkelheit vor ihm und nach und nach gewöhnten sich seine Augen an die veränderten Lichtverhältnisse und er konnte Einzelheiten erkennen. Die Todesser konnten diesmal in ihrem Angriff auf die Muggel nicht weit gekommen sein, denn es war kein einziges Haus, keine Tür zerstört und nur in drei Wohnungen brannte noch Licht. Dann jedoch erkannte der Gryffindor die kleine, zusammengesunkene Gestalt zwischen den drei Todessern und er wusste, was hier vorging. Die Gefolgsleute des dunklen Lords hatten entweder eine Falle für die Auroren oder sogar für die Fremden vorbereitet, oder waren ausgeschickt worden, ein Opfer für das nahende Halloweenfest zu besorgen. Die gefangene Muggelfrau war noch recht jung, höchstens 30 und selbst aus dieser Entfernung über die ganze Straßenkreuzung hinweg konnte Harry ihr weißes Gesicht mit den panischen Augen und das Zittern ihres Körpers erkennen. Zwei der Todesser hielten die Frau fest, während der dritte mit den vier Fremden sprach, die ihm gegenüber standen. Alle vier waren wieder in ihre weiten, schwarzen Roben gehüllt und Kapuzen verbargen ihre Gesichter. Sie verhielten sich abwartend und nur der Todesser machte ungeduldige Gesten mit seinem Zauberstab. Sicher drohte er, das Leben der Muggelfrau zu nehmen, wenn die Fremden nicht kooperierten. Doch Harry konnte auf die Entfernung nicht verstehen, was gesprochen wurde. Er und Hermine zogen sich nach einer Weile zurück, berichteten ihren beiden Freunden, was sie beobachtet hatten und ließen auch diese kurz um die Ecke schauen, damit sie sich einen Überblick verschaffen konnten. Doch dann waren sich alle vier einig.
 

„Wir müssen näher ran!“
 

Hermine, Draco und Ron nickten und der rothaarige Weasley meinte weiter flüsternd: „Über die Kreuzung kommen wir nie ungesehen. Da helfen selbst die besten Tarnzauber nichts, zumal wir nicht wirklich sicher sein können, ob die Todesser oder die Fremden unsere Flüche nicht doch bemerken.“
 

„Bisher haben sie uns noch nicht entdeckt.“ Hermine klang etwas gereizt, zweifelte Ron doch an ihren teilweise selbst verfeinerten Tarnzaubern. Doch Harry hob beschwichtigend die Hand.
 

„Remus sagte zwar, dass die Fremden die Tarnzauber der Auroren nicht bemerkt haben und ich zweifle nicht daran, dass deine Sprüche wesentlich besser sind, als die einiger Auroren, Herm. Aber wir sollten uns darauf trotzdem nicht verlassen.“
 

Draco nickte. „Ich hab vorhin die Karte noch mal angesehen. Wenn wir die nächste Querstraße nutzen und uns dann gleich rechts halten, kommen wir fast genau im Rücken der Todesser raus.“ Draco zeigte bei seinen Worten in die entsprechende Richtung.
 

Ron riskierte noch einen weiteren Blick um die Hausecke: „Das ist nicht gerade die beste Position. Dort gibt es auch keine Versteckmöglichkeiten und wir könnten von den Fremden gesehen werden.“
 

Der Slytherin zuckte nur mit den Schultern. „Woanders kommen wir nicht näher ran. Und es bringt ja wohl nix, wenn wir hier so kurz vor dem Ziel aufgeben und warten, bis die vom Ministerium erscheinen.“
 

Ron fühlte sich von diesen Worten angegriffen und wollte schon protestieren, doch Harry erhob sich einfach aus der Hocke und eilte in die angegebene Richtung. Somit blieb den anderen dreien nichts anderes übrig, als ihm zu folgen.
 

Drei Minuten später hatten die vier Hogwartsschüler unbemerkt ihr Ziel erreicht und konnten gerade noch verfolgen wie der dritte und letzte Todesser neben der knienden Frau zusammen brach und sein Zauberstab von einem der Fremden zerstört wurde. Die beiden anderen Gefolgsleute des dunklen Lords lagen schon bewusstlos im Gras. Vorsichtig spähten Harry, Draco, Ron und Hermine zwischen dem Zaun hindurch, der nicht gerade die beste Deckung war. Aber die vier fremden Magier waren jetzt ausreichend beschäftigt und blickten auch nicht mehr genau in diese Richtung, so dass die vier Schüler weiter unbemerkt blieben.
 

Der, der den Zauberstab des letzten Gegners zerstört hatte, hob den gefallenen Todesser nun mit einer einzigen fließenden Bewegung hoch, hielt ihm einen goldenen Ring mit seltsamen spitzen Anhängseln vors Gesicht und fragte mit dunkler Stimme: “Zum letzten Mal. Was habt ihr vor, dass ihr die ganzen Zauberer zusammen trommelt? Du kannst mir doch nicht erzählen, dass du auch keine Ahnung hast. Dann wärst du schon der Zehnte und das wird langsam unglaubwürdig.“
 

Der Todesser antwortete nicht und da er mit dem Rücken zu den vier Beobachtern halb in der Luft hing, konnten sie sein Gesicht auch nicht sehen. Der Fremde hatte aber auch nicht genug Geduld, auf eine Antwort zu warten, sondern schüttelte den Mann schon Augenblicke später brutal. Die Arme des Todessers baumelten schlaff an der Seite herab und es kam noch immer keine Antwort. Da erklang eine ruhige Stimme und Harry und die anderen zuckten kurz zusammen, denn sie hatten die Gestalt gar nicht herankommen sehen, so gut war sie in der Dunkelheit getarnt.
 

„Grabräuber, er ist bewusstlos. Du kannst ihn schütteln so viel du willst, der antwortet nicht.“
 

Der Angesprochene ließ den Gefangenen zu Boden fallen und wandte sich um.
 

„Das seh ich selber, Pharao. Wer musste denn auch gleich „Gedankenkontrolle“ einsetzen. Diese blöden Todis hätten wir auch so klein gekriegt.“ Die Worte des Grabräubers zeigte deutlich seine Wut über den ganzen Verlauf des Kampfes. Doch Harry achtete gar nicht richtig auf die Antwort, denn noch immer klang die Stimme des Pharaos in seinem Bewusstsein. Er konnte sich nicht helfen, aber sie kam ihm so bekannt vor. Wo hatte er diesen fremden Zauberer nur schon einmal getroffen? Eine solche befehlsgewohnte und dennoch absolut ruhige Stimme besaß nicht jeder. Harry musste diesem Fremden schon mindestens einmal begegnet sein, aber er konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern. Erst eine dritte Stimme riss ihn aus seiner Gedankenwelt.
 

„Wir hätten sie wirklich länger hinhalten können. Ich brauch mal wieder etwas Abwechslung. Diese Todesser sind einfach zu schwach, aber wenn wir schon keine ordentlichen Gegner bekommen, könnten wir doch wenigstens ein bisschen mit ihnen spielen.“
 

„Und an die Frau denkst du wohl überhaupt nicht, oder Grabwächter?“ Der Pharao hob seine Stimme nur ganz leicht, doch der Tadel war unüberhörbar. Aber weder der Grabräuber noch der Grabwächter antworteten darauf, sondern blickten nur zur Seite, wo der vierte ihrer Truppe neben der Muggelfrau kniete und ihr beruhigend die Hand hielt. Seine Rechte war ausgestreckt und der Zeigefinger berührte fast die Stirn der Frau. Ihr Blick war anfangs noch panisch, doch die leisen, besänftigenden Worte des Mannes – der nur dieser als „Minipharao“ oder „Aibou“ bezeichnete Fremde sein konnte – beruhigten sie allmählich und irgendwann erschlaffte ihr Körper und sie sank mit einem Seufzer zu Boden und schlief mit einem friedlichen Gesichtsausdruck ein.
 

Der Aibou erhob sich und drehte sich zu den drei anderen herum. „Ich hab ihre Erinnerungen gelöscht und alles durch einen schönen Traum ersetzt. Mehr konnte ich nicht tun.“ Erneut zuckte Harry leicht zusammen. Diese Stimme war anders, heller als die des Pharaos, aber auch sie hatte Harry schon einmal irgendwo gehört, oder nicht?
 

Der Grabräuber schnaubte verächtlich, sagte aber nichts und dann wandten sich alle vier wieder den bewusstlosen Todessern zu.
 

„Sie sind durch „Gedankenkontrolle“ zu verwirrt, als dass sie uns wirklich vernünftige Antworten liefern könnten. Aber so schwach wie ihre Flüche – wie nannten die Zauberer sie, Unverzeihliche? – jedenfalls so schwach wie die waren, können sie keine bedeutenden Anhänger dieses selbsternannten Lords sein.“ Der Pharao kniete sich zwischen zwei der Todesser und legte ihnen die Hände auf die Stirn, vermutlich um ihre Erinnerungen zu manipulieren.
 

„Wir haben wieder mal Pech gehabt. Wir werden wohl erst rausfinden, was diese Bellatrix Lestrange mit ihren ganzen zusammengerufenen Zauberern vorhat, wenn es soweit ist. Beten wir, dass es nicht uns betrifft.“ Das war der Grabwächter und der Grabräuber und der Minipharao stimmten mit einem Nicken – erkennbar am Senken der Kapuzen – zu.
 

„Wir sollten unsere nächtlichen Ausflüge einstellen. Es bringt eh nix und ich werd sonst noch wahnsinnig.“ Der Grabräuber sprach es nicht aus, doch selbst Harry und die anderen merkten, dass das indirekt ein Angriff auf den Anführer der vier – diesen Pharao – war. Schon Remus hatte ja erzählt, dass der Grabräuber beinah einen Kampf mit den Auroren begonnen hätte und nur durch die Befehle des Anführers zurückgehalten wurde. Auch bei den späteren Begegnungen der Ministeriumszauberer und –hexen war es zu ähnlichen Situationen gekommen. Und Harry konnte sich gut vorstellen, dass auch er frustriert wäre, wenn er nach einer Woche des Suchens noch immer keine Antworten auf seine dringenden Fragen gefunden hatte und sich nicht abreagieren durfte.
 

Erstaunlicher Weise stimmte nun der Aibou ebenfalls zu. „Wir sollten warten, bis wir wieder eine heiße Spur haben. Außerdem werden die Auroren auch immer aggressiver und irgendwann werden wir uns wehren müssen, damit wir entkommen können. Mich wundert sowieso, dass sie noch nicht hier sind.“
 

Das bestätigte zu Harrys Erleichterung erneut den Verdacht, dass die vier Zauberer trotz ihrer starken Magie, mit der sie scheinbar mühelos den Cruciatus oder sogar den Todesfluch abwehren konnten, nicht in der Lage waren ihre Tarnzauber zu spüren. Vielleicht lag es gerade an der Fremdartigkeit dieser seltsamen, dunklen Magie, dass sie es nicht konnten. Es erinnerte Harry aber auch daran, wieviel Zeit schon vergangen war. Tatsächlich mussten die Auroren jeden Augenblick eintreffen und dann sollten nicht nur die Fremden, sondern auch er und seine Freunde nicht mehr hier sein. Harry wollte den anderen gerade einen Wink geben, dass sie sich vorsichtig zurück ziehen sollten, als er aus den Augenwinkeln ein Leuchten sah. Wie erstarrt blieb er hocken und blickte zu dem Pharao hinüber. Dieser erhob sich gerade von der Seite des dritten Todessers und als er sich umwandte, um zu seinen drei Gefährten zurückzukehren, klaffte der Umhang, den er trug vorn ein klein wenig auf und erneut sah Harry das Leuchten. Das sah aus wie.... Aber das war doch unmöglich! Das würde bedeuten, dass diese Muggel...
 

Harry erwachte erst wieder aus seiner Erstarrung, als ihn eine Hand berührte und Hermine ihn aus besorgten Augen anblickte. Harry konnte die Frage, ob alles mit ihm in Ordnung war, beinahe hören und er nickte eilig. Dann zeigte er mit der Hand knapp nach hinten und Hermine wandte sich kommentarlos um und kroch am Zaun entlang hinter die schützende Hauswand. Draco und Ron waren schon eher aufgebrochen, weil sie ebenfalls die baldige Ankunft der Auroren befürchteten und Harry folgte ihnen sofort. Nicht jedoch, ohne einen weiteren Blick zu den vier Fremden zurück zu werfen. Von dem goldenen Leuchten an der Brust des Anführers war nichts mehr zu sehen, aber Harry war sich sicher, dass er sich das nicht nur eingebildet hatte. Dieser Mann hatte eine umgekehrte goldene Pyramide mit dem Auge des Horus getragen. Harry hatte sie nur flüchtig gesehen, doch dieses Schmuckstück war so ungewöhnlich, dass sich ihm alle Einzelheiten eingeprägt hatten, die häufigen Male, wo er es in Hogwarts gesehen hatte – am Hals zweier geheimnisvoller Muggel.
 

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Harry hatte geschwiegen, bis sie Hogwarts erreicht hatten und ging in Gedanken noch einmal alles durch, was an diesem Abend und in den letzten knapp vier Wochen geschehen war. Noch immer hatte er Zweifel, auch wenn alles für seine Theorie sprach, doch er wusste einen Weg, wie er sich endgültig überzeugen konnte.

Als die vier im Gryffindorturm ankamen, war es schon drei Uhr morgens. Dennoch gingen sie nicht zu Bett, sondern setzten sich auf die Sessel vor das ausgebrannte Kaminfeuer. Hermine, Ron und besonders Draco hatten bemerkt, wie still ihr Freund bei ihrer Rückkehr gewesen war und sie hofften auf eine Erklärung. Aber dieser sagte noch immer nichts und Hermine und Ron blickten Draco hilfesuchend an. Dieser verstand den Blick, denn besonders seit jener Enttäuschung durch Dumbledore letzten Herbst waren es Hermine und Ron gewohnt, dass Harry oft in sich gekehrt stundenlang vor sich hin brütete und überlegte und auf eine Störung sehr ungehalten reagierte. Draco war meist der einzige, der seinen Geliebten dann aus seinen Gedanken holen konnte, ohne dass Harry ihm tagelang böse war.
 

Sanft legte der Slytherin Harry die Hand auf den Arm und dieser zuckte leicht zusammen und blickte die drei anderen verwirrt an. Doch dann schüttelte Harry leicht den Kopf, als wolle er seine Gedanken beiseiteschieben und lächelte sogar schwach.
 

„Also da haben Fred und George aber ganz schön übertrieben. Das waren nie und nimmer Voldis Augen.“
 

Zuerst schauten Hermine, Ron und Draco ihren Freund nur verblüfft an, denn mit diesen Worten hatten sie nicht gerechnet. So nachdenklich, wie Harry gewesen war, hatten sie mindestens erwartet, dass dem Gryffindor etwas wichtiges an den Fremden aufgefallen war, was ihre Position in diesem ganzen Kampf deutlicher machte. Aber dass die roten Augen des „Pharaos“ nicht wie die von Voldemort waren, hatten sie alle bemerkt. Die fast reptilienhaften Augen des dunklen Lords zeigten nur Hass, Verachtung, Mordlust und jeder, der in sie blickte, spürte den brutalen Zwang zu absolutem Gehorsam, der von ihnen ausging. Nichts davon war in den Augen des Fremden zu sehen gewesen, im Gegenteil. Oh, sie strahlten Macht aus und zogen jeden in ihren Bann, der zu lang hinschaute. Aber diese Augen zwangen niemanden zu blindem Gehorsam. Jeder, der diese purpurroten Augen erblickte, erkannte die Stärke aber auch den Gerechtigkeitssinn in ihnen. Der Mann, dem diese Augen gehörten war weder böse noch grausam. Er mochte es gewohnt sein, zu befehlen, aber er verlangte nie etwas ungerechtes. In diesen Augen lag Vertrauen, Weisheit und Kraft und eigentlich war nicht einmal die Farbe wirklich vergleichbar mit der der Augen des dunklen Lords.
 

Doch das hatten Ron, Hermine und Draco ebenfalls bemerkt und Harrys Worte waren eigentlich überflüssig. Draco war der erste, der entsprechend reagierte:

„Und dass war jetzt deine tolle Feststellung? Angesichts dessen, dass du den ganzen Heimweg gegrübelt hast, hatte ich mehr erwartet.“
 

Harry lächelte erneut: „Stimmt. Das eigentliche Problem ist etwas ganz anderes.“ Damit wandte er sich direkt an Hermine und sah sie gleichermaßen ernst und spitzbübisch an. „Herm, ich hätte eine Aufgabe für dich!“



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Von:  Rowanna
2016-11-23T03:55:07+00:00 23.11.2016 04:55
Eine tolle Offenbarungszene. Ich freue mich auf den nächsten Schachzug unserer Lieblingsschüler und bin gespannt, ob er etwas mit geflügelten Katzen zu tun hat...


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